Darmstädter Tagblatt 1872


13. Dezember 1872

[  ][ ]

Fray

Erſcheint
m Verbindung mit dem Ver=
ordnungsblatt
jür den Kreis,
Darmſtadt, welches Mittwochs
ausgegeben wird, läglich. außer
Eonntag und Montag.
Abonnemenispreis,
mel. des Verordnungsblattes
jährlich 2 fl. 24 kr.

N. 82.

Allergnädigſt privilegirtes

Darmſtädter


Wa6a6 "
Anzeige


135. Jahrgansz




T l
AkLiAit.
Gn

Stadt und Rreis Darmſladt.

Inſerate
werden angenommen in Darm
ſtadt von der Expedition, Rhem=
ſtraße
Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blößer, Friedrich=
ſtraße
Nr. 7. ſowie auswärtz
von allen ſoliden Annoncen=
Erpeditonen.

Freitag den 13. Dezember.

182.

Oelgemälde=Verſteigerung.
4
Montag den 16. d. M. Morgens 10½ Uhr

ſollen im
Cartensaale des Darmstädter Hoſes.
eine große Sammlung Oelgemälde öffentlich verſteigert werden, und iſt
darin jedes Genre vertreten; ſie enthält Salon= u. Kabinetſtücke der beſten
Meiſter der Büsseldorfer Schule. Die Gemälde befinden ſich alle in
eleganten Goldrahmen und ſind 2 Stunden vorher zur Anſicht ausgeſtellt.
Man bittet dieſe Bilder nicht mit Oelfarbendrucke zu verwechſeln.
83
4r.
Buch=
C. H. HUAzM, und Kunſthändler.

3362)

M=
HavammAuCigarren,

Ich verkaufe eine Parthie älterer ächter Havanna=Cigarren verſchiedener
Marken zu den herabgeſetzten Preiſen von fl. 45, 55. 60 und 75 per Mille und mache
hiermit auf die Gelegenheit aufmerkſam, ſich eine feine und dabei außerordentlich billige
ächte Cigarre anzuſchaffen.

Wilöialu Sebadls,

Eliſahethenſtraße 25.
ArzinirsiAiitanrariirirrrirretini Dhl.
REukscu-Extracte
von Liebig & Buschenthal,
in Original=Verpackung von ½ ½ ½ und 1½, Pfd., jowie
8
Condenſirte ulch
4 in einzelnen Büchſen und ganzen Kiſten von 48 Stück, empfiehlt

Priedries Sekaeſer

Ludw.=Plotz 7.

Glunhe De. -iönUluttziNugel.

Fuchſia=Blüthen und Flaggen,

Gold=Roſetten und Sterne, Schmetterlinge,
Glas=Früchte u. Perlen in reicher Auswahl.
8 verſchiedene Sorten Lichthalter, neueſte Muſter, von 12 kr. per
Mathildenplatz
Dzd. an, empfiehlt
C. C. Hkeber,
19.

9074) Feinſt geſtoßenen Melis per
Pfund 20 kr. empfiehlt
Georg Liad,
Beſſuugen, Ludwigſtraße 1.

9321) Zwei ſchmiedeiſerne Geſſel =
Stickereien werden verkauft bei
Franz Ihm, Schloſſermeiſter
Rheinſtraße 28.

Friedr. Schagter, 5
Ludw.=Platz 7.
empfiehlt
Tinten,

als:
Copir=Tinten.
Gallus=Tinte tief ſchwarz nicht ſchimmelnd
Rothe und blaue Tinte,
Stempelfarbe, roth, blau und ſchwarz.
9096) Ein gutes Klavier umzugshalber
billig zu verkaufen. Wo? ſagt die Exp. d. Bl.
Pa.englische Austern
täglich friſch eintreffend, verſendet
in jed m Quantum, per Hundert 11 fl.,
per Dutzend 1 fl. 24 kr. gegen Nachnahme
oder Einſendung des Betrags.
Franz fross,

Auſtern= und Delicateſſen=Handlung,
9347) Mainz.
9047) Feinſtes Blummehl per
gewogener Kumpf 1 fl. 28 kr.
Gelbſigemachtes rothes u. weißes
Anisgebackenes empfiehlt
an der
K. Juſtus, Stadtkapelle.
9366) Aechte Harzer Kanarienvögel
ſind zu verkaufen. Dieburgerſtraße 14.

9367) Eine faſt neue Nähmaſchine
iſt zu verkaufen. Landwehrweg 25.

2e
4½
1 2
AeihatriiNgen.
8658) Ein kleiner Laden ohne Woh=
nung
am 17. Februar 1873 zu vermiethen.
H. Noack, Ludwigsplatz Nr. 1
9291) Ein einzelnes ſchönes Zimmer
parterre. Kaufmann Schneider, Markt.

P52) Caſinofirate Nr. 1eit ein r
freundlich möblirtes Zimmer, Ausſicht B

P in die Bleichſtraße, zu vermiethen und 8
K am 1. Januar zu beziehen.
PRNTAAAAT TATTALAAARART
Ein neu möbl. Zimmer
iſt zu vermiethen für 1 auch 2 Herren,
Brandgaſſe 16 gegenüber der Realſchule.
312

[ ][  ][ ]

1166
9330) Rheinſtraße 3 ein ſchön möblirtes
H. Keil.
Zimmer mit 3 Betten.
RAAEAAIUAAAAAUIIrAs
1
E 9358) Soderſtraße Nr. 9 im Vorder
F haus die Manſarde zu vermiethen

æ Preis 130 fl.
4 Daſelbſt ein ſchönes Logis im Hinter=
E bau. Preis 120 fl.
Beide Logis ſind im Monat März
F beziehbar.
REELALALEEATTAATAAINN
9369) Ein hübſches Parterre=Logis,
beſtehend aus 4 Zim nern mit kleinem Ca=
binet
, Zeughausſtraße 3. gegenüber dem
Offieier=Caſiuo, kann möblirt oder un=
möblirt
alsbald bezogen werden.
9370) Pankcatiusſtraße Nr. 52 iſt ein
Logis an eine ſtille Familie zu vermiethen
und kann gleich bezogen werden.

Rs2.

Vermiſchte Nachrichten
; Stepperei mit einer Doppelſtepp=
ſtich=Maſchine, als Herren= und
Damen=Hemden, ſowie alle in dieſes Fach
einſchlagende Artikel werden in und außer
dem Hauſe ſchnell und pünktlich beſorgt bei
Holzhofſtraße 42
S. Jung, im Hinterbau.
9340) Eine angenehme Wohnung von
8 Piecen mit Küche ꝛc. in guter Lage wird
pro Januar geſucht. Offerten unter Preis=
Angabe beliebe man unter Nr. 52 an die
Exp. d. Bl. abzugeben.

9355)
Köchin geſucht.
Eine perfecte Herrſchafts=Köchin wird
gegen guten Lohn auf Weihnachten geſucht.
Nur Solche, welche ganz gute Zeugniſſe
haben, wollen ſich Neckarſtraße 13, 2. Etage
melden.

E4) Eine goldene,
on' Damen=Chlin=
82.
Vrrlort.
der=Uhr mit
goldener Umhängekette und
3 Medaillons iſt verloren ge=
gangen
und wird der Finde=
gebeten
, dieſelbe gegen eine ſehr
gute Belohnung im Gaſthaus zur Traube
bei Hrn. Stempel abgeben zu wollen. Vor
(9359
Ankauf wird gewarnt.
9372) In unſerem Geſchäfte iſt unter
günſtigen Bedingungen eine Lehrling=
ſtelle
zu beſetzen.
Gebrüder Sander
in Mannheim.

3 (Ein Hund, Art Spitzpommer, mit
5 Whängenden Ohren, langhaarig.
ſchwarz, mit weißer Bruſt, langer Ruthe,
in der Größe eines mittelſtarken Ratten=
fängers
, iſt abhanden gekommen. Dem
Bringer eine gute Belohnung. Promenade=
ſtraße
26, 3. Stock.
9374) Ein Mädchen in mittleren Jahren,
welches kochen und alle weiblichen Arbeiten,
verrichten kann, wird von einer bejahrten
Wittwe in Dienſt geſucht. Näheres Kirch=
ſtraße
Nr. 25.

9375)

Erklärung.
Den Verdächtigungen gegenüber, welche aus Antaß der Urwahlen in Darmſtadt
in den letzten Tagen gegen die unterzeichneten Wahl=Comite's ausgeſprengt worden ſind,
erklären wir:
1) daß die beiden Comite's bis zum heutigen Tag übereinſtimmend trotz einzler
Aeußerungen des Herrn Commerzienrath Fink an der Erwartung feſtgehalten ha=
ben
, er werde eine auf ihn fallende Wahl im Intereſſe der Sache annehmen;
2) daß demzufolge beide Conite's einſtimmig beſchloſſen hatten, in Eefüllung des
eingegangenen Compromiſſes an der gemeinſchaftlich genehmigten Candidatur
feſtzuhalten;
3) daß heute erſt, in Folge endgültiger Erlärunz des genannten Candidaten, die
beiden Wahl=Comite's beſchloſſen haben, den Wahlmännern denſelben nicht mehr
vorzuſchlagen, ſondern über die vorzunehmende Wahl im Sinne des abgeſchloſſenen
Compromiſſes eine Verſtändigung unter den Wahlmännern anzuſtreben.
Darmſtadt, den 11 Dezember 1872.
Das Wahl=Comite der conſervativ=
Das Wahl=Comite der deutſchen
liberalen Partei.
Fortſchritt partei in Heſſen.
Darmstadt.
[9341
Freitag, den 13. December 1872.
Im grossen Saale der Vereinigten ſiesellschaft:
Cavier-Concert von Dr. Hans V. Bülow,
Programm:
1) Nozart:
Dritte Fantasie Gmoll (seiner Frau gewidmet).
2) Beethoven:
Sonate Es-dur Op. 31 Nr. 3 (Allegro-Allegretto vivace
Tempo di Henuetto-Finale.
5) Mendelssohn: a. Präludium und Fuge Op. 35 Nr. 1,
b. Drei Lieder ohne Worte.
4) Schu m a n n:
Wiener Faschingschwank, fünk Tonbilder Op. 25.
5) Chopin:
2. Notturno, Op. 37 Nr. 2,
b. Ballade, G. moll, Op. 23,
c. Tarantella, Op. 43,
d. Valse brillante, Op. 42.
6) Liszt:
Venezia-Napolii Canzone e Tarantella.
Canceriſtüget von C. Bechstein in BerIin.
Ankang pünktlich 7 Uhr.
Programme u. Karton in der Buchhandlung v. Arnold Bergstraesser
(Rheinstrasse). Sperrsitz fl. 1. 30. Saal fl. 1. Gallerie 30 kr.
WSGGAElGGzgGON
GIGGGG
M1

S.
G
Coneert-Anneigo.

2
Das zweite Concert zum Beſten des Wittwen-
4
14
ud Waiſenſonds der Gryhoheihoyhliche, Holmuh=
findet
Montag den 16. Dezember im großen Saale der Vereinigten
1)
S) Geſellſchaft ſtatt.
Anfang½7 Uhr.
Eintrittskarten ſind in den Buchhandlungen der Herren Klingelhöffer,
1
M Schorkopf und Bergſträßer zu haben.

Darmſtadt, im Dezember 1872.
Der Vorſtand.
E5378.

S
An die H. V.

In der bilderreichen Sprache des
Orients heißen die Thiere die Stimm=
loſen
oder die Stummen der Erde.
Die Menſchen aber beſitzen Stimmen
und machen davon Gebrauch.
Ein 8timmvieh
aber doch ein ehrlicher Mann.
9378) Ein gut erhaltener Flügel aus
der Fabrik des Herrn Streicher aus Wien
iſt zu vermiethen.
Zu erfragen in der Exp. d. Bl.

Aoer Lhle Cohund.
9379) Wer mir über den derzeitigen
Aufenthalt und Exiſtenzverhältniſſe des Hrn.
Otto v. Herggofski, welcher bis zum Jahre
1867 als königl. Poſtaſſiſtent in Hildburg=
hauſen
fungirte und ſpäter bis 1871 in
Darmſtadt Dieburgerſtraße Nr. 6 wohnte,
genaue Auskunft ertheilt, empfängt bei Rich
tigkeit der Angabe Zwei Thaler Be=
lohnung
von Theodor Dueck
in Weida (Station Gera=Eichicht=Bahn).

8695) Promenade Nr. 13 par
terre iſt ein ſehr elegant möblirtes
Zimmer mit Cabinet ſofort zu vermiethen.

[ ][  ][ ]

K8I.

1189

A5 In Had danach

Zum Königtrank!

Größtes hygisniſch diätetiſches Labſal für Kranke, Geneſende und Geſunde!

(44666a) Greiz. 29. 6. 72. Der Königtrank
hat meiner Frau bei Athemnoth die vorzüglichſten
Dienſte geleiſtet und leiſtet ſie noch, ſo daß ſie denſelben
nicht entbehren kann. Der Arzt hat ihr den Weiterge=
brauch
zugerathen.
J. A. Reichel.
44672.) Borberg 29. 6. 72. - Ich kann nicht
unterlaſſen Ihnen mitzutheilen, daß meine Mutter nach
dem Gebrauch Ihres Königtrankes vollkommen von ihrem
Magenleiden und Waſſerſucht befreit iſt. Auch
hat mir der Königtrank bei der Migräne ſehr gute
Dienſte gethan.
W. Baerbock.
44771.) Erkelenz. 2. 7. 71. - Es freut uns Ihnen
mittheilen zu können, daß Ihr Königtrank von allen Ab=
nehmern
recht ſehr gelobt und gerühmt wird. So
war in voriger Woche ein Landmann hier, welcher uns
mittheilte, daß ſeine Schwägerin, welche dem Sterben nahe,
nach Gebrauch einer Flaſche auf der Beſſerung ge=
weſen
. Aehnliche Ausſagen gehen uns von allen Seiten
zu.-
Geſchw. Bahlmann.
(44784) Ebersdorf, I. 7. 72. - Ich werde Ihren
Königtrank Jedermann anpreiſen, da ich ganz von
deſſen Trefflichkeit überzeugt bin und nur wünſche,
daß derſelbe auch der Nachwelt unverfälſcht erhalten werde.

Von Fräulein D. bin ich beauftragt, Ihnen zu melden, daß
ihr die 3 Fl. ſehr gut bekommen ſind. (Beſtellung)
Frau F. W.....
(44858) Braunſchweig, 4. 7. 72. - Ich litt ſeit
längerer Zeit an Rheumatismus in den Hüften und
Beinen, auch oftmals an Bruſtbeklemmung, welche
Uebel aber ſeit dem Genuſſe des Königtrankes, Gott ſei
Dankl verſchwunden ſind.
G. Geiger.
(44891.) Werbig b. Seelow, 5. 7. 72. - Die
erſten vier Flaſchen Königtrank haben ſchon viel zu meiner
Beſſerung beigetragen und fühle ich mich weit kräftiger,
auch der Appetit hat ſich gefunden.
Fr. Weinberg.
144895) Bleſen, 5. 7. 72. Meine Freude iſt
groß, Ihnen mittheilen zu können, daß ich von meinen
Leiden, Schwerhörigkeit und Engbrüſtigkeit im=
mer
mehr befreit werde. Ganz beſonders günſtig haben
die heißen Dünſte des Königtranks auf mein Gehör
gewirkt.
G. Petrick, Lehrer.
(44899a) Großwardein, 5. 7. 72.
Ihr König=
trank
war von guter Wirkung. Nehmen Sie zugleich
meinen innigen Dank für die Heilung meiner Frau, welche
30 Jahre an Magenkrämpfen gelitten, entgegen. - ( Beſtel=
lung
.)
N. Samuel.

Erfinder und alleiniger Fabrikant des Königtranls:
e
Wirkl. Geſundhettsrath (LVgieist) Karl Jsacobi
in Verlin Friedrichsſtr. 208.
Die Flaſche Extract, zu dreimal ſo viel Waſſer, koſtet in Berlin einen halben Thaler, außerhalb inel. Fracht in
Deutſchland 16 oder 17 Sgr. (1 fl. rh.). in Darmſtadt bei G. L. Mriegk, in Groß=Gerau bei L. Guth-

eaune 1 fl.
(9380

Friedrich Schaster,
Ludw.=Platz. 7, ½½
empfiehlt:
StearinLichte, 4 kr.,5 kr. ü. 6 kr.;
Chaisen- U. Piano-Lichte, 6 kr.,
8 kr. und 10 kr.,½
in nur Iter Qualität.
9381

9382)

J. Schneferis.
Inſeraten=Burcau

Welſchnonnengaſſe 13, Mainz,
übernimmt die direkte Beſorgung von An=
noncen
in alle Zeitungen des In== und
Auslandes unter Berechnung der wirklichen
Original=Zeilenpreiſe ohne Aurechnung von

Porto, Proviſion, Speſen ꝛc.
Koſtenvoranſchläge und Belege gratis.


Grioßherzogliches Hofheater.
Freitag 13. Dec. 9. Vorſt. im 4. Abonn.:
Zum Erſtenmal: Deutſches Strafrecht. Luſtſpiel
in 2 Akten von O. Girnot. Hierauf neu einſtudirt:
8 Lorle, oder Ein=Berliner im Schwarzwald.
Schwank in 1 Att von Wages.
Sonntag 15. Dec. 10. Vorſt. im 4. Abonn.
Titns. Oper in 4 Akten mit Recitativen; Muſik.
vou Mozart.Mit neuem Feſtſpicl=Ballet von
Siems. Anfang halb 7 Uhr. Sonntagspreiſe.

Zarmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt von W.

Nr. 99. Darmſtadt vor 200 Jahren.
(Fortſetzung.)
Nachdem von Gottes Gnaden Uns Eliſabethen Dorothen
Landgraͤfin zu Heſſen verſchiedentlich vorkommen, was maßen in
Unſeren Städten nicht allein der Hoffahrt und Uebermuth in
Kleidungen insgemein, ſondern auch ein übermäßiger ſündlicher
Prachtunordnung und großer Mißbrauch in specie bey denen
Leichbegengniſſen unter dem Weibs=Volk dermaßen einreiße und
überhand nehme, daß allhier bevor ſchon geſchehenen, vielfältigen
wohlmeinenden Erinnerungen, Gebotten und Verbotten ungeachtet
faſt kein Stand mehr vor dem andern zu unterſcheiden, darbey
es dann einer Weibsperſon der andern, wo nicht gar zuvor, den=
noch
gleich thun und der ander an Gepräng nichts nachgeben
und immer eine auf die andere ſich beziehen will, worüber je zu=
weilen
von derſelben Ehemännern und Eltern allerhand Lamen=


tirens erfolgefü und dannenhero zu beſorgen, da dieſen ungebür=
lichen
Dingen=nicht mit einem ſonderbaren Ernſt begegnet würde,
daß über. die allbereit vor Augen 'ſchwebende Türcken=Gefahr auch
andere ſorgſame Kriegs= u. Sterbensläuffe die Unterthanen noch
in äußerſte Armuth allerdings durch eigenen Muthwillen noth=
wendig
gerathen, und endlich noch größers Landverderben und
Ruin aus Gottes gerechtem, durch dergleichen Ueppigkeit u. übel=
ſtändige
Unordnungen weiter verurſachten Zorn und Strafe er=
ſolgen
möchte, und Uns dann von hohem landesfürſtlichen vor=
mundſchaftlich
Ampts wegen ſonderbahr anlieget, daß neben an=
deren
Laſtern nicht weniger ſo thanen bey unſern Stätten in
Schwang gehenden leidigen Kleider=Hoffarth und Gepräng, wo=
durch
jedoch keine Perſon im geringſten weder größer noch kleiner
wird, ſondern dem publico und privato durch dergleichen vor=
geblichen
Koſten nur eitler Schad geſchiehet, mit Beſtand und
Nachdruck geſteuert und der unnöthige Ueberfluß und Pracht ab=
geſchafft
werden, ſo verordnen Wir demnach, wollen und befehlen
hiermit und in Krafft dieſes edicts gnädigſt und angelegentlich,

[ ][  ]

1128

1190

R81.

daß ein jedes in unſern Stätten ſowohl als auf dem Land ſich
ſelbſten wie billig beſcheiden und ſeines Herkommens, Standts
und Vermögens erinnern und dar mit ſie ſeinen Eltern und
Standts Vorfahren nicht ungleich in modeſten ehrbaren und un=
tadelhaften
und zumahlen nicht in koſtbahren ſeidenen u. taffeten
Kleidungen, vielweniger in den neuen manteaux, Jacken, Haar=
aufſätzen
und Krollen, koſtbaren Spitzen, vielem Band, gefärbten
hohen Schuhen und dergleichen Unnothwendigkeiten daher gehen
oder einige neue Mode und frembde ausländiſche Manier nach=
machen
, ſondern der entblöſten Hälſe, wie auch aller in nicht be=
ſondern
Dienſten ſtehenden Officialen ingleichen der geſambten
Burger und andere Weiber, Kinder, Mägde u. Dienſtbotten der
affeten ſchwarzen weißen und anderer Farben flohrenen Kappen,
Hals= und Schurztüchern, ſodann der Krauſel, auch der Röcke,
die hoch mit Schnur oder Spitzen beſetzet u. Schuhen von weiß=
gelalichem
Leder ſich gäntzlich enthalten, die ledigen Weibsperſonen
hingegen im Haar und nicht zuſtattlichem Aufgebäude zu Unter=
ſchied
des jungfräulichen Standes von den Chweibern wie auch
zu Fall gerathenen Perſonen und in summa ein jedes ſich alſo
bezeigen ſoll, wie es vor Gott und der Welt wohlſtändig und
denen Voreltern ſelbſt gut genug geweſen iſt. Inſonderheit aber
iſt Unſer ernſilicher Befehl, daß bei Leichbegängniſſen und in fol=
gendem
Trauerjahr die ſchwarze Flortrauer gänzlich unterbleiben
und es bey der leinwandenen weißen von 100 und mehr Jahren
gewönlicher Trauer gelaſſen und dergeſtalt der Unterſchied zwi=
ſchen
den Verſonen auch deßfalls billig obſerviret werden ſoll,
mit dem ausdrücklichen Anhange, daß ein jedes ſo hierwider han=
delt
, nicht allein der öffentlichen Abnehmung des ohnnöthigen
Vrahls ſodann der ſchwarzen Trauerſtücken, flohreren Mäntel u.
Kkappen durch die aus der Burgerſchaft darzu expresse beſtellte
und in Händ Treu genommene Perſonen auf der Straßen oder
von der Kirche abgenommen werden gewärtig ſey, ſondern auch
jedesmal ſo oft es mit einer Tracht, die ſeinem Stand zuwider
iſt, betroffen würde, mit 10 fl. oder Gefängnißſtrafe verfallen
ſein ſolle.
Der Luxus gab ſich aber auch, wie ſchon angedeutet worden
iſt, bei Hochzeiten und Kindtaufen, ſowie bei Beerdigungen kund.
In Beziehung auf letzteren bittet der Stadtrath in einer Be=
ſchwerdeſchrift
, daß dem Unfug geſteuert werden möge, der damit
getrieben werde, daß; man, bei Beerdigungen junger Leute die
Särge mit aus Hauſeblaſe gemachten Blumen übermäßig ſchmücken.
Er bittet anzuordnen, daß man ſtatt ſolch erdichteten Blumen=
werks
und ſtolzer todter Zierde Rosmarinzweige und natürliche
Blumen verwende. In Beziehung auf den Beerdigungs=Luxus
klagt der Stadtrath weiter: Bei Begrabung der Tobten ſind
in Vorjahren die Bürger insgemein mit Läutung einer Glocke,
(welche auch dahero den Namen Todtenglocke hat) wohl zu=
rieden
geweſen, es iſt aber nun ſo hoch geſtiegen, daß faſt män=
niglich
, auch die infmr mit 3 Glocken geläutet haben wollen,
wodurch nicht nur die Leute bei ohnerſparten Koſten erarmen,
ſondern auch der Kirchenthurm und oberſte Gebäu hart erſchüttert
worden. So wird deſiderirt, ſolcher Uebermaß und Mißbrauch
mit ernſtem Verbot und guter Ordnung zu ſteuern.
Das Beſtreben, geliebten Todten ſtets die höchſte Uhre an=
zuthun
, ließ ſich nur ſchwer zurückhalten, ſo daß ſpäter Landgraf
Ludwig VIII. genöthigt war, eine beſondere einſchränkende Traner=
ordnung
; zu erlaſſen, welche im Jahre 176h von Ludwig IX.
in der Weiſe verſchärft wurde, daß alle und jede ohnehin an
eine bloße Ceremonie und leere Einbildung hinauslaufende An=
ſchaff
= u. Anlegung einiger Trauer, ſie beſtehe worin ſie woller,
gänzlich abgeſchafft wurde.
Auf das Leben in der Stadt übte auch eine andere Ord=
nung
einen Einfluß aus. Dieß war die im Jahre 1668 er=
ſchienene
Sonntags= u. Feiertagsordnung. Dieſelbe be=
ſtimmte
, daß an Sonn= und Feiertagen die Thore der Stadt,
Morgens in aller Frühe bei Tages=Anbruch geſchloſſen und Nie=
manden
geſtattet werde, aus der Stadt zu gehen, zu reiten und
zu fahren, es ſei dann, daß er einen obrigkeitlichen Erlaubniß=

ſchein vorzeigte. Dieſer Erlaubnißſchein wurde aber nur dann
ertheilt, wenn nachgewieſen werden konnte, daß jemand nur die
Stadt verlaſſen wollte, um zur Gevatterſchaft, Begräbniſſen
oder andern dergleichen zum Gottesdienſt gehörigen, oder ſonſt
das Chriſtenthum betreffenden Verrichtungen aufs Land zu reiſen.
Damit aber die Bewohner Darmſtadts wegen des Weidgangs
ihres Viehs nicht in Verlegenheit kamen, war weiter beſtimmt,
daß das Vieh Morgens in aller Frühe zum Jägerthor hinaus
und Abends nach beendigter Nachmittagepredigt wieder eingelaſſen
werde. Der Stadtwachtmeiſter war dann bei Androhung von
1 Thaler Strafe gehalten darauf zu achten, daß mit dem Vieh
kein anderer Menſch, als der Hirte hinausging.
Eine weitere Ausſührung erfuhr dieſe Sonntagsord=
nung
im Jahre 1680. Darin war beſtimmt, daß außer dem
herrſchaftlichen und Stadt=, Rind= und Schaf=Vieh ein Super=
intendent
oder wer deſſen vices vertrat, dann ein medicus, ſo=
wie
alle Fremde, die hier übernachtet hatten, mit hinaus reiſen
dürfe.
Zur Characteriſirung des Lebens in der Stadt gewährt auch
die Taçordnung ganz intereſſante Beiträge. Dieſelbe war
ſchon im Jahre 1623 als Neue Taçordnung; erlaſſen worden
und erfuhr verſchiedene Reviſionen. Die letzte Reviſion, welche
uns zu G'ſicht gekommen iſt, iſt die vom Jahre 1653 und aus
dieſer wollen wir Einiges mittheilen.

Gortſ. folgt.)

Mittheilungen aus Stadt und Land.

Darmſtadt, 13. Dec. Das Großh. Regierungsblatt Nr. 55 vom
12. ds. enthalt: 1) Edict, die Eröffnung des Landtages am 19. December.
2) B kanntmachung, Erhöhung der Zahl der Mitglieder der Wormſer
Handelskammer von 7 auf 9. 3) Bekanntmachung, die von den ſtimm=
berechtigten
adelichen Grundbeſitzern vorzunthmende Wahl von 2 Mitgliedern
der 1. Kammer betr. - 4) Ernennung des Herrn Geheimerath Fiſcher
zum Landesherrlichen Commiſſär für die erſte Kammer und der Herren
Miniſterialräthe Reuling und Knorr zu Mitgliedern der Landesherrlichen
ſEinweiſungs=Commſſion für die zweite Kammer.
h. Den 12 Dec. Unter Vorſitz des Herrn Geheimeraths Goldmann
fand geſtern im kl. Shale des Darmſtädter Hofes eine von Angehörigen
aller Stände zahlreich beſuchte Verjammlung zu dem Zwecke Statt, die ein=
leitenden
Schritte für den Beginn der Sammlungen zu berathen, welche für
die Errichtung des Denkmals zu Ehten der Gefallenen der
Großh. Heſſiſchen (25. VDiviſion beſtimmt ſind=: Das Reſultat der
Berathungen war die Niederſetzung eines Local=Comites von 16 Perſonen
mit dem Auftrage die Sammlungen am Plutze zu beginnen und ſich mit
den Orten des Kreiſes zzu gleichem Zwecke in Berührung zu ſetzen. Eine
ſofort bei den Anweſenden in Circulation geſetzte Liſte ward mit Zeich=
nungen
bedeckt und ergab den reichen Ertrag von ca. 1000 fl.
Nachdem Commercienrath Finck die Annahme der Wahl definitiv
und entſchieden abgelehnt hat, wird Oberſteuerrath Welcker als Wahl=
candidat
der conſervativ=liberalen Parthei genannt und glaubt man mit
Grund annehmen zu dürfen, daß er eine auf ihn fallende Wahl nicht ab=
lehnen
würde.
Es hat ſich hier ein Comite von jüngen Damen verſchiedener Con=
feſſion
gebildet, um zum Beſten der barmherzigen Schweſtern und im Intereſſe
der von dieſen ausgeübten Krankenpflege einel Verlooſung zu veranſtalten.

Wie aus Mannheim berichtet wird, iſt die Direction unſeres Hof=
theaters
dem Hrn Dr. Julius Werther, dem gegenwärtigen Leiter,
des Mannheimer Stadtheaters angetragen und ſoll von demſelben ange=
nommen
ſein.
Schuldenfreie Gemeinden exiſtirten Ende 1871 im Großherzogthum
98, wovon auf die Kreiſe Darmſtadt und Bilbel keine kommen.
Mainz. Am Montag Abend mißhandelte ein Mann ſein Weib, weil
daſſelbe vergeſſen hatte, die Steuern zu zahlen und er in Folge davon
nicht wählen durfte. Auf den Hülferuf des Weibes kamen zwei Männer
herbei; der Raſende ergriff ein Meſſer und verletzte damit einen ſeinen
Gegner ſo bedeutend am Kopfe daß derſelbe nach Hauſe gebracht werden
mußte. M. J.)
⬜Offenbach, 11. December. Die liberale Partei ſiegte nach heißem
und theilweiſe erbittertem Kampfe über die demokratiſche Partei mit 1312
gegen 751 Stimmen.
Offenbach hat 3605 Urwähler, wovon 792 wegen Steuerrückſtand nicht
abſtimmen konnten; von den reſtirenden 2813 ſtimmten 2063 ab.
Die Wahl des Realſchuldirector Greim zum Abgeordneten der Stadt
Offenbach iſt ſomit geſichert.

Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofouchdruckerei.