Allergnädügſt privilegirtes
Darmſtädter
WION
g. und Anzuge-Alatt.
135. Jahrgang.
Erſcheint
in Verbindung mit idem
Ver=
ordnungsblattl für den Kreis
Darmſtädt, welches Mittwochs
ausgegeben wird, täglich. außer
Sonntag und Montag.
Abonnementspreis
inel. des Verordnungsblattes
jährlich 2 fl. 24 kr.
T a g e b l a t t
für
Stadt und Nreis Darmſtladt.
Inſerate
werden angenommen: in Darm
ſtadt von der Expedition,
Rhein=
ſtraße Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blößer,
Friedrich=
ſtraße Nr. 7. ſowie auswärts
von allen ſoliden Annoncen=
Expeditionen.
Ne. Gx.
Freitag den 8. November.
1832.
Edictall adun g.
Nachdem wider den Sergeant Ernſt Mahr aus Traiſa, Kreis Darmſtadt,
gebürtig, der Deſertionsproceß eröffnet iſt, wird derſelbe hiermit aufgefordert, zu ſeinem
Truppentheil zurückzukehren, ſpäteſtens aber in dem auf
Ge
Sonnabend den 1. März 1813, Vormittags 9 Uhr,
vor dem unterzeichneten Gericht anberaumten Termin ſich zu geſtellen, widrigenfalls die
wider ihn eingeleitete Unterſuchung geſchloſſen, er in contumaciam für einen Deſerteur
erklärt und in eine Geldbuße von 50 bis 1000 Thaler verurtheilt werden würde.
Darmſtadt, den 5. November 1872.
(8328
Großherzogliches Diviſionsgericht.
Feilgebotenes.
F. HaaLlssager SoIlo,
8288)
Ludwigſtraße II.
Zur Weihnachts=Baiſon empfehle ich mein reichhaltiges Lager in Petroleum=
Lampen, Lüſtres und Hängelampen mit und ohne Zug, Stehlampen von den billigſten
bis zu den feinſten Sorten.
8312
½04
Mündhener ua-skandsohuhe
1, 2 und 4 köpfig, Coiffüren, Schleifenbäuder und Fächer empfehle für
be=
vorſtehende Vallſaiſon in reicher Auswahl.
H.
Anton Semmaidt, Ludwigſtr. 8.
8329)
Deutſcher Reichs-Kalender
für das Jahr 1873.
Herausgegeben von der Geſellſchaft für Verbreitung von Volksbildung.
Vorräthig bei
J. Ph. Reinhardt,
Papierhandlung, Schloßgraben 7.
J0D esde
V2.
549
GGaudtitAtiasaseg-OuGauae,
H0
34
OhOner Gendenſtoſſe.
O4
2
15½
r Appoor.
e Eine große parthie ſchwarzer u vog1Auds e
D wird Seitens einer Fabrik in einzelnen Kleidern von fl. 30. an 69
Freitag 6 Samſtag den 8. u. 9. November
4
2
E3
53 verkauft.
G
Local: Hôtel zur Fogt.
4)
1
Zimmer Nr. 23 im Hinterhauſe.
(8330 L.
Eingang durch das Thor gegenüber dem Thurm.
gouagaosoasGagatgggaggose
von Zinn
Würmſlaſchen 5 fl. und
5 fl. 30 kr. empfiehlt
F. Hraetzinger Sohn.
8292) Beſſunger Ludwigſtraße Nr. 60
ſind 2 Einlegſchweine zu verkaufen.
8310) Zwei junge Affenpinſcher kleinſter
Race zu. verkaufen. Schloßgartenſtraße 45.
8331) Ein eiſerner Kochofen wird
billig abgegeben. Eck der Eliſabethen= und
Grafenſtraße Nr. 45 Seitenbau.
8332) Ein noch gut erhaltenes Coupée
iſt preiswürdig zu verkaufen.
Näheres Beſſ. Wilhelmſtraße 15.
00
8333) Steinkohlen, ſtückreich u. gut,
ſowie Braunkohlen zu kaufen geſucht, geliefert
frei in Darmſtadt. Offerten mit Preis, B. V.
poste restante Darmstadt zu adreſſiren.
An.
Vermieryungen.
CTag
pTD. TAarge”
PrinNANArnnt vuanurantran
7519) Eine Wohnung von 6 Zim= &X
mern, Hochparterre, untere Eliſabethen=
E ſtraße, nächſt der Promenade, mit
4
Stallung und Mitgebrauch des Gar=
24
tens, iſt alsbald zu beziehen. Die
4 Wohnuug wird auch ohne Stallung
F abgegeben. Näheres in dem Logis=
Nachweiſungs=Büreau von
B. L. Trier, Ludwigsſtraße.
4
EPRAATARAD.
V9NNUUUAA)
8067) Der mittlere Stock in dem neu
erbauten Hauſe des neuen nordöſtlichen
Stadttheils, zunächſt der Pankratiusſtraße,
beſtehend aus 3 Zimmern mit 1 Balkon,
Küche, abgeſchloſſenem Vorplatz, Boden,
Keller, Mitgebrauch der Waſchküche, der
Einquartierungsſtube, des Bleichplatzes und
Gartens ꝛc., iſt zu 160 fl. zu vermiethen
und alsbald zu beziehen.
Näheres bei Maurermeiſter Müller
am Arreſthaus.
8314) Obere Sandſtraße 2 ein Zimmer
zu vermiethen - auf Wunſch möblirt oder
unmöblirt.
252
[ ← ][ ][ → ] 966
8294) Ein möblirtes Zimmer zu
ver=
miethen Louiſenſtraße 2 eine Stiege hoch.
8334) Möblirte Stube Louiſenſtr. 8.
A62.
8272)
Vermiſchte
Nachrichten.
8261) Von heute an wohne ich
Grafen=
ſtraße 27, in dem ſeither von Hrn.
Hof=
gerichtsadvokat Ernſt Emmerling II.
bewohn=
ten Logis.
Darmſtadt, den 1. November 1872.
Ferd. Diefkenbach.
8091)
Dr. Fehr
wohnt von heute ab Beſſunger Carlſtr. 39.
Beſſungen, den 31. October 1872.
2 ſchine Einlegerin wird ge=
L0
8 E' ſucht. L. C. Wittich'ſche
Hofbuchdruckerei.
(Fin Mädchen von geſetztem Alter,
8 U welches im Kochen und jeder
Haus=
arbeit erfahren iſt, kann durch gute
Zeug=
niſſe empfohlen, zu einer einzelnen Dame
alsbald in Dienſt eintreten. Näheres
Rhein=
ſtraße 23, Seitenbau.
K.ar.
—
ACin ſehr fein möblirtes Zimmer
8 E. mit Kabinet, Parterre, in der
Pro=
menade, iſt mit Frühſtück und Bedienung
vom 15. November an einen Herrn oder
Dame zu vermiethen. Näheres in der Exp.
1741)
Ein Lehrling.
wird geſucht für ein hieſiges Bankgeſchäft.
Näheres bei der Expedition.
L.
(Win kräftiger, mit guten Zeugniſſen
S C verſehener Mann kann bei gutem
Lohn dauernd Arbeit erhalten in der
Buch=
druckerei von
H. Brill.
8338)
Dankſagung.
Allen Freunden, Verwandten und
Be=
kannten, welche unſerem lieben unvergeßlichen
Gatten, Sohn u. Bruder Jakob Vorger,
gebürtig aus Zwingenberg, der nach langem
ſchwerem Leiden ſanft in Gott dahier
ent=
ſchlafen iſt, die letzte Ehre erwieſen und
ihn zu ſeiner Ruheſtätte geleiteten, ſagen
wir unſeren innigſten Dank.
Die trauernde Familie Borger.
Schiller=Feier
am Vorabend von Schiller's Geburtstag
Gamſtag den 9. d. Mts. im Feſſaal der Freimaurerloge,
veranſtaltet
voN
von dem Verein für literar. u. muſu. Abend=Unterhaltung.
Vortrag des Herrn Prof. Dr. Georg Zimmermann ans Gießen: Gotthold
Ephraim Leſſing's Hauptgedanken über das Weſen und die Aufgabe der dramatiſchen
Poeſie, mit Hinblicken auf Schiller - verbunden mit muſikaliſchen und deklamaloriſchen
Vorträgen, wobei Frln. Fannh Janauſchek, Frln. Emilie Reitz,
Hoftheater=
ſängerin, und die Herren Hofmuſiker Böllert und Heim, ſowie Herr Max
Sedlmahr gefälligſt mitwirken.
Näheres beſagt das Programm. Nummerirte Billete 1 fl. für eine Perſon,
1 fl. 45 kr. für zwei Perſonen und 2 fl. für drei Perſonen ſind in der
Buch=
handlung des Herrn A. Schödler, ſowie erſtere Abends an der Kaſſe zu haben.
Anfang halb 7 Uhr, Ende 9 Uhr, Kaſſen=Eröffnung 6 Uhr.
Was Comité.
2898)
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchafshäuſer mit ſchönen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
9 Alexanderſtr. 8.
Samſtag den 9. November d. J.
Abend=Unterhaltung
auf dem Breidenbach'ſchen Felſenkeller (Reſtauration Kloß).
Aufang 8 Uhr.
Gäſten kann der Eintritt nur gegen Vorzeigung von Eintrittskarten geſtattet zwerden.
8302)
Der Vorſtand.
84)
C (xin ſolides, in Papierarbeiten ge=
3 C wandtes Mädchen kann dauernde
C
Beſchäftigung erhalten in der Buchdruckerei
von
H. Brill.
Heak,
CUzvaft Wiyz,
14L=
Samſtag den 9. November wird ein
im Gaſthaus „zur Trauber abgehalten. — Anfang Abends 8 Uhr.
Die Vergnügungs-Commiſſion.
9ag egso ans2 i aA Gd A AnuaneD,
383222388¾
188¾84,
8325) Ein auch zwei junge Herren
kön=
nen Koſt und ein freundlich möblirtes
Zim=
mer erhalten bei einer kinderloſen Familie.
Landwehrweg Nr. 7 Seitenbau.
8335) Ein Laufmädchen wird für den
Morgen geſucht. Ludwigſtr. 19 im Laden.
,
„D.
=
RrAAAAAAPTAARArTRTAAA4
8 8336) Eine Dame ſucht eine Woh=
P nung (womöglich Parterre) von drei
E Piecen, Küche, Holz= u. Kellerraum.;
F Näheres Schulſtraße 6, 1. Stock. 4
Samſtag den 9. November Abends 8 Uhr im Saale des Hrn. Gaſtwirth Guntrum.
Fremdenkarten 48 kr. ſind bei Herrn Kaufmann Lind, Ludwigſtraße 1 und
Abends an der Caſſe 1 fl. zu haben.
Gſpins der billigſten und gediegen=
1⁵⁄
E ſten Journale für Jedermann
iſt das ſeit bereits zehn Jahren Belehrung
und Unterhaltung ſpendende Ruppiusſche
44)
Jonntagsblatt,
herausgegeben von Franz Duncker & Ern,
Naeb in Verlin
Daſſelbe erſcheint wöchentl. in 1½ Ban. ſtarken
Nummern und bringt die gediegenſten,
ansgewählteſten Novellen, Skizzen,
Zeit=
fragen, loſe Blätter ꝛc. von den beſten
Autoren, ſowie Illuſtrationen von den
tüchtigſten Meiſtern. Der
Abonne=
mentspreis beträgt nur 12½ Ggr.
vierteljährlich frauco per Poſt und
iſt die Redaction dieſes Blattes gern bereit,
die in dieſem Jahre bereits erſchienenen Hefte
zur Anſichth vorzulegen und Beſtellungen
anzunehmen.
8341) Ich warne Jeden, irgend etwas
außer mir, meiner Frau u. Söhnen auf meinen
Namen zu leihen oder zu borgen. L. Büttner.
8342) Beſtellungen zum
Krautein=
ſchneiden werden angenommen bei
Ch. Kottler.
In dem Großherzoglichen Holzmagazin
per Raummeter.
wird abgegeben:
buchen Scheidholz L. Claſſe 6 fl. 40 kr.
4 fl. 40 kr.
kiefern
6
„
Der an den Ueberbringer für einen
Raum=
meter zu zahlende Fuhrlohn beträgt für
Darmſtadt und Beſſungen 18 kr.
Beſtelltage: Dienſtag, Freitag und
Samſtag, Vormittags von 8 bis 11 Uhr.
Großherzogliches Reucamt Darmſtadt.
Hauſer.
8307)
N 62.
Turngemeinde Beſſungen.
Vom 1. November an iſt die Kneipe jeden Samſtag Abend im hinteren Locale
der Fauſt'ſchen Wirthſchaft.
Der Vorſtand.
967
Fria”-o.
Eb. ½. Für Anzeigen
B
beſonders von Geſellſchaften, Vereinen, Inſtituten,
Bank= und Geſchäftshäuſern ꝛc.,
eignet ſich beſonders das
„Obenwülder Anzeigeblatt”
zu Fürth im Odenwald.
Preis der 3ſpaltigen Petitzeile 3 kr. - Bei mehr als dreimaliger Aufnahme Rabatt.
685) Die Gewerbhalle zu Darmſtadt,
5⁄₈
an dem Marrt,
empfiehlt bei feſten Preiſen ihr Lager der verſchiedenartigſten, durch Prüfung gut und
preiswürdig bejundenen Erzeugniſſe der Juduſtrie. Dieſelbe glaubt beſonders aufmerkſam
machen zu dürfen auf den Fets reichen Vorrath an Möbeln aller Art und zu jeder
Ein=
richtung paſſend, ſowie darauf, daß fortwährend auch Beſtellungen auf ganze Ameublements
angenommen werden. Durch ihre Verpflichtung zu einer Garantie von einem Jahr
für die Güte der Arbeiten ſichert ſie zugleich ihr Fortblühen und das Vertrauen
des Publikums.
Schriftliche Aufträge wolle man an den Verwaltungsausſchuß der Gewerbhalle zu
Darmſtadt richter, welche auf s ſorgfältigſte ausgeführt werden; mündliche Beſtellungen
werden in der Gewerbehalle von dem Geſchäftsführer der Halle entgegengenommen.
Der Ausſchuß der Gewerbhalle.
Cageskalender.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag. 8. Nov. 5. Vorſt. im 3. Abonn.:
Die relegirten Studenten. Luſtſpiel in 4 Acten
von Benediz.
Sonntag, 10. Nov. 6. Vorſt. im 3. Abonn.:
Der Prophet. Große Oper in 5 Acten mit Ballet;
Muſik von Meyerbeer. - Anfang 6 Uhr.
Sonntagspreiſe.
Montag, 11. Nov. 7. Vorſt. im 3. Abonn.
Zur Schiller=Feier: Feſtouverture. Prolog. Don
Carlos. Dramaliſches Gedicht in 5 Atten von
Schiller. — Anſang 6 Uhr.
Großh. Muſeum und Bildergalerie im Schloß
geöffnet Sonntag von 10-1 Uhr, Dienſtag,
Mitt=
woch, Donnerſtag und Freitag von 11-1 Uhr
Im Großherzoglichen Kupferſtichkabinet ſind
gegenwärtig die Semper'ſchen Pläne für den
Neubau des Großherzogl. Hoftheaters
zur Ausſtellung gebracht.
Großh. Hofbibliothek im Schloß, geöffnet
täg=
lich von 9-12 Uhr Vormittags und laußer Samſtag)
von 2- 4 Uhr Nachmittags.
Sparkaſſe. Zahltage Montag, Dienſtag.
Donner=
ſtag, Freitag von 9-12 Uhr Vormittags. Jeden
Dienſtag von 2- 4Uhr Nachmittags werden die
Spar=
kaſſebüchelchen gegen die Interimsſcheine ausgegeben.
Spar= und Leihkaſſe in Beſſungen, Carlsſtraße
Nr. 2., Zahltage Dienſtag und Samſtag von
8-12 Uhr Vormittags.
Der Geiſt des Martin Grnnewald.
Eine märkiſche Geſchichte
von
Julie Burow.
Cortſetzung.)
Gewiß nicht, meine Tochter! ſagte Madame Siewers.
„Ehre und Schande eines Weibes liegt nicht in der Hand eines
wüſten Mannes, ſondern in ihrem eignen Herzen, und ſelbſt eine
Verirrung des Herzens kann durch Reue und ein ſittenreines
Leben geſühnt werden, aber dennoch danke ich Gott, o wie ſehr,
daß Du keiner Sühne bedarfſt, und daß ich Dich rein und frei
in meine Mutterarme ſchließen kann.”
„Ich werde auch geſund werden, liebſte Mama, nun ich von
der Angſt vor Grunewald erlöſt bin. Ich ſchlafe jetzt weit beſſer
und es gefällt mir ſo ſehr hier in Lagow. Ich mag gern mit
Hanuchen in den Buchen am See ſpazieren gehen und werde gar
nicht ſo leicht müde.
„Die Mutter küßte mit einem ſeligen Blick ihr Kind, das
recht kindlich heiter erſchien, und hütete ſich wohl, das junge
Mädchen daran zu erinnern, daß der Tod mit all ſeinem Ernſt
und ſeiner Finſter niß ihr die Freiheit wiedergegeben hatte.
Der junge Martin Grunewald war begraben. Niemand
weinte um ihn, als Fritz Rohr, der ſich bittre Vorwürfe machte,
durch ſeinen leichtſinnigen Scherz den Tod ſeines Feindes zum
Theil veranlaßt zu haben.
Der Beſitzer von Lagow ließ auf Veranlaſſung des Doctor
Muldner mit dem Schlüſſel, deſſen Beſitz Grunewald mit ſeinem
Leben bezahlt hatte, den verhängnißvollen Schrank öffnen. Er
war weit vorgebaut und durch eine Wand von dem Raume
ge=
ſchieden, durch den man zu dem Bilde hinaufſteigen konnte. Der
flache Schrank enthielt eine Menge Schubfächer, angefüllt mit
alten und veralteten Scripturen, alchymiſtiſchen Büchern die
durch ihre Seltenheit für einen Antiquar jetzt einen hohen Werth
haben, und endlich in einem beſonderen Fache die Bekenntniſſe
des Comthur Grunewald.
Die alte Schrift war ſchwer zu entziffern, aber es ging
aus derſelben hervor, daß Sibylle Rohr von ihm ihrem Bater
entführt worden. Er ernannte darin ihren Sohn Fritz Rohr
oder deſſen Nachkommen zum Erben ſeines Privateigenthums, das
dieſer Schrank enthielt und dieſem Documente waren hundert
alte Goldthaler, eine ſchwere Kette und ein ſchöner Brillantring
von alterthümlicher Faſſung beigeſchloſſen. Auch ſprach er ſeine
Reue aus über das große Unrecht, das er der edlen und
tugend=
haften Sibylle zugefügt, und bat Alle, die dieß leſen würden,
für ſeine Seele zu beten.
Fritz Rohr, der Trompeter, beſaß nun plötzlich als ſein
rechtmäßiges Erbe einen Schatz, der ihn in den Stand ſetztet
ſeine Wirthſchaft zu beginnen und ſein Hannchen zu freien, und
im Spätherbſt tanzte Klara Siewers geſund und heiter mi,
Lieutenant Wallner im Lagower Saale auf der Hochzeit ihres
Kammermädchens.
Fünſtes Kapilel.
Am alten Thor des Städtchens ſteht neben dem Wege ein
Pfaffenhütchenſtrauch, und ſeine vierkantigen Beeren bekommen
ſchon einen leiſen Anhauch ihrer Purpurfarbe.
In dem kleinen Garten blühen in verſteckten Winkelchen
noch Roſen, die der Lenz vergeſſen hat, und ſpaniſche Kreſſe und
Je=länger=je=lieber ranken ſich um niedre Zäune und gucken ganz
nengierig auf die Straße nach dem Wagen, der vorüberfährt,
und ſchütteln ihre Köpfchen verwundert über die ſeltene
Erſchei=
nung. Schiffermützchen ſtehen dort auf dem Berge, an den
Stengeln der Sternblumen emporgeklettert und ſenden ihre ſüßen
Düfte auf den Flügeln des lauen Windes den ſammelnden
Bie=
nen, dem flatternden Schmetterlinge entgegen, und der
Buchen=
wald nickt ein liebliches Willkommen dem Wagen zu, der bis zu
ſeiner äußerſten Ecke fährt, und da ſteht ein hübſches neues Haus
mit hölzernem Vordach.
Im Gärtchen davor blüht dunkelrother Blumenmohn und
blaue Laura und Nelken in allen Farben, und im Schatten des
Kaſtanienbaums vor der Hausthür ſitzt eine ſehr hübſche Frau
und näht und ſieht einmal auf, die elegante Cquipage zu
be=
trachten, die ganz in der Nähe ſtill hält.
R62.
968
Sie iſt einfach bürgerlich aber zierlich gekleidet. Ihr ſeidi=J barung der Regierung mit den Ständen allen Staatsdienern als
noth=
ges dunkles Haar iſt geſchmackvoll geordnet, und am Thürpfoſten wendig zuerkannt worden iſt und welche äußer den anderen Staatsdienern
hängt ein großer Strohhut mit blauem Bande, ein Zeichen, daß erhalten haben.
ſie daran denkt, ihrer weißen Stirn und ihren roſigen Wangen
die Friſche und Reinheit zu erhalten.
Aus den Fenſtern des Hauſes aber ertönt Muſik. Ein l wieſen wurde, erging er ſich in frechſter und lauteſter Art in Schimpfworten
Quartett von Blas=Inſtrumenten, deſſen präciſe Ausführung uns derk Ladenthüre und bezab ſich auf die Flucht. Auf dem Marktplatze
ein=
überraſchen könnte, wenn wir nicht wüßten, daß der Anordner geholt erklärte er ſich bereit die Scheibe zu bezahlen. In den betreffenden
deſſelben Fritz Rohr iſt, der frühere Gardetrompeter, der mit Laden ſodann zurückgebracht machte er es ſich bequem und verlangte einen
dem Herrn Oberförſter, dem jungen Prediger und dem Secretär Schnaps für ſein Geld. Gleich nach ihm betraten drei andere
Handwerks=
des Rentmeiſters jede Woche zweimal muſicirt.
Es ſind dreizehn Jahre verfloſſen, ſeit Klara Siewers auf
ſeiner Hochzeit tanzte.
Frau Hannchen iſt zweiunddreißig Jahre alt, und ihre zwölf= Laden eingefunden und nahm die drei an die Luft Gejetzten in Empfang,
jährige Tochter Klara ſieht ganz wie ein erwachſenes Mädchen erſchien hatten die drei Letzteren ſich ihrer Verhaftung durch die Flucht
ent=
aus und verſpricht eine Schönheit zu werden.
Aber wir vergaßen den Wagen, der vor dem Hauſe des gebracht wurde und für jeine Begangenſchaft zu mehrtaͤgiger Haflſtraͤfe
ſehr wohlhabenden Schreiners Rohr hält und aus dem ein hüb= verurtheilt wurde.
ſcher Mann von militäriſcher Haltung, ein dicker alter Herr, eine dern, das eine 6 das andere 3 Jahre alt, nachdem ſie vorher einige Zeit
ſchöne junge Frau und eine freundliche Matrone ſich allmälig in einer Wirthſchaft zugebracht hatte, in einem hieſigen Privathaus ein.
entwickelt haben.
Ganz zuletzt kommt noch ein fünfjähriger wilder Junge, der ſein ſoll, um daſelbſt Geldgeſchäfte zu beſorgen, von hier wieder abge=
Gott zu danken ſcheint, daß er ſeiner eignen Füße wieder Herr Gemeinde Darmſtadt überlaſſen, bis es der Polizei gelungen ſein wird,
iſt. Er macht eiligſt und ſchleunigſt davon Gebrauch und läuft ihre Perſönlichkeit feſtzuſtellen und die Abgereiſte oder ihren Mann zur
nach dem waldigen Hügel. In den grünen Blättern am Boden Uebernahme der Pflege ihrer Kinder zu zwingen.
blinkt etwas Korallenrothes, und er hat ſich nicht getäuſcht—
es ſind Erdbeeren, die da gewachſen und die er geſchwind auf die nächtlichen Zerſtörungen von öffentlichen und Pivateigenthum in hieſiger
ein Wegerichblatt ſammelt für die liebe Großmama.
Frau Rohr hat verwundert zugejehen. - Soll dieſer Be= Großherzoglichen Schloßgartens abzuheben und in letzteren zu werfen. So
ſuch ihr gelten? — Wahrhaftig, die Herrſchaften kommen in den ſind in der Nacht vom 5. bis 6. I. Mts. wiederum nicht weniger als 17
Garten. Sie ſtreicht noch ein wenig ihre Schürze glatt, ſteht dieſer Platten auf der Seite nach der Schloßgartenſtraße hin abgehoben und
auf und geht den Fremden entgegen, - aber mit jedem Schritt hätte ermitteln können. Die Polizei kann nicht überall ſein und wäre es
verklärt ihr Geſicht ſich mehr - denn das ſind nicht Fremde, wirklich zu wünſchen, daß die Einwohnerſchaft dieſen rohen Vandalismus
das ſind ihre alten Freunde, ihre ehemaligen Gebieterinnen, Ma= dadurch einigermaßen mit ſteuern hilft, daß dieſelbe die Behörden durch
dame Siewers und Klara, und die Herren ſind Doctor Muldner Namhaftmachung der Thäter einigermaßen unterſtützte.
und, wahr und wahrhaftig, Lieutenant Wallner führt Klara am
Arm, und der hübſche Burſche, der ſchon mit ſeinem Schatze zu= jectes der Errichtung einer ſtehenden Brücke zwiſchen hier und Caſtell ſind
rückkehrt, iſt wohl ihr Kind - und wie ſie alle geſund aus= bedeutende Aenderungen in der Conſtruction der Schiffbrücke und
Erbäu=
ſehen! Die helle Freude lacht aus Hannchens hübſchen Augen. ung eines neuen Brückenkopfes nöthig werden, ſo daß bei dem ſtets wachſen=
Sie läuft ihren Gäſten entgegen, ſie küßt der würdigen Madame den Verkehr und den durch Hinausrücken der Ufer gegen früher geringeren
Siewers die Hand, die jetzt etwas rundlich geworden iſt, wie die Koſten die Herſtellung einer feſten Brücke in ernſte Erwägung gezogen
ganze ehemals ſo ſchlanke blaſſe Dame. Klara umarmt ihre
frühere Dienerin mit freundſchaftlicher Wärme.
„Wir konnten bei unſerer Reiſe unmöglich ſo nahe an Ihnen ſeierlichen Gottesdienſt eingeweiht. Herr Oberſtudienrath Beyer von
vorüberkommen, ohne den kleinen Umweg von drei Meilen zu Darmſtadt wird die Feſtpredigt halten.
machen und zu ſehen, wie es Ihnen und unſerem wackern Rohr
geht, beſtes Frauchen! ſagte der Doctor, und Herk von Wallner lung der „Schl. l. Z. kann man ſich ſtatt der Doppelfenſter der =
Doppel=
verbeugte ſich vor der ſchönen Bürgersfrau ſo tief und galant, Weiſe zu demielben Ziele gelangen. Man läßt dazu parallel zu jeder
als wäre ſie eine Gräfin.
(Schluß ſolgt.)
Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt, den 8. Nov. In der Schödler'ſchen Kunſthandlung iſt
eine wohlgelungene, im Atelier des Hofphotographen Albert in München
angefertigte Photographie des Piloty'ſchen Bildes „die Ermordung Julius
Cäſars: ausgeſtellt, welche allgemeines Intereſſe erregt.
- Hr. Lehrer Dr. J. Fölſing veröffentlicht einen „Offenen
Brief=
an Frau Goldſchmid zu Hamburg aus Anlaß ihres Beſuches, ihrer
Aeuße=
rungen und ihres Benehmens in der hieſigen Kleinkinderſchule.
Auf Grund des Geſetzes vom 14. Auguſt 1867 verlangt die Heſſ.
Ludwigsbahn von den danach Beitragspflichtigen Gemeinden an der Riedbahn
die Sümme von 169201 fl., wovon Seitens der Gemeinden 70,000 fl.
be=
ſtritten werden.
C) Die Mittheilung in Rummer 60 des Frag= und Anzeigeblattes,
daß, „nach neueſter Verhandlung mit der Stadt die hieſigen Reallehrer ſich
anſehnlicher Gehaltserhöhungen zu erfreuen haben” iſt dahin zu berichtigen,
daß jetzt endlich die hieſigen Reallehrer auch demnächſt die
Gehaltsaufbeſſe=
rung von ¹⁄ und reſpective ¹⁄₈ erhalten werden, welche nach einer Verein=
die ubrigen Reallehrer im Großherzogthum ſchon vor längerer Zeit
- Am 6. ds. bettelte ein zugereiſter Handwerksburſche in einem
Laden in der Kirchſtraße in ſehr dringender Weiſe. Als er
abge=
gegen den Abweiſenden, zertrümmerte ob der ſchnellen Abweiſung eine Scheibe
burſchen, Kameraden des Erſteren, den Laden, um dieſen zu befreien. Es
gelang jedoch dem Ladenperſonal die drei zuletzt Eingedrungenen mit
Ge=
walt aus dem Laden zu entfernen, während nach der Polizei um Hilfe
geſchickt wurde. Mittlerweile hatte ſich eine große Zuſchauermenge vor dem
wobei der eine etwas unſanſt behandelt worden ſein ſoll. Als die Polizei
zogen, während der Urheber des ganzen Spectakels hinter Schloß und Riegel
— Vor einigen Wochen miethete ſich eine Frau mit ihren zwei Kin=
Am 5. 1. Mts. iſt dieſe Frau, deren Mann angeblich in Offenbach beſchäftigt
reiſt und hat ihre beiden Kinder der einſtweiligen unfreiwilligen Pflege der
- Wie ſchon mehrfach in öffentlichen Blättern nolirt wurde, kommen
Stadt ſehr haufig vor. Eine gewiſſe Geſellſchaft von Leuten hat es ſich
zur Auſgabe geſetzt, von Zeit zu Zeit die Deckplatten von der Mauer des
in den Schloßgarten geworfen worden, ohne daß man die Thäter bis jetzt
— Mainz. Die Ausſichten auf Verwirklichung des
Pro=
in der letzten Zeit gewachſen, da durch Veränderungen des Uſers ohnehin
worden iſt.
Oppenheim. Künſtigen Sonntag, den 10. November wird das
geſchmackvoll reſtaurite Chor der Oppenheimer Pfarrkirche durch einen
Billiger Erſatz der Doppelfenſter. Nach einer
Mithei=
ſpundigen Fenſterverglaſung; bedienen und dadurch auf viel wohlfeilere
einzelnen Scheibe in einem Innenſatz deſſelben Holzrahmen, in deſſen
Außenſatz die erſte Scheibe eingeſetzt iſt, eine zweite Scheibe einkitten.
Hierdurch entſteht zwiſchen den beiden Parallſcheiben eine ½—1 Centimeter
ſtarke, von der Zimmer= wie von der Straßenluft abgeſchloſſene trockene
Luftſchicht. Da dieſelbe ſich weder merklich ausdehnen noch zuſammenziehen
kann, ſo hält die äußere Scheibe die Kälte, die innere die Stubenwärme
zurück. Zu einer ſolchen doppelſpundigen Fenſterverglaſung muß eine gute,
harte (kaliarme, Glasſorte gewählt werden, damit namentlich an den
Güd=
fronten die Sonnenſtrahlen die einander zugewendeten und daher für die
Reinigung unzigänglichen Oberflächen nicht zerſetzen und trüben (blind
machen) können. Beim Einkitten der Scheiben iſt die Vorſicht zu beobachten,
daß nicht allein dieſe Flächen ſorgfältig von Staub und Schmutz gereinigt
ſein müſſen, ſondern daß auch Lie zwiſchen den Scheiben ſich befindende
Luft trocken ſei, alſo das Verglaſen der Fenſter nur zu einer trockenen
Zeit vorgenommen werde. Eisblumen zeigen ſich an ſolchen Fenſtern
ſelbſtverſtändlich niemals. Die geringen Mehrkoſten dieſer Verglajung
werden durch das Brennmaterialerſparniß ſchon im erſten Jahre gedeckt.
Ueberdies ſchützt dieſe Vorrichtung im Sommer ebenſo gegen die beläſtigende
Hitze der directen Sonnenſtrahlen; ein Zimmer bleibt im Sommer bei
etwa 260 R. bei doppelſpundiger Verglaſung. um 40 R. kühler als bei
einfacher Verglaſung. Für Treibbeete haben ſich ſolche Einrichtungen
vor=
züglich bewährt, und bei den großen Glasflächen in Gewächshäuſern dürfte
ſich eine ſolche Doppelverglaſung ſicher vortheilhaft beweiſen.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.