Ailergnädigſt hrihilegirtes
136. Jahrgang.
Dommentsvretes
2K. 48 kr. xrl. incl. Bringer=
Jahn. - Avaͤrtz werden von
allen Pofttern Beſtellungen
entgegengenmen zu 52 k. pro
Lvartal i1 Poſtaufſchlag und
Fellgebübr.
Inſerate
werden angenommen: in Darm=
Ladtvon der Expedition. Rhein=
Lraße Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Böößer,
Friedrich=
ſtraße Nr. 7. ſowie auswärth
von allen ſoliden Annoncen
Erbeditionen.
für die
Amtliches Organ
Bekanntmachungen des Großherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.
1B.
Freitag den z. Juli
1873.
Feilgebotenes.
ugl. Bisoulks
von hutley & Palmers empfiehlt
Carl Watzinger,
Louiſenplatz Nr. 4.
5441
4749 Zimmerſpähne ſind
fortwäh=
rend zu jaben und werden Beſtellungen von
C. Rückert, Heinrichſtraße 102 und
J. Weitzel, Heidelbergerſtraße 21,
zur proipten Beſorgung entgegen genommen.
„
2h=
4t
Cplleoſte
(Gllſucht), Krämpfe
heil=
ber durch ein ſeit 12 Jahren
be=
wäktes nicht medizin.
Univerſalgeſund=
heibmittel. Proſpecte, Referenzen
gra=
tis=ranco von
F. A. Duante. Fabrikbeſitzer
zu Warendork in Westfalen.
Löbig's Fleisch Extradt &
Candens. Milch von Cham
zu Oiginalpreiſen empfiehlt
Carf Waßinger,
5425)
Louiſenplatz 4.
180)
liebig Coupauys Heisch-Urtract
aus TRAT-BEUTos (Güd-Amerika).
Höchste Auszeichnung bei den Ausstellungen
Paris 1867- Havre 1868- Imsterdam 1869- Moscau 1872
Ivon 1872 - Paris 1872.
4, wenn jeder Lopf untenstehende Unterschritten trägt
und aut der Etiquette der Name I. v. IEAlE in blauer
1
RERb,
- Carbe aufgedruckt ist.
Noyisscthsa
P.Cte L.)
idk vi lid d nD xr.
Engros Lager bei dem Correspondenten der Gesellschaft:
Herrn H. Herclz in Darmstadt.
Lu haben in Darmstadt bei den Herren:
C. H.Huber &a Söhne, Elisabethenstr.I4,
I. E, Reller, Grafenstrasse,
jeorg biebig Sohn, Louisenstrasse,
Wülh. Manck Ballonplatz 5,
AiAddi
5428) Für Buchbiuder!
Alle für eine Buchbinderei nöthigen
Werkzeuge ſind von Montag den 7. Juli
an aus der Hand zu verkaufen.
Grafenſtraße Nr. 16.
5429) Unterzeichnete
empfeh=
len ſich bei gegenwärtiger
Bau=Saiſon zur Lieferung
von Gußſäulen.
Arnold & Reuling.
Eiſengießerei, Darmſtadt.
Gulenin (Neuleim).
Flüſſiger Leim für Maler, Weißbinder,
Tapezierer ꝛc. empfiehlt billigſt
Carl Watzinger,
5442)
Louiſenplatz 4.
Getrocknete Champignons empfiehlt
5443) Carl Watzinger, Louiſenplatz 4.
Für Tüncher u. Sattler.
Vorzügliche Kuh= und Külberhaare zu
haben bei Gerber Jakob Pfeiffer in
Eberſtadt.
[5444
FreosolKalk
wirkſamſtes u. billigſtes Vesinfectionsmittel
empfiehlt
Carl Watzinger,
5445)
Louiſenplatz 4.
Vermiethungen.
4802) Ein möblirtes Zimmer zu
ver=
miethen. Heidelbergerſtraße 21 im Seitenbau.
5169) Holzſtraße 2 eine Manſarden=
Wohnung zu verm. u. gleich zu beziehen.
G. P. Poth, Casinostrasse 12,
Jacob Röhrich Wiwe, Sandstrasse !
E. Scriba, Apotheker, Kirchstrasse 25
larl Walzinger, Louisenplatz 4.
Wilh. Hensel in Bessungen.
29.
Kirkkiläirtiir ri AAail.
5206) Bleichſtraße 5 parterre iſt ein
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
5377) Heinheimerſtraße Nr. 48 iſt der
untere Stock, 3 Zimmer, Küche,
abgeſchloſſe=
ner Vorplatz, Keller, Boden, Mitgebrauch
der Waſchküche und des Gärtchens, zu
ver=
miethen und alsbald zu beziehen.
Näheres bei Maurermeiſter Müller
am Arreſthaus.
5446) Holzſtraße Nr. 23 iſt die
Man=
ſarde an 2 einzelne Leute zu vermiethen und
gleich beziehbar.
Katharine Gottmann Wtwe.
5447) Ein freundliches unmöblirtes
Zim=
mer gegenüber dem Bahnhofe, iſt zu
ver=
miethen. Näheres Weinbergſtr. 13 parterre.
5448) Eine Schlafſtelle Magdalenenſtraße
Nr. 14 zwei Stiegen hoch.
Vermiſchte Nachrichten.
5048) Ein braver Junge kann in die
Lehre treten bei
Heinr. Martin, Steinhauermeiſter
280
1024
M128.
Darmſtädter Kunftgenoſſenſchaft.
Tagesordnung für Jamſtag den 5. Juli.
Die Beſtrebungen zur Reſtauration der Katharinenkirche in Oppenheim. Wahl
einer Commiſſion in dieſer Sache.
Alle Genoſſen werden zu zahlreicher Betheiligung freundlichſt eingeladen.
5448a
Der Vorſtand.
2898)
H ä u ſ e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
M. Neuſtadt, Alexanderſtraße.
waaz
Fr. 100 ,00ss m bold der Stadt bariolta.
5 Liehungen jährlich,
mit Prämien von 2 Miälionen, 1 Midion, 500,000, 400,000,
200,000. 150,000, 50,000, 30,000, 25,000. 20,000, ete.
und 135435 Wränien Fres. 50, sämmtlich in eſſectivem
Gold.
Das FäravLessa.L.oos iſt das billigſte, ſolideſte und vortheilhafteſte.
Jedes Loos nimmt an ſämmtlichen 225 Ziehungen Theil, kann ſomit außer der
4 Rückzahlung Fr. 100 mehrere Prämien gewinnen. - Von je 3 Looſen muß
je eines mit ciuer Prämie herauskommen, ein Vortheil, den keine andere
Lotterie bietet.
44719
Eu baben bei allen Wachslerp.
Ec
ririiirAirk
WATAN
4TD
4
Meben meinem Specerei=Geſchäfte übernehme ich von heute an den An= und
K. Ik Verkauf von Häuſern und Grundſtücken, ſowie von Typotheken,
Kaufſchillingen, Wechſeln und Geldanlehen, und halte mich mit der Zuſicherung der
discreteſten und reellſten Bedienung auf das Beſte empfohlen.
W. Halbrenner,
Ecke der Hoch= und Kiesſtraße.
RHNLosrge,
44
57D.
20
24
Guvh AöltuiuuiihAeuid ass
H.
Beſſunger alterer Geſangverei.
Sonutag den 6. Juli d. J. ſoll ein
Waldfeſt auf dem Herrgottsberg
H abgehalten werden.- Der Abmarſch mit Muſik iſt halb 3 Uhr von der Linden=
82 Allee vor dem Herrngarten aus.
Der Vorſtand.
85449)
9d
Geareoor
BXN
Prarasaris.
LodechsNusnh PGianh AuWetllt-uitAIN
2in braves ordentliches Mädchen CxaAaaaat-araatra
8
Tüchlige, geuundte
E, wird zur Stütze der Hausfrau
S
gegen entſprechenden Lohn geſucht. Der Ein=
M.
A SCRTOD
tritt kann ſofort erfolgen.
Wu
Näheres in der Exp. d. Bl.
werden für ein seit dahren bestehendes
5131) Ein junger Menſch vom Lande uutæbringendes Hamburger
als Hausburſche geſucht. Promenade= Geschäſt gesneht.- Besondere
ſtraße Nr. 47.
Fachkenntnisse sind niehs erforderlich.
NAANNAAARAARUAAAAAR Adressen sub F. H. 123 erbeten an
E 4938) Bei Unterzeichnetem können 4
die Annoncen-Expedition von Han-
4
E bei fortwährender Arbeit und nach
1
Senstein & Vogler in
Ham-
jetzigem Verhältniß entſprechende Ver=
4
Burz.
(5245
24
4 dienſt 2-3 Pfläſterer=Geſellen ſowie AGazuarat
K ein Lehrling ſogleich eintreten.
H
55438) Einige geübte Näherinnen
5 Beſſungen. Karl Demmel, P
u. Weißſtickerinnen finden dau=
Pfläſterermeiſter.
4
ANAAAANAAAA RAAAAARTAs ernde Beſchäftigung bei
5417) Geſucht wird ein ordentliches, zu=
Eichberg's Hachfolger.
verläſſiges Kindermädchen oder Kinderfrau,
die ſchon als ſolche gedient hat und gute
Zeugniſſe aufweiſen kann. Wo? ſagt die
Expedition d. Bl.
G. 5Ein Kanarienvogel entflogen.
7 1, Ueberbringer Belohnung.
Steinſtraße Nr. 20.
C.
4
W
Heſſiſch Lud=
G,
½. wigs=Genbahn=
M
Wunz Geſeſchaft.
Bekanntmachrig.
Die am 30. April l. J. beknt gemachten
wöchentlichen Wiener Extrazüſ werden vom
15. Juli ab nicht mehr regelißig, ſondern
nur dann befördert, wenn ſicho0 Perſonen
zu einem Zuge zuſammen fim.
Mainz, den 1. Juli 1873
5451) Der Verwalugsrath.
Sedes t. Amt, jeder ſchäftsmann,
Oh zahlloſe Private ſi heutzutage
kann und wann genöthigt, Anigen in den
jedesmaligem Zwecke entſprechenn Zeitungen
zu veröffentlichen. Zu ſolchefFüllen
em=
pfiehlt es ſich die Vermittlungſer als ſolid
und discret bekannten Südeutſchen
Annoncen=Expedition v k.
Stöok-
hardt (in Darmſtadt Vereter: Herr
Jos. Waitz, Firma Würtzſch
Buchhand=
lung) in Anſpruch zu nehmen welche bei
Original=Zeitungspreiſen keineni Speſen,
weder Porto noch Proviſion, inlnrechnung
bringt.
5183) Einen braven Jungenſucht
Adolf Kling, Spelermeiſter.
vsasarrAirtirniten rin li ntni ven rsrAckiirndtannd
5452) Einen träftigen Farſreiber
4 und Steinſchleifer ſucht
Eduard Wagner, lith.=geogr.Anſtalt;
„
9453) Ein reinliches Mädchen bernimmt
Laufdienſt. Holzſtraße 15 Hinterhu.
5454) Eine geübte Kleidermachein nimmt
Arbeit im Haus an. Näheres beider Exp.
5455) Ein reinliches Mädchn ſucht
Lauſdienſt. Zu erfr. große Bachgaſe 19.
AgrxiAritzh
Tageskalender.
Großh. Muſeum und Bildergalerie in Schloß,
geöffnet Sonntag von 10-1 Uhr, Dienſtg,
Mitt=
woch. Donnerſtag und Freitag von 1111 Uhr.½
Großherzogliche Gärten. Der Gartenvor dem
Jägerthor (Mathildenhöhe) iſt dem Publillm jeden
Mittwoch, der Großh. Garten in Beſſungn (rinz
Emil's Garten) jeden Donnerſtag geöffne
Sparkaſſe. Zahltag an jedem Werkage von
9-12 Uhr Vormittags. Jeden Dienſtag on 2-4
Uhr Nachmittags werden die Sparkaſſellchelchen
gegen die Interimsſcheine ausgegeben.
Darmſtädter Volksbank, eingetragne
Ge=
noſſenſchaft, verbunden, mit Spaj=Kaſſe.
Geſchäftsſtunden täglich Morgens von 9-12 Uhr,
Nachmittags von 3-6 Uhr. Kaſſeſchluß um 5 Uhr
Nachmittags. Sparkaſſe=Büchelchen werdey ſogleich
bei der Einlage ausgeſertigt.
Abgehende Bahn=Züge.
1 Schnell= oder Courier=Züge.)
a. ſEinzuverläſſiger junger Mann mit guter
3 C Handſchrift kann auf einem Büreau
G.
39
in Darmſtadt dauernde Anſtellung erhalten.
Schriftl. Offerten unter Nr. 5439 mit
An=
gabe der ſeitherigen Beſchäftigung beſorgt
die Exp. d. Bl.
Frank=
furt. Nach
Heidel=
berg. Nach
Mainz Nach
Aſchaf=
enburg. Nach
Worms Nach
Erbachl 5.45 6.45 25.45 16.20 6.40 6.30 1.20 850 7.50 9.10 8.45 9.30 9.15 G. 340 9.35 11.30 11.15 12.3 1. 145 12.- r150 1.47 —. 3.10 x155 3.15 2.50 255 2.45 14.45 3.- 14.45 5.30 5.35 5.25 6.— 5.30 6.15 — 7.10 8.- 7.10 2— 8. 5 8.- 9.15 9.30 950 110.- 110.35 10.- [ ← ][ ][ → ]
E12s.
Das Mißverſtändniß.
Eine Geſchichte aus alter Zeit.
In 1 Mitte des vorigen Jahrhunderts, an einem warmen
Frühſommage, lag ein junger Menſch, zu Tode ermattet, und
wie abgekt, mit zerriſſenen Kleidern im Graben neben einer
Heerſtraße- unter einer Gruppe von Linden, die an der Seite
des Grabs auf einem kleinen Weideanger ſtanden und ihren
Schatten über die ſtaubigen Fahrgeleiſe des Weges warfen.
Auf dem eſichte des jungen Menſchen lag eine tiefe
Nieder=
geſchlagenh und dieſe Niedergeſchlagenheit ſchien ihn ſtumpf zu
machen gez Alles um ihn her; denn er ſah, oft ſchmerzlich tiel
aufathmenlſtarr vor ſich hin und bemerkte nicht, wie die ſeltenen
Wandererjie des Weges zogen, verwunderte Blicke auf ihn
war=
fen, und, enn ſie zehn Schritte an ihm vorüber waren, ſiehen
blieben, u ſich zurückwandten, um nach dem ſeltſamen Menſchen
zu ſchauen der ſeinem Außeren nach ehrlicher und anſtändiger
Leute Kinqu ſein ſchien und doch ſo zerfetzt und mitleidswürdig
ausſah; ebemerkte auch nicht, wie die Sonne weſtwärts weiter
rückte, un der Schatten der Linden leiſe linkshin immer weiter
und endli über ihn fort glitt.
Nunſals die Sonnenſtrahlen ſein Geſicht trafen, blickte er
empor, ſer nur, um der Sonne den Rücken zuzuwenden und,
den Kopf uf den Arm geſtützt, weiter auf den Boden zu ſtarren.
Endlich tf etwas ſein Ohr, was ihn aus ſeinem dumpfen
Brü=
ten erweck, und dies war ein freundliches, von einer
volltönen=
den Mänrſtimme geſprochenes Wort:
„Giß Gott, Camerad, was iſt's denn mit Euch ?”
Derhruß kam von einem mohlgekleideten, behäbig
ausſehen=
den Mane, der auf einem leichten, hellgrün angeſtrichenen und
von einen ſtarken Pferde gezogenen Wägelchen ſaß — der junge
Menſch htte nichts davon bemerkt, wie das Fuhrwerk von der
nächſten Fhe heruntergerollt gekommen und wie der Mann darin,
als er ih zur Seite war, die Zügel angehalten und ſich eine
Weile ml anſcheinender Theilnahme den trübſeligen, wegemüden
Burſchenim Graben betrachtet hatte.
Aud jetzt erhob er bloß den Kopf, ohne auf des Mannes
theilnehmmde Frage eine Antwort zu geben.
„Ws iſt's denn mit Euch, Camerad, daß Ihr hier liegt und
ſo verzwiſelt wie von Gott verlaſſen dreinſchaut ? fuhr nichts
deſto weſger der Fremde fort.
„Ghrs Euch an ?u verſetzte kaum vernehmlich und den Kopf
zur Seih wendend der junge Mann.
„Dſrum eben frag ich, entgegnete der Mann auf dem
Wägelchei. - „ Kann ja ſein, daß michs angeht. Eines
Chriſten=
menſchen Unglück oder Noth geht mich immer dann an, wenn's
ſo iſt, dcß ich ihm zu helfen vermag! .. ſonſt freilich nicht!
Der junge Menſch ſah dem Andern jetzt voll und geradzin's
Geſicht ind nach einer Pauſe verſetzte er:
„Hilfen könnt Ihr mir nicht, das kann Niemand - ich bin
von den Seelenverkäufern, den Werbern eingefangen worden und
bin ihnen dieſen Morgen entwiſcht; aber ich darf nicht zurück nach
Hauſe, und weiß nun nicht wohin in der weiten Welt, weder
vor=
wärts noch rückwärts ... wo ich mich ſehen laſſe, werden des
Herzogs Steckenreiter mich ſchon wieder einfangen .. und lieber
als von ihnen mich mißhandeln, ſchlagen, wie ein Thier binden
.
laſſen, will ich in den Tod gehen
„Woher ſeid Ihr denn und wie heißt Ihr zu fragte der Mann
im Wagen mit offenbarer Theilnahme.
„Ich heiße Brandlecht und habe in der Reichsſtadt U.
auf den Chirurgus ſtudirt; jetzt war ich in meiner Eltern Haus
in Lendingen und wollte mich nach einer Stelle umſchauen.
„Ihr heißt Brandlecht und ſeid ein Chirurgus und ſeid aus
Lendingen daheim?u erwiederte der Andere nachſinnend. „Ja,
ja,1 fuhr er nach einer Pauſe fort, „es iſt ein übel Ding um
Eure Lage. Sie werden Euch ſchon wieder einfangen, i8 richtig!"
Und dann, wieder nach einer Pauſe ſagte er: „Aber da im Graben
könnt Ihr doch nicht liegen bleiben... wollt Ihr mit aufſteigen,
ſo will ich Euch wenigſtens für die Nacht unter Dach und Fach
hringen?
1025
Was hilfte mir, ob ich hier oder anderwärts verlomme
und verſchmachte.
„Nun, ſteigt immerhin mit auf — wir ſprechen dann
unter=
wegs davon, was wohl noch zu thun ſein könnte für Euch - ich
hab nicht die Zeit, hier auf der Straße zu halten, ich muß vor
Abend daheim ſein! Alſo, ſteig auf, Mann!”
Der junge Mann erhob ſich jetzt in der That und folgte der
Einladung des gutmüthigen Fremden; dieſer trieb, ſobald jener
neben ihm Platz genommen, ſein Pferd zu einem hurtigen Trabe
an.
„ Alſo Chirurgus ? hub er noch noch einmal an.. und aus
Lendingen daheim und anſtändiger Leute Kind ?u
„Mein Vater hatte eine große Gerberei dort, — bemerkte
der junge Mann -„er iſt aber todt."
Der Andere ſchien nicht darauf zu achten, ſondern redete
mehr wie für ſich und ſinnend weiter.
„ Und nun ſind die Werber hinter Euch her.. und Ihr
wißt nicht, in welches Loch ſchlüpfen - vor den
Böſewichtern-
nun, hier auf meinem Wagen ſeid Ihr ſchon ſicher vor Ihnen
und in meinem Haus - da ſeid Ihr auch ſicher, ſo viel iſt
gewiß — Ihr mögt Euch da dreiſt in die Thüre ſtellen und
Ihnen die Tagzeit zum Gruße bieten, wenn ſie daher kommen
glaubt's mir, es rührt Euch keiner an von ihnen!
„In Eurem Hauſe wär ich ſicher -wie iſt das ?u ſagte
der junge Mann aufhorchend.
„So iſt's - in meinem Haus - ſeid Ihr ſicher - und habt
Ihr keinen anderen Schlupfwinkel in der Welt - nun, ſo bleibt
eben in Gottes Namen in dieſem. - Ihr ſollt eine gute
gemäch=
liche Kammer, einen guten Lohn und bürgerliche Koſt huben
vollauf.
„ Und welches Geſchäft habt Ihr denn, wozu ich Euch hefen
und beiſtehen könnte, daß Ihr mir das bietet?=
„Ich will Euch nicht bereden,” ſagte der Mann, ohne auf
dieſe Frage zu antworten, „Gott behüte mich, daß ich aus Eurer
Noth Vortheil ziehe - ich kann Euch brauchen, es iſt wahr, und
Ihr ſollet Euch über mich nicht zu beklagen haben. Ein paar
tüchtige ſtarke Arme habt Ihr - und wenn Ihr die Courage habt,
die allzeit dazu gehört, wenn ein Mann ſich redlich durch die Welt
ſchlagen will, ſo hättet Ihr Alles was nöthig iſt. Daß Ihr ein
Chirurgus ſeid, kommt uns dann noch ganz abſonderlich gut zu
paß - aber ich will Euch nicht zureden, junger Mann, der Himmel
bewahre mich, es iſt eine gar ernſthafte und ſchwere, gar
bedenk=
liche Sache!
Der junge Mann ſah jetzt betroffen ſeinen Nachbar auf der
ſchmalen grünen Holzbank an - der Mann wurde immer
ſelt=
ſamer mit ſeinen wunderlichen, wie aus Selbſtgeſprächen und aus
Anreden an ſeinen Begleiter gemiſchten Worten.
„Was iſt eine ernſthafte, bedenkliche Sache? Euer Gehülfe
zu werden? Welches Gewerbe habt Ihr denn und wer ſeid Ihr ?
fragte der Flüchtling deshalb jetzt eutſchiedener geradezu.
„Ja ſeht,” ſagte der Andere, „oder, unterbrach er ſich wieder
„ Ihr könnt's auch ohne viel Redens begreifen, was meine
Hand=
thierung iſt.
Damit wandte er ſich über die Lehne ſeiner Wagenbank
zu=
rück, beugte ſich nieder und hob ein Laken auf, welches da hinten
auf dem Boden des Wagens lag.
Wie er das graue Linnentuch zurückſchlug, nahm der junge
Mann einen Gegenſtand wahr, der ihn, von einem plötzlichen Grauen
überrieſelt, zurückfahren ließ.
Es war ein breites, nicht zu langes, in einer dunklen
Leder=
ſcheide ſteckendes Schwert, das unter dem verhüllenden Linnen lag.
Entſetzt ſah der Flüchtling ſeinen Begleiter an, und
unwill=
kürlich war er von ihm fortgerückt.
„Ihr ſeid - ein Scharfrichter ?i„
„Ich bin Bäumle, der Scharfrichter von Hartzheim,” ſagte
der Mann ruhig, faſt freundlich lächelnd.
Der Flüchtling neben ihm unterdrückte einen Ausruf, der
auf ſeinen Lippen lag - er begnügte ſich damit, ſtumm ſeinen
Ge=
fährten von der Seite zu betrachten.
„ Ihr meint, ich hätte Euch das früher ſagen lönnen, bevor
1026
n
ich Euch auf mein Wägelchen lockte und Euch nun, wenn Ihr ſo
neben mir geſehen werdet, für immer unehrlich machte, fuhr der
Scharfrichter forr. „Das iſt nun wohl richtig - zum Glücke hat
uns jedoch noch Niemand geſehen, der Euch kennt, und die
Ge=
fahr daß es geſchehe, iſt auch nicht übermäßig groß — bis nach
Lendingen über den Bergen da drüben iſt's weit. Doch wem
Ihr wollt, könnt Ihr ja nun wieder hinunter ſpringen -will
auch anhalten, falls es Euch beliebt!
Der junge Mann ſchüttelte den Kopf.
„ Fahrt zu,„ ſagte er ingrimmig. „Ich kümmere mich heut
verdammt wenig darum, ob die Menſchen mich für ehrlich oder
unehrlich halten - ich bin ſicher neben Euch, und das iſt mir
genug; fahrt mich, wohin Ihr wollt!”
„Nun, nur nach Hartzheim will ich Euch fahren. Und dort
mögt Ihr überlegen, was ich Euch geſagt habe.
Da braucht's keiner Ueberlegung, verſetzte der junge Mann,
„daraus wird nichts werden. Ich habe Luft genug, die
Böſe=
wichter, die mir ſolch Leids angethan haben, zu erwürgen und
Ihren Herzog, der ſie hinter ruhige unſchuldige Leute hetzt, ſeht,
den möchte ich-
„ Sagt nicht mehr als Ihr verantworten könnt, Camerad
ich bin des Herzogs Diener und eſſe ſein Brod, fiel faſt wie
erſchrocken der Scharfrichter ein.
„Aber,„ fuhr der junge Mann fort, jarme Teufel, denen
des Herzogs Richter mit gelahrten lateiniſchen Brocken, von denen
ich nichts verſtehe und ein ehrlicher Chriſtenmenſch nichts capirt,
das Leben abgeſprochen haben, ſolche arme Sünder, die vielleicht
noch ehrlicher von Haus aus ſind, als wir alle zwei Beide, und
nur durch Unglück oder durch die Einrichtungen dieſer ſchuftigen
Welt in's Unglück geſtürzt - ſolchen armen Teufeln mit kaltem
Blut den Strick um den Hals ſchlingen oder gar
Ihr müßts eben nicht ſo anſehen, unterbrach ihn Bänmle
achſelzuckend. „Man muß eben denken, daß es Gottes
Weltord=
nung und Geſetz ſo iſt, und ſo war, ſeitdem die Welt ſteht. Es
kann einmal nicht anders ſein, und wenn ſich Niemand dazu fände,
ſo könnte Gottes Geſetz und Gerechtigkeit und eine ordentliche
Obrigkeit nicht beſtehen. Es iſt ein ſchweres Ding, da habt Ihr
Recht. Aber darum iſt auch ein großes Verdienſt dabei, denn
wenn ſich nicht Leute fänden, die's über ſich nähmen, ſo wäre
der Schrecken und das gute Exempel dahin, und die Miſſethäter
würden die Ehrlichen vermoleſtiren, daß kein Aushalten mehr wäre
auf Erden. Und ſo beruhen Zucht und Sitte und friedliches
Auskommen der Menſchen mit einander und die ganze chriſtliche
Ordnung am End doch nur auf Unſereinem!
In dem jungen Manne ſchien dieſe Auffaſſung des
Henker=
thums als am letzten Ende des Grundſteins des ganzen
geſell=
ſchaftlichen Gebäudes keine weſentliche Aenderung ſeiner Gefühle
hervorzurufen; er ſah ſchweigend und mit gerunzelter Stirn vor
ſich nieder - nach einer Weile ſagte er mit einem Zuge bitteren
Spottes um die kräftig ausgebildeten rothen Lippen:
„ Nach Eurem Sinn ſind alſo zwei Leute die wichtigſten in
jedwedem Lande, ſo zu ſagen die zwei Pole, die das Ganze
zu=
ſammenhalten und um die es ſich dreht; der Pol oben, das iſt
der Herzog, und der Pol unten, das iſt der Scharfrichter. Der
Eine regiert und der Andere ſorgt dafür, daß ſeln Regieren
Ge=
horſam findet.”
„ Freilich, antwortete bedachtſam Meiſter Bäumle; „ und
wenn die Leute deſſen mehr Einſicht hätten, ſo wäre der
Scharf=
richter nicht „unehrlich,1 wie ſie's nennen, ſondern
Fortſetzung folgt.)
Aitthellungen and Stadt und vand.
Darmſtadt, 4. Juli. In der am 23. Juni dahier ſtattgehabten
Bezirtsverſammlung des mittelrheiniſchen Bezirksvereins (
Starken=
burg, Rheinheſſen) der deutſchen Geſellſchaft zur Rettung
Schiff=
brüchiger, fand zunächſt Conſtituirung dieſes neuen Bezirksvereins Statt
und wurde in den Ausſchuß gewählt die Herren Geh. Oberſteuerrath
Welcker, Dr. Bennighof, Hofgerichtsadvocat Buchner, Kaufmann
Gerſchlauer, Oberpoſtmeiſter Pfaltz, R. Weller, alle dahier,
Regie=
rungsrath Küchler in Groß=Gerau. Profeſſor Dr. Keller in Mainz,
Gg. Francke in Offenbach, Notar Lippold in Oppenheim, Kaufmann
J. H. Mayer in Lorms. Dem Bezirksausſchuß iſt anheim gegeben, ſich
ſein Bureau ſelbſt zu ernennen und einen engeren lgeſchäftsführenden) Aus=
ſchuß zu bilden. Die Bezirksverſammlungen ſollen mögſt wechſelnd an
verſchiedenen Orten des Bezirks das nächſtemal etwa in inz, ſtattfinden.
Von beſonderer ſtatutariſcher Organiſation des neuen Bksvereins ward
abgeſehen, bis ſich ein dahin gehendes Bedürfniß ergibt. die Ausbreitung
des Vereins ſoll möglichſt erſtrebt werden; insbeſondere ch durch
Grün=
dung ſörmlicher Vertretungen an den Orten, wo bisher nurſt
Vertrauens=
männer waren. Endlich wird man verſuchen mit der rheſſiſchen
Ver=
einsorganiſation Fühlung zu bekommen. - Hoffentlich ſi dieſe Beſchlüſſe
der Beginn eines recht erfolgreichen Wirkens.
Darmſtadt, 3. Juli. Geſtern Nachmittag zwiſc 3 und 4 Uhr
ging ein älterer hieſiger Beamte durch den Herrngar, als ihm ein
Burſche von ca. 17 Jahren begegnete und ihn fragte, wiel Uhr es ſei.
Der Betr. hatte kaum die Uhr gezogen, als auch ſchon Kette von dem
Burſchen mit einem Inſtrumente durchgeſchnitten war, muf derſelbe ſich,
von dem alten Herrn verfolgt, eiligſt auf die Flucht bego Glücklicherweiſe
kam ein Gendarm in Civil dazu, welcher den Spitzbubeſofort feſtnahm,
auch die Uhr, welcher er bei der Verfolgung weggewon hatte, wurde
wieder gefunden.
Heute Morgen fand in der Faſanerie zwiſchen de Hauptmann P.
und Oberlieutenant S. ein Piſtolenduell ſtatt, bei welche S. durch einen
Schuß in die Bruſt ſchwer verwundet wurde.
M. Z.
Ein kürzlich bei dem Reichs=Oberhandelsgerichte veandelter Proceß
aus L. gab Gelegenheit zur Beurtheilung des ganz außerdentlichen
Ge=
winnes, welchen die Armee=Lieferanten im deutſch franzöhen Kriege
ge=
macht haben. Ein ſolcher Lieferant hatte einen Agenten zEinkaufe von
Lebensmitteln aller Art in Frankreich engagirt und ihmls Belohnung
10 Procent des bei dem Wiederverkaufe erzielten Reingeinnes zugeſagt.
Obwohl der Agent in dieſer Eigenſchaft nur 14 Tage thig geweſen iſt,
wurde ihm doch nach freundſchaſtlicher Abrechnung als ſeinewinnantheil
der Betrag von 10,000 Thalern ausgezahlt. Nun hatte er jenes Haus
noch andere Einkaufsagenten und bezog große Maſſen vo Waaren aus
Deutſchland, auf welche Geſchäfte ſich der Gewinnantheil 8 Agenten gar
nicht bezog. Hat der Lieſerant allein an den von jenem Amten während
14 Tagen in Frankreich vermittelten Geſchäften 100,000 Zlr. rein
ver=
dient, ſo muß ſich deſſen Geſammtgewinn während des gann Krieges auf
eine ungeheure Summe belaufen haben.
— Während man in anderen deutſchen Staaten d Verhältniſſe
zwiſchen Herrſchaft und Geſinde durch Geſinde=Ordnugen geregelt
hat, iſt in Heſſen in der fraglichen Richtung. von einigen mer polizeilichen
Particular=Vorſchriften ahgeſehen, noch das römiſche bezw. utſche
Privat=
recht maßgebend. Bekannilich enthalten dieſe Rechte aber nur ehr vereinzelte
und dabei controverſe Beſtimmungen hierüber, und es iſt dairch allmählig
ein ſolcher Zuſtand der Rechtsunſicherheit und der Willkürauf Seite des
Geſindes eingetreten, daß Abhülfe dringend nothwendig ſcheint. Aus
dieſer Rückſicht hat der Abg. Heinzerling in der 2. Kamrr den Antrag
eingebracht, die Regierung um Vorlage eines Geſinde=Ordnnas=Entwurfs
zu erſuchen, wobei in den Motiven bemerkt iſt, daß die Asſicht auf ein
allgemeines deutſches bürgerliches Geſetzbuch dem Antrag nichtentgegenſtehe,
weil ein ſolches, wie das öſterreichiſche und franzöſiſche Geſetzuch lehre, die
ragliche Materie jedenfalls beſonderer Regelung nach Mayabe ortlicher
Verhältniſſe und Gewohnheiten vorbehalten werde.
Die von der „Times= gebrachte Nachricht, daß in Tlin und Bern,
ſowie im Berner Oberland die Blattern herrſchen, aber der Femden wegen
verheimlicht würden, wird nun von der Berner Regierun officiel als
durchaus falſch bezeichnet.
Falſches Geld.) In neuerer Zeit ſind im Verkehr vielſach falſche
Zehnthalerſcheine der Weimariſchen Bank aufgetreten. Diſelben
unter=
ſcheiden ſich von den richtigen Banknoten durch zu helle Farle und ſchlecht
ausgefuhrten Waſſerdruck. - Ferner ſei vor falſchen Zwarzigmarkſtücken
bayeriſchen Gepräges mit der Jahreszahl 1872. ſowie preußiſhen einfachen
Friedrichsdor mit dem Bildniſſe Friedrich Withelms IV., Jaheszahl 1846,
gewarnt. Dieſelben ſind in Formen, welche nach ächten Stücken verfertigt
ſind, aus Zinn gegoſſen und galvaniſch vergoldet. An den durchſcheinend
weißen Stellen der matten Vergoldung. dem matten Ausſehen des Gepräges,
der mangelhaften Randverzierung, dem geringen Gewichte und der
Bieg=
ſamkeit ſind ſie leicht als falſch zu erkennen,
— Das große Herbſt=Meeting des Rheiniſchen Rennvereins wird am
16. 17. und 18 Auguſt in Frankfurt ſtatthaben. An jedem Tage werden
ſechs Rennen abgehalten werden.
Eingeſandt.) In dem Tageblatt vom 1. Juli d. J. iſt die Mittheilung
enthalten, daß der geſchäftsführende Ausſchuß des Central Comite's zur
Errrichtung eines Denkmals für die Angehörigen und Gefallenen der
Heſſiſchen (25) Diviſion die Preisrichter für die Feſtſtellung des Concurrenz=
Programms, ſowie für die Wahl des Ausſtellungsplatzes bezeichnet habe
und es werden ferner daſelbſt die Namen der Preisrichter genannt. Dieſe
Mittheilung iſt ungenau und verfrüht, bedarf deßhalb einer Berichtigung.
Der Ausſchuß hat ſich bis jetzt lediglich mit den Vorarbeiten für die
ſtututenmäßig auszuſchreibende Concurrenz beſchäftigt. Dem Central=
Comite dagegen ſteht die Beſchlußfaſſung bezüglich des Concurrenz=
Pro=
gramms, des Ausſtellungsplatzes und der Wahl der Preisrichter zu. Den
Mitgliedern deſſelben hat der Ausſchuß in den letzten Tagen darauf
bezüg=
liche Vorſchläge als das Ergebniß ſeiner Vorarbeiten vorgelegt, und es ſind
die Beſchlüſſe des Erſteren abzuwarten, bevor eine Veröffentlichung über
die oben erwähnten Punkte mit Zuverläſſigkeit erfolgen konn.
Mainz, 1. Juli. Geſtern iſt von Darmſtadt heſiſche Artillerie hier
eingetroffen, um an den Schießübungen der hieſigen Artillerie, welche heute
beginnen, theilzunehmen.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerel.