Beilage
un
Darmſtädter Frag= und Anzeige=Blatt.
Dienſtag den 18. Januar
1870
N. 3.
Das Frag= und Anzeige=Blatt. dise Bellage hierzu, ſowie das Berordnungs=Blatt fur den Kreis Darmſtadk erſchemen wöchenlich; Erſteres Samſtahts7 die Veitnage
Dienſtags und Lezteres Donnerſtags. Jahres=Abonnerient der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswärts kann man bei allen Voftämtern abonniren In Tarmſtatt
bei der Epedition-Rheinßraze. Nr. 22 nen-
Verſteigerungen.
390)
Bekanntmachung.
Mittwoch den 19. Januar l. J. Vormittags
11 Uhr ſollen auf dem alten Friedhof 4 Stück
verſteigert werden.
Darmſtadt, am 15. Januar 1870.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
Fuchs.
278) Hofheim.) Mittwoch den 19. d. M.
Vormittags 10 Uhr werden aus den Waldungen
des Großherzoglichen Landeshospitals in der
Ober=
förſterei und Gemarkung Beſſungen, Diſtrict
Eich=
baumeck:
2) 87 kiefern Stämme von 22-79 Ebfß. Juh.
b) 3150 Stück kiefern Wellen,
an Ort und Stelle offentlich meiſtbietend
verſtei=
gert werden.
Hofheim, den 11. Januar 1870.
Großherzogliches Hospital=Rentamt.
Dittmar.
284)
Petroleum=Lieferung.
Donnerſtag den 20. Januar d. J. Vormittags
11 Uhr ſoll die Lieferung des Petroleums fürl das
1. Infanterie=Regiment (Leibgarde=Regiment) auf
die Mionate Februar und März d. J. auf dem
Soumiſſionswege vergeben werden. Der Bedarf
wird für die beiden Monate circa 4 Ohm ſein.
Die Bedingungen für dieſe Lieferung können
auf dem Büreau des 2. Vataillons (
Kämmerer=
ſtraße, Bäckermeiſter Scherr) eingeſehen werden.
Worms, den 13. Januar 1870.
Für die Beleuchtungs=Commiſſion:
Pirſcher, Hauptmann und Compagnie=Chef.
Verſieigerung eines Gebäudes auf
den Abbruch und Lieferung von
Baumaterialien.
Die Lieferung der bei Erbauung eines
Pfarr=
hauſes in Weiterſtadt zur Maurerarbeit
erforder=
lichen Materialien, beſtehend in: 13 Kub. Klafter
Mauerſteine aus den Darmſtädter Steinbrüchen,
5000 hartgebrannten Ofenbrandbackſteine, 33000
Feldbrandbackſteine beſter Qualität, 150 Bütten
weißen Kalk und 7 Kubiktlaſter Sand, ſoll
Dienſtag den 25. Januar l. J. Vormittags um
10 Uhr auf dem Gemeindehaus zu Weiterſtadt
öffentlich an die Wenigſtnehmenden verſteiger/
werden.
Gleichzeitig wird das zweiſtöckige holzerne
Pfarr=
haus auf den Abbruch an den Meiſtbietenden
mitverſteigert.
Darmſtadt, den 13. Januar 1870.
Großherzogliches Kreisbauamt Darmſtadt.
Köhler.
285)
(für Photographen geeignet).
Donnerſtag den 18. d. Mts. Vormittags 10 Uhr
Akazien=Bäume öffentlich an den Meiſtbietenden werden im Hauſe (Steinſtraße 21) wegen Aufgabe eines pholographiſchen Ateliers ein
Glashaus mit Cabinet und 2 Oefen, 2 Apparate, Arbeitstiſche, Poſtamente, Preſſen und
ſonſtige Utenſilien, feiner 1 Roccocotiſch und Stuhl gegen baare Zahlung verſteigt.
M. Menſtadt, Lelxauter.
280) 391)
Bekanntmachung.
Montag den 24. d. Mts. Vormittags
10 Uhr werden in dem Traiſaer Gemeindewald
an Ort und Stelle gegen baare Zahlung öffentlich
verſteigt:
23 Kiefern=Stamme, 925 Ebiß. enth.
Die Zuſammenkuuft iſt Morgens 9½ Uhr auf
dem Rathhaus in Traiſa.
Darmſtadt, den 16. Januar 1870.
Naumann. Aechte Gothaer Ver=
velatwurſt le Qual.
iſt billigſt zu haben bei
Harnt Hansk,
236 obere Eliſabethenſtraße Nr. C. 303) 62g
LAdigshöhe.
Tüglich friſche Kreppel.
JJ. Noog. Vordaaurs
1865r Hargaux
per Flaſche fl. 1. 12 kr.
„ Hedoc
fl. - 42 kr.
„
1865r Chateau Hargauz
„ fl. 1. 45 kr.
1864r
fl. 1. 30 kr.
„ Leoville
"
Franzöſiſche Champagner von Moét u. Chan-
don in Epernay, Roederer in Rheims ete.,
ſowie mein ſehr reiches Lager in ausläudiſchen
Weinen & Spieituosen, für deren
Aechtheit garantire und worüber Preis=Courante
abgebe, halte beſtens empfohlen.
Friedrich Eichberg.
Rheinſtraße. Großherzoglicher Hof=Lieferant.
67) Sehr gutes Sauerkraut empfiehlt
billigſt L. Gelſius, Schulzengaſſe 22.
8080)
Zu verkaufen! Zwei neue Glasſchränke, einer mit 15 Schub=
laden, Glasaufſatz, beide für jedes Geſchäft paſ=
ſend. Naͤheres bei der Expedition.
8031)
Zu verkaufen:
Ein neues Spielwerk (Prachtwerk) mit Glocken=
ſpiel, Himmeloſtimmen, Mandolinen, Caſtagnetten,
Expreſſion n. ſ. w. Verkaufspreis 60 fl.
Wo? ſagt die Expedition.
64) Gute dürre Zwetſchen per Pid. 8 kr.,
im ½ Centner billiger, empfiehlt
L. Gelſius, Schulzengaſſe 22.
65) Schloßgartenſtraße Nr. 9 ſind 2 Ein=
legſchweine zu verkaufen.
392) Unterzeichneter verkauft gutes Brod erſte Sorte 21 kr, zweite Sorte 19 kr.
Ludwig Bücking, kleine Kaplaneigaſe Nr. 4. [ ← ][ ][ → ]
M. 3.
401)
Freitag den 21. Januar Abends 5 Uhr im Saale der höheren Tochterſchule
Vortrag des Hrn. Profeſſor Emminghaus aus Karlsruhe
über: Das Rettuugsweſen zur See.
Eintritt für Ledermann frei.
Darmſtadt, den 17. Januar 1870.
Das Zweig=Comits der „Deutſchen Geſellſchaft zur Rettung Schiffbrüchiger”
364)
des
Auf Einladung des Proteſtanten=Vereins:
Vortra g
herrn Pfarrers Dr. Schellenberæ aus Mannheim
über
„Jeſaias als religiöſer Volksreduer=
Dienſtag den 18. d. Mts. Abends 7 Uhr im Saale der höheren Töchterſchule.
Freier Eintritt für Damen und Herren ohne Rückſicht auf Mitgliedſchaft des Vereins.
Der Vorſtand des Proteſtauten=Vereins.
366)
Lokal=Gewerbverein.
Verſammlung der Mitglieder, zu welcher alle in Darmſtadt und Beſſungen wohnenden
Mitglieder des Laudesgewerbvereins zählen Donnerſtag den 20. Januar Abends
8 Uhr im oberen Saal der Winter'ſchen Brauerei.
Tagesordnung: Beantwortung der Fragen:
Wo werden die in Müuchen verwendeten
Trottoirplatten aus gebranntem Thon fabricirt, und wie hoch ſtellt ſich der Preis eines ſolchen Trottoirs?
(Referent Herr Maſchinenfabrikant Jordanh; 2) Sind die Klagen über zu große Concurrenz im
Geſchäftsbetrieb, fehlendes größere Copital, gerechtfertigt und iſt es unter den dermaligen
Zeitverhält=
niſſen ſchwieriger als früher ein Gewerbe mit Erfolg zu betreiben? (Referant Herr
Maſchinenfabri=
kant Blumenthal). — Mittheilung über die Schornſteinaufſätze von Windhauſen und Büſſing,
ſowie von Wolpert, um das Rauchen der Kamine zu vermeiden (Rerferant Herr
Commerzien=
rath Finck.)
Das Lokal iſt von 71 Uhr an geöffnet und die neueſten Nummern der techniſchen Journale,
ſo=
wie Muſterzeichnungen ꝛc. ſind aufgelegt. Der Fragekaſten iſt am Eingang des Lokals aufgeſtellt und
köͤnnen dort, wie dies ſeither üblig war, Fragen vor und während der Sitzungen eingelegt werden.
367)
Turner=Feuerwehr!
Generalverſammlung Mittwoch den 19. Januar Abends 5 Uhr.
Tagesordnung: 1) Berichterſtattung vom 5. mittelrheiniſchen Feuerwehrtag zu Frankfurt.
2) Wahl eines Spritzenmeiſters.
Nach der Geueralverſammlung:! Beſprechung über die Wahl des Turnvorſtandes.
Die Obmannſchaft.
9aadez
22R3833Raannznunn uunaniueut,
2as
4 252)
ge
Geſangverein Liedertafel.
44
Samſtag den 22. Januar d. J. im Saale des
Anfang Abends 8 Uhr.
Gaſthofes zur Traube.
Der Vorgtand.
Ammeldungen um Karten für Einzuführende müſſen ſpäteſtens Donnerſtag den 20. d. Mts.
3 Abends bei Herrn Kürſchner Höhn abgegeben ſein. Später eingehende Geſuche können Berück=
23 ſichtigung nicht finden.
2 H
24
9=
RLaunnuannnunnnn zunn a znuunnuunn
Turngemeinde Darmſtadk.
Hauptverſammlung, Samſtag den 22. dieſes Monats.
Abends 9 Uhr in der Turnhalle.
Tagesordnung=
1) Verrichterſtattung, Neuwahl des Vorſtandes, Schiedsgericht,
Prüſungs=
commiſſion u. ſ. w.
2) Anträge des Vorſtandes: a) bezüglich ſtrengerer Einhaltung der
Turnabende, h) auf Erhöhung des Jahresbeitrages von 3 fl. auf
4 fl und c) Wahl eines Controleurs, des Säckelwarts mit Sitz
und Stimme im Vorſtande.
Der Vorſtand.
381
10
7770) Georgſtraße Nr. 11 im Hinterbau ein
möblirt Kabinet zu vermiethen; auch kann Koſt
dazu gegeben werden.
1983) Ttallung für 2 Pferde zu vermiethen.
Carlsſtraße Nr. 22.
8350) Zwei Logis zu vermiethen.
Mühlſtraße Nr. 7.
42) Der mittlere Stock meines neu er.
4 bauten Hauſes an der Dieburgerſtraße iſt zu
vermiethen und am 1 April beziehbar.
Der=
ſelbe enthält 5 Piecen mit allen dazu gehöri=
Wittwe Lößer.
gen Bequemlichkeiten.
4
247) Niedeſelſtraße Nro. 68 parterre iſt ein
Zimmer ohne Möbel zu vermiethen.
319) Es können zwei Mädchen Logis erhalten.
Arheilgerſtraße 10 Hinterbau eine Stiege hoch.
397) Obergaſſe Nr. 38 ein Logis, neu
her=
gerichtet, gleich beziehbar.
398) 3 Zimmer, Küche, Magd= und
Boden=
kammier, abgeſchloſſener Vorplatz an ſtille Leute zu
vermiethen. Frankfurterſtraße 32 parterre.
309) In meinem neuen Hauſe, Eck der
Heinrich= und Kiesſtraße, iſt ein großes,
freundliches Manſardenzimmer nebſt
Ca=
binet mit ſchöner Fernſicht, möblirt oder
unmöblirt, nebſt Bedienung, zu vermiethen
und bis den 1. April d. J. oder auf
Verlangen auch früher, zu beziehen.
Juſtus Spengler.
Vermiſchte Nachrichten.
255)
Für junge Kaufleute!
Auf dem Comptoir eines hieſigen En gros
Geſchäftes findet ein Volontär ſofort Stellung
und jede Gelegenheit zur gründlichen Ausbildung
in allen kaufmänniſchen Arbeiten. Schriftliche
Offerten unter Nr. 255 beſorgt die Exp. d. Bl.
rei bis vier Zimmer in ſchöner Lage
6.
3 D) mit oder ohne Möbel, mit Bedienung,
werden ſogleich zu miethen geſucht.
Schriftl. Offerten mit Nr. 227 an die Exp. d. Vl.
256) Ernſt=Ludwigſtraße Nr. 23 eine Treppe
hoch wird ein fleißiges und gewandtes Mädchen
in Dienſt geſucht.
258) Anſtändige Mädchen finden dauernde
Be=
ſchäftigung. Näheres Beſſunger Holzſtraße 18.
Offene Lehrſtelle
2509)
in einem hieſigen Handelsgeſchäft en gros. Gute
Vor=
kenntniſſe bedingt. Offerten sub Nr. 259 beſorgt
die Exped. d. Bl.
262) Geſchäftslocal geſucht.
Für ein en gros Geſchäft werden in der
Neu=
ſtadt zu miethen geſucht: Zwei wohnbare Räume,
Küche oder ſonſt geeignetes Lokal zur Anlage
klei=
nerer Feuerungsaulagen, Speicher ꝛc. für
Em=
ballagen. Mitbenutzung des Hofes und event. auch
einen Keller. Logis im Hauſe erwünſcht. Offerten
sub L. L. Nr. 40 beſorgt die Exp. d. Bl.
359) Zuni ſofortigen Eintritte wird ein Mädchen
geſucht. Magdalenenſtraße Nr. 19.
385) Eine geübte Arbeiterin, welche im
Kleider=
machen. Weißzeugnähen, Vügeln, ſowie Ausbeſſern
erfahren iſt, wünſcht noch einige Tage in der
Woche beſetzt zu haben. Zu erfragen Bleichſtraße
Nr. 23 Hinterbau.
400) Ein Müädchen, das im Weißzeuignähen
und Ausbeſſern geübt iſt, wünſcht noch einige Tage
in der Woche beſetzt zu haben. Zu erfragen
Langegaſſe Nr. 13 im Hinterben.
402) Tüchtige Keſſelſchmiede,
Feuer=
ſchmiede und Maſchinenſchloſſer finden
dauernde und lohnende Beſchäftigung bei der
Haschinenbangesellschaft Karlsruhe.
(Fs können noch einige Damen zum Fri=
3
8 ſiren angenommen werden.
Alexander=
ſtraße Nr. 15 im Hinterbau.
404) Ordentliche junge Mädchen,
Lehr=
linge füc Steindruckerei geſucht.
Frommann & Bünte.
405)
Geſucht!
In einem gelegenen Theil der Stadt wird ein
kleines Logis nebſt kleiner Werkſtätte bis 1. April
oder auch früher zu miethen geſucht. Näheres zu
erfragen bei Herrn Weißbinder J. Reuter,
Hundſtällergaſſe Nr. 2.
Im Großherzoglichen Holzmagazin
wird gegen Vorauszahlung abgegeben:
Buchen=Scheidholz zu 10 fl. 20 k: per Stecken
8 fl. 24 kr „
Kiefern.
Beſtellzeit: Dienſtags, Freitags und
Samſtags von 8- Uhr Vormittags.
Großherzogliches Rentamt Darmnſtadt.
M. 3.
pro 1o70
Reſidenz- ≈ Compiuir-Anlender
ſind erſchienen und auf unſerem Comptoir zu beziehen
L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
per Zeile 18 kr.
„ Cliegende Blätter
Haupt.
5 Sgr. — 30 Nkr.
per Zeile 27 kr.
„ Kladderadatsche
Annahme
7½ Sgr. — 45 Nkr.
per Zeile 6 kr.
ſämmtlicher
Vigaros.
1½ Sgr. — 7 Ntr.
ImsOrato
per Zeile 9 kr.
Die Woche:
2½ Sgr. 15 Ntr.
für
406)
RudOkk HOSs0 1n München.
Officieller Agent ſämmtlicher Zeitungen.
Zeitungs=Annoncen=Expedition
Berlin. Wien. Hamburg. Nürnberg.
11
Großherzogliches Hoftheater.
Dienſtag, 18 Jan. 3. Vorſt. im 6. Ab.:
Zum Erſtenmale: Die Harſeuſchule.
Schau=
ſpiel in 3 Akten von Brachvogel.
Mittwoch, 19. Jan. Abonnement suspendu.
Beneſiz für Herrn u. Frau Lederer: Martha.
Oper in 4 Akten; Muſik von Flotow.
Donnerſtag. 20. Jan. Keine Vorſtellung.
Freitag, 21. Jan. 4. Vorſt. im 6. Ab.:
Erſtes Gaſtſpiel des Fräuleins Friederike
Fiſcher von Wien. Neu: Die ſchöne
Gala=
thec. Komiſche Operette, Muſik von Suppé.
Hierauf: Fritzchen und Lieschen. Baudeville
in 1 Akt.
Sonntag, 23. Jan. H. Vorſt. im 6. Ab.:
Die Jüdin. Große Oper in 5 Atten mit Ballet.
Muſik von Halevy.
Auf und unter der Düne.
(Fortjetzung.)
Der junge Bleilen, den die aufgehende Sonne ſchon wieder auf ſeiner
Ausſchau zwiſchen zwei geſchützten Dünenkegeln ſah, eilte hoffnungsfroh nach
dem Hauſe ſeines väterlichen Freundes. Er traf Booyſen, wie er eben
be=
ſchäftigt war, an ſeinem vor dem Hauſe ſtehenden Flaggenſtock eine neue
Flagge aufzuhiſſen, da die alte beim letzten heftigen Wehen zerriſſen war.
Schon von Weitem rief er, die Mütze triumphirend ſchwenkend, dem
Schiffs=
capitain zu, er ſei frei und habe die Erlaubniß, zur See zu gehen, wann
und mit wem er wolle.
Booyſen freute ſich aufrichtig dieſer Sinnesänderung der Wittwe
Bleiken, gab dem jungen Uwe nochmals die Verſicherung, daß er ihn
be=
gleiten ſolle, und verſprach, unverweilt mit ſeiner Mutter auch die ſo
wich=
tige Angelenheit hinſichtlich der Wahl eines neuen Wohnortes zu beſprechen.
„Wir dürfen nicht zögern, mein Junge, ſagte Booyſen. „Weiber
ſind veränderlich, wie das Wetter im April oder der Wind in den Aequi
noctien. Eine günſtige Stimmung bei ihnen muß man gerade ſo benutzen
wie eine friſche Briſe. Wartet man lange, ſo läuft der Wind in ihren
Köpfen regelmäßig um, und wird ganz conträr, und dann kann man auf
und ab um ſie kreuzen, daß alle Segel reißen, es iſt ihnen nicht wieder
nahe zu kommen. Merke Dir das, Jungel Kommt Dir ſpäter einmal ein
junges Frauenzimmer in Deinen Segelſtrich, nett und ſauber aufgetakelt,
Vormarsſegel weder ganz noch halb gerefft, Stäugen, Spieren und Nagen
blank, dann laß ihre Schooten fliegen und ſchneide ihm den Wind ab.
Glaub mir, ſolch Frauenzimmer läßt ſich kapern, wenn man nicht läſſig
iſt; Legſt Du Dich aber, wie das bei den Landratten Sitte iſt, aufs
Kreuzen, ſo geht es unter zehn Fällen neun Mal mit vollen Segeln
durch."
Uwe Bleiben verſtand Booyſeu ſehr gut und nahm ſich deſſen
Unter=
weiſungen gern zu Herzen. Auch ihm wollte bedünken, der Zeitpunkt, die
Mutter aus ihrem Wohnorte durch überzeugende Gründe zu locken, ſei
treff=
lich gewählt, und deshalb bat er den Capitain, er möge ſein Verſprechen
wahr machen.
„Ich bin auf der Stelle bereit, Dich zu begleiten,” ſagte Vocuſen
„Vis an die Feldmark des Nachbars gehe ich gern mit." verſetzte
Uwe, „dann aber wende ich mich ſeitwärts. Ich glaube, Du richteſt allein
mehr aus, als wenn ich mit dabei bin. Es könnte die Mutter, hat ſie
mich vor Augen, ihr erſtes Verſprechen reuen und gerade dieſe Neue dann
Urſache werden, daß ſie ſich vor einer zweiten Zuſage, die ebenfalls nicht
nach ihrem Sinne, wohl hütet.”
Biſt vorſichtig, Uwe das freut mich, ſagte Vooyſen. „Wirſt, wie
ich Alem eninehme, ein tüchtiger Seemann werden. Wer Unglück
vor=
beugen will, der ſchickt die halbe Equipave unter Deck, wenn der Sturm
losbricht, und ruft ſie erſt zu Hilfe im Augenblick drohender Gefahr."
3.
Nach einer lange dauernden Unterredung mit der Wittwe Bleiken trat
Booyſen verſtimmt den Heimweg an. Uwe erwartete den väterlichen Freund
in deſſen Wohnung, da er die Beſprechung deſſelben mit ſeiner Mutter nicht
ſtören wollte.
„Als Vekehrer würde ich ſchlechte Geſchäfte machen," ſprach Booyſen.
„Ich bin doch ſonſt nicht gerade wortfaul, auch nicht um Gründe verlegen,
dennoch —
„ Die Mutter hat nicht eingewilligt ?u unterbrach ihn der junge
Bleiken.
„Nund heraus erklärt hat ſie mir, daß ich mir, keine Mühe geben
olte, ſie wankend machen zu wollen in ihrem einmal gefapten Entſchluſſe,
fuhr Booyſen fort. „Gründe mag ſie nicht hören, weil ſie überhaupt nicht
hören will. Was ſich auch ereignen möge, gab ſie auf alle meine Einwürfe
zur Antwort, ihre Geſinnungen würden immer dieſelben bleiben. „„3ch
habe ihm nachgegeben,uu ſprach ſie, „„weil der Geiſt meines Mannes auf
meine bittende Froge eine ſo beſtimmte Antwort gab. Mein Sohn geht
von mir und ich laſſe ihn in Gottes Namen ziehen. Mir bleibt nichts
mehr übrig, als die Erinuerung an den verlorenen Gatten, an fernen Sohn,
deſſen Rückehr ich erflehe, kaum aber erwarte. Soll ich denn zur
Ver=
mehrung meiner Schmerzen auch noch alle die kleinen ſtummen Zeugen
meines frühereu Glückes von mir ſtoßen? Soll ich das Fleckchen Erde
meiden, wo ich mich dereinſt glücklich fühlte und das mir noch lieber
ge=
worden iſt durch die Leiden die ich hier erleben mußte? Verlangt das
nicht von mir, Booyſen, ich kann und darf euch nicht anhören! Gewiß=
Rautum wird eines Tages untergehen, wie ſo viele Striche dieſes Landes
chon untergeganen, vom Meere verſchlungen worden ſind. Aber ſo lange
mir zu leben beſchieden iſt, wird die Dünenkette ſtehen bleiben und den
WVogenſchwall des Meeres abhalten.”„
Arme Mutter," ſeufzte Uwe. „Bei ihrem ſtarren Sinn und
rühren=
den Anhäuglichkeit an die dürre Scholle, auf der ſie lebt, wird ſie zuletzt
von den Wenigen, die ihr jetzt noch Geſellſchaft leiſten, allein zurückbleiben,
ein ſtilles, graues, von Niemand mehr gekanntes Dünenweib!”
„Ich konnte unmöglich länger in Deine Mutter dringen, Uwe, ſprach
Booyſen. „Ihre Feſtigkeit imponirte mir, ja, ich möchte beinahe ſagen, ſie
flößte mir Bewunderung ein. Ich verſprach ihr deshalb, für Dich wie ein
ein Vater zu ſorgen, Dich zu einem tüchtigen Seemann auszubilden und,
ſobald mir dies gelungen ſein würde, Dir einen guten Rheder zu
verſchaf=
fen Dies ſchien ſie etwas zu erheitern ſie reichte mir dankend die Hand,
und wir ſind als gute Freunde von einander geſchieden.”
Einige Wochen nach dieſer Unterredung ſegelte der junge Bleiken auf
einem von Vooyſen befehligten Vollſchiffe nach dem mitteländiſchen Meere.
Er blieb beinahe ein Jahr aus, erlebte aber in dieſer Zeit außer einem
Strauß mit tuneſiſchen Piraten, der glücklich für den Sylter Capitän und
ſeine Mannſchaft ausfiel, und wobei Uwe Peter Bleiken nur einen
Streif=
ſchuß erhielt, wenig Erhebliches. Deſto mehr Gelegenheit verſchaffte dieſe
Reiſe dem Jüngling, Kenntniſſe verſchiedenſter Art einzuſammeln, unter
Vooyſen's liebevoller Leitung in der Schiffahrtskunde ſich zu
vervollkomm=
nen, Menſchen und Länder kennen zu lernen. Booyſen ſelbſt war mit Uwe
in jeder Hinſicht zufrieden und verſprach ihm ſchon auf der Rückreiſe, daß
er ihu für die nächſte Fahrt als Vollmatroſe heuern werde.
Die Mutter freute ſich der glücklichen Heimkehr des zu einem kräftigen
Jüngling aufgeſchoſſenen Sohnes. Sie war rüſtig und munter, und Uwe fühlte
ſich höchſt glücklich, ein paar Monate bei ihr verleben zu könnene Auch
ſonſt hatte ſich wenig verändert. Der kleine Ort war mit Ausnahme der
drei oder vier Bewohner, welche ihre Häuſer ſchon vor der Abreiſe des
jungen Bleiken abzubrechen ſich eutſchloſſen hatten, noch immer bewohnt,
und es ſchien nicht, als wollten die Zurückgebliebenen dem gegebenen
Bei=
ſpiele alsbald folgen. Uwe's Mutter hatte auch nichts von einem dahin
zielenden Entſchluſſe, ihrer Nachbarn vernommen, eben ſo wenig war ein
wirklicher Befehl Seitens der Landſchaft an die Bewohner Rautums
er=
gangen, ſich anderswo anzuſiedeln. Nur Feldmeſſer und Düneninſpectoren
waren verſchiedene Male dageweſen, un die Breite und Höhe der
Sand=
berge zu meſſen.
Uwe konnte ſich dies Geſchehenlaſſen ſehr gut erklären. Der letzte
Herbſt war nicht ſtürmiſch geweſen, auch im Frühjahr gab es nur etnige
kurze, fliegende Stürme, und zwar meiſtentheils aus Süden Dieſe Stürme
hatten im Bau der Dünen ſelbſt wenig verändert, noch weniger ihre Lage
verrückt. Dennoch bemerkte der junge Bleiten ein Vorſchreiten derſelben
12
4
landeinwärts. Als er im vergangenen Sommer die Zuſel verließ, fiel der
Dünenſand erſt an einzelnen Stellen in die lebendige Hecke des Gartens,
dem er ſo große Pflege gewidmet und für die Mutter zu einem
angeneh=
men Aufenthaltsorte gemacht hatte, jetzt ſah man nur hin und wieder aus
der weiß ſchimmernden Sandwelle einen abſterbenden Zweig des völlig
ver=
ſchütteten Zaunes hervorragen. Die Umfriedigung des Gartens beſtand
auf der den Tünen zugekehrten Seite aus einem feſten breiten Walle des
feinſten Dünenſandes.
Uwe machte die Mutter auf dieſe Veränderung aufmerkſam und ſchlug
vor, um der weiteren Verſchüttung wenigſtens für die nächſten Jahre
ent=
gegenzuarbeiten, eine hohe Bretterwand aufzuführen. Die Mutter wollte
aber nichts hören, indem ſie behauptete, ihr Sohn irre ſich; der Zann ſei
ſchon im — igen Jahre verſchüttet geweſen und der letzte Winter habe kaum
ein Sandkorn in eine andere Lage gebracht. Uwe war ſomit genöthigt zu
ſchweigen und der Mutter ihre Ueberzeugung und ihren Willen zu laſſen.
Der junge Bleiten begann jetzt wieder ſeine Beſuche in den Dünen.
Auf einer dieſer Streifereien begeguete er einer Geſellſchaft Inſulaner, die
zu ihrem Vergnügen einen Ausflug in die Sandwüſteneien gemacht hatten.
Die älteren Männer darunter ſtellten dabei auch intereſſante Forſchungen
an und manches für Jüngere belehreude Wort ward geſprochen. Uwe war
es beſonders intereſſant zu hören, daß vierzig Jahre früher da, wo jetzt die
Dünenhügel zum Theil in beträchtlicher Breite das Land bedeckten, noch
fruchtbares Land geweſen ſei, wo man Roggen und Gerſte gebaut und Hen
geerndtet hatte.
„Wie wird es nach Verlauf von abermals vierzig Jahren hier
aus=
ſehen! ſprach einer der Strandvoigte, welche die zahlreiche Geſellſchaft
be=
gleiteten. „Vielleicht brandet dann das Meer da, wo jetzt der Sand hohe
Spitzen gipfelt, vielleicht macht auch dies wandernde Dünengebirge eine
Be=
wegung rückwärts, obwohl dies nicht wahrſcheinlich iſt, oder es gelingt
wohl auch dem erfindungsreichen Menſchengeiſte, dieſe zerſtörenden
Sand=
wellen, die zugleich ein Segen und die einzigen wirklichen Wogenbrecher des
ſtürmenden Occans ſind, in feſte Grenzen zu bannen.
Uwe, gewandt und durch ſeine Reiſen und den bildenden Umgang mit
Booyſen, der ihn ganz als Sohn behandelte, abgeſchliffener als die
Mehr=
zahl ſeiner Collegen, trieb maucherler Scherze mit den jüngeren Mädchen,
erzählte den Leichtgläubigen allerhand Wunderdinge von ſeinen Erlebuiſſen,
wobei er es mit der Wahrheit nicht allzu genau nahm, weil er bemerken
konnte, daß gerade das Unglaubliche ſeine munteren Zuhörerinnen am meiſten
feſſelte. Zuletzt kam er auch auf das Gefecht mit den tuneſiſchen
See=
räubern Dieſe vollkommen begründete Erzählung allein wagten die jungen
Sylterinnen zu bezweifeln.
„Das iſt doch wohl jeßt nicht mehr möglich, ſagte die ſchlanke,
gra=
ziöſe Rana aus Tinnum, die einzige Tochter eines der wohlhabendſten
Ein=
wohner der ganzen Inſeln. „Früher habe ich wohl gehört, daß Seefahrer
und darunter auch Eingeborene unſeres Eilandes heftige ſtämpfe mit den
wilden Bewohnern des Mohrenlandes zu beſtehen hatten, ſogar
Gefangen=
nehmungen ſind vorgekommen, und mancher Verſchollene, den man im Meere
begraben glaubte, iſt vielleicht in der Sclaverei unter den Ungläubigen elend
verſchmachtet; aber jetzt, in unſern Tagen!
„Dennoch ſage ich nur die Wahrheit, liebe Rana," ſprach Uwe, dem
es ganz angenehm war, das junge blühende Mädchen, das faſt in gleichem
Alter mit ihm ſtand, zu ſo lebhafter Erwiederung veraulaßt zu haben.
„Frage Capitän Booyſen, den ich dort, vom ſchönen Tage gelockt, gerade
auf die Dünen zuſchreiten ſehe.
Nana erwiederte ſchelmiſch, ſie werde es thun, und weun Uwe ihr habe
etwas aufbinden wollen, ſolle er ſchwer dafür büßen.
Die Beſtätigung der Erzählung des jungen Bleiken, die bald darauf
durch Vooyſen erfolgte, machte einen tiefen Eindruck auf Rana.
„Mein Gott, ſprach ſie, die Hände zuſammenfaltend, „das iſt ja
ganz entſetzlich! Ta müßten wir die wir daheim bleiben, wenn unſere
nächſten Verwandten, unſere liebſten Freunde an Bord eines Schiffes gehen,
das jene räuberiſchen Küſten anzulauſen beſtimmt iſt, vor Angſt ja
eigent=
lich verſchmachten. Mein Bruder, der vier Jahre weniger zählt, als ich,
will ebenfalls Seemann werden. Ich habe große Luſt, ihm davon
abzu=
reden.
„Das wird Dir nicht gelingen, erwiederte Uwe. „Konnte doch meine
Mutter mich nicht halten, ſo ungern ſie mich ziehen ſah. Wir Nordfrieſen
ſind nun einmal Meer= und nicht Landmenſchen. Und ſtarrte uns der Tod
aus tauſend Augen an, wir ließen uns doch nicht abſchrecken. Vor den
Muſelmännern aber fürchten wir uns gar nicht mehr.
Rana ſchwieg zwar auf dieſe Verſicherung Bleiken's beruhigt war ſie
dadurch nicht. Sie wollte Sicherheit haben und wandte ſich deshalb
aber=
mals mit einer Belehrung begehrenden Frage an Capitän Boohſen.
Fertſetzung folat.)
Redaction und Verlag L. C.
3
Darmſtädter hiſtoriſche RKleinigkeiten.
Mitgetheilt von W.
84. Darmſtadr's Kriegsbedrängniſſe im Lauſe der Jahrhunderte.
(Fortjetzung.)
II.
Größer war Darmſtadts Noth in dem Schmalkaldiſchen Krieg,
als die Häupter des Schmalkaldiſchen Bundes, Landgraf Philipp und
Chur=
fürſt Johann Georg, bei Giengen geſchlagen waren. Da rückte der
kaiſer=
liche General Graf von Beuern mit 4000 Reitern und 10,000 Mann
zu Fuß von den Niederlanden herauf nach Mainz, überſchritt den Rhein
und beſetzte die ganze Obergrafſchaft Katzenelnbogen. Ein Theil jeines
Heeres ſollte Darmſtadt occupiren. Aber die Darmſtädter Bürger
ver=
theidigten ihre Stadt ſo tapfer, daß Beuern zweimal bei einem Sturm mit
Verluſt zurückgeſchlagen wurde. Ta verſuchte er es mit Liſt. Er begann
Unterhandlungen anzutnüpfen und ſchläferte, indem er günſtige Bedingungen
hoffen ließ, die Vertheidiger der Stadt ein, ſo daß ſie die Waffen
nieder=
legten, ehe die Bedingungen der Stadt=Uebergabe beiderſeitig unterfchrieben
waren. Während man noch unterhandelte und die Waffen ruhten ließ
Beuern die Mauern erſteigen und die tapferen Darmſtädter Bürger mußten
ihre Leichtgläubigkeit mit Plünderung und Brandſchatzung büßen. Zugleich
wurde der alte Sitz der Grafen von Katzenelnbogen, das Schloß, in die
Luft geſprengt, ſo daß davon nur noch wenige Ueberreſte blieben. Aber
die Tapferkeit der Darmſtädter Bürger hatte dem Grafen Beuern große
Achtung eingeflößt, ſo daß er, als ihm die Frankfurter unerwartet durch
eine Geſandtſchaft demüthig die Uebergabe der Stadt hatten anſagen laſſen,
geſagt haben ſoll: „Die Darmſtädter verdienten Frankfurt zu bewohnen,
damit dieſes Bewohner bekäme, die es zu vertheidigen wüßten; die
Frank=
furter aber ſollten nach Darmſtadt geſchickt werden, welches im Vergleich
mit Frankfurt nur ein Dorf ſei.
III.
Der unſelige 30jährige Krieg beachte ſchon im Jahr 1622 ſeine
Schrecken nach Darmſtadt. Der damalige Landgraf Ludwig V. hatte ſich,
als ſeine Bemühungen, eine Verſtändigung herbeizuführen, fehlgeſchlagen
waren, auf die Seite des Kaiſers geſtellt. Das ließen ihn un die
Feld=
herrn des Kurfürſten von der Pfalz fühlen. Der Kurfürſt ſelbſt, dann der
Herzog von Weimar, die Grafen Ernſt und Philipp von Mansfeld, alle
kamen damals mit ihren Soldaten nach Darmſtadt. Die Acten ſind ſehr
ausführlich über dieſen Aufenthalt der feindlichen Generale in Darmſtadt,
und wir wollen dem Leſer mittheilen, was ſic darüber erzählen:
Im April des Jahres 1522 hatte der Landgraf noch einmal eine Reiſe
nach Nünchen, Onolzbach, Dresden und Herzberg unternommen, um mit
Fürſten und Räthen zu bedenken, wie dem Kaiſer genügt werden könne,
ohne der Fürſtenehre der Gegner deſſelben, namentlich des Kurfürſten von
von der Pfalz, zu nahe zu treten. Voll Hoffnung war er nach Darmſtadt
zurückgekehrt, um mit dem Kurfürſten in Heidelberg zu unterhandeln. „ In
Gottes Namenz, wie ſich ein gleichzeitiges Actenſtück ausdrückt, hatte
Ludwig am 22. Mai 1622 ſeinen Trompeter Joh. Heim, auf das Beſte
mit Geleitsbriefen verſehen, an des Kurfürſten Näthe nach Heidelberg
ab=
geſendet. Kaum aber hatte dieſer die Heſſiſche Grenze verlaſſen, ſo ergriffen
ihn Mansfeldiſche Reiter und ſchleppten ihn nach Lampertheim, wo ihr
Feldherr gerade ſein Hauptquartier aufgeſchlagen hatte. Schon am
folgen=
den Tage erſchien im Schloſſe zu Darmſtadt, vom Kurfürſten geſchickt, der
Oberſt v. Pöblis, um Rechenſchaft darüber zu fordern, was der Landgraf
mit den kurfürſtlichen Räthen zu ſchaffen habe, zugleich aber auch. um ihm
anzuzeigen, daß ſein Herr zum Zweck eines Kriegszugs den Durchzug durch
das Darmſtädter Land verlangen müſſe und den Landgrafen erſuchen laſſe,
für den nöthigen Proviant zu ſorgen, damit die nöthige Mannszucht im
Heere gehandhabt werden könne. Seiner guten Abſicht ſich bewußt, trug
Ludwig kein Bedenken die verlangte Auskunft über die Abſendung ſeines
Trompeters an des ſlurfürſten Näthe zu ertheilen. Den verlangten
Durch=
zug betreſſend, erklärte er, wie ſehr es ihn zwar ſchmerze, ſeine armen
Unterthanen, die ſchon ſo viel von Durchzügen fremder Völker gelitten
hätten, von neuem des Ihrigen berauben zu müſſen, aber er wolle alsbald
zwei vom Adel abordnen, daß ſie den nöthigen Proviant aufbrächten und
die Quartiere beſtellten, die ihnen vom Kurfürſten bezeichnet werden würden.
Am folgenden Morgen frühe um 5 Uhr ritt der Oberſt v. Pöblis, wohl
unterrichtet über Alles, was er zu wiſſen verlangt, mit den Heſſiſchen
Adlichen Joh. Wolf zur Karßbach und Georg Weyprecht von Wachenheim,
welche der Landgraf an den Kurfürſten beordert, daß ſie ſich die nöthigen
Quartiere ſollten bezeichnen laſſen, durch das Beſſunger Thor auf der Straße
nach Heidelberg hin. Sie hatten kaum eine Viertelſtunde die Stadt
ver=
laſſen, ſo ſtürzte athemlos der Stadthauptmann in's Schloß und meldete
dem Landgrafen, daß Mansfeldiſches Kriegsvolk vereinzelt ſich vor den
Thoren der Stadt blicken laſſe und raube und plündere, was ihm in den
Weg komme. Ludwig ahnte hier Verrath und böſe Abſicht. Schleunigſt
Fortſ. folgt.)
befahl er die Thore zu ſchließen.
Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.