Allergnädigſt privilegirtes
Darmſtädter
Frag- und Anzuge-Alatt.
135. Jahrgang.
Erſchehnt
in Verbindung' mit ndem
Ver=
ordnungsblatt' für den Kreis
Darmſtädt, welches Mittwochs
arsgegeben wird, täglich. außer
½.Conntatg und Montag.
Abonnementspreis
inck. dez V Verordnungsblattes
Uhrlich 2 fl. 24 kr.
T a g e b l a t t
für
Stadt und Rreis Darmſtadt.
N. 66.
Freitag den 15. November.
Inſerate
werden angenommen :m Darm
ſtadt von der Expedition,
Rhein=
ſtraße Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blößer,
Friedrich=
ſtraße Nr. 7. ſowie auswärtz
von allen ſoliden Annoncen=
Expeditionen.
1822.
Verſteigerung vnneuen Bettteppichen.
Dienſtag den 19. November, Vormittags 9 Uhr,
werden im Saale des Gaſthauſes zum „Landsberg” (am Jägerthor)
1500 Stück wollene Teppiche, beſtehend in:
500 Stück weißen Teppichen,
500 Stück grauen Teppichen,
500 Stück carrirten Teppichen,
in verſchiedenen Farben, letztere ſehr geeignet zu Pferdedecken, gegen baare
Zahlung verſteigert.
8524)
M. Neuſtadt, HofTazator.
8455) Bekanntmachung.
Für das Großherzogliche Landeshospital
ſollen 1000 Centner Ruhrer
Fett=
ſchrot 1. Qualität angekauft werden.
Anerbietungen wegen Uebernahme ſind
bei dem Großherzoglichen Hausverwalter
dahier, bei welchem auch die Bedingungen
zu erfahren ſind, bis zum 20. d. Mts.
ſchriftlich einzureichen.
Hofheim, den 7. November 1872.
Großherzogliche Direction des Landes=
Hospitals.
Dr. Sehrt.
Feilgebotenes.
8253) ¾ Schoppengläſer, 10
ver=
ſchiedene Sorten, ſind neu angekommen.
F. Mraetzinger Sohn.
8
F.
China-Wasser.
das ächte Ean de quinine von Ed. Pinand,
gegen das Ausfallen der Haare, zur
Reini=
gung des Kopfes von Schuppen und zur
Stärkung des jungen Nachwuchſes der Haare.
Pomade moelle de Boeuf au quinine,
Ochſenmarkpomade mit Chinin,
unterſtützt wirkſam den Erfolg des China=
Waſſers und wird da allein mit gleichfalls
gutem Erfolg zur Stärkung des jungen
Nachwuchſes angewandt, wenn man ſich
durch Waſchungen zu leicht den Kopf
er=
kälten könnte. Aecht zu haben bei
W. Sehüfer, Hoftheater=Friſeur,
Wilhelminenſtraße 23,
gegenüber Herrn Hornmann.
8248)
F. Mraetzinger Sohm,
Ludwigſtraße II.
Zeige hiermit an, daß ich ein Lager für Gasbeleuchtung: Lüſtres mit und
ohne Zug, Lyra's, Wandarme ꝛc., ſowie einzelne Meſſing= und Glastheile zu denſelben
neu angelegt habe, welches ich bemüht ſein werde, dem Bedarf entſprechend zu entwickeln.
Ich empfehle mich unter Verſicherung reeller Preisſtellung bei ſolider Waare!
L. Starck & die.,
Kars.
Mainz
gegründet 1863.
Techniler u. erſte Fabrikation für gepreßte Leder=
4
Treib=Riemen, ſowie der Starck'ſchen Rie=
D
men=Scheiben=Bandagen; Lieferung von 8
Teee.
Drahtſeilrollen mit Lederfütterung. Vollſtändige
(7738)
Transmiſſions=Anlagen. Preiſe reell und Lieferung unter Garantie.
Friſche Amſterdamer
Schellfiſche
eingetroffen bei
8526
J. G. Jordis.
8527) Soeben erhielt eine Sendung der neueſten
Pariser Giraſſehämme & Diademe,
die ſich ihrer gediegenen Eleganz wegen
vorzugsweiſe auch zu gerne geſehenen
Weihnachts=Geſchenken
eignen dürften.
W. Schäſer, Hoftheater=Friſeur,
23. Wilhelminenſtraße 23.
Vermiethungen.
40115) Eine Cohnung von d Zind,
H mern, Hochparterre, untere Eliſabethen=
H ſtraße, nächſt der Promenade, mit
8 Stallung und Mitgebrauch des Gar=
1
tens, iſt alsbald zu beziehen. Die
4
Wohnuug wird auch ohne Stallung
H abgegeben. Näheres in dem Logis=
H Nachweiſungs=Büreau von
B. L. Trier, Ludwigsſtraße.
2r
ANAAAAAAAL.AAAAAAAAAAs
8067) Der mittlere Stock in dem neu
erbauten Hauſe des neuen nordöſtlichen
Stadttheils, zunächſt der Pankratiusſtraße,
beſtehend aus 3 Zimmern imit 1 Balkon,
Küche, abgeſchloſſenem Vorplatz, Boden,
Keller, Mitgebrauch der Waſchküche, der
Einquartierungsſtube, des Bleichplatzes und
Gartens ꝛc., iſt zu 160 fl. zu vermiethen
und alsbald zu beziehen.
Näheres bei Maurermeiſter Müller
am Arreſthaus.
8401) Ein möblirtes Zimmer. Preis
5 fl.
Heinrichſtraße 72.
8512) Holzſtraße Nr. 9 ein
freund=
liches Logis zu vermiethen und gleich zu
beziehen.
262
[ ← ][ ][ → ] 1002
8514) Carlſtraße 69 drei Zimmer
nebſt Küche im 1. Stock an eine kleine
Fa=
milie zu vermiethen und ſofort zu beziehen.
ö6.
Ayermiſchte Nachrichten.
8 Mückſtändige Forderungen für die an
C 1 das vormalige 2. Großherzoglich
2
Heſſiſche Jäger=Bataillon gelieferten
Be=
kleidungs= ꝛc. Gegenſtände ſind bei dem
un=
terzeichneten Regiments=Kommando
anzu=
melden.
Mainz. im November 1872.
Kommando des 4. Großh. Heſſ. Infanterie=
Regiments (Prinz Carl) Nr. 118.
v. Gründler Oberſt.
8529) Wegen Bau=Veränderungen wird
meine Wirthſchaft vom 15. d. Mts. an
auf einige Zeit geſchloſſen.
Achens=Mühle, im November 1872.
De h n.
8477) Einige tüchtige ſolide
Colpor=
teure werden gegen gute Proviſion
ſofort geſucht.
Fr. Lekermauu's Buchhandlung.
Weinheim.
Aſine geübte Punktirerin wird
G gegen guten Lohn geſucht.
L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
S.
ſEin Mädchen von geſetztem Alter,
2
welches im Kochen und jeder
Haus=
arbeit erfahren iſt, kann durch gute
Zeug=
niſſe empfohlen, zu einer einzelnen Dame
alsbald in Dienſt eintreten. Näheres
Rhein=
ſtraße 23, Seitenbau.
8502) Ein Mädchen, welches ſelbſtändig
kochen kann und etwas von Hausarbeit
ver=
ſteht und mit gutem Zeugniß verſehen iſt,
wird ſogleich gegen guten Lohn geſucht.
Stadt=Allee Nr. 1.
B. (hn Darmſtadt oder Beſſungen wird
C 2) ein Haus zu kaufen geſucht.
Offerten mit Preisangabe nimmt die
Expedition unter Nr. 8518 entgegen.
8523) Montag den 11. d. Mts. wurde
in den Fauteuils des Hoftheaters ein
Regen=
ſchirm vertauſcht, um deſſen Rückgabe
ge=
beten wird. Beſſunger Annaſtraße 18.
8530) Ein in ſchriftlichen Arbeiten
er=
fahrener junger Mann ſucht Stelle.
8531) Eine ſolide, ſanfte, kinderloſe
Frau von mittleren Jahren ſucht als
Pflegerin oder Wärterin eine Stelle.
Wo? ſagt die Expedition.
In dem Großherzoglichen Holzmagazin
wird abgegeben:
per Raummeter.
buchen Scheidholz I. Claſſe 6 fl. 40 kr.
kiefern
4 fl. 40 kr.
Der an den Ueberbringer für einen
Raum=
meter zu zahlende Fuhrlohn beträgt für
Darmſtadt und Beſſungen 18 kr.
Beſtelltage: Dienſtag, Freitag und
Samſtag, Vormittags von 8 bis 11 Uhr.
Großherzogliches Reucamt Darmſtadt.
Hauſer.
3475)
Jamſtag den 16. November 1872.
Im großen Saaſe der Vereinigten geſellſchafl.
L. Abommements-Concert.
(Für Mitglieder der Vereinigten Geſellſchaft)
ausgeführt von der
8
Streichcapelle des Gr. Hess. Leibgarde Regiments
unter Direction von Herrn Theodor Adam.
Anfang des Concertes präcis 7 Uhr Abends.
Die Liſte zum Einzeichnen liegt fortwährend im Geſellſchafts=Locale der vereinigten
Geſellſchaft und in der Wohnung des Capellmeiſter Adam, Stiftſtraße Nr. 40 offen,
woſelbſt zugleich auch ſtarten zu haben ſind.
Tages=Karten 5 Perſon 36 kr. ſind in der Buchhandlung von Hrn. Bergſträßer
ſowie Abends an der Kaſſe zu haben.
Programme ebenfalls an der Kaſſe.
Wa
Das Silberwaaren=Lager
von
Naoe.
LGLanus Posenl.
befindet ſich von heute an
Leil 29 I. Stook.
Franlſurt a. M., 13. Noobr. 1872.
18532
Gra
8533)
2898)
C.
i.
,
74
Bauſtk=Verein.
Probe: Montag den 18. November, Abends 7 Uhr.
Der Vorſtand.
H ä u ſ e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchafshäuſer mit ſchö nen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
54
141⁄
M.
Meuſtadt, Alexanderſtr. 8.
Häuſig iſt man in der Lage,
irgend ein Offert, Geſuch oder ſonſtige
Willensmeinung in den Zeitungen zu
ver=
ſöffentlichen, befürchtet jedoch aus nahe
lie=
genden Gründen eine Verletzung der
Discre=
tion. Die bekannte Annoncen=Expedition von
Rudolſ Hosse, Centralbüreau
Franlsſurt a. M. hat ſich den
ehrenwerthen Ruf erworben, alle ihr zur
Beſorgung an die Zeitungen zugehenden
anonymen Inſerate mit ſtrengſter
Geheim=
haltung der Namen der Auftraggeber in jedes
gewünſchte Blatt einzurücken und die hierauf
eingehenden Offertbriefe uneröffnet und ohne
Proviſionsberechnung dem anonhmen
Inſe=
renten ungeſäumt zu übermitteln.
Welches Vertrauen genannte Annoncen=
Expedition im Publikum genießt, beweiſen
hinlänglich die Inſeratenſpalten aller Zeitungen
welche täglich eine Menge von Anzeigen
ent=
halten, worin obige Firma zur
Entgegen=
nahme von Offertbriefen autoriſirt iſt.
Cageskalender.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag 15. Nov. 9. Vorſt. im 3. Abonn.:
Böſe Zungen. Schauſpiel in 5 Akten von Laube.
Sonntag 17. Nov. 10. Vorſt. im 3. Abonn.:
Der Troubadour. Große Oper in 4 Akten mit
Ballet; Muſik von Verdi. — Sonntagspreiſe.
Großh. Muſeum und Bildergalerie im Schloß,
geöffnet Sonntag von 10-1 Uhr, Dienſtag,
Mitt=
woch, Donnerſtag und Freitag von 11-1 Uhr.
Großh. Hofbibliothek im Schloß, geöffnet
täg=
lich von 9-12 Uhr Vormittags und ſaußer Samſtag)
von 2- 4 Uhr Nachmittags.
Sparkaſſe. Zahltage Montag, Dienſtag,
Donner=
ſtag, Freitag von 9-12 Uhr Vormittags. Jeden
Dienſtag von 2- 4Uhr Nachmittags werden die
Spar=
kaſſebüchelchen gegen die Interimsſcheine ausgegeben.
Darmſtädter Volksbank, eingetragene
Ge=
noſſenſchaft, verbunden mit Spar=Kaſſe.
Geſchäftsſtunden täglich Morgens von 9-12 Uhr,
Nachmittags von 3-6 Uhr. Kaſſeſchluß um 5 Uhr
Nachmittags. Sparkaſſe=Büchelchen werden ſogleich
bei der Elnlage ausgefertigt.
Spar= und Leihkaſſe in Beſſungen, Carlsſtraße
Nr. 2, Zahltage Dienſtag und Samſtag von
8-12 Uhr Vormittags.
Darmſtädter hiſloriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt von W.
Nr. 99. Darmſtadt vor 200 Jahren.
Wir hatten es vor einiger Zeit verſucht, dem Leſer ein Bild
der Stadt dienen. Den Umfang der Stadt bezeichnete damals ( folgenden Worten characteriſirt:
die Stadtmauer, denn außerhalb dieſer lagen außer der
Fried=
fang bezeichnet erſcheint:
„Prinz Emil= und der Schloßgrabenmauer.
Mauer: das Jägerthor und das Sporerthor.
Die Stadt erweiterte ſich dann vor 200 Jahren durch den
die meiſten Häuſer des Birngartens zeigen) binnen Jahresfriſt angeſehen und beſtraft werden"
dazu benöthigte Holz aus den herrſchaftlichen Waldungen zu ½
Orten, wo es ihnen am beſten gelezen war, ohne Entgelt frei die Straff iſt Ein Viertel Wein.
verſtattet, ſodann jedes 1000 Backſteine zum höchſten für 4 fl.
her geſchafft werden ſollte. Außerdem waren die alſo erbauten ſpiel mittheilen:
Häuſer 3 Jahre lang von allen Reallaſten und deren Einwohner
von allen Perſonallaſten frei.
Canzleibau) der im Jahr 1715 abgebrannt iſt.
Kupferſtich, zeigt dem Beſchauer dieſen Schloßbau und Anhang ( nehmen laſſen hat.
vom Markt her und den Marktplatz ſelbſt mit Marktbrunnen,
(von welchen alten Geſchichten wir dem Leſer demnächſt Einiges, bat inhalts.
erzählen wollen) und mit einer Anzahl unſerer alten Darmſtädter
Figuren männlicher und weiblicher Art.
Sowie die Stadt damals kleiner war als jetzt, ſo war auch,
Eos.
1003
wie damals überall, das Thun und Treiben darinhein anderes.
Und dieſes ganders= wollen wir durch einige Beiſpiele
veran=
ſchaulichen.
Die ſtädtiſche Verwaltung.
Die ſtädtiſche Verwaltung wurde unter Oberaufſicht der
Re=
von Darmſtadt zu geben, wie es vor 100 Jahren geweſen iſt. gierung von dem Stadtrath geführt, der aus dem Oberſchultheiß,
Wir wollen ihm nun Einiges von dem alten Darmſtadt vor 2 Bürgermeiſtern, 12 Senatoren und einem Notarius beſtand.
200 Jahren erzählen. Wir wollen dieß aber nicht in Form einer Die Wahl von nöthig werdenden neuen Senatoren war im Jahre
zuſammenhängenden Erzählung thun, ſondern in Form von ein= 1664 von dem Landgrafen ſo geordnet worden, daß ihm ſolche
zelnen Beiträgen, welche geeignet ſcheinen, Thun und Treiben in Männer vorgeſchlagen würden, die man für tüchtig halte und
dem damaligen Darmſtadt zu kennzeichnen, und überlaſſen es ſ aus denen er dann die neuen Rathsmitglieder ernennen wolle.
dann der Phantaſie des Leſers, ſich daraus ein Geſammtbild zu In demſelben Jahre ſchon wurde die Wahl von zwei neuen
Se=
geſtalten. Als Einleitung zu den Einzelnheiten, die wir zu geben natoren nöthig und da reichte der Stadtrath einen Bericht über
beabſichtigen, möge eine Erinnerung an den damaligen Umfang die ihm tauglich ſcheinenden Männer ein, indem er dieſelben in
„Der Bader Johann Wolf Mack iſt ein feiner berichtſamer
hofskapelle nur einige Gartenhäuschen. Die damalige Stadt= Mann, welcher ziemlich zu gebrauchen. Es hat zwar ſwiewohl
mauer aber enthielt folgende Thore, durch welche der Stadtum= ganz äußerlich und ohne einigen Grund) verlauten wollen, als
ſollte derſelbe die ſchönen Weiber gern ſehen, gleichwie
1. in der urſprünglichen Katzenelnbogener=, alſo ſeit dem aber kein Menſch disfalls etwas gewiſſes weiß, alſo iſt deme auch
14. Jahrhundert beſtehenden Stadtmauer: ein Thor am Anfang kein Glaube zuzuſtellen. Georg Wilhelm Schlechter iſt zwar auch
der Obergaſſe, das ſ. g. Mooken= oder Sprinzenthor, das ein ehrlicher Mann, allein er iſt noch etwas jung und hält ſich
Beſſunger Thor, welches damals am Eüde der Kirchſtraße ſelbſten für alſo klug und witzig, daß er ſich über
ſtand, da wo die beim „alten Pior die alte jetzt noch in einem ſeinen Verſtand verwundert. Wenigmann iſt auch ein
kleinen Reſte vorhandene Stadtmauer herzog, das neue Thor, feiner alter ſtiller Mann, nur iſt der Fehler dabey, daß er
gleich=
welches zwiſchen der Ecke des Schwab'ſchen Hauſes und der ſ wie Petermann und Georg Jahn keinen Buchſtaben ſchrei=
Schloßgrabenmauer ſtand, und ein Thor zwiſchen dem jetzigen ben oder leſen kann, welches bei Verwaltung des
Bürger=
meiſteramts ich für einen ziemlichen Gebrechen halte. Peter
2. In der nach dem Bau der alten Vorſtadt entſtandenen Schönemann iſt ein ehrlicher vorſichtiger ſtiller friedſamer Mann
und zu ſolcher Ehrenſtell wohl würdig: ꝛc.
Die Herren Senatoren ſcheinen aber die Sitzungen gar nicht
Ausbau des Birngartens, in Folge deſſen dann die Stadtmauer gerne beſucht zu haben, denn in den Sitzungsprotokollen des
Stadt=
hinter den Häuſern der jetzigen Alexanderſtraße her weiter ge= raths ſind gar häufig ſolche „Schwänzeru mit der Bezeichnung
führt und ein weiteres Thor am Anfang der neu entſtandenen „Abfueruntes” notirt. Es wurde deßhalb im Jahre 1681 die
Birngartenſtraße errichtet wurde. Damals war das Bauen in Beſtimmung gemacht, daß jeder, der ohne erhebliche Entſchuldi=
Darmſtadt leichter gemacht als jetzt. Der damalige Landgraf gungen nicht erſcheinen würde, dem Collegio mit einem halben
Ludwig erließ im Jahre 1672 zur Förderung des Ausbaus des Viertel Wein verfallen ſeie, würde aber ſolcher eine Viertelſtunde
Birngartens ein Patent, worin er erklärte, „daß diejenigen oder länger ausbleiben und zu ſpät kommen, ſo ſoll derſelbige
Häuſer, ſo nach dem vorgeſchriebenen Muſter (wie es heute noch nach advenant mit einem Maas Wein darüber und darunter
Dieſe Beſtimmung
gebaut würden, zuvörderſt von aller Einquartirung und allen ſcheint übrigens früher ſchon in Anwendung gekommen zu ſein,
Wachten befreit ſeien, daß ferner denen, welche alſo bauten, das denn das Sitzungsprotokoll enthält am 31. März 1658 den
Ein=
trag: „Herr Peter Dreieicher hat ſich geſtern im Enzel mit Wein
frei angewieſen und gegeben, das Steinbrechen auch an allen beſoffen, iſt an heutig ordentlichem Rathstag vom Rath blieben;
Die Art der Geſchäfte, welche der Stadtrath zu erledigen
geliefert, ſodann das Eiſen aus dem Oberfürſtenthum Heſſen und hatte, läßt ſich aus dieſem Protokoll erkennen. Wir wollen das
zwar jeder Centner um 2½ Thaler auf herrſchaftliche Koſten hier= Protokoll einer Sitzung im Jahre 1678 in extenso als ein Bei=
Darmbſtatt am 20. Febr. 1678.
Nachdene wargenommen wird, daß die Landbeckere ſolche
Welchen Anblick Darmſtadt damals gewährt hat, kann der Wecke zu Wochen= und Jahrmärkten anhero bringen, und im
Leſer in dem Cabinetsmuſeum ſehen, wo eine Anſicht der Stadt! Lande hin und wieder verkauffen, ſo Milchgut genant wird, aber
von der Weſtſeite aufgenommen in einem Oelbild von dem alten das weniger an milch mit dazu kompt, dazu unausgebacken und
Maler Roding aufgehängt iſt. Da präſentirt ſich dem Beſchauer meiſtlich 8 und mehr Loth zu leicht befunden worden, wiewohl
die weſtliche Stadtmauer, von der jetzt noch ein letztes Reſtchen vor Alters die Landbeckere zwey Loth ſchwerer, als die
Statt=
in der Ernſt=Ludwigsſtraße und hinter den Häuſern der Kirch= beckere gebacken haben, ſo wird für gut befunden, wo nicht ſolch
ſtraße zu ſehen iſt, dabei auch der „weiße Thurmi, damals ein ſchlecht Gebäck und etwas Milchgut gar abzuſchaffen wäre, daß
einfacher Mauerthurm, wie deren mehrere in der Mauer der die Landbeckere doch nach Stattgewicht und Gewohnheit und
Stadt ſtanden. Hinter der Mauer erſcheinen die Häuſer der Werth backen und über der alten Straff gegen die Ueberfahrer
Stadt und darunter der von Georg II. erbaute Schloßtheil (der gehalten werde, zumahl theils Landbeckere ſelbſt ſolch arm und
vervortheiliſch Milchgut improbiren und nicht loben, in specie
Ein anderes im Cabinetsmuſceum zu ſehendes Bild, ein großer Philipps Heußer zu Nieder=Rambſtatt ſolches ſich ehrlich ver=
Philipps Traiſer übergab ohnrubricirte Schrift contra
Jo=
mit dem Triller, dem Schnellgalgen, dem hölzernen Strafeſel hann Siegener wegen ihres Hauscanals und andere Strittigkeit,
(Iſt Johann Siegener zu ſchließlicher Erlärung zugeſtellt).
Philipps Traiſer ward bei 100 Nthlr. Straff befohlen, ſein
Secret oder heimlich Gemach neben Johann Siegenern unter
1004
4
Erden machen und wölben zu laſſen, daß der Vorrath aus der
Bach bleibe, der fürſtl. Verordnung gemäß.
Ph. Traiſer entſchuldigt ſich, er habe mit Bort beſchlagen
und wiſſe faſt nicht anders zu helfen, ſeine Nachbarn hätten auch
ſolche Secreta, ſo alle in die Bach gingen.
(Es bliebe beym Beſcheid und ſollen die Andern auch eitirt
werden).
Hr. Oberſchultheiß zeigete an, daß bey Ober=Amt Johann
Schmidt, Stappen genannt, ernſtlich befohlen worden ſei, ſeinen
Schornſtein entweder aufzuführen, oder gar abzuſchaffen, wie nun
etlich Jahr her ihm von Bürgermeiſter und Vierern anbefohlen
worden, er Hr. Oberſchultheiß entſchuldigt ſich, wann
Feuersge=
fahr da entſtehe, wollte er unſchuldig ſein.
Bürgermeiſter Hug ſagte, er hätte Johann Schmitter von
der Stadt=Ziegelhütte Stein dazu zu lehnen oder zu verehren
angebotten, allein es werde nicht geachtet; ward demnach
geſchloſ=
ſen, daß mittelſt Amtshülfe Johann Schmitten das Feuer
ge=
löſcht und er dadurch zum Gehorſam gewieſen werde.
Weil auch wahrgenommen wird, daß Bürger und Soldaten
Nachts mit lichtloh brennenden Kienſpänen über Gaſſe gegangen
und daß dann die brennenden Späne zwiſchen und an die Häuſer
hingeworfen werden, ſo iſt für gut befunden, es bey der
Bürger=
ſchaft öffentlich zu verbieten, und im übrigen an hohen Orten
anzuzeigen, daß bey der Soldatesca ſolche Kienlichter ebenmäßig,
auch wohl gar das öffentliche „Kienſpänverkaufen; allhie in fürſtl.
Reſidenzſtadt verboten werde.
Philipps Jacob Schreiber, Becker, übergab Bittſchrifft um
moderation monatl. Contribution von 1 fl. 3 Alb. und beſchwerte
ſich über die Reichen, ſo faſt weniger geben.
Georg Schmid bat um Vergünſtigung eine Ohm Wein ihm
zum Auszapfen anzuſchneiden, ſo er an Schulden angenommen
bey dieſer 3fachen ſchweren Landeslaſt und ſich ein Pferd zu
kaufen.
(Iſt aus bewegenden Urſachen, doch ohne Conſequentz
ver=
williget).
Die Bierbrauer allhie übergaben ein Gegenſchrift gegen Hrn.
Neſſels vorhabendes Bierzapfen und baten für ſie zu ſorgen, zu
reden und an hohen Orten zu ſuppliciren.
(Dieſe Sach ſoll Hr. Landſchreiber Dauber heut fürbracht
werden, ehe er Neſſel fürſtl. Verwilligung auswirket).
Georg Gilheimer, Schulmeiſter auf der Stadt Baux) ward
vorgehalten, daß er die Gaſſe nicht nach fürſtl. ſcharfer
Verord=
nung wochentlich ſäubern laſſe, ſondern großen Uebelſtand
ver=
urſache.
Hr. Gilheimer geſtund ſolche Unſauberkeit, es käme aber
viel von Bauern her, ſo vor dem Thor fütterten oder Früchte
hereinführeten. Aber, ehe er ſolches Weſen wegmachen ſollte, ehe
wollte er vom Bau abziehen und ein Haus vor 10 Rthlr.
miethen.
(Ward abzutreten gütig erinnert und ſollte der resolution
erwarten).
Weil Hr. Gilheimer damit aufgekündet und ſolch
unſau=
beres Weſen nicht zu dulden, ſo iſt ſein resolution acceptiret
und ihm angedeutet, aufs eheſte der Stadt Haus zu räumen, daß
man zu beſſern Nutzen wieder repariren und zurichten laſſen
wolle).
Hr. Hug, Bürgermeiſter proponirte die Frag zu reſolviren,
ob bey den Bürgern, ſo eigen gewachſenen Wein zum Auszapfen
anſchneiden laſſen, die Weine all im Keller notirt und dann nach
dem Auszapfen wieder beſichtiget werden ſollen.
Resolutiones vel vota.
Hr. Schnauber ſagte, weil es hiebevor nicht geſchehen, ſo
konnte man die Bürger im eigen Gewächs nit ſo hart halten;
was aber die Weinhänder und ſo fremde Wein einlegen belange,
wäre beſſere Aufſicht zu halten.
Hr. Coburger iſt gleicher Meynung.
Hr. Grauwel gleichfalls.
Hr. Siezmann, Bürger wegen eignen Gewächſes bey alten
4) Der Stadtbau war das „alter Waiſenhaus, früher auch „Schulteiſen
bauz genannt in der Schulzen=Gaſſe.
66.
Herkommen zu laſſen Ediekübrigs aberßmöchten ihre fremden Wein
mit Faſſen verkaufen.
Hr. Lautz hielte dafür, die Wein eigen Gewächſes ſeyen alle
anzuſchneiden, die fremde Wein aber gar nicht.
Hr. Schlechter, a. 1660 als er Hr. Heyl ſel. Vormunder
worden, hab er wahrgenommen, daß der Wirth zum Schwanen
ſein Handelswein beſonders in einem Keller notirt gehabt, wäre
alſo die fremde Wein andern gleichwohl zu notiren.
Hr. Mack: ſollte alle Wein beſchrieben und verpetſchirt
wer=
den im Keller, wie Hr. Marſchall und Hr. Daub bereits vor
gut befunden.
GFortſ. folgt.)
Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt 14. Nov. Seine Königliche Hoheit der Großherzog
haben der für Lehrer=Wittwen urd Waiſen ſo wohlthätig wirkenden Ludwig=
und Alicen=Stiftung ein Geſchenk von 100 fl. zu überweiſen geruht.
Landgerichts=Aſſeſſor Auguſt Klingelhöffer in Nidda iſt zum
Stadtgerichts=Aſſeſſor bei dem Stadtgericht Darmſtadt ernannt worden. 4½
Bei der am 11. d. M. abgehaltenen Jahres=Verſammlung des,
unter dem Protectorate Ihrer Königl. Hoh. der Frau Prinzeſſin
Carl ſtehenden, Frauen=Vereins der Guſtav=Adolf=Stiftung, wurden in den
Vorſtand gewählt: Frau Geheimerath Goldmann, Frl. Hofmann,
Frl. Fehr.
Der erſtattete Rechenſchafts=Bericht ergab folgendes Rejultat: Die
Jahres=Einnahme betrug 689 fl. 50 kr. Die Ausgabe 659 fl. 58 kr.
Mit Gaben zur Verwendung für Kirche und Schule wurden bedacht,
die inländiſchen Gemeinden: Dieburg, Gernsheim, Fürth, Bieber und
Caſtel im Geſammtbetrag von 220 fl. Die Jahresabgabe an den Haupt=
Verein 50 fl. Fröſchweiler im Elſaß zum Neubau einer Kirche 50 fl. Zur
Unterſtützung der ev. Schulen in Oeſterreich 50 fl. Der evang. Gemeinde
zu Innsbruck 35 fl. Der Waiſen=Anſtalt zu Kloſter Liebenthal in
Schleſien 28 fl. Zur Unterſtützung bedrängter Prediger= und Lehrer=
Wittwen und Waiſen in Böhmen 103 fl. 15 kr. Druck=Koſten für die
Jahre 1871-72 25 fl. 6. Für Erhebung der Beiträge 10 fl. Für
Lein=
wand, Nähmaterial und Strickwolle behufs Anfertigung von Hemden und
Strümpfen für arme Confirmanden 75 fl. 8. Porto 5 fl. 21. Unkoſten
durch die Verlooſung 8 fl. 8. Zuſ. 659 fl. 58.
- Geſtern Nachmittag ereignete ſich in der Langgaſſe im Glaſer
Karhof'ſchen Haus ein tragiſcher Fall, indem der daſelbſt wohnende Gürtler
Wiemer ſeinem Leben durch einen Piſtolenſchuß ein Ende machte. Zwei
andere geladne Piſtolen waren bereit gelegt und vielleicht für den Gläubiger
gemünzt, der an demſelben Tag vergeblich bemüht war, ein, mehrere
hundert Gulden betragendes Guthaben zu erhalten. Die Kleider des nicht
ganz zurechnungsſͤhigen Sohnes des W. waren zuſammengeſchnürt und mit
einem Zettel verſehen: veräußert meinem unglücklichen Sohn ſeine Kleider nicht!
Der zwiſchen Neckarthor und Rheinthor belegne Theil der ſtädtiſchen
Promenade iſt durch die neue Güter=Halle der Main=Nedkar=Bahn
unter=
brochen und in ſeinem ſchönſten Theil abſorbirt. Der Stadtvorſtand hat daher
beſchloſſen, daß verſucht werden ſoll, einen Längenſtreifen Exercirplatz zur
Anlage einer neuen Promenade in Tauſch gegen ein entſprecheudes Stück
ſtädtiſche Tanne zu erwerben und iſt die deßfallſige Vorſtellung bei Großh.
Cabinet bereits eingereicht.
Die über das Vorkommen einer ungewöhnlichen Zahl todter Vögel
auf dem Friedhof angeſtellten Ermittlungen haben ergeben, daß der
Eigen=
thümer eines Erbbegräbniſſes zum angeblichen Schutz der Blumenſtöcke gegen
Haſen= und Mäuſefraß vergiftete Koͤrner gelegt hat, was bei dieſer
Jahres=
zeit gewiß als ſonderbares und unbarmherziges Mittel erſcheint.
Eingeſandt.) In Nr. 62 Ihres geſchätzten Blattes wird unter
Mittheilungen aus Stadt und Land gelegentlich des Herubwerſens von
Deckplalten von der Mauer des Großh. Schloßgartens die Anſicht
ausge=
ſprochen. daß das Publikum diefem Unfug ſollte ſteuern helfen. Schreiber
dieſes iſt damit vollſtändig einverſtanden, ſobald die Behörden einem
Be=
ſtreben der Einwohnerſchaft nächtlichen Unfug zu verhüten, auch ihrerſeits
entgegen kommen. Gerade in der Schloßgartenſtraße könnte es übrigens
ein leichtes ſein, ſolche Scenen zu verhindern, wenn die betreffende Behörde
anſtatt der einzigen Gaslaterne, die in dieſer Straße nur die egyptiſche
Finſterniß daſelbſt anſchaulicher macht, deren zwei oder drei aufſtellen würde,
damit ſich ein friedlicher Bürger auch in dieſe Straße hineinwagen kann.
Bei dem jetzigen Zuſtande daſelbſt iſt es ſehr leicht möglich, daß ein etwaiger
Ruheſtifter von den Uebelthätern in den ſeit Jahr und Tag nicht gereinigten
ſtädtiſchen Graben geworfen wird, ohne daß man, zwanzig Schritte entfernt.
etwas davon bemerken kann.
Mainz, 12. Nov. In der geſtern Abend im Saale des Caſino
„zur Eintracht' ſtattgehabten Verſammlung welche von ca. 400 Freunden
des Carneval beſucht war, wurde einſtimmig beſchloſſen, denſelben für
1873 wieder ins Leben treten zu laſſen.
Nach dem Verwaltungs=Bericht der Bürgermeiſterei Mainz belaufen
ſich die Kriegs=Koſten der Gemeinde von 1870-71 auf 83,124 fl. 174 kr.
wovon für Einquartirung und Verpflegung 20550 fl. 32½ kr., für
Herrich=
tung von Lokalitäten 2.501 fl. 5 kr. für Bureau=Koſten der Einquartierungs=
Commiſſion 1.408 fl. 52 kr., für Vorſpannleiſtungen 8523 fl. 48 kr., für
Barackenbau 39781 fl. 35 kr., für verſchiedene Ausgaben, worunter
Unter=
ſtültzungen nach Strußburg und Kehl 6415 fl. 32 kr., für die Sieges= und
Friedensſeier 3943 fl. 53 kr.
Redactlon und Verlag: J. C. Abittich'ſche Hofbuchdruckerei.