Allergnädigſt privilegirtes
Darmſtädter
Fran- und Anzeine
135. Jahrgang.
Erſcheint
m Verbindung mit dem
Ver=
ordnungsblatt' für den Kreis
Darmſtadt, welches Mittwochs
ausgegeben wird, täglich, außer
Sonntag und Montag.
Abonnementspreis
mcl. des Verordnungsblattes
jährlich 2 fl. 24 kr.
T a g e b l a t t
Stadt und Rreis Darmſtadt.
Inſerate
werden angenommen in Varm
ſtadt von der Expedition,
Rhein=
ſtraße Nr. 23. in Beſſungen
von Friedrich Blößer,
Frieduich=
ſtraße Nr. 7. ſowie auswärtz
von allen ſoliden Annoncen=
Expeditionen.
N. 70.
Freitag den 22. November.
183Z.
8616) Bekanntmachung.
Zum öffentlich meiſtbietenden Verkaufe
des bisherigen, überzählig gewordenen
Offizier=Equipage=Wagens des Regiments iſt
Termin auf
Samſtag den 23. d. Mts,
Vormittags 11 Uhr,
im Hofe der Cavallerie=Caſerne hierſelbſt
anberaumt, zu welchem ſlaufliebhaber
ein=
geladen werden.
Darmſtadt, den 14. November 1872.
Das Kommando des 1. Großh. Dragoner=
Regiments (Garde=Dragoner=Regiment)
Nr. 23.
Feilgebotenes.
8561) Eine gute trächtige Ziege, zwei
Jahre alt, Umzugshalber zu verkaufen.
Beſſunger Carlsſtraße 49.
„
8617) Feinſtes Kartoffelmehl in ¼
und ½ Pfd. Paqueten empfiehlt
Emanuek Fuld. Kirchſtraße 1.
8705) Neue Erbſen, Bohnen,
Linſen, ſchnell weichkochend, empfiehlt
J. A. Boos.
Frankfurter Bratwürſte
Samſtags in friſcher Sendung bei
G. L. Kriegk,
8796) Rheinſtraße neben der Poſt.
8707) Die beſten noch nie dageweſenen
HarzerCanarienvögel
ſind zu verkaufen: große Ochſengaſſe im
Gaſthaus zum „goldnen Löwen.
W. Roſenbuch, Vogelhändler.
Hessingloupen.
8708)
Höchſt praktiſch
Holzcloupen.
für Schloſſer, Mechaniker, Nähmaſchinen=Fabrikanten. Graveure, Inſtrumentenmacher,
Meſſerſchmiede ꝛc. ſind die von mir conſtruirten Meſſing= und Holzcloupen.
Dieſelben ſtehen in meiner Werkſtätte, Allerheiligenſtraße 35, zur gef. Anſicht
ſo=
wie zum Verkaufe aus.
F. Hammeran, Mechaniker,
[6802)
Frankfurt a. M.
C Siermit die ergebenſte Anzeige an
½ bmeine werthen Abnehmer, daß die
Traubon- &E; Apfél-Golée's
wieder angekommen ſind, in bekannter jeinſter
Qualität zu billigem Preis bei
Hoh. Georgl,
Wilhelminenſtraße 10.
8710) Neue holländ. Häringe,
Sardelle, Speckbückinge zum Roheſſen
ſind friſch eingetroffen.
A. Voos,
Holzſtraße Nr. 7.
8711) Eine Parthie ſchöne Tannäpfel,
ſowie ein Zimmerteppich iſt billig zu
ver=
kaufen. Beſſunger Weinbergſtraße 15.
8712) Ein Kinder=Wagen ſteht zu
ver=
kaufen. Hinkelgaſſe 10 eine Stiege hoch.
Vermiethungen.
8401) Ein möblirtes Zimmer. Preis
Heinrichſtraße 72.
5 fl.
8658) Ein kleiner Laden ohne
Woh=
nung am 17. Februar 1873 zu vermiethen.
H. Noack, Ludwigsplatz Nr. 1
8659) Möblirtes Zimmer, 3 Steinſtr. 3.
8067) Der mittlere Stock in dem neu
erbauten Hauſe des neuen nordöſtlichen
Stadtheils, zunächſt der Pankratiusſtraße,
beſtehend aus 3 Zimmern mit 1 Balkon,
Küche, abgeſchloſſenem Vorplatz, Boden,
Keller, Mitgebrauch der Waſchküche, der
Einquartierungsſtube, des Bleichplatzes und
Gartens ꝛc., iſt zu 160 fl. zu vermiethen
und alsbald zu beziehen.
Näheres bei Maurermeiſter Müller,
am Arreſthaus.
8684) Ein freundliches unmöbl. Zimmer
an eine anſtändige Perſon oder als
Auf=
bewahrungsort. Zu erfr. Marienplatz 10.
8686) Ein möblirtes Zimmer zu
ver=
miethen Louiſenſtraße 2 eine Stiege hoch.
8713) Ein möblirtes Zimmer mit
Bedienung an einen anſtändigen Herrn
ſo=
fort zu vermiethen. Ballonplatz 11.
8714) Mühlſtraße Nr. 8 fünf Wohnungen
zu vermiethen, gleich zu beziehen. Zu er=
Schreiner Fey.
fragen Nr. 7.
8715) Ein Parterre=Logis im Hinterbau
iſt an eine ſtille Familie zu vermiethen und
bis zum 1. December zu beziehen.
Eliſabethenſtraße 54.
8716) Ein möbl. Stübchen u. Koſt für
einen Herrn, kl. Ochſengaſſe 11, 2 Stieg lhoch.
Vermiſchte Nachrichten.
8660) Correspondance française,
anglaise, italienne:
Dr. Herher, Steinstr. 3.
272
1038
A70.
Weſldeutſcher und
Eiſenbahn=Verband.
Nordweſſdeulſcher
G
„Bekanntmachung.
Friſche Fiſche, friſche Schalthiere und leicht verderbliche Delicateſſenwaaren, ſowie
Südfrüchte werden vom 15. d. Mts. ab gegen Vorausbezahlung der doppelten Eilfracht
von und nach allen im Weſtdeutſchen und Nordweſtdeutſchen Verbande in directem
Ver=
kehr ſtehenden Stationen— ausgenommen nach und von Stettin — unter den bei den
Eilgut=Expeditionen, zu erfragenden Bedingungen; mit beſtimmtent dafür bezeichneten
Schnellzügen befördert.
Die Sendunzen müſſen mit Eilgut=Frachtbrief aufgegeben werdenz welcher die Vor=
ſchrift trägt:
Gu¼heeee erereess
„von .
gegen doppelte
nach
1.
Eilfracht.
Den Aufgebern der Güter wird in ihrem eigenen Intereſſe empfohlen, die Coll
mit der vollſtändigen Adreſſe des Empfängers und, der Beſtimmungs=Station zu verſehen.
Speſennachnahmen und Vorſchüſſe auf deu Wexth des=Gutes ſind unter den
regle=
mentmäßigen Bedingungen zugelaſſen: die Specialbeſtimmung Abſatz 1. zu 89 Ahſchnitt
B. des Reglements,findet demnach aͤuf die hier in Rede, befiydlichen; Güter keine
An=
wendung.
uee ieeche end
Darmſtadt, den 6. November 1872. nltass
Für die Verwaltungen,des Weſtdeutſchen und des, Nordweſtdeutſchen
Eiſenbahn=Verbandes.
8717)
Direction der Main=Neckar=Bahn.
8718)
Handels=Verein.
Die Mitglieder des Handelsvereins werden auf Samſtag den 23. d. Mts.,
Abends 8 Uhr, zu einer Verſammlung im Gaſthofe „zum Prinzen Carl' hiermit ein=
Beſprechung:
geladen.
1) über die Wahl der neuen Handelskammer=Mitglieder;
2) über das Intereſſe, welches unſere Stadt an dem Wiederaufbau des hieſigen
Hoftheaters hat und in wieweit ſich ſolche an demſelben durch eine Subvention
betheiligen dürfte.
Der Vorſteher des Handelsvereins: H. Schuchard.
8719) Kunſtgenoſſenſchaft in Darmſtadt.
Samſtag den 23. November, 1872 Abends 74 Uhr, im Vereinslokal
Generalverſammlung.
Tagesordnung:
1) Jahresbericht. - 2) Rechnungsabhör. - 3) Wahl des Vorſtandes.
Um recht zahlreiche Betheiligung wird gebeten.
Der Vorſtand.
G—
2898) H ä u ſ er
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
M. Neuſtadt, Aexanderſtr. 8.
8729)
Geſchäfts=Verlegung.
Einem hochlöblichen Publikum, ſowie meinen geehrten Kunden hiermit die ergebene
Anzeige, daß ich unterm Heutigen mein Geſchäft Kiesſtraße Nr. 18 verlegt habe,
und bitte das mir ſeither geſchenkte Zutrauen auch künftig zu bewahren.
Darmſtadt, den 16. November 1872.
Hochachtungsvoll
Balth. Claſſmann, Glaſermeiſter.
ſFin Mädchen von geſetztem Alter,
8
- welches im Kochen und jeder
Haus=
arbeit erfahren iſt, kann durch gute
Zeug=
niſſe empfohlen, zu einer einzelnen Dame
alsbald in Dienſt eintreten. Näheres
Rhein=
ſtraße 23, Seitenbau.
8632) Krant wird in und außer dem
Hauſe geſchnitten.
J. Schubkegel,
Bachgaſſe 18.
8665) Am Marienplatz Nr. 7
Waſche gemangt werden.
kann
B. Wückſtäͤndige Forderungen für die an
C
06 das vormalige 2. Großherzoglich
Heſſiſche Jäger=Bataillon gelieferten
Be=
kleidungs= ꝛc. Gegenſtände ſind bei dem
un=
terzeichneten Regiments=Kommando
anzu=
melden.
Mainz. im November 1872.
Kommando des 4. Großh. Heſſ. Infanterie=
Regiments (Prinz Carl) Nr. 118.
v. Gründler Oberſt.
ein Gut, ein Haus, Hotel ꝛc. kau=
Wor
fen oder verkaufen, pachten oder
verpachten will,
einen Poſten zu beſetzen hat oder
Wor
einen ſolchen ſucht,
irgend etwas in eine beliebige
Wor
Anzahl von Zeitungen einzu=
rücken beabſichtigt, wende ſich an
die Annoncen=Expedition von
Rudolk Mosse,
offifiellen Agenten ſämmtlicher Zeitungen
des In= und Auslandes,
Vrankfurt a. M.
Zeil 45.
8traßburg, Runchen, Rürnberg,
Ver=
ſin, Wien, Brag, Hamburg, Zürich.
wird Jedermann Rath er=
Daselbst
theilt, welche Zeitungen für
jeden einzelnen Fall ſich als
erfolgreich erwieſen haben;
werden alle Annoncen ſorg=
Daselbst falig abgefatzt und für
einen augenfälligen Druck
hergerichtet;
koſten die Inſerate nur das=
Daselbs.
elbe, wie in den Zeitungs=
Expeditionen, da dieſes
In=
ſtitut als
Central=Steſſe
aller exiſtirenden Zeitungen beſondere
Vortheile von denſelben genießt. Das
Renommée der Firma bürgt für ſolide
Bedienung.
Discrekion
wird auf das ſtrengſte beobachtet, die
einlaufenden Offertbriefe werden
uner=
öffnet an die betreffenden Reflectanten
ohne deren Namen preiszugeben,
pünkt=
lichſt und ohne Proviſionsberechnung
(2261
übermittelt.
General=Agentur für Darmſtadt:
Hofbuchhandlung von Auguſt
Klingel=
höffer (vorm. G. Jonghaus'ſch=
Hofbuchhandlung).
8502) Ein Mädchen, welches ſelbſtändig
kochen kann und etwas von Hausarbeit
ver=
ſteht und mit gutem Zeugniß verſehen iſt,
wird auf Weihnachten gegen guten Lohn
ge=
ſucht. Stadt=Allee Nr. 1.
8695) Promenade Nr. 13
par=
terre iſt ein ſehr elegant möblirtes
Zimmer mit Cabinet ſofort zu vermiethen.
8697) Ein reinlicher Burſche von 16
Jahren ſucht eine Stelle als Diener oder
Hausburſche. Näheres zu erfr. Langegaſſe 27.
N 70.
1029
2 (Eine Putzmacherin wünſcht in
C und außer dem Hauſe Arbeit
anzunehmen. Caſinoſtraße 26.
8703) Eine Dienerin geſucht,
Mor=
gens halb 8, Mittags halb 2 Uhr zu kommen.
Beſſunger Carlſtr. 3. zweiter Stock.
S.
n meinem Zimmerplatz an der
21 Eſchollbrücker Straße kann Schutt
abgeladen werden.
C. Rückert.
8721) Ein junges Mädchen vom Lande,
welches noch nicht hier gedient hat, wünſcht
eine Stelle bei einer ruhigen und
ordent=
lichen Familie. Holzhof=Allee Nr. 28.
8722) Mädchen von 14 Jahren an
finden bei gutem Lohn dauernde
Beſchäfti=
gung in der Bürſtenfabrik bei
J. B. Mayer, kleiner Woog 6.
8723) Ein braves Stubenmädchen, das ſchön
weißnähen kann u. gute Zeugniſſe beſitzt, wird
gegen hohen Lohn zu einer feinen Herrſchaft
ſogleich in Dienſt geſucht. Auskunft ertheilt
Frau B. Zimmermann, Kiesſtraße 28.
Aunoneen
in sämmtliche Blätter des In-
und Auslandes werden prompt
und zu Originalpreisen beför.
dert durch die officielle Leitungs-
Agentur von
D. Frenz in Haiuz,
grosse Emmeransstrasse 18.
In dem Großherzoglichen Holzmagazin
wird abgegeben:
per Raummeter.
buchen Scheidholz I. Claſſe 6 fl. 40 kr.
4 fl. 40 kr.
kiefern
„
Der an den Ueberbringer für einen
Raum=
meter zu zahlende Fuhrlohn beträgt für
Darmſtadt und Beſſungen 18 kr.
Beſtelltage: Dienſtag, Freitag und
Samſtag, Vormittags von 8 bis 11 Uhr.
Großherzogliches Renzamt Darmſtadt.
Hauſer.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag, 22. Nov. 13. Vorſt. im 3. Abon.:
Adrienne Lecouvreur. Drama in 5 Atten von
Scribe und Legouvs. Adrienne:, Frau Niemann=
Seebach als Gaſt.
Großh. Muſeum und Bildergalerie im Schloß,
geöffnet Sonntag von 10-1 Uhr, Dienſtag,
Mitt=
woch, Donnerſtag und Freitag von 11-1 Uhr.
Großh. Hofbibliothek im Schloß, geöffnet
täg=
lich von 9-12 Uhr Vormittags und ſaußer Samſtag)
von 2- 4 Uhr Nachmittags.
Sparlaſſe. Zahltage Montag. Dienſtag.
Donner=
ſtag, Freitag von 9-12 Uhr Vormittags. Jeden
Dienſtag von 2- 4Uhr Nachmittags werden die
Spar=
kaſſebüchelchen gegen die Interimsſcheine ausgegeben.
Darmſtädter Vollsbank, eingetragene
Ge=
noſſenſchaft, verbunden mit Spar=Kaſſe.
Geſchäftsſtunden täglich Morgens von 9-12 Uhr,
Nachmittags von 3-6 Uhr. Kaſſeſchluß um 5 Uhr
Nachmittags. Sparkaſſe=Büchelchen werden ſogleich
bei der Elnlage ausgeſertigt.
Spar= und Leihkaſſe in Beſſungen, Carlsſtraße
Nr. 2, Zahltage Dienſtag und Samſtag von
8-12 Uhr Vormittags.
Darmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt von W.
Nr. 99. Darmſtadt vor 200 Jahren.
(Fortſetzung.)
Die Herrn Senatoren waren ſich aber ihrer Würde auch
wohlbewußt und ſehr empfindlich, wenn man derſelben zu nahe
trat. In den Protocollen kommen viele Einträge vor, welche
von Zurechtweiſungen wegen ſolcher Reſpectsverletzung Zeugniß
geben. So wurde z. B. 1688 „Benedikt der Judr vor den
Stadtrath gefordert, weil er auf die Mahnung, er ſolle den vor
ſeinem Hauſe zuſammengekehrten vielen Koth wegfahren,
geant=
wortet: „Ja macht mar en Gaul, ſo will ich wegfahre laſſe.”
Er erhielt wegen dieſer unſchicklichen Aeußerung einen Verweis.
Der Schuhmacher Schäfer war im Jahre 1681 beſchuldigt,
daß er zu Groß=Bieberau im Wirthshaus geſagt: „Er wollte,
daß alle diejenigen ſo bei der Contributions=Anſetzung geweſen,
der Donner in den Leib ſchlüge und der Teufel die Hälſe bräche.
Ungeachtet 4 Zeugen die Wahrheit dieſer Beſchuldigung eidlich
erhärteten, wurde er, wie es im Protocoll heißt „eum silentiot
entlaſſen.
Der Würde der Corporation war es gewiß entſprechend,
daß der „Senatspalaft” nicht zu unpaſſenden Dingen verwendet
werden durfte. Eine erlaubte Benutzung war die zu Hochzeiten,
bei denen dann auch das der Stadt gehörige Zinngeſchirr
ge=
liehen wurde. Dieſes Stadtzinn beſtand im Jahre 1669 laut
Inventar aus 2 Dutzend großer und 8 Dutzend kleiner
Schüſ=
ſeln, 3 Dutzend „Commentger” und 15 Dutzend Tellern. Für
dieſes Darleihen mußte dann eine Gebühr bezahlt werden, welche
im Jahre 1669 auf 6 Albus „für die Kroppenz, auf 3
Al=
bus „für das Dutzend Teller: beſtimmt war. Je nach der Größe
der Hochzeit wurde dann noch 3-4 fl. Saalmiethe bezahlt.
Oefters aber wurde die Miethe von den Bürgern verweigert,
weil man der Meinung war, „man ſolle die Bürger doch auch
wus genießen laſſen."
Einem Mißbrauch des Rathhausſaales trat im Jahre 1672
ein Stadtrathsbeſchluß entgegen, welcher beſagte: „daß niemand
mehr, er ſei auch wer er wolle, fürterhin ſich des Rathhausſaals
mit Tücher Truckenen ohne special Consens bedienen ſolle.
Der Marktplatz.
Das Ausſehen des Marktplatzes, vor 200 Jahren der
ein=
zige Platz in Darmſtadt, war vielfach ein anderes als jetzt. Ehe
derſelbe von Georg L. angelegt war, war der Darmſtädter Platz
ein noch viel kleinerer, denn er beſtand in dem Plätzchen vor dem
„grünen Laubr, welches aus dem alten Darmſtädter Rathhaus
entſtanden iſt. Als Georg 1. aber den neuen Marktplatz
an=
legen wollte, ſtanden dortLeine Anzahl von Häuſern und Ställen,
die alle erſt nach und nach ihren Eigenthümern abgekauft
wer=
den mußten. Das letzte dieſer Häuſer, welches dem
Stadtſchrei=
ber Breidenſtein gehörte, wurde erſt im Jahre 1637 entfernt.
Vor 200 Jahren nun und zwar im Jahre 1669 wurde der
Platz von dem damaligen Landgrafen Georg II. der Stadt
ge=
ſchenkt unter der Bedingung, daß ſie ihn pflaſtern und im Stande
halten wolle, und der damalige Erbprinz, der ſpätere Landgraf
Ludwig VI. verſprach der Stadt, wenn ſie dieß thue, den
Brun=
nen darauf auf ſeine Koſten „zierlich machen zu laſſen.- Ob
die Stadt dann den Platz damals wirklich pflaſtern ließ, wird
nicht gemeldet. Wie er aber vor etwa 200 Jahren
aus=
ſah, zeigt uns das ſchon erwähnte Bild im Cabinetsmuſeum,
welches uns denſelben mit der Façade des Schloſſes darſtellt,
und dann noch ein anderes, welches ihn, vom Schloſſe aus
ge=
ſehen, zeigt.
Ein Hauptunterſchied zwiſchen damals und jetzt beſtand am
Marktbrunnen. Damals ſtand noch nicht der jetzige
Brun=
nen, ſondern es befand ſich ein anderer da, mit einem viereckigen
Trog, aus dem eine kurze Säule ſich erhob, auf der ein
ſtehen=
der Löwe mit einem Schilde ſtand. Der Trog war noch mit
einem hölzernen Geländer umgeben. Bei dem Brunnen ſtanden
aber dann auch einige Strafvorrichtungen, welche unſere Zeit
nicht mehr kennt, nämlich ein Galgen, ein Driller, ein ſ. 9.
Laſterſtein und ein hölzerner Eſel. Der Galgen, welcher hier
ſtand, war nicht zur Hinrichtung beſtimmt, ſondern nur zum
Schnellen oder Wippen. Er hatte die Geſtalt eines griechiſchen L.
Die Straffälligen wurden an einem ſolchen Galgen mit
rück=
wärts gebundenen Händen ſchnell in die Höhe gezogen oder
ge=
ſchnellt und geſchwind wieder herabgelaſſen.
Der Driller war eine Maſchine, die dazu diente, kleinere
Arten von Vergehungen öffentlich durch das Hohngelächter der
Zuſchauer zu züchtigen. Er hatte die Geſtalt eines runden
Vogel=
käfigs, in dem ein Menſch aufrecht ſtehen und von Jedermann
geſehen werden konnte. Durch ſeinen runden Boden und Deckel
lief eine Spindel, vermittelſt welcher man den Käfig mit dem
darin befindlichen Vogel im Kreiſe herum drehen oder drillen
konnte. Dieſe Abſtrafungsart war in Städten und Dörfern
ge=
bräuchlich; ſie diente vorzugsweiſe zur Züchtigung der kleinen
Markt= und Felddiebſtähle ꝛc.
Der Strafeſel war ein mit einem ſcharfen Rücken
ver=
ſehener und an einem Ende eſelsförmig geſchnitzter Balken. Auf
1049
R70.
deſſen ſcharfem Rücken mußte der Straffällige eine gewiſſe Zeit
ſitzen und dabei dem Hohngelächter der Menge preisgegeben ſein.
Dieſe 3 Strafinſtrumente ſind auf dem genannten Bilde
um den Marktbrunnen herum zu ſehen. Ein viertes ſtädtiſches
Strafinſtrument, der Schnellkorb, ſtand nicht auf dem Markte,
ſondern wurde vorkommenden Falls am kleinen Woog aufgeſtellt.
Es war eine Maſchine in Form einer Waage. Statt der Schale
hing am Waagbalken ein Korb, in den die Verbrecherin (denn
nur ſolche wurden damit geſtraft) geſetzt wurde, um ſchnell in
das Waſſer hinab getaucht und wieder heraus gezogen werden zu
können. Man nannte dieſe Strafprocedur „das Schwemmen.
Im Jahre 1680 wurde nach einer uns vorliegenden Notiz „die
Buttermargareth' auf dieſe Art geſchwemmt, Unſere Notiz
be=
ſagt nicht, wer dieſe, Buttermargarethu geweſen iſt und was ſie
gefündigt hatte.
Der Marktplatz hatte vor 200 Jahren dieſelbe Form wie
heute; nur war damals noch keine auf den Markt einmündende
Ludwigsſtraße vorhanden; alle übrigen ihn berührende Straßen
waren vorhanden. Durch die damalige Form der ihn
umgeben=
den Gebäude hatte er aber doch ein anderes Anſehen. Alle dieſe
Gebäude, nicht bloß die öffentlichen, wie das Schloß und das
Rathhaus, gehörten zu den anſehnlichſten in der Stadt. Da
ſtanden die zwei herrſchaftlichen Häuſer, - das jetzige Römer'ſche
und das Gräff'ſche, die beiden Utterodiſchen Häuſer, der
Fürſten=
hof, das Kleinſchmidt'ſche Haus, des Landgrafen Johanns Haus
(die jetzige Hofapotheke). Von allen dieſen Häuſern müſſen wir
dem Leſer Einiges mittheilen.
Forſ. folgl.
Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 22. Nov. Das neue Wahlgeſetz für die Wahl der
Abgeordneten zur 2. Kammer der Landſtände hat in vielen Beziehungen
neue Verhäͤltniſſe geſchaffen, die Zahl der Wähler in hohem Grade vermehrt,
die Wahlbezirte verkleinert und verandert, und es erſcheint daher nothwendig,
die Grundzüge des neuen Geſetzes klar zuſammenzufaſſen.
Vor Allem ſei bemerkt, daß die Wahl eine indirecte iſt, indem die
Urwahler jeder Gemeinde Wahlmänner, und zwar für jede 500 Seelen
Einen Wahlmann, und die Wahlmänner ſodann den Abgeordneten zu
wählen haben.
Urwähler iſt jeder Staatsbürger, der 25 Jahre alt iſt, am
Wohnorte ſeit Anfang des Jahres Einkommenſteuer zahlt und mit
der Entrichtung nicht im Rückſtande iſt.
Zum Wahlmann kann jeder Urwahler gewählt werden, der ein
Normalſteuer=Kapital von 40 fl. hat, d. h. mindeſtens eine directe Steuer
von 7 fl. 25 kr. jährlich, oder 37½ kr. monatlich bezahlt.
Durch die Wahlkommiſion, welche aus dem Bürgermeiſter und zwei
von dem Gemeinderathe gewählten Urkundsperſonen beſteht, werden Liſten
der Stimmberechtigten und der Wäblbaren auſgeſtellt, und nach
vorausge=
geganger Bekanntmachung drei Tage offen gelegt, innerhalb welcher
Einwendungen vorgebracht werden können.
Nur diejenigen ſind ſtimmberechtigt und wählbar,
welche in die feſtgeſtellten Liſten aufgenommen ſind.
Die Wahl der Wahlmänner erfolgt, nach dem der Tag und die Stunde,
ſowie das Local derſelben mindeſtens drei Tage vorher öffentlich
bekannt gemacht worden iſt.
Die Abſtimmenden geben ihre Abſtimmung in Selbſtperſon mittelſt
Ueberreichung eines Stimmzettels von weißem Papier ab, der in dem
Wahlokal oder außerhalb deſſelben mit den Namen derjenigen, welche er
zu wählen beabſichtigt, handſchriftlich oder im Wege der
Ver=
vielfältigung ausgefüllt iſt. Hiernach ſind bei der Wahl gedruckte
Stimmzettel zuläſſig.
Eine Ablehnung der Wahl zum Wahlmann ſindet nicht ſtatt.
Zur Wahl des Abgeordneten verſammeln ſich die Wahlmänner des
Wahlbezirks auf, mindeſtens zwei Tage vor der Wahl, ihnen
zuzu=
ſtellende ſchriftliche Einladung des von dem Miniſterium ernannten
Wahl=
kommiſſärs, und zur Gülligkeit der Wahl gehört die Abſtimmung von
wenigſtens zwei Drittheilen der Wahlmänner.
Die „Darmſtädter Zeitung; bringt in der Beilage zur geſtrigen
Nummer die Feſtſtellung der 45 Wahlbezirke des Großherzogthums und das
Verzeichniß der Wahlcommiſſäre.
Auf der Teraſſe hinter dem Palais S. Gr. Hoheit des Prinzen
Ludwig ſind zwei franzöſiſche Geſchütze als Schauſtücke aufgeſtellt.
Schmelzarbeiter Hofmann wurde durch die Gr. Gendarmerie
ver=
haftet. Derſelbe hat ſeinen Vater, den Stadtgerichtsdiener Hofmann
der=
maßen mit Meſſerſtichen mißhandelt, daß an deſſen Aufkommen gezweifelt wird.
Das Joh. Blaum'ſche Geſchäft und Haus wurde heute an Hrn.
Hermann Jungmann hier verkauft. Das Haus zu 14000 fl.
An Stelle des Herrn G. Lerch, Ludwigsplatz, hat Herr Kaufmann
Enders Ernſt=Ludwigſtraße, den Verkauf von Freimarken ꝛc. übernommen.
Ene weitere Verkaufsſtelle iſt bei Herrn C. Gerſchlauer, Ecke der
Hügel= und Neckarſtraße, errichtet worden.
2
24
In der Gemeinderaths=Sitzung vom 21. d. Mts. wurde bezüglich
der bevorſtehenden Landſtände=Wahl die Wahlcommiſſion gebildet. Dieſelbe
Mi=uvisutnntirnilhtnanaroirsrisormreenhtraarrraartuuurrraatm
wird fuͤr die Gemeinde Darmſtadt beſtehen aus: dem Hrn. Bürgermeiſter
Fuchs, dem Hrn. Beigeordneten Appfel und dem Hrn. Beigeordneten
Lauteſchläger.
Die vergleichenden meteorologiſchen Beobachtungen esd
Großh. Kataſteramts zu Darmſtadt ergaben:
1871.
1870.
Mittlere Wärme des Jahres (Mittel aus den
Beobachtungen um 6 Uhr Morgens, 2 Uhr
Nachm. und 10 Uhr Abends)
6091 R.
7o23 R.
Hoͤchſte Wärme
2601 R.
2903 B.
Großte Külte
Mittlere Temperatur der Jahreszeiten nach
obigen Beobachtungen im Winter (Dec. des
vorhergehenden Jahres, Jan. und Febr.) —0085 R.
Frühling (März. April und Mai)
Sommer (Juni, Juli und Auguſt)
Herbſt (September, October und November)
Anzahl der Regentage
„ „ Regen= und Schneetage
„ Schneetage
„ „ heiteren Tage
„ „ gemiſchten Tage
„ trüben Tage
„
„ ſtürmiſchen Tage
„
„ windigen Tage
„ Sommertage (200 R. und darüber) 51
„ Eistage (00 R. und darunter)
„ Tage mit Nebel
„ „ Reiſ
„
Gewitter
Leßier Nächtfroſt
Erſter
Letzter Froſitag lmittl. Tagestemp. unter 00 R.) 13. jebr. 13. März.
Erſter
Letzter Schnee
Erſter
Nach den Beobachtungen des Großh. Kataſteramts war die mittlere
Wärme des September 1872 in Darmſtadt 13210 R., die niedrigſte
Tem=
peratur war am 23. mit 3,2, die höchſte am 4. mit 24,1 R.
Die hieſige Armenkaſſe hatte in 1871 eine Einnahme von 56364 fl.
15 kr.; eine Ausgabe von 56350 fl. 13½4 kr. ſo daß Kaſſevorrath verblieben
iſt 14 fl. 134 kr.
Das reine Vermoͤgen der Armenkaſſe beträgt 86 602 fl. 19 kr.
In Offenbach wurde am 19. d. Mts. die Wahlmännerliſte für die
Wahl des Realſchuldirector Grein feſtgeſtellt; im Wahlbezirk Bensheim
ſoll Bezirksſtrafgerichts=Aſſeſſor Heinzerling hier als gemeinſamer
Can=
didat der conſervativ=liberalen und national lieberalen Partheien aufgeſtellt
werden, nachdem der frühere Abgeordnete Martin erklärt hatte,
zurück=
treten zu wollen, um keine Zerſplitterung der Stimmen herbeizuführen.
Nach dem Odenwälder Bote iſt der Abg. Volhard auch für
den nächſten Landtag in Groß=Umſtadt als Candioat in Ausſicht. Daſſelbe
Blatt berichtet, daß für Reinheim Lehrer Müller von Habitzheim, und
fur Höchſt Kreisrath Küchler zu Dieburg als Candidaten auftreten, und
meldet, daß beide, ſowie der für Seligenſtadt vorgeſchlagene Landrichter
Köͤniger, von der Fortſchrittspartei aufgeſtellt wurden.
Neuerdings ſind mit der Reichspoſtverwaltung Unterhandlungen
angeknupft, welche darauf abzielen, das in England ſo bewährte Inſtitut
der Poſtſparkaſſen auch bei uns einzuführen. Die Annahme und
Aus=
zahlung von Sparkaſſengeldern ſoll künftig durch alle Poſtanſtalten erfolgen
und der Geſchäftsverkehr der Sparkaſſen jelbſt dadurch vereinfacht werden.
Mainz. 19. November.
(Stadterweiterung.) Nach
glaub=
würdigen Nachrichten hat die Genehmigung des Stadterweiterungs=Vertrags
Seitens S. K. H. des Großherzogs bereits ſtattgefunden. Es iſt jetzt noch
die Genehmigung S. M. des Kaiſers einzuholen.
Der Vertrag über die Erweiterung der Stadt Mainz, welcher am
S
A. Sept. d. J. zwiſchen der Stadt und dem Feſtungsgouvernement
abge=
ſchloſſen worden iſt, hat am 20. d3. die vorbehaltene Genehmigung des
Miniſteriums des Innern erhalten, nachdem die Stände des
Großherzog=
thums ſich damit einverſtanden erklärt hatten, daß auf den Eigenthums=
Anſpruch des Großherzogthums auf das freiwerdende Feſtungsgelände zu
Gunſten der Stadt Mainz unentgeldlich verzichtet und daß der Stadt Mainz
aus den Mitteln Großherzoglicher Staatsſchuldentilgungs=Caſſe die Summe
von 1,508000 fl. gegen eine Tilgungsrente von 4 pCt. während 47 Jahren
dargeliehen werde. Die Publication des Geſetzes über die Belaſtung des
Gartenſelds mit einer außerordentlichen Communalſteuer dürfte in der Kürze
zu erwarten ſein.
Eingeſandt). Man ſieht ſich genöthigt die Aufmerkſamkeit
der zuſtändigen Behörden auf die gegenwärtige Verfaſſung der
Caſernen=
ſtraße zu lenken. Bei dem jetzigen Regenwetter iſt dieſelbe, namentlich an
der Stelle zwiſchen den Neubauten der Bank und des Bahnhofs, einem
Moraſte gleich und beinahe unpaſſirbar.
Mehrere Bewohner der Kaſernenſtraße.
-ebuction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.