Darmstädter Tagblatt 1873


20. Juni 1873

[  ][ ]

cina

ALergnaͤdigſt privilegirtes
rag-u. A.
136. Jahrgang.

Monnementsvteis
21. 48 kr. jährl. inck. Bringer=
Uhn. - Auswürtz werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen
Mgegengenommen zu 59 kr. pro
Quarial inck. Poſtaufſchlag und
Beſtellgebühr.

Juſerate.
werden angenommen: in Darm=.
ſiad tvon der Expedition Rhem=
fraße
Nr. 23, in Beſſungen
on Friedrich Blßer, Friedrich=
Fraße Nr. 7. ſowie auswürnz
von allen ſoliden Amonen
Erbeditionen.

Amtliches Organ
für die Bekanntmachungen des Großherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.

Ne 118.

Freitag den 20. Juni

187T.

5029) Oeffentliche Aufforderung.
Betreffend: Die Verlaſſenſchaft
der Wilhelmine Walther ledig
von Danzig.
Erbanſprüche und Forderungen jeder Art
an den Nachlaß der dahier verlebten Wil=
helmine
Walther ledig aus Danzig ſind
binnen 4 Wochen bei unterzeichnetem Ge=
richte
zur Anzeige zu bringen, widrigenfalls
der Nachlaß dem Fr. A. Walther, dem
Bruder der Verlebten, welcher ihre Erb=
ſchaft
unter der Rechtswohlthat des Inven=
tars
angetreten hat, ohne Sicherheitsleiſtung
ausgehändigt werden wird.
Darmſtadt, den 14. Juni 1873.
Großherzogliches Stadtgericht Darmſtaot.
Piſtor,
Holzapfel,
Stadtrichter. Stadtgerichts=Aſſeſor.

4998) Bekanntmachung.
Die bei der Anlage eines Röhrenkanals
in der Heinrichſtraße vorkommende Maurer=
Pflaſter= u. Schloſſerarbeit, ſowie Gußliefe=
rung
ſoll auf dem Soumiſſionsweg vergeben
werden.
Die hierauf bezüglichen Offerten ſind
bis Samſtag den 21. l. Mts., Vor=
mittags
11 Uhr, bei unterzeichneter Stelle
einzureichen, woſelbſt auch Voranſchlag und
Bedingungen zur Einſicht offen liegen.
Darmſtadt, den 16. Juni 1873.
Das Stadtbauamt Darmſtadt.
Hechler.

4961)
Alleinverkauf
Achter Gebirgs-Joppem.
aus der Fabrik von Jok. Gg. Brey in München
en gros & en dstall.
Offenbach a. M., Juni 1873.
Hermann Otto,
Frankfurter SStraße Nr. 38.
180)
liebig Coupaups Helsch-Ertract
aus PRAT-BEnTos Cud-Amerika).
Höchste Auszeichnung bei den Ausstellungen
Paris 1867- Havre 1868- Amsterdam 1869- Hoscau 1872
Iyon 1872 - Paris 1872.
wenn jeder Topf untenstehende Unterschritten trägt
und aut der Etiquette der Name J. v. LIEBiſ in blauer
Hur ächt.
J. Parbe aufgedruckt igt.

CCeC.,
rsesscurete.
Arax.
Engros Lager bei dem Correspondenten der Gevellochaft:
Herrn E. Herehz in Darmstadt

Lu haben in Darmstadt bei den Herren:
C. H. Huher &am Söhne, Elisabethenstr.14,
J. GE, Keller, Grafenstrasse,
feorg Liebig Sohn, Louisenstrasse,
Wüh. Hanck Ballonplatz 5,

Feilgebotenes.
4749) Zimmerſpähne ſind fortwäh=
rend
zu haben und werden Beſtellungen von
C. Rückert, Heinrichſtraße 102 und
J. Weitzel, Heidelbergerſtraße 21,
zur prompten Beſorgung entgegen genommen.

5
S

Tuffſteine u. Kaminröhre
ſind Waggonweiſe wie auch in kleineren
Quantitäten fortwährend zu haben bei
J. Fulda,
4964)
Bleichſtraße 45.

täglich in der
Gefrorenes Conditorei vo
Wilh. Kimmel, Louiſenplatz 4.

5003) Die erſte Schur ewiger Klee
auf dem ehemals Kühn'ſchen Grundſtück am
Pallaswieſenweg iſt abzugeben.
Näheres Rheinſtraße 25 im Magazin.

Epilepſie
Fallſucht), Krämpfe heil=
bar
durch ein ſeit 12 Jahren be=
währtes
nicht medizin. Univerſalgeſund=
heitsmittel
. Proſpecte, Referenzen gra=
tis
=franco von
Vr. A. Durante, Fabrikbeſitzer
zu Warendork in Weetſalen.

Dickwurzelpflanzen!
Beſte Sorte per 1000 Stück zu 40 kr.
abzugeben auf dem Rößner'ſchen Gute,
Heil. Kreuzberg hier.
(5000

G. P. Poth, Casinostrasse 12,
Jacob Röhrich Wive., Sandstra sse 10.
E. Sariba, Apotheker, Kirchstra sse25;
Wilb. Hensel in Bessung sy.

AN
Maizena Maismehh mit 80 Recepten,
Haccaroni, ital.,
Deutschen & ostind. Sago,
Eimbeersaft, beſte Qualität,
empfiehlt villigſt
Carl Watzinger
5015)
Louiſenplatz Nr. 4.
5030) Folgende militärwiſſenſchaft=
liche
Werke ſind billig zu verkaufen: Allge=
meine
Militäreneyclopädie (1. -42. Lieferung)
Perizonius, Taktik und Mentzel, Remon=
tirung
der preußiſchen Armee.
J. Waitz, vorm. Würtz'ſche
Buchhandlung (Ernſt=Ludwigſtraße.)

5031) Ein bequemer Krankenfahr=
ſtuhl
nebſt Lederdecke iſt zu verkaufen.
Promenade 58 parterre.
258

[ ][  ][ ]

5039)

946
Spirikus E per Liter 32 kr.
Sohellack,
Leim F Cölner,
Leinöl-Firniss,
Asphalt, Copal- E DamarLacke eto.
empfiehlt zu billigem Preiſe
Carl Wahinger.
Louiſenplatz 4.
5032)
Ruhrer Fettſcghrot
prima Qualität
iſt für mich eingetroffen und offerire ich
ſolches in ganzen u. halben Wagenladungen
per Ctr. 52 kr. ohne Octroi in's Haus,
geliefert bei 3 monatlichem Zahlungsziel.
Einzelne Centner in Säcken per Ctr.
56 kr. incl. Octroi nur gegen baar.
C. G. Faber,
Steinkohlenhandlung, Eliſabethenſtr. 26
5234) Ein Haus in frequenter Lage
der Altſtadt aus freier Hand zu
verkaufen.
Von wem? ſagt die Expedition d. Bl.

M1s.

Dürmſtadter Actienziegelei.
Indem wir die per 1. Juli ausgeſchriebene Einzahlung von 40 pCt. auf die Actien
Serie I. hiermit in Erinnerung bringen zeigen wir noch an, daß gegen Einlieferung
der abquittirten Interimsſcheine die Actien von Serie l. und II. die definitiven Actien=
Documente bei Herrn Hofbanquier Moritz Wolfskehl in Enpfang zgenommen
werden können.
Bei verſpäteten Einzahlungen ſowohl wie bei anticipirter Vollzahlung ſind gemäß
unſerer früheren Bekanntmachung die Zinſen 5pCt. zu vergüten, beziehungsweiſe in
Abzug zu bringen.
Der Aufſichtsrath:
Dr. Vorſtand:
Dr. Bracht.
L. Riedlinger.

5040)

Vermiethungen.
4777) Steinſtraße Nr. 8 eine Wohnung
von 5 Stuben mit außergewöhnlichen Be=
quemlichkeiten
zu vermiethen. Näheres da=
ſelbſt
im Parterre.
4778) Ein freundlich möblirtes Zimmer.
Preis 6 fl. Heinrichſtraße 72.
4802) Ein möblirtes Zimmer zu ver=
miethen
. Heidelbergerſtraße 21 im Seitenbau.
4910) Einzelne möblirte Zimmer
zu vermiethen. Rheinſtraße Nr. 50.
4970) Ein kleines Logis gleich beziehbar.
Holzhofſtraße Nr. 12.
5035) Zwei vollſtändige Logis ſind zu
vermiethen, das eine für einen Geſchäfts=/
mann geeignet, Nr. 13 in der Hinkelgaſſe:
5 ſEine ſchöne Wohnung von 6 Zimmern
S
L= und allen Bequemlichkeiten iſt An=
fang
Juli oder Auguſt zu vermiethen.
Näheres Weinbergſtraße Nr. 16.
5038) Beſſungen, Sandſtraße Nr. 14,
ſind 2 freundliche Logis, baldigſt beziehbar,
zu vermiethen.

Kunſtgenoſſenſchaft in Varmſtadt.

Samſtag den 21. d. M. Vortrag von Hrn. Profeſſor Felſing über die
jüngſte Compoſition von E. Bendemann, verbunden mit Vorlagen.
Der Vorſtand.
5041)
Ganders Schreib=Methode.
Die täglich ſich mehrende Frequenz, insbeſondere die zahlreichen Anmeldungen zu
dem am 16. dſs. begonnenen Cyelus, welche nicht alle Berückſichtigung finden konnten,
veranlaßt denſelben, Montag 28. Juni noch einen (letzten) Cyelus v. 12 Lehrſt.,
während welcher Zeit reſp. Geſchäfts= u. Kaufleuten, Beamten, Studiren=
den
, Gewerbtreibenden ꝛc. eine den Anforderungen der Gegenwart
entſprechende Handſchrift beigebracht wird, zu eröffnen und werden Anmeldungen
baldgef. Ecke der Eliſabethen= und Zimmerſtraße Nr. 2 eine Stiege
hoch erbeten.
TTaRhMEL J0lIal und GGaSaIId.
5042)
Vierteljährlicher Preis
in den nlcht prousslschen Orten des deutſchen Reichs incl. Elsuss
und Lothringen,
Rhlr. 1.19½ Sgr. - F. 2. 54 kr. südd. Währ.
excl. beſtehender Stempel= und Beſtellgebühren.

Beſtellungen auf das mit dem 4. Juli l. J. beginnende dritte Quartal wolle
man baldigſt bei dem nächſtliegenden Poſtamte einreichen.
Inſerate ſinden die weiteſte Verbreitung und werden Aufträge von unter=
zeichneter
Stelle, ſowie von dem bekannten Agenten entgegen genommen.
Frankfurt a. M., im Juni 1873.
Die Hapedition.

Vermiſchte Nachrichten.
5 Oedes t. Amt, jeder Geſchäftsmann,
C ) zahlloſe Private ſind heutzutage
kann und wann genöthigt, Anzeigen in den,
jedesmaligem Zwecke entſprechenden Zeitungen
zu veröffentlichen. Zu ſolchen Fällen em=
pfiehlt
es ſich die Vermittlung der als ſolid
und discret, bekannten Süddeutſchen
Annoncen=Expedition von E. Stöck-
hardt
(in Darmſtadt Vertreter: Herr
Jos. Waitz, Firma Würtz'ſche Buchhand=
lung
) in Anſpruch zu nehmen, welche bei
Original=Zeitungspreiſen keinerlei Speſen,
weder Porto noch Proviſion, in Anrechnung
bringt.

Rheinbad Stockſtadt.
Die Eröſſung meiner Bade=Anſtalt zeige
ich hiermit ergebenſt an.
H. Kabey.
Bezug nehmend auf Obiges erlaube mir
hiermit den geehrten Badegäſten meine
Restauration zur Mrone
beſtens zu empfehlen.
(4978
Stockſtadt u. R.
L. Ritzmann.

4808) Unſere Wohnung befindet ſich jetzt
Louiſenſtraße Nr. 28.
Georg Röder I. Schuhmachermftr.
L. Röder, Couvertenſtepperin.

Geübte Kleidermacherinnen werden
L geſucht. Schulſtraße I.

gegen entſprechenden Lohn geſucht. Der Ein=
tritt
kann ſofort erfolgen.
Näheres in der Exp. d. Bl.

Fin braves ordentliches Mädchen
C wird zur Stütze der Hausfrau

Mnanashrdheren, leſe Fucht,
Stachelbeeron, große grüne,
Mandeln, grüne,
zum Einmachen werden gekauft in
der Conſerve=Fabrik
6.
CC
8
Wilh. Laafl, Mainz.

VAVATAAAAAAAAAAAAAa4s
8 4938) Bei Unterzeichnetem können B
E bei fortwährender Arbeit und nach
8
F jetzigem Verhältniß entſprechende Ver=
E dienſt 2-3 Pfläſterer=Geſellen ſowie;
K ein Lehrling ſogleich eintreten.
H
Beſſungen.
Karl Demmel,
Pfläſterermeiſter.
PNAAANNAAAANAATaNgan
5010) Für das Abladen von Schutt an
meine neu erbauten Scheuern, der Neckar=
Bahn gegenüber, zahle bis auf Weiteres
für die Einſpänner=Fuhre 9 kr.
Zweiſpänner 12 kr.
H. Bodenheimer.

[ ][  ][ ]

E 18.

5043)
Hämorrhoidalleidon
heilt gründl. bei gen. briefl. Mitthlg. Dr. Heil=
brun
, prakt. Arzt in Arnſtein, Bayern.
5027) Eine ältere erfahrene Kinderfrau
wird geſucht. Näheres bei der Expedition.
5044) Ein Burſche, welcher Haus= und
Gartenarbeit gründlich verſteht, wird nach
Außen zu miethen geſucht. Nur Solche
wollen ſich melden, ſwelche ſchon länger im
Garten gearbeitet haben und gute Zeugniſſe
beſitzen. Das Nähere Promenade 58 parterre.

Mädchen geſucht.
Gegen 80 fl. Lohn wird zu 2 Damen
ein gut empfohlenes Mädchen geſucht, ſwel=
ches
ſehr gut kochen und Hausarbeit gründ=
lich
verſteht. Offerten zu adreſſiren an
P. F., Peſtalozziſtraße 4,
5045)
Frankfurt a. M.
5046) Ein gewandter Arbeiter
vom Lande findet bei gutem Lohn
dauernde Beſchäftigung bei
J. Fulda, Bleichſtraße 45.

947.
4988) Ein Mädchen mit gutem Zeugniß
ſucht Stelle als Jungfer oder zu größeren
Kindern. Näheres Annaſtraße 20.
Aai.
G1R udchen
mit guten Zeugniſſen, die ſehr gut kochen
kann, geſucht. Lohn 100ffl. Offerten zu
adreſſiren an
Dr. S., Bleichſtraße 52,
5047)
Frankfurt a. M.
5048) Ein braver Junge kann in die
Lehre treten bei
Heinr. Martin, Steinhauermeiſter.

Der Arcier.
Von Levin Schücking.
Fortſetzung.)
Und hat er beſchloſſen, ſofort etwas in der Sache zu thun ? Frohn eifrig.
Thereſe wußte das nicht; er ſei ſehr nachdenklich geworden
und habe ſich nicht darüber ausgeſprochen, ſagte ſie: aber ſehr
unruhig ſei er geweſen, und habe oft nach der Uhr geſchaut, und
nurj ſo kurze Zeit ſei er geblieben .. er ſei wieder davon ge=
eilt
, nachdem er, wie es ihr geſchienen, kaum gekommen.
Frohn begriff dieſe Unruhe.
Seien Sie guten Muths, Demoiſelle Thereſe, ſagte er
jetzt, indem er das Kreuz aus der Bruſttaſche zo9 kennen Sie
das ?=
O, mein Gott, rief das junge Mädchen, die Hände zuſam=
menſchlagend
aus, da iſt's ja - da iſts und zugleich fiel
ſie erſchüttert in ihren Stuhl zurück und durch einen Strom von
hervorquelleuden Thränen blickte ſie lächelnd zu Frohn auf.
Ich kann's nicht ausſagen," fuhr ſie gepreßt und die Hand
aufs Herz drückend fort, zich kann's nicht ausſagen, wie's mich
freut, daß Sie's haben ... es iſt eine erſchreckliche Freud, als
wenn ich davon ſterben müßt
Frohn ergriff gerührt ihre Hand. Er ſah an dieſer gewal=
tigen
Erſchütterung wie groß und aufrichtig ihre Liebe für den
Mann war, den ſie durch ſich in Sorge verſetzt wußte.
Wie haben Sie's uur angefangen ? fragte ſie dann. O,
ich wußt daß ſie mir helfen würden; mein Gott, mein ganzes
Leben lang werd ich ihnen nicht genug danken können.
1733
km Reden wir nicht davon, unterbrach ſie Frohn; wie ich's
angefangen habe, erzähl ich Ihnen ein and res Mal. Jetzt ſagen
Sie mir wollen Sie es ihm zurückgeben, oder ſoll ichs thun ?
Zu reden hab' ich doch mit ihm"
Kennen Sie ihn denn zu fragte Thereſerl mit einem gewiſſen
Erſchrecken.
Er nickte mit dem Kopf.
Nun, was thur's? ich habe zu Ihnen das Vertrauen, wie
zu meinem Beichtvater - ſo gehen Sie nur und geben Sie's
ihm nur ſelber, denn er hat geſagt, in den nächſten Tagen ſönne
er nicht wieder zu mir kommen, ... aber vielleicht würd er's
mir übel nehmen und böſe ſein, daß ich Sie in's Vertrauen ge=
zogen
, und auf Sie könnt' er einen Zorn faſſen drum!
Seien Sie deßhalb unbeſorgt, entgegnete Frohn. Ich
muß offen mit ihm reden, mag er's nun gnädig aufnehmen oder,
was immer ſehr möglich iſt, es gar übel vermerken, daß ich mich
in die Sache gemiſcht habe. Aber es. thutls nun einmal nicht an=
ders
, davon geredet muß werden!
Nun, dann reden Sie in Gottes Namen mit ihm, und
wiſſen Sie, Herr von Frohn,ufügte Thereſe mit einem kleinen Anfluge
von Schelmerei hinzu, wenn er auch ein klein wenig böſe drein
ſchaun ſollt, ich glaub doch ſchon, ich mach daß er dem Herrn
von Frohn wieder gut wirdl
Frohn griff nach ſeinem dreieckigen Hütlein.
Aber nun laufen Sie davon, rief ſie aufſpringend aus,
und ich habe Ihnen noch gar nicht einmal gedankt.
Eben deshalb lauf ich, verſetze Frohn, damit Sie nicht
davon anfangen!

Er eilte in der That davon, noch bevor ſie etwas erwiedern
konnte, verließ das Haus und ſchlug den Weg zur Burg
ein. Er hatte hier keinen Führer nöthig, um in das Vorzim=
mer
des römiſchen Königs zu gelangen. Die junge Majeſtät,
wurde er jedoch beſchieden, machte einen Spazierritt im Prater,
zuſammen mit dem Erzherzog Leopold und ihren Cavalieren. Frohn
tellte ſich geduldig in eine Fenſterniſche um zu warten. Außer
einem Lakai war Niemand in dem Raume; in die Stille, welche
ringsum in dieſem Theile der kaiſerlichen Wohnung herrſchte, warf,
die Glocke auf der Burgkapelle ihre hallenden Töne, als ſie drei
Uhr ſchlug, und dieſer Klang verſetzte unſern Arcier auf das Leb=
hafteſte
wieder in die Situation der vergangenen Nacht.
Kurz darauf kündeten Schritte das Auf= und Zuſchlagen von
Thüren, Stimmen die Zurückunft der jungen Herrſchaften an.
Der Kammerdiener, welchen Frohn am geſtrigen Abende nebſt dem
Herrn von Echtern hatte in das Arbeitszimmer ſeines Gebieters
treten ſehen, kam herein, der Lakai eilte, die beiden Flügel der
großen Thüre aufzuwerfen; im nächſten Augenblicke ſchritt der =
miſche
König raſch über die Schwelle des Vorgemachs.
Addio, meine Herren, ich danke Ihnen,: ſagte er, ſich zu
zwei Herren in Hofuniform wendend, die ihm bis hierher das Ge=
leite
gegeben hatten und ſich nun nach ein paar tiefen Verbeugungen
zurückzogen; dann wandte er ſich mit jugendlich elaſtiſchem Schritt
ſeinem Wohnzimmer zu, zu deſſen Thüre ihm der Kammerdiener
voraus geeilt war. Auf dem Wege dahin traf ſein Blick Frohn,
der in ſtrack militäriſcher Haltung ſich neben dem Fenſter aufge=
ſtellt
hatte. Die ſchönen offenen Züge König Joſeph's mit den
großen gewinnenden blauen Augen voll Leben und Geiſt nahmen
ſogleich einen andern Ausdruck an. Dieſer Ausdruck war unerkenn=
bar
der einer nicht angenehmen Ueberraſchung. Doch blieb er vor
dem Arcier ſtehen und ſagte mit einem leichten Stirnrunzeln und
raſchem Hervorſtoßen der Worte:
Er will mich ſprechen? Komme Er mit hinein!
Der König ſchritt weiter, und Frohn, der ihm folgte, ſtand
nach wenig Augenblicken in dem Wohngemach desſelben, das ihm
aus der vergangenen Nacht her ſo wohl bekannt war. Ihm gege=
nüber
lag der Alkoven, durch den er hier eingedrungen war.
Arcieren=Leibgardiſt Joſeph von Frohn, früher Oberlieute=
nant
bei Prohaska=Dragonern," meldete Frohn militäriſch.
Er hat geſtern Poſten geſtanden auf dem Gange drüben,
ich weiß," ſagte der König mit ungeduldigem und unwilligem Tone,
doch erſt, nachdem er gewartet, bis der Kammerdiener die Thüre
wieder geſchloſſen. Er kommt ſehr raſch, mich daran zu mahnen,
daß ich eine Verbindlichkeit gegen Ihn habe!
Frohn erröthete bei dieſen Worten.
Majeſtät halten mir zu Gnaden, ich komme ſo wenig in
dieſer Abſicht, daß ich im Gegentheil nur befürchte, ich werde
Ew. Majeſtät volle Ungnade auf mich laden durch das, was ich
vorzutragen mich gedrungen fühle.
Und was iſt das? Laß Er hören.
Ich bin in der vergangenen Nacht hier in Ew. Mojeſtät
Wohnzimmer geweſen, und habe die Rolle Ew. Majeſtät geſpielt,
auf die Gefahr hin, nicht auf meinem Poſten gefunden, caſſirt
und auf die Feſtung geſchickt zu werden.
Er? Was ſoll das bedeuten? War Er's, der einen Brief
von meinem Schreibtiſch genommen hat?

[ ][  ]

948

Rus

Das that Ew. Majeſtät Kammerdiener.
Der Kammerdiener? der war hier zu fiel König Joſeph
beunruhigt ein, gegen meinen ausdrücklichen Befehl ?
Weil ihm ein Befehl Ihrer Majeſtät der Kaiſerin vorge=
ſpiegelt
wurder antwortete Frohn und begann nun den ganzen
Hergang zu erzählen)
König Joſeph hatte ſehr geſpannt, aber auch mit einer Miene
großen Mißvergnügens der Erzählung Frohn's zugehört. Dieſer
ſchloß mit folgenden Worten:
Ich ſehe nur zu wohl ein, daß es ſich für mich nicht
ſchicken würde, im Geheimen und ohne Ew. Majeſtät Wiſſen ſo
etwas wie eine ſtille Vorſehung für dieſelben zu ſpielen. Darum
komme ich, Alles zu melden, wenn es auch den falſchen Schein
auf mich wirft, mir ein Verdienſt daraus bei Ew. Majeſtät
machen zu wollen. Dies iſt in der That lnicht der Fall. Ich
habe auch ganz und gar kein Verdienſt dabel. Hätte ich das,
was ich gethan, unterlaſſen, ſo würde es entdeckt ſein, daß ich
meine Pflicht als Poften nicht erfüllt, und ich würde ſehr ſtrenge
beſtraft worden ſein!
Das iſt wahr, ſagte König Joſeph ernſt und doch gnädig.
Die freie Sprache Frohn's erweckte augenſcheinlich ſein Wohl=
wollen
.
Ich habe aber noch mehr gethan fuhr der Arcier fort,
und zwar etwas, was derartig kühn und vermeſſen iſt, daß ich
mein Gewiſſen als ehrlicher Mann belaſtet fühle, ſo lange ich
nicht durch ein offenes Geſtändniß die Gnade erlangt habe, daß
Ew. Majeſtät mir, ſo zu ſagen, eine Abſolution von meiner
dreiſten Verwegenheit ertheilen.
Und was wäre das ?u fragte der König lebhaft.
Ich wußte, daß Ew. Majeſtät ein werthvolles Kleinod
durch die Frechheit eines leichtſinnigen Burſchen abhanden ge=
kommen
- ich wußte es durch den Zufall - ich wohne im
Hauſe der Eltern jenes Burſchen
Hatte König Joſeph vorhin, bei Frohn's erſter Erzählung,
hoch aufgehorcht, ſo that er es jetzt mit der Miene doppelten
Betroffenſeins.
Das weiß Er ?a
Ja, und auch, daß der fragliche Gegenſtand zu Händen der
Polizei gekommen, und es Ew. Majeſtät unangenehm ſein würde,
in Ihrem Namen ihn dort reclamiren zu laſſen. Deshalb habe
ich mich unterſtanden, eines der Blankete von Ew. Majeſtät
Schreibtiſch fortzunehmen, es in zweckdienlicher Weiſe auszufüllen
und damit bewaffnet das Ordenskrenz in meinem eigenen Namen
aus den Händen der Behörde zu befreien. Hier iſt daſſelbe und
hier iſt das Blanket zurück.
Frohn zog beide Gegenſtände aus ſeiner Uniform hervor
und legte ſie auf den Schreibtiſch des römiſchen Königs nieder.
Dieſer griff mit einer gewiſſen Haft nach dem Kreuze.
Wahrhaftig, es iſt mein Kreuzlu ſagte er, es betrachtend,
und mit dem Tone einer ſehr lebhaften Befriedigung. Dann
ſah er mit großen Augen Frohn an.
Er iſt ja ein merlwürdiger Menſchl ſagte er halblaut
und wie für ſich.
Wollen Ew. Majeſtät jetzt einen Blick auf das Schrift=
ſtück
zu werfen geruhen, damit Sie ſehen, welches Mittels ich
mich bedient habe, und ich dann um die Gnade bitten darf, es
zerreißen zu dürfen ?u
König Joſeph nahm das Papier auf und überlas es.
Ich habe dem Polizeibeamten, welcher mir die Ordens=
decoration
auslieferte, bedeutet, daß ſein Schweigen gewünſcht
werde; ich glaube verſichern zu können, daß er es halten wird.
Wie heißt der Mann?
Der Polizeirath Hinterhuber.
König Joſeph heftete ſeine Blicke wieder nachdenklich auf
das Papier und ließ ſie dann über den Rand fort und auf Frohn
hinübergleiten, den er mit einem Ausdruck fixirte, in welchem
weder Billigung noch Mißbilligung des Geſchehenen zu erkennen
war. Er ſchien mit ſich ſelbſt im Unklaren zu ſein.

Es iſt mir ſehr lieb, daß ich die Decoration wieder er=
halten
habe, ſagte er nach einer Pauſe, es iſt mir ein großer
Dienſt damit erwieſen, ich danke Ihm dafür -- aber," fuhr er
plötzlich mit viel lebhafterer Stimme fort, weiß Er, daß Er ſich
ein ſchweres Verbrechen hat zu Schulden kommen laſſen, und daß
Er ein gefährlicher Menſch iſt ?
Fortſetzung folgt)

Mittheilungen ans Stadt und Land.
Darmſtadt, 20. Juni. Nach dem Reichsanzeiger wurde Dr. Obrr,
ſeither Unterarzt der Reſerve, zum Unlerarzt des activen Dienſtſtandes er=
nannt
und demſelben eine Aſſiſtenzarztſtelle beim 3. Großh. Inf.=Regt.
Nr. 117 übertragen.
Das zur Verherrlichung der 25jährigen Regierungsfeier von der
Stadt für die Armen veranſtaltete Feſteſſen verlief in gelungener
Weiſe. Die Gäſte entwickelten unter den Klängen der Tafelmuſik einen
geſegneten Appetit und wurde der Schoppen Wein pr. Couvert von keinem
derſelben als unwillkommene Beigabe angeſehen. Derſelbe erhöhte die
Feſtſtimmung, die ſchließlich in vollen Jubel ausbrach, als der von Hrn.
Stadtrath Bl. geſpendete Kuchen zum Deſſert gereicht wurde, mit dem auch
die im Pfründnerhaus und der Arbeits=Anſtalt gleichfalls arrangirte Feſt=
tafel
bedacht wurde. Lieferant der Speiſen und Getränke war Hr. Speiſe=
wirth
Heß, dem die Zufriedenheit der ſtädtiſchen Verwaltung ausgedrückt
worden iſt.
Im Bereich der ſtädtiſchen Verwaltung wurden die Herrn Orts=
gerichtsvorſteher
Berntheiſel und Beigeordneten Appfel und Laute=
ſchläger
mit dem Ritterkreuz Philipps des Großmüthigen beehrt.
Die Stadtdeputirten wurden am 17. Junz zur Galatafel im
Schloß zugezogen und wohnten als Ehrengäſte der Feſtvorſtellung im
Theater bei. Unter den erſchienenen Bürgermeiſtern erregte ein ſtattlicher
Mann durch ſeine Uniform Aufſehen, die in ſchwarzem Frack, Civildiener=
hut
mit ſilberner Schleife und einem gelben Galadegen beſtand. Es war
dies der Mainzer Bürgermeiſter Wallau.
Die auf dem Rathhaus wührend der Bürgermeiſter=Verſammlung
aufgelegt geweſene Stipendien=Stiſtungs=Urkunde erregte durch
ihre prachtvolle calligraphiſche Arbeit die Bewunderung aller Anweſenden,
wie nicht minder der elegante Einband mit Silberbeſchlag alle Anerkennung
erwarb. Die erſtere Arbeit iſt von Robert Nick, letztere von Buchbinder
Robert Deufel. Ebenſo wird dem Prachtalbum, in welchem die allegoriſchen
Bilder der 3 Provinzen von Herrmann Müllers Hand herrühren und deſſen
Namen zur höchſten Ehre gereichen, die ungetheilteſte Anerkennung zu Theil.
Stud. med. Fayet aus San=Gabriel in Braſilien, der im Herbſt
vorigen Jahres den stud. pharm. Reuling zu Gießen im Piſtolen=Duell
erſchoß, in Folge deſſen vom Schwurgerichtshof zu Gießen zu 2½ Jahren
Feſtungshaft verurtheilt wurde, iſt nunmehr, nachdem er etwa 6½ Monate
verbüßt, von S. K. H. dem Großherzog begnadigt worden.
Der Ausſchußz der württembergiſchen Gewerbevereine petitionirt
beim württembergiſchen Finanzminiſterium um die Annahme öſterreichiſcher
Gulden und Fünffrankenthaler zu feſtem Cours durch die Staatskaſſen,
um künftige Fürſorge für gleichen Schritt bei dem Einzug alter und der
Ausgabe neuer Münzen, ſowie um die Emiſſion von Münzſcheinen, falls
ſolche nöthig wird, auch in kleineren Stücken. Bei dem immer größer
werdenden Mangel an Silbermünzen wäre ein gleiches Vorgehen wohl
auch hier am Platze.
Von den anweſenden höchſten Herrſchaften beſuchten bisher die
Roſen= und allgemeine Blumen=Ausſtellung: Prinz Luitpold
von Bayern, Prinz von Weimar, Prinz und Prinzeſſin Carl, die Prinzen
Heinrich und Wilhelm, Gräfin von Erbach und Prinz von Battenberg.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog, bisher abgehalten, wird die Aus=
ſtellung
heute beehren. Außerdem war die Ausſtellung an den erſten
1½ Tagen von gegen 2000 Fremden beſucht. Man hört nur Aeußerungen
der Befriedigung über das reizende Arrangement und die reiche Abmechſelung
der gebotenen Genüſſe, ſowie die wunderbare Schoͤnheit der ſeltenen exotiſchen
Pflanzen, welche in ſolcher Menge kaum jemals zuſammen geſehen wurden.
Die Roſen namentlich ſind weit vollſtändiger an Zahl und Vollkommenheit
der Blüthen vertreten, als es die Jahreszeit erwarten ließ. Nach Ueber=
einkunft
der Ausſteller werden die abgeſchnittenen Roſen täglich erneuert.
Zur Vorſeier des zehnjährigen Beſtehens des allgemeinen
Kranken= und Sterbekaſſe=Vereins für Darmſtadt und Beſſungen,
ſuand geſtern ein Waldfeſt an der Ludwigsbuche ſtatt, daß ſich ſowohl
der Theilnahme ſeiner Mitglieder letwa 900), wie auch zahlreicher fremder
Gäſte zu erfreuen hatte. Der von dem Präſidenten Herrn Zimmermeiſter
Bensheimer vorgetragene treffliche Feſtprolog wurde mit ſtürmiſchen Hoch=
rufen
aufgenommen. Das ſchöne Feſt dauerte trotz des eingetretenen Regens
bis Abends und ſind wir überzeugt, daß dieſer Tag dem ſegensreichen Ver=
eine
wieder zahlreiche Mitglieder zuführen wird.
Ein hieſiges Geſchäftshaus macht die originelle Mittheilung, daß es
durch die Güte des Herrn Schah, in den Beſitz ucht perſiſchen Inſecten=
pulvers
gelangt ſei.

Redaction ud Berlag: L. C. Bittic'ſche Hofbuchdndeat.