Darmstädter Tagblatt 1870


02. August 1870

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Beilage

um

Darmſtädter Frag= und

R 3I.

Dienſtag den 2. Auguſt

1870

Das Frag= und Anzeigeblatt, die Beilage hierzu, Jowie das Verordnungsblatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen woͤchentlich; Erſteres Samſtag, die Beilage
Vienſtags und Letzteres Donnertags. Jahres=Abonnement der drei Bläter zuſammen 2 fl. Auswarts kann man bei allen Poflämtern abonniren. In Varmſtadt Ei
der Erpedition.-Aheinftraße Nr. 23 neu.
EAdiAtaxaiiat
4127) Frankfurterftraße bl. Cage,
4869) Hiermit beehre ich mich ergebenſt anzuzeigeu, daß ich eine Stempelpreſſe für
beſtehend aus 9 Piecen, nebſt allem Zugehör,
Briefpapier angeſchaft habe und von heute an jeder Anforderung prompt Genüge leiſten kann.
vom 1. Juli beziehbar.
Ernſt=Ludwigſtraße 25.
Hernznnn Hélt,
CruxurrAiiitutume
4148) Frankfurterſtraße 32 ein Logis bel Etage,
5021)
4 Zinmer mit Zugehör, den 1. Juli beziehbar.

Lamwand

in allen Arten, grau ſür Säcke und Strohſäcke, ſowie Hausmacher und Leder=Leinen
zu Hemden und Betttücher, ſowie alle Sorten Leinen, Shirting und Bettzeuge für
Lazaretb=Utenſilien, welche ich an Wohlthätigkeits=Anſtalten zu dem
Selbſtkoſtenpreis erlaſſe.

hältnißmäßig billiger, empfiehlt

per Flaſche 1½ Schoppen 15 kr., 18 kr. und 24 kr. in reinen guten Qualitäten, im Faß ver=
Wilhsim Cöhnſi.
5024) Strickwolle in allen Qualitäten, billige blaue und ungebleichte
Strick=Baumwolle, ſowie alles ſonſige Strick=G Nähmaterial beſtens
bei
Chr. Schmoicher, Markt.

5073)

Vorſchuß=Verein Darmſtadt:
Zweite Auartal-Verſammſung und außerordentſiche
general=Verſammſung
Moutag S. Auguſt 1820 Abends 7½ Uhr in der Häbich'ſchen Weinwirthſchaft.
T a g e s o r d n u n g:
1) Nechnungs=Ablage pro II. Quartal 1870.
2) Stellung unter das Genoſſenſchafts=Gejetz, Berathung und Beſchlußfaſſung über den, den Ver=
eins
=Mitgliedern zugeſtellten Statuten=Entwurf.
3) Wahl des Vorſtandes und Ausſchuſſes nach Maßgabe des Genoiſenſchafts=Geſetzes und der
veränderten Statuten.
Wir bitten unjere Mitglieder dringend, ſich durch keinerlei triegeriſche Creigniſſe von der Theil=
nahme
an den Vereins=Angelegenheiten abhalten zu laſſen, ſondern mit dem guten Beiſpiel gegen=
ſeitigen
Vertrauens und Zuſammenhaltens voran zu gehen. Die Stellung unter das Genoſſenſchafts=
Geſetz und die dadurch nöthig werdende Aenderung der Statuten und der Organiſation wird unſeren
Credit nach allen Seiten hin uur noch mehr befeſtigen und uns die Möglichkeit eröffnen, auch in be=
dräugten
Zeiten den Bedirfniſſen der Creditſuchenden Mitglieder Geuüge leiſten zu koͤnnen.
Der Vorſtand des Vorſchuß=Vereins.

4996) Baumſtützen ſind in großer Aus=
wahl
auf Achen's Mühle zu haben.
Feinſtes Schwingmehl
der gewogene Kunpf fl 5. 20. empfiehlt
am
½
Emanuel zuld, Mart.

5074) Eine reingehaltene nußbaum. Kinder=
Bettſtelle mit eich. Nahme und Gurten (bis zum
16. Lebensjahr gebrauchend) zu verkaufen.
Beſſunger Kirchſtr. 19 bei Küfermeiſter May.

Vermiethungen.
2791) Louiſenplatz 4 ſind in der bel
Etage 5 Zimmer mit Küche zu vermiethen und
am 1. Juli zu beziehen.
3696) In meinem neuen Hauſe, alter Roß=
dorferweg
Nr. 9, iſt der 2. Stock und die Man=
ſarden
=Wohnung zu vermiethen. Karl Böttinger.
3784) In meinem Hauſe, Ernſt=Ludwigſtraße
Nr. 5, iſt ein großes Arbeits=Lokal, für ver=
ſchiedene
Geſchäfte ſich eignend, ſogleich zu ver=
miethen
.
W. Korn.
3969) Caſinoſtraße Nr. 13 iſt der dritte Stock
zu vermiethen, bis Anfangs September zu beziehen.

4159) Hügelſtraße Nr. 51. 2 möblirte Zim=
mer
mit 1 oder 2 Betten, ſogleich zu beziehen.
PEEARTAAARRAUATURTAAARAAN
4217) Heinrichſtraße 34 ein Manſarden=F
Logis, 3 Piecen, Küche, Keller, Anfangs
5
38 September, auch früher, zu beziehen.
N44i tnAin tirit rt t Ar i r r i n A undi
4243) In meinem neuerbauten Hauſe, Mühl=
ſtraße
Nr. 25, iſt der 1. und 2. Stock, jeder
beſtehend aus 6 Zimmern, Küche, abgeſchloſſenem
Vorplatz, 2 Bodenkammern, Keller, Holzſtall,
Waſchküche, Mitgebrauch des Bleichplatzes, ſowie
eine Manſarde, beſtehend in 2 Zimmern, Cabi=
net
, Küche, Keller, Bodenraum und allen Bequem=
lichkeiten
zu vermiethen und bis Mitte Juli be=
ziehbar
.
Guſtav Heß, Zimmermeiſter.
4404) Soderſtraße 33 iſt das Manſarde= Lo=
gis
zu vermiethen. Auskunft ertheilt Schloſſer=
meiſter
Ludwig, Karlsſtraße 8
4753) Schulſtraße Nr. 15 dritter Stock iſt
ein möblirtes Zimmer zu vermiethen.
4875) Langegaſſe 17 ein Logis im Vorderhaus
bei
Herm. Schweffel.
4877) Steinſtraße 36 iſt der mittlere Stock,
beſtehend aus 6 Piecen nebſt allen Bequemlich=
keiten
zu vermiethen u. am 15. Oct. zu beziehen.
4983) Dieburgerſtraße Nr. 40 iſt der mitt=
lere
Stock zu vermiethen.
4999) Ein Logis zu vermiethen und gleich zu
beziehen. Große Ochſengaſſe Nr. 19.
5000) Ein freundliches ſchönes Zim=
mer
mit Kabinet nebſt Bedienung iſt ſogleich zu
vermiethen.
S. Baier, Hof=Conditor.
5091) Brandgaſſe Nr. 14 ein ſchönes Logis
zu vermiethen und gleich zu beziehen.
Cleines Logis nebſt Garten ſofort zu ver=
2 I1 miethen. Heerdweg 22.
C.
5039) Im neuen Theil der Magazinſtraße
iſt der untere Stock - 6 Zimmer u. 3 Souterrain=
Kammern - gleich beziehbar, zu vermiethen.
Auskunft Hölgesſtraße 14 Parterre.
5075) Schulſtraße Nr. 9 parterre ein möblirtes
Zimmer mitCabinet zu vermiethenu. gleich zu beziehen.
5076) In meinem Hauſe Steinſtraße 21
iſt eine Wohnung mit allen Bequemlichkeiten an
eine ſtille Familie bis Ende October zu vermiethen,
auf Wunſch kann auch Garten=Antheil abgegeben
Jean Michael.
werden.
5077) Ernſt=Ludwigſtraße Nro. 5 iſt die bel
Etage, beſtehend aus 5 Zimmern, Küche und
Magdkamnier, anderweitig zu vermiethen.
5078) Eck der Wald= und Weinbergſtraße 15
iſt der 2. Stock zu vermiethen. Martin Hörr.
5079) Ernſt=Ludwigſtraße Nr. 7 ein möblirtes
Zimmer zu vermiethen.
5080) Eine hübſche Manſarde=Wohnung
11 Stube, 2 Cabinette, Küche ꝛc. ꝛc.) zu vermiethen.
Beziehbar am 1. October oder früher.
Teichhausſtraße Nr. 12.
30

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508½)

J. Al.

Geſchäfts=Abgabe und Empfehlung.
Hiermit die ergebene Anzeige, daß ich unter Heutigem das von mir
betriebene Metzger=Heſchaft an Herrn J. D. Sehröder über=
tragen
habe.
Iudem ich für das mir ſo vielfach bewieſene Vertrauen meinen herz=
lichſten
Dauk ausſpreche, bitte ich daſſelbe gütigſt auf meinen Herrn Nach=
ſolger
übertragen zu wollen.
Darmſtadt, den 1. Auguſt 18=0.
J. D. Linss.

Auf obige Anzeige Bezug nehmend, empfiehlt ſich Unterzeichneter
ſeinen verechike, Abiehhere veſtens, und wird L8 behle, eh. gles Zeſſreden
ſein, dieſelben durch pünktliche Bedienung und gute Waare in jeder
Beziehung zufrieden zu ſtellen.
J. D. Hehröder,

Lebensverſicherungsbank für Dentſchland in Gotha.
(Kriegsverſicherung.)
Nach einem von dem Vorſtande dieſer Anſtalt gefaßzten Beſchluſſe können die Verſicherungen von
Militärperſonen auch während eines von letzteren zu leiſtenden Kriegsdienſtes durch Entrichtung von
Extraprämie (Kriegsprümie) in Kraft erhalten werden. Dieſe Kriegsprämie iſt bei Kombattanten auf
6 Proz., bei Nichtkombattanten auf 4 Proz. der Verſicherungsſumme für ein Jahr beſtimmt worden,
und muß binnen 14 Tagen nach dem Datum der Mobiliſirungsorde für den Truppeutheil, in wel=
chem
der Verſicherte dient, wäre dieſe Ordre aber bereits ergangen, binnen 14 Tagen von heute an
entrichtet werden. Außerdem iſt zu beſcheinigen, daß der Verſicherte ſeit der Mobilmachung keinen
Schaden an ſeiner Geſundheit erlitten hat. Die weiteren Bedingungen ſind aus dem Regulativ für
Kriegsverſicherung; erſichtlich, welches bei dem unterzeichneten Büreau und den Agenten der Bank
unentgeltlich zu haben iſt und auf welches die betheiligten Verſicherten verwieſen werden.
Gotha, den 26. Juli 1870.
Das Büreau der Lebensverſicherungsbank.
Indem ich auf vorſtehende Bekanntmachung verweiſe, lade ich zu weiterer Theilnahme an obiger
Anſtalt ein, die durch den großen Umfang ihrer in ſoliden Hypotheken belegten Fonds eben ſo nach=
haltige
Sicherheit, wie durch ihre reichlichen Dividenden möglichſte Billigkeit der Ver=
ſicherungskoſten
gewährt.
6780000) Thlr.
Verſicherungsbeſtand
16,600000
Bankfonds
Darmſtadt, den 27. Juli 1870.
Dr. Karl Joh. Holimann II. H.=B.A.
5082)
5083) Für die mittelloſen Familien ausmarſchirter Voldaten ſind außer dem
bereits dem Comite überlieferten baaren Betrage von 300 fl. und einer Darmſt. 5pCt. Obligation
von 500 fl. bis heute baar eingegangen 285 fl. 55 kr.
Das weitere Ergebnuiß der Sammlung bei unſeren Mitgliedern wird mit Beröffentlichung der
Namen der Geber angezeigt werden.
Darmſtadt den 30. Juli 1870.
Der Vorſtand des Handelsvereins für Darmſtadt und Beſſungen.

5052) Geſchäftsverlegung.
Mein Geſchäftslocal befindet ſich von heute
an Eliſabethenſtraße Nr. 22. im Hauſe
des Herrn Hofglaſer Brunner.
Hochachtungsvoll
Era Sehäſer. Modes.
4553) Ein Lehrling kann eintreten oder ein
Junge auf Wochenloh. Vfeiſſer, Hoitavezier.
3099) Einr. braner ounie kann in die Lehre
KarL Bernct, Hofſchloſier.
treten bei
4393) Eiren vohrliuz ſrcht gegen Lohr.
C. Prarz, Twozier.

4734) Ein Lehrburſche kann eintreten bei
Conrad Olff, Schreinermeiſter, untere Eliſa=
bethenſtraße
64. Derſelbe erhält Koſt u. Logis.
4906) Ein junger Mann ſucht eine Stelle auf
einem Comptoir oder Büreau. Das Nähere Bleich=
ſtraße
Nr. 19 parterre.
5609) Ein gewandter Gärtner, der auch
mit Pferden ungehen kann, wird gejucht. Markt 4.
5010) Cinquartierung wird angenommen
bei Philivp Weinreich, Pangegaſſe Nr. 47.
5051)
Cinqnartierung
wird angenommen Langegaſſe 20 bei J. Soeder.

40 Ciue Belande BaltersSar=
nung
von 6 -7 Piecen (wo möglich
mit Gartengenuſ) wird in der Prome=
nade
=, Frankfurter= oder Rheinſtraße
beldigſt zu miethen geſucht. Offerten
sub Nr. 5011 mit Preis=Angabe be=
fördert
die Expedition.
A
L
J.
(Finen geübten zweiten Schreiber ſucht
J=
Müller, Hofgerichts=Advokat.
5065) Ein zuverläfiges, nicht zu junges Mädchen
wird zu 2 Kindern geſucht. Heidelbergerſtr. 21.
5066) Eine einzeln ſtehende Dame wünicht in
einer gebildeten Familie Anfnahme, wo ſie ein
unmöblirtes Zimmer, Frühſtück und Mittagstiſch
erhalten könnte, alles übrige ſich ſelbſt ſtellend.
Offerten gef. bei der Expedition abzugeben unter
Chiffre D. H. 6.
5084) Ein ordentlicher junger Mann, in der
Buchführung bewandert, wird aufs Land geſucht.
Näheres Wilhelminenſtraße Nr. 9 Comptoir.
5085) Ein Frauenzimmer wünſcht Laufdienſt.
Anzunehmen Obergaſſe 14.
5086) Ein grauer Schnaubzer. mit weißem
Bleß auf der Bruſt und ſchwarzer Schnautze, auf
den Namen Tonz hörend, hat ſich verlaufen.
Dem Wiederbringer eine gute Belohnung Riedeſel=
ſtraße
Nr. 42.
5087) Ein Knecht, welcher mit Pferden
umzugehen weiß und in jonſtigen Arbeiten be=
wandert
iſt, wird geſucht. Näheres Wilhel ninen=
ſtraße
Nr. 9 Comptoir.

Im Großherzoglichen Holzmagazin
wird gegen Vorauszahlung abgegeben:
Buchen=Scheidbolz zu 10fl. 20 kr. per Stacken
Kiefern= 5fl. 24 kr.
Beſtellzeit: Dienſtags, Freitags und
Samſtags von 8-- hr Vormittags.
Großherzogliches Nentamt Darmſtadt.

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M. 3I.

An unſere Mitbürger!
Mit großer Begeiſterung und mit ruhigem, aber bewußtem Selbſiver=
trauen
tritt das deutſche Volk in den vom franzöſiſchen Kaiſer unter nichtigen
Vorwänden uns aufgedrungenen Krieg.-Niemand, der die Geſchichte kennt,
der mit den Einrichtungen der norddeutſchen Heeresverfaſſung und mit der
praft des zu gerechtem Kampf in ungeahnter Uebereinſtimmung geeinigten
Deutſchlands vertraut iſt, zweifelt an unſerem endlichen Sieg.
Trotzdem hat einen Theil unſerer Bevölkerung, offenbar nur im Hin=
blick
auf dieſen Krieg. im gewöhnlichen Geſchäftsleben ein völlig ungerecht=
fertigter
Schrecken, eine in keiner Weiſe begründete Kleinmüthigkeit ergriffen.
Statt den Krieg, auf deſſen glücklichen Ausgang wir vertrauen, als vorüber=
gehendes
Unglück anzuſehen und ſeine vorübergehenden unvermeidlichen
Folgen für Handel und Verkehr mit Ruhe und Zuverſicht hinzunehmen,
ſtart durch verdoppelte Thätigkeit und durch ruhige Fortſetzung der ſeitherigen
Arbeiten des Friedens, ſowie durch getreue Forterfüllung aller obliegenden
Verbindlichkeiten möglichſt raſch das momentan erſchütterte Vertrauen und
ſomit den allgemeinen Credit wiederherzuſtellen, verlieren leider Viele ſofort
den Kopf und glauben, durch übertriebenes Mißtrauen und durch über=
ängſtliches
und übermäßiges Anſammeln der für ein geſundes Geſchäftsleben
und einen lebhaften Handelsverkehr unentbehrlichen Zahlungsmittel in der
doppelt verſchloſſenen Celdtiſte Sicherheit gegen jede Gefahr ſuchen zu müſſen.
Dieſe Aeugſtlichen vergeſſen, daß bei allgemeiner Befolgung ihres an=
ſteckenden
Beiſpiels jeder Credit aufhören, jede Zahlung unterbleiben und
hiermit Handel und Induſtrie, ſowie der Erwerb von Hunderten von Fa=
milien
geſtört werden müſſen.
Wir als Verein der vorzugsweiſe auf Beobachtung der Verlehrs= Ver=
hältniſſe
hingewiejenen Volksklaſſen haben die allgemeine Sachlage und ins=
beſondere
die Verkehrsverhältuiſſe unſerer Gegend euhig und undefangen
geprüft. Wir haben durch Beſprechung aller einſchlagenden Umſtände unter
uns, ſowie durch Berathung mit dritten Sachverſtändigen die gewiſſenhafte
Ueberzeugung gewonnen, daß keine Thatſache vorliegt, welche eine anhaltende
Vertehrs= und Creditloſigkeit drohen und ſomit die hie und da hervorgetre=
tene
augenblickliche vaniſche Angſt rechtfertigen könnte.
Mag der Krieg auch manchen Geſchäftszweig nothwendig ſtillelegen
und manchen Werth naturgemäß vermindern, ſo rechtfertigt dieſe auch im
Frieden durch andere Unfälle mögliche Thatſache doch kein völliges Aufhören
des Vertrauens. Im Gegentheil, erfahrungsgemäß wird entweder die ſchnelle
Beendigung des Krieges in Kürze wieder lzu- allgemeiner Blüthe des Ge

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ſchaftolebens hinführen oder es wird bei längerer Dauer des Verkehrs ſich
an die Chancen und Gefahren des Kriegs gewöhnen und alsdann in und
neben dem Krieg Handel und Wandel ſich lebhaft fortentwickeln, ſoweit und
ſolange nicht gerade an einem beſtimmten Orte die Schrecken des Krieges
wüthen und natürlich jede friedliche Bewegung unmöglich machen.
Kann etwa der Wohlſtand, wie er vor der Kriegserklärung Frank=
reichs
unzweifelhaft beſtand, durch eine einfache Androhung eines un=
gerechten
und vorausſichtlich von uns ſiegreich abzuſchlagenden Angriffs gegen
uns vernichtet ſein?1 Oder ſollen die Geſchäftstreibenden, die Firmen und
Kunden, welche vor der Kriegserklärung unſer volles Vertrauen genoſſen,
ſollen die Unternehmungen und Werthpapiere jeder Art, welche vor dem
unerhörten Vorgehen Frankreichs unbeſchräukten Credit beſaßen, ſollen die
unzweifelhaft guten und wohl fundirten, bisher allgemein ohne Beſorgniß
angenommenen verſchiedenen Sorten von Staatspapiergeld und Banknoten
plötzlich deshalb dieſes Vertrauen verloren haben, weil ein Nachbarſtaat in
frevelhaftem Uebermuth uns mit einem ſicherlich erfolgloſen Ueberfall bedroht ?
Wir alle, unſer Vermögen, unſere Reellität, unſere Geſchäfte nach
Ausdehnung und Ergiebigkeit, unſere Geſchicklichkeit, unſere Erfahrung ſind
nach wie vor dem Kriege die alten und höchſtens in einer oder der andern
Beziehung durch vorübergehende Gefahren und Nachtheile einigermaßen be=
droht
. Wir ſind deshalb auch insgeſammt verpflichtet, nicht in kopfloſem
Schrecken unſere Geſchäftsfreunde, Nachbarn und Mitbürger durch über=
triebenes
Mißtrauen zu ſchädigen, ſondern mit dem alten Vertrauen und
in feſter Zuverſicht auf den glänzenden Sieg unſerer gerechten Sache unſere
Geſchäfte fortzubetreiben, unſere Verbindungen aufrecht zu halten, unſere
eigenen Verbindlichkeiten zu erfüllen und hiermit ſowie auf ſonſtige Weiſe
nach Möglichteit zur Erfüllung fremder Verbindlichkeiten durch Dritte mit=
zuwirken
.
Nur auf dieſem Wege, nur durch männliches und ruhiges Fort=
arbeiten
und durch ernſte Zurückweiſung der jeweils auftauchenden bös=
willigen
oder einfältigen Gerüchte jeder Art erfüllen wir unſere Pflicht als
freie und dentſche Männer, als gute Familienväter und als tüchtige Bürger.
Nur auf dieſem Wege ſtellen wir in kürzeſter Friſt und mit möglichſt
geringen Opfern ſtatt des jetzigen geſchäftlichen Sturmes die Ruhe und das
Vertrauen her, wie ſie unter zweifelhafteren ſtaatlichen Verhältniſſen und bei
geringerer Einigkeit des deuiſchen Volkes vor der jetzigen Kriegsgefahr
allgemein und ungeſtört herrſchten.
Darmſtadt, den 28. Juli 1870.
5088)
Der Handelsverein.

Hülfeverein jür im Feld v. wundete und erkraunkte
5089) Soldaten im Großherzogthum Heſſen.
V½I. Liſte der geſammelten Geld=Beiträge.
Frau 3 Weis 10 fl. Emanuel v. Nicon 10 fl Wittwe K B. 30 kr.
Arckitet F. Obenaur 4 fl. Rentner Keßler 15 fl. An der Caſſe der
Bant eingezahlt 2 fl. Poſt=Ober=Reviſor Achenbach 5 fl. Rudolf Wittich
20 fl. Ferdinand Wittich 25 fl. Frln. Wittich 20 fl. L. Spengler 1fl.
Reit aus einer Erbmaſſe 5 fl. Dr. Meſſel 3 fl. 30. E. Müller=Meſſel
3 fl. C. Höfer 5 fl. Frau Berge 15 fl. Adolf Sander 5fl. H. Schnau=
ber
3 fl. C. Brückner 5 fl. 15. Anna Riehl 2 fl. N. N. 3 fl. 30.
Major Seriba Wtwe. 3 fl. 30. Oberſt Müller 5 fl. 15. Durch Hrn.
Graſen von Erbach=Fürſtenau in der Umgegend von Fürſtenan geſammelt
220 fl. In der Gemeinde Weuings geſammelt 32 fl. 15. C. Klunt 5 fl.
Diſiricts=Einnehmer Berntheiſel in Langen 1fl. 45. Theodor Schwab 25 fl.
Buchdrucker Will 3 fl 30. Finanz=Acceſſiſt Krißler 5 fl. Zollinſpector
Eckhard 1 fl 45. Gymnaſiallehrer Klingelhöffer 5fl Hauptmann Mickler
5 fl. Hojg. Adv. Koch 25 fl. Aus der Gemeinde Mörfelden 46 fl. 12.
Frau Baronin v Ran zu Holzhauſen 10 fl. Frau O. A. G. R. v. Stein
10 fl. Möbeljabrikant Glückert 5 fl. Frau Geheimerath Hallwachs 15fl.
Rittmeiſter v. Löw 30 fl. Frau Rittmeiſter Schmitt 10 fl. Von der
Tienerſchaft in Kranichſtein 13 fl. 42. Aus Gunzenau 2 fl. 13. Vrigadier
Vecker 1 fl. 30. Carl Lippert 1fl. Ober=Steuerrath Göring 5 fl. von
Wentzel, Gejandter des Nordd. Bundes, 60 fl. Geh Hofrath Teſcher 10 fl.
C. J. Vornhauſer 10 fl. Cand. Z. 1 fl. 10. - Ferner Sammlurg des
Turner=Sanniäis Corhs für die Zwedſe des Vereins: Kammerjünger Delger
1 fl. 45. Kaufmann Wachter 30 kr. Weißbinder Joſt 30 kr. Haaſen=
ſiein
u. Sohn 2 fl. Dingeldei 2 fl. Schenck 10 fl. Diebolt 1 fl. 45.
Buchbinder Kehrer 1 fl. v. Schaumberg 30 kr. Kaufmann Schäfer 1fl. 45.
Lriagt 1 fl. Schüler 30 kr. Stade und Beer 1 fl. Beſſunger 6 kr.
C. R. R. Waguer 1 fl. Wittwe Seriba 2 fl. Gener 24 kr. Neuling
12 i. er 1 ft. Häfele 30 kr. Wittwe Vopp 48 kr. Daum 28 kr.
Lnz 1 fl. D. F. 2 fl. Möſer I fl. Müller 30 kr. Weinhändler Walz
5 fl. Sccretär Vogel 2 fl. Adv. Heumann 2 fl, Landsbera 1 fl. Ja=
nenſchen
bfl 26. v. bepel 1f. Krämer 1 fl. 45. D. Mayer 48 kr.
Dr Coinet l fl. Dr Rebentiſch 2 fl. Frau Stockhaufen 1 fi. Maher
35 i: v. Noderlen 5 fi. Witmwe Moller 1 fl. Gieneral Frey 1fl. 45.
N. minh 1 f. 2.. J. B. Zmmerman. 10 fl. Schloſſermeiſter Schmidt
5 fl. D. L.dweh fl. Frln. Heyl 5 fl. Wiſſel 30 kr. Bender 30 kr.

Goldſchmidt 30 kr. Schaub 12 kr. Frau v. Zangen 3fl. 30. v. Berns=
dorf
u. v. Bellersheim 5 fl. Williams 18 kr. Frau v. Kochenhauſen 1fl.
Geh. Staatsrath v. Bechtold 10 fl. Generalauditeur Zimmermann 2 fl.
Geiſt 1 fl. Hoppe 1 fl. Wüſt 12 kr. Frl. Weiß 1 fl. v. Wedekind
3 fl. 30. Bodenheimer 2 fl. Miniſter v. Schenck 20 fl. N. N. 30 kr.
Reichenbach 2 fl. Dr. Winckler 5 fl. Schnittſpahn 30 kr. M.=R. Schleier=
macher
3 fl. 30. Volmar 1 fl. 30. Uhrmacher Sperber 2 fl. Bücker=
meiſter
Jacobh 2 fl. v. Schaumberg 5 fl. 15. Frau Roller 1 fl. 45.
Frau Berger 1 fl. Frau v. Lepel 3 fl 30. Frau Noack 1fl. 10. Frau
Hallwachs 3 fl. 30. Renner 1 fl 45. ſriegsrath Kühn 2 fl. Weitzel
12 kr. Rothermel 12 kr. Gerhard 18 kr. Watzinger 1 fl. Reichhardt
3 fl. 30. Kullmann 24 kr. Gerbean 1 fl. Stößel 1 fl. 45. Kloſtermann
2 fl. 30. Pitthan 2 fl. 30. Sauter 1 fl. 45. Winter 1 fl. L. Hädrich
1 fl. Lotz 3 fl 30. Meyer 35 kr. Danber 30 kr. Neu 1 fl. Zimmer=
mann
1 fl. Meiſter 1 fl. Haas 2 fl. Erb 1 fl. Reviſor Dambacher
3 fl. Adv. Ludwig 10 fl. Oberpoſtdirector Vahl 3 fl. Bankdirector Boden=
ſtedt
10 fl. Director Mitzenius 2 fl Frau Steuerrath Sator 5fl. Neckar=
ſtraße
24 5 fl. 30. Neckarſtraße 10 1 fl. Gebr. Vierheller 2 fl. Reviſor
Trapp 1 fl. 45. Frau Hauptmann Kolb fl. 10 Adolph Sänger 5fl.
Frln. v. Steinling 1 fl. Frln. Janitſch 1 fl 11 kr. Frau van der Ca=
pellen
3 fl. L. Koch 1 fl. 10. Friedr. Rumpf 1 fl. Weil 1 fl. Dräxler=
Manfred 30 kr. Frau v. Heſſert 5 fl. Schuhmacher Coy 3 fl. Grafen=
ſtraße
Nr. 21 3 fl. 30. Soldan 1 fl. Sergcant nöhler 18kr. v. Lehmann
3 fl. 30. Kuhl 1 fl. Dingeldey 30 kr. Frau Pfarrer Frey 2fl. Väcker
Kißner 3 fl. Körbächer 3 fl. 30. Gottfried Schwab 2 fl Frau Dilling
2 fl. Frau Lang 1 fl. 30. Fran auispel 1 fl. Hanvtmann Kattrein 1fl.
Germann 30 kr. Beſt 1 fl Chr L. 3 fl. Frau Aug. Schmidt 3 fl.
Frau v Helmolt 2 fl. 10. Wilh Schwab 50 fl. W. N. 1fl 45. Gold=
mann
5 fl. Lampart 2 fl. Ungenannt 5 fl. Frau Hebamme Schnitzſpahn
2 fl. Iuwelier Schmidt 1 fl. Frlu. Schmidt 1 fl. Advotat Ohly 5 fl.
Frln. Ludwig 1 fl. 30. Buchhalter Vrand 2 fl. Brand 35 kr. Hofg.=
Rath Frauck 1 fl. 45. Adv. Metz l. 4 fl. J. N. 30kr. J. Sander 1fl.
Frln. Speth 30 kr. Frln. Dittmann 1 fl. Bäckermeiſter Ganß 5fl. Frau
Goldſchmidt 1 fl Ungen 30 kr. N. N. 1 fl. Fricker 1fl. 30. Dreſſel
1 fl. Bauer Wtwe. 30 kr. Weitershauſen 1fl Naumann 1 fl. Eberhard
1 fl. Anton 30 kr. Wießmann 1 fl. v. Wörner 3 f 30 v. Normam
3 fl. Schenck 1 fl. Pfarrer Beyer 5 fl. v. Follenins 10 fl. v. Bahde
1 fl. Stein 5 fl. Gymnaſiaſt Stein 3 fl. S. J Hoffmann fl. Geh.
Staatsrath Franck 3 fl. 30. Geh. Rath Maurer 10fl. Hofg.=Adv Oſann

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118
N.
10 fl. Frau Fertſch 24 kr. Ober=Domänen=Rath Scheuck 2fl. Auditeur
Schenck 3 fl. v. Preuſchen 2 fl. Jung 1 fl. J. 1 fl. J. 1fl. Boden=
röder
30 kr. Jung 18 kr. Director Baur 1 fl. Grünig 18 kr. Eliſe
Abek 1 fl. Ercker 36 kr. Stamm 30 kr. A. Lack 1 fl. Dr. Müller 2fl.
Erich 1 fl. Gandenberger 1 fl. Dittmann 1 fl. 10. S. Dechert 2 fl.
Riedel 2 fl. E. Scriba 3 fl. 30. v. Grolman 1 fl. Schneider 1fl. H.
Wolfskehl 2 fl. 30. E. Beix 3 fl. 30. N. N. 1 fl. Stg. 10fl. Smm
2 fl. Arheilger 12 kr. Aſſeſſor v. Viegeleben 2 fl. Hauptmann Glock

An meine Schüler in Waſſen.
So zieht denn hin, ihr braven Jungen,
In's Feld von heil'ger Gluth entbrannt!
Aus deutſcher Kraft ſeid ihr entſprungen,
Heil euch, und Heil dem Vaterland!
Die uns bisher vereint, die Stunden,
Sie weichen einer größren Pflicht,
Die ihr wie Morgenruf empfunden
Mit freudeleuchtendem Geſicht.
Ihr wißt, daß nicht zu leichter Führung
Ihr jugendlich nach Waffen greift,
Daß unerhörte Frevelſchürung
Für ſchweren Kampf herangereift.
Der Feind, der wahuſinustrunken heute
Die deutſchen Grenzen hart bedroht,
Führt ſeiner Horden ganze Meute
Zum Spiel um Leben oder Tod.
Ob morſch und faul auch ſeine Sache,
Er kennt des Trugs, der Lüge Kleid,
Und kennt den Weg, der Immerwache,
Zur Volkesgunſt, um die er freit.
Sein Schmeichelwort vom Ruhmespfade
Saugt Spahi, Zuav und Turko ein;
So führt die Höllenmaskerade
Der blutigen Macht er an den Rhein.
Für ein Phautom nur ſechten jene.
Ihr fechtet für das höchſte Gut,
Euch ſpannt der Freiheit Ruf die Sehne,
Euch ſtärkt des ganzen Volkes Muth.
O
Ihr zieht in's Feld für Deutſchlands Marken,
Für eurer Mütter reinen Herd,
Ihr fühlt die junge Kraft erſtarken
Für Alles was uns hoch und werth.
Es kann nicht, kann ſich nicht mehr wenden,
Was Deutſchland heilig ſich gelobt,
Und ob die Welt au allen Enden
Iu Feindeshaß dagegen tobt.
Auch ihr ſeid dazu auserkoren,
Freiwillig zieht ihr in den Krieg,
Zu dem wir All uns zugeſchworen
Unwandelbaren deutſchen Sieg!
So folgt geſegnet euren Fahnen,
Des höchſten Segens ſeid ihr werth!
Willkommen, wer von Siegesbahnen
Zur alten Schulbauk wiederkehrt!
Willkommen, wer aus Waffenzügen
Sein Jünglingsherz mir rein bewahrt,
Am Tag, da freudiges Genügen
Zum Friedeuswerk uns wieder ſchaart.
Darmſtadt, Juli 1870.
Otto Roqnette.

Der Siebeneck.

(SSchluß.)
Unrecht würde ich ſchwerlich thun, wenn ich fo ſtreng urtheilen wollte,
erwiederte Hardeck. Es liegt aber nicht in meiner Art, hart zu ver=
fahren
. Gewiß geben Sie zu, daß zu große Liebe, mit der ſich immer die
größte Nachſicht befindet, eben ſo traurige Folgen haben kann, als deren
gänzlicher Mangel. Ottokar gerieth auf Ab= und Irrwege in ſeinem Ge=
dankenleben
durch zu viele und zu einſeitige Pflege angeborener Fähigkeiten.
Redaction und Verlag: L. C.

3I.
3 fl. 30. Locomotipführer Becker 24 kr. A. Brenner 1 fl. Zugmeiſter
Göt 30 kr. N. N. 1 fl. H. Noth 24 kr. v. W. 3 fl. Klüber 3 fl.
N. N. 6 kr. Weidenbuſch 1 fl. Gelfius 1 fl. Carl Müller 3 fl. Enes
1 fl. Wittwe Röhrich 1 fl. 45. E. Stern 1 fl. 45. C. F. Winter 3fl.
Kinder Kloſtermann 13 kr. Gaſtwirth Kleber 20 fl. N. N. 1 fl. 45.
P. Berbenich in 2 Turnhalle=Actien 20 fl. - Zuſammen 1350 fl. 40 kr.
Hierzu 1. - 7. viſte 5054 fl. 29 kr. Geſammtbetrag 6385 fl. 9 kr.

Dadurch ſetzten dieſe wilden Schößlinge au, die Niemand beſeitigte und die
mithin den an ſich geſunden Stamm immer mehr überwucherten. Die
ſcheinbare Abneigung ſeines Vaters gegen des Sohnes fremdartiges Treiben
trug auch das Jhrige bei, ihn zu verwirren oder ſo einſeitig nur einen
Theil ſeiner Weſenheit auszubilden, daß dieſe ganz ſchiefkantig und eckig
ward. Wo aber in eines Menſchen Charakter alle Nundung fehlt, wo das
ganze Leben ſich in Ecken zuſammenſchiebt, da gibt es keine Harmonie weder
nach Innen noch nach Außen. Wäre nun gar mein ſo eckig und ſpitz=
winklich
gewordener Freund in dieſem durch Sie und ſeine eigene Mutter
verzauberten Schloſſe geblieben, ſo würden Sie daſſelbe nach einigen Jahren
in eine Irrenanſtalt haben verwandeln können. Zum Glück pflegt bei
kräftigen Menſchen die Natur ſich gewöhnlich ſelbſt zu helfen. So viel ich
weiß, nennen die Jünger des Aesculaps dieſen entſcheidenden Moment, wo
die Natur ihre Kraft bewährt, den Eintritt der ſtriſis. Ottokar's Flucht
war der Anfang der Kriſis, die ihm Heilung brachte, und ich halte noch
jetzt an der Anſicht feſt, daß ich inſtinktmäßig doch ganz recht gehandelt
habe, wie ich den lieben Flüchtling verbarg, verläugnete, dann ihm ein
heiteres Aſyl auwies und ihn ſo von Stufe zu Stufe dem ſchönen Glück
entgegenführte, mit dem er jetzt Arm in Arm zu Ihnen zurückkehrt, um
ſich dauernd mit ihm zu vermählen.
Freiherr von Siebeneck blieb dem Landſchaftsmaler auf dieſe Dar=
legung
eine Antwort ſchuldig, woraus dieſer den Schluß zog, daß er ihm
doch wohl Recht gäbe. Uebrigens verblieb dem alten Herrn wenig Zeit
zum Nachdenken und zu ängſtlicher Recapitulation des längſt Vergangeneu,
denn ſchon am Morgen des nächſten Tages langten die Angemeldeten auf
dem Schloſſe an. Ottokar's blühendes Ausſeheu, und die heitere Miene,
die jetzt ſeines Vaters ſonſt immer ſo düſtere Züge angenommen hatten,
beruhigten den Greis vollkommen. Er ſah ein, ſein Neffe habe ſich frei
gemacht aus den Feſſeln einſeitigen Denkens, das ihn in ſo bedenkliche Enge
getrieben. Die Siebenzahl, die ihn gefangen genommen, die ihu beherrſchte
und zu vernichten drohte, ward von der Hand Erneſtine's ausgelöſcht in
dem Herzen des Architekten, und es war fortan nicht weiter die Nede von
den mancherlei Trübungen, die oft ſo böſe Schatten auf den Spiegel von
Ottokar's Seele warfen.
Erneſtine gewann der alte Herr ſehr bald licb. Sie ließ ſich gern
mit dem Verehrer der Sieben in lange Geſpräche und Erörterungen ein,
war aber klug genug, ſich immer frei zu halten von jeder Umſtrickung. Das
ſeltſame Cabinet, wo ihres Geliebten Wiege geſtanden hatte, wo er erzogen
worden war, wo er den erſten berauſchenden Einbildungen ſich hingab, be=
trachtete
ſie wie ein Raritätencabinet, und billigte es, daß man auf Er=
haltung
deſſelben alle Sorgfalt verwandte, dagegen weigerte ſie ſich ent=
ſchieden
, ihre Wohnung in dieſem Gemache zu nehmen.
Man ſoll keine Geiſter eitiren, wenn man die Mittel, ſie wieder zu
bannen, nicht ganz genau kennt- ſprach ſie mit heiterem Lächeln. Darin
irren wir ſo oft, und daher rührt das viele Unglück, über das man aller=
wärts
klagen hört. Es kommt dann wenig darauf au, ob dieſer ſich ſeine
geſunden fünf Sinne an einem Siebeneck zerſtößt, oder Jener einer Drei=
zahl
zum Opfer fällt. Offenes Auge und klare Denktraft führen uns ge=
wiß
ſicherer auch über die ſchwindeligſten Lebenoͤpfade zum Ziele, als die
buntfarbigſten Einbildungen, an deren glänzendem Reiz wir uns ergötzen
mögen. Sie ſind wie ein Chromatrop; ſie blenden, bezaubern und ziehen
uns unvermerkt in die vollenden Kreiſe, daß wir ſchwindelnd zu Boden
ſtürzen. Vor ſolchem bedenklichen Kniefalle will ich mich wohl hüten, und
darum ſoll dies originelle Zaubergemach für mich immerdar mit ſieben
Schlöſſern verſchloſſen bleiben.
Erneſtine hielt Wort. Sie betrat das Lieblingsgemach ihrer Schwieger=
mutter
nur ſelten und dann immer in Begleitung Anderer. Ottotar mied
es gänzlich. Der alte Freiherr aber, ſein Erbauer, hauchte ſeinen Geiſt
darm aus, und wenn Hardeck zum Beſuch auf Schloß Siebeneck erſchien,
was gewöhnlich alle Jahre Anfang Herbſt geſchah, quartirte er ſich in dem
wohnlich eingerichteten Raume ein, weil er von dem frei gelegenen Zimmer
aus die herrlichſten Anſichten des Hochgebirges genießen und alle Nüancen
des wunderbar ſchönen Alpenglühens in ungeſtörter Ruhe beobachten konnte.
Dieſen wiederholten Aufenthalten verdankte Erneſtine ein wohl gelungenes
Bild, welches das Phänomen des Alpenglühens in zauberhafter Farbenpracht
darſtellte, und das der glückliche Maler der jungen Frau an ihrem ſiebenten
Hochzeitstage zum Geſcheuk verehrte.
Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.