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Are.
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zum
4
vA wIb Jußetuv-Aiulk.
R. 37.
Dienſtag den 14. September
1869.
Das Frag= und Anzeigeblatt, die Beilage hierzu, ſowie bas Verordnungsblatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen wöchentlich; Erſteres Samſtag; die Beilage
Blenſtags und Letteres Vonnerſtags. Jahres=Abonnement der drei Blätter zuſammen 3 fl. Auswärts kanin mar bei allen Poſtämtern abonniren. In Darmſtadt bei
der Expedition, Rheinſtraße Nr. 23 neu.
Verſteigerung gebrauchter Maurer=
Gtralhſchefltu.
Donnerſtag den 16. d. Mts. Morgens 9 Uhr
werden in der Stiſtsſtraße ſneben dem Eliſabethen=Stiſth eine Parthie gebrauchter
Maurer=
gerüſtſtangen, Diele ꝛc. öffentlich gegen gleich baare Zahlung verſteigert.
5973
M. Meuſtadt, Hof=Taxator.
5974) Bekanntmachung.
Die Lieſerung des Bedarfs an Steinkohlen
(uhrer Fettſchrot erſter Qualität) für die
Bü=
reaus der Ober=Poſt=Direction, des Poſt=Amts
und der Bahnhofs=Expedition hierſelbſt pro 186⁷⁄.
- circa 500 Centner - ſoll auf dem Wege
der Submiſſion vergeben werden.
Offerten mit Preisangabe ſind an die hieſige
Ober=Poſt=Direction bis zum 24. d. Mts.
ein=
zureichen.
Darmſtadt, den 11. September 1869.
Der Ober=Poſi=Director.
In Vertretung:
Calame.
5975)
Nüſſe=Verſteigerung.
Mittwoch den 15. September Nach. 2 Uhr werden dahier die Püſſe von
7 Bäumen verſteigert.
Krauichſtein, den 11. September 1869
Großherzogliche Schloßverwaltung Kranichſtein.
Albert, Wildmeiſter.
5869) Donnerſtag den 16. d. Mts,
Nach=
mittags 2 Uhr, findet im ſtädtiſchen Hospital
dahier Verſteigerung von Bettwerk, Kleider
und Hausgeräthe ſtatt.
Semiller, Hospital=Meiſter.
5566)
5976) Victualien=Lieferung.
Die Lieferung des Bedarſs an Fleiſch,
Kar=
toffeln, Gemüſen, Hülſenfrüchten, Zuthaten ꝛc.
für die Menage des 1. Bataillons
Großherzog=
lichen 4. Iufanterie=Regiments ſoll auf die Dauer
eines Jahres an einen Lieferanten vergeben werden.
Anmeldungen geſchehen und ſind die Lieferungs=
Bedingungen einzuſehen bei dem Unterzeichneten,
Alexanderſtraße Nr. 25.
Darmſtadt, den 12. September 1869.
Die Menage Commiſſion:
Pfaff, Hauptmann und Compagnie=Chef.
Feilgebotenes.
5356) En doppelt gedecktes Treibhaus
ſteht Wohnungs=Veränderung halber billig zu
verkaufen. Wo? ſagt die Exp. d. Bl.
5881) Ein 6octaviges Glavier zu verkaufen.
Neckarſtraße 15.
5889a) Zwetſchen, käglich friſch zu haben
Langegaſſe Nr. 5.
5977) Kupferne Keſſel
in allen Dimenſionen empfiehlt zu den billigſten
Preiſen-
B. Maher, Eiſenhandlung.
½
Hollandisches Blumnenahisböi
Hyacinthon einfache u. gefüllte in allen Farben 6 u. 8 kr. bis zu den feinſten 24-48 kr.
das Stück. Tulpen einfache u gefüllte frühe zum Treiben. Crocus, Narzisson, Taxetten, Jonquillen,
Anemonev, Ranunkel eto. in ausgezeichneter Qualität und großer Auswahl empfiehlt zu ſehr billigen
Preiſen
Nieder=Ramſtädter
Gust. Laubitz, Straße Nr. 51.
Kaozes.
2oggo 009d co Hpsndg og ag ed ag 2odee
O6
22egeoaoaoee
LRURRTUURUAUNuNunnsAurRRtuuUn”
88 5873a In Eis gekübltes Erbacher=Flaſchen=Vier vorzüglicher 8
8 Qualität, ſowie Soda=Waſſer, empfiehlt
4
p.
Marg. Melsheimer,
D
Wilhelminenſtraße Nr. 21.
2ao 4eoede
24
5a044 00agodaodo.
290o
0bondhaneDdei
R8UnUNAsuUAudusAöuunnrUnuniöbunn
Ludwigſtraße
Ludwigſtraße
RERESTUUNO
Nr. 20.
Nr. 20.
in allen Arten und Qualitäfen ſtets in friſcher guter Waare empfiehlt die
408khh.
4.
Judk ;.yiey'gabrik von J. Gerhavdt.
„
3
Die Kohlenhandlung
von
A. Hofmann &am; Söhne
in Gernsheim am Rhein
offerirt hiermit zur geneigten Abnahme ihr Lager
in nur von den beſten Zechen der Ruhr
bezogenen
Steinkohlen I. Pual.
zu folgenden billigen Preiſen:
30 kr.
Stückreiches Fettſchrot
„ bei Abnahme
über 60 Ctr.
29 „
Fettreiche Stückkohlen
.
42 „
Magere
40 „
Beſtes Schmiedegries
32 „
ohne Octroi. Frei aus Haus geliefert.
Herr L. Brüchweh, Agent,
Magdalenen=
ſtraße Nr. 9. in Darmſtadt übernimmt Aufträge
und Zahlungen zur raſchſten und reellſten
Be=
ſorgung.
4
5978)
Aepfel-Verkauf.
40 bis 50 Malter ſehr ſchönes
Tafelobſt in verſchiedenen frühen und
ſpäten feinen Sorten ſind zu verkaufen.
Die Expedition gibt nähere Auskunft.
5979) Grafenſtraße Nro. 13 werden ſchöne
reife Trauben Pfundweiſe abgegeben.
5980) Zwetſchen, Koch= & Eßbirnen
ſind friſch zu haben bei
P. Pilthan, auf dem Carlshof.
Vermiethungen.
4897) Carlsſtraße Nro. 51 iſt der untere
Stock mit oder ohne Garten zu vermiethen.
5381) Mathildenplatz 4 iſt eine Parterre=Wohnung,
am 1. October d. J. beziehbar, zu vermiethen.
5467) Eine freundliche Wohnung (hoch=
Par=
terre), 5 Piecen, große Küche, Magd= und
Ge=
räthe=Kammer, Gartenvergnügen, Bleichplatz ꝛc.
Frankfurterſtraße 32 dem Großherzoglichen
Herrn=
garten gegenüber, alsbald zu beziehen.
5518) Bleichſtraße Nr. 17 parterre ſind zwei
möblirte Zimmer ſofort zu vermiethen.
5593) Carlsſtraße Nro. 22 iſt ein Zimmer
zu vermiethen.
5602) 2-3 Zimmer mit Glasabſchluß,
mö=
blirt oder unmöblirt, wenn es verlangt wird,
kann auch Küche dazu gegeben werden. Zu
er=
fragen bei Hrn. Triek in der Ludwigsſtraße.
5836) Carlsſtraße Nr. 23 iſt ein freundlich
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
140
BNNNAannaAAt Arrauaauraar4
F 5683) Rheinſtraße Nr. 23 zwei
E möblirte Zimmer Anfangs October bezieh=
F bar. Näheres im 3. Stock.
4NNNUNNNNAUUNNRAAALrrAArek
5839) Ein hübſches möblirtes Zimmer für
einen Einjährigen. Ausſicht auf die Straße.
Langegaſſe Nr. 10.
5891) Ernſt=Ludwigſtraße 19 bei Buchhändler
Waitz ſind 2 ſchön möblirte Zimmer zu vermiethen
5893) Ein freundliches möblirtes Zimmer zu
vermiethen an einen ſtillen Herrn u. am 1. Octbr.
zu beziehen. Ernſt=Ludwigſtraße 23, 2 Treppen.
5899) Stallung für 3 Pferde nebſt Zubehör
iſt Martinſtraße Nr. 422 zu vermiethen.
5904) Ein freundlich möblirtes Zimmer zu
vermiethen. Schützenſtraße 2, 2 Stiegen hoch.
5912) Obere Hügelſtraße 15 zunächſt dem
Gymnaſium ein möblirtes Zimmer zu vermiethen.
5915) Ein ſchönes Logis und große
Schrei=
nerwerkſtätte iſt zu vermiethen. Alexanderſtr. 21.
5981) Ein freundliches möblirtes Zimmer zu
vermiethen. Schützenſtraße Nr. 16.
5982) Ein freundlich möblirtes Zimmer.
Holzhofſtraße 11.
5983) Mühlſtraße Nr. 70 an der
polhtech=
niſchen Schule ſind zwei möblirte Zimmer an
Einjährige oder Schüler zu vermiethen, wobei
auch die Koſt gegeben werden kann.
5984) Grafenſtraße Nr. 13 iſt ein
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
5985) Manſarde zu vermiethen an eine
ein=
zelne Dame oder kinderloſe Familie.
Schützen=
ſtraße Nr. 16.
5986) Alexanderſtraße Nr. 10 iſt der dritte
Stock des Vorderhauſes zu vermiethen.
Vermiſchte Nachrichten.
5987) Die Manzlel der
Fränzösi-
schen Gesandtschaft ist, in die
Traubei Nr. 30 transportirt worden.
5988) Vollſtändige Vorbereitung zum
Ein=
jährigen= a; Fähndrichs=Examen.
Näheres bei Herbor, Steinſtr. 3.
Wohnungs=Veränderung.
Meine Wohnung befindet ſich jetzt
Mauer=
ſtraße 28, und empfehle mich zugleich in guter
und ſolider Arbeit. Achtungsvoll
5989)
J. König, Schuhmacher.
1011) Ein Lehrling wird geſucht in der Leder=
und Eiſenhandlung von J. P. Wambold.
5198) Beſſungen. Zwei tüchtige Schloſſer=
Geſellen können bei mir eintreten.
Hch. Jacoby, Schloſſermeiſter.
5226) Ordentliche junge Mädchen
Frommann & Bünte.
geſucht
5474) In ein Frucht= und Mehlgeſchäft en
gros wird ein Lehrling geſucht. Näheres in der
Exped. d. Bl.
G ine tüchtige Köchin, welche ſich auch
8
C etwas Hausarbeit unterzieht, ſowie ein
S
reinliches Hausmädchen werden gegen hohen Lohn
auf Michaeli geſucht. Zu erfr. Rheinſtr. 16 im Laden.
Maſchinenſchloſſer,
insbeſondere ſolche, welche auf Blecharbeit geübt,
erhalten fl. 2. bis fl. 2½. Taglohn. (5847
5945) Es wünſcht eine reinliche Wittwe, deren
Mann an der Eiſenbahn vernnglückt iſt, einige
Monatsdienſte anzunehmen. Zu erfragen in der
Langgaſſe A. 10, 2 Stiegen hoch.
M. 31.
Der Alice=Frauenverein für Krankenpflege
hat beſchloſſen, während der nächſten 3-4 Monate einen Unterrichts=Curſus für die Pflegerinnen
des Vereins in wöchentlich 2 Stunden abhalten zu laſſen. Derſelbe wird, unter vorzugsweiſer
Be=
rückſichtigung der praktiſchen Bedürfniſſe der Krankenpflege, ſich beſchäftigen mit
1) dem Bau und den Functionen des menſchlichen Körpers,
2) der allgemeinen Krankheitslehre und Krankenbehandlung,
3) der öffentlichen Geſundheitspflege, beſonders dem Einfluß der Nahrung, Wohnung und
ſocialen Verhältniſſe auf den menſchlichen Körper, und
4) den Aufgaben der freiwilligen Krankenpflege im Krieg, den hauptſächlichſten Verletzungen
im Krieg und praktiſchen Uebungen in der Verbandlehre.
Diejenigen inactiven Mitglieder des Vereins2), die an dieſem Curs Theil zu nehmen wüliſchen,
werden gebeten, ihre Namen entweder bei den Comits=Mitgliedern Frau Regierungsrath Strecker,
Promenadeſtraße 41, und Frl. Scheuck, Rheinſtraße 33, oder in den Buchhandlungen der Herren
Jonghaus und Bergſträßer einzuzeichnen.
Die erſte Unterrichtsſtunde wird am Donnerſtag den 16. September, Nachmittags 4 Uhr, im
Sitzungszimmer des Bürgerſpitals ſtattfinden.
2) Inactives Mitglied iſt, nach 8. 3 der Statuten, jede Frau oder Jungfrau, welche ihren
Beitritt zum Verein erklärt und ſich zur Zahlung eines periodiſch zu entrichtenden Geldbeitrags
verpflichtet.
5933
5935) Die am 1. Rovember fälligen Amerikanischen Coupons zahle ich
jetzt ſchon zum höchſtmöglichen Cours aus.
Verdinund Sander,
Louiſenplatz. Eck der Rheinſtraße.
5946) Ein ſolides Mädchen, welches im
Kleider=
machen gründlich beſteht, ſucht noch einige Tage
in der Woche beſetzt zu haben. Zu erfragen in
der Langgaſſe A. 10, 2 Stiegen hoch.
5948) Ein junger Mann ſucht einige Stunden
mit Fuhrung der Bücher auszufüllen. Offerten
unter A. K. nimmt die Exp. d. Bl. entgegen.
C Oie ausgeliehenen Syphons erbitte
S D mir binnen 8 Tagen zurück, andern=
falls ich dieſelben per Stück 1 fl. 45 kr. auf
Rechnung der Beſitzer bringen muß.
Vr. Sehnefer, Ludwigsplatz 7.
5963) Gebrauchte Decimalwage &
Caſſen=
ſchrank geſucht.
Daſelbſt ein Porzellanheerd mit Bratofen ꝛc.
zu verkaufen.
5967) Ein unmöblirtts Logis von etwa
3 Piecen, wo möglich mit Bedienung,
wird für einen älteren ledigen Herrn
ge=
ſucht. Zu erfragen bei J. Gerſt.
5990) Eine einzelne Dame ſucht
Wil=
helminenſtraße 5 auf Michgeli ein Mädchen, das
kochen kann.
5991) Es zwird eine reinliche und
zuver=
läſſige Laufrau für den ganzen Vormittag geſucht.
Caſinoſtraße Nr. 27 Mittelſtock.
5992) Chriſtoph Spieß Frau von Eberſtadt
empfiehlt jederzeit gute geſunde Schenkammen.
5993) Steinhauer ſucht
August Schappel, Grüne Straße 25,
Frankfurt a. M.
G
in Mädchen, welches im Ausbeſſern
und Bügeln geübt iſt, nimmt noch
Kunden an. Näheres Schloßgaſſe
Nr. 1 eine Stiege hoch.
5995)
2
9
L
zur Münchener internationalen Kunſt=
Ausſtellung ſind fortwährend 30 kr. per
Stück bei Unterzeichnetem zu haben.
Philipp Otto,
Magdalenenſtraße Nro. 21.
7-7s lönnen unter vortheilhaften Bedingungen
8½ einige Mädchen das Putzgeſchäft erlernen bei
Waldſtraße. Emma Schmitt, Modiſtin.
5997) Ein gewandter Diener mit nur
gu=
ten Zeugniſſen wird zu ſofortigem Eintritt geſucht.
Untere Rheinſtraße Nr. 44.
5998) Für ein braves fleißiges Mädchen iſt
gegen guten Gehalt eine Stelle in einem hieſigen
Geſchäft offen. Marienplatz 5.
5999) Am Sonntag den 5. Morgens wurde eine
Korallenkette mit goldnem Schloß
verloren. Der redliche Finder wird gebeten,
dieſelbe gegen eine Belohnung Holzhofſtraße
Nr. 22 abzugeben.
6000) Allen Denen, welche an den ſchwer n
Leiden meiner unvergeßlichen Frau ſo warmen
Antheil genommen und die Dahingeſchiedene zu
ihrer letzten Ruheſtätte begleitet haben, ſage ich
hiermit meinen herzlichſten Dank.
Beſſungen, den 13. September 1869.
Ludwig Beck.
Großherzogliches Hoftheater.
Dienſtag, 14. Sept. 6. Vorſt. im 1. Ab.
Maria Stuart. Trauerſpiel in 5 Alten
von Schiller.
Donnerſtag. 16. Sept. 7. Vorſt. im 1. Ab.:
Die Zauberflöte. Oper in 4 Akten. Muſik
von Mozart.
Freitag, 17. Sept. 8. Vorſt. im 1. Ab.:
Die Karlsſchüler. Schauſpiel in 5 Acten
von H. Laube.
Sonntag, 19. Sept. 9. Vorſt. im 1. Ab.
Die Königin von Saba. Große Oper in
5 Acten mit Ballet. Muſik von Gounod.
Gottesdienſt bei der israelitiſchen Gemeinde.
Am Verſöhnungsfeſte:
Dienſtag den 14. September, am Vorabend des Feſtes, Gottesdienſt: Anfang Abends 641 Uhr. Predigt
um 7½ Uhr.
Mittwoch den 15. September, am Tage des Feſtes: Gottesdienſt: Anfang Morgens 6½ Uhr. Predigt
und Todtenfeier um 10½ Uhr. Schlußpredigt Nachmittags 4½ Uhr.
141
M. 37
5929)
F.
A u
r 1
Am 14. September d. J. werden es hundert Jahre ſeit einer der größten Männer des deutſchen Volkes
Alexander von Humboldt
geboren wurde. Seine Bedeutung hat nicht nur das Vaterland anerkannt, weit über die deutſchen Grenzen hinaus, in Frankreich, England, Amerika
feiert man ihn als einen jener hellſten und reichſten Geiſter, deren Leben der Wiſſenſchaft geweiht war. Wie er die Naturwiſſenſchaften als ein
Ganzes faßte, wie er durch ſeine Forſchungen und unendlichen Auregungen nicht nur ſeine Nation, ſondern die Menſchheit in ihren Anſchauungen,
ihrem Wiſſen, Streben und Können, bis in das praltiſche Leben hinein, forderte und bereicherte, ſo vereinigt ſich jetzt die Nachwelt in ihrem Dank
und iſt einig in der Anerkennung ſeiner Verdienſte und ſeiner Größe. An Alle, die in Deutſchland eine freie Entwickelung der Wiſſenſchaft und des
Lebens im Auge behalten, ergeht jetzt der Aufruf, zu ſeinem hundertjährigen Geburtstage dieſen Dank zu bethätigen.
Die Stadt Berlin, welche als ſeine Vaterſtadt zu betrachten iſt, Phat beſchloſſen, ihm ein Denkmal zu gründen, einen Humboldt=Hain,
in deſſen Mittelpunkt ſein ehernes Standbild ſich erheben ſoll, und fordert die Nation auf, ſie zur Herſtellung des ſchönen Werkes durch Beiträge
zu unterſtützen, dasſelbe dadurch zu einer nationalen Schöpfung zu machen. Deutſche Städte nah und fern, haben ſich raſch bereit erklärt und
ent=
falten eine rüſtige Thäligkeit, den Zweck nach Kräften zu fördern.
Auch an uſere Stadt Darmſtadt ergeht durch die Unterzeichneten die Aufforderung. nicht hinter ihren Schweſterſtädten zurückzubleiben, ſondern
ihren regen Sinn für eine künſtleriſch nafionale Aufgabe durch freiwillige Gaben zu bethätigen.
Beitraͤge werden von den Buchhandlungen der Herren A. Bergſträßer, G. Jonghaus und F. L. Schorkopf, ſowie von den
Unter=
zeichneten entgegengenommen.
Darmſtadt, den 8. September 1869.
Dr. Otto Roquette, Profeſſor am Polhtechnilum.
Dr. Boßler, Gymnaſialdirector. Wilhelm Dieffenbach, Kaufmann. Diehl, Gemeinderath. Dr. Eigenbrodt, Arzt. L. Ewald,
Geheimer Oberſteuerrath. Gaulé, Generalagent. Loreh, Reallehrer. R. Ludwig, Bankdirector. G. Pfeiffer, Gemeinderath.
Schleiermacher, Miniſterialrath. Theodor Schwab, Kaufmann. Dr. Carl Eugen Thiel, Profeſſor am Polhtechnikum. Dr. Wagner,
Oberſtudienrath. Welcker, Oberſteuerrath. R. Werner, Director des Polytechnikums.
Joſeph Meding.
1.
In einer der Hauptſtraßen einer ziemlich großen und belebten
Fabrik=
ſtadt Preußens ſah man eines Morgens die Deputation des Königlichen
Kreisgerichts mit der ganzen Wichtigkeit ihres Amtes daherſchreiten und
das Haus der kürzlich verſtorbenen Frau Juſtlzräthin Meding betreten.
Ungehindert paſſirten der Herr Aſſeſſor, der Herr Actuar und der
Kreisgerichtsbote das Haus, die Treppe und den Borflur. Hier jedoch
ſtellten ſich ihrem weiteren Vordringen Hinderniſſe in den Weg. Der
Eingang zu den Zimmern war verſchloſſen. Um Einlaß zu gewinnen,
mußte geklingelt werden, und der Kreisgerichtsbote in ſeiner
Amtswichtig=
keit hielt es für rathſam, ſehr ſtark zu läuten.
Natürlich erſchien der dienſtbare Geiſt dieſes Hauſes in Geſtalt eines
hübſchen Stubenmädchens mit einem zornglühenden Geſichte, dem ſie als
Commentar die ſchnippiſche Erklärung anhing: „Mein Gott, reißen Sie
nur die Klingel nicht ab”
„Heute noch nichtlu entgegnete der Bote lakoniſch und trat
ehr=
erbietig zurück, um ſeinem Herrn Aſſeſſor Platz zu machen.
Das hübſche Stubenmädchen ſah den wohlbekannten Juriſten etwas
erſchrocken und verlegen an, indem ſie eine Entſchuldigung ſtammelte.
Dann referirte ſie, der Herr ſei nicht zu Hauſe.
„Thut nichts! antwortete der Aſſeſſor. „Wir kommen, um zu
verſiegeln.
Wieder ſah das Mädchen den Gerichtsverwalter verwundert und
erſchrocken an.
„Ich will den Herrn rufenu meinte ſie ſchnell
ent=
ſchloſſen. -Er iſt bei ſeinem Fräulein Braut. Treten Sie unterdeß ein."
Sie öffnete die Thür zu der ſchönen, eleganten und weitläufigen
Wohnung und ſprang die Treppe hinab.
Der Aſſeſſor, Actuar und Gerichtsbote fragten nicht viel nach ihrer
Anweſenheit. Es wurde Licht angezündet, der Actuar nahm Papler und
Feder zur Hand, holte ſein Taſchenlintenfaß hervor und ſetzte ſich nieder,
während der Gerichtsbote mit bedeutungsvoller Langſamkeit ſämmtliche
Schlüſſellöcher der Schränke und Kommoden verklebte und mit dem
Ge=
richtsſiegel verſah. Der Aſſeſſor dictirte wohlgemuth ſeinem Actuar das
Verzeichniß ver vorhandenen Mobilien in die Feder.
Mitten in dieſer ernſten, ſchweigſam vollführten Procedur traf
athemlos, der Herr- nebſt ſeinem hübſchen Stuͤbenmädchen ein. Mit
einiger Heftigkeit fragte Herr Joſeph Medinz nach dem Grunde dieſes
Gerichtsverfahrens
Er erklärte ſich für den alleinigen Erben ſeiner verſtorbenen Mutter,
der Juſtipräthin Meding, und bat um ſofortige Unterbrechung ihrer
Unter=
nehmung.
Der Aſſeſſor hörte kaltblütig, aber artig zu, als er ſprach, bedauerte
jedoch, als er endlich ſchwieg, daß ſein Enwand ihm nichts helje, denn
er müßte erſt beweiſen, „alleiniger Erber zu ſein.
„Mein Gott, wir waren nur zwei Brüder, eiferte Herr Joſeph
Meding. „Mein älterer Bruder iſt ſeit Jahr und Tag todt, alſo bin
ich der Einzige, der erben kann.”
Es thut mir leid=, entgegnete mit höflicher Verneigung der Aſſeſſor,
und fuhr fort, das Inventarium aufzunehmen und die ſchließbaren Sachen
verſiegeln zu laſſen. Herr Meding wurde noch heftiger. Man kehrte ſich
nicht daran. Er brach in Drohungen aus. Man verbat ſich jede Störung
und arbeitete weiter.
Endlich ſtürzte der Herr wüthend fort und unverzüglich auf's
Kreis=
gericht, um ſich über dieß ungebührliche Gerichtsverfahren zu beſchweren.
Er ließ ſich zu Protokoll vernehmen, erbat ſich Hülfe gegen die verſiegelnde
Deputation, gewann aber nichts weiter, als die Erlaubniß, in wenigen
Wochen auf einem dazu anberaumten Termine den Todtenſchein ſeines
Bruders zu präſentiren und eidlich zu erhärten, daß durchaus keine Erben
weiter exiſtirten, als er.
Die beſtimmte Friſt wendete Herr Joſeph Meding dazu an, den
Todtenſchein aus einem Winkel des preußiſchen Staates, wo ſein Bruder
Adalbert vor Jahresfriſt verſtorben war, herbeizuſchaffen, und als er mit
dieſem Document ausgerüſtet und gewaffnet in dem Lokale des
Kreis=
gerichts nach Pflicht und Gewiſſen bekundet hatte, -daß ſein Bruder
Adal=
bert niemals verheirathet geweſen ſeis, da wurde er zum unbeſchränkten
Beſitzer der Meding'ſchen Nachlaſſenſchaft erklärt.
Triumphirend verließ er das Gerichtszimmer. Sein erſter Weg war
zu ſeiner Braut, die, gleich ihm, mit Verdruß die Einmiſchung der
Ge=
richtsbehörde geduldet hatte. Es hing die Behaglichkeit ihrer künftigen
Lebensſtellung davon ab, daß ihrem Verlobten der Beſitz des mütterlichen
Nachlaſſes ungeſchmälert verblieb, und dieſe verlockende Ausſicht war im
Stande geweſen, ſowohl ihr Herz, als das Gewiſſen Joſeph's vollſtändig
dem Gerechtigkeitsgefühle zu verſchließen, welches ganz unbeſtritten eine
Theilung gefordert hätte. Fräulein Ida Müller gehörte aber zu jenen
weiblichen Weſen, die im Scheine großer und freundlicher Opferwilligkeit
ihr eigenes Ich ſtets berückſichtigen und es verſtehen, den Leuten über
ihren Charakier feinen Sand in die Augen zu ſtreuen.
Jetzt, als ihr Verlobter freudeſtrahlend bei ihr anlangie und jubelnd
ſeinen Sieg über die Gerichtsoperationen, die ihn beeinträchtigten,
ver=
kündete, jetzt ſagte ſie mit Güte und Milde: „Du haſt den Kindern
Dei=
nes Bruders ſelbſt den größten Gefallen gethan, ſie nicht zu erwähnen.
Warum die Schande aufdecken, die unſer Leben vergiften kann? Es iſt
ſehr gütig von Dir, daß Du ſchonend zu Werke gegaͤngen biſt und ihre
Ehre unängetaſtet gelaſſen haſt." Herr Joſeph ſagte nichts dagegen. Ihm
ſchien die Erinnerung an dieſe Kinder ſeines Bruders ſehr unangenehm
zu ſein. Fräulein 38a ging mit ihm nach der Wohnung, die er ganz ſo
zu behalten trachtete, wie ſeine prunkſüchtige Mutter ſie eingerichtet hatte,
und ſie war entzückt über die Pracht und Eleganz, worin ſie ſich bald
als Eigenthümerin zu bewegen dachte. Dabei fiel ihr aber nicht ein, daß
die „Bruderskinder”, „die Enkelkinder der verſtorbenen Eigenthümerin,"
vielleicht Hunger litten, während ſie ſich mit ihrem zukünftigen Gatten
des erworbenen Reichthums freute. Sie genoß die Günſt des Schickſales
mit der feſten Ueberzeugung, eine würdige Repräſentantin der ererbten
Pracht abzugeben. Alles Uebrige ſchob ſie, als beläſtigende Reflexionen,
bei Seite, obwohl ſie hätte begreifen können, wenn ſie gewollt hätte, daß
ſie Beide ein ſchreiendes Unrecht, ja mehr als das, daß ſie ein Verbrechen
begingen, indem ſie die Unwiſſenheit ihrer Umgebung benutztenh. und ſich
in den ungetheilten Beſitz dieſes Erbe ſetzten.
142
R. 37.
Fräulein Ida wußte recht gut, daß ihre verſtorbene Schwiegermutter
nach einem kleinen Staͤdtchen im äußerſten Winkel Oſt=oder Weſipreußens
oftmals Geſchenke, Geld und Kleidungsſtücke geſendet hatte, wenn ſie auch
nicht ganz unterrichtet war, wie die Sache eigentlich zuſammenhing. Die
alte Dame aber hatte von Enkelchen geſprochen. Freilich hatte Herr
Joſeph jedesmal das Wort „Baſtarde” zwiſchen den Lippen gemurmelt.
Allein einmal war es geſchehen, daß ſich die Juſtizräthin das verbeten
hatte.
Mußte die junge Dame nicht jetzt, bevor ſie ſich kühn als
Eigen=
thümerin zu betrachten begann, mußte ſie nicht jetzt fragen: wie ſteht
es mit den Anſprüchen dieſer armen Kinder, die ihren Valer verloren
haben ?
Sie fragte aber nicht. Wozu auch? Wenn Jemand Anſprüche
machen wollte, wenn Jemand dazu berechtigt zu ſein glaubte, ſo ſtand ihm
ja dies frei.
Nach ihren Anſichten hieß es die Ehrlichkeit zu weit treiben, ein Gut
Dem anzubieten und für ſeine richtige Ueberlieferung zu ſorgen, der
„vielleicht: begründete Anſprüche aufweiſen konnte. So argumentirte ſie.
Und Joſeph? Um ſeine Handlungsweiſe zu verſtehen, müſſen wir
be=
kennen, daß die Erziehung ſeiner Mutter eine methodiſche Anleitung zu
Genuß= und Selbſiſucht in ſich gefaßt hatte. Beide Brüder hatten es nie
gelernt, ſich irgend einen Wunſch zu verſagen. Beide Brüder waren
von Jugend auf den Eingebungen ihrer Begierden und Neigungen gefolgt,
ohne zu fragen, ob es einem ihrer Nebenmenſchen Schaden und Unglück
bringe. Solche Grundſätze führen zuletzt auch auf Wege der
Ungeſetzlich=
keit. Die Gebote des Chriſtenthums werden nicht reſpectirt, und da ſich
auf dieſen die Landesgeſetze baſiren, ſo kann es nicht ausbleiben, daß
früher oder ſpäter die Hand der Gerechtigkeit ſich nach ſolchen Invividuen
ausſtreckt.
Herr Adalbert Meding hatte ſich in ſeinem Leichtſinne ſchon ſelbſt
eine rächende Macht auf den Hals geladen, der er jetzt durch den Tod
entgangen war. Er war Artillerie=Officier geweſen. Die Liebe zu einem
ſehr ſchönen, aber armen, adeligen Mädchen wurde der Hemmſchuh in
ſeiner Carriere, da ſich ſeine Mutter, ſonſt nachgiebig bis zur Schwäche
und allen Launen ihrer Söhne unterthan, beharrlich geweigert hatte, die
nöthigen Geldfonds zu einer Verheirathung herzuleihen. Ihre eigene,
ſehr weit greifende Bequemlichkeitsliebe ſchien es gefahrvoll zu finden, ſich
an Verträge betreffs ihres Vermögens zu binden.
Durch dieſe unerwartete Conſequenz breitete ſich der Schleier des
Unglücks über ein ausgezeichnet gutes, aber ſchwaches Mädchen. Clara
von Schönau, des Sohnes Braut, verfiel ſeiner ſtürmiſchen Leidenſchaft.
Spätere Ereigniſſe brachten dann den Entſchluß in Adalbert zur Reife,
den Militärdienſt zu quittiren. Er nahm eine Stelle als Poſtmeiſter
oder Poſtexpedient im fernen Weſten an und heirathete ſeine Geliebte, die
ihm ein ſchönes Jugendleben zum Opfer gebracht hatte. Sechs Jahre
waren darüber vergangen. Seit Jahresfriſt war er todt.
Wenden wir uns nun dieſer hinterbliebenen Familie zu, die durch
die Gedankenloſigkeit der Selbſtſucht beraubt werden ſollte.
2.
Fern, ſehr fern von der Fabrikſtadt, in welcher die erſte Scene
un=
ſerer Erzählung ſpielt, lag ein kleines, ärmlich ausgeſtattetes Städtchen,
unweit der Grenze Rußlands. Dort lebte nach ſeiner Verabſchiedung
vom Militär der Lieutenant und Poſtexpedient Adalbert Meding, bis der
Tod ihn von der Stelle hinwegnahm, die er theilweiſe durch eigene Schuld,
nach einem Jugendleben voll Saus und Braus, zu verwalten gezwungen
geweſen war. Er hinterließ ſeine Gattin in gedrückten Umſtänder. Drei
kleine Söhne im Alter von füuf, vier und zwei Jahren, und ein Knabe
von fünfzehn Jahren, der ihn Onkel nannte, bildeten ſeine Familie und
wollten von der geringen Penſion leben, die ſeiner Gattin aus dem
Witt=
wenfonds gezahlt wurde. In kleinen Städten, wo man ſich und die
Ver=
hältniſſe ſeiner Nachbarn beſſer kennt und richtiger beurtheilen kann, da
verfällt eine Familie nicht leicht in Mangel und Noth. Man achtete die
Wittwe des Herrn Adalbert Meding und man ſuchte ihr mit Rath und
That zu helfen.
Sie bewohnte die Oberetage eines hübſchen Häuschens, das einen
Schuhmacher zum Eigenthümer hatte. Der wackere Schuſter ſetzte ſeinen
Miethzins ſo gering wie möglich an. Dafür uähete und ſtrickte Frau
Meding für ſeine Frau und unterrichtete ſeine beiden Töchter in ſeinen
Handarbeiten. Aehnlich waren ihre Beziehungen zum Bäcker, zum
Kauf=
mann und zum Fleiſcher. Baar Geld gebrauchte ſie wenig, alſo war ſie
nach Abſchluß des erſten Wittwenjahres zu der Einſicht gekommen, daß
ſie mit ihren verwaiſten Kindern und dem Knaben Max, der für ihren
Neffen galt, nicht verhungern würde. Aber dennoch war ihr Herz ſchwer
und voller Sorge, als ſie in die Zukunft blickte. Was ſollte aus den
Knaben bei der Abgeſchiedenheit von aller Cultur werden? Wie konnte
ſie jemals die Mittel erſchwingen, wieder in die Heimath zurückzukehren,
Rebaction und Verlag: L. C. Wi.
wonach ſie ſich ſehnte, obwohl ſie dort leine enger befreundete Seele
vor=
fand? Das Menſchenherz findet nun einmal das Fleckchen Erde, wo es
jung und raſch geſchlagen, wo es geträumt und gehofft hat, am ſchönſten.
Sie dachte wohl bisweilen an ihre Schwiegermutter, die Großmutter
ihrer Knaben — allein dieſe zürnte auf ſie, weil ſie die Urſache geweſen,
daß ihr älteſter Sohn ſeine Laufbahn verlaſſen und in ein dunkles Nichts
getreten war. Von ihr konnte die junge Wittwe keine Unterſtützung ihrer
perſönlichen Wünſche erwarten, ſettdem ſie in einem ihrer Briefe,
un=
mittelbar nach ihres Gatten Tode, die tröſtlichen Worte geleſen hatte:
„Hat mein Sohn Adalbert in dem abſcheulichen Neſte leben und
wohnen müſſen, ſo werden Ste und die Kinder, die nichts Beſſeres kennen
gelernt haben, es wohl noch eher können.”
War das nicht ein deutlicher Fingerzeig, ſie mit ihren Knaben fern
von ſich und ihren glänzenden Verhältniſſen zu wiſſen?
Frau Meding kannte die Großmutter ihrer Kinder nicht perſönlich.
Als ſie ſich mit Adalbert ſchleunig verheirathete, gingen ſie ſogleich nach
dieſem Städtchen, und damals folgte ihnen kein mütterlicher Segenswunſch.
Später geſtaltete ſich jedoch das Verhältniß freundlicher und erſtreckte ſich
nach und nach bis zu einem unregelmäßigen Briefwechſel.
Der Abend dämmerte herein. Es war im Auguſt, wo die erſten
Anzeicken des nahenden Aequinoctium ſich in einzelnen ftürmiſchen Tagen
bemerkbar machen. Frau Meding benutzte die letzten Sonnenblicke, um
noch eine Näherei fertig zu bringen. Die Kleinen ſpielten auf der Straße,
und ſie wendete aufmerkſam das Auge oft zu ihnen, um ſie zu überwachen.
Frau Meding zwar noch jung und noch ſehr hübſch Ihre feine Geſtalt
wurde durch einen ſtolzen und dabei höchſt graziöſen Anſiand vortheilhaft
gehoben. Jetzt ſtempelte eine ſanfte Ruhe ihr ganzes Weſen, aber
blitz=
ähnlich verrielh ſich ihrem Mienenſpiele und in ihren Augen, daß
leiden=
ſchaftliche Empfindungen im Feuer der Jugend obgewaltet haben konnten.
Und ſo war es auch. Wie das Schickſal gearbeitet hatte um ſie bis zu
der würdigen Seelenruhe zu läutern, das zu ſchildern liegt nicht in den
Grenzen unſerer Erzählung.
Frau Meding nähete ſehr eifrig. Sie überhörte, daß ein jugendlich
haſtiger Schritt ihre Treppe mehr hinaufflog als ging, und ſie ſchrack
etwas zuſammen, als die Thür eben ſo eilig geöffnet wurde. Ihr Auge
richtete ſich erſchrocken dorthin.
„ Max - Du?u fragte ſie freundlich - „und ſo eilig? Iſt Deine
Schreibſtunde ſchon geſchloſſen ?u
Der junge Menſch, ein blühender, hoch aufgeſchoſſener Jüngling, mit
lebhaften braunen Augen und einer üppigen Fülle brauner Haare, trat
lebhaft auf die Dame zu und ſagte mit einer athemloſen Stimme:
„Nein, ich bin fort gegangen — Tante Claval Ich werde auch nie
wieder hingehen! Man verhöhnt mich dort! Man ſpottet-
Frau Meding ſah ihn betroffen an. -Spottet? Verhöhnt ?u
wieder=
holte ſie.
„Ja, Tantel Man neckt mich wegen meiner Aehnlichkeit mit meinem
Onkel Adalbert.” = Er brach ab, legte ſeine Stirn in die Hand und
warf ſich in einen Stuhl. Ein ſehr ſchmerzhaftes Zucken um die Lippen
der Wittwe verrieth ein inneres Leiden, als er hinzufügte: „Man nennt
mich den „ſeligen Medingn.
„Es wird Zeit - wir müſſen hier fortiu murmelte ſie leiſe, indem
ſie die fertige Arbeit zuſammenlegte und die ſchmalen weißen Hände
darüber faltete. „Aber wie fortkommen? Wie eine ſo theuere Reiſe
be=
ſtreiten? Als Bettler dort erſcheinen, wo Clara von Schönau mit
furcht=
barer Selbſtverläugnung ihr Leben in äußerer Achtung erhalten hat zu
Ein Schauder flog bei dieſer Erinnerung über ihre Seele. „Wer ſchützt
uns vor dem Hohne der ſchlauen Menge, die lange das Geheimniß
durchſchaut hat, aber vom Ernſte des Mannes in Schranken gehalten
wurde ?”
Der junge Max hatte aufmerkſam auf die leiſe geflüſterte Rede
ge=
lauſcht. Er hob ſeinen Kopf empor und heftete ſeinen prüfenden,
viel=
ſagenden Blick feſt auf Frau Meding's Mienen. Sie ſchien ſehr traurig,
ſehr ergriffen und ſehr niedergebeugt. Dem Jüngling war dies ein
Be=
weis, daß in dem kurzen Referate von ſeiner Verſpottung ein trauriger
Anlaß zu der ſichtlichen Gemüthsbewegung liege - ihre Gebeugtheit war
ihm ein Sporn, ſich als Ritter für dieſe theure Frau der Welt
darzu=
ſtellen, die mit boshafter Geſchwätz gkeit Gloſſen machte, welche ſein
Da=
ſein brandmarkten und der gütigen Dame Schmerz verurſachten.
Einen Entſchluß hatte er längſt gefaßt, aber die Ausführung deſſelben
war ihm in's Ungewiſſe hinausgeſchoben.
In dieſem Moment erwachte ſein Muth zu den Fragen, die er zu
thun hatte. Er ſtand auf und trat zu der Dame, die er Tante nannte,
und fragte voll Energie:
„Sage es mir, iſt Onkel Adalbert vielleicht mein Vater geweſen ?”
Zitternd bog ſich Frau Meding vor ſeinen flammenden Blicken zurück
und wendete ihr Geſicht dem Fenſter zu.
(Fortſetzung folgt.)
ich'ſche Hofbuchoruckerei.
Beilage
1
Darmſtädter Frag= und Anzeige=Blatt.
Dienſtag den 21. September
1869.
N. 38.
E.
Das Frag= und Agzeigeblatt, die Beilage hierzu, ſowte das Verorduungsblatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen wöchentlich; Erſteres Samſtags, die Beilage
Mienſtags und Letzteres Donnerſtags. Jahres=Ahonnement der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswärts kann man bei allen Pöſtämtern abonniren. In Darmſtadt bei
der Expedition, Rheinſtraße Nr. 23 neu.
Verſteigerungen.
6157)
Bekanntmachung.
Die Lieferung des Bedarfs an Landbriefträger=
Montirungen für die Jahre 1870 bis 1872,
be=
ſtehend für das Jahr 1870 ungefähr aus 60
Mutzen, 60 Hoſen, 60 Röcken und 60 Paletots.
ſoll im Submiſſionswege vergeben werden. Offerten
auf dieſe Lieferung, welche in Bezug auf Stoff,
Farbe und Schnitt den bei der hieſigen Ober=
Poſt=Direction einzuſehenden Muſtern
entſpre=
chen muß, ſind längſtens bis zum 25.
lau=
fenden Monats unter der Bezeichnung:
„Offerte auf die Lieferung von Landbriefträger=
Monturen für 1870 an die Ober=Poſt=Direction
hierſelbſt zu richten, worauf den Betreffenden über
den etwaigen Zuſchlag bis zum 1. October er.
Mittheilung gemacht werden wird. Die
Sub=
miſſions=Bedingungen können im Büreau der
Ober=Poſt=Direction während der Büreauſtunden
eingeſehen werden.
Darmſtadt, den 18. September 1869.
Der Ober=Poſt=Director:
Vahl.
8031)
Pferdeverſteigerung.
Freitag den 24. d. Mts.,
Vormit=
tags 10 Uhr, ſollen im Großherzoglichen
Hoftalle dahier (Mathildenplatz 17) 2
Hof=
ſtall=Wagenpferde (Stuten) öffentlich
ver=
ſteigert werden.
Darmſtadt, den 17. September 1869.
Großherzogliches Oberſt=Stallmeiſter=Amt.
Frhr. van der Capellen.
6039)
Bekanntmachung.
Die zum Schuldenweſen des Bäckermeiſters
Valentin Heß gehörige Mobilien, als:
ſchönes Weißzeug, Bettwerk, Möbel, letzteres
be=
ſtehend in Bettſtellen, Comode, Stühle,
Kleider=
ſchränke, ſowie noch gute Küchengeräthſchaften
ſollen nächſten
Mittwochden 22. September d. Js.,
Vormittags H Uhr,
in deſſen Wohnung, Bleichſtraße Nr. 13, gegen
Baarzahlung verſteigert werden.
Darmſtadt, den 16. September 1869.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt.
Der Vorſteher:
Berntheiſel.
5976)
Victualien=Lieferung.
Die Lieferung des Bedarfs an Fleiſch,
Kar=
toffeln, Gemüſen, Hülſenfrüchten, Zuthaten ꝛc.
für die Menage des 1. Bataillons
Großherzog=
lichen 4. Infanterie=Regiments ſoll auf die Dauer
eines Jahres an einen Lieferanten vergeben werden.
Anmeldungen geſchehen und ſind die Lieferungs=
Bedingungen einzuſehen bei dem Unterzeichneten,
Alexanderſtraße Nr. 25.
Darmſtadt, den 12. September 1869.
Die Menage=Commiſſion:
Pfaff, Hauptmann und Compagnie=Chef.
Immobilien=Verſteigerung.
Auf freiwilliges Anſtehen des Michael Franz
zu Beſſungen werden deſſen nachverzeichnete, in
hieſiger Gemarkung gelegenen Immobilien:
Mittwoch den 22. September l. J.
Abends 6 Uhr,
wiederholt öffentlich meiſibietend verſteigert:
2.Flur.
13
13
13
14
11
11
12
8
8
8
7
7 Neues
Nr.
88
48
49
35
19
2(
69
313
142
143
288
289
151 Klftr.
446 Acker am Griesheimerweg,
134 Acker daſelbſt,
135 Acker daſelbſt,
215 Acker, die lange Beine,
317 Acker, große Gewann,
302
Acker daſelbſt,
386 Acker am blauen Stein,
343 Acker im Gemmerloch,
Wieſe in der Saubach,
63 Wieſe daſelbſt,
139 Acker in der Landskron,
144 Acker daſelbſt,
223
Acker hinter der Klappach, 7 39 378 Acker in der Klappach, 6 259 226 Acker am Krähenberg, 260 294 Acker daſelbſt, 6 255 213 Acker dafelbſt, 6 284 249 Acker daſelbſt., 6 306⁵⁄₁₀ 0 274⁵ 10 Acker am Seibertsberg, 642 129 Acker am Heinrichwingerts= weg, 5 130 274 Acker im Grabenſtück, 5 131 375 Acker daſelbſt, 4 44 274 Acker in den Mockenröder, 4 117 174 Acker im Zapfen, 4 118 187 Acker daſelbſt, 3 72 402 Acker hinter den Erlen, 22 105 305 Acker am Flurgraben, 3 103 306 Acker daſelbſt, 2 345 5¹₀ Grabland, Holzwegsgärten 2 443 758 o Wieſe in der Bruchwieſe, 45 109 158 Wieſe, die Röſchwieſe, 46 115 146 Wieſe, die Kuippelmanns= wieſe, 46 114 146 Wieſe daſelbſt, 39 84 227 Wieſe, die Lichtwieſe, 39 98 461 Wieſe, die Lichtwieſe, 39 10 128 Wieſe, bie Lichtwieſe, 37 68 356 Wieſe, die Schulwieſe, 35 35 500 Wieſe, die Ruthswieſe, 35 3 500 Wieſe, die Ruthswieſe, 722 95⁄₁₀ Grabgarten, der Klemens= garten, 13 126 292 Acker am Pjungſtädterweg, 10 55 248 Acker, mittelſte Golläcker. Beſſungen, den 17. September 1869.
Großherzogliches Ortsgericht Beſſungen.
6005) Der Vorſteher: Demmel.
6158) Samſtag den 25. d. Mts. Vormittags
10 Uhr ſoll auf dem Rathhaus zu Darmſtadt
die diesjährige Kiefernſaamen=Ernte aus
dem Beſſunger Gemeindewald öffentlich verſteigert
werden.
Beſſungen, den 20. September 1869.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Beſſungen.
Demmel.
Bekanntmachung.
Freitag den 24. September, Morgens 9 Uhr
beginnend, ſoll die diesjährige Kartoffel=Ernte
von 35 Morgen Waldboden im Domanialwald=
Diſtrict Baſſintheil in 65 Looſen von circa
½ Morgen an Ort u. Stelle verſteigert werden.
Die Proben über Menge und Güte der
Kar=
toffeln werden an dieſem Tage von Morgens
8 Uhr an vorgezeigt.
Die Zuſammenkunft zur Verſteigerung findet
an der Kreuzung der Zweifallthor=Schneiße und
Salzlack=Schneiße ſtatt und wollen ſich
Kauflieb=
haber wegen weiterer Auskunft an
Großherzog=
lichen Förſter Klipſtein zu Beſſungen wenden.
Darmſtadt, den 20. September 1869.
Großherzogliche Oberförſterei Beſſungen.
In Verhinderung des Oberförſters:
6159) v. Werner, Forſt=Alcceſſiſt.
6160) Dienſtag den 28. Septbr. d. J.
Mittags l2 Uhr werden von der
Unterzeich=
neten mehrere gebrauchte Faß in verſchiedenen
Gebinden gegen gleich baare Zahlung an deu
Meiſtbietenden öffentlich verfteigert.
Die Verſteigerung findet in dem Keller des
Großh. Ghmnaſiums, Karlsſtraße Nr. 2. ſtatt.
Maximilian Nold Wtwe.
RPhittwoch den 22. September Nach=
8 c1 mittags 5 Uhr werden im Hofe der
Collegienhäuſer am Louiſenplatz
verſchiedene alte Mobilien
gegen baare Zahlung verſteigert.
Feilgebotenes.
5356) Ein doppelt gedecktes Treibhaus
ſteht Wohnungs=Verändekung halber billig zu
verkaufen. Wo? ſagt die Exp. d. Bl.
5889a) Zwetſchen, täglich friſch zu haben
Langegaſſe Nr. 5.
olh eine Staatsdiener=Aniſorm mit
Garnitur und einige gut erhaltene Herren=
Kleidungsſtücke ſind billig zu verkaufen.
Näheres bei der Expedition.
6162) Ein ſehr gut erhaltener 7octaviger
Flügel Wiener Conſtruction von eleganter
Aus=
ſtattung (Paliſander) ſteht zu verkaufen.
Wilhelminenplatz 13.
Tafel=Trauben Mſtaln ui=
S
Handelsgärtnerei von Heinrich Honkel, Beſſungen.
38
141
R. 38.
5412) Die erſte Sendung Etrickwvlle iſt nunmehr eingetroffen und
empfehle dieſelbe bei anerkannt guten Qualitäten zu diesjährigen billigen
Preiſen.
G. Aruhailar.
5566)
Holländische Blumenzmiebel:
Hyacinthon einfache u. gefüllte in allen Farben 6 u. 8 kr. bis zu den feinſten 24-48 kr.
das Stück. Tulpon einfache u. gefüllte frühe zum Treiben. Grocus, Harzissen, Taretton, Jonquillon,
Anemonen, Ranunkel ete. in ausgezeichneter Qualität und großer Auswahl empfiehlt zu ſehr billigen
Preiſen
Nieder=Ramſtädter
Gust. Laubitz,
Straße Nr. 51.
48 6H.
As A aa e 2 4 Aa a en ad ened etz
4 ao eh
94.
LLRruRAhunauRRRRt A n o n n o n u u n N b udn
B
5873a In Eis gekühltes Erbacher=Flaſchen=Gier vorzüglicher N
8 Qualität, ſowie Goba=Waſſer, empfiehlt
4
Narg. Melsheimer,
Wilhelminenſtraße Nr. 21.
4
.8
2c4h
9 40 e
2404Ae
40 2249
g2unurAnnannuauRRRRoaeuuinndounn
Ludwigſtraße
Ludwigſtraße
Homdschuhe
Nr. 20.
Nr. 20.
in allen Arten und Qualitäten ſtets in friſcher guter Waare empfiehlt die
S”
„.
Handlchuh-Labrik von J. Herhardt.
5
Vermiſchte Nachrichten.
5988) Vollſtändige Vorbereitung zum
Ein=
jährigen=a; Fähndrichs=Examen.
Näheres bei Herber, Steinſtr. 3.
6016) Ich erlaube mir anzuzeigen, daß ich
C.
am 11. October eine Schule für Lochter zu
eröffnen beabſichtige, welche ſich an die Reineck'ſche
Elementarſchule anſchließen wird. Zur Beſprechung
wegen Aufnahme von Schülerinnen werde ich vom
22. September an in meiner Wohnung,
Eliſa=
bethenſtraße Nr. 47 eine Treppe hoch, von 9 Uhr
bis 1 Uhr Vormittags bereit ſein.
Darmſtadt, den 13. September 1869.
Sophie Steinicke,
geprüfte Lehrerin am Lehrerinnen=Seminar
zu Berlin.
5226) Ordentliche junge Mädchen
geſucht
Erommann & Bünte.
746155) Schloßgaſſe Nro. 13 iſt ein
Cinleg=
ſchwein zu verkaufen.
6164) Eine frequente Bordhandlung iſt zu
verkaufen. Schriftliche Offerten befoͤrdert die Exp.
Vermiethungen.
5381) Mathildenplatz 4 iſt eine Parterre=Wohnung,
am 1. October d. J. beziehbar, zu vermiethen.
5467) Eine freundliche Wohnung (hoch=
Par=
terre), 8 Piecen, große Küche, Magd= und
Ge=
räthe=Kammer, Gartenvergnügen, Bleichplatz ꝛc.
Frankfurterſtraße 32 dem Großherzoglichen
Herrn=
garten gegenüber, alsbald zu beziehen.
5518) Bleichſtraße Nr. 17 parterre ſind zwei
möblirte Zimmer ſofort zu vermiethen.
5593) Carlsſtraße Nro. 225 iſt ein Zimmer
zu vermiethen.
5602) 2- 3 Zimmer mit Glasabſchluß,
mö=
blirt oder unmöblirt, wenn es verlangt wird,
kann auch Küche dazu gegeben werden. Zu
er=
fragen bei Hrn. Trier in der Ludwigsſtraße.
5836) Carlsſtraße Nr. 23 iſt ein freundlich
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
5891) Ernſt=Ludwigſtraße 19 bei Buchhändler
Waitz ſind 2 ſchön möblirte Zimmer zu vermiethen.
5893) Ein freundliches möblirtes Zimmer zu
vermiethen an einen ſtillen Herrn u. am 1. Octbr.
zu beziehen. Ernſt=Ludwigſtraße 23, 2 Treppen.
5899) Stallung für 3 Pferde nebſt Zubehör
iſt Martinſtraße Nr. 422 zu vermiethen.
5904) Ein freundlich möblirtes Zimmer zu
vermiethen. Schützenſtraße 2, 2 Stiegen hoch.
5912) Obere Hügelſtraße 15 zunächſt dem
Gymnaſium ein möblirtes Zimmer zu vermiethen.
5983) Mühlſtraße Nr. 70 an der
polytech=
niſchen Schule ſind zwei möblirte Zimmer an
Einjährige oder Schüler zu vermiethen, wobei
auch die Koſt gegeben werden kann.
5984) Grafenſtraße Nr. 13 iſt ein
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
6011) Ludwigſtraße Nr. 3 ein kleines
Manſarden=Logis zu vermiethen, Ende October
J. F. Hildenbrand.
zu beziehen.
6013) Zwei möblirte Zimmer - wo.
von eins parterre - ſind getrennt zu vermiethen.
Ecke des Ludwigsplatzes und der Schützenſtr. I.
6102) An einen ledigen Herrn eine Parterre=
Wohnung nebſt einer Stube mit oder ohne Bett
zu vermiethen. Geißberg Nr. 5.
436165) Rheinſtraße 35 im oberen Stock des
Hinterbaus 2 Zimmer, Kabinet, Kammer, Küche
und Zugehör.
6166) Rheinſtraße Nr. 14 iſt ein Logis im
Seitenbau, beſtehend aus 2 Zimmern, Küche ꝛc.,
an eine ruhige Familie zu vermiethen und
bal=
digſt beziehbar.
Bechtold.
5474) In ein Frucht= und Mehlgeſchäft ey
gros wird ein Lehrling geſucht. Näheres in der
Exped. d. Bl.
5948) Ein junger Mann ſucht einige Stunden
mit Fuhrung der Bücher auszufüllen. Offerten
unter A. L. nimmt die Exp. d. Bl. entgegen.
5967) Ein unmöblirts Logis von etwa
3 Piecen, wo möglich mit Bedienung,
wird für einen älteren ledigen Herrn
ge=
ſucht. Zu erfragen bei J. Gerſt.
Gyfeis lönnen unter vortheilhaften Bedingungen
Ce
545, einige Mädchen das Putzgeſchäft erlernen bei
8
Waldſtraße. Emma Schmitt, Modiſtin.
5.
S
Nes wird für die Kleinkinderſchule ein Haus=
. mädchen zum baldigen Eintritt geſucht.
5935) Die am 1. November fälligen Amerikanischen Coupons zahle ich
jetzt ſchon zum höchſtmöglichen Cours aus.
Verdinand Sander,
Louiſenplatz, Eck der Rheinſtraße.
6167)
oba
20
ſo
Geſopuſtset,
uupfehlung.
Einem verehrlichen Publilum die ergebene Anzeige, daß ich vom 21. d. Mts. in der Carlsſtraße 26 ein
5
beiſen- s Lichler-Grlchafl
eröffnet habe. Es wird mein Beſtreben ſein, die Zufriedenheit meiner Goͤnner mir zu wahren zu ſuchen.
H. Sehumilhay,
6024) Geſucht zum 1. October ein kräftiger
Junge zu täglich einigen Stunden Beſchäftigung.
Steinſtraße Nr. 36.
6026) Ein Penſionär kann bei freundlicher
Behandlung Koſt und Logis erhalten. Eck der
Nieder=Ramſtädter= und Teichhausſtraße im
mitt=
leren Stock.
6028) Ein reinliches Mädchen wird für Küche
und Hausarbeit zu Michaeli verlangt.
Dieburger Straße Nr. 56.
6929) Drei Schlüſſel von verſchiedener
Größe an einem Stahlring wurden verloren.
Man bittet dieſelben gegen gute Belohnung
Beſſunger Carlsſtraße 396 abzugeben.
6136) Ein junges Mädchen ſucht Stelle als
feineres Hausmädchen oder zu 1 oder 2 größeren
Kindern. Näheres Heinrichſtr. 29, 2r Stock.
8s lönnen einige Mädchen das Weißzeug=
3 E8 nähen unentgeldlich erlernen.
Grafen=
ſtraße Nr. 2 zwei Stiegen hoch.
6133) Es können Frauenzimmer das
Blatt=
ſticken auf Leder ſowie auf alle anderen Stoffe
billig und ſchnell erlernen Carlsſtraße Nr. 3.
6165) Ein auch zwei Mädchen können das
Kleidermachen gründlich erlernen. Das Nähere
Promenadeſtraße Nr. 2 parterre.
6169) Für ein anſtändiges, gut empfohlenes
Mädchen ſucht man Stelle in einem guten Hauſe.
Näheres bei Frau Wetterroth.
6170)
Verloren
eine weiß wollene Pelerine im Theater oder
von da am Theaterhof vorüber nach der
Rhein=
ſtraße zu. Abzugeben gegen Belohnung
Neckar=
ſtraße 19, mittlerer Stock.
6171)
Verloren
Ein ſchwarzer Tüll=Schleier mit Schmelz
geſtickt wurde in der Neckarſtraße verloren. Man
bittet ihn gegen Belohnung abzugeben
Neckar=
ſtraße Nr. 8 mittlere Etage.
D a n k ſ a g u n g.
6172) Allen Denen, weiche an den ſchweren
Leiden meiner unvergeßlichen Frau ſo warmen
Antheil genommen und die Dahingeſchiedene zu
ihrer letzten Ruheſtätte begleitet haben, ſage ich
hiermit meinen herzlichſten Dank.
Darmſtadt, den 21. September 1869.
Valentin Heß.
4. 3.
6173)
Zur neueſten Lebensverſicherungs=Frage=
Die Nr. 36 des Verordnungdblatts für den Kreis Darmſtadt vom 9. September d. J. enthielt den Aoͤdruck eines intereſſanten Artikels aus
der Berliner Börſenzeitung Nr. 400 vom 28. Auguſt 1869 mit einer überſichtlichen Zuſammenſtellung über die von „den deutſchen
Lebens=
verſicherungs=Geſellſchaften: im Vergleich zu dem bei denſelben verſicherten Kapital am Schluſſe des Jahres 1868 zurückgeſtellten
reinen Prämien=Reſerven, in welcher jedoch einige deutſche Lebensverſicherungs=Geſellſchaften fehlen.
Bei der großen Wichtigkeit des Gegenſtandes für das verſicherte Publikum geſtatten Sie uns wohl, jener vergleichenden Ueberſicht noch die
fol=
genden drei deutſchen Lebensverſicherungs=Geſellſchaften anzureihen, deren Rechenſchaftsberichte für 1868 uns gerade vorliegen, und bei welchen unſere
ſüddeutſche Bevölkerung vorzugsweiſe intereſſirt ſein dürfte.
Das beſprochene Verhältniß ſtellt ſich bei dieſen wie folgt:
Namen der Geſellſchaft.
Betrieb des
Lebens=
verſicherungs=Geſchäfts
ſeit Jahren.
In Betracht
kommendes
Verſicherungs=Kapital.
fl.
Die reinen Prämien=Reſerven
betragen
Vom Verſicherungs.
in Summe
Kapital o⁄o.
fl.
2093698
8.47
Lebensverſicherungs= und Erſparnißbank in Stuttgart
24704317
15
212669
13,29
Renten= und Lebensverſicherungs=Anſtalt in Darmſtadt
1599785
14
8,00
Allgemeine Renten=Anſtalt in Stuttgart
207527
8
2594,083
Da das Alter der einzelnen Geſellſchaften von weſentlichem Einfluß auf die Größe der angeſammelten Reſerve iſt, ſo werden die Betheiligten
bei der Renten= und Lebensverſicherungs=Anſtalt zu Darmſtadt hieraus mit Befriedigung erſehen, daß dieſe Anſtalt dem
Alter ihres Beſtehers nach (14 Jahre) zwar erſt die 12. Stelle, der Größe ihrer Prämien=Reſerve nach aber die 5. Stelle einnimmt. Bei den
übrigen, zum Theil viel älteren Geſellſchaften beträgt die in Procenten des Verſicherungskapitals ausgedrückte Prämienreſerve nur bei der Gothaer
431%⁄₈ bei der Leipziger 1,12 o, bei der Verliniſchen 845 %, und bei der Münchener 267o⁄₀ mehr, bei allen andern dagegen zwiſchen
1.17 ⁄₈ bis 9.27%⁄₀ weniger als bei der Darmstädter.
6174)
Gluck bei D. HaiD.
Liſten der Mainzer Induſtrie=Verlooſung ſind angekommen. 25 ſchöne Treffer
ſielen auf meine verkauften Rummern, darunter 1 Haupttreffee (P completes Silber=Service für
18 Verſonen). Wer ſeinen Gewinn beſorgt haben will. bittet man, ſich an Obigen zu wenden.
6175) Ein Haus zum Alleinbewohnen oder
eine hübſche Wohnung von circa 8 Zimmern
nebſt Zubehör in einem der beſſeren Theile der
Stadt, wo möglich mit Gärtchen, wird bis Ende
October zu miethen geſucht. Gefällige Offerten
mit Preisangabe bittet man an J. P.
Bleich=
ſtraße 36 Frankfurt a. M. zu ſchicken.
6176) Ein Schüler kann in anſtändiger Familie
Koſt und Logis erhalten. Näheres die Exp. d. Bl.
6177)
Geſucht,
Mädchen, welche im Maſchinenſteppen geübt ſind,
finden dauernde Beſchäftigung gegen guten Lohn.
Näheres bei Metzger Arnheiter Holzſtraße Nr. 24.
Großherzogliches Hoftheater.
Dienſtag 21. Sept. 10. Vorſt. im 1. Ab.:
Die Karlsſchüler. Schauſpiel in 5 Akten
von Laube.
Joſeph Meding.
(ortſetzung.)
„Tante, liebe, gütige Tante, ſoll Dein Schweigen mir eine Antwort
fügte er ſtürmiſch hinzu. „Du ſollſt nichts ſagen, Du brauchſt
ſein?
nicht zu antworten - ich will Dir die Pein erſparen, von dieſen
Ver=
hältniſſen zu reden. Ich weiß es, daß ich ſein Sohn bin - ich habe
es immer
gefühle-
aber ich war nicht klug genug, die Geſchichte zu
begreifen. Wenn ich allein mit ihm war, hat er mich oft recht herzlich
an ſich gezogen, hat mich geküßt und mein Geſicht geſtreichelt. Auch
erinnere ich mich, daß er mich bisweilen, ſein Unglückskind und doch ſein
liebſtes; genannt hath„
Große Thränentropfen ſielen von Frau Clara's Augen, ſonſt ſaß
ſie unbewveglich wie ein Steinbild. Dieſe Scene trat zu unerwartet in
ihr Leben, als daß ihre Faſſung nicht hätte erſchüttert werden ſollen.
Wenn ein Knabenherz einmal vom Drucke der Wortkargheit befreit iſt,
ſo ſtrömt der Mund ungehinderter über, als beim ſchwatzſüchtigen Mädchen.
„ Und ich erinnere mich auch=, fuhr Max in ſeiner Aufregung fort,
„daß Onlel Adalbert im Beginne ſeiner Krankheit plötzlich von der Furcht
„ſterben zu möſſen' ergriffen, heimlich zu mir ſagte: „Ehre und achte ſie
immer - ſei ihr Schutz und Troſt, wenn ich ſterben ſollte - gehe zu
Deiner Großmutter, wenn die Noth es erfordert, Dein Geſicht wird der
Vermittler zwiſchen ihr und Dir ſein." Wen meinte mein Onkel damit?
meinte er Dich, meine liebe Tante, wenn er mir befahl, uſies zu ehren
und zu achten, oder meinte er eine mir bis dahin unbekännte Mutter?
Wer iſt meine Mutter? Theure, beſte Tante, ſage es mir - reiße mich
aus dieſem Wirrwarr der Gefühle, der mich toll macht! Wer iſt meine
Mutter - wo finde ich ſie 2o
Frau Meding hob ihre Angen und ſah den ſchönen Jüngling mit
einem Gefühle an, das unſäglich viel Liebe, aber auch viel, viel Schmerz
enthielt. Sie wollte ſprechen. Sie legte ihre Hände auf ſeine Schultern
- ihre Lippen öffneten ſich, aber nur ein unverſtändliches Lallen, vom
Schluchzen erſtickt, drang aus denſelben hervor. Als ſie fühlte, daß ſie
vergeblich mit ihrer Aufregung kämpfen würde, wendete ſie ſich ſchnell
um, trat an ihren Schreibtiſch, ſchloß ihn auf und riß haſtig einige
Pa=
viere daraus hervor, die ſie ſchweigend der Durchſicht des Jünglings
überantwortete. Wankend verließ ſie das Zimmer, indem ſie vor ſich
hin=
flüſterte: „ O, die Schmach, die Schmach wird wie ein vergifteter Faden
Donnerſtag 23. Sept. 11. Vorſt. im 1 Ab.:
Die Nachtwandlerin. Oper in 3 Atten;
Muſik von Bellini.
Freitag, 24. Sept. 12. Vorſt. im 1. Ab.:
Der Goldonkel. Poſſe mit Geſang in 3
Ab=
theilungen von E. Pohl, Muſik von Honradi.
Sonntag, 26. Sept. 13. Vorſt. im 1. Ab.
Die Königin von Saba. Große Oper in
5 Acten mit Ballet, Muſik von Gounod.
Montag. 27. Sept. Der Poſtillon von
Lonjumean. Komiſche Oper in 3 Alten,
Muſik von Adam.
mein ganzes Leben durchziehen und meine Zufriedenheit zerſtören! Er
iſt zu jung — viel zu jung für dieß Geheimniß!” Max ſtand und ſah
ihr betroffen nach. Ob eine Ahnung der Wahrheit ſeine Bruſt durchflog?
Mehrere Minuten verfloſſen, bevor er ſich zu ſammeln und die Papiere
zu durchleſen vermochte. Zuerſt ergriff er eines, das ihn nicht aufklärte
es war der Trauſchein ſeines Onkels Adalbert mit Fräulein Clara
von Schönau. Unmuthig faltete er ihn zuſammen und faßte ſchnell nach
dem zweiten.
Jetzt ſiel der Flor von ſeinen Augen. Er hielt ſeinen Taufſchein
in der Hand und er erfuhr dadurch, daß er Max von Schönau, Sohn
des Fräulein Clarä von Schönau und des Lieutenant Adalbert von
Me=
ding ſei. Zweifel konnten gar nicht dabei obwalten, da die Pflegeeltern,
bei denen er bis zu ſeinem achten Jahre verweilt hatte, als jeine Pathen
verzeichnet waren.
Aufangs erfüllte ein wilder Zorn das Gemüth des Knaben. Er
warf das Papier zu Boden und ſtampfte mit dem Fuße darauf. Nach
und nach kehrten jedoch mildere Gefühle bei ihm ein. Es war ihm, als
hörte er ſeines geliebten Onkels - ſeines Vaters - Stimme: „Ehre
und achte ſiel Sei ihr ein Schutz und ein Troſt! Gehe zu Beiner
Großmutter, wenn die Noth es erfordert!
Gedanken aller Art durchfuhren ſeine aufgeregte Jünglingsſeele. Die
Noth erforderte es jetzt, daß er zu ſeiner Großmutter ging, nicht die Noth
und Sorge um ſeinen Lebensunterhalt, nein, die Noth um ſein
Lebens=
glück! Sollte er hier in dem kleinen ärmlichen Städtchen als ein
Gegen=
ſtand der ſtillen Verachtung leben? Sollte er mit ſeinen Rieſen=
Ent=
ſchlüſſen zu künftigen Lebensplanen untergehen? Er fühlte ſeinen Geiſt
ſich ſo ſicher entfalten, er wußte, daß er begabt ſei - ſein Verſtand
überflügelte die Mienſchen neben ihm, welche weniger mit Erſtaunen, als
mit Lächeln ſeine Genialität betrachteten. Seit ſeiner Confirmation war
er in der Schreibſtube der kleinen Gerichts Commiſſion beſchäftigt, um
die Subalterncarriere zu beginnen. Die Mittel zum Studiren konnte die
Frau, welche er bis dahin „Tante' genannt hatte, nicht erſchwingen. Er
ſelbſt hatte dies eingeſehen und ſich für die Laufbahn beſtimmt, die ihm
mit der Zeit aus ſeinen Verhältniſſen heraushelfen konnte. Die kurze
Zeit von wenigen Monaten hatte hingereicht, um ihn in alle Fineſſen der
Berichtsverwaltung einzuweihen und ihn zur rechten Hand ſeines
Vorge=
ietzten zu machen. Das ganze Gerichtsperſonal ſtaunte den fähigen Knaben
an, wenn er als lebendiges Geſetzbuch die Paragraphen der betreffenden
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Geſetze anzog und damit dem Gedächtniſſe der alten Praktiker zu Hülfe
kam. Oftmals mußte er die Aeußerung hören, daß in ihm ein tüchtiger
Juriſt ſchlummere, und oftmals ſchon hatte ein lebhaftes Bedauern ſein
Herz bewegt, daß es ihm nicht vergönnt ſei, ſich den juriſtiſchen Studien
zu widmen.
Alles das tauchte wieder in ihm auf, als er darüber nachdachte, daß
er, wenn auch nicht rechtlich, Anſprüche auf das Herz und die Großmuth
einer Mutter ſeines Vaters habe, daß er hier, nach der Enthüllung ſeines
Herkommens, die ſich jedenfalls von der Unvorſichtigkeit ſeines
Beicht=
vaters, dem vielleicht ein Einblick in ſeine Verwandtſchaft geſtattet worden
war, herſchrieb, nicht ferner leben konnte und wollte, daß er ohne
Zö=
gern einen Entſchluß faſſen und ausfühten müſſe. Alles das tauchte in
ihm auf und trieb ihn in die Wirbel einer ſtürmiſchen Aufregung,
woraus ſich ſelbſt ein feſterer Charakter nicht ohne Uebereilungen errettet
haben würde.
Freilich, Herr Max, der fünfzehnjährige Weltbürger, nannte es weiſe
Ueberlegung, als er plötzlich entſchloſſen die Papiere, welche ihm zur
Durchſicht überantwortet waren, zuſammenraffte, als er ſeine Sparbüchſe,
die mit den Geſchenken ſeiner unbekannten Großmutter bereichert worden
war, ergriff, als er etwas Wäſche in ſein Reiſeränzel packte und ſeinen
beſten Anzug überwarf. Er nannte es Energie und Muth, als er im
beginnenden Abenddunkel mit dem Segenswunſche auf den Lippen: Gott
ſchütze Euch alle, bis ich wieder kommel” heimlich das Haus verließ und
hinten durch den Garten, die Landſtraße zu gewinnen trachtete. Es gelang
ihm über alle Maßen gut, ganz ungeſehen zu entkommen und ein Dorf
zu erreichen, wo er im Kruge einkehrte, um die Poſt zu erwarten, die um
dieſe Zeit, wie er wußte den Weg paſſiren mußte. Seine Gedanken
flogen jubelnd in die Weite. Er ſah ſich losgetrennt von allen
demüthi=
genden Verhällniſſen, er verfolgte mit innerem Entzücken eine ehrenvolle
Laufbahn, die, unbenagt von dem Makel ſeiner Geburt, ſeinem Geiſte
freies Spiel geſtattete. Aber ſeine Gedanken kehrten auch mitleidig zu
der zurück, die er undankbar der ängſtlichen Sorge anheimgegeben hatte,
und wenn das Wort ſeines Vaters: „Gehe zu Deiner Großmutter, wern
die Noth es erfordert: ein Machtwort für ihn geworden warz, das ihn
fortgetrieben hatte, ſo erſtand jetzt die volle Bedeutung von ſeines Vaters
Befehl: „Ehre und achte ſie immer - ſei ihr Troſt und Schutz!
Immer ſchnell bereit, ſeinen Eingebungen zu folgen, riß er ein Blatt
aus ſeinrr Brieftaſche und ſchrieb: „Sorge Dich nicht, wenn Du mich
vergeblich ſuchſt! Ich gehe zu meiner Großmutter! Mein ganzes Leben
wird Dir beweiſen, daß ich Dich ehre und achte, als das Höchſte und
Theuerſte auf der Welt. Ich werde direct den Weg nach der nächſten
Eiſenbahn, dieſem Wunder der Erfindungskunſt, das ich noch nicht kenne,
einſchlagen und hoffe, in einigen Wochen den erſten freudigen Brief an
Dich zu richten. Du wirſt mir meine Flucht gewiß verzeihen, wenn Du
überlegſt, daß ich nicht anders handeln konnte. Gott ſchütze Euch Alle,
bis ich Euch wiederſehe."
Dieſen Zettel, den er der Discretion des erſten zurückehrenden
Poſtillons anvertrauen wollte, unterzeichnete er nur mit dem Namen Max,
obwohl er feſt beſchloſſen hatte, dem Spottlächeln der Welt zum Trotze
ſich künftighin Max von Schönau zu nennen.
Das Brieſchen kam glücklich in die Hände der Frau Meding, allein
nicht zeitig genug, um ihr eine fürchterliche Nacht voll Sorge und Qual
zu eaſparen.
Während Max ſchon auf der Heerſtraße rüſtig vorwärts arbeitete,
war endlich das Gemüth der Dame ſo weit wieder in's Gleichgewicht
zurückgekehrt, daß ſie es wagte, ihrem Kinde entgegenzutreten. Sie
ver=
tilgte die Spuren der Thränen, die ſie in ihrer Einſamkeit geweint hatte,
und trat mit allerlei Vorſätzen in das Wohnzimmer zurück. Max war
natürlich nicht da, und ſie fand eine Erleichterung in dieſer Abweſenheit.
Als jedoch die Nacht anrückte, als ſie ſtürmiſch und regneriſch hereinbrach,
als der Wind verheerend durch die Straßen zog und Dächer abdeckte,
als er zuletzt in ſeiner Wuth die ganze Welt in Trümmern zu zerſchlagen
Miene machte und die arme Mutter ihren Unglücksſohn ohne Schutz und
Obdach ſich vorſtellte dem ſtürmiſchen Wetter irgendwie preisgegeben,
da brach ihr ganzer Muth und die mühſam erzwungene Ruhe zuſammen
und ſie ſuchte Hülfe überall und verrieth es Allen, die es hören wollten,
daß es ja ihr Sohn, ihr eigenes Kind ſei, den ſie verloren geben müſſe,
weil die Bosheit der Menſchen den Schleier des Geheimniſſes zerriſſen
und ihn mit dem Hohnlachen über ſeine Geburt fortgeſcheucht habe.
Das Mitleiden ſtillte endlich ihren tobenden Schmerz, und als der
Tag von Neuem in ſeiner alten klaren Milde heraufkam, da kam auch
Ruhe in ihr Herz durch das Brieſchen, das der Poſtillon getreulich in
ihre Hände legte. Aber es wußten nun Alle, die um ſie waren, daß
Mar, ihr Neffe, ihr Sohn und der Bruder ihrer Knaben war.
Selbſtſtändigkeit verſetzt wird, hatte aus dem ſonſt ziemlich mißachteten
Herrn Joſeph Meding auf einmal einen beliebten Mann geſchaffen, der
in keinem Zirkel fehlen durfte.
So lange er als Sohn einer wohlhabenden Mutter in dünkelhaftem
Nichtsthun bei derſelben gelebt hatte, betrachtete man ihn mit Naſerümpfen
als einen jener überflüſſigen Menſchen, die unnütz geboren zu ſein ſcheinen.
Der Zweck ſeines Daſeins beſtand darin, zu rauchen, ſpazieren zu gehen
und zu reiten zu ſpeiſen und eine Partie (Hombre zu ſpielen. Er
hatte zwar in frühern Jahren verſucht die Oekonomie zu erlernen, war
aber bei dem erſten Verſuche, „um 3 Uhr Morgens aufzuſtehen um
Auſicht über das melkende Geſinde zu führen= ſchmählich geſcheitert.
Seitdem ruhte er ouf ſeinen ſchwer errungenen Lorbeeren und that nichts.
Nachdem er Beſitzer des prächtig eingerichteten Hauſes, das unter
dem Namen das Meding'ſche Holel eine Art Berühmtheit erlangt hatte,
geworden war, wuchs die Achtung vor ihm dermaßen, daß man jetzt
lobte, was früher für tadelnswerth befunden wurde. Seine Braut pries
ſich glücklich, einen ſo guten und friedliebenden Mann errungen zu
ha=
ben, und als das Trauervierteljahr verfloſſen war, beſchloſſen ſie ihre
Heirath zu beſchleunigen.
Die Feier dieſes Tages ſetzte die ganze Stadt in Allarm. Man
ſprach von zweihundert Couverts, die zum Hochzeitsfeſte beſtimmt ſeien,
und die ganze Honoratiorenſchaft hoffte ſich dort zuſammenzufinden. Acht
Tage vorher wurde von nichts weiter geſchwatzt, als von den Paſieten,
von den Aufſätzen und dem Champagner. Alles war bewundernswerth
geſchmackvoll geordnet, um dies Hochzeitsfeſt angenehm zu machen und
zugleich einen Beweis von Herrn Meding's Reichthum zu liefern. Einige
erfahrene Freunde des Hauſes Meding wollten zwar dieſen Luxus
über=
trieben finden im Vergleiche zu den Revennen, die das junge Paar
nach=
her zu verzehren hatte, allein das ſiörte die Erwartungen der
einge=
ladenen Gäſte keineswegs. Die Vorbereitungen von ihrer Seite kamen
den pomphaften Zurüſtungen des Herrn Bräutigams gleich, ſo daß man
eher einem fürſilichen Diner als einer bürgerlichen Hochzeit
ertgegen=
zugehen glaubte.
Der Polterabend, dies norddeutſche Vorfeſt, war vorüber. Nach
neumodiſchem Sthle hatte das Brautpaar, in Ermangelung eines
anord=
nenden Elternpaares, einen Zwiſchentag angeſetzt, um der Braut Zeit zu
laſſen, ſich von den freudigen Ueberraſchungen der Verherrlichung am
Polterabende zu erholen. Am dritten Tage ſollte dann der ſtrahlende
Glanz der Hochzeit das Feſt krönen.
Fräulein Ida Müller war ein hübſches Mädchen, wie hundert
Mäd=
chen hübſch ſind, die da aber alle glauben, „die Schönſte unter den
Schönen zu ſeins, weil ſie verſtehen Ballen von Zeug und Juwelierladen
von Schmuckſachen an ſich anzubringen. Böſen Herzens war ſie nicht.
Ihr hatte vielleicht nur die leitende Hand einer Mutter gefehlt, um ein
ganz vortreffliches und vernüuftiges Frauenzimmer zu werden. Leider
hatte das Schickſal ihre Eltern früh ſterben laſſen. In einer Penſion
wurde ſie zugeſtutzt für das, was man „Lebensart haben' nennt, und
nachher lebte ſie im Hauſe einer Bekannten, wo ſie keine Gelegenheit
fand, ſich mit andern Dingen, als mit ihrem eignen, äußerlichen Selbſt
zu beſchäftigen.
Herr Joſeph und Fräulein Ida paßten in allen Beziehungen
vor=
trefflich zu einander. Sie liebten ſich auch, ſoweit ſie ewas Anderes
als ihr eigenes Selbſt zu lieben vermochten und ſoweit es ihre
Behag=
lichkeit nicht ſtörte.
Die junge Dame betrachtete ſich gern als die Tonangebende der
Stadt, was die Mode betraf; und da der junge Herr Bräutigam geneigt
war, ſiſch als den Mittelpunkt der haute volée anzuſehen, ſo kann man
ſich eine Vorſtellung von den Conferenzen mit Schneidern Friſeuren,
Putzmachern u. ſ. w. machen, ohne daß es nöthig wäre, eine detaillirte
Beſchreibung davon zu liefern.
Am Abend vor der Trauung lag endlich der ganze herrliche Staat
bereit, der in die heilige Feier eines Herzenebündniſſes den Pomp
fürſt=
lichen Glanzes miſchen ſollte. Das Brautpaar ſtand und bewunderte den
eigenen Geſchmack. Ihre Gedanken weilten keinen einzigen Moment bei
den glücklichen Tagen, die nachher folgen ſollten, ſondern ſie ſchwelgten
nur in der Vorausſetzung eines natürlichen Neides, den die Menge im
Allgemeinen ſiets mit der Bewunderung miſcht.
Der Eintritt des uns ſchon bekannten hübſchen Stubenmädchens
unterbrach das Spiel ihrer Gedanken. Sie richtete einen Empfehl des
Herrn Kreisgerichts=Directors aus, welcher bedauern ließ, daß er nicht
zur Hochzeitsfeier erſcheinen könne. Der Gerichtsdirector war ein ältlicher,
nicht allzugeſunder Mann, daher kam dieſe plötzliche Abſagung dem Paare
nicht befremdend vor. Nur Fräulein Jda fragte danach, ob die
Gerichts=
directorin und ihre beiden Töchter nicht erſcheinen würden. Die Antwort
3.
Der gewöhnliche Wechſel, welcher in der Weltſchätzung eintritt, wenn
man plözlich aus der Lage der Abhängiakeit in die einer glänzenden
fiel verneinend aus.
Gortſetzung folgt)
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckera