Allergnaͤdigſt hribilegirtes
Konaementebrelis
2L. 48 kr. jährl. inel. Bringe=
John. - Auswaͤrtz werden von
adlen Poſtämtern Beſtellungen
Agegengenommen zu 53 kr. Pre
Muartal inc. Poſtauficlag und
Beſtellgebllhr.
für
Inſerar;
werden angenommen: in Darme
Radt von der Erpedition. Rhzein=
Fraße Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blbßer,
Friedrich=
kraße Nr. 7. ſowie auzwarie
vo3 allen ſoliden Annoncer
Arveditlonen
die Bekanntmachungen des Grofherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.
Alss
Freitag den 11. Juli
4.
Aus dem Reichs=Geſetzblatt Nr. 18
Hiſt Geſetz, betreffend die Einführung der Verſaſſung des Deutſchen Reichs in Elſaß=Lothringen. S. 161;
Geſetz, betreffend die Errichtung eines Reichs=Ejſenbahn=Amtes S 164; — vorſchriftsmäßig zu publiciren.
Aus dem Großh. Regierungsblatt Nr. 31 vom 7. Juli 1873
iſt pos. 2) Bekanntmachung, die Steuervergütung bei der Ausfuhr von Bier betreffend;
vorſchriftsmäßig zu publiciren;
Darmſiadt, am 8. Jul 1873.
Betr.: Herbſtübungen.
Das Großherzogliche Kreisamt Darmſtadt
an die Großherzoglichen Bürgermeiſtereien des Kreiſes.
Nachſtehend theilen wir Ihnen eine Ueberſicht über die bei den rubririrten Uebungen der Großh. Diviſion in Ausſicht
ge=
nommenen Einquartierungen unter dem Auftrage mit, das Erforderliche hiernach in den betreffenden Gemeinden anzuordnen und
namentlich für Bereithaltung der Stallungen Sorge zu tragen.
Die Stärke der einzelnen Abtheilungen iſt im Maximum die nachſtehende:
Stab eines Infanterie=Regiments (incl. Regimentsmuſik) 3 Ofiziere 54 Mann 7 Pferde.
1 Bataillon (Stab und 4 Compagnien)
20 „ 480 „
„
4
110 „ 123
1 Escadron
Bezüglich der Bepſlegung der Truppentheile jugen wir bei, daß an den Marſchtagen die Ouartiergeber vetpflichet ſind, den
Truppen die Mundverpflegung zu verabfolgen, welche von denſelben an Ort und Stelle bezahlt wird.
Reben dieſer Mundberpfleguag haken die Ouarliergeber den marſchirenden Trupen ferner die Fourage, wenn ſich an Ort
und Stelle Militär=Magazine nicht befinden, auf Grund der Marſchrouten gegen Quittung zu verabfolgen.
Die Marſchtage ſind nachſtehend beſonders bezeichnet.
Während des Cantonnements reſp. während der Uebungen werden ſich die Truppentheile ſelbſt verpflegen. Brod und Fourage
empfangen ſie während dieſer Zeit aus Magazinen.
Pfungſtadt:
Eberſtadt:
Darmſtadt:
Beſſungen:
Arheilgen:
Griesheim:
Weiterſtadt:
Gräfenhauſen:
Braunshardt:
Schneppenhauſen=
Roßdorf:
In Verh. d. Kr.:
Dr. Momberger, Kreis=Aſſeſſor.
Ankunft 20. Auguſt.
Abmarſch 28. Auguſt Vormittags.
Belegung mit Infanterie: 1 Regiments=
Stab und 2 Bataillone.
(20. Auguſt Marſchtag).
Ankunft 20. Auguſt. — Abmarſch 28. Auguſt Vormittags.
Belegung mit Inſanterie:1 Vatallon. -
120. Auguſt Marſchtag!.
Ankunſt 12 Auzuſt. - Abmarſch 28. Auguſt Vormittags.
Belegung mit Jaſanterie: 1 Regineuts=
Stab und 1 Bataillon.-
(12. Auguſt Marſchtag.
Abmarſch 28. Auguſt Vormittags.
Ankunft 12. Auguſt.
Belegung mit Infanterie: 1 Bataillon.
12. Auguſt Marſchtag)
Abmarſch 28. Auguſt Vormittags.
Ankunft 12. Auguſt.-
Belegung mit Injanterie: 1 Batallon.
(12. Auguſt Marſchtag.
Ankunft 5. Auguſt.
Abmarſch 28. Auguſt Vormittags.
Belegung mit Cavallerie: 2 Cscadrons.
(5. Auguſt Marſchtag).
Abmarſch 13. Auguſt Vormittags.
Ankunft 5. Auguſt.
Belegung mit Cavallerie: ; Escadron.
5. Auguſt Marſchtag).
28.
Ankunft 13. Auguſt.
Antunſt 5 Auguſt. - Abmärſch 28. Augiſt Vormittags.
Belezung mit Cavülleie: Cscadron.
(5. Auguſt Marſchtag).
Ankünft 5. Auguſt. - Abmarſch 28. Auguſt Vormittags.
Belegung mit Cavallerie: ½ Escadron.-
(5. Auguſt Marſchtag).
Ankunft 5. Auguſt.-
Abmarſch 28. Auguſt Vormittags. - Belegung mit Cavallerie:½ Cscadron.-
(5. Auguſt Marſchtag).
Ankunft 4. Auguſt. — Abmarſch 5. Auguſt Vorm. - Belegung mit Cavallerie: 1 Escadron.-
291
[ ← ][ ][ → ]A133.
1064
5625) Montag den 14. Juli, Abends
5 Uhr, laſſe ich ca. 2½ Morgen ſehr
ſchö=
nes Korn (Halmen von 9-10 Fuß) auf
dem Halm öffentlich verſteigern.
Zuſammenkunft am Chauſſeehaus.
Beſſungen, den 9. Juli 1873.
C. Henkel.
ssssrvienaer.
vræ.
Feilgebotones.
Horren-Stietletten
von Kalbleder, Kiddleder und Lackleder in
außergewöhnlich großem Vorrath,
zu billigen Preiſen.
Eduure Sehlsster,
Louiſenplotz 4.
5626)
4749) Zimmerſpähne und fortwäh
rend zu haben und werden Beſtellungen von
C. Rückert, Heinrichſtraße 102 und
J. Weizel, Heidelbergerſtraße 21,
zur prompien Beſorgung eutgegen genommen
drei große Firmenſchilder zu verkaufen.
Holzſtraße Nr. 2.
Damen=Laſtingſtiefel
vorn geſchnürt mit Abſatzen per Paar
2 fl. 48 kr.
Louiſenplatz 4.
5627)
ten ſind zu verkaufen Caſinoſtraße Nr. 12
eine Stiege hoch.
G.
Spé-
MalesHai uge
ſind wieder friſch angelommen bei
Ph. Garde,
Specereihandlung, Holzſtraße Nro. 2.
5602) Eine 6 Ctr. Decimal=Waage iſt
zu verkaufen. Waldſtraße 54.
Riddlederſtiefel
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fl. 48 kr. empfiehlt
per Paar 1 fl.,
Louiſenplatz 4.
5628)
Gutenin HAlenleim).
Flüſſiger Leim für Maler, Weißbinder,
Tapezierer ꝛc. empfiehlt
Louiſenplatz 4.
5630)
5645)
Zu verkaufen,
Zwei gute Zugpferde, 7 und 10 Jahre
alt, verſchiedene Wagen, wobei eine Nolle,
eine zweiſpännige Chaiſe (Droſchke), circa,
100 Ctr. Wieſen= und Kleeheu.
Näheres P. A. Kommo,
Heiligerkreuz=
berg bei Darmſtadt.
5646) Ananas=Erdbeeren.
zu verkaufen.
ächte Rattenfänger.
Lindenhofſtraße Nr. 23.
inder Hasingsllelel
zum Schnüren u. Anöpfen eupfehle wegen
vorgerückter Baiſon zu herabgeſetzten
Preiſen, Eduard Schünsier,
5629)
Louiſenplatz 4.
5648) Die gebräuchlichſten Mittel zur
Vertreibung von Inſekten und
Unge=
ziefer jeder Art ſind zu haben bei
CarL Wahinger,
Louiſenplatz 4.
rr.
Vermiethungen.
4802) Ein möblirtes Zimmer zu
ver=
miethen. Heidelbergerſtraße 21 im Seitenbau.
5206) Bleichſtraße 5 parterre iſt ei
möblirtes Zimmr zu vermiethen.
5377) Heinheimerſtraße Nr. 48 iſt der
untere Stock, 3 Zimmer, Küche,
abgeſchloſſe=
ner Vorplatz, Keller, Boden, Mitgebrauch
5600) Einige große Packkiſten und der Waſchlüche und des Gärichens, zu
ver=
miethen und alsbald zu beziehen.
Näheres bei Maurermeiſter Müller
ſ am Arreſthaus.
5513) Bleichſtraße Nr. 41 iſt der zweite
Stock, beſtehend aus 5 Zimmern mit allem
Eduard Schüßler, Zubehör, an eine ruhige Familie zu
ver=
miethen und gleich zu beziehen.
5446) Holzſtraße Nr. 23 iſt die Man=
5492) Zwei guterhaltene Waſchbüt= lſarde an 2 einzelne Leute zu vermiethen und
gleich beziehbar.
Katharine Gottmann Wtwe.
5447) Ein freundliches unmöblirtes
Zim=
mer, gegenüber dem Bahnhofe, iſt zu
ver=
miethen. Näheres Weinbergſtr. 13 parterre.
5505) Beſſ. Karlsſtraße Nr. 3 iſt
par=
terre ein freundlich möblirtes Zimmer zu
ver=
miethen.
5531) Ecke der Bleich= und Caſinoſtr.
Nr. 12 eine Stiege hoch ein möblirtes
Zim=
mer nebſt Kabinet gleich beziehbar.
5577) Steinſtraße Nr. 10 ein möblirtes
Zimmer zu vermiethen. Parterre zu erfragen.
5584) Ein ſchön möblirtes
Zim=
mer parterre gleich zu vermiethen.
Zimmer=
ſtraße Nr. 2.
5604) Pankratiusſtraße Nr. 13 iſt eine
Schlafſtelle zu vermiethen.
5607) Holzſtraße 2 an 1 oder 2
Per=
ſonen eine Manſarden Wohnung zu
vermie=
then und gleich zu beziehen.
5633) Bleichßraße 45
Laden=Local nebſt Wohnung mit
allen Bequemlichkeiten zu vermiethen.
5635) Martinſtraße 25 zweiter Stock
4 Zimmer zu verm., 1. October beziehbar.
5637) Schöne Manſarde=
Woh=
nung mit Küche, abgeſchloſſenem
Vor=
platz und allen Bequemlichkeiten zu verm.
Bleichſtraße 15.
5649) Aliceſtraße Nr. 28. 3. Stock ein
freundlich möblirtes Zimmer zu vermiethen.
Aizzti Eiirrr Aririrri rarraia
Vermiſchte Nachrichten.
H 5inen Lehrling ſucht
49 Wilh. Speher, Uhrmacher.
5183) Einen braven Jungen ſucht
Adolf Kling, Spenglermeiſter.
5617) Ein träfiger Junge kann in die
Lehre treten. Jacob Kling, Küfermſtr.,
Langegaſſe 5.
5650)
Kunſtgenoſſenſchaft.
Samſtag den 12. Juli Abends 8 Uhr: Vortrag des Hrn. Hofrath Profeſſor
Dr. Schäfer über die von ihm in der Steinbacher Kloſterruine bei Michelſtadt
auf=
gefundenen Beſtandtheile eines Karolingerbaues und über das Identitätsverhältniß dieſes
Banwerks zur angeblich verſchwundenen Michelſtädter Einhart=Baſilika aus dem Beginn
Die verehrlichen Mitglieder des hiſtoriſchen Vereins, für die der Gegenſtand von
Eduard Schüssler, Intereſſe zu ſein verſpricht, ſind zur Berſammlung (oberer Saal bei Winter) höflichſt
eingeladen.
Der Vorſtand.
5651) Zur Erichtung eines Liebig=Denkmals zu Darmſtadt ſind
fol=
gende weitere Beiträge eingegangen:
Von den Herren: Oberſt Müller 2 fl. Oberſt Becker 5 fl. Ober=Med=Rath=
Pfannmüller 10 fl. Hofbaurath Weyland 7 fl. Münz=Aſiſtent F. Kraus 2 fl. Gebr.
Carl Watzinger, (Rözler in Frankfurt 6 fl. Louis Zöpritz 15 fl. W. H. Rothe 3 fl. Wilhelm Köhler
5 fl. Familie Merck 400 fl. In Friedberg geſammelt durch die Herren Trapp und
Münch 40 fl. Beigeordnete Lauteſchläger 3 fl. 30. Ph. Röhrich 3 fl. 30. R. Lautz
1 fl 45. A. Niederhofheim in Frankfurt 20 fl. J. Andreae Paſſavant daſ. 20 fl.
S. Heinemann daſ. 5 fl. Ph. Nic. Schmidt daſ. 20 fl. J. G. v. Heyder daſ. 20 fl.
Moritz v. Bethmann daſ. 20 fl. Zuſ. 608 fl. 45 kr. Hierzu frühere Zeichnungen
651 fl. 15 kr. Zuſammen 1260 fl.
Gefl. weitere Beiträge werden von ſämmtlichen unterzeichneten Comite=
Mit=
gliedern entgegen genommen:
Dr. Ernſt Becker. H. Blumenthal, Fabrikanl. Bopp, Bankdirector. Büchner,
Pro=
feſſor. W. Büchner, Fabrikant in Pfungſtadt. Dr. Eigenbrodt. Fuchs, Bürgermeiſter.
4 Liter 6 kr. Samſtag Morgens auf dem Dr. Hallwachs, Ob.=Med.=Aſſeſſor. A. Hofmann, Hauptmann. Hofmann, Profeſſor.
Marktplatz gegenüber der Hirſch=Apotheke Kekule, Hofg=Advokat. Köhler, Buchhändler. Dr. Kohlrauſch, Profeſſor. Dr. Künzel,
Hofrath. Carl Merck. Wilhelm Merck. Dr. Moldenhauer, Apotheker. Dr. Max
5647) Zwei junge Hunde zu verkaufen, Kieger. Röhler, Geh. Bergrath. Schleiermacher, Geheimerath, Vorſitzender. W. Schwab.
Dr. Thiel, Profeſſor. Volhard, Hofger.=Advokat. Dr. Wagner, Agricultur=Chemiker.
Dr. Walther, Hofbibliothek=Director. F. Wittich, Haupteaſſier.
133.
5652)
Verein Heſſiſcher Aerzke.
Gitzung Freitag den 11. Juli um 6½ Uhr Abends im Vereinslolale bei
Herrn Schorkopf.
Tagesordnung: 1) Adreſſe an das Miniſterium, Medieinal=Reform betreffend.
2) Bericht der Commiſſion über die Beſchaffenheit der öffentlichen
Schul=Lokale in Darmſtadt.
5653)
BürgerVerein.
Das Concert ſindet Freitag den 11. Juli ſtatt.
Die Verguügungs=Commiſſion.
Geſellſchaft „Cintrachto.
Samſtag den 12. Juli d. J. im Geſellſchaftsgarten
9 C
1 G
WRT
ausgeführt vun der Darmſtädter Concert=Kapelle (Juterlaken).
Anfang Abends 7½ Uhr.
Darmſtadt, den 8. Juli 1873.
Die Verguügungs=Commiſſion.
5618)
1065
Helomanen Verein.
Zu der heute auszuführenden Abend=Parthie
nach Jugenheim werden unſere inactiven
Mitglieder ebenfalls freundlichſt eingeladen
und iſt eine zahlreiche Betheiligung ſehr
er=
wünſcht. Abfahrt mit dem Zug Abends 8 Uhr.
Nückfahrt von Bickenbach Morgens 5 U. 24 M.
5657)
Der Vorſtand.
5654) Bei der gegenwärtigen Chauſſirung
der Magazinſtraße wird das paſſirende
Publikum gebeten, ſeinen Weg durch andere
Straßen zu nehmen, da die Arbeiter in
der Magazinſtraße durch die Paſſanten ſehr
gehindert werden. Die Arbeiter.
5655) Zwei Steinhauergeſellen ſucht
gegen guten Lohn und dauernde Arbeit.
J. 25. Mersheimer, Hof=Maurermſtr.
5656) Zu vermiethen ein rentables
Metzgergeſchäft und im November zu
beziehen. Näheres auf der Exp. d. Bl.
22
2
Wxaii
.
Ea
Das Mißverſtändniß.
Eine Geſchichte aus alter Zeit.
(Fortſetzung.)
„ Trinkt, Brandlecht -— es geht nichts über einen guten
Trank, Freund, wenn's Einem flau zu Muthe werden will; der
Teufel, der in jedes Menſchen Herz ſitzt, iſt ein Söffer und
wenn Ihr was eingießt, er macht ſchon, daß er Alles allein
bekommt, und der gute Geiſt, der in Euch iſt, nichts; und hat
er dann ſo ein Nöſel von dem feurigen Zeug in ſich eingeſogen,
dann iſt er gleich obenauf und Meiſter, und der gute Geiſt
verkriecht ſich, und der Menſch wird capabel zu jedem
Ding-
ich rath's Euch, Brandlecht, trinkt - trinkt immer zu
dann geht's!
Und - es ging!
Wie es gegangen — Theodor Brandlecht wußte es ſelber kaum;
aber als ſie am Abend heimkamen, und als die Frau des
Scharf=
richters ihren Eheherrn mit ſorglicher Miene halblaut fragte, wie
es gegangen, da ſagte Meiſter Bäumle:
„Es iſt ein wackrer Burſche, und ich hab mich nicht
ver=
ſehn in ihm. Es iſt ein ſchwer Stück für einen Menſchen, der
nicht wie unſer eins ſchon den Großvater hat dabei handthieren
ſehn, und vom Vater dazu iſt aufgezogen worden - ein ſchwer
Stück iſt's ſchon. Aber wenn ein rechter Wille und ein Kern
im Menſchen ſteckt, da bricht er Eiſen, und mit einem „Du mußt:
läuft er die Wand hinan.”
„Verlor er den Kopf nicht zu fragte die Frau leiſe, über
die Schulter blickend nach der Anne Marie, die mit großen,
feuch=
ten Augen horchend ſill im Hintergrund ſtand.
Meiſter Bäumle ſchüttelte den Kopf.
„Er nicht - nur der Anderel” ſagte er lächelnd; er war
faſt ſo weiß im Geſichte wie der Andere, aber hier -„ Bäumle
wies mit dem Finger auf ſeine tiefe Falte zwiſchen den Brauen
nhier ſtands geſchrieben ſchon eine halbe Stunde vorher, daß
er den Kopf nicht verlieren würde.
Nun, Gott ſei Lob' ſagte die Frau, nich hatte viel Angſt
um ihn.”
Anne Marie ſeufzte tief auf und verſchwand lautlos. Sie
ging, um für die Heimgelehrten das Abendmahl zu
bereiten-
hatte ſie dabei an Theodor gedacht, ſo war ihre Mühe umſonſt,
er kam den Abend nicht von ſeiner Kammer herunter, und
Mei=
ſter Bäumle verbot der Frau, die zu ihm hinaufgehen wollte, ihn
zu drängen.
Das war das erſte Mal - das erſte Mal, wo Theodor
Brandlecht dem Meiſter als Gehülfe bei ſeiner ſchweren Arbeit
gedient; es kamen dann ſolcher Tage mehr, und endlich kamen
auch ſolche, wo der Gehülfe nicht mehr des Meiſters bedurfte,
wo er ſelbſt den Schlag zu führen verſtand und - ihn führte!
Bis dahin freilich waren doch Jahre vergangen, Jahre, die
um das einſame Scharfrichterhaus flüchtig dahingeſchwunden,
eintönig und ſtill, und doch mancherlei Veränderung im Großen
und Kleinen hervorgebracht hatten. Auf dem Schieferdach des
Hauſes hatten ſie die Platten mit dichterem Moos übergrünt, in
Meiſter Bäumle's dichtes Kraushaar noch viel mehr Weiß und
Grau gemiſcht und — des Scharfrichters Töchterlein, die Aune
Marie, in die Arme des Henkersknechts gelegt - ſie war ſein
Weib geworden und hatte ihm Kinder geboren. Wie freilich
hätte das auch anders kommen können, wenn zwei junge Leute
ſich täglich ſehen, unter einem Dache mit einander verkehren und
in der ganzen Welt niemand Anderes zum Umgang, nichts
An=
deres, was ihre Gedanken beſchäftigen könnte, haben, als einander.
Der Hofcavalier, der mit der Hofdame halbe Tage lang allein
zuſammen im Vorzimmer ſitzen und ſich langweilen muß, verliebt
ſich in ſie und heirathet ſie endlich, und der Henkersknecht, der
mit des Meiſters Tochter iu der einſamen Scharfrichterei, von
allen Menſchen gemieden wohnt, wie ſollte er es anders machen
können ?
Von allen Meuſchen gemieden, ſagen wir - das war
Meiſter Bäumle freilich doch nicht ſo ganz, und bald war es
auch Theodor nicht. Denn erſtens hatte Meiſter Bäumle einen
gar warmen zuthunlichen Freund, der ſich nichts um
Volksvor=
urtheile kümmerte, und ihm derb auf die Achſel ſchlug, wenn
er ihn beſuchte, und auch mit ihm trank, und Leben und Lärm
in die ſtille Scharfrichterei brachte, wenn er kam - ein
mittel=
großer, wohlgenährter Menſch mit einem Paar großen
vorliegen=
den Augen, breitem Kinn und dicken, ſinnlichen Lippen; dabei
mit einer verwogenen Art ſich auszudrückeu, und bei dem, was
er daherſchwätzte, ſich weder um geiſtliche noch weltliche Obrigkeit
kümmernd. Nur Schade, daß Bäumle's Freund nur alle Paar
Jahre ſich einmal blicken ließ und ſo viel anderweit beſchäftigt
war — er war nämlich der Herzog. Der gnädigſte Landesherr
hatte ſeinen Meiſter Bäumle in beſondere Affection genommen
und beſuchte ihn und trank von ſeinem Wein, ſo oft er auf
Reiſen, oder um der Jagd wegen in's Oberamt T. kam; er hatte
auch ſeinem Freunde zur Belohnung für treue Dienſte und, zu
einer „Ergötzlichkeit; die Pflegſchaft Hohengingen, d. h. das
Recht, Allen denen, die auf der Staatsfeſtung Hohengingen ſaßen
und juſtificirt werden ſollten, den Kopf abzuſchlagen, verliehen.-
Meiſter Bäumle ſtand ſich, ein Jahr in's andere gerechnet, wohl
um 100 Gulden beſſer dadurch. Und eben um dieſer Arbeit
willen, die da auf der Beſte Hohengingen zu verrichten war, und
wobei der Meiſter ab und zu einen flüchtigen Einblick in eine.
gar verwunderliche und unheimliche Geſchichte gewann, deren
letzter Act in den Gewölben und Keuchen der herzoglichen
Staats=
feſtung ſpielte - eben deswegen war zwiſchen dem Landesherrn
1966
R 133.
und ſeinem - executeur des hautes oeuvres, ſeinem
Hoch=
arbeiter, nach und nach ſo etwas wie eine Intimität, eine ge
wiſſe Freundſchaft eutſtanden - nicht zwar ſo warm wie die
zwiſchen David und Jonathan, aber doch ſo aufrichtig, wie die
zwiſchen Ludwig Xl. und ſeinem Triſtan.
Und dann ferner war Meiſter Bäumle ein weit und breit
geſuchter Mann, weil er ein ausbündig geſcheiter und erfahrener
Thierarzt war, und Theodor Brandlecht, der ja Chirurgie ſtudirt
hatte, dem er alle ſeine Geheimmittel und Kenntniſſe mittheilte,
war es bald auch. Es war merkwürdig, mit welchem Intereſſe
der junge Scharfrichter ſich dieſer Beſchäftigang zuwandte, mit
welcher ſanften Behutſamkeit er die Wunde irgend eines armen
von einem Eber bleſſirten Jagdhundes unterſuchte, mit welcher
ausharrenden Geduld er neben dem fieberkranken ſiöhnenden Roß
eines armen Bäuerleins ſtand und den Puls beobachtete und den
rechten Moment zu Adlerlaß und Mixtur wahrnahm. Es ſchien,
in dem Maße, wie ihm die Menſchen fremder wurden und er
kälter und abgewandter gegen ſie und verhärteter gegen ihre
Leiden, und je mehr es ihm gelang, in eiſerner Entſchloſſenheit
den armen Teufeln, die ihm das Geſetz zu Füßen warf, den
Gewaltſtreich zu geben, der ſie in die andere Welt
ſchleuderte-
es ſchien, deſto mehr wende ſich ſein Herz der armen hülfloſen
Creatur zu, deren Kräfte und unterwürfigen Willen die Menſchen
ausbeuten, und ſie daneben mißhandeln, - juſt wie ſie's im
Grunde mit ihm machten, der dafür, daß er ſeine Arme
will=
fährig zu dem herlieh, was die Gewalt gebieteriſch und mit allen
Zwangsmitteln ausgerüſtet von ihm verlangte, verachtet, gehaßt
und verabſcheut wurde.
Die Jahre flohen dahin, Meiſter Bäumle ward zu ſeinen
Vätern verſammelt, ſeine Frau ſaß alt und ſchwach jetzt im
Groß=
vaterſtuhl uud hielt auf ihren Knieen die Enkel, die Anne Marie
ihrem Manne geboren; und wenn Frau Themis ein Opfer
for=
derte dann hieß es nicht mehr Meiſier Bäumle, ſondern Meiſter
Brandlecht ſoll kommen!
Meiſter Brandlecht kam denn auch gehorſam dem Ruf; ſicher
und ruhig that er ſeine ſchwere Pflicht — aber hatte er ſein Werk
verrichset, dann war er jedesmal wie von einer ſchweren Unruhe
erfaßt; er ſchien auf glühenden Kohlen zu ſtehen, bis nur der
Gerichtsſchreiber ihm ſeln Zeugniß über die gut und zur
Zufrie=
denheit der Schöffen geleiſiete Arbeit ausgeſtellt halte, und dann
eilte er heim, als ob böſe Geiſter hinter ihm her wären und ihn
verfolgten, ſo lange bis er ſich wieder bei Weib und Kind beſand.
Eines Tages aber wurde eines der Kinder krank. Es war
ein Mädchen von acht Jahren, ein hübſches blauäugiges und
blond=
haariges kleines Abbild der Anne Marie, nur von Geburt an
im=
mer zart und ſchwächlich, und vielleicht gerade deßhalb vor allen
andern der Liebling und das Herzblatt des Vaters. Der Zuſtand
des Kindes verſchlimmerte ſich raſch — es wimmerte wegen ſeiner
unerträglichen Kopfſchmerzen und ſein Puls nahm in erſchreckender
Weiſe zu - es ſchien daß eine Gehirnentzündung das arme
Weſen den Eltern rauben wolle. Theodor Brandlecht wenigſtens
glaubte es und ſaß, die Todesangſt im Herzen, an ſeinem Bett:
chen, ohne zu weichen, den Tag, den Abend hindurch und ſo tief
es auch Nacht wurde. Er hatte um Mitternacht die ſchluchzende
Mutter fortgeſandt, damit ſie ſich ausruhe, und nun ſaß er allein
da, und lauſchte auf die heißen Athemzüge des Kindes und auf
das Ticktack der Schwarzwälder Uhr und das Rauſchen des
Nacht=
windes, der die Weinreben gegeu die hölzerne Gallerie des Häus.
chens ſchlug.
Da ſchlug draußen der Hofhund, den er heute Abend
ver=
geſſen hatte von der Kette zu löſen, an und dann hörte er etwas
wie Hufſchläge und endlich auch Stimmen, und wurde heftig an
Brandlecht's Hausthüre gevocht.
Er ging zu öffnen, und fand draußen auf dem Söller zwei
Männer ſtehen; ſo viel er in der ſternhellen Nacht ſehen konnte,
war unten vor dem Hauſe noch ein dritter, der die Pferde hielt,
auf denen ſie gekommen. Sie waren in Mänteln, darunter in
Uni=
form; als ſie eingetreten waren und der Schein der Lampe auf
ſie fiel, erkannte Brandlecht Reiler vor der Beſatzung von
Hohen=
gingen in ihnen.
Gihi i nin enen
„Noch auf Meiſter Brandlecht zu ſagte der Eine, „wir
fürch=
teten, ihr würdet rns länger pochen laſſer.
4½n
„Mein Kind iſt krank! Was wollt Ihr Zu verſetzte Prandlecht.
Nun, 8 iſt deſto beſſer, fiel der Andere ein, „ſo brauchen
wir nicht zu warten. Nehmt Eueren Mantel und Euer
Hand=
werkzeug - 8 gibt zu thun für Euch."
„ Setzt in der Nacht ſoll ich fort ?„
„Macht voran; der Commandant von Hohengingen braucht
Euch!
„Seid Ihr nicht geſcheut - ich ſoll von meinem kranken
Kinde fort ?
„Was geht uns Euer Kind an - '8 iſt befohlen ſo, Meiſter
Brandlecht - ſperrt Euch nicht
„Beſohlen oder nicht befohlen -— ich gehe nicht! Macht,
daß ihr heimkommt!
(Fortſetzung folgt.)
Blttheillnsgen aus Etabt und Land.
Darmſtadt, 10. Juli. Bei dem erſten geſtrigen Gewitter ſchlug der
Blitz in das Atelier des Bildhauers S. in der unteren Eliſabethenſtraße,
glücklicherweiſe ohne zu zünden.
— Die des Todtſchlags an Schneider Schaller als dringend
ver=
dächtig feſtgenommenen Dachdecker C. und Maurer A. ſind heute wegen
geführten Alibibeweiſes wieder entlaſſen worden, ſo daß dieſe Angelegenheit
noch vollig unaufgeklärt bleibt. Schaller war Abends 11 Uhr noch in der
Weber'ſchen Reſtauration am Bahnhof. Von dem Ort, nächſt der
Heidel=
bergerſtraße, wo derſelbe andern Morgens geſunden wurde, führten
Blut=
ſpuren an die Nähe des ſ. 9. Judenteichs in Beſſungen, wojelbſt Schallers
Fußſtapfen und deſſen Hut gefunden wurde. Wie derſelbe die Nacht dahin
gekommen, iſt bis jetzt ein Räthſel. Nicht unwahrſcheinlich möchte es
viel=
leicht ſein, daß denſelben die G ſellſchaft eines Frauenzimmers an dieſen
ſtillen Ort geführt, woſelbſt er dann von einem wahrſcheinlich
Nachgeſchli=
chenen überfallen worden ſein mag. Daß wohl Haß oder Eiferſucht
das Motiv geweſen ſein mag, dafür ſpricht der Umſtand, daß Schaller, der
ſich nach dem Ueberfall noch jortgeſchleppt haben kann, bis er an dem Ort,
wo er gefunden wurde, zuſammenſank, noch einige Gulden Geld bei ſich
hatte.
In Folge der in verſchiednen deutſchen Städten aufgetretenen
Cholera hat die hieſige Militär=Sanitätsbehörde auf Weiſung des
Kriegs=
miniſteriuns in Berlin begonnen, Vorſichtsmaßregeln zu treffen.
Kaufmann Sepp von Frankfurt, welcher in voriger Woche nach
freiwilligem Austritt aus dem Hoſpital Nachts im Baſſin am Bahnhof
aufgefunden und ſeiner Uhr und Baarſchaft beraubt ins Hoſpital
zurückge=
bracht wurde, iſt darin nunmehr verſtorben. Der Polizeibehörde hat ſich
inzwiſchen Jemand gemeldet, der die Thäter beobachtet haben will und
glaubt, dieſelben wieder zu erkennen. Es iſt zu hoffen, daß auch dieſe,
Dank der polizeilichen Anſtrengungen, ermittelt werden.
Eingeſandt.) Nach dem Vorgange der bir. Militärbehörde, welche
bereits geeignete Maßregeln gegen die uns immer näher rückende Cholera
anordnet und wie wir vernehmen ſich auch dieſerhalb mit der Stadt
ver=
ſtändigt hat, iſt zu erwarten, daß auch von Seiten der Civilbehörde eine
allgemeine und regelmäßige Desinfection der Aborte und der
Straßen=
kanäle vorgenommen werde, wie dies iſt faſt allen benachbarten Städten
bereits geſchehen oder doch in der Ausführung begriffen iſt. Eine
beſon=
dere Verpflichtung zu ſorgfältiger Desinſection haben auch die
Bahnver=
waltungen.
Offenbach, 9. Juli. Dem Vernehmen nach marſchirt das hier
gar=
niſonirende Füſilier=Bataillon des 4. Großh. Heſſ. Inſanterie Regiments
Nr. 118 am 11. k. M. nach Darmſtadt aus, um dort an den
Regiments=
exercitien Theil zu nehmen. Nach Beendigung dieſer wird die ganze Gr.
25. Diviſion in der Umgegend von Frankfurt manövriren. Gleichzeitig
wird die 21. Diviſion (Heſſen=Naſſauer) weſtlich von Frankfurt ihre
Herbſt=
übungen abhalten
Das Gewitter, welches am Sonntag Nachmittag auch die hieſige
Gemarkung überzog, war ein ſolches, wie wir noch wenige wahrgenommen,
hat aber glücklicher Weiſe keinen erheblichen Schaden angerichtet. Nur im
Wald, etwa 100 Schritte vom Schäfersborn und 25 Schritte von dem Weg,
der von da nach dem Pflanzengarten führt, ſchlug der Blitz in eine 70 Fuß
hohe Eiche von 2½ Fuß unterem Durchmeſſer, zertrümmerte die Spitze,
ſchälte den noch in der Erde ſtehenden Stamm von oben bis unten, ſo daß
kein Stückchen Rinde mehr daran iſt und ſpaltete denſelben in ſo viele,
jedoch noch zuſammenhängende Stückchen, daß, nach Ausſage des
Forſtauf=
ehers, auch nicht ein ganzes Scheit Holz daraus gemacht werden kann.
Der Stamm ſoll ausſehen, als wenn er feſtgepackt und wie eine Weide
umgedreht worden ſei, und ſind wahiſcheinlich auf dieſe Weiſe die vielen
in demſelben befindlichen Spalte, aus welchen die Splitter herausſtehen,
veranlaßt worden. Es ſoll ſich der Mühe lohnen, den Baum in
Augen=
ſchein zu nehmen, und wird er zu dieſem Zweck von der Forſtbehörde einige
Tage in ſeinem jetzigen Zuſtande belaſſen werden.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.