Allergnädigſt privilegirtes
Darmſtädter
g0e4
EEEELL =SpTSTlGL
135. Jahrgang.
Erſcheint
in Verbindung mit dem
Ver=
ordnungsblatt für den Kreis
Darmſtadt, welches Mittwochs
ausgegeben wird, täglich. außer
Sonntag und Montag.
Abonnementspreis
inel. des Verordnungsblattes
jährlich 2 fl. 24 fr. caus
N. 58.
T a g e b l a t t
Stadt und Rreis Darmſtadt.
Freitag den 1. November.
Inſerate
werden angenommen: in
Darm=
ſtadt von der Expedition,
Rhein=
ſtraße Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blößer,
Friedrich=
ſtraße Nr. 7. ſowie auswärts
von allen ſoliden Annoncen=
Expeditionen.
488D.
8042)
Auf die Tage
Allerheiligen und Allerſeelen
empfehle ich eine reiche Auswahl Kränze und Bouquets von getrockneten Blumen,
ſowie Lorbeerkränze zu den billigſten Preiſen.
No
2. Arheilger
Soderßraße 29.
Handelsgärtner.
L. Starch & Ce-
6S
Mainz,
gegründet 1863.
Techniler u. erſte Fabrikation für gepreßte Leder=ſo=
4
Treib=Riemen, ſowie der Starck'ſchen Nie=
¾ 2
men=Scheiben=Bandagen; Lieferung von
Ciie
Drahtſeilrollen mit Lederfütterung. Vollſtändige Wexezg,
Transmiſſions=Anlagen. Preiſe reell und Lieferung unter Garantie.
4O.
RAxAnTArxrT TAzr!
8104) Orangen=Verkauf.
07738)
In dem Großherzoglichen Hof=Orangerie=
Garten werden bittere und ſüße Orangen
abgegeben.
Beſſungen, den 31. October 1872.
Großherzogliche Hofgärtnerei Beſſungen I.
Noack.
p4 Neuſeeländer per
Kartoſſet” Malter fl. 3. 30.
Mathildenplatz 19.
Als Unterlage für Teppiche
empfehle verſchiedene große Sorten
Pach- als auch Rollenpapiere billigſt.
C. C. Hzzber,
Mathildenplatz 19.
8106)
Wataz
Ne. 2409.½
rOErEaé
..
8069) Louiſenſeraße 28 iſt der
3. Stock, 6 Zimmer, Küche ꝛc.
enthaltend, gleich beziehbar, billig
zu vermiethen.
24¾
14
7519) Eine Wohnung von 6 Zim= 8
E mern, Hochparierre, untere Eliſabethen=
„
4 ſtraße, nächſt der Promenade, mit
4.
E Stallung und Mitgebrauch des Gar=
14
tens, iſt alsbald zu beziehen. Die F
8
2
8 Wohnuug wird auch ohne Stallung
4 abgegeben. Näheres in dem Logis=
4
E Nachweiſungs=Büreau von
2
B. L. Trier, Ludwigsſtraße. 4
8
ERURAARANNLEARURUEAANN
7806) Ein ſchönes möblirtes Zimmer
im 2. Stock, Beſſ. Carlſtr. 3; daſelbſt ein
kleines möblirtes Zimmer für einen Schüler
oder Commis.
8053) Untere Waldſtraße 48, zwei kleinere
Wohnungen im Seitenbau.
8067) Der mittlere Stock in dem neu
erbauten Hauſe des neuen nordöſtlichen
Stadttheils, zunächſt der Pankratiusſtraße,
beſtehend aus 3 Zimmern mit 1 Balkon,
Küche, abgeſchloſſenem Vorplatz, Boden,
Keller, Mitgebrauch der Waſchküche, der
Einquartierungsſtube, des Bleichplatzes und
Gartens ꝛc., iſt zu 160 fl. zu vermiethen
und alsbald zu beziehen.
Näheres bei Maurermeiſter Müller,
am Arreſthaus.
(Eine elegante Herrſchaftswohnung
8
J von 11 Zimmern, bel Etage,
in der Rheinſtraße, mit Stallung und
ſonſtigem Zubehör iſt zu vermiethen
und ſofort zu beziehen. Näheres in dem
Logis=Nachweiſungs=Büreau von
B. L. Trier, Ludwigſtraße.
8107) Zwei ineinander gehende möblirte
Zimmer parterre und 2 desgl. im 1. Stock
zu vermiethen und gleich zu beziehen.
Alexanderſtraße Nr. 17.
4.ah. Pos
Vermiſechte EAuiriten.
Gabelsberger Stenographen=Verein.
Monatsverſammlung Freitag den
1. Nov., Abends 8 Uhr, in der Reſtauration
des Hrn. Dittmann (Soderſtraße).
8108)
Der Vorſtand.
C.
Eein junger Menſch, der ſich
8
zum Maſchinenmeiſter
aus=
bilden will, wird als Lehrling geſucht.
L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
7741)
Ein Lehrling
wird geſucht für ein hieſiges Bankgeſchäft.
Näheres bei der Expedition.
7894) Ein freundliches Logis von 5
Zimmern nebſt Zubehör wird für Mitte
Februar zu miethen geſucht. Offerten an die
Expedition dieſes Blattes.
8020) Zwei Herren können Schlafſtellen
erhalten Gardiſtenſtraße Nr. 25.
3060)
Tüchtige
Maſchinendreher
finden bei hohem Lohn ſofort dauernde
Be=
ſchäftigung auf der Filiale des Mainzer
Gasapparat= und Gußwerks in
(6143)
Höchfl a. M.
242
928
M58.
Wiſſenſchaftliche Vorträge.
Unter dem Protectorate Ihrer Großherzoglich Königlichen Poheiten des Prinzen
und der Prinzeſſin Ludwig werden in dieſem Winter wiederum wiſſenſchaftliche Vorträge
ſtattfinden, deren genaueres Programm erſt in einigen Tagen ausgegeben werden kann.
Vortragende ſind die Herren Profeſſoren von Treitſchke und Holtzmann aus
Heidelberg, Herr Emil Rittershaus aus Barmen, die Herren Profeſſoren
Credner und Georg Ebers aus Leipzig, Böhmert aus Zürich, Beetz
und Hertz aus München und Andere, mit denen die Unterhandlungen noch nicht
abge=
ſchloſſen ſind.
Der erſte Vortrag findet ſtatt:
Montag den 4. November, Abends 6¼ Uhr im Saale des Gaſthofs zur Traube.
Herr Profeſſor Georg Ebers: Ueber die geſellſchaftliche Stellung der Frauen im
alten Aeghpten.
Die Abonnementskarten werden in der Buchhandlung des Herrn Arnold
Berg=
ſträßer, die Tageskarten an der Caſſe ausgegeben.
Preiſe der Karten:
Abonnementskarte für 3 Perſonen und für ſämmtliche Vorträge gültig,
numerirte Plätze
10 fl.
für 2 Perſonen und für ſämmtliche Vorträge gültig,
„
7 fl.
numerirte Plätze
für 1 Perſon und für jämmtliche Vorträge gültig,
„
4 fl.
numerirter Platz
für die Gallerie und ifür ſämmtliche Vorträge gültig
2 fl. 42.
fl.
Tageskarten, numerirte Plätze im Saal
30 kr.
für die Gallerie
„
8071
Das Comité.
C Meinen verehrten Kunden und Abnehmern die ergebene Anzeige, daß ich mein
21 Ladengeſchäft auf dem Ludwigsplatz Nr. 10 aufgegeben und mein Kunden=
Geſchäft und Wohnung in die Kiesſtraße Nr. 26 verlegt habe.
Indem ich meinen verehrten Abnehmern für das mir geſchenkte Vertrauen danke,
bitte ich unter Zuſicherung reellſter Bedienung mir auch ferner geneigtes Wohlwollen
zu bewahren.
Darmſtadt, den 30. October 1872.
Fr. Uebereck.
2898)
H ä u ſ e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
.
Alexanderſtr. 8.
Die Preſſe Deutſchlands hat
viel=
fach zu intereſſanten Vergleichungen mit dem
Zeitungsweſen in England, Frankreich und
Nordamerika Veranlaſſung gegeben. Nicht
minder intereſſant dürfte eine Vergleichung
der ſechs größten illuſtrirten Zeitſchriften
Dentſchlands untereinander ſein.
Den erſten Rang nimmt die „
Garten=
laube: ein mit 310,000 Abonnenten bei
zwanzigjährigem Beſtehen, den zweiten
die in elf Sprachen erſcheinende, Modenwelt”
mit 165,000 in Deutſchland gedruckten/
Exemplaren bei nur achtjährigem Beſtehen.
Der dritte und vierte Platz gebührt
„Ueber Land und Meer” mit 150,009
Abonnenten bei vierzehnjährigem und dem
„Bazar, der wie die,Modenwelt:
gleich=
alls in vielen Sprachen erſcheint, mit
140,000 Abonnenten bei achtzehnjährigen
Beſtehen. Sodann folgen das „Daheim
welches ſoeben ſeinen achten Jahrgang
be=
endet, mit 80,000 Abonnenten und die ſei=
29 Jahren beſtehende Leipziger „Illuſtrirte
Zeitung;, die, wenn auch weniger Abonnen=
ten als die vorgenannten Blätter zählend,
dennoch nach Inhalt und Ausſtattung einen
hervorragenden Platz in der deutſchen
Jour=
naliſtik behauptet.
Setzen wir die Dauer des Erſcheinens
zu der Höhe der Auflagen in Beziehung,
ſo ergiebt ſich für jedes Jahr ein
Zu=
wachs an Abonnenten:
1) auf die „Modenwelt„ 2357
2) auf die „Gartenlauben 15,500
3) auf „Ueber Land und Meeru 10.714
4) auf das „Daheim”
10,000
Gr.
5) auf den „Bazar”
Tyoo=
Im Ganzen betrachtet, hat die deutſche
Journaliſtik, was die illuſtrirten Blätter
betrifft, ſich jedenfalls weit über die
ähn=
lichen Unternehmungen des Auslandes
er=
hoben. In Deutſchland ſelbſt aber nimmt,
die Piodenwelt, welche an
Abonnenten=
zahl den zweiten Rang erwarb, an
Abonnen=
tenzuwachs jetzt uuter allen Zeitſchriften
den erſten ein. (Börſenblatt für den deutſchen
Buchhandel.)
8096) Haſenpelze werden zum
höchſten Preis angekauft von
Lindenhof=
L. ¼ay, ſtraße.
8061) Junge Mädchen können das
Klei=
dermachen gründlich erlernen.
Näheres Kranichſteinerſtraße Nr. 8.
2ſine einzelſtehende Dame ſucht zum
G, ſofortigen Eintritt ein Mädchen für
Küche und Hausarbeit. Grafenſtraße Nr. 29
dritter Stock.
½
8101) Sehr ſchöner Kies kann
unent=
geldlich abgefahren werden, Beſſunger
Carls=
ſtraße 53, an dem Hauſe des Herrn
Apo=
theker Pöhn.
C
Treitag den 25. d. Mts. wurde von
S
29 dem Theater über den Paradeplatz,
Ernſt=Ludwigſtraße ein goldner
Arm=
ring verloren. Man bittet den Finder um
gefällige Rückgabe gegen Belohnung bei
der Expedition dieſer Blätter.
2
.
Cageskalender.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag, den 1. November. 1. Vorſtellung im
3. Abon.: Iſabella Orſini. Trauerſpiel in 5
Akten von Moſenthal.
Sonntag, den 3. November. 2. Vorſtellung
im 3. Abon.: Der Poſtillon von Lonjumeau.
Komiſche Oper in 3 Akten: Muſik von Adam.
Hierauf: Kriegers Heimlehr. Ballet in 1 Act
von Siems.-
Anfang 6 Uhr. Sonntagspreiſe.
Großh. Muſceum und Bildergalerie im Schloß,
geöffnet Sonntag von 10-1 Uhr, Dienſtag,
Mitt=
woch, Donnerſtag und Freitag von 11-1 Uhr.
Im Großherzoglichen Kupferſtichkabinet ſind
gegenwurtig die Semper'ſchen Pläne für den
Neubau des Großherzogl. Hoftheaters
zur Ausſtellung gebracht.
Großh. Hofbibliothek im Schloß, geöffnet
täg=
lich von 9-12 Uhr Vormittags und ſaußer Samſtag)
von 2- 4 Uhr Nachmittags.
Sparkaſſe. Zahltage Montag, Dienſtag.
Donner=
ſtag, Freitag von 9-12 Uhr Vormittags. Jeden
Dienſtag von 2- 4Uhr Nachmittags werden die
Spar=
kaſſebüchelchen gegen die Interimsſcheine ausgegeben.
Spar= und Leihkaſſe in Beſſungen, Carlsſtraße
Nr. 2, Zahltage Dienſtag und Camſtag von
8-12 Uhr Vormittags.
Abgehende Bahn=Züge.
Schnell= oder Courier=Züge.)
Frank=
furt Nach
Heidel
berg. Nach
Mainz Nach
Aſchaf=
enburg. Nach
Vorms Nach
Erbach 5.30 6.5. 15. 30 16.20 6.40 6.30 6.45 9.10 7.5. 7.50 — 9.15 9.30 9.40 9.25 11.- 41115 11.20 11. 7 11.40 12.- 1.50 11.47 12. 5 3.10 41.55 )6
2.22 250 2.40 3.10 4.45 3.- 45.45 5.30 5.35 5.30 16.15 710 J.— 7.10 G— 8. 5 8- 9.10 59.50 110.- 9.50 410.- [ ← ][ ][ → ]
925
5s.
929
ſtarke Bände, nicht Hefte, Ro=
F
6)
1 6 mane und Unterhaltungslite=
H ratur der beliebteſten Schrift=
=U ſteller liefert, um mit den
Vorräthen zu räumen, gegen
Baareinſendung oder Nachnahme von nur
1 Thlr. das Verlags=Comptoir in Leipzig.
8111) 2 tüchtigen Schloſſergeſellen wird
in einer nahe liegenden Stadt eine gute
Werkſtätte nachgewieſen.
Näheres Weinbergſtraße 23.
2 ſſin Regenſchirm wurde durch ein
C. Dienſtmädchen vertauſcht.
Näheres ſagt die Exp. d. Bl.
8113) Ein halber Fauteuilplatz in den
vor=
deren Reihen geſucht. Näheres bei der Exp.
8114) Ich warne einen Jeden, auf
mei=
nen oder meiner Frau Namen etwas zu
borgen oder zu leihen, indem ich für nichts
hafte.
S. Goldſchmidt.
8115) Dienſtag Abend den 29. iſt auf
dem Wege vom Theater ein goldenes
Armband (einfacher Reif) verloren
wor=
den. Der redliche Finder wird gebeten,
daſſelbe gegen entſprechende Belohnung auf
der Exp. d. Bl. abzugeben.
Der Geiſt des Martin Grunewald.
Eine märkiſche Geſchichte
von
Zulie Burow.
Fortſetzung.)
„ Faſſe Dich, Fritz! Sei ein Mann um Deiner alten
El=
tern, um Deines Mädchens willen; ſaſſe Dich, Du haſt es ja
ſo ſchlimm nicht gemeint!
„O Hannchen, ich war gewarnt! Ich haßte den Lieutenant,
daß ich Mordgedanken gegen ihn hätte hegen können! Ich wollte
ihn ängſtigen, erſchrecken! Ich habe ihm mehr als einmal, als
wir noch zuſammen beim Regimente waren, gewünſcht, daß er
ſtürzen und den Hals brechen mögel Hannchen, Hannchen, geh'
weg und laß den Mörder allein; ich bin Deiner nicht werth!
„Fritzl” ſagte das Mädchen, ihm wiederholt die Hand
küſſend, die matt in die ihrige geſunken war. „Wenn Gott jeden
böſen Gedanken ſtrafen, jede böſe Regung in uns zur böſen That
werden ließe, dann wäre ich Deiner ſchon lange, lang nicht werth;
aber ich denke die böſen Gedanken ſind wie Fledermäuſe, die
über unſern Kopf Nachts hinwegfliegen, man verjagt ſie, und ſo
iſt das ſchwarze, gräuliche Thier weg. Komm, Fritz, ſetz Dich
zu mir, lehne Deinen armen, müden Kopf an Dein Mädchen,
und ſag mir, wie das Alles gekommen, das wird Dir gut thun
und Du wirſt dann ſelbſt einſehen, daß Du nur einen Scherz,
höchſtens eine Neckerei im Sinne hatteſt, und nicht den Tod des
Patrons, der aber wahrhaftig nicht ſo viel werth iſt."
„O, ich weiß wohl, daß er wenig taugte, ich beſſer, als
viele Andere; aber war ich ſein Richter, Hannchen ?
„ Fritz! Unſer Herrgott hat ihn gerichtet, unſer Herrgott
und vielleicht, vielleicht ſein Ahn, nicht Dul
„Ach, Hannchen, glaubſt Du auch au die dummen
Geſpenſter=
geſchichten, nachdem ich Euch die Luke gezeigt, durch die ich aus
meinem Stübchen in den alten Schrank und zu dem Bilde hinauf
ſteigen kann? Von da ab mag der Comthur Grunewald, der
kein gutes Gewiſſen hatte, die Ritter belauſcht haben, wenn ſie
von ſeinen Liebſchaften ſprachen, von da hat meine arme
Eltern=
mutter wohl gehört, wie ſie verleugnet und verrathen wurde von
dem Mann, um deſſentwillen ſie ihren alten Vater verließ, wie
das arme Fräulein von da hörte, was der, der nun vor Gott
ſteht, von ihr ſagte.
„Höre, Fritz! Was mich nur wundert, iſt, daß das Fräulein
ſo ruhig und gefaßt iſt, bei allen dieſen Geſchichten, ſelbſt bei
dem Tode des Grunewald.”
„Er war nicht eine Thräne von ihr werth, denn er hat
wie ein Schuft an dem armen Kinde gehandelt.
„Sie hat gehört mit ihren eigenen Ohren, daß er ſie ein
Geſpenſt nannte; ſagte Hannchen ſehr nachdenklich.
„S war doch ein Hundsfott, ein rechterl rief der
Trom=
peter faſt wieder in ſeinem alten Tone, und ſetzte dann raſch
hinzu; „aber den alten Panzer, in dem ich und Andere nun
ſchon ſo oft Geſpenſt geſpielt, den ſtell ich in den Saal, damit
Jeder ihn ſieht und er Keinen mehr erſchrecken kann."
„ Ja, thu das, Fritz - aber weißt Du, wunderlich iſ's
doch, wunderlich und graulich, daß der Grunewald ſo ſeinen Tod
gefunden am Grabe ſeines Ahnherrn.”
„Es iſt, wie die Geſchichten in der Bibel, wo ein unſicht=
barer Finger feurige Buchſtaben an die Wand ſchreibt, zur
War=
nung für Alle. O, mir brennt die Schrift hier” ſagte Fritz,
die Hand auf's Herz drückend. - „Mein Leichtſinn und mein
Wunſch, dem Böſes zu thun, der mich geärgert, haben mich zum
Mörder gemacht.”
Das Mädchen küßte ihm die wieder erbleichenden Lippen.
„Still doch, ſtill, armer Junge, rede nicht ſo häßliche Worte.
Wenn unſer Fräulein geſtorben wäre an dem Fall von der Leiter,
wäre ich ihre Mörderin geweſen?
Und ich hatte ſie doch beredet, hinauf zu ſleigen, ich hatte es
ihr doch zweimal vorgemacht, als Du uns, um die Angſt des
armen Kindes zu beſchwichtigen, erzählteſt von der wunderlichen
Vorrichtung in Deinem Stübchen, die Du als Junge entdeckt
und ſo oft benutzt hatteſt zu allerlei Schabernack, und von dem
alten Harniſch, in dem Du als Geſpenſt des Martin Grunewald
die Leute erſchreckt, die Deine Eltern aus ihrem Brot zu jagen
gekommen. Sag, wäre ich eine Mörderin geweſen, Fritz ?”
„Du hatteſt nichts Böſes im Sinn; Du wollteſt Deine
Herrſchaft beruhigen, ich aber wollte meinen Feind ängſtigen und
ihm wo möglich den Schlüſſel abjagen, durch den er
wahrſchein=
lich hinter all die Spukgeſchichten gekommen wäre, die ich als
übermüthiger Junge hier angerichtet.”
„Das iſt auch nichts Schlimmes, iſt zum wenigſten kein
Mord. Sieh, Fritz, es brennt mir in's Herz und ich muß es
Dir ſagen. Ich habe auch geſündigt, ſchwer geſündigt, ich war
.
zu - zu vertraut mit dieſem Grunewald, ich
Der Trompeter ſprang auf, ſeine dunkeln Augen blitzten.
„Du, Hannchenzu ſagte er und ballte wild die Fauſt und ſchlug
ſich ſo heftig vor die Stirn, daß es dröhnte.
Sie ergriff ſeine Hand. „Ach, Fritz, ſei nicht ſo außer
Dir; ich habe ihn ein einzig Mal freundlich angeſehn, ſo mit
einem Blick, als ob ichs nicht übel nähme, daß er immer durch
den Spiegel nach mir ſchielte, es war beim Thee damals. Er
war hernach frech genug, mir ſchlimme Anträge zu machen, als
er mich im Gange traf, aber ich ſchlug ihm eine Ohrfeige und
ſo war's gut. Ich hatte nicht einmal böſe Gedanken und meinte
nur, mir einen Spaß zu machen.
Fritz athmete auf. „Da möchte man faſt ſagen: gut, daß
er todt iſt, der Kumpan!u meinte er ſeufzend. „Aber Eins iſt
gut, das iſt gewiß, Hannchen, daß wir hier in Lagow bleiben
und nicht in der Reſidenz, wo viele Burſche ſind, dem ähnlich,
der den Hals gebrochen. Gott verzeih mir den Antheil, den ich
daran habe, aber ich will von jetzt ab den Leichtſinn und den
Jähzorn laſſen, wahrhaftig, das will ich, und da wir nun bald
Mann und Frau ſein werden, erinnere mich daran, Hannchen,
hörſt Du?
„Und Du erinnere mich, wenn ich eitel bin und mich
all=
zugern putze und umher ſchiele, ob mich auch Dieſer oder Jener
anſieht. Ach, Fritz, ich will eine brave, ordentliche Frau
wer=
den; Du biſt werth, das beſte Mädchen auf der Welt zu
krie=
gen und —
„Und biſt Du das nicht etwa, mein Herzensmädel zu ſagte
Rohr, ſie mit gewohnter Innigkeit an ſein Herz ziehend. „Es
wird Dir mit der Zeit ſchon hier gefallen in dieſem ſtillen
klei=
nen Neſt und meine alten Eltern werden Dir die Hände unter
die Füße legen, wenn Du ihnen eine gute Tochter biſt, und
das tägliche Brot werden wir ja hier auch ſinden bei ehrlicher
Arbeit.”
930
RE8.
Sie behielt den Kopf an ſeiner Bruſt; Nix und Schwalbe
ſahen wieder die Küſſe der Liebenden und die Engel ihre guten
Vorſätze.
Zu derſelben Zeit ſaßen Mutter und Tochter in dem
Zim=
mer, das ſie als Boudoir benutzten, auf dem Sopha. Madame
Siewers hielt die Hand ihres Kindes in der ihrigen und ſagte:
„Wie danke ich Gott, meine liebe Klara, daß Du dieſen
Schlag ſo muthig erträgſt.
Das junge Mädchen athmete tief auf. Laß mich offen
gegen Dich ſein, meine theuerſte Mutter!u antwortete ſie.
„Wollte Gott, ich wäre es immer geweſen und laß michs Dir
geſtehen, daß der Tod dieſes Mannes mich nicht ſchmerzt - im
Gegentheil, eher beruhigt.
„Wie das, mein Kind? — Liebteſt Du ihn nicht ? War
er Dir nicht theuer? Ich verſtehe Dich nicht!
Klara ſchaute vor ſich nieder:
„Mutter, ich verſtehe mich ſelbſt kaum, aber ich habe ſo
viel, ſo unſäglich viel gelitten, in dieſer letzten Zeit, und nun
bin ich ruhig. Es iſt, als ob etwas in meiner Bruſt, das
immerfort klirrte und ſchwirrte, wie eine mißtönende Saite, jetzt
mit einem ungeheuren wilden Klang geriſſen ſei, die Disharmonie
iſt aber ſeitdem verſtummt. Ich kann ſehen, hören, verſtehen,
was um mich her vorgeht und ich fühle es, ich werde bald ganz
geſund — Dir eine gute gehorſame Tochter werden.
„O, mein Kind, wie Du mich beglückſt - aber warſt Du
das denn nicht immer ? Ich hatte nie einen andern Grund, mich
über Dich zu betrüben, als den Deine Krankheit, Dein Leiden
mir gab.
„Nein, Mutter, nein!” ſagte das junge Mädchen mit
Ent=
ſchiedenheit. „Ich habe Dich getäuſcht und -0, es iſt traurig,
von Dem getäuſcht zu werden, den wir lieben. Wiſſe, ich war
mit dem Doctor und Grunewald einig, ehe Du etwas von dieſer
Angelegenheit wußteſt.
„Da hat mich der Doctor getäuſcht, nicht Du, armes
Kind.:
Die Tochter zog der Mutter Hand an ihre Lippen.
„Laß mich Dir Alles geſtehen und vergieb mir dann, theure
Mutter, wenn Du es kannſt. Ich habe gefehlt, aber wahrlich,
ich habe dafür auch gebüßt.
„ Sprich” ſagte die Mutter, „erleichtere Dein Herz und
ſei meiner Vergebung gewiß.:
„Ich hatte in der Penſion mein Gärtchen dicht an der
großen Gartenpforte.
„Ich hatte mir viele Blumen in meinen Beeten gezogen
und eine kleine Laube von Fe=länger=je=lieber und ſpaniſcher
Kreſſe. Da ſaß ich Abends in den Freiſtunden meiſtens allein;
ich war die einzige Bürgerliche in der Penſion und hatte keine
Freundin.
„Dort ſah ich Grunewald zuerſt. Er hatte die Wache und
ſtand ſtundenlang, ſah mich an und grüßte.
„Ich dankte.
„Dann warf er Roſen über den Gitterzaun, ein Zettelchen
war daran gewickelt, darauf ſtand: Der Roſe die Roſe!
„Dann andere Blumen mit andern Worten. Zuletzt lange
Briefe, ſo liebevoll, wie St. Preux ſie kaum an Julie
geſchrie=
ben. Wir laſen damals gerade die neue Heloiſe.
„Dann bat er mich um Antwort.
„Ich ließ einen Apfel durch die Stackete rollen und daran
war ein Briefchen feſtgemacht. Ach Mutter, ich war wohl recht
thöricht! Ich kannte den Mann kaum und ich ſchrieb ihm wie
Julie; ja, es war eine Stelle aus Juliens Briefen.
„Es wurde Herbſt.
„Wir hatten uns am Gilter dreimal geſprochen. Er wußte,
wer ich ſei. Er kannte das Fenſter meines Zimmers. Eines
Abends hatte er mir eine Orange zugeworfen, mit einem Zettel
daran, auf dem er mir ſchrieb:
„Ich muß Dich ſehen und beſitzen, und wenn die ganze
Welt ſich zwiſchen Dich und mich ſtellte. Sei um Mitternacht
munter!
„Ich war aufgeblieben und war ſo in Angſt, als erwartete
ich ein Geſpenſt. Es raſchelte am Fenſter. Eine Scheibe ward
ausgedrückt, ein Arm langte herein, öffnete den Knopf und ſchnell,
wie ein Gedanke, ſprang Grunewald in mein Zimmer.
„ Liebe Mutter, da befiel mich eine Angſt, ein Zittern, und
als er mich nun küſſen wollte, war mir's als müßie ich ſterben,
als umringelte mich eine Schlange.
„Ich ſchrie fürchterlich, ich glaube, ich bekam einen
Krampf=
anfall. Madame 5xä trat ein, mit einer Kerze in der Hand
und blieb wie verſteinert in der Thüre ſtehen, als ſie mich
an=
gekleidet, das Fenſter offen und den Offizier in meiner Stube ſah.
(Fortſetzung folgt.)
Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 1. November. Das heute ausgegebene Gr.
Regierungs=
blatt Nr. 48 enthält eine Bekanntmachung, die Beſtätigung von Stiftungen
und Vermächtniſſen betr., von welchen hervorzuheben ſind:
Vermächtniß des Kasp. Keller II. zu Miainz an die evangeliſche
Kirche daſ. 4000 fl. und an den Centralarmenfonds daſ. 1000 fl.: die
Schenkung eines ungenannten Geiſtlichen an den Bomfacius=Verein
der Diöceſe Mainz im Nominalwerth von 600 fl. für den Bau einer
katho=
liſchen Kirche zu Friedberg, ſowie im Nominalwerthe von 4200 fl. zur
Errichtung einer katholiſchen Pfarrei zu Butzbach; die Schenkung eines
ungenannten Geiſtlichen an den katholiſchen Kirchenfonds zu
ſried=
berg, im Dekanate Ockſtadt, zur Erbauung einer katholiſchen Kirche zu
Friedberg, im Betrage von 600 fl.; die Schenkung ungenannter
Ehe=
gatten zu Tarmſtadt an das Forſtdiener=Wittwen=Inſtitut im Betrage
von 10,000 fl. zur Unterſtützung Hinterbliebener von Forſtdienern, welche
bis zu ihrem Avleben Mitglieder des für das Großherzogthum beſtehenden
Forſtdiener=Wittwenkaſſe=Inſtituts geweſen ſind: die Schenkung eines
Un=
genannten an die Gemeinde Bullau, im Kreiſe Erbach, zur Reſtauration
der evangeliſchen Kapelle daſelbſt im Betrage von 400 fl.; das
Vermächt=
niß des Bürgers und Rentners Carl Ebel I. zu Gießen an die
Klein=
kinderſchule daſelbſt im Betrage von 1000 fl.; die Schenkung J. D. der Fürſtin
Battenberg an die evangeliſche Kirche zu Jugenheim, beſtehend in einen
Altardecke nebſt Kanzelbekleidung im Werthe von 150 fl. die Schenkung
des Hofconcertmeiſters Ernſt Pauer von London an die Gemeinde
Jugen=
heim im Betrage von 400 fl. zur Anſchaffung einer neuen Thurmuhr;
das Vermächtniß des zu Prag verſtorbenen Chriſtian Kirchhoff aus
Bingen zu Gunſten der katholiſchen Kirche daſelbſt, im Betrage von 2955 fl.;
die Schenkung der Joſeph Mayer'ſchen Eheleute in Bingen zu Gunſten
der Stadt= reſp. Realſchule zu Bingen im Betrage von 3650 fl.; die
Schenkung S H. des Prinzen Georg zu Heſſen=Rumpenheim an die
evangeliſche Kirche zu Bieber, im Betrage von 500 fl. zur Gründung einer
evangeliſchen Schule; die Schenkung des Rentners und Gutsbeſitzers
Joſeph Meyer zu Bingen an die zraelitiſche Religionsgemeinde daſelbſt
im Nommalberrage von 1000 fl. öſterreichiſcher Währung zur Unterſtützung
der iraelitiſchen Männer= und Frau n=Kranken=Vereine zu Bingen.
In der Sitzung der 2. Kammer vom 30. October wurde die
Regie=
rungsvorlage, betr. die Mainzer Stadterweiterung mit 36 gegen 2 Stimmen
angenommen. In der Sitzung vom 31. October wurde die Vorlage der
Regierung, das Darlehen an Oberheſſiſche Gemeinden für
Eiſenbahnbau=
koſten im Betrage von 320,000 fl. nach dem Antrag des Ausſchuſſes
ange=
nommen, ferner ohne Discuſſion einſtimmig die Uebernahme der Koſten
für Errichtung eines Denkmals für die bei Gravelotte gefallenen Heſſiſchen
Soldaten auf die Staatskaſſe und endlich ebenfalls einſtimmig der vom
Ausſchuß geſtellie Antrag der Gr. Regierung die Ermächtigung zu ertheilen
bei künftigen Penſionirungen den Betreffenden die Zuſicherung zu
er=
theilen, daß deuſelben etwaige günſtigere Beſtimmungen eines vom
nächſten Landtage zu erlaſſenden Penſionsgejetzes zu gut kommen ſollen.
Hauptmann Davidſohn von der Artillerie iſt nach Kaſſel
ver=
ſetzt worden.
Nach den Mittheilungen des Hrn. Dr. Pfeiffer belauft ſich die
Zahl der in Darmſtadt und Beſſungen im Monat September Verſtorbenen
auf 109, worunter 60 Kinder unter 15 Jahren, wovon 43 im erſten
Lebens=
jahre. Von 49 über 15 Jahre alten Perſonen ſtarben 25 zwiſchen 15 und
60 Jahren und 24 wurden über 60 Jahre alt. — Die Zahl der
Sterbe=
fälle durch Lungenſchwindſucht (7) war gegen die übrigen Monate (
durch=
ſchnittlich 12-14) ſehr gering, während auffallend viele Sterbefälle in Folge
organiſcher Herzleiden (6), des Krebſes (J und der Altersſchwäche (6) vorkamen.
Von der Erweiterung der Mainzer Feſtungswerke werden auch
einige große, je 12-1500 Leichen franzöſiſcher Soldaten umfaſſende Gräber
berührt. Im Jahre 1814 nach dem Rückzug von Leipzig ſtarben in Mainz
ca. 18000 Soldaten der großen Armee innerhalb 4 Monaten und wurden
an jener Stelle begraben.
- In Gießen hält gegenwärtig Hr. Lusz mit großem Beifall
aufge=
nommene Vorlejungen über Shakeſpear'ſche Dramen und Göthe's Fauſt.
Der außerordentliche Profeſſor zu Münſchen, Dr. Hch. Bürkel iſt
zum ordentlichen Profeſſor in der juriſtiſchen Fakultät zu Gießen ernannt
worden und wird Pandekten vortragen.
- Geſtern wurde dahier ein junger Menſch verhaftet, welcher im
Beſitze von einer ledernen Umhängetaſche nebſt Inhalt getroffen wurde, die
bei Gelegenheit der Nachkirchweihe zu Beſſungen in einem dortigen
Wirths=
hauſe geſtohlen worden war. Der junge Menſch, aus Neudorf in Bayern,
wurde verhaftet.
Redaction und Verlag: L. C. Wilrlch'ſche Hofoucghdruckerei.