Darmstädter Tagblatt 1872


11. Oktober 1872

[  ][ ]

Allergnädigſt privilegirtes
Darmſtädter
Fray
ſ= und Anzuge-Blatt.
135. Jahrgang.

Erſcheint
in Verbindung mit dem Ber=
ordnungsblatt'
für den Kreis
Darmſtadt, welches Mittwochs
ausgegeben wird, täglich, außer
Sonntag und Montag.
Abonnementspreis
inck. des- Verordnüngsblattes
jährlich 2 fl. 24 kr.

N. 46.

T a g e b l a t t
Sladt und Nreis Darmſladt.

Iuſerate
werden angenommen: in Darm=
ſtadt
von der Expedition, Rhein=
ſtraße
Nr. 23, in Beſſungen
von Friedrich Blößer, Friedrich-
ſtraße
Nr. 7. ſowie auswärtz
von allen ſoliden Annoncen=
Expeditionen.

Freitag den 11. October.

1822.

Verſteigerungen.
7467)
Verſteigerung.
Samſtag den 19. October 1872, Vor=
mittags
9 Uhr, werden auf dem Caſernen=
hof
des unterzeichneten Regiments in Gießen
eine größere Parthie alte Bekleidungsſtücke,
unter andern 800 Waffenröcke, 1200 Män=
tel
, an den Meiſtbietenden öffentlich ver=
ſteigert
.
Der Verkauf findet in kleineren Parthien
als auch im Ganzen ſtatt, und werden die
näheren Bedingungen beim Verſteigerungs=
Termine bekannt gemacht.
Gießen, den 7. October 1872.
2tes Großherzoglich Heſſiſches Infanterie=
Regiment Nr. 116.

7512)
Wekannttnachung.
Montag den 14. October d. J., Vor=
mittags
10 Uhr, ſoll die bei Herſtellung
der Brückenwaage am Sporerthor vorkom=
mende
Zimmerarbeit durch Soumiſſion ver=
geben
werden. Voranſchlag u. Bedingungen/
liegen auf hieſigem Stadtbauamt zur Ein=
ſicht
offen, woſelbſt auch die Soumiſions=
Offerten einzureichen ſind.
Darmſtadt, den 10. October 1872.
Großherzogliches Stadtbauamt Darmſtadt.
Hechler.

7513) Soeben erſchien und iſt in allen Buchhandlungen zu haben:
Der Alicr-Brauenwerein für Kraukeupflege,
ſeine Entſtehung und leitenden Grundſätze,
ſeine Leiſtungen und Ziele.
Im Auftrag des Central=Comite's des Alice=Frauenvereins
verfaßt von
Dr. med. C. Eigenbrodt,
Geſchäftsführer des Vereins.
80. geh. Preis 18 kr.
Darmſtadt, im October 1872.
G. Jonghaus'ſche Hofbuchhandlung, Verlag.
Ho ag ag aone
A4AaaA zaaa uutaagraaé"
NoOoudRsaaUnAAnuuartratuutn
7494a
Selbſtgezogenen,
4
1)
4
Lederweißzen Zergſträtzer Wein
I habe in Zapf genommen.

Holzſtraße
0O
GeO
OSt,
Nr. 5.
D
Moopooocgoaoagt aanaagaa ngg noa n onaa ponaeheo
GecGGURGöUO6
EEöHwdé=Rirciiad
Beſtellungen können portofrei bei der
Verkauſvon Obſtbäumen.
unterzeichneten Stelle, ſowie bei dem Baum=
Aus der Großherzoglichen Domanial=gärtner Nold und dem Kaſſier und Con=
Baumſchule zu Wallerſtädten können vom troleur Landau zu Wallerſtädten gemacht
1. November l. J. an gegen ſechs Tauſend werden.
Stück Bäume der beſten Obſtſorten, wie
Froß=Gerau, 4. October 1872.
ſolche in dem erſchienenen PKataloge, - wel= Großherzogliches Rentamt Groß=Gerau.
näher
cher unentgeldlich zu haben iſt,
In Beurlaubung des Rentamtmanns.
angegeben ſind, zu folgenden Preiſen abge= 7514) Roth, Finanz=Acceſſiſt.

geben werden:
I. Hochſtämme.
Aepfel 1. Sorte per Stück
2.
Birnen I.

2.

Aprikoſen

Zwetſchen, Kirſchen, Reineclauden,
Mirabellen u. Pflaumen 1. Sorte
24 kr.
per Stück
20 kr.
Zwetſchen 2. Sorte
II. Pyramiden u. Spalierbäume
in zweijähriger Veredlung.
1. Aprikoſen per Stück.
24 kr.
2. Aepfel und Birnen:
a) auf Johannis= u. Quitten=
Unterlagen per Stück.
12 kr.
b) auf Wildling=Unterlage pr. St. 10 kr.
Außerdem ſind Trauereſchen= Hoch=
ſtämme
zu haben per Stück
20 kr.

30 kr.
24 kr.
30 kr.
24 kr.
36 kr.

7469) Für Schreiner!
24 Stück eichene Diele 1 dick ſind zu
verkaufen bei Carl Roos, Glaſermeiſter,
Brandgaſſe Nr. 16.

7495) Ein ſehr gut erhaltenes Kanapee
ſteht billig zu verkaufen. Wo? ſagt die Exp
per Schoppen 24kr.
G
5 Rothwein ohne Glas enpfechlt
L. Kuhn, Schulſtraße I.

5516)
Tanzſchuhe
empfiehlt in großer Auswahl
C. Schüssler.
3 = und Koch=Birnen
werden im Kumpf billigſt abgegeben von
P. Pitthan, Garſshof.

[ ][  ][ ]

816

R46.

Vermiethungen.
7472) Dieburgerſtraße 82 drei große Lo=
gis
mit Antheil am Garten zu vermiethen.
7498) In meinem neu erbauten Hauſe,
Schwanenſtraße Nr. 8, ſind noch 2 Logis
Friedrich Delp.
zu vermiethen.
7501) Ein ſchönes Zimmer ohne Möbeln
zu vermiethen. Nieder=Ramſtädterſtr. 47.
7518) Grafenſtraße 18 ſind 2 freund=
liche
möblirte Zimmer zu vermiethen.

E 7519) Eine Wohnung von 6 Zim=¾
E mern, Hochparterre, untere Eliſabethen=
H ſtraße, nächſt der Promenade, mit:
E Stallung und Mitgebrauch des Gar=
tens
, iſt alsbald zu beziehen. Die F
8 Wohnuug wird auch ohne Stallung 4
F abgegeben. Näheres in dem Logis= P
8 Nachweiſungs=Büreau von
B. L. Trier, Ludwigsſtraße.

t.
[2
Hri
VATAAAAAAAL.RARAEEETAL¾
(Fin möblirtes Zimmer iſt an einen
E= anſtändigen Herrn zu vermiethen.
Alexanderſtraße Nr. 3.
7521) Grafenſtraße 18 ein Raum zu ver=
miethen
, der zu einem Magazin geeignet iſt.
Fin ſchön möblirtes Zimmer zu ver=
C(miethen untere Waldſtr. 46parterre.

Viermiſchte Nachriähten.
7293)
Dr. Hetzler
wohnt von heute ab Ecke der Hügel-
und Steinstrasse Nr. 2.

7280) Wienerſtraße 25 kann ein Schüler
oder eine Schülerin der höheren Lehranſtalten
Koſt und Logis erhalten. Auch Nachhülfe
bei den Arbeiten.
7476) Penſion und Nachhülfe für Schüler.
Steinſtraße 3, dritter Stock.
Vergolder=Gehülfen
auch tüchtige Zurichter, ſinden dauernde
Beſchäftigung bei J. P. Schneider ir.
in Frankfurt a. M.
7481) Ein Mädchen, das im Ausbeſſern
geübt iſt, wünſcht noch einige Tage in der
Woche beſetzt zu haben.-Magdalenenſtr. 2.
7485) Es können 1 auch 2 Schüler bei
einer ruhigen Familie Koſt und Logis er=
halten
.
Waldſtraße Nr. 25.
7403) Wäſcherinnen finden gegen
einen täglichen Lohn von 1 Gulden mehrere
Tage in der Woche Arbeit.
Wo? ſagt die Expedition.
7505) Eliſabethenſtraße Nr. 51 wird eine
gute Köchin, die auch Hausarbeit über=
nimmt
, gegen hohen Lohn für den 1. No=
vember
geſucht.

7523) Beſſunger Carlſtraße 58 fiudet
ein Schüler gute Penſion.

7266)

Privatſchule für Mädchen.

Das Winter=Semeſter in der Anſtalt des Unterzeichneten beginnt Montag
den 14. October.

Zimmerſtraße 5.

H. Reineck.

7449)

Entlaſſene Milikärs,

die in Folge von Verwundung oder dergl. ſich ſchweren Arbeiten nicht unterziehen
können, finden in einem größeren Fabrikgeſchäft gegen angemeſſenen Lohn auf die Dauer
leichte Beſchäftigung. Franko=Offerteu sub Chiffre 8 5561 befördert die Annoncen=
Expedition von Ruaolſ Morse in Frankſurl a. M.

7159)
Wirthſchaft=Eröffnung.
Hiermit die ergebenſte Anzeige, daß ich unterm Heutigen eine
Restauratlzm mit Billard (am Marienplatz, früher Neckarthor),
eröffnet habe, und wird es mein eifrigſtes Beſtreben ſein, mir durch gute Speiſen und
Getränke, ſowie reelle Bedienung die=Gunſt eines geehrten Publikums zu erwerben.
Hch. Einsiedel.
2898)
H ä u f e r
in den beſten Lagen, mit und ohne Geſchäfte, ſowie Herrſchaftshäuſer mit ſchönen
Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
M. Neuſtadt, Aeranderſtr. 8.

G.4.
F-
Für Anzeigen

beſonders von Geſellſchaften, Vereinen, Inſtituten,
Bank= und Geſchäftshäuſern ꝛc.,
eignet ſich beſonders das

Odenwalder Anzeigeblatt
zu Fürth im Odenwald.
Preis der 3ſpaltigen Petitzeile 3 kr. - Bei mehr als dreimaliger Aufnahme Rabatt.

nb25 Agenten=Geſuch.
Perſonen jeden Standes kann ein leicht
abzuſetzender Artikel, der weder Raum noch
kaufmänniſche Kenntniſſe erfordert, gegen
hohe Proviſion zum Wiederverkauf zuge=
wieſen
werden.
Reflectanten belieben ihre Adreſſe unter
den Buchſtaben B. V. 419 an die Expedition
d. Bl. zur Beförderung franco einzuſenden.

7526)
Dankſaſung.
Allen Freunden und Bekannten, welche
meine unvergeßliche Gattin und unſere liebe
Mutter zur letzten Ruheſtätte begleitet
haben, ſagen wir unſeren tiefgefühlteſten
Dank.
Die trauernden Hinterbliebenen.
Georg Täufer.

In dem Großherzoglichen Holzmagazin
vird abgegeben:
per Raummeter.
buchen Scheidholz I. Claſſe 6 fl. 40 kr.
kiefern
4 fl. 40 kr.
Der an den Ueberbringer für einen Raum=
meter
zu zahlende Fuhrlohn beträgt für
Darmſtadt und Beſſungen 18 kr.
Beſtelltage: Dienſtag, Freitag und
Samſtag, Vormittags von 8 bis 11 Uhr.
Großherzogliches Renkamt Darmſtadt.
Hauſer.

Cageskalender.
Großherzogliches Hoftheater.
Freitag 11. Oct. 5. Vorſtellung im 2. Abon.:
Graf Eſſex. Trauerſpiel in 5. Acten von H. Laube.
Großh. Muſeum und Bildergalerie im Schloß,
geöffnet Sonntag von 10-1 Uhr, Dienſtag, Mitt=
woch
, Donnerſtag und Freitag von 11-1 Uhr.
Im Großherzoglichen Kupferſtichkabinet ſind
gegenwärtig die Semper'ſchen Pläne für den
Neubau des Großherzogl. Hoftheaters
zur Ausſtellung gebracht.
Großh. Hofbibliothek im Schloß, geöffnet täg=
lich
von 9-12 Uhr Vormittags und ſaußer Samſtag)
von 2- 4 Uhr Nachmittags.
Sparkaſſe. Zahltage Montag, Dienſtag, Donner=
ſtag
, Freitag von 9-12 Uhr Vormittags. Jeden
Dienſtag von 2-4 Uhr Nachmittags werden die
Sparkaſſebüchelchen gegen die Interimsſcheine aus=
gegeben
.
Spar= und Leihkaſſe in Beſſungen, Carlsſtraße
Nr. 2, Zahltage Dienſtag und Samſtag von
8-12 Uhr Vormittags.
Abgehende Bahn=Züge.
ſchnell=oder Courier=Züge.)

Nach
Frank=
furt
. Nach
Heidel=
berg
. Nach
Mainz Nach
Aſchaf
ſenburg Nach
Worms Nach
Erbach 5. 30 655 15. 30 6.20 6.40 I 6.45 9.10 7.50 750 1955 9.15 930 9.40 9.25 11.- 11.15 11.20 411. 7 1.45 12.- 150 1.47 12. 5 3.11 115 2.2 2.56. 240 3.10 14.45 J.- 15.45 5.30. 5.35 46.. 5.30 66.15 7.10 8.- 7.10 8. 5 8.- 9.10 110.- 49.50 510.- 950 [ ][  ][ ]

M 16.

817

7527)

An meine geehrte Kundſchaft!

Die ergebenſte Anzeige, daß ſich meine Korbwaaren=Fabrik ſowie Lager nicht mehr Waldſtraße 2,
ſondern Rheinſtraße 3, ſchräg gegenüber dem Geſchäft des Herrn Faix, befindet, und bitte ergebenſt das
mir ſeither geſchenkte Wohlwollen und Vertrauen auch fernerhin zu ſchenken.
Darmſtadt, im October 1872.
Kourad Roos, Korbwaaren=Fabrikant.

7528)

Einladung zum Abonuement
auf die täglich außer Montags erſcheinende
traßburger Zeitung

amtliche Nachrichten für Elſaß=Lothringen
Dieſelbe wird, wie bisher, in ihrem amtlichen Theile zur Veröffentlichung der Geſetze, Verord=
nungen
und Erlaſſe der kaiſerlichen Regierung für Elſaß=Lothringen dienen.
In ſeinem nichtamtlichen Theile wird das Blatt in ſelbſtandiger Halitung die deutſchenationale
Sache im Reichslande vertreten und durch ruhige Eroͤrterung und Aufklärung im Geiſte der Ver=
ſöhnung
und Vermittlung zu wirken ſuchen.
In dem neuen Quariale wird die,Straßburger Zeitung= durch häufigere Ausgaben von Beilagen
eine noch größere Reichhaltigkeit ihres Inhalts erſtreben.
Durch Telegramme und Correſpondenzen werden die Tagesereigniſſe in ausreichender Vollſtändig=
keit
berichtet und ein beſonderes Gewicht auf die ſelbſtaͤndige Beſprechüngen aller wichtigeren Fragen/
in Original=Leitartikeln gelegt werden.
Die elſaß=lothringiſchen Angelegenheiten und die Provinzial=Chronik werden eine ſpecielle Berück=
ſichtigung
finden. Däs Blatt wird nicht nur Correſpondenzen aus den größeren Stadten des Reichs=
landes
bringen, ſondern auch Anfragen und Discuſſionen von allgemeinem Intereſſe bereitwillig ſeine
Spalten öffnen.
Handelsberichte und Borſen=Curſe werden wir nach telegraphiſchen Nachrichten und offiellen Curs=
blättern
in möglichſter Ausdehnung veröffentlichen.
Die Feuilletons zur elſaß lothringiſchen Cülturgeſchichte, welche diel, Straßburger Zeitung bisher
gebracht, haben ſich einer allgemeinen Anerkennung erfreut.: Beiträge ähnlicher Art ſind dem Blatte
auch fernerhin zugeſagt; außerdem iſt ein Novellen=Feuilleton beigefügt, in welchem im nächſten Quartal
Karl Frenzel's neuer RomanLucifer' zum Schluß gelangen wird.
Der Preis bleibt für Straßbürg Fr. 6. - Fur auswärts Fr. 750 == Thlr. 2. vierteljährlich.
Annoncen finden durch dieſe Zeitung im Reichslande die größte Verbreitung, ida dieſelbe in
jedem Orte des Elſaßes geleſen wird. Außerdem werden ſolche durch den Placat=Anzeiger
täglich an den Straßenecken hieſiger Stadt unentgeldlich angeſchlagen. Der Inſerationspreis 'iſt
dabei billiger wie bei andern gleich großen Zeitungen, und beträgt für die 6ſpaltige Petitzeile nur
Redaction und Verlag der 3traßburger Zeitung.!
20 Centimes.

Zu Jnſertionen aller Art
erlauben wir uns, das
Neuſtädter Kreisblatt
als alleiniges amtliches Organ ſämmtlicher
Behörden des Kreiſes beinahe in jedem Hauſe
dieſes Bezirkes anzutreffen, - dem geſchäfts=
treibenden
Publikum angelegenlichſt zu empfeh=
len
, indem dieſelben vorausſichtlich von der
beſten Wirkſamkeit ſind und zwar um ſo mehr,
als der Kreis Neuſtadt durch die Oden=
waldbahn
, die denſelben in ſeiner ganzen
Länge durchſchneidet, nunmehr auch in den
größeren Weltverkehr hineingezogen worden iſt.
Der Preis der 2 geſpaltenen Petitzeile
beträgt 3 kr., bei mehr als 3 maliger In=
ſertion
oder bei ausnahmsweiſe bedeutenden
Aufträgen wird entſprechender Rabatt be=
willigt
.
Aufträge werden angenommen und um=
gehend
weiter befördert von C. Justus (an
der Stadtkapelle) in Darmſtadt.
Neuſtadt im Odenwald.

7510)

Die Expedition.

Der Geiſt des Martin; Grunewald.
Eine märkiſche Geſchichte
von
Julie Ourow.

Fortſetzung.)
Ja, das iſt eine beſondere Geſchichte, flüſterte ſie, und
ſah ſich um, ob auch irgendwo noch ein anderes Ohr als das
ihres Liebſten hören könne, was ſie, ein echtes Kammermädchen,
über Diejenigen in Erfahrung gebracht deren Brot ſie . Ich
weiß beſſer was da los iſt als Madame, beſſer vielleicht als der
Doctor. Ich höre ſie oft - das Fräulein nämlich, in der
Nacht im Schlafe reden und weiß auch was ſie zu Madame
zum Doctor ſagt, - ich weiß auch was ſie ſchreibt und leſe
es immer.
Iſt das auch recht, Hannchen Zu
Hör Fritz, ich bin verſchwigen, über meine Lippen geht
kein Wort, außer zu Dir, und Dir ſag ich's auch nur, weil Du
doch Etwas davon weißt. Wie hieß wohl, Fritze, der Lieutenant
von Eurem Regiment, der Dir ſo ähnelte und der mit einem
Mal den Abſchied nahm La
Von Grunewald, Hannchen; aber wie kommſt Du auf
Den, Kind, und haſt Du ihn gekanntzu fragte der Verlobte mit
verfinſterter Stirn.
Na ſei kein Narr, Fritze, und denk Dir gleich was Böſes,
ich habe den Patron immer nur von weitem geſehn, aber unſer
Fräulein Klara, die hat ihn gekannt, die ſpricht von ihm Tag
und Nacht unds jammert manchmal, daß ein Stein ſich er=
barmen
möchte.
Es war ein Thunichtgut der Grunewald, warf Fritz ein,
und man ſagte im Regiment, daß der König ihn fortgeſchickt

wegen Sittenloſigkeit, aber kein Menſch weiß das wie und wo
von der Sache.
Ich weiß es," flüſterte Hannchen, und das arme Kind
da oben weiß noch mehr davon. Ich kann mir das nur ſo zu=
ſammen
reimen nach Allem was ſie ſagt und thut, fuhr das
Kammerjungferchen fort. Sie war in einer vornehmen Penſion,
ſiehſt Du, und da waren Prinzeſſinnen und adelige Fräuleins
und Gräfinnen und ſie die einzige Bürgerliche, aber die Reichſte
von Allen. Nun iſt der Penſion gegenüber, eigentlich dem
Gartenthore der Penſion gegenüber, die Wache, die Euer Regi=
ment
bezieht. Da muß der Grunewald ſie geſehen und eine
Liebſchaft mit ihr angeknüpft haben, und ſpäter iſt er auf einer
Strickleiter über die Gartenmauer geklettert oder gar in ihr
Fenſter, aber die Geſchichte iſt ausgekommen, und nun hat die
Dame, die die Penſion hält, dem König das Ganze erzählt, der
hat den Grunewald vom Regiment gejagt. Das Kind aber, das
arme Klärchen, hat
Woher weißt Du das, Mädchen?u ſagte eine troftloſe
Stimme dicht neben der Sprecherin, und eine blaſſe zitternde
Hand legte ſich auf ihre Schulter.
Hannchen ſprang zum Tode erſchrocken empor, Fritz war
auch mechaniſch aufgeſtanden und ſalutirte der Herrſchaft ſeines
Mädchens, den Finger mit militäriſchem Anſtand an ſeine weiße
Stirn legend.
Madame Siewers ſah von dem allem Nichts, ihr Auge
hing an Hannchens Lippen, ſie war blaß und zitterte heftig, aber
ſie nahm ſich zuſammen und fragte blos noch einmal, woher
weißt Du das, mein Kind ?u
Ach, Madame, Sie wollen mir verzeihen, Sie werden nicht
böſe ſein -" ſagte das Mädchen.
Ich will Dich ſegnen, ich will Dich wie eine Tochter aus=
ſtatten
, Mädchen, wenn ich den Grund von meines Kindes Elend

[ ][  ]

818
N
ſo erfahre, daß ich vielleicht helfen, vielleicht ihr Leid in Glück
verwandeln kann," entgegnete die unglückliche Mutter.
Hannchen nahm ſich zuſammen, ſie winkte dem Fritz, der
ſich geräuſchlos zurückzog, und ſagte dann: Madame wiſſen
Nichts von dem Vorfall in der Penſion ?-
Kein Wort, keine Silbe. Mein Kind kam krank in's
elterliche Haus zurück, aus dem indeß der Tod den Vater abge=
rufen
hätte. Sie weinte Tag und Nacht, ſie hatte Krämpfe,
Fieber, furchtbare Nervenzufälle, aber kein Wort kam über ihre
Lippen, das mir Licht über die Urſache ihrer Leiden gegeben jätte.
Madame mögen nur die Tagebücher des Fräuleins leſen.
Fräulein verſchließen ſie zwar, aber der Toilettenſchlüſſel paßt
auch zu Fräuleins Schreibtiſch. Der Herr, der das Fräulein
lieb hat, muß wohl auch ſehr ſchön und liebenswürdig ſein, zudem
iſt er aus einer ſehr vornehmen Familie. Es wäre ſo gerade
kein Unglück, wenn Madame das Ja ſagten, und, und
Frau Siewers ſah zu Boden. Ihr bleiches trauriges
Geſicht ſchien ſich in etwas zu erheitern. Gott hat mich hierher
geführt, ſagte ſie, ich verirrte mich oben in den Corridors und
ging dann die Seitentreppe hinab, dem Laut Curer Stimmen
folgend. In jenem Gewölbe konnte ich deutlich jedes Wort ver=
ſtehen
, das Du ſprachſt.
Ja Madame, in dieſem geſegneten alten Schloſſe, da ſind
ſo viele Stellen, wo es widerhallt, ſo viele Winkel und Treppen
und Gewölbe, daß Einem ganz graulich, ganz wie in einem Märchen
zu Muthe iſt. Aber der Herr Doctor, das glauben Sie, beſte
Madame, wiſſen mehr von Fräulein Klärchen, als ſie ſagen; ich
habe ſchon daran gedacht, ob ſich Herr von Grunewald nicht hier
in der Gegend irgendwo aufhalten mag. Der Herr Doctor iſt
ja hier zu Hauſe und kennt auf zwei bis drei Meilen in der
Runde alle Leute und alle Güter.
Madame Siewers dachte eine Weile nach, ſie war während
dieſes Geſprächs mit der Kammerjungfer die Treppe hinaufge=
gangen
und durchſchritt langſam die hallenden, von der Sonne
beſchienenen Corridors.
Ja," ſagte ſie dann, der Doctor weiß mehr von dieſer
unglücklichen Angelegenheit, und verſchweigt ſie mir - um mich
zu ſchonen ſetzte ſie in Gedanken hinzu, und duntle, ſchreck=
liche
Bilder, das Geſchick ihres einzigen Kindes betreffend, zogen
an ihren Mutteraugen vorüber.
Hannchen ging an ihre Geſchäfte und Madame Siewers zu
ihrer Tochter, die in einem Lehnſtuhl lag, bleich, mit geſchloſſenen
Augen, mit zuckenden Lippen.
Sie zog das Köpfchen an ihre Mutterbruſt und ſagte ſeufzend:
O wie mag ſie gelitten haben!
Doctor Muldner war bei der Kranken geweſen und winkte
jetzt der Mutter, ihm in ein anderes Zimmer zu folgen.
Es war ein kleines Gemach, von dem großen Saale durch
die Wand getrennt, an welcher das Bild Martin Grunewald's
hing. Hochrothe, ſehr prächtige Tapeten deckten die Wände dieſes
Zimmers, und ein Schrank von Eichenholz mit künſtlichem Schnitz=
werk
, vom Alter geſchwärzt nahm die Hauptwand neben der
Flügelthür faſt bis zur Decke ein.
Man mußte ſich unwilkürlich fragen, welcher Art von Ge=
ſchöpfen
die höheren Gefache dieſes Schrankes hätten brauchbai
ſein können. Uebrigens war dieſes Ungeheuer verſchloſſen, und
eine blanke Meſſingplatte, ein Meduſenhaupt vorſtellend, lag über
dem Schlüſſelloch.
Meine werthe, vieljährige Freundin," ſagte Doctor Muldner
hier, nachdem die Beiden auf einer Ottomane Platz genommen
hatten, nes iſt jetzt wohl Zeit, mit Ihnen zu ſprechen und das
Geſchick Ihres Kindes in Ihre Hand zu legen.
Sprechen Sie,; hauchte Frau Siewers, und was mein
Kind retten, was es mir erhalten kann, ich willige in Alles.:
Nun wohl, meine Freundin! Klara war zwei Jahre von
Ihnen getrennt.
Sie unterbrach ihn. Mein Kind war ſchlecht aufgehoben,
obgleich ich ſie ſicher wähnte, wie unter meinen eigenen Augen,
heute hörte ich das erſte Wort von der Bekanntſchaft, die ſie in
jener Penſion gemacht, und kann die Schwere ihres Geſchickes ahnen.

16.

Muldner zuckte die Achſel.
Wir wollen das Alles auf ſich beruhen laſſen, liebe Freundin.
Jedenfalls iſt es für Klara's Frieden nöthig, ſie mit dem Manne
zu vereinen, der ſchwerlich in ihr nur ein Spielzeug für eine
übermüthige Lanne ſah. Grunewald verſchwand aus Berlin, ohne
dem unglücklichen Kinde Lebewohl zu ſagen, und der größte
Stachel in Klara's Bruſt iſt wohl der, ihn ins Verderben ge=
ſtürzt
zu haben. Der junge Leichtſinnige iſt nämlich nicht reich,
und es hieß längere Zeit, er ſei in die Algieriſche Fremdenlegion
80tr.ten. Dem iſt aber nicht ſo. Der ehemalige Garde=Officier
iſt, wie ich in Erfahrung brachte, in dieſer Gegend, er iſt mir
perſönlich bekannt, und ich glaube, daß Sie, meine theuerſte
Freundin, Zwei glücklich machen können, wenn Sie Vergangenes
vergeſſen und den reuigen Sünder als Sohn annehmen.
JFortſetzung folgt.)

Mittheilungen aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 10. October. Se. Königl. Hoheit der Großherzog
haben an Stelle des auf ſeinen Wunſch von dieſen Functionen enthobenen
Gr. Oberſteuer=Tirector Ewald den Großh. Miniſterialrath im Miniſterium
des Großh. Hauſes und des Aeußern Dr. Carl Neidhardt zum Bevoll=
mächtigten
beim Bundesrath des deutſchen Reiches ernannt.
Die Aſſiſenverhandlung vom 8. gegen die Ehefrau des F. Reininger
von Schweppenhauſen wegen Mords nahm nach einer 5ſtündigen Verhandlung,
in der die Beſchuldigte ihr früheres Geſtändniß theilweiſe zurücknahm, einen
eigenthümlichen Verlauf. Sie ſtellte ſich nämlich als nichtig heraus, da der
870 der Strafproceßordnung verletzt war, weil ein beim Berweiſungsbeſchluß
betheiligter Richter auf der Richterbank ſaß. Die Sache iſt bis zum Schluß
der Aſſiſen vertagt.
Zu der heute begonnenen erſten ordentlichen General=Verſammlung
des Verbandes deutſcher Frauen= und Erwerb=Vereine hatten ſich ſehr zahlreiche
Gäſte aus allen deutſchen Gauen zuſammengeſunden; auch England, Ruß=
land
, die Schweiz und Frankreich hatten Vertreterinnen entſandt. Von
hervorragenden deutſchen Namen erwähnen wir diejenigen der Damen
Marie Simon von Dresden, Lina Morgenſtern, Jenny Hirſch,
Schepeler=Lette, Bertha Jacobi von Berlin Frau Johanna
Goldſchmidt von Hamburg, Frau Simſon aus Breslau, der Herren
Profeſſor v. Holzendorff von Berlin, A. Lammers aus Bremen u. a. m.
Die Verhandlungen, welche im großen Saale der Freimaurer=Loge
Statt hatten, begannen, in Anweſenheit der Frau Prinzeſſin Alice und
eines erleſenen Publikums um 9 Uhr Vormittags, verliefen in anregendſter
würdigſter Weiſe und wurden in dieſer erſten Sitzung bis 3 Uhr Nachmit=
tags
fortgeſetzt. Frau Schepeler=Lette, welche die Verſammlung er=
öffnete
, empfahl Herrn A. Lammers von Bremen als Präſidenten der
Verſammlung. Derſelbe berichtete nun zunächſt über die Zulaſſung der
Frauen zum Poſt=, Eiſenbahn= und Telegruphen=Dienſte, deren Verwendung
in dieſen Branchen, namentlich aber im Telegraphen=Fache nach der Ver=
ſicherung
des anweſenden Vertreters des badiſchen Frauen=Vereines die
ausgezeichnetſten Reſultate ergab. Frau Goldſchmidt von Hamburg
ergriff das Wort zu längerem hochſt intereſſanten Vortrage über die Fröbel'ſche
Erziehungs=Methode. Im Verlaufe der ſich hieran reihenden Debatte betonte
namentlich Hr. Prof. v. Holzendorff das deutſch=nationale Element in
der Fröbel'ſchen Methode; die frunzöſiſchen Bonnen ſeien durch deutſche
Kindergärtnerinnen zu verdrängen, in den neu zu errichtenden Schulen mit
Rückſicht auf die Froͤbel'ſche Methode die Anlage von Gärten vorzuſehen ꝛc.
Fräulein Louiſe Büchner von hier berichtete hierauf über die
Wirkſamkeit des Alice=Bajars und verbreitete ſich in längerem gediegenem
Vortrage über die Lage der Frauen und die Nothwendigkeit deren vollen=
deterer
Ausbildung in weiblichen Arbeiten; zu der Ausbreitung der Fröbel'ſchen
Kindergärten in Darmſtadt werde das Nöthige vorbereitet.
Im Laufe der Sitzung kamen verſchiedene Schreiben mit zuſtimmenden
Inhalte aus Holland, der Schweiz zur Verleſung. Frau Fanny Lehwald,
welche perſönlich zu erſcheinen verhindert war, hatte ſich brieflich an die
Verſammlung gewandt und den deutſchen Frauen an's Herz gelegt gegen
die öffentlichen allgemeinen Chriſtbeſcherungen für Arme zu wirken, welche
jederzeit eine beſchämende, drückende Wirkung auf die Beſchenkten äußerten,
vielmehr dafür zu ſorgen, daß den Armen an dem Chriſtfeſte, eine Haus=
Freude bereitet werde.
Seitens der Verſammlung waren Begrüßungs=Telegramme ergangen
an die deutſche Kaiſerin, die Kronprinzeſſin, die Kronprinzeſſin von Sachſen,
die Großherzogin von Baden. Von der Kaiſerin, der Großherzogin von
Baden wurden bereits die dankenden Antworts=Telegramme zur Vorleſung
gebracht.
Der Unterricht an der Winter=Ackerbauſchule zu Darmſtadt pro
70
1872ſ73 beginnt am 1. November.
Die Zeitung des Vereins deutſcher Eiſenbahnverwaltungen' be=
hauptet
, daß die Erwerbung der Main=Neckar=Bahn für das Reich
neine feſtbeſchloſſene, durch nichts zu ändernde Sache- ſei.
Dem Unternehmen der neuen Waſſerleitung in Offenbach ſind
auf Anſuchen von dem Commando des dortigen Bataillons eine Anzahl
von Soldaten zur Ausführung von Erdarbeiten zur Verfügung geſtellt
worden.

Redaction und Verlag: ? C. Wittich'ſche Hofbuchdruserei