Darmstädter Tagblatt 1874


07. August 1874

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oobdovyaevvlor aav-Io

Abonnementspreis
fl. 48 ir jähtlich incl Bringeclohn.
ltzwäritz werden von allen Poll.
mtern Beſtellungen enigegengenom
en 55 kr. pro Quaztal incr Poſt=
aufſchag
und Beſtellgebühr

Frag- und Anzeigeblat.

137 Jahrgang.
Amtliches Grgan für die Behanntmachungen des Großherzoglichen Lreigamks Darmſtadt.

Inſerate
werden angenomlen in Darmſta.
vor der Eipedition Rheinſt. R 2s
in Beſſungen von Friedr. Biößer,
Friedrichsſit Nr. 7' ſowie auswärts
dor allen ſoliden Annoncen= Enve=
dizonen

N152.

Freitag ven 7. Auguſt

1ST¼

B e k a n n t m a ch u n g.
Entwendung Italieniſcher Staatsſchuldſcheine betreffend.
Nach einer dem auswärtigen Amte zugegangenen Mittheilung der Königlich Italieniſchen Geſandtſchaft zu Berlin ſind die zu
irri auf der Inſel Sardinien wohnhaften Erben eines reichen Grundbeſitzers Namens Raimondo Camhatzu in der
ſtacht vom 20. zum 21. April l. J. die Opfer eines bedeutenden Diebſlahls geworden.
Unter den entwendeten Gegenſtänden befinden ſich die nachfolgend näher bezeichneten mit gerichtlicher Sperre belegten auf den
Inhaber lautenden Italieniſchen Staatsſchuldſcheine im Geſammtwerth vou 62000 Lire.
24 Stück delkannua rendita (Jahreorente) di L. 50. nummeri C057791 bis 057803, 0057807 bis 00578l5,
590,269, 590 270.
2 Stück della rendita di L. 100. Nr. 110537. 11954I.
1 Stück della rendita di L. 200. Nr. 026,090.
1 Stück della rendita di L. 500. Nr. 007,629.
1 Stück della rendita di L. 1000. Nr. 020,835.
Da dieſe Scheine möglicherweiſe bereits in den diesſeitigen Verkehr gelangt ſind, jedenfalls aber die Vermuthung nahe liegt,
Seitens der Diebe auch in Deutſchland verſucht werden wird, dieſelben zu verkaufen, bringen wir im Auftrag Großherzoglichen
Miniſteriums des Innern in Vorſtehendem den Sachverhalt zur öffentlichen Kenntniß, indem wir zugleich vor dem Ankauf der ge=
tohlenen
Werthpapiere warnen.
Darmſtadt, am 1. Auguſt 1874.
Großherzogliches Kreisamt Darmſtadt.
Küchler.

ß*

Feilgebotenes.
6479) Ein weißer, runder, mittel=
roßer
Porcellan=Ofen für Holz=
Feuerung iſt billig zu verkaufen.
Näheres im Verlag d. Bl.
5339) Ein dreirädriger Kranken=
Wagen iſt zu verkaufen. Näheres in
er Exped. d. Bl.
5814) Ein Haus mit Laden und
Garten, welches der guten Lage halber
ich zu jedem Geſchäft eignet, iſt zu
erkaufen. Näheres bei der Exp. d. Bl.
2 (Eine Parthie Maculatur wird ab=
H L gegeben. Näheres bei der Exped.
6691) In der Arheilgerſtraße 14 ſind
Beißbinderſtangen zu verkaufen.
906) Beijetzt günſtigfter Pflanzeit empfehle
Erdbeerpſanzen in 20 der beſten
ieuen großfrüchtigen Sorten das Hundert
fl. bis 1 fl. 30 kr. 6 der neueſten Sorten
Otzd. 36 kr.
nst. Aanbila jr, Rieter=Ramſtädterſtr. 51.

6750) Fünf Zimmerthüren, 42u breit,
84u hoch, mit Futter und Verkleidung nebſt
Beſchlag ſind zu verkaufen. Näheres in
der Expedition d. Bl.

6924)
Baumaterial
wird abgegeben, als: Dachziegel, Fenſter,
Thüren, Holzwerk ꝛc., auf der Achens=Mühle.
Näheres Holzſtraße 1 eine Stiege hoch.
Ruhrer Steinkohlen l. Qual.
erlaſſen bis auf Weiteres zu 44kr. per Ctr. ohne
Octroi frei an's Haus geliefert. Zahlungsziel
3 Monat.- Bei Abnahme größerer Quan=
titäten
entſprechend billiger.
Griesheim, den 6. Aaguſt 1874.
6925)
L. Wolll Söhne.
S.
8 Auch zur Caisoh!
J.
Kochbücher, welche die vollſtändige Ein=
machkunſtenthalten
, empfiehlt zu billigem Preis
Marl Mess, ubere Schützenſtr. 8.
6927) Einige Hundert Champaguer=
Flaſchen ſind zu verkaufen.
B. Niedmatter.

Vermiethungen.
3663) In meinem Hauſe, Friedrichſtraße
Nr. 26, iſt der dritte Stock, beſtehend aus
5 Zimmern nebſt allem Zugehör, zu ver=
miethen
und im Juni zu beziehen.
WilhelmSchäfer.
4214) Ein Zimmer mit oder ohne =
bel
zu vermiethen. Promenadeſtraße 13.
4750) In einem neuen Hauſe der zweit=
Stock für 250 fl., ſowie ein Manſarden=
Logis für 150 fl. auf einem der höchſten
freien ſchön gelegenſten ſüdlichen Punkte
Darmſtadt's auf ſogleich zu vermiethen.
Näheres Beſſ. Ludwigſtr. 86.
Daſelbſt auch 3 kleinere Zimmer im erſten
Stock zu vermiethen.
Cofort
5472)
oder bis 1. September Wienerſtraße 9
die bel Etage, 4 Zimmer mit allem Zu=
behör
, zu vermiethen.
5044) Bleichſtraße 5 die bel Ctage, vier
Zimmer mit Zubehör, zu vermiethen.
Zu erfragen Parterre.
131)

[ ][  ][ ]

1440

N 152.

58515) Rheinfltahe dr. 25 ft die dil
Etage, beſtehend aus 6 Plecen, Küche,
Magdſtube, Bodenkammer und allen
Bequemlichkeiten, ſowie Antheil am
Garteu, an eine ruhige Familie zu ver=
miethen
und vom 1. Oct. an zu beziehen.h
6072) Ein Logis Magdalenenſtraße 6.
Ausſicht auf die Straße.
6175) Beſſunger Heidelbergerſtraße 89
iſt der 2. Stock mit allem Zugehör zu verm.
Gele.
HiSieleeie
Hlelevereheren
E 6373) Zwei große Zimmer, parterre,
2 ſind zum Aufbewahren von Möbeln,
G Büchern u. dgl. ſofort zu vermiethen. ſ
Näheres in der Exp. d. Bl.
W
MAlelrIAri,
GerziiieIlhe.
6492) Gartenſtraße 13 ein Logis, 2 Zim
mer, 1 Kabinet mit allem Zugehör, ſogleich
zu beziehen.
6493) Bleichſtraße 5 iſt ein Logis im
Seitenbau zu vermiethen.
6494) Caſinoſtraße 17 ein geräumiges
Logis im Seitenbau an eine kinderloſe Fa=
milie
zu vermiethen. Preis 170 fl.
6886) Der untere Stock mit 3 Zimmern
und 2 Kabinetten im Vorderhaus und ſon=
ſtigen
Zugehörigkeiten ſind anderweitig zu
vermiethen und bis 1. Noybr. beziehbar.
Schützenſtraße 14.
6892) Stiftftraße 55 ein hübſches Man=
ſarden
=Logis alsbald zu vermiethen und am
1. October zu beziehen.
6928) Ein leres Zimmer Waldſtr. 1.
6929) Beſſunger Carlſtraße 3 ein möbl.
Zimmer zu vermiethen.
Vermiſchte Nachrichten.
Aufforderung.
Diejenigen, die Forderungen an Frau
Eliſe Weiß, Annaſtraße Nr. 38, zur
Zeit in Mainz wohnhaft, zu machen haben,
werden erſocht, binnen 8 Tagen ihre Rech=
nung
bei Frau Zahnarzt Schmidt, =
gelftraße
Nr. 61, einzureichen.

H ä u ſ e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Beſchäfte, ſowie Herrſchaftohäuſer mit ſchöne
Hartenanlagen, Bauplätze ſind durch ben Unterzeichneten zu verkaufen.
v: EAlAEt, Alexanderſtraße.
140

26
v0EALL-Can.
Samſtag den 8. Auguſt d. J., Abends 8 Uhr, im Saalbau.
SOEBOTTTASAm0.
WB. Bei ungünſtiger Witterung findet das Caſino doch ſtatt.
(6820
O0agepasLdAPLhaon-
20D
AHa
9
O0böOOoN8iUuNNarNssdunwoln
8 6707)
25
44
ABSAN
Dc.
GD
der
A.
BONungerfreiuigengurner-Senerwehrz
48 Samſtag den 8. Auguſt Abends 8 Uhr auf dem Chauſſeehaus. 4.
H.
88 WB. Fremden=Karten ſind bei Obmann Wittmann und Abends an der 83
LD.
Kaſſe 1 fl. 12 kr. zu haben.
Es
8
H0caad o
100 2
54.
Doooosssiöd N i uo 3snNNN3e3'3s
62co,
BChangverenn auvertaſei.
Samſtag den 15. Auguſt 1874 Abends 8 Uhr
SonnnOr-Castmo
im Zaalbau.
6934)
Der Vorſtand.

5609) Ein braves Hausmädchen ge=
ſucht
. Markt Nr. 4 im erſten Stock.

3 (ſin ſolider, zuverläſſiger Mann, der
18 eine ſchöne Hand ſchreibt, kann für

Nachmittags dauernde Beſchäftigung auf
einem Büreau finden. Schriftliche Offerten
unter Nr. 6520 befördert die Expedition.
6931) Ein ſchwarz=wollenes Damen=
Nädchen wurde in der Nacht vom 5. bis
6. Auguſt vom Bahnhof durch die Bleich=
ſtraße
über den Mathildenplatz durch die
Alexanderſtraße verloren. - Man bittet
daſſelbe gegen Belohnung auf dem Polizei=
Büreau abzugeben.
6932) Ein Mädchen kann Koft und Lo=
gis
erhalten. Näheres Neugaſſe Nr. 12.

6933) Zu kaufen geſucht: eine gebrauchte
Badbütte von Zink. Näheres in der Exp.

Feſt-Programm
der
Jahnenweihe des Rriegerverems
zu
Arheilgen
Sonntag den 9. Auguſt 1874
unter
Mitwirkung des Muſik=Corps des 2. Großh. Heſſ. Leib=Dragoner=
Regiments unter perſönlicher Leitung des Herrn Capellmeiſters Gaubatz und
unter Betheiligung auswärtiger Kriegervereine ꝛc.
Zu zahlreichem Beſuch ladet ergebenſt ein
Das Feſt=Comite.

6936) Bei Wilhelm Blumer auf dem
Brückchen Nr. 1 werden in und außer dem
Hauſe Bohnen geſchnitten.
6937) Eine zweitflillende Amme mit
ſehr vieler Milch ſucht Schenkdienſt.
Näheres große Ochſengaſſe Nr. 15 bei
Hebamme Chriſten.

Großherzogliche Gärten. Der Garten vor dem
Jägerthor (Mathildenhshe) iſt dem Publikum jeden
Mittwoch, der Beſſunger Hofgarten jeden Donners=
tag
geöffnet.
Abgehende Bahn=Züge.

6938) Gegen 3fache Sicherheit wird ein
Kapital von 15 - 20,000 fl. gegen billige
Zinſen geſucht. Zu erfragen bei
J. Simon, Obergaſſe 38.
Cageskalender.
Großh. Muſenm und Bildergalerie im Schloß,
geöffnet Sonntag von 10-1 Uhr, Dienſtag, Mitt=
woch
, Donnerſtag und Freitag von 11-1 Uhr.
Großh. Hofbibliothek im Schloß, geöffnet täg=
lich
von 9-12 Uhr Vormittags und laußer Samſtag)
von 2- 4 Uhr Nachmittags.

Nach
Frank=
furt
. Nach
Heidel=
berg
. Nach
Mainz Nach
Aſchaf
enburg. Nach
Vorms Nach
Erbach b.25 6.45 e6.30. 16.20 6.40 6.50 5.40 18.5. 7.50 9.40 9.35 750 9.30 9. 1½ 810 8.41 11.15 12.10 11. 7 G G 11.30 12.- 1145 k155 7
2. 6 74. 255 255 3.81 Z. 3.25 253 5.35 5.30 4.45 5.30 14.48 5.30 8. 8 8.10 46.- 46.15 7.15 815 7.10 9.15 9.15 59.50 110. 9.50. 70.- [ ][  ][ ]

Na. 152.

1441

5829
14
8
3
7
33
73
4

9

er=

dem
jeden
ers=

Die gefahrvolle Nacht.
Nach dem Engliſchen von S.
Fortſetzung.)
Die Zdee der Fahrt war, den Wind aus der See zu benutzen, um
ber die Bucht zu kommen, wogegen wir gegen Abend ziemlich
cher auf einen Landwind rechnen konnten, um in eben ſolcher
eiſe zurückzukehren. Alle waren in der heiterſten Laune und
te Wimpel wehten ſo luſtig als wenn ſie Freude empfanden,
e Merkzeichen einer ſo ſorgloſen Geſellſchaft zu ſein. Dieſe
timmung ſchien beſonders auf dem Admiralſchiff ihre Flagge
fgepflanzt zu haben und als wir eine halbe Stunde ſpäter ihm
die Seite kamen, ſo ſahen wir bald, daß hier die Blume
er ganzen Geſellſchaft verſammelt war.
Hier bemerkte ich auch Virginie, auf deren Gegenwart ich
lerdings ſtark gerechnet hatte. Sie ſtrahlte vor triumphirender
reude, ich meinte aber dennoch nicht, daß ſie grade ein beſon=
res
Verlangen an den Tag legte, um mich zu grüßen. Ich
in der Erwiederung viel mehr Eifer gezeigt haben, denn
bemerkte, daß Aller Augen mit einer gewiſſen Verwunderung
f mich gerichtet waren; ſo kam es mir wenigſtens vor und ich
gerte mich über meinen Fürwitz, empfand ſogar Verdruß, daß
mich hatte beſchwatzen laſſen.
Die Feſtlichkeit ſelbſt übergehe ich mit Stillſchweigen. Wenn
ter den Gegenwärtigen außer mir ein Empfindſamer war, ſo
er ebenſo wie ich, in gedrückter Stimmung geweſen ſein,
nn es herrſchte eine ſo gottloſe Fröhlichkeit als wenn gar kein
bſchied bevorſtünde. So kam es denn, daß ich immer trübſin=
ger
wurde und mich mit thörichtem Verdacht quälte. Ich ließ
mir nicht nehmen, daß die meiſten Fräulein mich bereits auf
e auffallende Weiſe vernachläßigten, wie einen Mann, der fortan
nen keinen Nutzen bringen konnte, da er auf dem Gprung ſei,
en, höchſt wahrſcheinlich ewigen Abſchied zu nehmen. War
8 der Fall, ſo mußte ich allerdings in der Stille einräumen,
6 Virginie eine Ausnahme machte, denn ſie war nicht nur
breich, wie immer, ſondern erkundigte ſich auch im Allgemeinen
ch meinen weitern Planen, ſprach ſogar von Wiederſehen als
n einer Sache, die, wiewohl wenig wahrſcheinlich, am Ende
ch nicht zu den abſolut unmöglichen Dingen gehörte. Aber
t trüber Geſell in ſolcher Gemüthsſtimmung iſt nicht leicht zu
riedigen und macht unverſchämte Forderungen. Mir kam es
r, als wenn ſie bei alledem ſehr zufrieden ſei, daß ich weg
1te, und daß ſie gar nicht einmal von der Möglichkeit träumte,
6 ich da bleiben könnte, daß nichts ihr gleichgültiger ſei als
8. Ich zürnte über mich ſelbſt, weil ich gekommen war, über
Heiterkeit des Himmels und noch mehr über die der Geſell=
aft
, denn ſie ſchien meiner zu ſpotten, und weil ich keinen ei=
ermaßen
vernünftigen Grund für meinen Zorn auffinden
nte, ſo ſteigerte ich ihn bis zum ſchwärzeſten Menſchenhaß.
h begann die in meinen Augen ſo veränderte Virginie der bit=
ſten
Kritk zu unterwerfen; offenbar war ſie verdorben durch
e gedankenloſe Erziehung und zu frühen Umgang mit gemüth=
en
Gefährtinnen. Dazu kam die Gewohnheit, Bekanntſchaften
zuknüpfen mit Männern, die nach wenigen Jahren Abſchied
men mußten, und dieſer beſtändige Wechſel mußte natürlich
Folge haben, daß die Fähigkeit, wahre Freundſchaft zu em=
den
, gänzlich in ihr erloſchen ſei; wie ſollte da Liese auf=
tmen
können, die ja eine noch unbedingtere Hingebung verlangt.
Aus Trotz ſetzte ich dieſe erbärmliche Logik ſo lange fort,
mein inneres Elend ſichtbar wurde; ich wurde der Geſell=
ft
ſo unleidlich wie ein naſſer Pudel. Einige der luſtigſten
idchen neckten mich wegen dieſer unverlennbaren Symptome von
zeleid, und meiner Anſicht nach waren ſie eben ſo wenig witzig
zartſinnig; ſie wollten mich belangen bei einem weiblichen
chwornengericht, um herauszubringen, welche von ihnen dies Un=
in
mir angerichtet habe. Dieſer Scherz aber entflammte
ten Zorn gegen ſeine Urheberinnen und hatte die Folge, daß
gegen alle höchſt unliebenswürdig war. Ich fühlte, daß ich

auf dieſe Weiſe das unvortheilhafteſte Andenken hinterlaſſen müſſe,
aber mit aller Anſtrengung konnte ich es nicht zu einem gezie=
menden
Benehmen bringen.
So weit alſo hatte das Unternehmen, von dem mein Freund
mich ſo viel Gutes hoffen ließ, den ſchlechteſten Erſolg gehabt.
Es ſollte aber noch weit ärger kommen, auf Aerger und Ver=
druß
ſollte Schreck und Enſetzen folgen.
Es wurde allmälig Zeis, an die Rückkehr zu deuken Das
würde aller Wahrſcheinlichkelt nach eben ſo leicht ſich bewerkſtel=
ligen
laſſen, als die Ausfahrt, denn wir brauchten nur den Land=
wind
abzuwarten, der faſt ohne Ausnahme ſich gegen Abend er=
hebt
. Der Wind hatte ſich während des Feſtes gelegt, und
mehrere Stunden hindurch war es ganz ſille. Es dauerte un=
gewöhnlich
lange, bis der Abendwind ſich einſtellte. Die Schwär=
mer
waren ſo glückſelig in ihrer feſtlichen Lanne, das Niemand
an die Vorbereitung zur Rückkehr dachte, bis eine gleichſam
ſeufzende Bewegung einer Zuckerrohrpflanzung in der Nähe uns
verkündete, daß die Elemente uns nicht im Stich laſſen würden.
Eine ſo zahlreiche und in Haufen getheilte Geſellſchaft läßt ſich
nicht ohne Schwierigkeiten einſchiffen, und der Auſſchub hatte zur
Folge, daß es ziemlich ſpät geworden war, als wir endlich unter
Segel gehen konnten. Das beunruhigte uns indeſſen keineswegs,
denn die Nacht war hell, der Wind gut und im gleichen Druck,
das Land lag deutlich gerade vor uns; was mich betraf, ſo ſah
ich keine andere Schwitrigkeit, als daß einige von den Herren
zu viel Wein getrunlen hatten, um zuverläſſig das Steuerruder
ühren zu können.
Weil es auf das nachfolgende Abenteuer Bezug haf, ſo be=
merke
ich hier, daß keiner von den laut redenden Herren am Bord
der Woge: war. Sie verſicherten, daß ſie durchaus keine Luſt
verſpürten, ſich in einem Boote zu befinden, das unter dem Be=
ehl
eines ſo unwirſchen Geſellen ſtehe, der einen ganzen Tag
über mit einem ſo langen Geſicht umherlaufen konnte. Daher
kehrten Hamilton und ich zurück wie wir gekommen waren; wir
beide machten die einzige Bemannung des Bootes aus. Neben=
bei
geſagt, war er ſo nüchtern wie ein Richter und eben ſo auf=
gelegt
, um ſich nützlich zu erweiſen und Hand anzulegen, wenn
er nur wußte, wo und wie, was er von mir zu erfahren hoffe.
Im Ganzen, meine ich, mußte unſre Flotte aus weuigſtens
zwanzig Booten beſtanden haben. Es war vorauszuſehen, daß
in dieſem Haufen einige Böte an einander gerathen würden, denn
auf manchem wurde ſchlecht Wache gehalten. Einige von den
Steuermännern waren überaus luſtig und die Mädchen lachten ſte
aus, ohne im Geringſten ſie zur Ausſchau und Ordnung anzu=
halten
. Man kann im Allgemeinen ſagen, daß die Frauenzim=
mer
in den Colonien auffallend furchtlos ſind. Möglicherweiſe
kommt es daher, daß ſie in dem dort meiſt ſo wechſelvollen Le=
bensverkehr
ſo an Ueberraſchungen gewöhnt werden, daß eine
plötzliche Wendung ſie nicht in Erſtaunen ſetzt - und meiſt iſt
es das Unerwartete, das plötzlich auftaucht, welches Schreck be=
reitet
. Da ich meine Pacht verkauft und den Preis ausgemacht
hatte, ſo hielt ich mich für verpflichtet, fie vor jeder Verletzung
zu hüten, ſo daß nirgends auch nur die Farbe abgeſtoßen werde.
Ich hielt daher an, bis der ganze Haufe von Böten vorbei war,
und folgte dann, nicht gerade in großer Entfernung, aber doch
in ſolchem Abſtande, daß, wie ſich auch tummeln mochten, ſie in
keine Berührung mit mir kommen konnten.
Heitere Lieder und lautes Geſpräch hallten herüber von den
kleinen Kähnen, die mit ihrer köftlichen Ladung auf dem großen
Weltmeere ſchwammen. In guter Laune wurde mir manches
Glück auf zugerufen und man erbot ſich, mir ein Schlepptau
zozuwerfen, um in Reize und Glied mit den andern zu gelangen;
auf einigen Schiffen ertönten Guitarren, die ſich in zärtlichen und
romantiſchen Serenaden vernehmen ließen und der Seefahrt in
der Abenddämmerung den Reiz einer behaglichen Zufriedenheit
gewährten. Gewiß, nie gab es eine Geſellſchaft, die glücklicher
heimkehrte von einem der Freude geweihten Tagewerke und Nie=
mand
ſiel auch nur von Ferne die Möglichkeit einer Gefahr ein.

[ ][  ]

1442
So ging es ungefſört fort gegen anderthalb Stunden, wäh=
rend
welcher das Abendlicht allmälig in vollkommene Nacht über=
ging
. Der Wind fiel immer mehr, bis jeder Hauch gänzlich er=
ſtarb
. Mit den Segeln konnte nichts mehr ausgerichtet werden
und die Böte ſtiegen auf und nieder auf der ſanft anſchwellenden
See, ohne irgend einen Schritt weiter heimwärts zu kommen.
Es war eine Lage, in der man nothwendig: die Ruder in's
Waſſer!u rufen mußte. Für uns Männer war es eine wider=
wärtige
Störung unſers bequemen Vergnügens, die Röcke aus=
ziehen
und rudern zu müſſen, aber wir hatten keine andere Wahl.
Wir konnten nicht die Nacht über auf dem Waſſer bleiben und
wenn wir den Hafen erreichen wollten, ſo mußten wir uns tum=
meln
. Einige Schaluppen der Kriegsſchiffe waren von galanten
Offizieren der Geſellſchaft entgegengeſchickt worden, dieſe griffen
tüchtig aus wie nach dem Taktſtock und ſo kamen die erſten Boote
ſo raſch vom Fleck, daß eine Trennung in der kleinen Flotte ſtatt
fand, indem uicht alle ſo raſch folgen konnten. Die Wogel war
nnter den letzten, denn vierhändig, wie wir waren, konnten wir
uicht viel ausrichten und Hamilton und ich waren nicht beſonders
aufgelegt zu harter Arbeit. Allmälig machte ſich ein Boot nach
dem andern voran, ſo daß ſie uns bald aus Sicht waren, jedoch
nur ſo, daß wir bisweilen ſie anrufen oder zum Rudern ſingen
(Fortſetzung folgt.)
hörten.
Mittheilungen ans Stadt und Land.
- Herr Hofrath Dr. Becker iſt zum Referenten für den höheren
Unterrichk und Herr Realſchuldirector Greim von Offenbach zum Reſerenten
für das Volksſchulweſen deſignirt.
- In der am 3. Auguſt d. J. abgehaltenen Generalverſammlung der
Darmſtädter Volksbank wurde Rechnung für das zweite Quar=
tal
1874 abgelegt, woraus ſich ergab, daß trotz der in dieſem Jahre herr=
ſchenden
Geſchäftsſtille dieſes Inſtitut abermals an ſolider Ausdehnung ge=
wonnen
hat. Der Umſchlag im erſten Semeſter betrug nahezu vier Mil=
lionen
Gulden. Herr Director A. Bernhardt wurde als Delegirter zu dem
am 29. bis 31. Auguſt d. J3. in Bremen ſtattfindenden Verbandstag, der
auf Selbſthilfe beruhenden deutſchen Erwerbs= und Wirthſchaflsgenoſſen=
ſchaͤften
, gewaͤhlt.
1 In einem Eingeſandt Ihres Blattes vom 28. Juli wird bei
Beſprechung der Anmeldüngsfrage zur Geldendmachung des Stimmrechts
zur Stadtverordnetenwahl die Meinung eines Nichtortsbürgers
angeführt, dahingehend:
daß die Nichtortsbürger, insbeſondere die Staatsdiener bei der Exclu=
ſivität
, mit welchem das durch den Handelsverein ins Leben gerufene Comite
verfahren ſei, doch keine Ausſicht hatten, einen irgendwie entſcheidenden
Einfluß bei der Wahl geltend zu machen.
Es würde einer ſoſchen Behauptung gegenüber genügen die Thatſache
anzuführen, daß nicht weniger als acht Beamte und fünf von Staats=
wegen
Angeſtellte (Advokaten) faktiſch gewählt worden ſind.
Von einer Excluſivität des anregenden Comites kann alſo abſolut nicht
die Rede ſein.
Zu bedauern bleibt nur, daß verſchiedene der gewählten Herrn Be=
amten
ihre Mitwirkung verſagt haben. Es iſt dies auch in einer Verſamm=
lung
geſagt und dabei hervorgehoben worden, wie man bedacht geweſen
wäre, gerade auf dieſe Claſſe der Steuerzahler Rückſicht zu nehmen.
Das am 4. ds. verkündigte Urtheil des Bezirks=Strafgericht in Sa=
chen
des katholiſchen Pfarrers Berger von Eppertshauſen wegen Ueber=
tretung
des Kanzel=Paragraphen lautet auf Freiſprechung.
Am Mittwoch Abend verunglückte im Bahnhof der Ludwigs=
bahn
ein Arbeiter von hier. Derſelbe löſte, wahrſcheinlich in unvorſichtiger
Weiſe, eine Kette, welche das auf einem Waggon befindliche Floßholz zu=
ſammenhielt
; das Holz kam ins Rollen und erdrückie den Unglücklichen.
Derſelbe iſt wie wir hören Vater von 5 Kindern.
Der Bau der Baracken auf dem neuen Artillerieſchießplatz bei
Griesheim iſt den Gebr. Lönhold aus Frankfurt zu 520000 fl. in General=
entrepriſe
übertragen worden.

Jo. 152.

Am Mittwoch wurde Roßdorf und geſtern Griesheim, Gräfenhau
Weiterſtadt, Schneppenhauſen und Braunshardt mit Einquartierug.
(Dragoner) belegt. Darmſtadt und Arheilgen erhalten vom 15.- 22.
4. Inſ.=Reg. in Quartier. Die ubrigen Orte des Kreiſes werden und zr.
Weiter ſtadt, Schneppenhauſen, Gräſenhauſen, Braunshardt. vom 15.-
und Pfungſtadt, Eſchollbrücken, Eich und Eberſtadt vom 22.- 29. mit E=
quartierung
belegt.
Nächſten Sonntag wird in Arheilgen das dort errichtete Kr
gerdenkmal ſeierlich enthüllt werden.
Der Chef und Gruͤnder der aͤlteſten Porteſeuille=Fabrik Offenba
Jakob Mönch und Co., Hr. J. J. Mönch iſt im Alter von 88 Jahi
geſtorben, nachdem er noch vier Wochen vorher im Geſchäfte thätig war.
Ein Frankfurter Schneider, der es für unnöthig hielt Hauszins
bezahlen, brachte es fertig nächtlicher Weile, ohne daß es Jemand im Ha=
merkte
(nicht einmal der Transport eines Taſelclaviers wurde wahrgeno.
men) auszuziehen. Als das letzte Stück bis auf die 2 Böcke, auf welch
die Bretter ſür die Geſellen lagen, fort war, merkte der Hausherr den Stre
und machte Lärm, doch es war zu ſpät. In feierlichem Zug verließ d
Miether mit ſeinen Geſellen lachend das Haus; der eine trug eine rieſi
Scheere, der andere das Bügeleiſen, der dritte ritt auf der Elle und d
vierte ſchleppte Nadelbüchſe, Zwirn und die Hölle. Dem Hausherrn iſt
noch nicht gelungen die jetzige Wohnung des Ausreißers zu entdecken.
Durch den Frachtaufſchlag bei den Eiſenbahnen wird der Dopp=
wagen
(von 200 Centner) Steinkohlen um circa 6 Thaler, alſo per Cen
ner um 3 Kreuzer vertheuert.
Die Tage des lan gerwarteten deutſchen Sängerfeſtes
München nahen und ſchon rüſten die Darmſtädter Saͤnger zu deſſen B
ſuch. Es iſt folgendes Feſtprogramm feſtgeſtellt:
I. Tag Suͤmskag, den 8. Auguſt 1874:
Die ankommenden Sängerbünde werden am Central= und Oſtbahnho
von den Sängern Münchens in der Empfangshalle begrüßt und von da zur
alten Rathhauſe der Stadt geleitet, in deſſen großem Saale die Fahne
gegen Beſtätigung abgegeben und ſodann die Vertheilung der Feſtzeicher
Quartierbillets ꝛc. an die Bundesvorſtände oder deren Bevollmächtigte, un
durch dieſe an die Vereine erfolgt. Abends 8 Uhr Verſammlung in de
Feſthalle (Glaspalaſt) offizieller Empfang durch den Feſtausſchuß; Will
kommgruß der Sängervereine Münchens, feierliche Uebergabe der Bundesfahn
an den Feſtausſchuß, Sängerkneipe mit Muſik.
I1. Tag Sonntag:
Morgens 6 Uhr muſikaliſche Tagreveille, um 6½ Uhr verſammel,
ſich Jahnenträger und Junker im Rathhausſaale izur Empfangnahme de=
Fahnen, um 7 Uhr bewegt ſich der Fahnenzug, von Muſik und den Sän=
gern
Münchens geleitet, vom Marienplatze weg durch durch die Stadt zum
Glaspalaſte, wo die Fahnen aufgeſtellt werden.
Um 8 Uhr Probe zur erſten Feſiproduction. Mittags gemeinſchaft=
liches
Mahl iu den hierfür beſtimmten Gaſthäuſern, Reden, Toaſte.
Nachmittags 3 Uhr Feſtproduction mit Feſtrede. Nach Schluß Sänger=
zug
vom Glaspalaſte durch die Stadt zur Bavaria (Thereſienwieſel, dort
Anſprache an die Sänger mit Ovation für Sr. Maj den König von Bayern,
Beleuchtung der Bavaria unter Abſingung eines Chors. Aufſtellung der
Fahnen in der Ruhmeshalle, ſodann'Abendfeſt auf dem Feſtplatze der
Thereſienwieſe vor der Bavaria mit Muſik, Geſang, Beleuchtung ꝛc., zum
Schluſſe wird ein allgemeiner deutſcher Chor abgeſungen:
III. Tag Montag.
Morgens 6 Uhr muſikaliſche Taareveille. Präcis 7 Uhr verſammeln
ſich die Fahnenträger an der Ruhmeshalle, zur Uebertragung der Fahnen
in den Glaspalaſt in Begleitung von Muſik und des Feſicomites. Um
8¼ Uhr Beginn der Probe für die zweite Feſtproduction, Mittagsmahl
wie ain Sonntag.
Nachmittags 3 Uhr Feſtproduction. Abends 6 Uhr Feſtvorſtellung in
den drei kgl. Theatern; allgemeine Saͤngerkneipe im Glaspalaſte, Einzelvor=
träͤge
nach Anmeldung, Reden, Toaſte ꝛc.
IV. Tag Dienstag:
Ausflug an den Starnberger=Würme) See, Seefahrt, Feſt im Freien
an den SeesUfern, Abends allgem. Rückfahrt.
Das Nähere wird an Ort und Stelle bekannt gegeben. - Sitzung
der Delegirten der Sangerbunde im Glaspalaſt um 9 Uhr Morgens; nach
Schluß Abfahrt nach Starnberg.

)
WVorkiegender Nummer (mit Ausnahme derjenigen Exzmplare, welche mit der Poſt verſendet werden) liegt
ein Extra=Blatt bei. Daſſelbe enthält neue Anerkennungen über die ſegensreichen Eigenſchaften des rühmlichſt hekannten
rheiniſchen Trauben=BrustHonigs' aus der Fabrik von W. H. Zickenheimer in Hainz, bei Huſten, Heiſerkeit, Verſchleimung,
Bruſt= und Lungenleiden, ſowie Keuch= und Stickhuſten der Kinder, auf welches wir ganz beſonders aufmerkſam wachen. Die
Verkauſsſtellen dieſes ausgezeichneten Saftes befinden ſich in Darmstadt im Haupt=Depot bei Hrn. C. S. Weil, Droquen=
Handlung, große Ochſengaſſe 14; ferner bei Hrn. Hofapotheker M. Pöhn am Markk und Hrn. Georg Liebig Sohn, Louiſenſtraße
Kr. 10: in Mainz bei Hrn. Dr. W. Strauß, Mohren=Apotheke, Schuſtergaſſe 45; in Alzey bei Hrn. Heinrich Schickert; in
Bensheim bei L. Kern: in Bingen bei Jul. Bellesheim; in Büdlingen bei K. Gläſer; in Butzbach bei A. Gimbel; in Dieburs
bei Jacob Nachor; in Erbach 1 0. bei Chr. Franz & Sohn; in Friedberg bei Hofapotheler W. Sturmfels; in Pürth bei Apo=
theker
Steffan; in Cau=Odernheim bei Apotheker Guntrum; in ſonsenheim bei Ludwig; in Eiessen bei J. A. Buſch Söhne;
in Gross-Gerau bei Apotheker Rübſamen; in Hichelstadt bei J. C. Kunzel; in Heustadt i. 0. bei C. A. Weichel; in Ober=
Ingelheim bei Philipp Reuther & Georg Kippenberger; in Offenbach bei Wilhelm Häußer; in Oppenheim bei Joh. Bayt.
Hirſch; in Seligenstazt bei Franz Hell; in WVorms bei B. Lämmlein.
Redacktion und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.