Darmstädter Tagblatt 1873


18. Juli 1873

[  ][ ]

Allergnadigſt privilegirtes

armſtädter rug-u. Anzeige=

136. Jahrgung.

Wonnementsvrens
1L. 18 kr. Uährl inck Bringe=
John. - Auswärtz werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen
entgegengenommen zu 59 kr. pro
Anartal incl. Poſtaufſchlag und
Beſtellgebühr.

Inſeraie
werden angenommen in Darm
ſtadtvon der Expedition Rhem
ſtraße Nr. 28, in Beſſungen
von Friedrich Bloͤßer, Friedrich=
ſraße
Ne. 7. ſowie auzwarn
von allen ſoliden Annoncen
Enweditlonen

Amtliches Organ
für die Bekanntmachungen des Großherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.

2 138.

Freitag den 18. Juli

1873.

5395) Oeffentliche Aufforderung.
Nachdem Großh. Hofgericht der Provinz
Starkenburg über das Vermögen des Specerei=
händlers
Nicolaus König von Darmſtadt
den formellen Concurs erkannt hat, werden
deſſen ſämmtliche Gläubiger zur Anmeldung
und Begründung ihrer Forderungen, ſowie
zur Geltendmachung etwaiger Vorzugsrechte
auf:
Montag den 8. September 1873
Vormittags 9 Uhr präcis
unter dem Rechtsnachthele des ſtillſchwei=
gend
eintretenden Ausſchluſſes von der Con=
cursmaſſe
geladen. - In dieſem Termin
ſoll ſodann über Verwaltung, reſp. Ver=
äußerung
der Maſſe, Beſtellung eines Maſſe=
curators
, und über die Wahl eines Gläu=
biger
=Ausſchuſſes verhandelt werden.
In Anſehung der weder in Selbſiperſon
erſcheinenden, noch durch Bevollmächtigte
gehörig vertretenen Gläubiger wird der ſtill=
ſchweigende
Beitritt zu den von der Mehr=
heit
der Erſchienenen - auch bezüglich eine=
etwa
zu Stande kommenden Arrangements
gefaßt werdenden Beſchlüſſen unterſtellt
werden.
Darmſtadt, den 21. Juni 1873.
Großherzogliches Stadtgericht Darmſtadt.
Piſtor,
Holzapfel,
Stadtrichter. Stadtgerichts=Aſſeſſor.

5396) Oeffentliche Aufforderung.
Forderungen jeder Art an den Nachlaß
des verlebten practiſchen Arztes Dr. Mar=
tin
l. dahier, über welchen formeller Con=
curs
erkannt iſt, ſind mit ihren etwaigen
Vorzugsrechten im Termin:
Mittwoch den 10. September 1873
Vormittags 9 Uhr
unter dem Rechtsnachtheile des ſtillſchwei=
gend
eintretenden Ausſchluſſes von der Con=
cursmaſſe
bei unterzeichnetem Gerichte an=
zumelden
.
Von den nicht erſcheinenden reſp. durch
Bevollmächtigte nicht vertreteneu Gläubigern
wird angenommen, ſie ſtimmten in allen
Punkten-
auch
bezüglich eines etwa zu
Stande kommenden Arrangements - den
Beſchlüſſen der Mehrheit der erſchienenen
Gläubiger bei.
Darmſtadt, den 23. Juni 1873.
Großherzogliches Stadtgericht Darmſtadt.
Piſtor,
Holzapfel,
Stadtrichter. Stadtgerichts=Aſſeſſor.

Bekanntmachung.
Die Anlieferung eines gußeiſernen Piſſoͤrs
ſoll auf dem Soumiſſionsweg vergeben
werden.
Die hierauf bezüglichen Offerten ſind bis
zum 19. l. Mts., Vormittags 10 Uhr, bei
unterzeichneter Stelle einzureichen, woſelbſt
Voranſchlag und Bedingungen zur Einſicht
offen liegen.
Darmſtadt, den 15. Juli 1873.
Das Stadtbauamt Darmſtadt.
5827
Hechler.

5850)
Bekanntmachung.
Für die Kaſernen u. Ställe in Baben
hauſen ſollen folgende Arbeiten in öffent=
licher
Submiſſion an den Mindeſtfordernden
vergeben werden:
a) Zimmer Arbeiten, veranſchl. zu 417 fl.

b) Weißbinder=
c
) Schreiner=
d
) Dachdecker=

730 fl.
744 fl.
331 fl.

e) Pflaſler= u. Chauſſir=Arbeiten,
veranſchlagt zu 417 fl.
Hierzu haben wir in unſerm Blreau in
der Schloß=Kaſerne, woſelbſt auch die Be=
dingungen
und Koften=Anſchläge zur Einſicht
offen liegen, auf Montag den 21. Juli er.,
Vormittags 10 Uhr, einen Termin angeſetzt,
wozu qualificirte Unternehmer ihre gehörig
verſiegelten Offerten mit der Aufſchrift:
Submiſſion auf Arbeiten in den Kaſernen
zu Babenhauſen; rechtzeitig und frankirt an
uns einreichen wollen.
Babenhauſen, den 16. Juli 1873.
Großherzogliche Garniſon=Verwaltung.
von Friſch.
Arbeits=Vergebung.
Samſtag den 19. d. Mts., Nachmittag
um 3 Uhr, ſollen auf dem Rathhaus zu
Gräfenhauſen nachverzeichnete Bauarbeiten
unter den bei der Verſteigerung bekannt ge=
macht
werdenden Bedingungen öffentlich an
die Wenigftbietenden vergeben werden, nämlich.
fl. kr.
1) Maurerarbeit, veranſchl. zu 63 12
2) Zimmerarbeit, 37 12
3) Schreinerarbeit,
65 3

4) Weißbinderarbeit,
190 54
Gräfenhauſen, den 15. Juli 1873.
Großherzogl. Bürgermeiſterei Gräfenhauſen.
5831)
Langendorf.

Feilgebotenes.
4749) Zimmerſpähne ſind fortwäh=
rend
zu haben und werden Beſtellungen von
C. Rückert, Heinrichſtraße 102 und
J. Weitzel, Heidelbergerſtraße 21,
zur prompten Beſorgung entgegen genommen.
5492) Zwei guterhaltene Waſchbüt=
ten
ſind zu verkaufen Caſinoſtraße Nr. 12
eine Stiege hoch.

Fleischextract.
goldene Medaille
Moskau 1872.
Vorzüglicher billigſer Lleiſchertract;

Unterſuchungscontrole:

Haupt=Depot: H. Andreae, Frankf. a. M.,
Chr. Reller & Co. in Heidelberg.
Engros=Lager bei Apoth. Dr. Tenner
in Darmſtadt.
Verkaufsſtelle bei: Franz Schaeker,
Apoth. E. Calmberg, Darmſtadt, Apoth.
[4022
Hess, Michelſtadt.

5808) Beſte Sorte Weineſſig zum
Einmachen 8 kr. per Liter.
A. Federlin, Küfermeiſter.

FreosolKalk,
wirkſamſtes Desinfectionsmittel.
Anwendung ſehr einfach, empfiehlt
Carl Watzinger,
Louiſenplatz 4.
5833)
301

[ ][  ][ ]

1102

A138

180)

Liebig Compauy's Feisch-Atraot
aus PRAT-BEnTos (Sud-Amerika).

Höchste Auszeichnung bei den Ausstellungen
Paris 1867- Havre 1868- Amsterdam 1869- Moscan 1872
Ivon 1872 - Paris 1872.
wenn jeder Lopf untenstehende Unterschritten trägt
und aut der Etiquette der Name J. v. IIEBlE in blauer
dur ächt,
L-. Parbe aufgedruckt ist.

=

P⁄pPrA.vs.in.

) fahrn

41
L.Ce C.,
.
Engros Lager bei dem Correspondenten der Gesellschaft:
4
Herrn H. Herehz in Darmstadt.
Zu haben in Darmstadt bei den Herren: G. P. Poth, Casinostrasse 12,
C. H. Huber &a Söhne, Elisabethenstr.14, Jacob Röhrich Wine, Sandstrasse 10,
E. Seriha, Apotheker, Kirchstrasse 25½½
J. E, Reller, Grafenstrasse,
Carl Watzinger, Louisenplatz 4.
Georg Liebig Sohn, Louisenstrasse,
Wüh. Hensel in Bessungen.
Wüh. Hanck Ballonplatz 5,
4u.
il LAdr-Saa-Ar.
2
4
½Anli-npig..
Tncit ndin
li D eisn nridiedi.
12t4
ManizAd
Rnhiii.
5 as i A k. Eid ri n .
4aMistiltih
Mritth M

Vermiſchte Nachrichten.
53.
Meine Wohnung befindet ſich nun=
3 mehr Kiesſtraße Nr. 48 zwei
Stiegen hoch.
H. Anton, Hofglockeniſt.
5183) Einen braven Jungen ſucht
Adolf Kling, Spenglermeiſter.

3

Schutt

kann gegen 6 kr. Vergütung per Wagen
Tapetenfabrik Beſſunger Weinbergſtraße an=
gefahren
werden.

5851) Schloßgartenſtraße Nr. 45 iſt eine
gute Ziege zu verkaufen.

5852)

Hafee.

Um mein Lager in feineren Sorten zu
räumen, verkaufe von heute an zu erſtaunlich
billigen Preiſen.
Veun Külan, gegenüber der Stadtlirche.

Esermiethungen.
4802) Ein möblirtes Zimmer zu ver=
miethen
. Heidelbergerſtraße 21 im Seitenbau.
5206) Bleichſtraße 5 parterre iſt ein
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
5377) Heinheimerſtraße Nr. 48 iſt der
untere Stock, 3 Zimmer, Küche, abgeſchloſſe=
ner
Vorplatz, Keller, Boden, Mitgebrauch
der Waſchküche und des Gärtchens, zu ver=
miethen
und alsbald zu beziehen.
Näheres bei Maurermeiſter Müller,
am Arreſthaus.
5446) Holzſtraße Nr. 23 iſt die Man=
ſarde
an 2 einzelne Leute zu vermiethen und
gleich beziehbar.
Katharine Gottmann Wtwe.
5505) Beſſ. Karlsſtraße Nr. 3 iſt par=
terre
ein freundlich möblirtes Zimmer zu ver=
miethen
.
5513) Bleichſtraße Nr. 41 iſt der zweite
Stock, beſtehend aus 5 Zimmern mit allen
Zubehör, an eine ruhige Familie zu ver
miethen und gleich zu beziehen.
5531) Ecke der Bleich= und Caſinoſtr.
Nr. 12 eine Stiege hoch ein möblirtes Zim=
mer
nebſt Kabinet gleich beziehbar.
5577) Steinſtraße Nr. 10 ein möblirtes
Zimmer zu vermiethen. Parterre zu erfragen.
5584) Ein ſchön möblirtes Zim=
mer
parterre gleich zu vermiethen. Zimmer=
ſtraße
Nr. 2.
5603) Holzhoflraße Nr. 30 ein Logis,
3 Zimmer, Küche, Keller, Waſchküche,
Bleichplatz zu verm., Ende Sept. zu beziehen.
5607) Holzſtraße 2 an 1 oder 2 Per=
ſonen
eine Manſarden Wohnung zu vermie=
then
und gleich zu beziehen.

8 Megen Aufgabe des Geſchäfts iſt
R.
Tc ein Laden mit Logis zu ver
C13
miethen. Ludwigſtraße 12.
5854) Steinſtraße Nr. 8 eine Wohnung
von 5 Stuben, Küche u. außergewöhnlichen
Bequemlichkeiten zu vermiethen.
Näheres Parterre daſelbſt.
G.
Fin Logis zu vermiethen, Il. Bach=
8
C, gaſſe Nr. 7.
5856) Hinkelgaſſe Nr. 19 iſt ein Logis
mit allen Bequemlichkeiten zu vermiethen,
bis September beziehbar.
Ebendaſelbſt ein freundliches unmöblirtes
Zimmer bis Auguſt beziehbar.

5655) Zwei Steinhauergeſellen ſucht
gegen guten Lohn und dauernde Arbeit.
J. W. Mersheimer, Hof=Maurermſir.
5544) Zwei Schreiner können bei
mir dauernde Beſchäftigung finden
Gd. Kühnſt, Pianofortefabrik.
NNUAAAAAArNAUANNN
8 5823) Eine kinderloſe Familie ſucht 4
E zur Erziehung ein minderjähriges Kind 8
24
8 (Mädchen), am liebſten nicht unter
R 4 Jahren.
RAAUAAAAALAATTAARRAUN
5825) Ein Barbiergehülfe findet ſofort
Condition. Wo? ſagt die Expedition.
5847) Mehrere Schneider und einige
Taglöhner finden in meiner Fabrik dau=
ernde
Beſchäftigung.
H. Schuchard.

5848) Ein reinliches Mädchen ſucht Lauf=
dienſt
. Zu erfragen gr. Bachgaſſe Nr. 19.

Kunſtgenoſſenſchaft u. Hiſtoriſcher Verein.
Samſtag den 19. Juli gemeinſchaftlicher Ausflug zur Beſichtigung der Steinbacher
Kloſterruine bei Michelſtadt. Herr Hofrath Profeſſor Dr. Schaefer wird die Güte
haben, die Excurſion zu leiten.
Abfahrt mit Zug 2 Uhr 45 der Odenwaldbahn.
3858
Der Vorſtand.
S
3Heſſiſche Ludwigs=Eiſenbahn=Geſellſchaft.
Bekanntmachung.
Bei Gelegenheit des Eulbacher Marktes werden zwiſchen Darmſtadt und
Erbach Sonntag am 20. Juli l. J. folgende Extrazüge mit den drei Wagen=
Claſſen und Anhalten an den Zwiſchenſtationen befördert:
1) Aus Darmſtadt
8 - Vorm. 4) Aus Erbach
6 30 Abends.
In Erbach
9 53
In Darmſtadt
8 36
2) Aus Wiebelsbach=Heubach 1 40 Nchm., 5) Aus Erbach
92
In Erbach.
2 28
In Darmſtadt
10 55 Nachts.

2 25
3) Aus Darmſtadt

In Erbach
4 15
Mainz, den 16. Juli 1873.
Der Verwaltungsrath.

peaa.
b
BATRTUSITAOTSIOUb
Für eine Kernſeifen= und Toilettenſeifen=Fabrik wird ein Seifenſieder
geſucht. Ein ſolider tüchtiger Mann kann ſich eine dauernde Stellung ſchaffen.
Franko=Offerten sub Chiffre P. 7750 befordert die Annoncen=Expedition von
2.
Roudo'ſ Morae in Frankſurl a. M.

[ ][  ][ ]

Elss.

5861)
HelomamOm.
Wir benachrichtigen unſere verehrten Mitglieder, daß Samſtag den 19. Juli d. J.
Commer-Casino mit Hlumination & Feuerwork
auf dem Karlshofe ſattfindet. Eintritt in den Garten iſt frei und ſind Freunde
des Vereins hierzu freundlichſt eingeladen.
Der Vorſtand.
5818)
Kaufmanuiſcher Verein.
Sonntag den 20. Juli d. J.
Waldparthie nach dem Dommersberg.
Zuſammenkunft Nachmittags 2½ Uhr präcis im Beſſunger Herrngarten.
Die Mitglieder des Vereins, ſowie deren Angehörige werden hiermit zu recht
zahlreicher Betheiligung höflichſt eingeladen.
Jeder theilnehmende Herr muß mit einer ſichtbar zu tragenden Karte verſehen ſein,
welche gegen 30 kr. vom Vereinsdiener zu empfangen iſt. Einzeichnungsliſte liegt im
Lokale offen. Die Einführung von Fremden iſt geſtattet.
Der Vorſtand.
P. S. Für Reſtauration iſt Sorge getragen.
Zoologiſcher Gaͤrken in Frankfurt a. M.
5862
Conntag den 20. Juli von Morgens 6 Uhr bis Abends
iſt der Eintrittspreis auf
12 kr. per Perſon ermäßigt.
Nachmittags 4 Uhr Concert vom Muſik=Corps des Infanterie=Regiments Nr. 8l.
Der Verwaltunggrath.

11103
oO00000OO01
6 5863) Hiermit Freunden und Ver=
9 wandten die Nachricht, daß meine
9 Tochter Charlotte den 8. Juli mit
Dr. Julius Schenkel, Director der
8 chemiſchen Fabrik Eiſenhütte bei Braun=
9 ſchweig vermählt wurde.
9 Darmſtadt, den 12. Juli 1873.
Hathinka Grodhaus Wtvesk
RSSGOOSOOOOON
5048) Ein braver Junge kann in die
Lehre treten bei
Heinr. Martin, Steinhauermeiſter.
5864) Mädchen, welche das Anmeſſen
und Zuſchneiden von Frauenkleidern gründ=
lich
erlernen wollen, ertheile ich Unterricht.
Auch übernehme ich Arbeit in jedem Fach.
Zimmerſtraße Nr. 2 eine Stiege hoch.

In dem Großherzoglichen Holzmagazin
wird abgegeben:
per Raummeter.
buchen Scheidholz I. Claſſe 6 fl. 40 kr.
kiefern
4 fl. 40 kr.
Beſtelltage: Vienſtag, Freitag und
Samſtag, Vormittags von 8 bis 11 Uhr.
Großherzogliches Rentamt Darmſtadt.
Hauſer.

Ex Fahrpläne inFraschenuhrenFormat zu 2 kr. bei der Expedition dieses Blattes.

Das Mißverſtändniß.
Eine Geſchichte aus alter Zeit.
(ortſetzung.)
Ich vergebe Euch die Frage," verſetzte Brandlecht. Es
mag ſein, daß ich etwas geſagt habe, was einem Manne meines
Gewerbes nicht anſteht. Ich wollte nur ausdrücken, daß mir
daran gelegen iſt, Eure Verzeihung zu erhalten. Darum gebt
ſie mir, und gebt mir, wenn Ihr dieſe Hand eines Mannes, der
wohl unehrlich; aber darum doch ein redlicher Mann iſt, nicht
fürchtel, die Eure darauflu
Der Gefangene ſtreckte dem Scharfrichter langſam und wie
widerſtrebend die Rechte hin. Er blickte dabei fragend und offen
in das Geſicht des Meiſters - in dem Tone, womit Brand=
lecht
geſprochen, ſchien etwas zu liegen, was ihn betroffen ge=
macht
hatte.
Weshalb ſollte ich das nicht - die Berührung mit Euch
iſt ja doch nun einmal mein Schickſal, Meiſter Hammerlein, und
ein redlicher Mann ſcheint Ihr zu ſein. Weshalb ſolltet Ihr's
auch nicht nicht - daß Ihr ein Handwerk habt, das man ver=
abſcheut
- es iſt wohl ſo wenig Eure Schuld, als es meine
iſt, daß Ihr's an mir ausüben müßt!

Meine Schuld? Nun, wie man's nehmen will. Von Vater
auf Sohn überkommen iſt's bei mir nicht, wie Ihr wohl denlt,
und wie's ſo meiſtens der Fall aber doch -
Kommt her, ſagie der Gefangene, ihn durch eine plötz=
liche
raſche Bewegung unterbrechend und ſich dem Schragen mit
den Speiſen zuwendend, wo er zwei große Gläſer mit Wein
füllte; kommt her, trinkt eines mit mir; es wird uns Beiden
gut thun, und dabei erzählt mir, wie Ihr geworden, was Ihr
ſeid; wenn ich von eines redlichen Mannes dunklem Schickſal
zu hören bekomme, ſo wird's mir ein Troſt über mein eigenes
ſein.
Er zog einen Bretterſtuhl herbei und ſetzte ſich.
Brandlecht nahm das Glas, das der Andere ihm zuſchob,
und ſetzte ſich ihm gegenüber. Als er dem Gefangenen willfahrt,
und ihm in kurzen Worten ſeine Geſchichte erzählt hatte, ſagte
dieſer:
So ſeid Ihr dazu gekommen, ein Meiſter Hämmerlein zu
werden! Nun, es hat Jeder eben den Strick um den Hals, an

dem er durch dies elende Leben geſchleift wird, und da hilft kein
Sperren dawider. Wollt Ihr nun auch hören, wie mir die
Schlinge um den Hals gekommen iſt, die ſich nun - dank Euch
bald ganz zuziehen wird ?-
Wenn Ihr's mir erzählen wollt, ſo will ich's Euch danken,
verſetzte Brandlecht.
Trinkt erſt, ſagt der Gefangene und füllte wieder die
Gläſer. Es iſt eine Geſchichte, die hinter eine Flaſche guten
ſchweren Welnes gehört, damit ſie Einem ohne Widerſtreben
eingeht."


4.
Der Gefangene erzählte:

3ch heiße Franz Hancke und bin eines Forſtmannes Sohn.
Es war ein redlicher alter Mann, der auf ſeine Herkunſt von
wohlhabenden und hochangeſehenen Bürgern der Reichsſtadt U.
etwas hielt, und dem es das Herz gebrochen hätte, wenn er
hätte ahnen können, was ſeines älteſten Sohnes Ende ſein ſollte.
Zwei Brüder von mir haben gute Bedienungen bei der Reichs=
ſtadt
; ich hatte des Vaters Förſterſtelle in den ſtädtiſchen Wal=
dungen
und ein gutes Auskommen. Einſam freilich war's da
im Walde, bis zum nächſten Dorf eine Stunde. Aber von mei=
ner
Förſterei nicht ſo halb ſo weit lag ein altes verkommenes
Herrenhaus, ein Edelſitz mit einem griesgrämigen Baron, zwei
langen, müſſigen Burſchen vou Junkern und fünf Fräuleins darin,
die ſich nach einem Freier ſehnten, ohne daß einer kam. Denn
die Wirthſchaft da oben in dem morſchen alten Schloß war nicht
ſo, daß es die jungen Adelsherren, die auf Freiersfüßen gingen,
anlockte; es war viel Streit und Hader unter den Geſchwiſtern,
und Geld und Gut war nicht da es war eine knappe dürftige
Lebensart da oben. Und doch waren die Mädchen ſchön, alle
ohne Ausnahme, und eine war darunter, die war ſchön vor Allen
und ein keckes luſtiges 7 ing war ſie, eine wahre Wetterhexe von
einem ſchwarzäugigen, ſchlanken, verwegenen Mädel. Wo die
ſich etwas vorvahm, da war kein Widerſtehen, und am wenigſten
ſand ſie das bei mir, wenn ſie im grünen Jagskleid von einem
Bruder begleitet, oder gar allein, nuc mit ihrem Horſiehhund,
durch den Wald daher kam, eine leichte ölinte auf der Schulter,
und dann mit mir jagen gehen wollte. Ja, ſie war eine firmee

[ ][  ]

1104
R.
waidgerechte Jägerln. Das Feuer leuchtete ihr aus den Augen,
wenn ein ſchußrecht kommendes Wildpret, ein Bock oder ein
Spießer aufs Blatt getroffen vor ihr zuſammenbrach und klagend
und ſiöhnend verendete, - Ich hätt's mir hinter's Ohr ſchreiben
und mir meine Gedanken darüber machen ſollen, denn es iſt
keine Sache, die einem Weibe wohl anſteht, zu lachen, wenn zu
ihren Füßen einer armen, unvernünftigen Creatur unſeres lieben
Hergotts das Auge bricht - aber ich war ein Thor und achtete
deſſe nicht und meine Gedanken die waren Tag und Nacht bei
ihr allein. Ihr wißt das nicht, wie einem jungen Menſchen iſt,
der ſo für ſich mutterſeelen allein im Walde lebt und Niemand
ſieht, als ein ein iges Weib, ein ſchönes, verführeriſches junges
Weib, von adeligen Sitten und Benehmen, ſtolz und verwegen
in Reden - Ihr wißt das nicht, Mann, und auch nicht, wie
glücklich ein ſolcher Menſch ſich fühlen kann durch ſolch ein
Weib. Das war ich damals, als ſie eines ſchönen Morgens
durch's offene Fenſter in meine Kammer blickte - ſie war wieder
allein, nur von ihrem Waldmann begleitet, und indem ſie ihre
beiden Arme auf die Fenſterbrüſtung legte und mich ſchelmiſch
lächelnd anſah, ſagte ſie:
Kommt, Franz. laßt uns jagen gehen. Ich bin ihnen
durchgewiſcht. Es ſind zwei alte Schachteln von Muhmen da,
und ſie berathen, wie ſie mich in einem Klofter unterbringen
wollen, damit doch eine von uns Fünfen den Alten aus der Koſt
kommt. Aber ich ſchlage ihnen ein Schnippchen - in's Kloſter
geh' ich nicht - nein, nimmermehr - lieber ſterbe ich hier gleich
auf der Stelle, Franz."
Und ſo ſchelmiſch ſie mich eben noch angeſehen hatte, ſo
brach ſie doch jetzt plötzlich in lautes Weinen aus.
Um Gotteswillen, Fräulein Allgunde," rief ich erſchrocken
aus, weinen ſie nicht es bricht mir das Herz, Sie weinen
zu ſehen, - nein, bei Gott, in's Kloſter da taugen ſie nicht,
und da dürfen Sie nicht - weit eher
Nun, wohin denn, Franzzu ſagte ſie jetzt wieder durch
die Thränen lächelnd - in den Wald, und niemals wieder
hinaus ?
Ja, wahrhaftig, weit eher.
Aber wie die heilige Genoveſa in einer Höhle zu leben,
dafür bedanke ich mich auch," fuhr ſie wieder ernſter werdend fort.
Das Herz ſchlug mir bis zum Halſe - ich weiß nicht,
wie ich die Worte hervorbrachte:
Aber es gibt auch Häuſer im Walde - wie meines hier
die freilich für ein adeliches Fräulein nicht gebaut ſind-
aber

Adel hin, Adel her, rief ſie nun mit ihrer hellen Stimme
was kümmert uns der Adel, wenn ich Euch lieb habe,
Franz. und
W Und damit war ſie mit einem leichten Schwung auf der
Fenſterbank und ich war neben ihr, und ihre Arme waren um
meinen Hals geſchlungen und meine Lippen lagen auf den ihren.
Damals war es, wo ich glücklich war und dann die Zeit
hindurch, die nun folgte; auf große Stürme hatte ich mich ge=
faßt
gemacht, um die Einwilligung der adeligen Sippe zu er=
halten
; aber das ging weit glimpflicher ab, als ich gedacht.
Man gab ſie mir ohne viel Widerſtreben - ob ſie in's Förſter=
haus
, ob in's Kloſter zo9, das ſchien weder dem alten Edelmann,
noch ſeinen Junkern viel zu verſchlagen. Und nun, um'8 kurz zu
machen, ſie zog nach Verfluß von wenigen Wochen ins Förfter=
haus
und ſchickte ſich anfangs nicht übel darein - im Hauſe
aber wurde es ſchmuck und blank, und ſo hübſch und wohl ein=
gerichtet
Alles, es war wie ein Paradies um mich her.
Die Eva war freilich darin!' ſchaltete halblaut Meiſter
Brandlecht ein.
Die Eva war darin, ſagte der Gefangene, und die Eva=
natur
ſäumte nicht, ſich zu zeigen. Denn, als der Winter kam,
da wurde es der jungen Frau doch zu ſtill im Walde, zu enge
in dem kleinen Haus. Sie zürnte und ſchmollte anfangs auf
die Ihrigen, daß dieſe ſie ſo vollſtändig vergäßen, und, nun ſie
eines bürgerlichen Mannes Frau geworden, nicht einmal mehr
nach ihr umſchauten, ob ſie noch in der Welt ſei; und dann auf

188.
mich, weil ich glaube, eine junge Frau ſei auch ſo von todtem
Holz wie meine Bäume, und könne ihr Leben lang ſo daſtehen.
wie ein Baum im Walde, zufrieden damit, wenn ihm der Winb
durch die Haare fahre und nach weiter keiner Ergötzlichkeit ver=
langend
. Und ich, der ich ſchon ihr wohlgeſchulter Thor war,
ich hörte auf ihr Klagen und brachte ſie eines ſchönen, harten,
llaren Froſtmorgens im klingelnden Schlitten gen U. in die
Reichsſtadt zu meinen Verwandten, auf daß ſie dort einen Monat
lang oder mehr ſich an den ſtädtiſchen Winterluſtbarkeiten ergötze
und zerſtreue, während ich heimkehrte und meines Amtes allein
(Fortſetzung folgt.)
im Walde wartete.
Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 19. Juli. Auf die von dem Handelsverein von Darm=
ſtadt
und Beſſungen mit Unterſtützung des hieſigen Gemeinderaths an die
Kaiſerl. Telegraphen=Direction in Berlin gerichtete Eingabe in der Tele=
graphen
=Localfrage iſt unterm 15. ds. nunmehr Antwort eingelaufen, dahin=
gehend
. daß dieſelbe gerne bereit iſt, dem ausgeſprochenen Wunſche gemäß
auf die in Ausſicht genommene Verlegung der Telegraphenſtation in das im
Bau begriffene neue Bankgebäude zu verzichten und ein anderes, dem Mittel=
punkt
der Stadt näher belegenes Local für die gedachte Stalion zu miethen,
wenn dies nicht mit größeren Ausgaben für die Telegraphen=Verwaltung
verbunden iſt, als bei dem in Ausſicht genommenen Arrangement und ſoll
es nunmehr den Intereſſenten anheimgeſtellt bleiben, der Telegraphen= Ver=
waltung
mit diesbezüglichen Localanerbieten entgegen zu kommen.
Es wird Niemand beſtreiten wollen, daß dies von der General=Direction
aus ein praktiſcher Beſcheid iſt. Wir aber beſchränken uns ſtatt Recenſion
dieſes Verfahrens auf die Citirung Seume's, der da ſagt: Ich referire
die Thatſache und überlaſſe dem Leſer die Grillen.
- Geſtern morgen wurde bei den Canal=Arbeiten am kleinen Woog
ein Arbeiter von Niederramſtadt durch eine Erdrutſchung verſchüttet; er
wurde zwar ſofort herausgezogen, mußte aber in ziemlich bedenklichem Zu=
ſtand
ins Hospital gebracht werden.
In Maſchinenbauenden hieſigen Fubrikanten= und Arbeiterkreiſen
macht eine Gewerbſtreitſache viel von ſich reden, die ſeit 8 Tagen bei der
hieſigen Gewerbebehörde verhandelt und nach Vernehmung der beiderſeits
benannten Zeugen auf Grund des Spruchs eines am Dienſtag Abend
ſtattgehabten. aus Fabrikanten und Arbeitern gebildeten Schiedsgerichts,
durch Urtheil der Gewerbebehörde vom gleichen Tag Abſchluß ſand, worin
die beklagten Fabrikanten verurtheilt wurden, dem klagenden Arbeiter ſeinen
auf 1 Jahr abgeſchloſſenen Arbeitsvertrag auszuhalten, oder ihm bis dahin
ſeinen Gehalt von 90 fl. per Monat als Entſchädigung zu bezahlen.
Ein Theil der aus Frankreich zurückkehrenden deutſchen Truppen
wird auf der Main=Neckar=Bahn transportirt und werden dem Vernehmen
nach die Militärzüge mit dem 26. ds. beginnen, nachdem ſchon kleinere
Abtheilungen vorher vorbeipaſſirt ſind.
Bei der königl. Staatsſchulden=Tilgungskaſſe in Berlin ſind in
dieſen Tage falſche preußiſche Fünſthalerſcheine, die ſcheinbar lange courfirt
haben, denn ſie ſind bis zur Unkenntlichkeit beſchmutzt und überall mit
Papierſtreifen beklebt, als ſie zum Erſatz präſentirt wurden, angehalten
worden; ob dieſe Scheine wirklich ſo lange im Umlauf geweſen ſind oder
die Fälſcher ſie von vornherein ſelbſt beſchmiert und beklebt haben, bleibt
fraglich.
Eingeſandt.) Die Kreisamtliche Verordnung, wonach das Baden im
Woog ohne Badehoſen ferner nicht mehr geſtattet iſt, hat nicht blos bei
den Schwimmhoſenverkäufern, ſondern auch bei dem Publikum allgemeine An=
erkennung
geſunden. Der Zugang zu dem Damenbad, welcher früher durch
den Arnold'ſchen Garten führte, geht nun ſeit Jahren ganz offen an dem
Waſſer her und glaubt Einſender dieſes kaum, daß in einer andern Stadt
von der Bedeutung Darmſtadts, ſolche wahrhaft paradiſiſchen Zuſtaͤnde ſo
lange geduldet worden wären. Es dürfte nunmehr auch eine ſtrenge Beanf=
ſichtigung
ſtattfinden und namentlich dem Woogsaufſeher zur Pflicht gemacht
werden, ein Zuwiderhandeln gegen die Verfügung nicht zu dulden und
Renitenten zur Anzeige zu bringen. Es wäre alsdann freilich nothwendig,
daß auch bei den badenden Miltärs Schwimmhoſen eingeſührt werden.
Worms, 16. Juli. In der heutigen Sitzung des Friedensgerichtes
wurden etwa 20 Milchverkäufer, deren Waare, wie wir ſeiner Zeit gemeldet.
zu leicht beſunden war, zu Geldſtrafen von ' bis 5 Thlr. verurtheilt.
In zwei Fallen wurde die Verhandlung vertagt, weil die Contravenienten
ſich zu einem Beweiſe ihrer Unſchuld bereit erklärt hatten.
Offenbach, 16. Juli. Endlich, nach vieler Mühe, iſt es der hieſigen
Polizei gelungen, die Thäter zu ermitteln, welche neulich das Gartenhaus.
des Gärtners Will in Brand geſteckt haben. Es waren drei Jungen im
Alter von 10 und 8 Jahren.
In voriger Woche wurde in Bürgeler Gemarkung, unmittelbar an der
Offenbacher Grenze, von ruchloſer Hand eine Singnalſtange über die Eiſen=
bahnſchienen
gelegt. Die dort zum Zweck des Materialtransports im Gang
befindliche Maſchine ſchnitt dieſelbe glücklicherwetſe entzwei, ſo daß eine
Entgleiſung derſelben, die leicht weitere Unſälle hätte zur Folge haben
können, nicht vorkam.
- Heute Vormittag explodirte in der chemiſchen Fabrik von Oehler
dahier ein Siedkeſſel, in Folge deſſen der Bau, in welchem derſelbe ſtand,
nicht unbedeutend beſchädigt, auch mehrere Arbeiter theilweiſe erheblich verletz=
wurden
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10. 3.)

Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.