Darmstädter Tagblatt 1872


29. November 1872

[  ][ ]

Erſcheint
in Verbindung mit dem Ver=
ordnungsblatt
für den Kreis
Darmſtadt, welches Mittwochs
usgegeben wird, täglich. außer
Zonntag und Montag.
Abonnementspreis
hmel. des Berodnungslants
jährlich 2 fl. 24 kr.

Allergnädigſt privilegirtes
Darmſtädter

135. Jahrgang.

Inſerate
werden angenommen: in Darm
ſtadt von der Expedition, Rhein=
ſtraße
Nr. 23., in Beſſungen
von Friedrich Blößer, Friedrich=
ſtraße
Nr. 7. ſowie auswärtz
von allen ſoliden Annoncen=
Expeditionen.

ür
Stadt und Rreis Darmſtadt.

74.

Freitag den 29. November.

8900) WWolfskehlen) Montag den
2. December, Morgens 9 Uhr, läßt Oel=
müller
Joh. Schäfer III. Wittwe fol=
gende
Gegenſtände bei annehmbarem Gebote
gegen baare Zahlung meiſtbietend verſteigern,
als: ein 6jähriges ſchönes fehlerfreies
Wallachpferd, 2 noch 11 Monate tragende
gute Milchkühe, ein 2jähriges fettes ſchweres
Rind, ein 1jähr. Farren, Rothſcheck, Berner
Abkunft, 2 Pferdegeſchirre, 3 Wagen, Lei=
tern
ꝛc. 3 Pflüge, 2 Eggen, 1 Härel=
Maſchine, 1 Wind= und 1 Dickwurzmühle,
Bütten, Futtertröge, Bettſtellen, Stühle ꝛc.,
ſowie eine Kaute Dung, Abräthſel ꝛc
Joh. Schäfer Il. Wtwe.

Feilgebotenes.

Champagner
von Veuve Cliquot in Reims,
Most u. Chandon in Epernay,
Theophile Roederer in Reims,
Chanoine Préres in Epernay,
Hochheimer Actiengesellschaft,
C. Lauteren in Mainz
und anderen guten Firmen halte ſtets Vor=
rath
zu billigen Preiſen.
Eine Sorte zu 1 fl. 30 kr. die Flaſche
ſehr empfehlenswerth.
Vr. Eichberg.
Großh. Hof=Lieferant, Rheinſtraße.
8879) Weinheim alB.
Kunstmehl. Schuingmehl
Brodeehk ꝛc. ſtets in beſonders guter
Qualität zu haben bei
G. A. Jäger.
Friſche Schellfiſche
per Pfund 12 kr. bei

8901) Karlſtraße 7. am Gymnaſium.

8067) Der mittlere Stock in dem neu
erbauten Hauſe des neuen nordöſtlichen
Stadttheils, zunächſt der Pankratiusſtraße,
beſtehend aus 3 Zimmern mit 1 Balkon,
Küche, abgeſchloſſenem Vorplatz, Boden,
Keller, Mitgebrauch der Waſchküche, der
Einquartierungsſtube, des Bleichplatzes und
Gartens ꝛc. iſt zu 160 fl. zu vermiethen
und alsbald zu beziehen.
Näheres bei Maurermeiſter Müller
am Arreſthaus.
8658) Ein kleiner Laden ohne Woh=
nung
am 17. Februar 1873 zu vermiethen.
H. Noack, Ludwigsplatz Nr. 1
8714) Mühlſtraße Nr. 8 fünf Wohnungen
zu vermiethen, gleich zu beziehen. Zu er=
Schreiner Fey.
fragen Nr. 7.
8864) Ein möblirtes Zimmer zu ver=
miethen
, Louiſenſtraße 2 eine Treppe hoch
8866) Ein großes möblirtes Zimmer
mit Ausſicht nach der Straße iſt alsbald zu
vermiethen. Eliſabethenſtraße 1 parterre.
8889) Ein kleines Zimmer mit Küche
ſogleich zu beziehen. Hochſtraße 32.

9N.
Germifchte achrichten.
8502) Ein Mädchen, welches ſelbſtändig
kochen kann und etwas von Hausarbeit ver=
ſteht
und mit gutem Zeugniß verſehen iſt,
wird ſogleich gegen guten Lohn ge=
ſucht
. Stadt=Allee Nr. 1.

Geſchäfts=Empfehlung.
8902) Sonntag den 1. Decbr. werde
ich die ſeither von Hrn. A. Götz geführte
Reſtauration übernehmen und halte mich
mit guten (peiſen und Getränken,
ſowie reeller Bedienung einem verehrten
Publikum beſtens empfehlen.
C. P. Hicolai,
Soderſtraße 50.

8849) Ein elegant möblirtes Zimmer
mit Schlafcabinet oder Alkoven, Parterre
oder im erſten Stock, wird bis 1. Januar
1873 zu miethen geſucht. Gefällige Offerten
mit Preisangabe bittet man unter A.
Nr. 100 in der Expedition dieſes Blattes
abzugeben.

L. (Ein gebrauchtes, aber gut erhaltenes
3 C. Rollwägelchen wird zu kaufen
geſucht. Zu erfragen bei der Expedition.

8695) Promenade Nr. 13 par=
terre
iſt ein ſehr elegant möblirtes
Zimmer mit Cabinet ſofort zu vermiethen.

0 ſin Mädchenz von geſetztem Alter,

8 E, welches im Kochen und jeder Haus=
arbeit
erfahren iſt, kann durch gute Zeug=
niſſe
empfohlen, zu einer einzelnen Dame
auf Weihnachten in Dienſt eintreten. Näheres
Rheinſtraße 23, Seitenbau.
8903) Eine geſetzte erjahrene Köchin
ſucht baldigſt Stelle. Gr. Kaplaneigaſſe 2.
283

Ludwigſtraße
Nr. 6.

Ludwigſtraße
AusvOrhaauf
Nr. 6.
3874)
einer großen Parthie
Börſen, Porle=Monnaies, Cigarren=Eluis, Receſſaires, Zchreibmappen,
Hamen- & Brieftaſchen u. ſ. w. bis zu den feinſten Sorten, wie bekannt be=
deutend
unter den Fabrikpreiſen, en gros & en détail.
Leop. Blark as Offenbach,
Ludwigſtraße Nr. 6.

[ ][  ][ ]

110

1078

MrL.

ein Gut, ein Haus, Hofel ꝛc. kau=
Wor
fen oder verkaufen, pachten oder
verpachten will,
einen Poſten zu beſetzen hat oder
Wor
einen ſolchen ſucht,
irgend etwas in eine beliebige
Wor Anzahl von Zeitungen einzu=
rücken
beabſichtigt, wende ſich an
die Annoncen=Expedition von
Rudolk Mosse,
officiellen Agenten ſämmtlicher Zeitungen
des In= und Auslandes,
Erankſurt a. M.

Straßburg. Aunchen, Rürnberg. Ber=
ſin
, Wien, Prag. Hamburg. Zürich.
wird Jedermann Rath er=
Vaselbst theilt, welche Zeitungen für
jeden einzelnen Fall ſich als
erfolgreich erwieſen haben;
werden alle Annoncen ſorg=
Daselbst
fältig abgefaßt und für
einen augenfälligen Druck
hergerichtet;
koſten die Inſerate nur das=
Daselbst
elbe, wie in den Zeitungs=
Expeditionen, da dieſes In=
ſtitut
als
Central=Steſſe
aller exiſtirenden Zeitungen beſondere
Vortheile von denſelben genießt. Das
Renommée der Firma bürgt für ſolide
Bedienung.
Diecretion
wird auf das ſtrengſte beobachtet, die
einlaufenden Offertbriefe werden uner=
öffnet
an die betreffenden Reflectanten,
ohne deren Namen preiszugeben, pünkt=
lichſt
und ohne Proviſionsberechnung
(2261
übermittelt.
General=Agentur für Darmſtadt:
Hofbuchhandlung von Auguſt Klingel=
höffer
(vorm. G. Jonghaus'ſche
Hofbuchhandlung).

8868)

-Atelomanen-YeretN.

verbunden

Thrater,

8899)
Metzelſuppe.
Samſtag den 30. d. Mts., wozu
höflichſt einladet
Erbacherſtr.
Gaſtwirth Seipel,
8896) Spenglergeſellen
ſowie einen tüchtigen Lehrjungen ſucht
Gerhard Reitmayer,
Auguſtinerſtraße Nr. 33 in Mainz.
8897)
Geſucht
eine Wohnung von 6-7 Zimmern in dem
zunächſt an Darmſtadt grenzenden Theil von
Beſſungen (Heinrich=, Wilhelm= oder Mar=
tinſtraße
) bis zum Frühjahr zu beziehen.
Auskunft in Nr. 14 der Waldſtraße.
8904) Küfer, ein tüchtiger, in ſteller=
Arbeit und Faßflicker geübt, findet dau=
ernde
Beſchäftigung. =Wo? ſagt die Erp.

Große Abend=Auterhaltung. mit
unter gefalliger Mitwirkung
der Concert=Sängerin Frln. Friederike Alton und der Herren Hofmuſikus A. Kugler
und E. Reitz.
Zum Beſten des Bühnen=Genoſſenſchaſts=Peüſionsfonds
Samſtag den 30. November 1872
im großen Saale des Herrn Ritſert zum Schützenhof: Abends präcis 8 Uhr.
Nach beendigtem Concert und kurzer Pauſe auf vielſetiges Verlangen zum Erſtenmale
wiederholt:
ves Burschen Heimkehr, oder Der tolle Hund.
Lokalpoſſe in Darmſtädter Mundart von Elias Streff.
Ausgeführt von Mitgliedern des Vereins und deren Angehörigen.
Für Nichtmitglieder werden Karten 48 kr., ſo lange Vorrath reicht, von Mitt=
woch
den 27. November bei Herrn Drehermeiſter Pfeil, Eliſabethenſtraße, verkauft.
Abends an der Kaſſe 1 fl.
Der Vorſtand.
Eiſenbahn=Frachtbriefe
der=Main=Neckar= und Heſſiſchen Ludwigsbahn in ordin. und Eil=Taxe, zu
haben bei der
L. C. Wittich'ſchen Hofbuchdruckerei.
Ausſtellung der berühmten Gemälde H. Makarts:
Abundantia, Schütze der Erde u. des Himmels=
von
dem 28. November bis 5. December 1872
in dem Feſtſaal des Gymnaſiums zu Darmſtadt,
geöffnet von Vormittags 11 bis Nachmittags 3 Uhr.
Eintrittspreis 24 kr.
8892)
8893)
Saal zur Traube.
Samſtag den 30. November Abends halb 7 Uhr
H. Haynnarumusſhi-Soirde
von Martin Wallenſtein, Großherzoglicher Kammervirtuos und gugs Heermann,
Concertmeiſter, unter Mitwirkung der Fräulein Friederike Anton.
Wwdur Sonaié, Raff. Liedervortrag. Zwei Sätze aus der Duſſek'ſchen
B dur Sonate. Liedervortrag, Kreuzer. Somate, Beethoven.
Eintrittskarten in den Buchhandlungen der Herren Klingelhöffer und Schor=
kopf
und Abends an der Kaſſe.
2898)
H ä u
C r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
M.
Neuſtadt, Alexanderſtr. 8.

8905) Ein Mädchen, das im Kleider=
machen
und Weißzeugnähen ſehr geübt iſt,
wünſcht Beſchäftigung in und außer dem
Hauſe. Zu erfragen Gardiſtenſtraße Nr. 1
im Seitenbau.
8906) Ein Mädchen, das im Kleidermachen
u. Ausbeſſern geübt, übernimmt in u. außer
dem Hauſe Beſchäftigung. Geiſtberg 8.
8907)
Verlaufen
ein kleiner, kurzhaariger, dunkelgelber, am
Kopf etwas weißer Pinſcher, auf den
Namen Schnauzu hörend. Abzugeben/
Eliſabethenſtraße 59 gegen gute Belohnung.
Vor Ankauf wird gewarnt.

8908) Auf Weihnachten wird ein Mäd=
chen
geſucht, welches kochen kann und die
Hausarbeit verſieht. Lohn 70 fl.
Caſinoſtraße 8 zwei Stiegen hoch.
In dem Großherzoglichen Holzmagazin
per Raummeter.
wird abgegeben:
buchen Scheidholz I. Claſſe 6 fl. 40 kr.
4 fl. 40 kr.
liefern
Der an den Ueberbringer für einen Raum=
meter
zu zahlende Fuhrlohn beträgt für
Darmſtadt und Beſſungen 18 kr.
Beſtelltage: Dienſtag, Freitag und
Samſtag, Vormittags von 8 bis 11 Uhr.
Großherzogliches Reusamt Darmſtadt.
Hauſer.

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1079

Cageskalender.

Großherzögliches Hoftheater.
Freitag 29. Nov. 2. Vorſt. im 4. Abonn.:
Die Widerſpänſtige. Luſtſpiel in 4 Akten nach
Shakesveare von Deinhardſtein. Hierauf: Eine
Taſſe Thee. Luſtipiel in 1 Akt von D. Franz.
In beiden Stücken Frau Niemann=Seebach
ſauf vielſeitiges Verlangen) als Gaſt.
Sonntag l. Debr. 3. Vorſt. im 4. Abonn.
Lohengrin. Große Oper in 3 Atten von Richard
Wagner. Anfang 6 Uhr. Sonntagspreiſe.
Großh. Muſeum und Bildergalerie im Schloß,
geöffnet Sonntag von 10-1 Uhr, Dienſtag. Mitt=
woch
, Donnerſtag und Freitag von 11-1 Uhr.

AI4.
Großh. Hofbibliother im Schloß, geöffnet täg=
lich
von 9-12 Uhr Vormittags und laußer Samſtag)
von 2- 4 Uhr Nachmittags.
Sparkaſſe. Zahltage Montag, Dienſtag. Donner=
ſtag
. Freitag von 9-12 Uhr Vormittags. Jeden
Dienſtag von 2-4Uhr Nachmittags werden die Spar=
kaſſebüchelchen
gegen die Interimsſcheine ausgegeben.
Darmſtädter Volksbank, eingetragene Ge=
noſſenſchaft
, verbunden, mit Spar=Kaſſe.
Geſchäſtsſtunden täglich Morgens von 9-12 Uhr,
Nachmittags von 3-6 Uhr. Kaſſeſchluß um 5 Uhr
Nachmittags. Sparkaſſe=Büchelchen werden ſogleich
bei der Elnlage ausgefertigt.
Im Feſtſaale des Gymnaſiums Ausſtellung der
beiden Bilder von Hans Makart ,Abundantia
Vormittags von 11-3 Uhr Nachmittags.

Abgehende Bahn=Züge.
Schnell, gder Lourier=Zige)

Nach
Frank=
furt
Nack
Heidel
berg Nach
Mainz Nach
Aſchaf
enburg Nach
Worms Nach
Erbach 5.3l 655 4h. 30 16.20 6.40 6.30 6.45 9.10 750 750 9.15 9.30 9.40 9.25 11.- 1115 11.20 11. 7 1.40 12.- r1.50 11.47 12. 5 3.10 1.55 2.22 2.50 2.40 3.10 445 Z.- 5.4. 5.30 5.35 5.30 7.10 8.- 7.10
8. 5 8.- 9.10
19.50 110.- 9.50 110.-

Darmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt von W.

Nr. 99. Darmſtadt vor 200 Jahren.
Fortſetzung.)
Auf der letzteren Seite hatte ſie vier weitauseinanderſtehende
Fenſter, auf der erſteren deren fünf ähnliche. Vor 200 J. war ſie des
Landgrafen Johannes Haus. Das Haus war 1603 von Lud=
wig
V in Gemeinſchaft mit ſeinen Brüdern dem Landſchreiber
Weitzel abgekauft worden und wurde eine Zeitlang von dem 1651
zu Ems geſtorbenen Landgrafen Johann bewohnt, weßhalb es
Landgraf Johanns Hausu in den Acten der damaligen Zeit ge=
nannt
wird. Nach dem Schloßbrande im Jahre 1715 hatte
Ernſt Ludwig eine Zeit lang darin gewohnt und das Haus hieß
darum dann das alte Herrenhauss, bis es in den Beſitz des
Hofapothekers Ehrhardt im Jahre 1769 gelangte.
Um das Bild von dem Markte vor 200 Jahren noch mehr
für die Phantaſie unſerer Leſer zu vervollſtändigen, müſſen wir
auch auf das damalige Markttreiben hinweiſen, welches wir aus
der alten Marktordnung; kennen lernen. Dieſelbe beſtimmte
2 Wochenmärkte, Dienſtags und Samſtags, auf welche die Ober=
ämter
Darmſtadt, Lichtenberg und Dornberg, aber auch einzelne
Ortſchaften aus den Aemtern Rüſſelsheim, Seeheim, Zwingen=
berg
u. a. dergeſtalt gebannt waren, daß die dahin gehörigen
Unterthanen alles was ihnen an Federvieh, Käſe, Butter, Eier,
Milch, Kraut, Rüben ꝛc. entbehrlich war, hierher zu feilem Kauf
bringen mußten. Ausgenommen waren hierbei diejenigen Landes=
producten
, welche wie z. B. die Zwiebel in Griesheim, die
Kohl= und Kappespflanzen und das ſ. 9. Weißkraut zu Büttel=
born
, Wallerſtätten ꝛc. in ſo großer Menge gezogen wurden, daß
ſie nicht hier alle zu verconſumiren waren. Dieſe durften auch
anderswo verkauft werden.
Ein fürſtlicher Einzug.
Die Vermählung des Landgrafen mit der Prinzeſſin Eliſa=
beth
Dorothee von Sachſen war am 5. Dec. 1666 in Frieden=
ſtein
vollzogen worden. Die Heimführung erfolgte am 23. Jan.
1667 und die ganze Reiſe aus Thüringen nach Darmſtadt bil=
dete
eine Reihe von Ehrenbezeigungen, die an den verſchiedenen
Orten dem fürſtlichen Paare zu Theil wurden. Sehr ſolenn
war ſein Empfang in Eiſenach, wie auch in Hersfeld. Die Reiſe
ging über Romrod und Merlau, wo Landgraf Georg der Mitt=
lere
im Namen der Landgräfin Wittwe die Honneurs machte,
und wo Abends im großen Saal bei allerlei, ſowohl Vocal=
als
Inſtrumental=, theils Feld=, theils Wald=, theils Kammer=
Muſik anſehnlich tractirt wurde.: Großartig war dann der Em=
pfang
in Gießen, wo des Abends im großen Saal Tafel ge=
halten
, von den Studioſis eine mit etlich 100 Fackeln begleitete
Muſik J. J. D. D. zu unterthänigſten Ehren offerirt wurde.
Die Reiſe ging dann über Butzbach nach Frankfurt, wo eine
große Pracht im Empfang entfaltet wurde, die wir uns aber
nicht näher wollen erzählen laſſen, weil der Darmſtädter Em=
pfang
viel Aehnlichkeit damit hatte. Von Frankfurt ging die
Fahrt auf dem damals herkömmlichem Wege nach Gräfenhauſen,

wo die Landgräfin in dem dort befindlichen fürſtlichen Schloſſe r)
noch einmal übernachtete, während der Landgraf mit Begleitung
nach Darmſtadt vorausging, um den Empfang ſeiner Gemahlin
in ſeiner Reſidenz fertig vorzubereiten.
Den 20. Februar war der große Feſttag für die Reſidenz
und das Theatrum Buropaeum meldet darüber Folgendes:
Den 20. Februar Morgens gegen 7 Uhr wurde durch die
ganze fürſtliche Reſidenz Vergaderung geſchlagen und Bontteſille
geblaſen, worauf ſich die ſämmtlichen von der Bürgerſchaft und
dem Ausſchuß 34) dazu beorderten 6 Compagnien zu Fuß mit
fliegenden Fahnen und klingendem Spiel vor das fürſtl. Schloß
auf dem Markt neben einander geſtellet, da dann vor eine jede
Compagnie ein Regiments=Stück geführt, gegen ihnen über aber
die gleichfalls beorderte 6 Compagnien zu Pferd, mit ihren
Standarten geſtellet wurden. Gegen ¼ 12 Uhr wurde zu Pferde
geblaſen und ginge darauf um 12 Uhr der Zug durch die Stadt
und Vorſtadt hinaus, ſo daß 3 Compagnien zu Pferd voran
gingen, darauf das Fußvolk, ferner wieder die Cavallerie, darauf
die Handpferde, die Trompeter und Pauker, die von Adel, ſo=
dann
die Herrn Grafen, J. F. D. nebenſt dero Herren Bruderen
und dann die zur Einholung mit hinausgenommene 6 Caretten.
An dem vor der Stadt beſtimmten Ort ſtelleten ſich die Trup=
pen
zu Fuß und zu Pferd in Bataille, ſo daß auf dem rechten
Flügel 3 Compagnien zu Pferd, auf dem linken ebenfalls 3 Com=
pagnien
zu Pferd, zuſammen in die 500 Pferde ſtunden. In
der Mitte ſtunde das Fußvolk in 1200 Mann ſtark und vor
demſelben die 6 Regiments=Stücke, und ginge der volle Zug dieſe
alſo geſtellte Truppen vorbei. Oben an dieſelbe ſtellete ſich der
Bereiter mit den Handpferden, daran die vom Adel, welche doch
benebens J. J. F. F. D. D. und den ſämmtlichen Grafen ab=
ſaßen
und ſtellten ſich hinter denſelben die 6 Carretten neben=
einander
, die Trompeten und Pauken aber hielten vornen an der
Spitzen. Als nun alles dergeſtalt in Ordnung geſtellet war,
kamen J. F. D. die Frau Landgräfin mit ihrem Comitat des
Weges von Gräfenhauſen herangezogen, da dann, ſobald Sie nur
erblickt worden, die Trompeten und Pauken ſich hören zu laſſen,
anfingen.
Als nun höchſtermelde J. F. D. näher kamen, gingen
J. D. der Herr Landgraf neben dero Herrn Bruder und die
übrigen abgeſeſſenen Grafen und Cavaliere deroſelben ein Stück
Weges bis an die Carette zu Fuß entgegen. J. F. D. ſaßen
aber ſogleich auch aus dero Carette. Als nun beyderſeits J. F.
D. einander bewillkommeten, wurden in währendem Anſpruch die
Stücke vor denen im Feld ſtehenden Truppen gelöſet, darauf
dann vor der ganzen Bataille zu Pferd und zu Fuß eine volle
Salve gegeben wurde. Nach deren Endigung begleitete J. F. D
der Herr Landgraf dero Frau Gemahlin in eine in= und aus=
wendig
mit Carmeſinrothen Sammet überzogene und mit Gold

4) Gräfenhauſen war im J. 1658 von dem Grafen von Heuſenſtamm
für 22,000 fl. erkauft worden. Das damalige Schloß diente von 1770 bis
1810 als Aufenthaltsort von Invaliden, ſpäter war es Militärhospital u.
kam dann in Privatbeſitz.
41) Der Landesausſchuß war eine Miliz, der in den jungen (von 16
bis 40) und in den alten ſvon 40 bis 60 Jahren) zerfiel; der altere hieß
auch die Centmannſchaft.

[ ][  ]

reich gebrämte Caroſſe, vor welcher die Pferde mit eben derglei=
chen
roth Sammeten mit Gold gebrämten Zeuge belegt, die
Kutſcher=Beiläufer auch gleichfalls in rothe Sammete mit Gold
reich gebrämte Röcke gekleidet waren, und nahmen ſo bald zwölf
in Liverey gekleideten Trabanten dieſe Caroſſe in die Mitte.
Hierauf marſchirten die Trompeter und Pauter, denen die von
Adel, Herren Grafen, fürſtl. Perſonen und ſämmtliche Carretten
folgten, bis zu Ende der geſtellten Truppen, und als die Caroſſe,
worin J. F. D. die Frau Landgräfin ſaßen, auch bis dahin
kommen, und Sie alſo den ganzen Zug vorbei gegangen und in
Augenſchein genommen hatte, wurde eine Halte gemacht, und
ginge hernach der ordentliche Einzug nachfolgender Geſtalt fort:
Sechs adeliche Hand=Pferde.
Zween Trompeter.
Rittmeiſter Heß mit ſein Comp. in die 120 Pferde ſtark
mit ſeiner weißen Standarte.
Ein Handpferd,
Ein Trompeter.
Der Butzbach'ſche Rittmeiſter mit ſeiner Compani 60 Pferde
ſtark mit ſeiner weißen Standarte.
Ein Trompeter.
Der Amtmann von Darmſtatt als Rittmeiſter mit ſeiner
Comp. von Beampten u. Bedienten vom Land, 80 Pferde
ſtark, ſamt einer weißen Standarte.
Sechs Regimert=Stück, je eines nach dem andern.
Der Landhauptmann zu Pferde.
Sechs Compagnien zu Fuß, je eine nach der andern mit
ihren Officieren, Fahnen und Spiel, zuſammen in die
1200 Mann ſtark.
Ein Trompeter.
Rittmeiſter Schrautenbach mit ſeiner Comp. von etlich und
70 bis 80 Pferde ſamt einer weißen Standarte.
Ein Trompeter.
Ihre Hoch Adel Geſtreng, der Herr Ober=Forſt= u. Jäger=
meiſter
, ſamt ſeiner Comp. von Jägern u. Forſt=Bedienten
in die 80 Pferde ſtark, alle ihre Bürſchbüchſen vor ſich
habend, ſamt einer weißen Standarte.
Der fürſtl. Vereiter.
Zehen fürſtl. Hand=Pferde mit ihren neuen Liverey=Decken
bekleidet.
Acht fürſtl. Trompeter, und in deren Mitte einzHeerpauker.
Die von der Ritterſchaft und dem Adel, zwiſchen 50 u. 60
Pferde ſtark.
Vier Gräfliche Laquaien.
J. Hochge. Ge. von Solms, Erbach, Stolberg u. Kirchberg
nebeneinander.
Acht fürſtl. Laqueyen.
J. F. D. der Herr Landgraf und nebens Ihro Deroſelben
Herrn Bruders F. D.
Sechs fürſtliche Pagen.
Die fürſtl. Braut Caroſſe, worin J. F. D. die Frau Land=
gräfin
allein ſaßen und neben Deroſelben 12 Trabanten
auf jeder Seite 6.
Ein Trompeter.
Rittmeiſter Dernbach mit ſeiner Compagnie von 60 Pferden
ſamt einer weißen Standarte.
J. F. D. der Frau Landgräfin Leibkutſche.
Die Frauenzimmer=Kutſche.
J. D. Herrn Landgrafen Georgs Kutſche.
J. Gn. des Herrn Grafen von Solms Kutſche.
J. Gn. des Herrn Grafen von Kirchberg Kutſche.
Des Herrn Amtmann Rauens Kutſch.
Der Kammer=Wagen.
Der Silber=Wagen.
Ein Packwagen und noch ein Packwagen,
alleſampt mit 6 Pferden beſpannet.
WWir bemerken hier einſchaltungsweiſe, daß dieſer ganze Auf=
zug
mit allen ſeinen Kutſchen, Handpferden, Trompetern ꝛc. durch
einen großen Kupferſtich, auf dem er ſich in einer Schlangenlinie
darſtellt, verherrlicht worden iſt).

W

Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 29. Nov. S. G. H. Prinz Heinrich iſt zur Feier
ſeines Geburtsfeſtes am 27. Abends von Düſſeldorf hier angekommen.
Seit geſtern ſind die berühmten Bilder von Hans Makart, die
Abundantia oder die Gaben der Meeres und der Erde in dem Feſtſaal
des Gymnaſiums ausgeſtellt. Sie waren urſprünglich für den Speiſeſaal
des öſterreichiſchen Graſen Hoyos gemalt und wurden dann von einer
Wiener Kunſthandlung und zuletzt von dem internationalen Kunſtſalon von
Sachſe in Berlin angekauft, welcher ſie nun dem Publikum zugänglich
macht. Die beiden Bilder, in ſehr großem Maßſtabe ausgeführt, zeichnen
ſich durch ſo prachtvolle Farbengebung aus, wie ſie kaum je von einem
anderen Künſtler erreicht worden iſt und verfehlen nicht hier, wie in allen
anderen Orten, wo ſie ausgeſtellt waren das lebhafteſte Intereſſe aller
Kunſtfreunde auf ſich zu ziehen. Nur Schade, daß der verhältnißmäßig
niedere und ſchlecht beleuchtete Raum in dem ſie aufgeſtellt ſind, beſonders
bei der trüben Witterung nicht geeignet iſt, die Bilder in ihrer ganzen
Pracht erſcheinen zu laſſen.
- Bei der Darſtellung des Wintermärchens= im Gr. Hoftheater ver=
unglückte
der als Statiſt verwendete 10 jährige Knabe Geiſt, indem derſelbe
von einem 10 Staffeln hohen Podeſt herunterſiel und zweimal den Arm brach.
Dem Vernehmen nach wird Lh. Wachtel bereits zu Anfang
nächſtr Woche im Poſtillon auftreten.
Für den Bazar zum Beſten des Diakoniſſenhauſels
Eliſabethenſtift ſind zahlreiche und mitunter recht werthvolle Gaben
eingegangen und wird dem Vernehmen nach der Bazar nächſten Dienſtag
den 3. Dec. im Großh. Palais eröffnet. Es iſt die Einrichtung getroffen,
daß gegen das jehr niedrig geſiellte Eintrittsgeld Karten reſp. Looſe füͤr
die am Schluſſe ſtattfindende Verlooſung der nicht verkauften Gegenſtände
gegeben werden und iſt zu wünſchen, daß die Betheiligung des Publikums
eine dem guten Zweck entſprechende ſein möge.
Mainz, 24. Nov. In Folge der nunmehr practiſch werdenden
Stadterweiterung und der von der Heſſiſchen Ludwigsbahn in Ausſicht
genommenen ſtehenden Rheinbrücke ſind umfaſſende, ſehr koſtſpielige Strom=
correctionen
nothwendig, die gedachter Geſellſchaft zur Laſt ſallen werden.
Dieſelbe hofft herbei in den Beſitz des tem Rhein abzugewinnenden, ſehr
bedeutenden Geländes - über 20 Hectaren - zu gelangen und wird ſich
alsdann die Schöpfung eines großartigen, hauptjächlich für Rohgüter berech=
neten
Güterbahnhofs realiſiren.
Die Retruten für die Regimenter der Mainzer Garniſon zogen
Mittwoch früh mit klingendem Spiel ein. Die aus Elaß=Lothringen ſtam=
menden
Mannſchaften kommen erſt am 3. Januar.
Nach den neueſten Bekanntmachungen iſt ſolgendes Papiergeld der=
malen
außer Curs geſetzt:
Anhalt=Bernburger Kaſſenſcheine Thlr. 1, 5 u. 25 von 1850, 1852 u.
1856, ſowie Thlr. I von 1859.
Anhalt=Kothen'ſche Kaſſenſcheine Thlr. 1 u. 5 vom 1. Juni 1848.
Anhalt=Köthen=Bernburger Kaſſenſcheine Thlr. 1 u. 5 vom 2. März 1848.
Anhalt=Köthen=Bernburger Eiſenbahn=Scheine Thlr. 1, 5 u. 25.
Anhalt=Deſſauer Kaſſenſcheine Thlr. 1 u. 5 vom 1. Auguſt 1849 u.
Thlr. 10 vom 1. Oct. 1855.
Anhalt=Deſſauer Landesbanknoten Thlr. 1 u. 5 vom 2. Jan. 1847.
Bautzener (Lauſitzer landſtänd.) Banknoten Thlr. 5 von 1850.
Bayeriſche Hypotheken= und Wechſelbanknoten fl. 10 vom 1. Juni 1850.
Braunſchweigiſche Bank= und Darlehns=Bankſcheine Thlr. 1, 5 u. 20
von 1842.
Braunſchweigiſche Banknoten Thlr. 10 Gold vom 1. Juni 1856.
Breslauer ſtädtiſche Banknoten Thlr. 1, 5. 25 u. 50 vom 10. Juni 1848.
Chemnitzer Stadtſcheine Thr. 1 von 1848 und ohne Datum.
Däniſche 5 Reichsbankthalerzettel ält. Emiſſion von 1835, nur auf einer
Seite blau bedruckt.
Gothaiſche Kaſſenſcheine Thlr. 1 u. 5 vom 30. Sept. 1848.
Großherzoglich Heiſiſche Grundrentenſcheine fl. 1. 5. 10, 35 u. 70.
Holſteiniſche Kaſſenanweiſungen von 1854.
Kurheſſiſche Leih= und Kommerz.=Bank Noten.
Kurheſſiſche Kaſſenſcheine Thlr. 1. 5 u. 20.
Leipziger Banknoten, alle vor dem 2. Nov. 1851 erſchienenen.
Magdeburger Privathanknoten Thlr. 10, 20, 50 und 100 vom 30.
Juni 1356.
Oeſterreichiſche Vanknoten in oſterr. Wahrung fl. 10 vom 1. Januar
u. fl. 100 vom 1. März 1858.
Oeſterreichiſche Banknoten, auf Conventionsmünze lautend.
Potsdamer Stadtſcheine Thlr. 1 vom 8. Sept. 1849.
Polniſche grüne Bankſcheine 1 Rub., weiße u. rothe 3 S.R.
Preußiſche Banknoten Thlr. 25 u. 50 v. 1846.
Preußiſche Kaſſenanweiſungen Thlr. 1 u. 5 vom 2. Januar 1835 u.
Preußiſche Darlehenskaſſenſcheine Thlr. 1 u. 5 vom 15. April 1848.
Reuß j. L. Caſſenanweiſungen Thlr. 1 vom 29. März 1849.
Reuß ält. L. Caſſenanweiſungen Thlr. 1 vom 15. Mai 1858.
Roſtoder Banknoten vom 1. Juli 1850.
Saͤchſiſche (königl) Kaſſenbillers von 1840, 1843, 1846 u. 1848.
Schleswig=Holſteiniſche Kaſſenſcheine Thlr. 1 12½ M.) vom 31. Juli 1848.
Schwarzburg=Rudolſtädter Kaſſenſcheine Thlr. 1 u. 5 v. 1848.
Schwarzburg=Sondershauſener Kaſſenſcheine Thlr. 1, 5 u. 10 vom 1I.
März 1854. 20. Dee. 1855 u. 25. Oct. 1859.
Weimariſche Kaſſenanweiſungen Thlr. 1 u. 5 vom 27. Auguſt 1847.
Württembergiſche 2, 10 u. 35 Guldenſcheine von 1849 u. 1850.

Forth.reirerrerieireie ed.

Eciznirirat.

Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofouchdruckerei.