Darmstädter Tagblatt 1873


21. November 1873

[  ][ ]

Allergnaͤdigſt privilegirtes

rag-U. Anzeige-Blatl.

136. Jahrgang.

Abonrementspreis
2fl. 48 kr. jährl. ircl. Bringer=
John. - Auswärts werden Pon
allen Poſtämtern Beſtellungen
entgegengenommen zu 59 kr. Pro
Quartal inel. Poſtaufſchlag und
Beſtellgebühr.

Tſl h.
GLO

Jalerot;
gerden angenonmmen i in Darme
Cedtvon der Expedition. Atzeir
Preße Nr. 28. I Beſſunger
ſon Friedrich Bllber, Friedrich=
Lraße Nr. 7. fowie auzwärs
von allen ſokiden Knnoner
Ereditiongn.

Amtliches Organ
fuir die Bekanntmachungen des Großherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.

A22s.

Freitag den 2. November.

1873.

5 Darmſtadt, am 17. November 1873.
Betreffend: Das Landgeſtüt, insbeſondere die Bedeckung der Stuten durch die Landgeſtütsbeſchäler für 1874.
Das Großherzogliche Kreisamt Darmſtadt
an die Großherzoglichen Bürgermeiſtereien des Kreiſes.
Sie wollen binnen 14 Tagen berichten, wie viel Verzeichniſſe und Scheine Sie vorausſichtlich für die im Jahr 1874 zu
bedeckenden Stuten noͤthig haben werden.
Dr. Goldmann.

9660) Veraccordirung.
Dienſtag den 25. d. Mts. Nachmittags
1 Uhr ſoll auf dem hieſigen Rathhaus die
zur Chauſirung der Heerdweg=u. Planirung
der nördl. Eichbergſtraße nöthige Grund=,
Chauſſir= u. Pflaſterarbeit, ſowie Fuhrlöhne,
Steinſetzen u. ſchlagen öffentlich unter den
bei der Verſteigerung bekannt gemacht wer=
denden
Bedingungen in Accord gegeben werden.
Beſſungen, den 19. November 1873.
Geyer, Gemeindebauaufſeher.

Feilgebotenes.
9189) Von heute an verkaufe ich erſte
Qualität Rindfleiſch das Pfund zu 22 kr.
A. Guckenheimer, Langegaſſe 15.
9661) Ein Krautfaß und Fleiſchſtänder
ſteht zu verkaufen. Saalbauſtraße 5.
9662) Chocoladen von Wittekop
E. Co. Braunſchweig und Gebr. di
Giorgi Frankfurt a. M.,
Cacaomasse, Cacoigna ſentölter Cacao),
Chocoladepulvertsuppenchocolade)
Vanille=Bruch-Chocolade in bekannter
guter Qualität empfiehlt
gark Watzinger,
Louiſenplatz 4.

Wandtafeln über Ankunft und Abgang ſämmtlicher
Eiſenbahnzüge dahier im Winterfahrplan 1873-74.
Preis 3 kr., ſowie
Fahrpläne in Taſchenuhr=Format
zum Einlegen in die Uhrdeckel zu 2 kr. in der
I. C. Wittieh'ſchen Hoſbuchdruckerei.

1873r importirte Habana-Cigarren.
Die erſte Eendung direet importirter Habana=Cigarren (1873r
Ernte) trifft ſoeben ein.
C. H. Zuber .; Zöhne.
9469)
Großherzogliche Hof=Lieferanten.

3630) Mein Lager in den verſchiedenſten Ball=Artikeln, wie
Schmuckgegenſtände, Fächer, Handſchuhe, Bänder,
Blumen, Coiffuren, Weſten ꝛc. habe ich durch eine
ganz neue und praktiſche Crimoline für Schleppkleider
und eine ſchöne Auswahl in weißen und farbigen Tarla-
ſtanen
vervollſtäudigt, die ich ebenfalls beſteus empfehlen
kann. Amtom Sehuidt, Ludwigſtr. 8.
Dum bevorſtehenden Saalbaufeſt und den Vereinsbällen, werden die
T9 jetzt ſo beliebten Damenweſten, Fichus, Garnituren, Krauſen
und Schleifen zu Fabrilpreiſen abgegeben bei
A. H. Floch, Bleichſtraße 7.

9440)

Hochfeine farbige und ſchwarze Seidenſtoffe empfiehlt
Thgodor Schwiil.

514

[ ][  ][ ]

1876

Vermiethungen.
H
NTAALARATAAUAAAaI
7613) In meinem neu erbauten
Hauſe, Caſernenſtraße, gegenüber der
neuen Güter=Halle, iſt der 1., 2. und
3. Stock, beſtehend je aus 5 Zimmern,
H
Küche, Vorplatz, Waſchküche und Bleich=
F platz, zu vermiethen und Ende Oe= F
E tober beziehbar.
8 Auf Verlangen kann auch Stallung
H für 3 Pferde dazu gegeben werden.
L. Geider, Hofweißbinder,
Waldſtraße Nr. 23.
LgAuuuuuann AnrAunaant
7881) Bleichſtraße 46 nächſt den Bahn=
höfen
1 unmöblirtes Zimmer zu vermiethen
und gleich zu beziehen.
AAAAALAUAAANAVAArrzs
8 7769) Eliſabethenſtraßekneu *.
W im Vorderhaus iſt der zweite Stock
E mit allen Bequemlichkeiten zu vermie=
E then und eventuell ſofort zu beziehen
4 Näheres parterre.
HarrAuuAAArAAAAaunnz.
7953) In der Nähe der Katholiſchen/
Kirche iſt ein ienfach möblirtes Zimmer ſo=
gleich
zu vermiethen. Näheres bei der Exp.
8164) In dem neuen von mir erkauften
Hauſe Roßdörferſtraße Nr. 19 iſt der 2. u.
3. Stock, je 4 Zimmer, 1 Alkoven, Küche,
Magd= und Bodenkammer, Mitgebrauch der
Waſchküche und des Bleichplatzes zu vermiethen
und alsbald zu beziehen.
Ferdinand Brückner.
8764) In meinem Hauſe Niederram=
ſtädterſtraße
52 iſt der 2. Stock, beſtehend
aus 4 Piecen, Küche, Magdkammer und
aller Bequemlichkeit zu vermiethen. Preis
210 fl.
Hch. Martin.
8325) Caſernenſtraße Nr. 64 ein ſchön
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
9122) In der Kiesſtraße 25 iſt ein Logis
mit Schreiner= oder Küferwerkſtätte zu ver=
miethen
und gleich zu beziehen.
9135) Alexanderſtraße Nr. 11 ſind der
erſte und zweite Stock zu vermiethen.
Auskunft ebendaſelbſt.
9254) Eine hübſche Manſarde, 2 Zim=
mer
ꝛc., ſodann 2 Zimmer jzuſammen oder
getrennt, mit oder ohne Möbel billigſt zu
vermiethen.
Beſſungen. Eck der Kirch= u. Hügelſtr. 25.
9329) Rheinſtraße 13 iſt vom erſten
Dec. an ein gut möbl. Zimmer zu verm.
9472) Arheilgerſtraße 49 zu ver=
miethen
ein geräumiges Logis und ſogleich
zu beziehen.
9608) Ein Logis und ein Zimmer zu
vermiethen. Kleine Bachgaſſe 9.
9664) Zwei Wohnungen für 85 und
110 fl. an ſtille Familien zu vermiethen
Rheinſträße 47.
9665) Beſſunger Hofgartenſtraße Nr. 9
iſt ein Logis zu vermiethen.
9666) Soderſtraße 48. Ein unmöblirtes
Zimmer zu vermiethen.

K 228.
9668)

Bekanntmachung.

H
In Folge der Eröffnung der Verbindungsbahn zwiſchen dem badiſchen u. ſchwei=
Hh.
Mozeriſchen Centralbahnhofe in Baſel wird der ſeit 1. Auguſt 1865 gültige
4
Mhtz.
2 Tarif für den directen Güterverkehr zwiſchen Frankfurt und Darmſtadt
einerſeits und den Stationen der ſchweizeriſchen Centralbahn, der Berner Staatsbahn,
der Weſtſchweizeriſchen Bahnen, des Jura industriel und der italieniſchen Linie am 30.
d. Mts. außer Wirkſamkeit geſetzt.
Ueber die Einführung eines neuen Tariſes für dieſen Verkehr wird ſ. Z. Bekannt=
machung
erfolgen.
Darmſtadt, den 13. November 1873.
Direction der Main=Neckar=Bahn.

2ermlſihir Madnkjeh'öit;
9667)
Meine Abreiſe
iſt aufgeſchoben.
Wr. Haulmann.

Weihnacht=Sendungen nach den Vereinigten Staaten, nach
Kanada und nach Großbritannien
können auf eine ganz zuverſichtliche Abgabe am Beſtimmungsort zur Feſtzeit nur dann rechnen,
wenn erſtere am 5. Dezember und letztere am 15. Dezember ſpäteſtens nicht blos an=.
gemeldet, ſondern auf meinem Büreau Hügelſtraße Nr. 29 auch abgeliefert ſind.
9477)
C. Gaulé.
H ä u f e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
M. Neuſtadt, Alexanderſtraße.

D

Heinrich Hoack

in Beſſungen empfiehlt ſich zur Anlage
u. Bepflanzung neuer und Verändern älte=
rer
Gärten, ſowie zu Dekorationen bei Feſten.
ieferung von Bougnets jeder Art. Ca=
taloge
meiner Baumſchulenartikel und Pflan=
zen
gratis.

C 6Hin mit den nöthigen Vorkennt=
T
S C= niſſen verſehener Knabe kann bei
uns als Schriftſetzer=Lehrling eintreten.
L. C. Wittich'ſche goſbuchdruckerei.
9480) Lehrlings=Geſuch.
Für ein hieſiges Cigarren= und Tabak=
Geſchäft wird ein Lehrling geſucht, der Koſt
und Logis zu Hauſe hätte, dem aber bei
gutem Betragen binnen Kurzem eine Ver=
gütung
gewährt würde. Näheres sub E. L.
Nr. 20 bei der Red. d. Bl.

9632) Nähmaſchine=Führerin, ſowie
Nadelgewandte Mädchen erhalten ſtändige
Arbeit. Holzſtraße Nr. 13.
9633) Es wird eine noch gut erhaltene
Vogelhecke zu kaufen geſucht. Näheres
Neckarſtraße 9 zweiter Stock.

9649) Man ſucht einen ſtarken Mann,
welcher einen kranken Herrn jeden Tag in
einem Hand=Chaischen ſpazieren fahren kann.
Steinſtraße 35, parterre.

9650) Ein Mädchen, welches das Fri=
ſeurgeſchäft
gründlich erlernt hat, kann noch
einige Damen annehmen. Geiſtberg Nr. 2.
C (Partenerde wird unentgeltlich abge=
geben
. Promenadenſtraße 29.

9671) Ein braves Mädchen, das
gut kochen kann, wird als Mädchen
allein auf Weihnachten geſucht. Näheres .
Waldſtraße 5l, eine Stiege hoch.

967D) Heinheimertraße 9 wird Arbeſt
im Waſchen und Putzen angenommen bei
Kalharine Keller.
9673) Verloren
am Sonntag Abend ein Biſampelzchen
im Theater oder auf dem Wege von da
durch die Ernſt=Ludwig=, Schützen=, Stein=
und Hölges= in die Wilhelminenſtraße. Dem
redlichen Finder gegen Abgabe in der Wil=
helminenſtraße
Nro. 16 im zweiten Stock
eine gute Belohnung.
9674)
Verloren!
Dienſtag Nachmittag zwiſchen 3u. 4 Uhr
eine Ouyr=Broſche mit drei Pendants
von dem Alice= Bazar nach der oberen Hein=
richſtraße
über die Hölgesſtraße in die Kies=
ſtraße
. Gegen Belohnung in dem Polizei=
Büreau abzugeben.

9669)
Verlooſung.
Nr. 79 hat den Teppich gewonnen.
9670) Eine Frau ſucht Laufdienf=
dangegaſſe
9.

nern Enpeoi
Ma,
e Aeitunsen der Moſt 22,
GxixEEEEthke.
Central vukerei
nSennUurdiin
141⁄₈
Ata-
2⁄₈
A.

General=Agent für Darmſtadt
Georg Hof, Eliſabethenſtr. 30
HSPronpte, diserdte und -
p2
Billise

BEDIBAUNc
LeltunssCalsloße.
Grzio.
em. Anzeigen;

EGxtattaxrrdts arxim

Großherzogliches Hoftheater
Freitag, 21 Nov. 11. Vorſt. im 3. Abonn.:
Judith. Trauerſpiel in 5 Akten von Hebbel. Ju=
dith
: Fräulein Boguar, Kaiſ. Hofſchauſpielerin
von Wien, als Gaſt. Sonntagspreiſe).

[ ][  ][ ]

M. 228.

In Luſt ein Leid.
Von Friedrich Friedrich.

In dem nahe vor der Stadt H. gelegenen Wirthshauſe, der
Pinkenburg; war eine kleine außerordentlich luſtige Geſellſchaft
verſammelt. Es war ein einfaches Gebäude, welches den ſonder=
baren
Namey die Pinkenburg führte. Es war nicht das ge=
ringſte
Burgartige an ihm zu bemerken, kein Söller, keine Zinne,
keine Zugbrücke und keine Burgmauer. Nur ein Burgfräulein
gab es in ihm und ein Burgverließ.
So war nämlich, um den Burgnamen etwas zu rechtfertigen,
von den luſtigen Stammgäſten, welche hier täglich verkehrten, des
Wirthes einzige 18jährige Tochter und ein kleines Zimmer getauft,
in welches der Wirth regelmäßig Mittags ſich zurückzog, um in
Ruhe ein Schläfchen zu halten, wohin er ſich flüchtete, wenn er
einmal ein Gläschen zu viel getrunken hatte und in welchem er
gleichjeitlg ſeine feinſten Liqueure aufbewahrte. Das Letztere war
auch die Urſache, daß er nur äußerſt ſelten einem ſeiner Gäſte
den Zutritt in dieſes kleine Gemach geſtattete. Er behauptete
nämlich, bei ſolchen Beſuchen ſehr ſchlimme Erfahrungen gemacht
zu haben; ſeine Gäſte ſagten aber, daß er deshalb dies Zimmer
vor einem Jeden verſchließe, weil er ſeine feinſten Sachen ſelbſt zu
trinken pflege. Beide Parteien mochten mit ihren Behauptungen
nicht ganz Unrecht haben.
Woher dieſes Haus den Namen Pinkenburg erhalten hatte,
wußte Niemand. Der Beſitzer desſelben, Stephan, ein Mann,
dem man einen guten Appetit und einen geſunden Humor auf den
erſten Blick anſah, behauptete, das Wirthshaus führe dieſen Namen,
weil iu ihm einſt die Ritter von der Pinkenburg regelmäßig ge=
zecht
hätten. Der Apotheker Nelke, ein kleiner zierlicher Mann,
der jeden Nachmittag um fünf Uhr in der Pinkenburg anzutreffen
war und bereits ſeit zwauzig Jahren ſich mit dem Plane, eine
Geſchichte der Stadt zu ſchreiben, trug, bewies ihm jedesmal, daß
in den Urkunden und der Chronik der Stadt keine Burg dieſes
Namens vorkomme, daß überhaupt in einem Umkreiſe von fünf
Meilen ſich keine Spuren einer Burg auffinden ließen und wohl
nicht anzunehmen ſei, daß wenn es in der Ferne wirklich eine
Burg dieſes Namens gegeben, die Herren Ritter derſelben ſtets
eine ſo weite Reiſe gemacht haben würden, um einen Trunk zu thun.
Mit Verlaub, Herr Apotheker," warf ihm dann der Wirth
jedesmal ein, all Ihre Beweiſe beweiſen nichts. Die Pinlen=
burg
iſt von jeher im Beſitz der Stephane geweſen und da meine
Voreltern ſicherlich ebenſognt wie ich die beſten Getränke in weitem
Kreiſe geführt haben, ſo ſehe ich nicht ein, weshalb die Herren
Ritter, die in ſolchen Sachen ſehr vernünftige Menſchen waren,
nicht einige Meilen weit geritten ſein ſollten, um einen rechtſchaffenen
Tropfen zu genießen. Aber auch das beweiſt nichts, daß ſich
keine Spur der alten Pinkenburg erhalten hat. Die fortgeſchrittene
Kultur hat manche Burg, manches Raubneſt ſpurlos von der Erde
verwiſcht, während ein gutes Wirthshaus wie das meinige ewig
währt. Und ich denke: mit gutem Rechte, wenn es ſtets dem
gebildeten Geſchmacke der Zeit Rechnung trägt und Durſt hat
jedes Zeilalter, wenn auch vielleicht das eine mehr als das andere.
der Durſt iſt eine der edelſten und unſterblichſten Eigenſchaften
des Menſchengeſchlechts!
Dieſe Erwiderung brachte den kleinen Apotheker, der außer=
ordentlich
leicht in Verwirrung gerieth, jedesmal in Verlegenheit.
Er brach dann das Geſpräch ſtets mit den Worten ab, daß er
dem Wirthe nächſtens ſchwarz auf weiß beweiſen werde, daß es
nie eine Burg dieſes Namens gegeben habe.
Ob der Wirth oder der Apotheler Recht hatte, war ſchwer
darzuthun, in einem Puntte hatte Stephan aber entſchieden die
Wahrheit geſagt, es gab weit in der Nunde kein Wirthshaus. in
welchem Speiſen und Getränke ſo vorzüglich waren. Stephan
führte das beſte Bier, die feinſten Weine und echten Rum und
Arrac. Dazu hatte er von ſeinem Vater die Gabe ererbt, einen
prächtigen Panſch zu brauen und mit ſeinen Gäſten in der ge=
müthlichſten
und vertraulichſten Weiſe zu verkehren, ohne ihnen
je läſtig zu werden.
All dieſe guten Eigenſchaften zuſammengerechnet, war es nicht

1877
zu verwundern, daß die Pinkenburg von den Einwohnern der
Stadt viel beſucht warde und daß ſich jeden Abend eine Anzahl
Stammgäſte in ihr einfand. Einen ſo wenig freundlichen Eindruck
das Haus von außen auch machte, ſo ſaß es ſich doch in dem
Gaſtzimmer, deſſen Wände in alterthümlicher Weiſe mit Holzge=
täfel
bedeckt waren, äußerſt gemüthlich. Das ganze Zimmer be=
ſtand
wie der Poſthalter Urban zu ſagen pflegte, aus lauter ge=
müthlichen
Zechwinkeln, obſchon jeder Menſch, der in den Begriff
der Zechwinkel nicht genügend eingeweiht war, in dem ganzen
Zimmer nur vier Winkel oder Ecken bemerkte, von denen zwei
obenan durch den Ofen und einen Eckſchrank eingenommen waren.
Die kleine luſtige Geſellſchaft, welche anfangs erwähnt iſt, be=
ſtand
aus den regelmäßigen abendlichen Stammgäſten. Es waren
außer dem Wirthe nur ſechs Perſonen, der Apotheker Nelke, der
Poſthalter Urban, der Aſſeſſor Moſel, der Doctor Helm, der
Advokat Klinger und der Actuar Steffen. Sie ſaßen ſämmtlich
an einem runden Tiſche, dem Stammliſche. Nur Stephan ſaß
nebenbei und hatte ſein Glas auch auf einem Nebentiſche ſtehen.
Obſchon ihn alle als zu ihrer Geſellſchaft gehörend anſahen und
er an der Unterhaltung ſtets auf das Lebhafteſte Theil nahm, ſo
war er doch nie zu bewegen, an dem Tiſche Platz zu nehmen.
Er ſelbſt hatte dieſe Schranke zwiſchen ſeinen Gäſten und ſich auf=
gerichtet
und hielt ſtrenge daran feſt. Von der kleinen Geſellſchaft
waren nur der Wirth und der Apotheker verheiratet. Von den
übrigen hatten ſich der Poſthalter und der Aſſeſſor Moſel kürzlich
verlobt. Um dieſe Verlobung drehte ſich das Geſpräch in ſcherz=
hafter
=Weiſe.
Es ſind fünf Junggeſellen an dieſem Tiſche," ſprach Klinger,
wer von ihnen ſich zuerſt verheirathet. hat den übrigen hier in
der Pinkenburg ein feines Eſſen mit Burgunder und Champagner
zu geben
Der Apotheker. der Aktuar, der Dr. Helm und vor allem
Stephan erklärten ſich ſofort für dieſen Vorſchlag, der Poſthalter
war auf das Entſchiedenſte dagegegen.
Aller Wahrſcheinlichkeit nach werde ich mich zuerſt verhei=
rathen
," warf er ein, und ich bin nicht geneigt, das Opfer Ihrer
durſtigen Kehlen zu werden. Und Sie, Stephan, bewegt nur der
Egoismus, dieſem verrückten Einfalle Klingers beizuſtimmen. Sie
verdienen ein Capital bei ſolchem Schmauſe und würden mich
bankerott trinken, denn ich weiß, wie viel Sie vertragen können!
HahahalU erwiederte der Wirth lachend. Herr Poſthalter,
dann wiſſen ſie wahrhaftig mehr als ich ſelbſt, denn ich weiß
immer noch nicht, wie viel ich vertragen kann."
Ich bin auch gegen den Vorſchlaglu ließ ſich jetzt der
Aſſeſſor hören, denn auch für ihn war ja die Gefahr nahe, daß
er einen ſolchen Schmaus bezahlen könnte. Der Poſthalter iſt
reich, ihn könnte es wenig ſtören, aber, meine Herren, wenn mich
das Glück oder Unglück treffen ſollte, daß ich mich zuerſt ver=
heirathete
, ſo würde ich mich durch die Anſchaffung des nothwen=
digen
Bräutigams=Anzuges ſchon tief geuug in die Schulden ſtürzen.
Der Vater meiner Braut iſt Apotheker, ich lbefürchte alſo mit
gutem Grunde, daß er etwas mehr als genau ſein wird!"
Ich proteſtire gegen dieſe Schlußfolgerungku rief der Apo=
theker
. Ich behaupte im Gegentheil
Klinger unterbrach ihn durch das Anpochen an ſein Glas.
Still ſtill lu rief er ſich erhebend. Ich hatte nicht er=
wartet
, daß ſich bei meinem Vorſchlage eine Meinungsverſchieden=
heit
ergeben würde. Es hilft nun nichts weiter, als daß wir,
wie wir es bei ähnlichen Fällen ſchon öfter gethan, darüber ab=
ſtimmen
.
Nur der Poſthalter und der Aſſeſſor erklärten ſich dagegen.
Alſo angenommen mit fünf gegen zwei Stimmen, fuhr er
fort. Es freut mich, daß die freiſinnige und vernünftige An=
ſchauung
in unſerem kleinen Kreiſe ſo bedeutend in der Majo=
rität
iſt.
Gut, ich füge mich der Majorilät, rief der Poſthalter,
deſſen Wangen von dem Weine dem er tüchtig zugeſprochen hatte,
geröthet waren. Nur dem Principe nach bin ich gegen eine
ſolche Abſtimmung, denn wenn ich den Vorſchlag machte, daß der
Herr Advokat Klinger aufgehängt würde, ſo weiß ich genau, daß

[ ][  ]

1878

derſelbe ſechs Stimmen für und nur die eine des Herrn Advo=
katen
Klinger gegen ſich haben würde.
Auch ich würde dafür ſlimmen," unterbrach ihn Klinger
lachend, nur deßhalb, weil dieſer Vorſchlag der vernünfligſte
wäre, den Sie je gemacht haben
Klinger hatte die Lacher auf ſeiner Seite.
Ich mache dieſen Vorſchlag nicht, fuhr der Poſthalter for=
um Stephan nicht ſeines beſten Trinkers zu berauben. Aber
einen anderen Vorſchlag habe ich im Sinn. Wenn ich die Strafe
eines Schmauſes auf mich genommen habe, weil ich von den an=
weſenden
Junggeſellen offenbar der Vernünftigſte bin, indem ich
mich aller Wahrſcheinlichkeit nach zuerſt verheirathen werde, ſo
ſtelle ich den Antrag. daß derjenige, welcher von uns als Jung=
geſell
übrig bleibt, ſich todt zu ſchießeu und uns gleichfalls einen
Schmaus hier in der Pinkenburg zu geben hat. Es ſoll ihm
freigeſtellt bleiben, ob er ſich vor oder nach dem Schmauſe todt=
ſchießen
will. Ich bitte den Herrn Advokat Klinger, auch hier=
über
abſtimmen zu laſſen.
Die Gäſte lachten. Klinger etrhob ſich, um der Aufforderung
nachzukommen.
(Fortſ. folgt.)
Mittheilungen aus Stadt und Land.
Während der Dauer der Krankheit des Hrn. Oberrechnungsrath
Reuling iſt deſſen geſammte Kaſſeführung für die Großh. Oberſtudien=
Direction, wie für das Großh. Ober=Conſiſtorium Hrn. Oberſteuer=Regiſtrator
Lauteſchläger übertragen worden.
In der Vorſtands=Sitzung des Handels=Vereins vom 18. ds.
wurde beſchloſſen:
1) von jetzt ab alle Beſchlüſſe des Vorſtands zur öffentlichen Kennt=
niß
zu bringen;
2) den rellen Werth der öſterr. Sechstreuzerſtüͤcke zu ermitteln und
zu veröffentlichen:
3) eine Eingabe an 2. Kammer der Landſtände um eine neue ausge=
dehntere
Friſt zur Einlöjung der verfallenen Grundſcheine;
4) bei Generalverſammlungen der Saalbau=Actien=Geſellſchaft wird der
Handelsverein durch ſeinen jeweiligen Präſidenten vertreten;
5) Anregung zur Verlegung der Zoll=Reviſions=Halle am Bahnhof;
6) Unterſuchung eingelaufener Klagen wegen Befoͤrderung von Gütern
und leeren Emballagen auf den Eiſenbahnen;
7) Aufnahmen wurden vollzogen.
In der am 14. d. Mts. ſtattgehabten General=Verſammlung
der Kleinkinderſchule wurde in dem verleſenen Jahres=Berichte
pro 1872 zunächſt einer Pflicht der Dankbarkeit genügt, indem in aner=
kennendſter
Weiſe der vielfachen Verdienſte gedacht wurde, welche ſich das
langjährige Vorſtandsmitglied und zuletzt Präſident der Kleinkinderſchule-
der
verewigte Polizeirath Petſch - um das Gedeihen der Anſtalt erworben
hat. Die Lücke, welche durch deſſen Verluſt entſtanden iſt, macht ſich um
ſo empfindlicher geltend, als das wahre und tiefere Intereſſe an der Er=
haltung
und Fortentwicklung der Anſtalt ſchon ſeit längerer Zeit ſehr im
Abnehmen begriffen iſt. Auch in dem Schulbeſuche zeigt ſich, daß
die Wohlthaten, welche die Schule den weniger bemittelten Klaſſen bietet,
nicht mehr in gleichem Maße wie früher erkannt und ausgenutzt werden,
wofür eine ausreichende Erklärung nicht angegeben zu werden vermag. Die
Anzahl der aufgenommenen Kinder, ebenſo wie die täglichen Schulbeſuche
im Jahre 1872 haben ſich gegen 1871 wieder vermindert. Ende 1872 be=
lief
ſich nämlich der Beſtand der aufgenommenen Kinder auf 102, während
derſelbe 1871 113 betrug. Ende 1870 war der Beſtand 119. 1869 116
und 1868 133. Die Anzahl der Schulbeſuche belief ſich in 1872 an 295
Schultagen auf 19091 oder durchſchnittlich auf 64 Kinder für den Tag,
während in 1871 70, in 1870 64, in 1860 66 und 1868 81 Kinder durch=
ſchnittlich
täglich anweſend waren.
Die Jahresrechnung zeigt ſolgende Ergebniſſe. 2) ordentliche Einnahme
fl. 2738. 11. (worunter Beiträge von Allerhöchſten Herrſchaften fl. 168.
der Stadt Darmſtadt fl. 300, von Privaten fl. 913, Beiträge der Kinder
zu ihrer Verköſtigung fl. 636, Zinſen von ausgeliehenen Kapitalien fl. 695).
b) Außerordentl. Einnahme fl. 4363. 40. (worunter Kaſſevorrath aus 187½
fl. 403. 58., zurückempfangene Kapitalien fl. 3406, Vermältniſſe und be=
ſondere
Geſchenke fl. 548), Geſammtbetrag ſämmtl. Einnahmen fl. 7102.
Die Ausgaben beliefen ſich im Ganzen auf fl. 6872, nämlich: a) ordentl.
Ausgaben fl. 3200 (worunter fl. 1590 für Verköſtigung der Kinder, fl. 76
für deren Reinigung, fl. 49 für Feſtlichkeiten, fl. 285 für Unterhaltung
der Gebäude, fl. 195 für Brennmaterialien, fl. 691 für Gehalte der An=
geſtellten
ꝛc.). Die Einnahme mit den Ausgaben verglichen verbleibt ein
Ueberſchuß von fl. 230. Die Jahres=Bilanz von 1872 für ſich betrachtet
ſexcl. des Kaſſevorraths aus 1871, der ausgeliehenen und zur ückempfangenen
Kapitalien) ergibt einen Einnahme=Ueberſchuß von fl. 86. Sonach ſind die
Ausgaben des Jahres durch die eigentlichen Einnahmen gedeckt worden,
obſchon die Beiträge von Privaten wieder - und zwar von fl. 950 auf
fl. 913, alſo um fl. 37 zurückgegangen ſind! Dieſes im Ganzen befrie=
digende
Ergebniß wurde dadurch ermöglicht, daß der Anſtalt an Vermächt=
niſſen
und beſonderen Geſchenken die beträchtliche Summe von fl. 548
zugefloſſen iſt, wofür den Gebern nochmals beſonderen Dank ausgedrückt
wurde. Dieſe beſondere Zuweiſungen detailliren ſich wie folgt: Geſchenk
Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs am Namenstage J. Königl. Hoheit

A 228.

der höchſtſeligen Großherzogin Mathilde fl. 100. Geſchenk der Mathilden=
Stiftung für die Provinz Starkenburg fl. 100. Geſchenk der Familie des
verſt. Hofbanquier M. Wolfskehl fl. 60. Geſchenk eines Ungenannten um
den Kindern eine Freude zu bereiten fl. 50. Geſchenk der Herren A. und
Th. Trier fl. 20. Geſchenk bei Löſung der Neujahrs=Entſchuldigungskarten
fl. 128. Vermächtniß des Hern. Rentner Joſeph Bloch fl. 25. Geſchenk
durch Nachlaß an vrſchiedenen Rechnungen fl. 63 u. ſ. w. Mit beſonderem
Dank wurde erkannt, daß Se. Königl. Hoheit der Großherzog außer der
vorerwähnten reichen Gabe, auch im Jahre 1872 wie früher die Koſten der
den Kindern bereiteten Weihnachtsbeſgeerung übernommen und daß auch
Ihre Königl. Hoheiten die Frau Prinzeſſinen Karl und Ludwig höchſtderen
Intereſſe au der Anſtalt durch Schenkung zweier ſchönen Bilder, ſowie der
Ventilationsfenſter in den Schulzimmern bethätigt haben.
Der erwartete Komet iſt nun auch für das unbewaffnete Auge
ſichtbar geworden, indem er ungefähr 4 Uhr Morgens im Oſten aufgeht.
Er hat keinen Schweiſ und gleicht einer Feuerkugel mit ſtarkem rothen Glanz.
Gießen, 19. November. Heute Morgen um 18 Uhr erhängte ſich
auf der Schürz'ſchen Bleiche ein Hülfs=Hautboiſt der hieſigen Regiments=
Muſik an einem Weidenbaume. Ein Knecht des Bleichers Schürz ſah den
Unglücklichen ſich aufhängen, lief aber aus Furcht oder Angſt davon ohne
denſelben abzuſchneiden. Die Urſache des Selbſtmords iſt noch nicht conſtatirt.
Gutem Vernehmen nach hat der geſammte evangeliſche Schulvor=
ſtand
bis auf zwei Mitglieder ſein Amt niedergelegt.
Herr Mitprediger Mitzenius hat hierſelbſt ſeine Stellung als Lehrer
angetreten.
G. A.)
Dem Bericht über die Geſundheitsverhältniſſe Frank=
furts
im Monat October von Dr. A. Spieß entnehmen wir nachfolgendes:
Häufig hingegen kamen, auch noch gerade im letzten Monate Erkran=
kungen
vor, die die größte Aehnlichkeit mit echter Cholera hatten, aber
nicht von einem cholerainficirten Orte herſtammten und auch meiſt raſch in
Geneſung endeten. Sie ließen ſich gewöhnlich auf Diätfehler zurückfjühren,
nicht ſelten auf den Genuß ſchlechten Biers. Daß das Bier im Sommer
gewöhnlich nicht gut iſt, iſt Regel, aber ſo ſchlecht wie dieſes Jahr iſt es,
wenigſtens hier, doch entſernt nie geweſen. Die Urſache hiervon liegt-
nicht
allein, aber zum großen Theil, an den Biertrinkern ſelbſt, an ihrem
Durſte, an dem coloſſal zunehmenden Vierconſum. Wir haben vor Kurzem
erfahren, daß die Bierproduction in den letzten Decennien auf das Fünf=
zehnfache
geſtiegen iſt, das Erträgniß des Hopfenbaues aber in derſelben
Zeit gar nicht zugenommen hat (und mit dem Bierconſum auch gar nicht
gleichen Schritt halten könnte) Ein einfaches Rechenexempel ergibt nun,
daß, wenn früher wirklich alles Bierbitter Hopfenbitter geweſen wäre, man
jetzt unter 15 Gläſern Bier ſicher 14 tränke, deren Bitter durch ein anderes
Kraut erzeugt iſt. Da man nun noch obendrein die Bierbrauer gewaltſam
hindert, die allgemeine Preisſteigerung mitzumachen, ſo kommen ſie natur=
gemäß
dazu, ein möglichſt billiges Hopfenſurrogat zu nehmen, und es hat
gar nichts Unwahrſcheinliches, daß, wie behauptet wurde, man dieſes Jahr
vielfach dazu die ſehr gemeine Herbſtzeitloſe verwandt hat. Und wir Aerzte
miſſen, daß das Alkaloid dieſer Pflanze. das Colchicin, wie manche ähnliche
Pflanzenalkoloide, von ſehr bitterem Geſchmack und ein ſcharfes Gift iſt, das
ſchon in ſehr kleinen Doſen Vergiſtungserſcheinungen mit choleraähnlichem.
Character hervorruft.
Auch auf dieſem Gebiete wird ſomit der Geſundheitspflege die Aufgabe
zufallen, Schädlichkeiten zu verhüten, in dieſem ſpeciellen Falle, dafür zu
ſorgen, daß zu den Hapſenſurrogaten unſchädliche Stoffe verwandt werden.
Aber nicht auf das Bier allein muß ſich dieſe Fürſorge erſtrecken, ſondern auch
auf alle Nahrungsmittel, unter denen ja kaum eines iſt, das in irgend
welcher Weiſe zu verfälſchen und nachzumachen der fortgeſchrittenen chemiſchen
Wiſſenſchaft unſerer Tage und dem blühenden Induſtrieritterthum nicht
gelungen wäre. Von der Größe dieſer Nahrungsmittelverfälſchungen haben
die meiſten Menſchen gar keinen Begriff; vom Wein weiß es Jeder, aber
ebenſo iſt es mit Thee, Kaffee, Milch, Butter, Käſe, Mehl, Senf, Zucker,
kurz all unſern gewöhnlichen Nahrungsmitteln. Da dieſe Fälſchungen nicht
nur den Beutel, ſondern ſehr oft auch die Geſundheit der Conſumenten
ſchädigen, iſt es Pflicht der Hygiene, das Publikum davor zu ſchützen. Es
iſt dies eine der ſchwierigſten Aufgaben der öffentlichen Geſundheitspflege
und in England hat man auf zwei Wegen ſie zu löſen verſucht, ohne daß
die Verſuche als vollkommen befriedigend angeſehen werden könnten. Zuerſt
hat ſchon vor mehr als einem Jahrzehnt in London ſich ein Verein gebildet,
der an den verſchiedenſten Stellen Lebensmittel hat kaufen und chemiſch
unterſuchen laſſen und allwöchentlich die Reſultate dieſer Unterſuchungen
mit Nennung der Namen der Verkäufer publicirt hat. Dadurch hat das
engliſche Volk die coloſſale Mannichfaltigkeit und Häufigkeit der Nahrungs=
mittelfälſchungen
und die daraus entſpringenden Gefahren kennen gelernt
und die Folge davon war, daß das Parlament im vorigen Jahr ein Geſetz
machte, welches jeder Gemeinde die Pflicht auferlegt, einen Chemiker ſpeciell
anzuſtellen nur zur Analyſirung der Nahrungsmittel und hohe Strafen
auf die Fälſchungen ſetzt. Das Geſetz iſt erſt ſtellenweiſe in Thätigkeit, die
auferlegten Strafen ſind nach unſeren Begriffen oft von unglaublicher
Höhe, aber ſchon nach kurzem Beſtehen hat ſich an einzelnen Orten die
wohlthätige Wirkung dieſes Geſetzes glänzend bewährt. Von einem ſolchen
Geſetz ſind wir in Deutſchland, wo ja faſt alle hygieniſche Geſetzgebung noch
ſchlummert, noch weit entſernt, aber die Selbſthülfe der Gemeinden auf
dieſem Gebiete fängt auch hie und da ſchon an ſich zu regen. In Mainz
3. B. hat ſich in jüngſter Zeit ein Verein zum ſelben Zweck, wie ſeiner Zeit
in England, gebildet. Möge es ihm zunächſt gelingen, das Publikum auf
die Häufigkeit und die Gefahren der Nahrungsmittelverfälſchung uufmerkſam
zu machen und möge das Vorbild unſerer Nachbarſtadt recht bald ander=
wärts
, vielleicht auch bei uns Nachahmung finden.

Bedaction und Verlag: L C. Wittich'ſche Hofbuchvrnckerct.