Allergnadign privtbegirtes
Darmſtädter Frag-u. Anzeige-Blatt.
136. Jahrgang.
Wbonnementsprels
21. 48 kr. jährk ind Bringer
John. - Auswärtz werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen
entgegengenommen zu 55 kr. pro
Gnartal incl. Poſtaufſchlag und
Beſtellgebülhr.
EEALIN
Iuſerare
wrden engenommen: in Darm
ſadtvonder Expedition. Rhein
ſraße Nr. 23, i Beſſungen
von Friedrich Blbßer,
Friedrich=
praße Nr. 7. ſowie auzwärtz
von allen ſoliden Ummonen
Exvediionen.
Kmtliches Organ
für die Bekanntmachungen des Grofherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.
N 143.
Freitag den 25. Juli
1873.
6031) Submiſſion.
Vom unterzeichneten Depot ſoll im Wege
der öffentlichen Submiſſion die Lieferung
von 320 halbhohen Eimern von Zink mit
Tragriemen und 160 Signaturtafeln von
Blech vergeben werden, und ſind Offerten
bis zum.
Mittwoch den 30. d. Mts.,
Vormittags 9 Uhr,
franco verſiegelt mit der Aufſchrift:
„Offerte auf Lieferung von Zinkeimern
und Signaturtafeln”
hierher einzuſenden, zu welchem Termin im
Büreau, Zeughausſtraßr Nr. 1 parterre, die
eingegangenen Offerten in Gegenwart der
etwa erſchienenen Submittenten geöffnet
werden.
Die Bedingungen, ſowie auch die
vor=
handenen Proben können ebendaſelbſt vor
dem Termin an den Wochentagen in den
Vormittagsſtunden von 9-11 Uhr
einge=
ſehen werden.
Darmſtadt, den 22. Juli 1873.
Großherzoglich Heſſiſches Train=Depot.
Neue holländiſche Voll Häringe per Stück
0 kr. bei
J. G. Jordis.
4 Gummi-Naaren,
als: Engl. BettShirting
GBett=
unterlage), ſuttapercha-Papier,
Gummi. Sauger, Cas-’Schläuche,
14
Bier=Schläuche, Verdichtungs-
Platten eto. empfiehlt
Kriedr. Schaefer
L5o14
Ludwigsplatz 7.
Neue
holl. Dollhäringe
empfiehlt
6034)
Lud. Heyl Sohn.
Feilgebotenes.
5894) Sehr gut ausgelaſſenes Fett
16 und 24 kr. Marktſtraße 3.
8 (Fin Morgen ſchön ſtehende Spelz
3 C auf dem Halm zu verkaufen.
Näheres bei L. Dietz, Obergaſſe 36.
1s p Epilepſie
5
(Fallſucht), Krämpfe
heil=
bar durch ein ſeit 12 Jahren
be=
währtes nicht medizin.
Univerſalgeſund=
heitsmittel. Proſpecte, Referenzen
gra=
tis=franco von
Vr. A. Dunnte. Fabrikbeſitzer
zu Warendork in Westfalen.
o=
1
6051) 4½ Viertel ſchön ſtehender Hafer
auf dem Halm baldigſt zu verkaufen.
Beſſunger Martinſtraße 14.
Heue holländische Voll=Häringe,
Eronbrand ver Stück 6 kr.,
Neue holl. Matjes-Häringe
ſempfiehlt
G. P. Poth,
6053)
vormals J. F. Henigſt.
6054)
Zu verkaufen:
Ein faſt neuer Nußbaum=Toilettentiſch,
Lovaler Tiſch. 1 Bettſtelle, 1 kleiner eiſerner
Kamin, mehrere Reiſekoffer, 1 Vorfenſter u.
1 Petroleumlampe. Eliſabethenſtraße 60.
Große Auswahl in Schwämmen
jeder Art zu billigen und feſten Preiſen bei
Carl Watzinger,
6055)
Louiſenplatz 4.
6056) Neue holländ. Vollhäringe
(Kronenbrand) per Stück 6 kr. empfiehlt
Faul Seörger Sohn,
Kirchſtraße Nr. 25.
Vermiethungen.
4802) Ein möblirtes Zimmer zu
ver=
miethen. Heidelbergerſtraße 21 im Seitenbau.
5206) Bleichſtraße 5 parterre iſt ein
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
5505) Beſſ. Karlsſtraße Nr. 3 iſt
par=
terre ein freundlich möblirtes Zimmer zu
ver=
miethen.
5513) Bleichſtraße Nr. 41 iſt der zweite
Stock, beſtehend aus 5 Zimmern mit allem
Zubehör, an eine ruhige Familie zu
ver=
miethen und gleich zu beziehen.
5584) Ein ſchön möblirtes
Zim=
mer parterre gleich zu vermiethen.
Zimmer=
ſtraße Nr. 2.
5854) Steinſtraße Nr. 8 eine Wohnung
von 5 Stuben, Küche u. außergewöhnlichen
Bequemlichkeiten zu vermiethen.
Näheres Parterre daſelbſt.
5944) Rheinſtraße 30 iſt ein Pferdeſtall
mit 4 Ständen, große Remiſe und
Kutſcher=
ſtube bis zum 1. Auguſt zu vermiethen.
5985) In dem neuen Hauſe,
Heidelberger=
ſtraße Nr. 15, iſt die Manſarden=Wohnung
(Knieſtock) mit Glasabſchluß, beſtehend aus
5 Zimmern, 1 Magdkammer, Küche,
Boden=
raum, 2. Kellerräumen, Mitgebrauch der
Waſchküche, zu verm. u. ſogleich zu beziehen.
Zu befragen Marienplatz 3 Parterre.
5989) Bleichſtraße 29 ein ſchön
möblir=
tes Zimmer Seitenbau links.
6036) Schöne Manſarde=Wohnung
mit Küche, abgeſchloſſenem Vorplatz und
allen ſonſtigen Bequemlichkeiten zu
ver=
miethen. Bleichſtraße 45.
R444R4NNN4NNN AAUUAAArIIN
8 6039) Ein freundliches Zimmer, gut 8
E möblirt, auf 1. Auguſt zu vermiethen;
2r
4 G. Wandel, Schützenſtraße 12.
15)
[ ← ][ ][ → ] 1142
6040) Bleichſtraße 45
Laden Lokal nebſt Wohnung mit
allen Bequemlichkeiten zu vermiethen.
6057) Steinſtraße Nr. 10 möblirtes
Zimmer zu vermiethen parterre; ebendaſelbſt,
zu erfragen.
6058) Beſſungen. Weinbergſtraße Nr. 11
iſt ein freundliches Logis von 3 Zimmern,
Keller, Waſchküche, Boden, Bleichplatz, auch
etwas Garten zu vermiethen und ſogleich zu,
beziehen.
Vermiſchte Nachrichten.
6059) Während der dreiwöchentlichen
Abweſenheit des Unterzeichneten werden die
Herren Dr. Drandt, Fuchs, Jüger, Lipp
und Kaufmann
die Güte haben, ſeine Prapis zu beſorgen.
Dr. Buxmann.
5048) Ein braver Junge kann in die
Lehre treten bei
Heinr. Martin, Steinhauermeiſter
5183) Einen braven Jungen ſucht
Adolf Kling, Spenglermeiſter.
Schutt
kann gegen 6 kr. Vergütung per Wagen
Tapetenfabrik Beſſunger Weinbergſtraße
an=
gefahren werden.
5544) Zwei Schreiner können bei
mir dauernde Beſchäftigung finden
Gd. Kühnſt, Pianofortefabrik.
5655) Zwei Steinhauergeſellen ſucht
gegen guten John und dauernde Arbeit.
J. W. Mersheimer, Hof=Maurermſtr.
RARRTETRRTATTRRTTTAAPN
5823) Eine kinderloſe Familie ſucht 4
B
H zur Erziehung ein minderjähriges Kind
4
8 (Mädchen), am liebſten nicht unter
4.
8 4 Jahren.
PNNNUAANAAAArnnrAArAns
5997) Es wird auf Michaeli ein feines
Stubenmädchen geſucht. Lohn 100 fl. Zu
erfragen Eliſabethenflraße 60 von 7- 10 Uhr
Vormittags.
Ru3.
6060)
Darmſtädter Actien=Ziegelei.
Der Beſuch unſerer Anlagen iſt allen daſelbſt nicht von uns beſchäftigten
Perſonen unterſagt, wenn ſie nicht mit einer vom Voiſitzenden des
Auſſichts=
fraths oder von 2 Vorſtandsmitaliedern auf den Namen des Beſuchers
ausge=
ſtellen Eintrittskarte verſ hen ſind.
Darmſtadt, den 24. Juli 1873.
Der Aufſiktsrath:
Der Vorſtand:
Dr. Brachl.
L. Riedlinger.
5992)
Muſikvereih.
Sammtliche ſlimmberechtigte Miglieder werden zu der Samſtag den 26. Juli
Nachmittags 4 Uhr im oberen Rathhausſaale ſtattfindenden
außerordentlichen Generalverſammlung,
in welcher über Abänderung der Statuten, insbeſondere bizüglich der Rechte und
Bei=
träge der Mitglieder, Beſchluß gefaßt werden ſoll, eingeladen.
Der Präſident: Dr. E. Becker.
SAU
6067)
Verloren!
ſoll Strallss,
Von der Poſt bis an das Großh. Reſi=
Vallonplatz Nr. 3.
K lauft fortwährend zu allerhöchſten
Preiſen, Lumpen. Knochen, altes
Pa=
pier. ſovie alle A.ten Metalle. 16061 8
A
2
6023) Ein anſtändiger junger Mann als
Lehrling auf das Comptoir geſucht.
Gebrüder Roeder.
6017) Mechaniker geſucht.
In der Großh. Münze kann ein
ge=
ſchickter Mechaniker als Münzarbeiter
an=
genommen werden.
6063) Ein tüchtiger
Steindrucker (Ueberdrucker)
findet bei hohem vohn dauernde Beſchäftigung.
F. C. Schüler, Ith. Anſtalt, Bleichſir.
6064) Eine Kleidermacherin, auch im
Weißnähen gewandt, ſucht Beſchäftigung in
und außer dem Haus. Zu erfragen Beſſ.
Carlsſtraße Nr. 16.
denzſchloß iſt geſtern Vormittag um 10 Uhr
ein Packet mit Acten unter der Adreſſe:
An das Großh. Proviant Amt Darmſtadt
verloren gegangen. Der Finder wird
er=
ſucht, es an die adreſſirte Behörde,
Magda=
lenenſtraße Nr. 17 abzugeben.
Darmſtadt, den 24. Juli 1873.
6068) Man verlangt in einem
jeden Bezirk einen Vertreter für eine der
einträglichſten Stellen. Jede thätige Perſon
Mann oder Frau, kann ſich in ihren
Muſe=
ſtunden einen ſehr einträglichen
Ver=
dienſt erwerben. Sich zu adreſſ. franco an
L. Angustin la Chauz-de-Fonds (Schweiz).
Zu frankiren mit 2 Sgr. (M. 25742.)
pC.ed.
Abgehende Bahn=Züge.
Schnel= Oer CouniersZnge)
Stelle=Geſuch.
6065)
Ein junger militärfreier Mann mit
ſchö=
ner Handſchrift wünſcht auf einem Büreau,
Advocatur ꝛc. Verwendung. Näh. b. d. Exp.
6066) Aushülfskellner werden geſucht.
Zu erfragen bei Hrn. Hennemann,
Langegaſſe 41.
Frant=
furt Nach
Heidel
berg. Nach
Mainz Nach
Aſchaf
enburg. Nach
Worms Nach
Erbach 5.45 645 54h 16.20 640 6.30 72, 850 7.50 9.10 8.45 9.30 H15 9.40 9.35 11.30 11.15 12.35 NI.7 k1.4½ 12.- 4150 1½.47 — 3.10 4155 3.15 250 255 245 24.45 J.— 44.45 5.30 5.35 5. 25 16.- 5.30 46.15 7.10 8.- 7.10 G 8.5 8.- 9.15 9.30 1950 110.- 110.35 10.
Ex- Fahrpläne in TaschenuhrenFormat zu 2 kr. bei der Expedition dieses Blattes.
Das Mißverſtändniß.
Eine Geſchichte aus alter Zeit.
(Fortſetzung.)
Ich nahm die Sache mit Gleichmüthigkeit auf, führte die
Herren in meine Schreibſtube, legte ihnen die Bücher vor und ſchloß
die Reviercaſſa auf. Sie revidirten und — fanden, daß von den
950 Gulden, ſo als Beſtand da ſein ſollten, 300 fehlten.
Ihr werdet nicht glauben, Meiſter, daß ich in dieſer Stunde
daran denken kann, Euch die Wahrheit zu verhehlen - ich brauche
Euch nicht Betheuerungen zu machen und Eide zu ſchwören
ich ſage Euch ganz einfach: die fehlende Summe war noch
dage=
weſen vier Tage vorher, und ich hatte ſie nicht herausgenommen.
Wer konnte es gethan haben ?
Die Schlöſſer der alten Kiſte waren unverſehrt. Verletzungen
waren an derſelben nirgends zu ſehen. Sie mußte mit den rechten
Schlüſſeln geöffnet und wieder geſchloſſen ſein.
Ich hatte keine Leute im Hauſe, deren Treue und
Ehrlich=
mit ich hätte verdächtigen können - die Magd war zu dumm,
um einen verbrecheriſchen Gedanken zu faſſen, der Schreiber war
eine alte ehrliche Seele, wie je eine geweſen, der Forſtgehülfe aber
ihn harmloſer junger Menſch und guter Leute Kind - und
ohne=
hin auch, wie hätten ſie Alle zu den Schlüſſeln kommen können
die lagen in einem Spind zu Häupten meines Bettes und der
Schlüſſel zu dem Spind kam nie aus meiner Taſche.
K43.
1143
Es war nur ein Weſen in der Welt, die dieſen Schlüſſel
leicht an ſich nehmen konnte, wenn ſie Nachts minen feſten
Schlaf benutzen wollte! Nur eines!
Ihr Eönnt Euch vorſtellen, daß dieſer Gedanke, der mir
blitzſchnell durchs Hirn fuhr, nicht dazu beierug. mir die verlorene
Beſinnung und Sprache wiederzugeben, auf daß ich mich hätte
verdefendiren können. Ich war wie vom Donner gerührt - ich
ließ die Herren ſtumm, wie ein theilnahmsloſer Menſch,
nieder=
ſchreiben in ihr Protocoll was ihnen beliebte; nur als ſie mich
wegführen laſſen wollten, verlangte ich mein Weib zu ſehen.
Si=
war nicht zu finden; ſie war, ohne mir ein Wort zu ſagen, nach
Fürſteneck gegangen, um die Frau eines Hofbeamten dort zu
be=
ſuchen, wie die Magd von ihr gehört hatte - ſie war ſchon ſeit
mehreren Stunden gegangen.
Daß ich unſchuldig an dem Verbrechen, glaubt Ihr mir,
Meiſter, aber die Welt glaubte es nicht. Das wären, hieß es
bei dieſer, die Folgen des vornehmen Umgangs mit den
Hofca=
valieren, die im Förſterhauſe ein= und ausſchwärmten, der
Ga=
ſtereien, der Bedürfniſſe der vornehmen Frau und ihrer adeligen
Wirthſchaft - es waren die natürlichen Folgen und die gerechte
Strafe. Die adelige Wirthſchaft hatte mich in Schulden
ge=
bracht, das iſt wahr, Gott ſe's geklagt — es kam zur Sprache
es beſtätigte meine Schuld. Als man dann gehört hat,
und
daß der Herzog mich ſofort nach Hohengingen bringen laſſen, da
mag denn freilich hie und da Einer den Kopf geſchüttelt haben,
daß das ſo ohne langes Verhör, ohne Urtheil und Recht geſchehe
aber man iſt ja in dieſem Lande an ſolche hochfürſtliche
Ju=
ſliz gewöhnt, und war ich nicht durch des Herzogs beſondere Huld
und Gnade ausgezeichnet geweſen und deßhalb doppelt ſtrafbar ?
Das wird wenigſtens bei Allen denen feſtſtehen, die mich um
Gnade beneidel haben.
dieſe;
„ Und Euer Weib - was wurde aus ihr Pu
„Mein Weib? Was aus ihr wurde ? Denkt Ihr, ſie ſei
zu Grunde gegangen? O nein - ich erfahre hier zwar nicht,
was draußen in der Welt vorgeht - das aber hat doch ſeinen
Weg zu mir gefunden, daß es ihr ſehr, ſehr wohl geht! Sie
blieb im Förſterhauſe. Der Herzog ließ es ihr - vier, fünf
Monat lang; dann zog ſie nach Fürſteneck - der Herzog gab
ihr auch ihren adeligen Namen wieder - ſie heißt nun Frau
von Lenlſtein.
„Den Namen hab' ich nennen hören," ſiel Brandlecht ein
- „als den der neuen allmächtigen Freundin des Herrn - und
Ihr, Mann, glaubt nun, es ſei Alles ein abgekartetes Spiel
ge=
weſen, die Wegnahme des Geldes, die Commiſſion, der Befehl,
Euch nach Hohengingen zu bringen ?-
Der Gefangene zuckte die Achſeln.
„Saß ich jetzt nicht anderthalb Jahre hier, ohne alles
Ver=
hör und urtheil-
„Aber von Urtheil und Recht iſt doch in dem Papier die
Rede, das geſtern Euretwegen aus des Herzogs Cabinet an den
Commandanten gelangt iſt ?=
„Von Urtheil und Recht habe ich nichts erfahren und
ge=
wahrt,1 antwortete der Gefangene tonlos.
„Das iſt ja eine ganz entſetzliche und haarſträubende Sache,
ſagte Brandlecht empört aufſpringend; „und darum ſollt Ihr nun
hier ſo grauſam umkommen und vor der Zeit ein ſchmachvolles
Ende finden?1 Und ich — ich ſoll—
„Laßt Euch darum keine grauen Haare wachſen, verſetzte
der Förſter, wieder nach dem Glaſe greifend; ſeid Ihr's nicht,
ſo iſ's ein Andrer - und was das Sterben angeht, ſeht, ſo
iſt's ein Labſal für mich, daß es aus und zu Ende ſein ſoll
oder glaubt Ihr, ein Mann, den ſie in Hohengingen bezraben
haben, ein Mann, dem am Herzen nagt, was mir daran nagt,
glaubt Ihr, der betrachte nicht den Tod als ſeinen Freund ?
Wahrhaftig. Meiſter Hämmerlein, Ihr braucht mich nicht um
Verzeihung anzugehn - ich werde Euch Dank ſchuldig ſein!
So iſt's mir um's Herz - ich habe nie leere Worte gemacht
und am wenigſten in dieſer Stunde.
„Ich glaub's Euch - ich glaub's Euch, Mann, verſetzte
ſchreitend; und doch - und doch - ſeht, dieſe meine rechte
Hand gäb' ich her, auf dec Stelle, wenn ich nichts damit zu
ſchaffen hätte. O mein Gott, welch elendes Leben iſt dies und
was haben wir armſeligen Menſchen verbrochen, daß es uns ſo
mit lauter Bitterkeit und Galle geſpeiſt und zuletzt unter eitel
Schmerzen und Verzweiflung abgenommen wird!-
5.
Der Scharfrichter war noch eine Stunde bei dem
Ge=
fangenen geblieben, deſſen Freund er in kurzer Spanne Zeit
ge=
worden. Dann war der Geiſtliche, der ſchon die Morgenſtunden
mit dem Gefangenen zugebracht, zurückgekommen und hatte
Brand=
lecht fortgeſandt.
Der Meiſter hielt ſich die übrigen Stunden ſtill in ſeiner
Kammer, bis er gerufen werde. Es lag eine große alte Bibel
da, in der er zu leſen verſuchte, um über die langſam
ſchlei=
chenden Minuten fort zu kommen. Aber es wurde ihm
unmög=
lich, ſeine Gedanken daran zu feſſeln. Den Kopf auf den Arm
geſtützt, ſtarrt er gedankenvoll die Wände an. Es überkam ihn
ein Gefühl unſäglicher Niedergeſchlagenheit. Er dachte an ſein
krankes Kind, an des armen Gefangenen Schickſal - an ſein
eigenes.
Die Minuten ſchlichen langſam, aber ſie ſchlichen — ſie
waren endlich verronnen; die verhängnißvolle Stunde ſchlug—
und als die Schloßuhr dann eine halbe Stunde ſpäter wiederum
ſchlug - da war Alles vorüber!—
Der Commandant lehrte aus dem Hofe, wo zwiſchen einer
Soldatenhecke die Execution ſtattgefunden hatte, in ſeine Zimmer
zurück. Brandlecht, der ihm gefolzt war, trat hinter ihm ein.
Beide ſprachen nicht; der Commandant ging an ſeinen
Schreibtiſch, Brandlecht blieb an der Thür fiehen.
Eine Weile ſchrieb der Officier, unterſiegelte dann das
Blatt und ſchloß eine Lade ſeines Schreibtiſches auf. Er nahm
vier Goldſtücke daraus und legte ſie zuſammt dem Papier auf
eine Ecke des Tiſches hin.
„Nehmt das, Meiſterr, ſagte er dann. „Ihr habt nun
Euren Urlaub. Könnt gehn. Wollen hoffen, daß wir Euch ſo
bald nicht wieder ſehen. Wird mir immer flau, wenn ich Euch
ſehe, der Teufel weiß es1-
Brandlecht nahm ſchweigend das Zeugniß und den Blutlohn.
Dann ſagte er:
„Ich habe noch eine Bitte an den Herrn
Oberſtwacht=
meiſter."
„Eine Bitte? - was iſtrs ?u-
„Daß der Herr Oberſtwachtmeiſter die Gnade hätte, mir
ein Pferd geben zu laſſen."
„Ein Pferd will Er Lu
„Ich will es bis morgen Abend wohlbehalten zurückſenden.”
„Was will Er mit einem Pferd ?=
„ Möglichſt raſch heimkommen - ich habe auf der Herreiſe
geſehen, wie ſchlecht die Wege ſind und ich muß eilen."
„Eilen? wozu ?”
„Ich habe ein ſchwer krankes Kind daheim.”
„Hol ihn der Teufel mit ſeinem Pferd und ſeinem Kind
ich hab' kein Pferd für Ihn.”
„Ich reir es gewißlich nicht zu Schanden."
„ Ja, glaub's ſchon - aber Er bekommt's doch nicht; und
nun geh Er.
„Herr Oberſtwachtmeiſter, ich muß ein Pferd haben; und
wenn Sie's nicht befehlen, daß mir eins geliefert werde-
„ So bekommt Er keins - ja, ich glaub's ſchonz fiel der
Commandant höhniſch ein. „Soll ich etwa eines von meinen
hergebeu, oder von den Dienſtpferden, daß hernach ein
Schinder=
roß daraus wird, auf das kein ehrlicher Chriſtenmenſch mehr
ſich ſetzen will?=
„Wenn Sie wüßten, wie ſorgenvoll und bekümmert ich um
mein armes Kind bin-
„Brandlecht ſei Er vernünftig und - „
Der Scharfrichter, der zu ſehr unter dem Einfluß deſſen
Brandlecht tief aufathmend und in dem Gewölbe auf und nieder. ſtand, was er eben erlebt und ſelbſt vollbracht, um nicht ruhig
1144
Kuls.
und gleichmülhig alle dieſe Reden über ſich ergehen zu laſſen,
wollte antworter, als draußen im Hofe eine Bewegung um einen
eben in die Feſtung einreitenden Mann entſtand, der, als er den
Mantel auseinanderſchlug, um abzufleigen, die herzogliche Oficiers=
Uniform gewahren ließ.
Der Commandant war bei dem erſten Geräuſch der
Huf=
ſchläge an's Fenſter getreten.
„Da iſt wieder ſolch ein verfluchter Cabinetsbote -
dies=
mal iſ's ein Adjutant des Herzogs ſelber - der Teuſel hole
ſie Aller, brummte der Oberſtwachtmeiſter halb vernehmlich;
nwas der nun wieder bringt!
Der Adjutant des Herzogs kam, von einem Soldaten
ge=
führt, die Stiege herauf. Brandlecht wandte ſich ſchweigend zum
Gehen.
„ Bleibt, Meiſter”, ſagte der Commandant, „8 wär
mög=
lich, daß wir Euch wieder nöthig hätten — wollen's aber nicht
hoffen!
Der Adjutant trat ein und meldete ſich als Lieutenant
Frecksberg vom Leibbataillon, betraut mit einem ſpeciellen
Auf=
trag des gnädigſten Herrn.
„ Und was habt Ihr für einen Auftrag, Lieutenant
Frecks=
berg Lu fragte der Oberſtwachtmeiſter.
Der Lieutenant ſtarrte das Papier an, welches der
Com=
mandant bald gefunden und zornig vor ihn hingeworfen hatte.
Dann erhob er ſein ein wenig bleicher gewordenes Geſicht,
und zu dem Commandant aufblickend, ſagte er:
„Das iſt unerklärlich - das iſt eine verzweifelt
unange=
nehme Geſchichte für uns.:
„Für uns Lu ſchrie der Commandant, „den Teufel auch,
Herr Lieutenant! Ich hafte dem Herzog mit meinem Kopf für
die ſtricte, angenblickliche Ausführung ſeiner Befehle.
„Aber dies iſt offenbar ein Mißverſtändniß - es muß ein
Verſehen mit den Nummern in der Cabinetskanzlei
vorgekom=
men ſein.
„Schlag das Wetter in die Cabinetskanzlei - möge das
Schreiberpack in die Hölle fahren - Mißverſtändniß und
Schreib=
fehler, wenn's ein Menſchenlebeu gilt! Aber was geſchehen iſt,
iſt geſchehen - melden Sie nur dem Herzog meine Devotion
und ich hätte gethan nach ſeinem Befehl - ich habe es ſchwarz
auf weiß - das Weitere kümmert mich nicht einen Pfifferling!
Fortſetzung folgt.)
Mittheilungen aus Stadt und Land.
Der Oficier reichte dem Commandanten eine Depeſche, und
während dieſer ſie erbrach, ſagte er:
„Ich ſoll mich zu dem Gefangenen Nummer Fünfzehn
führen laſſen, und dieſen dazu bewegen, daß er einwilligt, in das
neuformirte Bataillon einzutreten, welches die andere Woche
nach Holland abmarſchirt, um dort nach Batavia eingeſchifft zu
werden.
„Was?u - rief der Commandant aus, „zu dem
Gefange=
nen Nummer Fünfzehn? — Nummer Fünfzehn! - wahrhaftig
da ſteht es;, fuhr er fort, in die aufgeriſſene Depeſche blickend.
„Aber in dreier Teufel Namen, Herr ... das iſt ja um ver
rückt zu werden!
„Herr Oberſtwachtmeiſter - „
„Rummer Fünfzehn - der iſt ja vor einer Stunde
ge=
löpft! — Und nun ſoll er nach Batavia?;
„ Geköpft ?”n
„Da ſteht der Scharfrichter - da ſieht er noch, der ihn in
die andere Welt geſchickt hat - geſtern Nachmittag iſt mir Seiner
Durchlaucht Specialbefehl zugekommen - wo iſt der verdammte
Wiſch - da lönnt Ihr's leſen, Frecksberg - das iſt ja eine
vermaledeite Geſchichte!
Die Sitzungen des Schwurgerichts der Provinz Starkenburg.
für das 4. Quartal beginnen Mittwoch den 1. October unter dem Vorſitz
des Gr. Hofgerichtsraths Dr. Franck, als deſſen Stellvertreter
Hofgerichts=
rath Frhr. v. Ricou bezeichnet wurde.
Wie der 7D. Z. mitgetheilt wird, findet zur Feier des Sieges
bei Metz am 16. Auguſt im Garten des Saalbaues ein Monſtre=Concert
ſtatt, deſſen Ertrag zum Beſten des Denkmals für die geſallenen heſſiſchen
Krieger beſtimmt iſt. Fünf Muſik=Corps, eine Batterie Artillerie und eine
Compagnie Inſanterie werden dabei mitwirken, die beiden letzteren behufs
Aufführung des berühmten Beethoven'ſchen Tongemäldes: die Schlacht von
Vittoria.
— Der in der Nacht vom 24. d3. bemerkte Feuerſchein ſoll von
einem Brande hergerührt haben, welcher durch den Blitz in einer bei
Pfungſtadt gelegenen Mühle entzündet wurde.
In Folge der Verlegung des Concertlocals des
Muſik=
vereins in den Saalbau iſt eine Aenderung der Statuten in
weſent=
ichen Punkten nöthig geworden. Ueber den vom Ausſchuß feſitgeſtellten.
Entwurf dieſer Aenderungen ſoll in der nächſten Samſtag den 26. um
4 Uhr im oberen Rathhausſaale ſtattfindenden außerordentlichen
Generalver=
ſammlung Beſchluß glfaßt werden.
- Das Gewitter vom Freitag Abend, hat einlaufenden Berichten
zufolge in den Nachbargemarkungen von Bingen mancherlei Schaden
ange=
richtet. So wurde u. A. bei Genſingen ein junges Mädchen, daß ſich zum
Schutze unter einen Baum geflüchtet, vom Blitze getödtet, während bei
Sauerſchwabenheim das Pferd eines von Landleuten beſetzten Wagens
ebenfalls vom Blitze erſchlagen wurde, und die Inſaſſen des Wagens außer
einer momentanen Betäubung mit dem Schrecken davonkamen.
Getaufte, Getraute und Beerdigte bei der Beſſunger Gemeinde.
Getaufte.
Den 1. Juni: dem B. zu Rödgen, Kreis
Gießen, u. Taglöhner Heinrich Göbel ein Sohn,
Adolf Wilhelm; geb. 6. Mai.
Den 2. Juni: dem B. u. Cigarrenarbeiter Carl
Weger eine T., Eliſabeth geb. 26. April.
Eod.: dem B. zu Mommart, Kreis Erbach, u
Taglöhner Georg Weber ein S., Georg; geb.
16. Mai.
Eod.: dem B. zu Stauffenberg, Kreis Gießen,
n. Schneider Ludwig Kraſt ein S., Friedrich; geb.
13. Mai.
Eod.: dem B. u. Maurer Peter Lotter eine L,
Eva; geb. 17. Mai
Eod.: dem B. u. Maurer Heinrich
Witt=
mann VIl. eine T. Henriete; geb. 21. Mai.
Den 8. Juni: dem B. zu Hainchen, Kreis
Bü=
dingen, u. N. Bahnarbeiter Adam Schäfer ein S.,
Adam; geb. 12. Mai.
Eod: dem B. zu Büttelborn u. Taglöhner
Ja=
cob Gries ein S., Jacob; geb. 17. Mai.
Eod.: dem B. zu Langwaden, Kreis Bensheim,
A. Schreiner dahier Johann Georg Hölzel eine L., Michel Haun eine T., Eliſabeth; geb. 17. Juni.
Jacobine Magdalene; geb. 23. Mai.
Eod.: dem B. zu Wembach. Ktreis Dieburg. u.1S. Ludwig; geb. 22. Juni.
Schneider Ludwig Weber ein S, Johann Philipp;
geb. 22. Mai.
Den 15. Juni: uneheliche Zwillingstöchter,
Chriſtina u. Katharina: geb. 6. Moi.
Eod.: dem B. zu Nieder Ramſtadt u.
Buchhal=
ter Friedrich Wilhelm Glöckuer eine L., Marie,
Henriette; geb. v. Mai.
Eod.: dem B. zu Darmſtadt u. Schreiner
Auguſt Neßling ein S., Johann Heinrich Ludwig,
geb. 21. Mai.
Eod.: dem B. u. Fabrik=Werlführer Michael
Franz II. ein S. Carl: geb. 26. Mai.
Eod.: eine uneheliche T, Katharina; geb.
17. Mai.
Den 18. Juni: dem Großherzoglichen Kammer=
Stenographen Karl Heinrich Meis eine T.,
Frie=
dericke Karoline Eliſabeth; geb. 26. Mai.
Den 23. Juni: dem B. u. Specereihändler
Georg Lehr eine T., Wilhelmine Marie
Marga=
rethe; geb. M. Mai.
Den 29. Juni: dem B. u. Schreiner Philipp
Getraute.
Den 15. Juni: der B zu Gronau, Kreis
Bens=
heim, u. Fuhrmann dahier Philipp Borger, des
B. u Taglöhners daſelbſt Leonhard Borger ehelich
lediger S. u Chriſtina Kiſcher, des B. u.
Schuh=
machermeiſters Johann Philipp Fiſcher ehelich
le=
dige T.
Beerdigte.
Den 9. Juni: der perſ. Freiherrl. v.
Gemmer=
gen'ſche Revierförſter Friedrich Julius Noack, 81
J. 4 M. u. 27 T. alt; ſtarb 7. Juni.
Den 13. Juni: der penſ. Gendarm Johannes
Henkel, 80 J., 8 M. u. 23 T. alt; ſtarb 12.
Den 14. Juni: Sophie Margarethe Wolf,
ge=
borene Klier, Wittw. des Förſters Friedrich Wolf,
70 J., 8 M. u. 9 T. alt; ſtarb 12.
Den 25 Juni: Johanna Eppler, des
Geſandt=
ſchaftsbedienten Johannes Eppler eheliche T. 4 M.
u. 17 T. alt; ſtarb 23.
Den 28. Juni: Valentin Philipp Demmel, des
B. u. Pfläſterermeiſters Leo Demmel ehelicher S.,
17 J. 7 M. u. 28 T. alt; ſtarb 26.
Den 29. Juni: der B. u. Fabrikarbeiter Hein=
Eod.: dem B. u. Gärtner Johannes Horſt ein f rich Sommerhof, 54 J., 7 M. u. 29 T. alt;
flarb 27.
ehaction und Verlay: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerel.