Darmstädter Tagblatt 1873


27. Juni 1873

[  ][ ]

AIlergnädigſt privilegirtes

136. Jahrgang.

Wonnementsvreis
2f. 48 kr. Uährl. inck. Bringer
John. - Auzwürtz werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen
etgegengenommen zu 59 kr. pro
Onartal incl. Poſtaufſchlag und
Beſtellgebühr.

Iuſerate
verdenangenommen in Darm
Radtvonder Expedition. Rhei=
ſraße
Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blßer, Friedrich=
ſraße
Nr. 7. ſowie auzwürn
von allen ſoliden Annoncen
Exeditienen.

Amtliches Organ
für die Bekanntmachungen des Großherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.
N 123.
Freitag den 27. Juni
1873.

anſchläge im genannten Büreau zur Einſicht
bereit liegen, auch gegen Erſtattung der
Copialien zu haben ſind.
Nachgebote werden nicht angenommen.
Darmſtadt, den 25. Juni 1873.
Großherzogliches Garniſon=Lazareth.
Cer.l.
Auh= Feilgebotenes.
4749) Zimmerſpähne ſind fortwäh
rend zu haben und werden Beſtellungen von
C. Rückert, Heinrichſtraße 102 und
J. Weitzel, Heidelbergerſtraße 21,
zur prompten Beſorgung entgegen genommen. Buschenthals
Fleischextract.
höchſte Auszeichnung
Ausstellung Hoskau1872.
Vorzüglicherbilligſter FLleiſchertract Gummi-Waaren,
als: Engl. Beit=Shirting GBett=
unterlage
), Guttapercha-Papier,
Cummi-Sauger, ſas-Schläuche,
Bier=Schläuche, Verdichtungs-
Platten eto. empfiehlt
Lriedr. Schaefer,
85014)
Ludwigsplatz 7 Fenndier Heme k
Hauh. Badesalz
mpfiehlt.
Carl Watzinger,
Louiſenplatz Nr. 4.
5227)
4961)
Alleinverkauf
Sehter Cabirgs-Loppem
aus der Fabrik von Joh. Cy. Frey in München
Offenbach a. M., Juni 1873. 5199) Eine gute Nähmaſchine billig zu,
verkaufen Schulzengaſſe 8.
Toilette, Bade, Fenster- Einder & RechentatelSchvämme

en gros & en détail.
Hermann Otto,
Frankfurter Straße Nr. 38.

3984)
Edictalladung.
Nachdem Großherzogliches Hofgericht der
Provinz Starkenburg über das Vermögen
des Sparkaſſerechners a. D. Steinius
zu Darmſtadt den formellen Concurs er=
kannt
hat, werdenſdeſſen ſämmtliche Gläubiger
zur Anmeldung ihrer Forderungen jeder Art,
ſowie zur Geltendmachung etwaiger Vor=
zugsrechte
auf:
Mittwoch den 23. Juli 1873,
Vormittags 10 Uhr
unter dem Rechtsnachtheile des ſtillſchweigend
eintretenden Ausſchluſſes von der Concurs=
maſſe
vor das unterzeichnete Gericht geladen.
Im Termin ſoll zugleich über die weitere
Behandlung der Maſſe und alle ſonſt ſich
ergebenden Punkte Beſchluß gefaßt werden
und wird in Anſehung der weder in Selbſt=
perſon
erſcheinenden noch gehörig vertretenen
Gläubiger, Beitritt zu den Beſchlüſſen der
Mehrheit der Erſchienenen, auch bezüglich
eines etwa zu Stande kommenden Arran=
gements
unterſtellt werden.
Darmſtadt, den 6. Mai 1873.
Großherzogliches Stadtgericht Darmſtadt
Vogel
Piſtor.
Stadtrichter. Stadtgerichts=Aſſeſſor.
Bekanntmachung
Die bei Herſtellung eines Röhrenkanals
in der Neugaſſe vorkommende Maurer= und
Schloſſer=Arbeit, ſowie die Gußeiſen=Lieferung
ſoll auf dem Soumiſſionsweg vergeben werden.
Die hierauf bezüglichen Offerten ſind bis
Samſtag den 28. Juni l. J., Vormittags
10 Uhr, bei unterzeichneter Stelle einzu=
reichen
, woſelbſt auch Voranſchlag und Be=
dingungen
zur Einſicht offen liegen.
Darmſtadt, den 23. Juni 1873.
Stadtbauamt Darmſtadt.
Hechler.
5225)
5250) Weißbinder=Arbeiten.
Das Ausweißen der Krankenſtuben, die
Herſtellung des Putzes ꝛc. im hieſigen Gar=
niſon
=Lazareth ſoll im Wege der Submiſſion
dem Mindeſtfordernden übertragen werden
und ſteht hierzu Termin am Donnerſtag
den 3. Juli er., Vormittags 10 Uhr, im
Büreau des Lazareths an, wozu Unternehmer
mit dem Bemerken eingeladen werden, daß
die deßfallſigen Bedingungen und Koſten=

in ſchöner Auswahl empfiehlt billigſt
Carl Watzinger,
Louiſenplatz 4.
5233)
5232) Ein 7octav. Clavier iſt zu
vermiethen oder zu verkaufen. Soderſtraße 53

Vermiethungen.
4802) Ein möblirtes Zimmer zu ver=
miethen
. Heidelbergerſtraße 21 im Seitenbau.
5169) Holzſtraße 2 eine Manſarden=
Wohnung zu verm. u. gleich zu beziehen.
5205) Eine ſchöne Wohnung von ſechs
Zimmern, Bel=Etage, iſt Anfang Juli oder
Auguſt zu vermiethen Weinbergſtr. 16.
5206) Bleichſtraße 5 parterre iſt ein
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
269

[ ][  ][ ]

984
5204) Eine freundliche Wohnnng in der
Niedeſelſtraße, beſtehend aus 2 Zimmer,
2 Kabineten nebſt Küche und ſonſtigem Zu=
behör
, neu hergerichtet - ſofort zu ver=
miethen
. Auf Wunſch kann etwas Garten=
gelände
dazu gegeben werden.
Näheres Riedeſelſtraße 2
ARRAUAAATAATAAATRA2T,
L 5207) Karlsſtraße Nr. 51 iſt ein 8

B Zimmer zu vermiethen und gleich zu F
B beziehen.
TANUAAUNAAAAAuTaua¾
5 Specerei= ꝛc. Geſchäft
mit Wirthſchaftsräumen in fre=
quenteſter
Lage zu vermiethen.
5251a) Ein freundliches ſchön möblirtes
Zimmer im Vorderhauſe mit ſchönſter Aus=
ſicht
am 1. Julizbeziehbar. Schloßgraben 13a.
5252) Bleichſtraße Nr. 40 iſt im Seiten=
bau
ein hübſches Logis mit ſchönen Räum=
lichkeiten
zu vermiethen u. baldigft zu beziehen.
Scheu e r
5253)
zu vermiethen. Näheres bei der Exp.
GſFine Manſarde, 2 Zimmer, 2 Ca=
C binette ꝛc. und alle Annehmlichkeiten
für 84 Gulden per 1. September.
5255) Sandſtraße Nr. 1 ein Zimmer u.
Cabinet mit oder ohne Möbeln.

Vermiſchte Nachrichten.
8 Jedes t. Amt, jeder Geſchäftsmann,
d.
O) zahlloſe Private ſind heutzutage
kann und wann genöthigt, Anzeigen in den
jedesmaligem Zwecke entſprechenden Zeitungen
zu veröffentlichen. Zu ſolchen Füllen em=
pfiehlt
es ſich die Vermittlung der als ſolid,
und diseret bekannten Süddeutſchen
Annoncen=Expedition von E. Stöck-
hardt
(in Darmſtadt Vertreter: Herr
Jos. Waitz. Firma Würtz'ſche Buchhand=
lung
) in Anſpruch zu nehmen, welche bei
Original=Zeitungspreiſen keinerlei Speſen,
weder Porto noch Proviſion, in Anrechnung
bringt.

(Ein braoes ordentliches Mädchen
2
C wird zur Stütze der Hausfrau
gegen entſprechenden Lohn geſucht. Der Ein=
tritt
kann ſofort erfolgen.
Näheres in der Exp. d. Bl.
AdNANAAAAAAn RAAurAAnr
4 4938) Bei Unterzeichnetem können 4
4
49
8 bei fortwährender Arbeit und nach 8=
R jetzigem Verhältniß entſprechende Ver=
E dienſt 2-3 Pflüſterer=Geſellen ſowie F
E ein Lehrling ſogleich eintreten.
4
Beſſungen. Karl Demmel, 8
Pfläſterermeiſter. F
Haganauannn AAnAnAAAAnnk
5183) Einen braven Jungen ſucht
Adolf Kling, Spenglermeiſter.
5044) Ein Burſche, welcher Haus= und
Gartenarbeit gründlich verſteht, wird nach
Außen zu miethen geſucht. Nur Solche
wollen ſich melden, welche ſchon länger im
Garten gearbeitet haben und gute Zeugniſſe
beſitzen. Das Nähere Promenade 58 parterre.
5134) 34 Arbeiter können Schlaf=
ſtellen
bekommen bei
A. Boos, Holzſtraße Nr. 7.

K123
5237) Die Sammlung zur Erichtung eines Grabſteins für den Obermedicinalrath
u. Kreisrath Dr. Cellarius iſt nunmehr geſchloſſen; der Ertrag beziffert ſich auf etwa
600 fl.
Zur Beſprechung des Weiteren, insbeſondere zur Beſchlußfaſſung über die
Ausführung auf Grund eines vorläufig ausgearbeiteten Planes werden Alle, welche
Beiträge geleiſtet haben, auf Freitag den 27. l. Mts., Abends 6 Uhr, in
den Gartenſaal des Darmſtädter Hofs eingeladen.
Darmſtadt, den 25. Juni 1873.
In Auftraa des proviſoriſchen Comite's:
Dr. Goldmann.

5125

Geschüfts-Pröſmung.

Ich mache hiermit die ergebene Anzeige, daß ich mit dem 21. Juni auf hieſigem,
Platze. Eliſabethenſtraße Nr. 22, in dem Hauſe des Hrn. Hofglaſermeiſter Brunner
ein Butter= amp Eiergeſchäft eröffnen werde.
Es iſt bereits Sorge getragen, daß das Lager ſtets mit ganz friſchen Eiern,
Land= und Schweizerbutter zu den billigſten Preiſen verſehen iſt.
Darmſtadt, 20. Juni 1873.

zeurion vretz.

5211)

Geſangverein Liedertafel.
Gonntag den 29. Juni 1873
Waldparthie nach dem Woogsberg.
Zuſammenkunft am hohlen Weg. Abgang um 2 Uhr.
Der Vorſtand.
Bei ungünſtiger Witterung findet die Parthie am nächſten ſchönen Sonntag ſtatt.

5214)
Vereinigte Geſellſchaft.
Freitag den 27. Juni Nachm. 4 Uhr im Garten der Vereinigten Geſellſchaft
PRON
2UE
ausgeführt vom
Muſik=Corps des Großh. Heſſ. Leibgarde=Regiments
unter Leitung des Muſildirectors Th. Adam.
Der Ausſchuß der Vereinigten Geſellſchaft.

Einladung auf das mit dem 1. Juli 1873 beginnende Neu=Abonnement für den
Frankfurter Anzeiger
für Politik, Handel, Land= und Volkswirthſchaft
und deſſen Unterhaltungsblätter
Jrankfurter Jamiſienbſätter.
Erſcheint täglich außer Montags.
Bei ſeinem außerordenlich billigen Preiſe bietel dieſes Blattu dem Leſer
neben der Reichhaltigkeit und Fülle ſeines Inhaltes durch raſcheſte Mittheilung der direct auf
telegraphiſchem Wege zugegangenen politiſchen Nachrichten alle Annehmlichkeiten
ſeiner größeren Zeitung, und ermöglicht es einem Jeden, dem Laufe der Tages= Er=
eigniſſe
folgen zu können.
Die Familienblätter werden auch ferner nicht ermangeln dem Titel durch
den Inhalt zu entſprechen. Inſerate ſind bei der ſtarken Verbreitung des Blattes
von dem beſten Erfolg.
Man abonnirt bei der zunächſt gelegen Poſtſtelle, hierorts bei der Expedition
Buchgaſſe 3.
AbonnementsPreis per Quartal. 1. in Frankfurt a. M. von der Verlags=Expedition
zu beziehen: 1 fl. 48 kr.; bei der Poſt bezogen 2 fl. 15 kr.; 2. in Bayern
Württemberg. Oeſterreich, Luxemburg, Großh. Heſſen, Baden, Sachſen, ſowie in
den Staaten des deutſchen Reichspoſtgebiets außer Preußen 1 fl. 30 kr. - 1 Thlr.
11Sgr.; 3. inſPreußen 1Thlr. 9 Dgr. - 2fl. 15 kr. Probeblätter gratis.
Frankfurt a. M. 1873.
Di Hapedition.

5229) Eine erſtſtillende Schenkamme
ſucht eine Stelle. Näheres große Bachgaſſe
Nr. 26 bei Hebamme Weinmann.

5239) Ein Mädchen, welches im Putzen
und Waſchen geübt iſt, wünſcht noch einige
Tage in der Woche beſetzt zu haben.
Zu erfragen Heinheimerſtraße 22.

5247) Zur Beſorgung von Aus=
gängen
wird ein junger Menſch von 16
bis 18 Jahren geſucht.
. A. Eühv'ſche Buchhandlung,
Comptoir: Mathildenplatz 3.
5131) Ein junger Menſch vom Lande
als Hausburſche geſucht. Promenade=
ſtraße
Nr. 47.

[ ][  ][ ]

Die Herren Actionäre werden benachrichtigt, daß die Actienzinſen 4 p6t. für den Zeitraum vom 1. Januar
bis 30. Juni d. J. gegen den Coupon Nr. 7 mit.
fl. 5 - im 52½ fl. Fuß,
beziehungsweiſe 2 Thlr. 25 Sgr. 8 Pf. im 30 Thaler Fuß, vom kommenden 1. Juli ab erhoben werden können:
bei unſeren Kaſſen dahier und in Berlin und
bei unſerer Filiale in Frankfurt a. M.
Zugleich machen wir, auf gerichtliche Weiſung, bekannt, daß wegen folgender Actien unſeres Inſtituts das
geſetzliche Amortiſationsverfahren bei Großherzoglichem Stadtgericht Darmſtadt eingeleitet iſt lund zwar aus=.
ſchließlich der Couponsbogen und Talons):
Nr. 11573. 2121I. 30338. 30339. 31098-31100. 32261. 39394-39405. 39407-39415.
45341-45344. 48179. 59893. 59895-59897. 67497. 75615. 75623. 75624. 83898-83900.
83907-83915. 88075-88079. 94337-94350.

Darmſtadt, den 16. Juni 1873.
Die Direction.

Geſellſchaft Eintracht
Samſtag den 28. Juni d. J.
EI
C0
im Geſellſchaftsgarten,
ausgeführt von der Darmſtädter Concert=Kapelle (Interlaker).
Anfang Abends 7½ Uhr.
Darmſtadt, den 24. Juni 1873.
5238)
Die Vergnügungs=Commiſſion. 5246) Spachbrücken.
In der allerſeits bekannten Wirthſchaft
des P. Stromberger findet den 29. d. M.
Tanz-Musih,
ſtatt. - Freundlichſt ladet ein. 5048) Ein braver Junge kann in die
Lehre treten bei
Heinr. Martin, Steinhauermeiſter. Näheres bei der Exv. d. Bl.
geſucht.
5256) 248) Aufſeher=Geſuch.
Ein ſolider zuverläſſiger Mann, welcher
als Unterofizier gedient hat und ſofort ein=
treten
kann, wird als Aufſeher für ein
größeres Fabrikgeſchäft zu engagiren geſucht. Lauffran Beichſtr. 45. Wie
Der Arcier.
Von Levin Schücking.
Fortſetzung)
Der Cavalier ging jetzt und ließ den Arcier in einiger Be= in raſche Bewegung. troffenheit zurück. Die Dienſtvorſchrift ließ gar keine Deutungen
zu, und was der Herr im goldbordirten Sammtrock eben zu ihm
geſprochen, war vielleicht nichts, als eine höchſt müßige Privat=

anſicht desſelben. Vielleicht war es aber auch mehr. War es
nicht möglich, daß der König, eiferſüchtig auf ſein Anſehen, nicht
wollte, daß, wo er eine Beſtimmung getroffen, noch and re Leute
um ihre Einwilligung gefragt würden, und wenn es auch nur
um der bloßen Form willen geſchah? Möglich war es aller=
dings
. Frohn erbat ſich deshalb keinen Urlaub, ſondern ging die
Stiegen hinunter, begab ſich in den Hof der Burg, an welchen
die Gemächern König Joſeph's ſtießen, und kam hier gerade in
dem Augenblicke an, wo eben ein Dutzend geſattelter Pferde herbei
geführt wurde.
Eine Viertelſtunde ſpäter traten alle zum Jagdgefolge des
Königs gehötende Herren aus einem der Schloßportale auf den
Hof hinaus, gleich hinter ihnen kam der römiſche König ſelbſt,
und Alles ſchwang ſich in die Sättel. Unſerem Arcier wurde
ein großer Rappe vorgeführt. Als er aufgeſeſſen war, überragte
er auf dem mächtigen Thiere mit ſeiner hohen Geſtalt und in
ſeiner Scharlachuniform das ganze kleine Geſchwader.
Der König ſchien keinen Blick für ihn zu haben. Deſto mehr
hatten dies die übrigen Herren, die verwundert dieſen Saul unter
den geſchmeidigen Propheten des Vorzimmers erblickten. An der
Burgwache, welche das Spiel rührte, vorüber, durch das Burg=

thor, verließ die Cavalcade die Stadt und ſetzte ihre Thiere bald
In Laxenburg war Alles für das Jagdvergnügen des Königs
bereitet. Man brachte den folgenden Tag damit zu; Frohn nahm
den uubefangenſten Antheil daran, zeigte ſich als einen vortrefflichen
Schützen und kümmerte ſich wenig darum, daß er nicht begr ff,
weshalb ihm König Joſeph die Ehre erwies, ihn mit nach Laxen=
burg
zu nehmen - in einer Geſellſchaft, die ihm nur eine kühle
Herablaſſung bezeigte während der König ſeibſt keine Sylbe mit
ihm wechſelte.
Er muß ſeine Gründe haben," dachte unſer Arcier, und
als man am dritten Tage nah der Stadt zurückgekehrt war, ging
er ruhig dem Strafgericht entgegen, das ihn hier erwartete. Seine
Abbeſenheit aus der Stadt war in der That bereits dienſtlich ge=
meldet
und der alte eisgraue Lieutenant=General=Major rief ihn beim
nächſten Appell aus der Reihe vor.
Arcier Frohn, man war drei Tage lang aus dem Garni=
ſonsorte
entfernt und ließ ſich bei einem kleinen Jagdvergnügen,
wie ich böre, verwenden; wer hat Ihm Urlaub dazu gegeben ?
Ich war von Seiner Majeſtät dem römiſchen König dazu
befohlen,; verſetzte Frohn.
Haben Seine Majeſtät Ihm befohlen, die Dienſtvorſchriften
zu verletzen ?=
Nein."
Er hat drei Tage lang Stubenarreſt. Herr Bicr=Second=
Wachmeiſter, man vermerke es in's Journal
Frohn ergab ſich ſtill in das Unabaͤnderliche und ſaß ſeinen
Stubenarreſt ab.

[ ][  ]

986

K123.

Ein paar Wochen vergingen. Frohn hatte ein paar Mal
wieder Poſten ſtehen müſſen vor der caſſirten Thüre, ohne alle
Abenteuer. Da, an einem ſchönen Herbſttage, früh Morgens, trat
ein Hoflackai in ſein Zimmer. Er hatte dem Herrn Arcier zu
vermelden, daß der römiſche König ihm befehlen laſſe, an ſeiner
Jagd Theil zu nehmen, zu der er um Schlag zehn Uhr nach dem
Kahlenberg hinausreiten werde.
Werde ich um Urlaub dazu bitten müſſen Zu fragt der Arcier.
Ich glaub' halt nicht, U antwortete der Diener; der Hofca
valier, der mich herſendet, hat etwas davon fallen laſſen. es werde
nicht gewünſcht; aber der Herr Arcier müßten's ſelber wiſſen, was
Sie zu thun.
Der Arcier war in der That bereits entſchloſſen. Er bat
nicht um Urlanb, und um zehn Uhr ritt er auf ſeinem Rappen
im Gefolg des Königs Joſeph zum Burgthor hinaus.
Es ſcheint, ſagte er ſich, nes ſoll ſo etwas wie eine Prü=
fung
ſein; die römiſche Majeſtät will ſehen, ob ich Ihren Wunſch
höher ſtelle oder die Kriegsartikel und ein paar Tage Arreſt
Die Herren im Gefolge des Königs maren diesmal weniger
kühl und vornehm gegen ihn; ſie ſahen, daß Frohn durch irgend
etwas die entſchiedene Gunſt des jungen Monarchen gewonnen
habe, der ihn ſo wiederholt in ſeine Nähe zog, und außerdem war
unſer Arcier ein niel zu guter Waidmann und viel zu guter Camerad
bei der Jagdmahlzeit, um ſich nicht bald Freunde zu gewinnen.
Der römiſche König aber richtete niemals das Wort an ihn;
er ſchien keinen Blick für ihn zu haben; ja, es war, als ob ier
die Anweſenheit des rothen Arciers gar nicht wahrnehme; und
doch war dieſer ſichtbar genug und fand keinen Grund, ſich hinter
die Andern zu verſtecken, was ihm auch ſehr ſchwer geworden wärel
Frohn war gerade deshalb um ſo mehr überzeugt, daß König Joſeph
irgend eine Abſicht mit dieſen Einladungen verbinde; aber er zer=
brach
ſich nicht den Kopf darüber, welche es ſein könne.
Am ſpäten Abend kehrte die Jagdcavalcade vom Kahlenberge
zurück.
Arcier Frohu," ſagte am andern Morgen beim Appell der
Premier=Wachtmeiſter=Oberſt, der heute die kleine Schaar comman=
dirte
. Arcier Frohn,= ſagte der geſtrenge aͤlte Herr, die drei
Tage Stubenarreſt haben bei Ihm nicht gewirkt, wie lange muß
man Ihn auf die Wache ſchicken, damit Er daran denkt? Geb=
Er einmal ſelber die Doſis an, die bei Ihm verfängt? Werden's
acht Tage thun ? Nun, wir wollen ſehen! Melde Er ſich dazu.
Aber das ſage ich Ihm: zeigt Er mir zum dritten Male ſeinen
Ungehorſam, ſo behaudle ich's als einen Fall ſchwerer Inſubordi=
nation
und laß Ihn ſofort krumm ſchließen und in Eiſen legen!
Darauf=hat Er mein Wort, Arcier Frohn! Verſtauden Pu
Zu Befehl, Herr Oberſt.
Der Herr Oberſt wandte ſich grämlich ab, und Frohn ging
ſich zum Arreſt zu melden. Acht Tage in der Officierſtube des
Militärgefängniſſes zugebracht es war eine lange, langweilige
Zeit. Doch brauchte ſie wenigſtens nicht einſam. zugebracht zu
werden. An einem Ort mit ſo großer Garniſon gab es immer
einige Leidensgefährten, und Würfel, Karten, Jagd= und Kriegs=
geſchichten
zeigten ſich immer von befriedigender Wirkung als Ver=
tilgungsmittel
der überflüſſigen Stunden.
Als die acht Tage glücklich hingebracht waren und Frohn ſich
bei ſeinem Vorgeſetzten meldete, um die für das Soldatenthum der
Vergangenheit charakteriſtiſche und wahrhaft dämoniſch ausgeſon=
nene
Formalität zu erfüllen, die nämlich für die gnädige Strafe
zu danken, hielt ihm der Wachtmeiſter=Oberſt eine ernſte väterliche
Ermahnungsrede:
Arcier Fohn, ſagte er, Er iſt ſonſt ein tüchtiger Soldat,
genau und accurat im Dienſt und obwohl Er ein junger Menſch
iſt, von ſolidem Betragen und löblichſter Conduite. Ich habe auch
nicht unterlaſſen, Seiner Excellenz unſerm Chef, der großen Antheil

an Ihm nimmt, das Beſte über Seine Führung zu berichten. Deſto
mehr ärgerts mich, daß wir Ihn jetzt ſchon zum zweiten Mal
haben ſtrafen müſſen. Er weiß ſelber, daß Strafen bei der Ar=
cieren
=Leibgarde nicht vorkommen dürfen; das Strafjournal iſt ſo
ſauber und rein geblieben wies vom Buchbinder gekommen iſt, bis
auf Ihn, um den nun auf einmal ſchon zwei Blätter haben ver=
kleckſt
werden müſſeu. Will Er denn das Corps um ſeinen guten
Ruf bringen? Sollen die von der Trabanten= und Nobelgarde
ſagen, wir wären nicht beſſer als ein Haufen Rekruten? Strafen,
Herr ? Nichts dal Ich will keine Strafen im Corps und Er ſoll
erfahren, was das Krummſchließen bedeutet, falls er vich zwingt,
wieder mit Strafen drein zu fahren, merk Er ſich das und ſehe
Er nun ſich vor.
Nach dieſer Rede, die der kleine alte Herr mit ſteigendem
Aerger dem ſtraff und wie eine Säule vor ihm ſtehenden Unter=
gebenen
gehalten hatte, wurde Frohn entlaſſen.
Zwei Tage nachher, als Frohn eben auf Wache geweſen war
und ſich nach geſchehener Ablöſung nach Hauſe begeben wollte,
begegnete ihm unter dem Portale des Ausgangs aus der Burg
der Hofcavalier des römiſchen Königs, welcher der Vermittler der
früheren Jagdeinladungen geweſen war. Er trat auf Frohn zu,
und dieſer erſchrak nicht wenig, als der Cavalier lächelnd und
mit großer Artigkeit ſagte:
Der Herr Arcier lann ſich Glück wünſchen, daß Seine
römiſch königliche Majeſtät ihn ſo oftmalen in ihrem Gefolge zu
ſehen verlangen. Es iſt ihr expreſſer Befehl, daß Sie morgen
früh um neun Uhr mit nach Hetzendoff zur Jagd hinausreiten.
Ich bin Seiner Majeſtät für dieſe Gunſt aufs Tiefſte
verpflichtet, verſetzte Frohn, aber ich hoffe zu Gott, daß ich
diesmal...
Urlaub zu nehmen wird nicht erforderlich ſein, ſiel der
Hofmann mit einem verzweiflungsvoll ruhigen und gleichgültigen
Lächeln ein. Seine Majeſtät haben ausdrücklich zu bemerken ge=
ruht
, es ſei nicht nöthig!
Aber - begann der Arcier.
Der Hofcavalier hörte jedoch nicht auf ihn.
Halten Sie ſich an das Wort des Königs, ſagte er mit
einem bedeutſamen Tone. Alſo morgen Schlag neun Uhr!"
Fortſetzung folgt.)

Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 27. Juni. Die S. K. H. dem Großherzog an ſeinem
Regierungsjubiläum zugekommenen Geſchenke ſird auf einige Tage im
Großh. Muſeum, ſowie in dem Leſeſaal der Hofzibliothek zur Anſicht des
Publikums ausgeſtellt.
Von Herrn Proſeſſor Chr. Schnitzſpahn dahier iſt in Auftrag
S. K. H. des Großherzogs eine Jubiläumsdenkmünze angefertigt
worden, welche den gelungenſten Arbeiten des Künſtlers beigezahlt werden
darf.
Die neuerbaute, zum Alleinbewohnen eingerichtete und mit allem
Comfort verſehene Billa des Bauunternehmers G. J. L. Germann in
der Eichbergſtraße iſt für fl. 2,500 an Herrn Rentner Ludw. Stein aus
Mexiko verkauft worden.
Prof. Oncken zu Gießen iſt an Stelle des früheren Abgeordneten
Heß einſtimmig zum Landtagsabgeordneten für Gießen erwählk worden.
Offenbach, 25. Juni. Premier=Lieutenant Reuling von dem
hier garniſonirenden Füſilierbataillon des 4. Gr. Heſſ. Inf=Regiments
Nr. 118, wurde zum Hauptmann, unter Belaſſung in ſeinem ſeitherigen
Bataillon, befördert.
Michelſtadt, 24. Juni. In hieſiger Stadt iſt ein bedeutender
Bankerott zum Ausbruch getommen. Es iſt die Tuchfabrik von G. und
C. Glenz und kommen daͤbei für hieſigen Platz ſehr bedeutende Summen
in Betracht. Der Leiter des Geſchäftes C. Glenz hat ſich von hier ent=
fernt
und ſoll derſelbe faſt alle ſeine Verwandten und Freunde zu Darlehen
und Wechſel=Unterſchriften verleitet haben, ſo daß möglicherweiſe noch=
undere
Bankerotte in Ausſicht ſtehen und begreiflicherweiſe hier große Auf=
regung
herrſcht.

Dem heutigen BPlatte liegt General=Anzeiger für Baden Nr. 5= bei. Die darin empfohlenen Bücher und Zeit
ſchriften halten vorräthig die Buchhandlungen von A. Bergſträßer, A. Klingelhöffer, F. L. Schorkopf, Buch=, Kunſt= un.
Muſikalien=Handlung, Rühl u. Rettig, C. M. Kühn, H. L. Schlapp. A. Schödler, Würtz.

Wedaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.