Allergnaͤdigſt privilegirtes
Armſtädter =Frag-u. Anzeige=
136. Jahrgang.
Abonnementsvten
2fl. 48 kr. jhrl. inck.
Bringer=
lohn. - Auzwürtz werden von
Men Poſtämtern Beſtellunge
entgegengenommen zu 59 E. pro
Quartal incl. Poſtaufſchlag und
Beſtellgebühe.
„uls
4666O
Inſerate
werden angenommen: in Darm=
Ladt von der Expedition.
Rhein=
ſraße Nr. 28. in Beſſungen
von Friedrich Blbßer,
Friedrich=
ſtraße Nr. 7. ſowie auzwärtz
von allen ſoliden Annoncen
Erveditionen.
Amtliches Organ
für die Bekanntmachungen des Großherzoglichen Kreisamtes Darmſtadt.
Re 104.
Freitag den 30. Mai
1873.
4437) Bekanntmachung.
Donnerſtag den 5. Juni, Vormittags
11 Uhr, ſoll die Anfertigung zweier
Brücken=
waagen durch Soumiſſion vergeben werden.
Voranſchlag, Zeichnung und Bedingungen
liegen auf dem hieſigen Stadtbauamt zur
Einſicht offen, woſelbſt auch die Soumiſſions=
Offerten einzureichen ſind.
Darmſtadt, den 27. Mai 1873.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
Fuchs.
4438) In der Arheilgerftraße Nr. 19
ſoll Donnerſtag den 5. Juni l. J. ein
ein=
ſpänniger Wagen gegen baare Zahlung
öffentlich verſteigt werden.
Darmſtadt, den 28. Mai 1873.
Naumann.
Crosse ≈ Blachzwehl Liondom.
Fahrikk von Conserves, Alimentaires &am; Comestibles.
4440
Niederlage bei
C. H. Huller u. Böhne in Darmſtadt.
Hof=Lieferanten Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs vor Heſſen und bei Rhein.
4415) ¾
Morgen ewiger Klee im
450) Ausverkauf.
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dem Einkaufspreiſe.
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G. Beck, Rheinſtraße 28.
Gebrüder Blum.
4439) Mittwoch den 4. Juni,
Vormit=
tags 9 Uhr, wird die Grasſamen=Crescenz
von circa 80 Morgen Hospitalwieſen in den
Gemarkungen Crumſtadt und Goddelau in
einzelnen Abtheilungen öffentlich meiſtbietend/
verfleigert werden.
Zuſammenkunft am Hospital.
Hofheim, am 28. Mai 1873.
Großherzoglides Hospital=Rentamt.
Dittmar.
Feilgebotenes.
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Ladeneinrichtung zu verkaufen. Eliſab=Str. 5.
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vorräthigen Sopha=und Bettvorlagen,
ſowie Teppiche am Stück zum
Einkaufs=
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Gebrüder Blum.
4026) Wir machen hiermit die ergebene
Anzeige, daß ſämmtliche von uns geführten
Mineralwaſſer
in friſcher Füllung bei uns eingetroffen ſind.
C. H.Huber &am; Söhne,
Großh. Hof=Lieferanten.
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Zu verkaufen:
Ein ganz neues eiſernes Hofthor. 8 Fuß
breit, eine ſehr gute Pumpe mit
Pumpen=
ſtock von Holz, eine Kinderbettlade, welche
lauch als Wiege gebraucht werden kann, ein
Bockſchlitten. Näheres Magazinſtraße Nr. 4
ebener Erde.
4
ſEin ſchöner großer Herren=Schreib=
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8 C Secretär mit Aufſatz, maſſiv von
Kußbaumholz, iſt billig zu verkaufen.
Friedrichſtraße Nr. 40 zwei Treppen hoch.
4441) ¾ Morgen Heugras nächſt
der Gasfabrik werden abgegeben.
Näheres bei der Expedition.
4396) Blumenfreunden
empfiehlt die Handelsgärtnerei von
J. L. Schneeberger in ſchöner
Aus=
wahl: Verbena, Heliotropen, Geranium,
Calceolaria, Monatrosen, Canna,
Geor-
ginen, Fuchsia ete., ſowie Astern und
Levkojenpfanzen.
8) Morgen ewiger Klee im
4
C.
4 Soder zu verkaufen. Große
Kaplaneigaſſe 7.
Köhler.
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zuver=
kaufen. Kl. Kaplaneigaſſe 3.
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lich möblirtes Zimmer gleich zu beziehen.
4423) Ein möblirtes Zimmer zu
ver=
miethen. Zu erfr. Bleichſtr. 44 im 4. Stock.
4443) Ein möblrtes Zimmer zu
ver=
miethen. Nähere Auskunft Dieburgerſtraße
Nr. 6 Parterre.
4444) Ein geräumiges Zimmer mit oder
ohne Möbel. Alexanderſtr. 9. W. Wilke.
4445) Zwei Logis zu vermiethen.
Erbacherſtraße Nr. 10.
4446) Ein Logis gleich zu beziehen.
Bachgaſſe Nr. 3.
4447) Holzhofſtraße 48 ein Logis im
Hinterbau gleich zu beziehen. P. J. Schembs.
4448) Louiſenſtraße 2 ein ſchön möblirtes
Zimmer im 1. Stock.
228
M104
Vermiſchte Nachrichten.
Jedes t. Amt, jeder Geſchäftsmann,
F
O9 zahlloſe Private ſind heutzutage
kann und wann genöthigt, Anzeigen in den
jedesmaligem Zwecke entſprechenden Zeitungen
zu veröffentlichen. Zu ſolchen Füllen
em=
pfiehlt es ſich die Vermittlung der als ſolid
und diseret bekannten Süddeutſchen
Annoncen=Expedition von E.
Stöck-
hardt (in Darmſtadt Vertreter: Herr
Jos. Waitz, Firma Würtz'ſche
Buchhand=
lung) in Anſpruch zu nehmen, welche bei
Original=Zeitungspreiſen keinerlei Speſen,
weder Porto noch Proviſion, in Anrechnung
bringt.
4406) Ein geübter
Elfenbein=Graveur
findet bei guter Zahlung dauernde
Be=
ſchäftigung bei
J. Spless, Hof=Graveur in Baden=Baden.
4206) Geſucht aaf Johanni gegen
hohen Lohn ein Dienſtmädchen, welches in
der Küche nicht unerfahren, zuverläſſig und
mit guten Zeugniſſen verſehen iſt. Carlſtr.48.
4181) Ein ordentlicher Junge kann in
die Lehre treten. Auguſt Nold
Schloſſermeiſter, Friedrichſtraße 20.
4186)
Gute
Schuhmacher=Geſellen
auf erſte Sorte Mannarbeit werden geſucht
bei
Joſ. Schumacher Hohn,
in Mainz.
4379) Ein Mädchen, welches der Küche für
einen kleinen Haushalt vorzuſtehen im Stande
und in Handarbeit nicht ganz unerfahren,
kann ſofort oder auch ſpäter gegen guten
Lohn bei mir eintreten.
J. Gemmer, Carlsſtraße 3.
4449) Ein braver Junge kann bei
annehmbaren Bedingungen in die Lehre treten.
P. Pſeiffer, Schuhmacher, Gardiſtenſtr. 25.
4450) Ein junger Mann ſucht ſeine freie
Zeit mit Buchführung oder ſchriftlichen
Ar=
beiten auszufüllen. Alexanderſtraße 9.
4451)
Beſchäftigung
auf einem hieſigen Comptoir zum
Nach=
tragen der Bücher wird nachgewieſen bei
Georg Hof, Eliſabethenſtraße in Darmſtadt.
4452) Samſtag den 24. ds. wurde,
wahr=
ſcheinlich am Markt, ein feiner
ſchwarz=
ſeidener Damen=Aegenſchirm mit weiß
und rothem Steinknopf verloren Der Finder
empfängt bei der Ablieferung Beſſunger
Carlſtraße Nr. 16 eine Treppe eine gute
Belohnung.
4453)
Mahnung.
Den füllig geweſenen Wechſel von 3000 fl.
zu zahlen, oder es erfolgt die Aufforderung
nächſtens mit Namensbenennung.
M. L.
Bank für Handel s Induſtrie.
hr in.d.
Ausgabe der Couponbogen zll den Lotien HI. Serio.
Wir fordern die Inhaber von Anweiſungen auf Couponsbogen zu unſeren
Actien II. Serie hiermit auf, dieſelben
vom 1. Mai d. J. ab
bei einer der nachbezeichneten Stellen zum Zwecke des Umtauſches gegen die
Coupons=
bogen einzureichen und zwar bei:
unſeren Couponsbüreau dahier und in Berlin, Schinkelplatz 3,
der Filiale der Bank für Handel u. Induſtrie in Frankfurt a. M.,
den Herren Schmitz, Heidelberger & Comp. in Mainz,
„ Köſter & Comp. in Mannheim und Heidelberg,
„ Rümelin & Comp. in Heilbronn,
„ Pflaum & Comp. in Stuttgart,
„ Merck, Chriſtian & Comp. in München,
„ Hanſer, Grebner & Comp. in Straßburg,
„ Sal. Oppenheim jun. & Comp. in Köln,
dem A. Schaaffhauſen'ſchen Bankverein in Köln,
der Braunſchweigiſchen Credit=Anſtalt in Braunſchweig,
den Herren Ephr. Meyer & Sohn in Hannover,
„ Zeiſing, Arnhold, Heinrich & Comp. in Halle a. S.,
Meyer & Comp. in Leipzig,:
„
„ Frege & Comp. in Leipzig,
ee
dem Herrn Jgnatz Leipziger in Breslau,
der Dresdner Bank in Dresden,
den Herren Ed. Frege & Comp. in Hamburg.
„ Frank, Model & Comp. in Brüſſel,
„
„ Weisweiller, Goldſchmidt & Comp. in Paris.
Die Anweiſungen ſind in Begleitung jeines arithmetiſch geordneten Nummern=
Verzeichniſſes, zu welchem die Formulare von den vorgenannten Stellen zu erhalten ſind,
einzureichen.
Bei unſerem Couponsbüreau in Darmſtadt wird die Ausgabe der
Coupons=
bogen gegen die Anweiſungen Zug um Zug erfolgen; die übrigen Stellen werden dem
Einreicher über die, übergebenen Anweiſungen Empfangsbeſcheinigung ertheilen und
un=
gefähr 10 Tage nach Einreichung dem Präſentanten dieſer Quittung gegen deren
Rück=
gabe die Couponsbogen aushändigen.
[3343
Darmſtadt, den 22. April 1873.
Die Direction.
4454)
Bekanntmachung.
W
5⁄₈
4.
Eu Heſſiſche Ludwigs=Eiſenbahn=Geſellſchaft.
Von Sonntag den 1. Juni l. J. ab werden bis auf Weiteres zwiſchen
Darm=
ſtadt und Wiebelsbach=Heubach an allen Sonn= und Feiertagen folgende
Extra=
züge mit den 3 Wagenklaſſen und Anhalten an den Zwiſchenſtationen befördert:
Darmſtadt
Wiebelsbach=Heubach
Wiebelsbach=Heubach
Darmſtadt
Mainz, den 27. Mai 1873.
ab 2 Uhr 25 Min. Nachmittags.
an 3 „ 25 „
ab 7
37 „ Abends,
„
an 8 „ 36 „ „
Der Verwaltungsrath.
2898)
H ä u f e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
M. Neuſtadt, Alexanderſtraße 8.
Wandtafeln über Ankunft und Abgang ſämmtlicher
Eiſenbahnzüge dahier im Sommerfahrtenplan 1873.
Preis: 3 kr.
J. G. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
K104.
837
Der Arcier.
Von Levin Schücking.
Fortſetzung.)
„ Und jetzt hat ihn die Reitſchule auch fortgeſchickt, und ich
ſoll einen guten Rath geben, wie man ſeine Nichtsnutzigkeit in
ir=
gend einem Soldatencorps zu paſſender Verwendung bringen könnte ?„
unterbrach Frohn den eifrigen Redeſtrom.
„ Ach, wenns weiter nichts wäre," ſiel das junge Mädchen
ein, „nein, viel ſchlimmer iſt's, denn ſchau n Sie, der Futterſchreiber
hat ihm nachgeſagt, er hätt ihm anvertrautes Geld unterſchlagen,
uud da iſt die Polizei gekommen und hat ihm ſeine Sachen
durch=
viſitirt, und was ſie gefunden haben, das haben ſie mltgenommen
und haben ihn in's Arreſthaus eingeſperrt.
„Das iſt freilich eine arge Geſchichte, ſagte Frohn betroffen
und voll Theilnahme.
„ Ja freilich," fuhr Thereſerl, deren Thränen wieder zu fließen
begannen, fort, „freilich iſt's eine arge Geſchichte, aber das Aergſte
iſts doch noch nicht, denn ſchau'n Sie, Herr von Frohn, i8 iſt
nicht allein um das, für den Franzl wär's ein rechter Denkzettel,
daß er mal ſo anrennt, aber was. das Schlimmſte iſt, er hat mir
auch etwas fortgenommen, und das haben ſie jetzt auch auf der
Polizei, und das iſt gar ſchrecklich, denn wenn ichs nicht wieder
bekomme, ſo geht's um mein Leben, und aus der Donau unten
können's mich herausfiſchen, ehe wenig Tage vergehen, und .
Das junge Mädchen brach hier in ein heftiges Schluchzen
aus, daß ihre Worte erſtickte.
„Nun, mein Gott, ſagte Frohn, erſtaunt über dieſen
leiden=
ſchaftlichen Ausbruch, ſo holt man's eben wieder. Ich begreife,
daß ſie nicht gern auf der Polizei erſcheinen wollen, um durch
ſolch eine Reclamation Ihres Eigenthums als Anklägerin gegen
Ihren Bruder aufzutreten. Aber Sie können ja ſagen, Sie hätten
es ihm ſelber anvertraut oder geliehen.”
„Ach Gott,u fiel Thereſerl ein, lebhaft mit der Hand winkend,
als ob ſie damit Frohn's Vorſchlag abwehren wolle, noch bevor
ſie es mit Worten thun könne, „wenn das gingel Aber ſchaun
Sie, ich kann's ja gar nicht ſagen, daß es mir gehört, und es
gehört mir auch gar nicht, und da würden Sie mich ſchön in's
Gebet nehmen auf der Polizei, wenn ich darein käme, und
aus=
liefern thäten ſie's mir hernach doch nicht.”
„ Aber was iſt's denn, Demoiſelle Thereſerl, was kann es denn
ſein, das Ihnen ſo am Herzen liegt, und das Sie doch nicht als
Ihr Eigenthum reclamiren dürfen zu
Thereſerl ſchlug ihre beiden Hände wie in heller
Verzweif=
lung vor das Geſicht.
„Ach, wenn ich's Ihnen doch nur ſagen könnt'z ſchluchzte
ſie, „wenn ich nur wüßt, daß Sie nicht gar zu ſchlecht von mir
denken würden, wenn ich's Ihnen ſagte!
Frohn blickte auf das junge Mädchen mit ſteigender
Ver=
wunderung. Die Sache wurde ihm immer räthſelhafter.
„Können,Sie denn nicht Ihren Vater danach ſenden zu fragte
erLjetzt.
Thereſe ſchüttelte ſtumm den Kopf.
„ Nun, Sie haben mir ſo viel anvertraut," fuhr Frohn fort,
„weshalb können Sie mir denn dies unglückliche Ding nicht
nen=
nen, an dem Ihnen ſo viel gelegen iſt, und das ich Ihnen gern
wieder verſchaffen werde, wenn es in meinen Kräften ſteht ?u
„ Ja ich wußt's u ſtammelte Thereſe, von ihren Thränen
unterbrochen, „daß Sie gut ſein und Mitleid mit mir haben und
mir helfen würden, aber ſchaun Sie, gerade darum wird es mir
ſo ſchwer; ach, wenn ich's einmal geſagt habe, dann iſt's aus,
und dann werden Sie mich verachten, und .
Frohn legte mit der Miene gutmüthigſter Aufrichtigkeit ſeine
Hand auf ihren Arm.
„Rede die Demoiſelle Thereſe doch nicht ſo thöricht u ſagte
er dabei. „Wie ſollt ich Sie verachten1? Alſo hübſch heraus
damit, was iſes, was der böſe Bube, der Franzl, ihr genommen
hat?”
„ Ein Orden iſt's1u ſagte ſie mit dem krampfhaften
Schluch=
zen eines Kindes.
Ein Orden !a
„Ein Stephansorden, gar ſchön aus Gold gemacht und ein
rothes Seidenband, um ihn um den Hals zu tragen, dazu ...
„Der war in Ihrem Beſitze, und der Franzl hat ihn
fortge=
nommen ?=
„ Aus meinem Nähtiſchchen hier” ſagte ſie „und einen
gol=
deuen Fingerhut und mein Geld dazu; den Orden muß ich
wie=
der haben, oder ich ſterbe vor Angſt und Verdruß!”
Thereſe gab ſich wieder einem ihrer Anfälle von
Verzweif=
lung hin.
„Aber erklären Sie mir, ufragte Frohn erſtaunt, zwie kommen
Sie zu dem Orden? Wie kommt ein ſolches Kreuz in das
Näh=
tiſchchen eines jungen Mädchens, wie Sie ſind ? Der Kaiſer, der
als Herzog von Toscana der Großmeiſter iſt, wird ihn der Demoiſelle
Thereſerl nicht verliehen haben; ein Geſchenk zum Namenstag von
der Gothe wird's auch nicht ſein, und erben kann man die
Stephans=
orden auch nicht, denn wenn ein Ritter ſtirbt, ſo muß das Kreuz
ſogleich an den Ordensherold ausgeliefert werden. „Nun, ich
merk's ſchon, fuhr Frohn gutmülhig lächelnd fort, „es geht mir
halt ein Lichtlein auf, ein kleines; ſoll ich's der Demoiſelle in's
Ohr ſagen? — einen Schatz haben wir, das iſt ein vornehmer
Cavalier, der hat den Orden uns zum Spielzeug hier gelaſſen,
und nun ſind wir in tauſend Aengſten, weil wir ihm doch nicht
ſagen mögen, daß wir einen Bruder haben, der lange Finger macht,
und weil wir den Cavalier nicht auf die Polizei ſchicken können,
ſich ſeinen Sanct Stephan unter den geſtohlenen Sachen wieder
zu ſuchen!
Thereſens tieſdunkles Erröthen zeigte Frohn, daß er das
Rechte getroffen.
„ Ja, ſo iſt's," ſtammelte ſie in größter Verwirrung, uſo iſt's,
nur iſts noch ſchlimmer!”
„Noch ſchlimmer? Was heißt das, Thereſerl?u
„Der Cavalier hat eine grauſam ſtrenge Mutter, und der
Orden iſt derſelbe, den ſein Vater früher immer ſelbſt getragen
hat, und wenn er an dem nächſten Sonntag den Orden nicht
trägt und nicht hat, ſo gibt es eine Sekatur und einen Verdruß,
daß es gar nicht aus zu ſagen iſt; und wenn die Sache auf der
Polizei zur Sprache kommt, und der Franzl hält nicht reinen
Mund und geſteht, wem er's genommen, und es kommt auf mich,
dann machen's mich zeitlebens unglücklich und elend, und es wird
ſo ſchlimm, daß ich's gar nicht denken mag.
Frohn begriff nur zu gut, daß das junge Mädchen ſich
aller=
dings in einer unangenehmen Lage befinde; wenn der böſe Franz
geſtand, daß er ſeiner Schweſter den Orden genommen, ſo mußte
dieſe freilich in den Verdacht kommen, daß ſie ihn ſich widerrechtlich
angeeignet, falls der betreffende Cavalier nicht für ſie einſtand
und ihre Unſchuld erklärte. Und für ſie nicht ſo offen und
männ=
lich einzuſtehen, dazu konnte dieſer Cavalier allerdings Gründe
und ſehr triftige Gründe haben.
Natürlich hatte die Entdeckung, welche unſer Freund von der
Arcieren=Leibgarde gemacht, die Entdeckung, was Thereſerl's
Zurück=
gezogenheit und ihr unſichtbares Elfenwalten in der Stille des
hübſchen Gartenzimmers eigentlich für eine tiefere Bedeutung habe,
auf ſeine lebhafte Sympathie für das reizende Geſchöpf ein wenig
erkältend eingewirkt. Nichtsdeſtoweniger empfand er ein herzliches
Mitleid mit ihr und ſagte:
Ich ſehe ſchon, die Demoiſelle hat nicht den Muth, die
Geſchichte dem anzuvertrauen, der allein hier helfen könnte und helfen
müßte; und da ſoll der Herr von Frohn zu ihm gehen und ein
vernünftiges Wort mit ihm reden. Nun ja, ich thu's ja gern
ihr zu Gefallen. Er wird die Sache dann ſchon in Ordnung
bringen und ſeinen Orden von der Polizei ſich wieder ausbitten.
Sagen Sie mir nur, wie ihr hübſcher Schatz heißt, und ich will's
ſchon ausrichten.”
Thereſerl machte wieder ihre lebhafte abwehrende
Handbe=
wegung.
„Ach Gott, das iſ's ja gerade, daß ichs nicht ſagen darf und
kann, und daß ich mir lieber die Zunge abbiß, als es ausbrächte,
und daß es auf der Polizei auch gar nicht auskommen darf.„
Frohn blickte nachdenklich und betroffen das junge Mädchen on.
838
E109.
„ Und das Alles,” ſagte er dann, „weil Ihr Ordensritter
eine ſo grauſam ſtrenge Mutter hat?
Sie nickte mit dem Kopfe.
„Von der er abhängig iſt ?=
„Es muß wohl ſo ſein!
=
„Iſt er denn noch gar ſo jung Lu
„Zweiundzwanzig Jahre und —— ſie endete nicht, als ob
ſie fürchte, ſchon zu viel geſagt zu haben.
Frohn ſah nachdenklich vor ſich hin.
„Wie iſt's denn gekommen? fragte er nach einer ſtummen
Pauſe, „daß der leichtſinnige Zweiundzwanzigjährige den Orden
bei der Demoiſelle Thereſe hinterlaſſen hat?=
„Ach, ein Scherz war's, ein leidiger. Als er zuletzt hier war
und verſprach, heute wieder zu kommen, da nahm ich ihm den
Orden ab, als Pfand, daß er hübſch Wort halte, und deßhalb
ließ er's geſchehen und lachte dazu !
„Eine üble Geſchichte iſt's ſchon, rief Frohn aufſtehend
aus, und nachdenklich ſchritt er einige Male in dem Zimmer auf
und ab. „Aber,1 fuhr er fort, „da die Demoiſelle mich einmal
zum halben Vertrauten gemacht hat, ſo ſoll ſie nicht umſonſt auf
mich gebaut haben. Ich will ſehen, was zu machen iſt. Nur
iſts heute keine Zeit. Ich muß fort, denn es geht auf Mittag
und um Zwölf muß ich auf Wache in der Burg. Morgen
Mittag werde ich abgelöſt und komme zur der Demoiſelle zurück,
um ihr zu ſagen, was ich mir ausgedacht habe.
„Ach, Sie gehen, Herr von Frohn, ohne mir einen
beſtimm=
ten Troſt zu geben ?„
Der Arcier zuckte die Achſeln.
„Der Dienſt geht Allem vor, auch dem Vergnügen, eine ſo
liebenswürdige Demoiſelle zu tröſten.”
„ Und gerade heutel” ſagte ſie, die Hände wie in Verzweiflung
zuſammenſchlagend.
(Fortſetzung folgt.)
Darmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt von W.
Kleine Stenen aus dem kleinen Leben vor 50 Jahren.
6. Die Vergnügungsorte.
Die Vergnügungsorte vor 50 Jahren waren ſehr beſcheidener
Art un; wurde nicht wie heute auch in weiterer Ferne aufgeſucht.
Der „Traiſaer Bäcker," bei dem ſchon damals Pfannkuchen und
Aepfelwein eine Berühmtheit erlangt hatten, aber im Uebrigen, mit
Auenahme des größer gewordenen Hauſes, Alles ſo ländlich - ſittlich
war, wie auch heute noch, — war in der Regel das weiteſte Ziel,
da ſammelten ſich an freien Tagen beſonders gern die Mitglieder
der Hoftapelle, und gar häufig fuhr der „alte Herru auf ſeinen
Spazierfahrten an dem Traiſaer Bäcker vorbei und die ganze
Ge=
ſellſchaft ſtellte ſich, ſobald man die Droſchke kommen hörte, am
Thore auf.
Außerhalb der Stadt war dann auch noch das„Lhauſſeehaus”
ein beliebter Beluſtigungsort, an dem ſich die Liebhaber des jetzt
ſehr rar gewordenen Gerichts, der gebratenen Spanferkel, beſonders
behaglich fühlten, aber auch Liebhaber andere Eſſensſpeiſen, die alle
vortrefflich zubereitet waren und in billigen aber großen Portionen
verabfolgt wurden. An einer damaligen Chauſſeehaus=Portion konnte
ſich ein mäßiger Menſch zweimal ſatt eſſen. In den 30er begann
der Beſuch des Chauſſeehauſes auch in vornehmen Kreiſen beliebt
ſo zu ſagen Mode zu werden, beſonders als Meiſter„Herzu ſeine
trefflich eingeübten Concerte la Strauss dort ins Leben rief.
Innerhalb der Stadt war der „Gervinus=Garten, von dem
jetzt der Garten des Schützenhofs einen letzten Reſt bildet, ein
ſehr beliebter Beluſtigungsort. Die ſeit etwa 10 Jahren
ver=
ſchwundene große Hainbuchenlaube war das Eldorado der
Kinder=
welt, und wenn Gervinus bekannt machte, daß es am Abend
Allumi=
nation und Feuerwerk gebe, was beſonders nur am Ludwigstage,
damals einen wahrhaften Heſſiſchen Feſttage der Fall war, dann
ſammelten ſich Tauſende von Gäſten dort an.
Weniger faſhionabel, aber ebenfalls ſehr beſucht waren „
Tha=
lers Garten: (ietzt Walz) in der Carlsſtraße, und „ Gütlichs
Gar=
ten1 in Kiesweg.
Auch die „Ludwigshöhe' fing an in Aufnahme zu kommen.
aber ihr Beſuch wurde erſt ein eigentlich beliebter, als der „
Fauſt=
eine Wirthſchaft errichtet, und eine Geſellſchaft ein Haus dort
ge=
baut hatte, welches Fauſt benutzen durfte.
Ein Bergnügungsort an einzelnen Tagen im Jahr war für
ſolche, die fahren konnten „der Einſiedel." Er hörte aber nicht,
wie heute, zu den Tag für Tag beſuchten Orten, ſondern erhielt
nur beſonders zahlreichen Beſuch, wie auch heute noch, wenn die
nach Waldüren ziehende oder von da zurückkehrende Proceſſion da
vorbei kam. Dann war halb Darmſtadt auf dem Einſiedel und
holte ſich für Wochen einen Unterhaltungsſtoff.
Mittheilungen ans Stadt und Land.
Darmſtadt, 30. Mai. Ein Trauerfall, welcher die Familie Sr.
Großh. Hoh. des Prinzen Ludwig betroffen, erregt die allgemeinſte
Theil=
nahme. Geſtern früh nach 8 Uhr ſtürzte das jüngſte Söhnchen, Prinz Friedrich
Wilhelm, geboren am 7. October 1870, aus dem Fenſter des 3. Stocks auf
den Balkon und wurde beſinnungslos aufgehoben. Aerztliche Hülfe war
gleich zur Hand, doch leider vergebens.
Die Verbindlichkeiten, welche die
Staatsſchuldentilgungs=
kaſſe in den nüchſten Jahren zur Abführung des Fünfzig=Gulden=Loos=
Anlehens zu erfüllen hat, ſind außerordentliche. Für die Finanzperiode
1873-75 ſnd nämlich nicht weniger als 5,079,000 fl., für das Jahr 1876
1.777500 fl. im Ganzen 6836,500 fl. zu zahlen. Dem Finanzausſchuß
der zweiten Kammer war es zweifelhaft, ob die Staatsſchuldentilgungskaſſe
in der Lage ſei, dieſe, ſowie die aus weiteren Anlehen erwachſenen
Verbind=
lichkeiten zu erfüllen, und er hat ſich daher von der Regierung eine
Be=
rechnung der muthmaßlichen Einnahmen und Ausgaben der fraglichen Caſſe
in den Jahren 1873 bis einſchließlich 1876 erbeten! Dieſe Berechnung hat
ergeben, daß bei Abſchluß des Rechnungsjahres 1876, nach pünktlicher
Er=
füllung aller der Caſſe obliegenden Verbindlichkeiten, ein muthmaßlicher
Actiobeſtand von 5741,271 fl. 25 kr. bleiben wird, ſo daß ſogar auf
Rück=
zahlung des in der fraglichen Summe mitenthaltenen, ſeiner Zeit der
Haupt=
ſtaatskaſſe unverzinslich gemachten Darlehens von 1,935,000 fl. (1,900 000 fl.
behufs theilweiſer Berichtigung der 1866 an Preußen zu zahlenden
Kriegs=
contribution, 35,006 fl. für Erbauung verſchiedener Staatsſtraßen) verzichtet
werden kann.
- In der hieſigen Kleinkinderſchule fand Mittwoch den
28. die Stiftungsfeier ſtatt, welcher eine Prüfung der Kinder voraftging.
deren Ergebniſſe in der zahlreichen Verſammlung volle Befriedigung mit den
Bemühungen und dem liebevollen Benehmen der Lehrerin, wie mit den
Lei=
ſtungen der Kinder, von welchen 81 anweſend waren, hervorrief. In einer
kurzen Rede gedachte der Präſident dankbar derer, welche die Anſtalt vor
40 Jahren gegründet und der edeln Frauen, welche derſelben ihre Fürſorge
widmeten, namentlich der Großherzogin Mathilde, welche bis zu ihrem
Hin=
ſcheiden eine unwandelbar treue und huldreiche Beſchützerin der Anſtalt
war. Mit Recht wurde hervorgehoben, wie die Anſtalt heute noch ebenſo
nothwendig und nützlich ſei wie zur Zeit ihrer Gründung; denn wenn auch
die Verhältniſſe vieler Familien ſich weſentlich verbeſſerten, ſo habe ſich die
Zaͤhl derer doch nicht vermindert, welche ihren Kindern keine ſo geſunden,
hellen, großen Räume, keine ſo ſorgfältige Ueberwachung, keine ſo
geſicher=
ten ſchönen Spielplätze gewähren können, als die Kleinkinderſchule. Die Feier
ſchloß mit Vertheilung von Büchern und Schreibtafeln an die zu den
öffentlichen Schulen abgehenden Kinder und mit einem Feſteſſen von Milch
und Bretzeln, welches von den Kleinen mit Jubel begrüßt wurde.
P — Mathildenplatz. Der Bau des Juſtizpalaſtes iſt ſchon ſeil
geraumer Zeit ſo weit fertig, daß eine weitere Mitbenutzung des ganzen
Platzes in dem Maße wie während des Baues ſelbſt nicht mehr noͤthig
erſcheint. Wäre es nicht an der Zeit denſelben noch vor dem Landesſeſte
am 17. Juni in einen etwas erträglichen Zuſtand zu bringen. Der ganze
Platz kann vollkommen angelegt werden, wenn der Weg vor der Fronte
zwiſchen Platz und Palaſt für die noch allenfalls nöthigen Fuhren im alten
Stand bleibt.
— Die von verſchiedenen Blaltern gebrachte Rotiz über angebliche
Mißhandlung eines Soldaten reducirt ſich darauf, daß der Ronde=Officier
einen Artilleriſten, in der Nähe der Wohnung des betreffenden Officiers,
wegen fehlenden Urlaubspaſſes verhaften wollte, der Artilleriſt ſich aber der
Verhaſtung durch die Flucht entzog, ſo daß nicht einmal eine Berührung,
geſchweige denn eine Mißhandlung ſtattgefunden hat.
Der Mainzer Pianoforte Fabrikant, welcher nach Mittheilungen
Wiener Blätter in die Niederöſterreichiſche Landes Irrenanſtalt verbracht
worden war, iſt entlaſſen und wohlbehalten wieder in ſeiner Vaterſtadt
eingetroffen.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerel.