Allergnädigſt privilegirtes
Darmſtädter
und Anzeige-
135. Jahrgang.
Erſcheint
E Verbindung mit dem
Ber=
ordnungsblatt für den Kreis
Darmſtadt, welches Mittwochs
ausgegeben wird, täglich. außer
Sonntag und Montag.
Abonnementspreis
indl. des Verordnungsblattes
jährlich 2 fl. 24 kr.
N. 50.
T a g e b l a t t
Stadt und Rreis Darmſtadt.
Freitag den 18. October.
Inſerate
werden angenommen: h
Darm=
ſtadt von der Expeditior,
Rhän-
ftraße Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blößer,
Friedrich=
ſtraße Nr. 7. ſowie ausvärt
von allen ſoliden Annoneen=
Expeditionen.
1832.
Verſteigerungs=Anzeige.
Heute Freitag u. Samſtag den 19. von Mittags 2 Uhr an,
werden wegen Rückreiſe nach Italien und Auſgabe des Geſchäfts alle im Laden
Ludwigſtraße Nr. 6 ſich befindenden Florentiniſchen Kunſt=
Gegenſtände in Alabaſter und Marmor, beſtehend in Vaſen, Schalen,
10
(7735
Coupe's und anderen Phantaſie=Artikeln, verſteigert.
Ludwigſtraße
aus:
Hario Gotti
Nr. G.
Florenz.
7736) Bekanntmachung.
Feilgabotenes.
Nächſten Dienſtag den 22. d. Mts., Vor= —
mittags 9 Uhr, wird im hinteren Hofe der 8 Bau=Sand liefert
Cavallerie=Caſerne eine ältere mit Schiefer
Dehn, auf Achen's Mühle.
gedeckte Heuwaage öffentlich an den
Meiſt=
bietenden gegen gleich baare Zahlung auf
den Abbruch verſteigert werden.
Darmſtadt, den 16. October 1872.
Großherzogliche Garniſon=Verwaltung.
3
Pflanzen
in Töpfen und Kübeln werden während des
Winters zu mäßigen Preiſen in Pflege
genommen.
Kunſt= und Handelsgärtnerei von
F. Trick junior
18 Rheinſtraße 18
im ehemals Staats=Anwalt Sieber'ſchen
Garten.
Eingang durch den Hof und Hinterbau””
7709) Zwei in ſehr gutem Zuſtande
be=
findliche Vorfenſter, 7= hoch 4 breit, billig
zu verkaufen. Holzhofſtraße Nr. 24.
7713) Eine größere Partie einmal gebrauchter
Cigarren= und Weinpackkiſten
wird abgegeben bei
Wilhelm Schultz, Eliſabethenſtr. 25.
7737a
Kartoffeln
ausgezeichneter Qualität per Kumpf 12 kr.
empfiehlt F. Kottler, Obergaſſe.
Immobilien=Verſteigerung.
Samſtag den 19. October, Abends
6 Uhr, läßt auf hieſigem Rathhauſe auf
freiwilligen Antrag, unter den bei der
Ver=
ſteigerung bekannt gemacht werdenden
Be=
dingungen Johannes Müller Il. Wtw.
dahier verſteigern:
Flur Nr. Klftr.
9 42 158 Acker das Irrfeld,
9 43 158 Acker daſelbſt,
9 44 153 Acker daſelbſt,
9 27 448 Acker im Gemmerloch,
8 291 706 Acker hinter dem krummen
Berg,
10 96 625 Acker große Gewann,
11 14 810 Acker daſelbſt,
12 19 523 Acker unter den Golläckern.
11 41 756 Acker an der Eſchollbrücker
Straße.
Ausdrücklich wird bemerkt, daß, wenn
möglich, der unbedingte Zuſchlag ſofort
ertheilt wird.
Beſſungen, den 17. October 1872.
Großherzogliches Ortsgericht Beſſungen.
7737)
Demmel.
L. Starek & Ce.,
Mainz,
gegründet 1863.
Techniker u. erſte Fabrikation für gepreßte Leder=ſ
Treib=Riemen, ſowie der Starck'ſchen
Rie=
men=Bcheiben=Bandagen; Lieferung von
4c5)
Drahtſeilrollen mit Lederfütterung. Vollſtändige
Transmiſſions=Anlagen. Preiſe reell und Lieferung unter Garantie.
(7738
Vermiethungen.
=
R4
PANAArAAArAAATuurAUs
E 7519) Eine Wohnung von 6 Zim= X
E mern, Hochparterre, untere Eliſabethen=K
2
B ſtraße, nächſt der Promenade, mit
E Stallung und Mitgebrauch des Gar=
4
tens, iſt alsbald zu beziehen. Die
„
H Wohnuug wird auch ohne Stallung
P abgegeben. Näheres in dem Logis= P
4
Nachweiſungs=Büreau von
„
4
B. L. Trier, Ludwigsſtraße.
14
444UAArANr. AAAnturrrns
7714) In der Karlſtraße Nr. 25 iſt ein
kleines möblirtes Zimmer billig zu verm.
Auch werden daſelbſt ein
Kinder=
wägelchen und eine Korbwiege, beide
gebraucht, aber noch wohl erhalten, billig
abgegeben.
7696) Eine möblirte Stube mit
Bett auf ſofort oder ſpäter zu vermiethen,
event. Koſt dabei. Beſſunger Heinrichſtraße
Nr. 72 eine Stiege.
E
A 1Eine elegante Herrſchaftswohnung
18
C. von 11 Zimmern, bel Etage,
in der Rheinſtraße, mit Stallung und
ſonſtigem Zubehör iſt zu vermiethen
4 und ſofort zu beziehen. Näheres in dem
Logis=Nachweiſungs=Büreau von
V. L. Trier, Ludwigſtraße.
7739) Ein möbirtes Zimmer zu
ver=
miethen Pädadoggaſſe 2, 2 Stieg., Seitenbau.
-eeturnuaerm,
ſch=
H.
Veruiſchte Nachrich,ken.
7727) Ein Auslaufer wird geſucht.
C. H. Bühn'ſche Buchhandlung,
Mathildenplatz 3.
222
252
M50.
7400)
A u f r u
1
Lismarck-Stipendium für Straßburg.
In den wiedergewonnenen Marken unſeres Reiches, in der altehrwürdigen Stadt Straßburg, iſt eine deutſche Univerſität
erſtanden. Sie iſt beſtimmt, das Werk der deutſchen Waffen geiſtig zu vollenden und die Ueberlegenheit deutſcher Wiſſenſchaft über
die früher von Frankreich begründeten Bildungs=Inſtitute des Elſaſſes zu erweiſen.
Beſeelt von dem Wunſche an dieſer Feſtung deutſchen Geiſtes mitzubauen, und theilzunehmen an dem Werke der
Wiederge=
winnung derer, welche fremdländiſche Bildung uns zu entziehen begann, hat die deutſche Studentenſchaft beſchloſſen, unter dem Namen
des Mannes, der den Friedensſchluß mit Frankreich verhandelte und gegenwärtig an der Spitze des elſäſſiſchen Bildungsweſens ſteht,
ein
„Bismarck=Stipendium”
ſür Studirende der Straßburger Univerſität zu gründen.
Daſſelbe ſoll unbemittelten Studirenden aller Faculäten den Beſuch der im Grenzlande gelegenen Univerſität ermöglichen,
dem Reichskanzler, der auch für die Befreiung der Wiſſenſchaft und der Schule ſo erfolgreich aufgetreten, zum bleibenden Gedächtniß.
Se. Durchlaucht der Reichskanzler hat genehmigt, daß das zu ſliftende Stipendium mit ſeinem Namen geſchmückt werde;
Ihm bleibt auch die Genehmigung der die Vertheilung regelnden Statuten vorbehalten, welche von dem Berliner Comitee für das
Bismarck=Stipendium unter dem Beirath des Rectors und Prorectors der dortigen Hochſchule, der Herren Geheimerath Profeſſor
Dr. Dove, Profeſſor Dr. Bruns und des Herrn Profeſſor Dr. von Holzendorff entworfen werden.
In den deuiſchen Städten und von den in Rußland und Nord=Amerika wohnenden Deuiſchen lebhaft unterſtützt, hat das
Bismarck=Stipendium ſchon bei der Straßburger Eröffnungsſeier ſeine erſte Gabe anmelden können.
Von dem Berliner Comitee für das Bismarck=Stipendium aufgefordert und in dem Vertrauen, daß auch in unſerem engeren
Heimathlande die Bedeutung dieſes nationalen Unternehmens nicht verkannt wird, wenden ſich die Unterzeichneten an Alle, welche
aͤus der akademiſchen Freiheit bereits in Amt und Würde in der Pflichtübung für Staat, Schule und Kirche hinübergetreten ſinde
an Alle, welche den Beruf der deutſchen Univerſitäten, für Deutſchlands Geiſtesmacht zu wirken, erkennen, und bitten das ſchön,
Werk durch eine Beiſteuer zu fördern.
Zur Annahme von Geldbeitraͤgen ſind die Unterzeichneten bereit, inebeſondere ſind Sammelliſten aufgelegt bei den Herren:
A. Bergſträßer, Rheinſtraße 6.
K. Calmberg, Marktplatz 1.
G. Karp, Uhrmacher.
Wir werden uns nach dem Abſchluſſe unſerer Thätigkeit der öffentlichen Rechnungsablage unterziehen.
Darmſtadt, den 3. September 1872.
Dr. E. Becker.
Heß, Oberrechnungsrath.
Dr. Aug. Parcus, Bankdirector.
Aug. Klingelhöffer, Eliſabethenſtraße.
W. Schulz, Eliſabethenſtraße.
Th. Wendelſtadt, Promenadeſtraße 11.
Th. Becker, Hofrath.
B. Berbenich, Kaufmann.
A. Bergſträßer, Buchhändler.
H. Blumenthal, Fabrikant.
H. Bopp, Bankdirector.
Dr. Boßler, Gymnaſialdirector.
A. Buchner, Hofgerichts=Advocat.
K. Calmberg, Apotheker.
F. Dernburg, Hofgerichts=Advocat.
W. Diefenbach, Kaufmann.
Dr. Leopold Dippel, Profeſſor.
Ewald, Oberſteuerdirector.
Hahn, Hofgerichtsrath.
Ludw. Hallwachs, Hofgerichtsrath.
Guſtav Hickler, Kaufmann.
Dr. Karl Joh. Hoffmann, Hofg.=Adv.
Hofmann, Realſchuldirector.
Dr. A. Hüffel, Profeſſor.
A. Jacobi, Rentner.
G. Karp, Uhrmacher.
Aug. Klingelhöffer, Buchhändler.
Köhler I., Hofgerichts=Advocat.
Dr. Landsberger, Rabbiner.
C. Merck, Commerzienrath.
G. Möſer, Rentner.
Dr. med. H. Orth.
Wm. Schulz, Kaufmann.
Sonne, Profeſſor.
G. A. Stein, Rentner.
Dr. Wagner, Geh. Oberſtudienrath.
A. Weber, Hofgerichtsrath
Franz Weber, Fabrikant.
H. Wrlcker, Geh. Oberſteuerrath.
Wendelſtadt, Geh. Commerzienrath.
Rud. Wittich, Buchdruckereibeſitzer.
R. Werner, Profeſſor.
O. Wolfskehl, Banquier.
E. Zernin, Buchhändler.
Haadoaug
Aa aeaa a aaaa g an nonl a) zon no o gge
AAAautRRunanuzuhöAnAnnduuoan
A l25a
H
Geſangverein „Liedertafelu.
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„
Abend=Unterhaltung
45
D
N Samſtag den 19. October, Abend= 8 Uhr, im Gaſthoſe zur Traube. R
Der Vorſtand.
D
B
2S
Padade
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RöörAAennnnnnnnnuununnunusen
7280) Wienerſtraße 25 kann ein Schüler,
oder eine Schülerin der höheren Lehranſtalten
Koſt und Logis erhalten. Auch Nachhülfe,
bei den Arbeiten.
Perſonen jeden Standes kann ein leicht
abzuſetzender Artikel, der weder Raum noch
kaufmänniſche Kenntniſſe erfordert, gegen
hohe Proviſion zum Wiederverkauf
zuge=
wieſen werden.
Reflectanten belieben ihre Adreſſe unter
den Buchſtaben B. V. 419 an die Expedition
Füuf Tapetendrucker
und ein
7643
Handſtreicher
bab) Agenten=Geſuch. werden bei guten Verdienſt und dauernder
Arbeit in einer bedeutenden Tapeten
fabrik Oeſterreichs aufgenommen.
Of=
erten ſind unter Chiffre L. L. 266 an
Haaſenſtein und Vogler,
Annoncen=
expedition in Prag zu richten.
7740) Eine arme Frau bittet um Ar.
beit im Waſchen und Putzen. Zu erfragen
d. Bl. zur Beförderung franco einzuſenden. an dem Stand bei Frau Wenzel auf demMarkt.
7731) Für eine hierherziehende Familie
wird von jetzt bis Weihnachten ein
Mäd=
chen geſucht, welches alle Hausarbeit
ver=
ſteht und etwas kochen kann.
Näheres Neckarſtraße Nr. 4.
7741) Ein Lehrling
wird geſucht für ein hieſiges Bankgeſchäft.
Näheres bei der Expedition.
7742) Große Ochſengaſſe Nr. 16 ſind
für 2 anſtändige Arbeiter Schlafſtellen offen
und kann auf Verlangen auch Koſt
ge=
geben werden.
„
20 fl. Belohnung!
C.
dem Ueberbringer einer am Sonntag Abend
im Theater oder über den Theaterplatz,
Rhein=
ſtraße verlorenen goldnen Damenuhr
mit Kette Rheinſtraße Nr. 25 parterre.
7744) In Beſſungen werden 3
Grund=
ſtücke und eine Wieſe auf 3 Jahre
ver=
ſ pachtet bei
Beyer, Hofgartenſtraße Nr. 9.
N 50
853
Einladung zum Abonnement
7528)
auf die täglich außer Montags erſcheinende
Straßburger Zeitung
und
amtliche Nachrichten für Elſaß=Lothringen
Dieſelbe wird, wie bisher, in ihrem amtlichen Theile zur Veröffentlichung der Geſetze,
Verord=
nungen und Erlaſſe der kaiſerlichen Regierung für Elſaß=Lothringen dienen.
In ſeinem nichtamtlichen Theile wird das Blatt in ſelbſtändiger Hallung die deutſchenationale
Sache im Reichslande vertreten und durch ruhige Erörterung und Aufklärung im Geiſte der
Ver=
ſöhnung und Vermittlung zu wirken ſuchen.
In dem neuen Quartale wird die,Straßburger Zeitung= durch häufigere Ausgaben von Beilagen
eine noch größere Reichhaltigkeit ihres Inhalts erſtreben.
Durch Telegramme und Correſpondenzen werden die Tagesereigniſſe in ausreichender
Vollſtaͤndig=
keit berichtet und ein beſonderes Gewicht auf die ſelbſtändige Beſprechungen aller wichtigeren Fragen
in Original=Leitartikeln gelegt werden.
Die eljaß=lothringiſchen Angelegenheiten und die Provinzial=Chronik werden eine ſpecielle
Berück=
ſichtigung finden. Das Blatt wird nicht nur Correſpondenzen aus den größeren Städten des
Reichs=
landes bringen, ſondern auch Anfragen und Discuſſionen von allgemeinem Intereſſe bereitwillig ſeine
Spalten öffnen.
Handelsberichte und Börſen=Curſe werden wir nach telegraphiſchen Nachrichten und officiellen
Curs=
blättern in möglichſter Ausdehnung veröffentlichen.
Die Feuilletons zur elſaß=lothringiſchen Culturgeſchichte, welche die„Straßburger Zeitung' bisher
gebracht, haben ſich einer allgemeinen Anerkennung erfreut. Beiträge ähnlicher Art ſind dem Blatte/
auch ſernerhin zugeſagt; außerdem iſt ein Novellen=Feuilleton beigefügt, in welchem im nächſten Quartal
Karl Frenzel's neuer Roman „Lucifer- zum Schluß gelangen wird.
Der Preis bleibt für Straßburg Fr. 6. - Für auswärts Fr. 750- Thlr. 2. vierteljährlich.
Annoncen finden durch dieſe Zeitung im Reichslande die größte Verbreitung, da dieſelbe in
jedem Orte des Elſaßes geleſen wird. Außerdem werden ſolche durch den Placat=Anzeiger
täglich an den Straßenecken hieſiger Stadt unentgeldlich angeſchlagen.
Der Inſerationspreis iſt
dabei billiger wie bei andern gleich großen Zeitungen, und beträgt für die 6ſpaltige Petitzeile nur
2 Centimes.
Redaction und=Verlag der „8traßburger Heitung.!
7745) Eine Ladengehülfiu,
gewandte Verkäuferin, welche in einem Band=
und Lurus=Geſchäft thätig, ſucht Stelle,
am liebſten in einem Manufactur= oder
Kurzwaaren=Geſchäft. - Franco=Offerten
K. L. 20 an die Exp. d. Bl.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag. den October. 9. Vorſtellung im 2.
Abon.: Des Nächſten Hausfrau. Luſtſpiel in 8
Akten von Roſen. Hierauf: Vom Juriſtentag.
Poſſe in 1 Alt von Langer.
Sonntag, den 20. October. 10. Vorſtellung
im 2. Abon.: Die luſtigeu Weiber von Windſor.
Komiſch=phantaſtiſche Oper in 3 Akten mit Ballet;
Muſit von Nicolai.
Anfang halb 7 Uhr.
Sonntagspreiſe.
Großh. Muſeum und Bildergalerie im Schloß,
geöffnet Sonntag von 10-1 Uhr, Dienſtag.
Mitt=
woch, Donnerſtag und Freitag von 11-1 Uhr.
Im Großherzaglichen Kupferſtichkabinet ſind
gegenwärtig die Semper'ſchen Pläne für den
Neubau des Großherzogl. Hoftheaters
zur Ausſtellung gebracht.
Großh. Hofbibliothek im Schloß, geöffnet
täg=
lich von 9-12 Uhr Vormittags und laußer Samſtag)
von 2- 4 Uhr Nachmittags.
Der Geiſt des Martin Grnnewald.
Eine märkiſche Geſchichte
von
Julie Zurow.
Cortſetzung.)
„Wenn mein Kind ihn liebt, ſei ihm verziehen,” ſagte die
weinende Mutter, „bringen Sie ihn her, mein alter Freund, und
mag er ſich bemühen, in Zukunft gut zu machen, was
jugend=
licher Leichtſinn gefehlt.
„Ich habe, auf dieſen Ausgang bei Ihrer mir bekannten
Güte rechnend, ihm Muth gemacht, Ihnen ſeine Bitte um Klara's
Hand an's Herz zu legen, er harrt mit Angſt auf den Ausgang
unſeres Geſprächs.”
Der Doctor öffnete bei dieſem Worte eine Seitenthür, und
ein junger ſchöner Mann, das leibhafte Original des Bildes im
großen Saale, trat ihnen entgegen.
Können Sie mir vergeben, gnädigſte Frau, wollen Sie mir
den Schatz anvertrauen, deſſen ich mich ſo unwerth gemacht habe?"
ſagte er mit gewinnender Stimme.
Madame Siewers reichte ihm zitternd die Hand. „Werden
Sie der Retter meines Kindes und ich will Sie als Sohn ſegnen,
war die Antwort.
*
*
4
Wenige Tage ſpäter ſaß im großen Saale zu Lagow eine
anſcheinend heitere Geſellſchaft beim Thee.
Ein heftiger, kalter Regen machte das Feuer, das im Kamine
brannte, höchſt gemüthlich und gab dem weiten Raum ein heiteres
Anſehen. Die anweſenden Perſonen, waren Frau Siewers,
Doctor Muldner, Herr von Grunewald, ein junger, hübſcher
Officier, Lieutenant von Wallner und die bleiche, ſchöne Klara,
gegenwärtig Grunewald's erklärte Braut.
Der neue Verlobte war die Aufmerkſamkeit ſelbſt gegen das
lindlich=liebliche Weſen, das zu ihm mit einer Art von Scheu
empor zu ſchauen ſchien.
Klara wäre ſehr hübſch geweſen, wenn das Roth der
Ge=
ſundheit dieſe jugendliche Wange übergoſſen, auf der feinen Lippe
geſpielt hätte. Jetzt war ihre Perſönlichkeit nur lieblich zu nennen,
und wie ſehr Herr von Grunewald ſich auch bemühte, und wie
wohl er es verſtand, Gefühle zu zeigen, die er nicht im gleichem
Maaße empfand, ein aufmerkſamer und unbefangener Zuſchauer
hätte bemerken können, daß er ein Weſen im Zimmer ſchärfer
beobachtete, als ſeine bleiche Braut, Hannchen, das reizende
Kammermädchen. Sie ſtand an einem Seitentiſchchen und ſchenkte
Thee ein, und ſah - das war unleugbar - ſo ſchön, ſo roſig
und ſo ſchalkhaft aus, wie nur ein Kammermädchen in irgend
einem franzöſiſchen Lufiſpiel ausſehen kann und ſoll. Auch müſſen
wir es leider eingeſtehen, daß die reizende Zofe die
Aufuerkſam=
keit die ihr zu Theil wurde, ſehr wohl bemerkte und mit leichter
Koketterie anfeuerte.
Ihre Augen ruhten bisweilen verſtohlen auf dem Geſicht
des Gebieters ihrer Gebieterin, und ſenkten ſich dann plötzlich,
wenn dieſer den Blick mit einem Strahl des ſeinigen erwiederte.
Sie ſtellte ſich ſo, daß Herr von Grunewald ſie von ſeinem Sitz
aus nicht ſehen konnte und lächelte, als er unter einem feinen
Vorwand, mit ſeiner Stellung eine halbe Wendung vornahm, die
ihm das zierliche Bild Hannchens am Theetiſch, in dem großen,
eingemauerten Spiegel zeigte. Sie erröthete vor dem Blick, den
ſein Spiegelbild, das ſie ja auch nur ſehen konnte, ihr
entgegen=
blitzte, zupfte am Schürzenband und ſchlug die Augen nieder, als
aus dem Spiegel der kleine Finger ihr einen Kuß zuwarf,
während Daumen und Zeigefinger ein harmloſes Arangement an
ſeinem ſchönen braunen Bart machten.
Herr von Grunewald hatte keinen Gedanken an die
Abſcheu=
lichkeit ſeines Verfahrens, ihm kam ſeine ganze Situation höchſt
pikant vor. Es war ein Spiel, das er ſpielte und das ihn für
den Augenblick ſehr amüſirte und ſelbſt der Gedanke an das, was
er damit wagte, reizte ihn noch mehr. Quitte ou double!
Die reiche Braut und das reizende Mädchen, oder Nichts,
als eine allerliebſte Pointe!
Nicht ſo Hannchen! Heimlich ſchlug ſie das Gewiſſen. Das
Geſicht ihres Verlobten, ſo ähnlich dem mit welchem ſie
lieb=
äugelte - nur das Fritzens Augen ſo viel treuer, ehrlicher und
lieblicher blickten, als die des gnädigen Herrn da, den ſie ſelbſt
in der Tiefe ihres Kammermädchen=Herzens einen rechten
Spitz=
buben nannte, ſchien vor ihr zu ſtehen und ſie zu warnen,
zu ſchelten.
854
R50.
Es klangen ihr in den Ohren die Liebesworte des treuen,
redlichen Jungen, der ſeit Jahren nun ſchon für ſie lebte und
ſchaffte, der - das wußte ſie - für ſie in den Tod gegangen
wäre, und den ſie nun ſo garſtig hinterging. Denn wenn Fritz
den Blick geſehen hätte, mit dem Herr von Grunewald ſeine
Braut betrachtete, - Hannchen wußte, er verſtand keinen Spaß
in der Art - und wenn er nun gar den geſehen hätte, den ſie
dem Lieutenant zuwarf — Tauſend, ſie riskirte bei dem einen
Blick ihre ganze Zukunft - denn Fritz hätte ſie nicht mehr lieb
gehabt, wenn er ihn geſehen. Zum Glück war er unten bei
ſeiner Schreinerarbeit, aber die Erinnerung an ihn wirkte nachhaltig.
Hannchen dachte, wie würde es Dir gefallen, wenn er mit
dem Fräulein liebäugelte - und obſchon ſie ſelbſt über den
Gedanken lachen mußte, ſo lief es ihr doch kalt über die Haut.
Sie wußte, Fritz liebäugelte mit Niemandem, außer ihr, und jetzt
wollte ſie auch alle Dummheiten laſſen. Sie blickte nur auf ihre
Taſſen, ſtellte ſich ſo, daß Herr von Grunewald ſeiner Braut
hätte den Rücken kehren müſſen, um ſie zu beobachten, und dachte
an ihren ehrlichen Liebſten, der nun Grund hatte, mit ihr zufrieden
zu ſein, als ein ſchriller Schrei ihre Gedanken ſtörte.
Es war Fräulein Klara, die geiſterbleich von ihrem Sitz
aufgeſprungen war, mit emporgehobener Hand, mit ſtierem Blick
das Bild des Martin Grunewald anſchaute und dann in
Ohnmacht fiel.
Aller Blicke richteten ſich jetzt nach dem verhängnißvollen
Bilde, nud wahrhaftig - wenn das Flimmern des Kerzenlichts
keine Täuſchung hervorbrachte - das Gemälde ſtarrte mit
funkeln=
den belebten Augen auf die Geſellſchaft hinab und - jetzt war
die Täuſchung faſt unmöglich — der Augapfel wandte ſich nach
der entgegengeſetzten Seite und blickte nach Hanuchen.
„Das iſt ſonderbar”” ſagte der Lieutenant Wallner zu dem
lebenden Grunewald, ſeinen todten Verwanden anſehend.
„Ah bahlu meinte dieſer, „der Spuck muß eine natürliche
Urſache haben.
„Es giebt viel Dinge zwiſchen Himmel und Erde, von denen
ſich unſere Philoſophen Nichts träumen laſſen,; entgegnete der
junge Gardeofficier mit Achſelzucken.
Unterdeſſen trugen Hannchen, Madame Siewers und der
Doctor die ohnmächtige Klara in's Schlafzimmer, und die beiden
Officiere blieben mit einander im Saale allein.
Drittes Kapitel.
Eine Geſpenſter=Geſchichte.
„Das muß unterſucht werden," ſagte Wallner, „eine Täuſchung
kann bei vier bis fünf Perſonen zugleich nicht obwalten, die
Augen des Bildes bewegen ſich.
Grunewald zündete eine Kerze an, nnachte dann dieſelbe
Vorrichtung, wie einſt Hannchen, mit Tiſch und Stuhl, zog ſeinen
Degen und ſtieg zu dem Bilde empor.
Aber vergebens leuchtete er nach allen Seiten an dem alten,
maſſiven Eichenrahmen umher, vergebens richtete er die Spitze
des blanken Stahles auf die dunkeln Augapfel des dämoniſch
blickenden Comthur, ſie zitterten und regten ſich nicht, und überall
ſtieß er auf die harte, feſte Wand, an der auch keine einzige
Stelle hohl klang.
Sie gingen in's Nebenzimmer; auch hier war Alles in
Ordnung; der alte Schrank, der Wallner's Aufmerkſamkeit
beſon=
ders auf ſich zo9, war verſchloſſen, das Schlüſſelſchild mit dem
Meduſenhaupte feſt auf die Unterlage geroſtet, und als man es
endlich durch die Anwendung von Oel beweglich gemacht hatte,
zeigte ſich darunter das Schlüſſelloch dicht verſtaubt. Seit
Menſchengedenken war hier kein Schlüſſel durchgedrungen.
Die beiden Officiere luden Piſtolen und machten ſich doppelt
bewaffnet daran, das ganze alte Gebäude vom Keller bis zum
Boden, mit Ausnahme der Gemächer, welche die Damen bewohnten,
zu durchſuchen. Selbſt die Höhle des alten Portiers ward nicht
übergangen.
Der Greis ſaß ruhig bei ſeiner Arbeit, ſeine alte
Lebens=
gefährtin las neben ihm in einer vergilbten Chronik. Auch in
Hannchers Zimmer that man einen eiligen Blick. — Es lag am
Ende eines langen Ganges, durch einen Klingelzug verbunden
mit den Zimmern der Gebieterin, und ſah ſo zierlich, ſauber und
niedlich aus, wie die jugendliche Bewohnerin ſelbſt. Die
Oran=
gerie, welche Fritz Rohr als Kind gezogen und ſpäter, von ſeiner
alten Mutter gepflegt, ſo prächtig wiedergefunden hatte, war
darin auſgeſtellt und blühte und duftete neben dem Bette und
Nähtiſchchen ſeiner Braut.
Ein weißer Rock, an dem Hannchen genäht hatte, hing vom
Nähtiſchchen über die Stuhlehne zur Erde hinab und ſah aus,
als verſchleiere er irgend ein Myſterium, aber es ſtand nichts
dahinter, als ein hübſches Fußbänkchen von Paliſſander mit
ein=
gelegter Arbeit, ein Liebesgeſchenk des geſchickten Schreiners und
der hübſchen Füßchen, die darauf ruhen ſollten, ganz würdig.
Das letzte Gemach, das die beiden Geſpenſterfanger
be=
traten, war das des ehemaligen Garde=Trompeters, in dem Fritz
Rohr in Hemdärmeln und Militär=Beinkleidern einen ſehr
hüb=
ſchen Tiſch polirte.
„Wer dazu rief er im Tone einer Schildwache, und im
nächſten Augenblicke ſtanden die beiden Offiziere, bewaffnet und
mit Licht verſehen, vor ihm. Das Zimmer, welches er bewohnte,
war nicht ſehr hoch und nur vom Kaminfeuer, an welchem mit
einem garſtigen Geruch eine Leimpfanne ſiedete, erhellt. Rings
an den Wänden hingen Tiſchler=Geräthſchaften, unter denen
ſelt=
ſam ausſehende Schraubenbohrer von allen Größen an der Decke
den niedern Raum noch niedriger machten.
Neben dem kleinen Fenſter, an das vom Wind gebeugte
naſſe Aeſte und dicke Regentropfen ſchlugen, waren verſchiedene
Blasinſtrumente auf Geſtellen befeſtigt oder angehängt.
Ein Violoncell ſtand an der Wand und ſah in der matten
Beleuchtung aus wie ein Kobold, der ſchmollend den Kopf
weg=
gekehrt. Auf einem kleinen alten offenen Clavier lag Geige und
Flöte. In einer Ecke lehnte eine zuſammengeſchobene Leiter.
(Fortſetzung folgt.)
Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 18. October. Oberappellationsgerichtsrath Dr. Kraſt
iſt zum vorſitzenden Mitglied, und Oberſteuerrath Wörner zum Mitglied
der Civildiener Wittwen=Caſſe ernannt worden.
Herr Pfarrer Schönfeld in Meſſel, welcher lange Jahre hier als
Mitprediger und ſehr beliebter Lehrer an der höheren Töchterſchule wirkte,
und vor etwa zwei Jahren nach Meſſel als Pfarrer überſiedelte, hat um
Rückverſetzung hierher an die höhere Töchterſchule nachgeſucht.
Am 24 ds. Mts., dem Stiſtungstage, kommt das Fuhr'ſche Stipendium
an 4 hieſige, auf unverſchuldete Weiſe zurückgekommene Bürger und Meiſter
mit je 300 fl. zur Vertheilung.
In der Ludwigſtraße neben dem Trier'ſchen Möbel=Magazin iſt
dermalen ein Lager italieniſcher Marmor=Arbeiten ausgeſtellt. Die
un=
günſtigen Zeitverhältniſſe ſcheinen dem Verkauf indeß nicht günſtig zu ſein
und ſoll deshalb eine Verſteigerung der mitunter wirklich ſchönen
Gegen=
ſtände ſtattfinden.
Nach uns vorliegenden Mittheilungen wird S. M. der Deutſche
Kaiſer kommenden Samſtag auf ſeiner Durchreiſe Darmſtadt berühren.
Zu dem neuen Schulhaus in der Friedrichſtraße gehen die Anſtalten
noch ſchwach, da der Plan noch nicht einmal feſtgeſtellt, ſondern noch immer
in Berathung ſein ſoll. Die Jſolirhäuſer im Spital ſind dagegen baulich
ſertig und gehen ihrer inneren Einrichtung entgegen.
Der Aufſchwung, welcher die Handwerker=Fortbildungsſchulen im
Gr. Heſſen ſeit ihrem Entſtehen im Jahr 1838 genommen, iſt ein ſehr
er=
freulicher und für die Beſtrebungen auf dem Gebiete des gewerblichen
Fortbildungsunterichts höchſt dankenswerther. Die erſte inländiſche
Hand=
werkerſchule wurde von dem Landes=Gewerbeverein im Jahre 1838 in
Darmſtadt gegründet, die zweite in demſelben Jahr in Gießen, die
dritt=
entſtand etwas ſpäter in Mainz. Im Jahr 1841 beſtanden in Heſſen 7
derartige Schulen mit 198 Schülern: heute haben wir 46 Schulen mit
3000 Schülern. Der Beſuch dieſer Schulen iſt überall freiwillig und erſt
in dieſem Jahre wurde von der Handwerkerſchule in Schotten Gebrauch
von den 88 106 und 142 der Gewerbeordnung für das deutſche Reich
ge=
macht und durch Orts=Statut der Schulbeſuch für Lehrlinge und Geſellen
unter 18 Jahren obligatoriſch erklärt. Von anderen Anſtalten wird
übri=
gens Aehnliches beabſichtigt. Früher wurde in einzelnen Handwerkerſchulen
der Unterricht an alle Schüler unentgeltlich ertheilt; jetzt wird, beinahe
ohne Ausnahme, überall ein mäßiges Schulgeld (s-30 kr. per Monat
von den Schülern erheben; notoriſch arme Schüler werden jedoch
unent=
geltlich unterrichtet und bei einzelnen Anſtalten noch mit koſtenfreier
Abgabe von Zeichen= und Schreibmaterialien, oder leihweiſer Abgabe
von Reißzeugen u. ſ. w. unterſtützt. Die Zahl der Schüler, welche von
der Entrichtung des Schulgeldes befreit ſind, beträgt ½⁄ -¹ der
Ge=
ſammtzahl.
Redaction und Verlag: J. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.