Beilage
Darmſtädter Frag= und Anzeige=Blatt.
N. 45.
Dienſtag den 10. November
1868.
Das Frag= und Anzeigehlatt, die Beilage hierzu. ſowie das Berorduungsblatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen woͤchentlich; Erſteres Samſiags. die Beilage
Vienſtags und Lepteres Vonnerſtags. Jahres=Abonnement der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswärts kann man bei allen Poſtäutern abonniren. In Jarmſtadt bei
der Eedition. Rheinärabe Nr. 23 neu.-
Verſteigerungen.
1000)
Schaf=Verſteigerung.
Freitag den 13. November Bormittags 11 Uhr
ſollen in der Großherzoglichen Hofmeierei dahier
40 Mutterſchafe,
etwa
46 Hammel=Jährlinge,
50 Hammel=Lämmer
verſteigt werden.
Darmſtadt, am 4. November 1868.
Großherzogliche Hofmeierei=Verwaltung.
Kehres.
Ankauf von Lebensmitteln.
Dienſtag den 17. d. Mts. Vormittags 10 Uhr
ſoll der Victualien=Bedarſ für die Menage des
2. Reiter=Regiments (Garniſon Darmſtadt),
be=
ſtehend in einer großen Quantität Kartoffeln,
Hülſenfrüchte und Weißkraut, vor der bedeckten
Reitbahn in der Reiter=Caſerne dahier mittelſt
öſfentlicher Verſteigerung in Lieferung vergeben
werden.
Darmſtadt den 8. November 1863.
Die Menage=Commiſſion.
7110) v. Follenius, Rittmeiſter.
Feilgebotenes.
7111) Karpfenſtrecklinge
jehr ſchöne und kräftige, werden 3000 Stück in
beliebigen Parthien des Hundert zu 5 bis 6 fl.
im Teichhauſe dahier abgegeben.
Kaufliebhaber wollen ſich ſofort bei
unterzeich=
neter Stelle melden.
Darmſtadt, am 5. November 1868.
Grofherzogliches Forſtamt Darmſtadt.
Reiß.
6696) Eine Parthie lleine und großere Kiſten
zu verkaufen bei
Auguſt Greter, Markiplatz 3.
658a) Heinrich Noack's Handelsgärtnerei
in Beſſungen empfiehlt (bei ſchnellſter Beſorgung),
gütige Aufträge auf Vinmen, Bougnets ꝛc.
mündlich oder ſchriftlich bei Herrn Adolph
Köh=
ler, Ludwigsſtraße oder Frau Melsheimer,
Wil=
helminenſtraße, abgeben zu wollen.
5₈
Brennholz=Verkauf
3
fortwährend in Nr. 47 der unteren
Rhein=
ſtraße im Hinterbau.
7017) Zwei Doppel=Ponuy, gut einge.
fahren und deßgleichen zugeritten, ſind allein,
oder auch mit der dazu gehörigen eleganten
Cqui=
page und Pierdegeſchirr zu verkaufen.
Näheres Wiesbaden bei dem Portier im
Hotel zu den 4 Jahreszeiten.
4
Den Großherzoglichen Bürgermeiſtereien empfehlen wir jür das Militär=
1.
R.
.
Erſatz=Geſchäft:
Militär=Stammrollen (Titel und Einlagebogen),
Geburtsliſten zur Militär=Stammtolle (Titel und Einlagebogen),
Ladungen,
Protocoll, ZurückſtellungsAntrag beir.,
id. Entlaſſungs=Antrag betr.,
Verzeichniß der Pferdebeſitzer in der Gemeinde (Reg=Bl. Nr. 53 Formular Nr. 1)
L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
6811)
Eingeſaudt.
Wir machen auf die wirklich ſchönen und brauchbaren Kochgeſchirre (Verzinntes Gnßeiſen)
ans der Fabrik der Herren Gillhorn & Avenarius aufmerkham. Dieſelben eignen ſich
zur Zubereitung der difſieilſten Speiſen, wie Sauerkohl, Eingemachtes ꝛc., und bilden
in ihrer Eleganz eine Zierde jeder lomfortablen Küche. Dauerhafter wie Emaille und ebenſo
ſchön und brauchbar wie verzinntes Kupfer und viel billiger.
Niederlage bei J. Bernet, gr. Ochſengaſſe.
682) Wachstücher aller Art, un damit zu räunen, weiden billig abgegeben.
Wouleaux, bemalte Vorhanggallerien empfiehlt
W. Schmidt, Ludwigsplatz Nr. 9.
6977)
Ausverkauf wegen BeſchaͤhrssAſgaber.
Eine Anzahl vorzüglicher Reſiaucheux-Gewehre und Scheibenbüchſen aus den
erſten Fabriken, ferner Jagdtaſchen, Patronentaſchen, Pulverhörner, Ladmaße,
Pflaſterſchläger, Biſire auf Büchſen, Kugelſetzer, Kugelzangen und verſchiedene Jagd=
Requiſiten, werden vom Unterzeichneten wegen Aufgabe ſeines Geſchäfts zu billigen Preiſen verkauft.
Darmſtadt, den 2. November 1868.
H. W. Loiis.
„e
7035)
eiſch eingetroffen!
Neue holl. Vollhäringe, 4 lr. per Stück, in ½ und ¹⁄, Tonnen billiger,
„ ditto feinſt marinirt, 6 kr. per Stück,
Sardellen, 32 kr. per Pfund
„ Speckbückinge zum Roheſſen, 3 kr. per Stück,
„ ſüße Oberländer Kaſtanien, 5 kr. Pfund,
in ausgezeichneter Qualität bei
Carl Hémeli,
obere Eliſabethenſtraße 6.
Das Schveizer Weisswaaren-Pabrikgeschäft,
Nr. 16 großer Hirſchgraben zu Erankſart a. B.,
empfiehlt eine Parthie ſoeben aus der Stickerei gekommene ſehr billige Mulloorhänge mit
herrlichen Tüll=Vordiren. Große Auswahl in allen andern Gattungen Gardinen u. Stoffen.
WB. Von letzter Meſſe iſt eine kleine Parthie damaſſirter Waare, ſoweit Vorrath reicht,
zu ermäßigten Preiſen zurückgeſetzt, dabei viele Einzelfenſter.
[71I2
7113)
Halls= und Geſchäfts=Verkauf.
Ich. beabſichtige mein Haus, welches ſeiner rerzüglichen Lage wegen ſich zu jedem
Geſchäfte eignet, mit oder ohne Geſchäſt zu verkaufen.
83
Ecke der Eliſabethen= und Louiſenſtraße.
F. Lö0ſahlo,
.
7114) Ein Gremitage=Ofen wegen
Um=
zug abzugeben. Näheres Darmſtädter Carlſtraße
Nr. 19 Hinterbau.
7115) Schöne Zwelſchenbäume,
Weinreben=
wilde Neben billig bei
H. Schubkegel, gr. Schwanengaſſe 35.
45
174
Grote'ſche Ausgabe in 8 bis 9 Lieferungen
15 Sgr.
Schiller's Gedichte
8ltustrirte Bracht-usgabe.
Die erſte Lieferung iſt ſoeben erſchienen und
in allen Buchhandlungen zu haben.
[116.
7033) Ich empfehle aus der renommirten
Theehandlung des Herrn Ronneſeldt
Poccoe mit Blüthen per Pfd. fl. 3. - kr.
Thee Helange
„ „ 2. 12 „
Imperial
„ „ „ 2.— „
Souchong
„ „ 2.
„
G. L. Kriegk.
pe
.
Der „Salon' bietet eine
Reichhaltig=
keit und Vielſeitigkeit, wie bisher kaum
eine zweite deutſche, den Zwecken der
Unterhaltung im höheren Sinne
die=
nende Zeitſchrift. CLeipz. Leitung.)
Was vorwegs verſprochen wurde, iſt
durch das in's Leben getretene
Unter=
nehmen gehalten worden: davon geben
ſchon die erſten reichhaltigen Hefte ein
ſicheres Zeugniß.
(Wanderer.)
4 Der„Salon” iſt durch jede Buchhandlung und
Poſtanſtalt zu beziehen. Preis pr. Heft 10 Sgr.
uuz
E
RA
„2
pe jeder erdenklichen Art
5 Korbwaaren nefert vorräthig oder
auf Beſtellung zu Weihnachten unter 6
monat=
licher Garantie.
Kourad Roos,
Korbflechter, Ernſt=Ludwigſtraße 23.
aller Art werden ge=
7119)
Pelzfelle gerbt und zubereitet.
Auch empfehle ich eine ſchöne Auswahl von
Reh=8 Hirſchfellen zu Vorlagen.
M. Justus, Weißgerber,
Mühlſtraße 66 an der Stadtkapelle.
Wit.
D
29
GisitsGisGis
GlsiſElSitn-ASn
E
Wetterauer Gänſe
Htrifft die erſte Sendung Donnerſta=
M Abend, als am 12. d. Mts., im Gaſt
E
[7120
K haus „zur Roſer ein.
9
Wlze
7121) Eine gut erhaltene Mahagoui=
Bett=
lade mit neuen Stahlfedermatratzen, deßgleichen
Chiffonière, Spiegel und einige audere
Gegen=
ſtände aus der Hand zu verkaufen. Verlängerte
Eliſabethenſtraße Nr. 61.
Vermiethungen.
5051) Nro. 19 Schuſtergaſſe iſt ein keines
Logis zu vermiethen und gleich beziehbar.
Adam Hein.
6i77) Promenadeſtraße
in dem neuen Hauſe, gegenüber
Herrn C. Appel, die bel Etage mit
Bal=
con=Salon, aus 5 bis 7 Piecen nebſt allen
Bequemlichkeiten und kleinem Hausgärtchen
für den 25. Novbr. dieſes Jahres beziehbar.
6485) Es ſind zwei ſchön möblirte Zimmer
zu vermiethen (parterre) Eliſabethenſtraße Nr. 64.
6486) Beſſunger Karlsſtraße Nr. 83 iſt ein
möblirtes Zimmer zu vermiethen.
N.ys.
M
6880) Das ſeither von Herrn Poli=
S
zeirath Elwert ſel. bewohnte Logis
m 4. Stock meines Wohnhauſes iſt gleich
oder in einem Vierteljahr zu beziehen.
Daſſelbe iſt durchaus neu tapezirt und
mit friſchem Oelfarbe=Anſtrich verſehen.
Juſtus Spengler,
Eliſabethenſtraße 16.
Jrartrantorererrrrarrirerdendravreahrar Orarrontear.
Punzurauuuuuuuuuuuuuuuuunuure
6905) In dem dritten— Dach — Stocke meines
Hauſes, Eck der Stein= und Hölges=Straße,
eine freundliche Wohnung von zwei Zimmern
und zwei Kammern nebſt Küche und ſonſtigem
Zubehör, Sommerſeite, beziehbar Nobbr. l. Is.
Siegfrieden.
7043) Ein Logis mit 4 Piecen und 1
Zim=
mer ohne Möbel im Vorderhaus, ein Logis im
Seitenbau zu vermiethen. Arheilgerſtraße 66.
7950) Bleichſtraße 17 eine Treppe hoch Stube
und Kabinet mit Möbeln zu vermiethen und am
1. Dezember zu beziehen.
Mod die Dohun von hinen r
H.
und allem Zubehör, vor dem Jägerthor
F gelegen, iſt Umzugs halber ſofort mit
ſEinrichtung zu vergeben.
Näheres in dem Logis=Nachweiſungs=
Comptoir von
B. L. Trier Ludwigsſtraße.
8
2
„2
NAAA AAAAa
NRAURRRAugrazk
7067) Hügelſtraße ein freundliches
Manſarden=Logis von 2 Zimmern und allen
ſonſtigen Bequemlichkeiten, an eine ſtille
kin=
derloſe Familie zu vermiethen, und alsbald
zu beziehen. Zu erfragen Ecke der Zimmer=
und Hügelſtraße Nr. 11, im zweiten Stock
und auf der Expedition.
7122) Ein möblirtes Zimmer bel Etage iſt
zu vermiethen Schulſtraße Nr. 5.
7123) Ein freundliches Zimmer zu vermiethen
Magdalenenſtraße 6 Seitenbau eine Stiege hoch.
7124) Einſchönes, großes Zimmer mit od ohne
Mö=
beln zu vermiethen vor d. Jägerthor. Näheres Exped.
Vermiſchte Nachrichten.
7125) Unſer Comptoir befindet ſich jetzt
bei unſerer Mühle, Krauichſteinerſtraße T,
gegenüber dem Mathilden=Landkrankenhauſe.
S. Schwarzſchild's Nachſfolger.
657126) Zu meinem Unterricht im Zuſchneiden
und Anfertigen von Damenkleidern können
täg=
lich Schülerinnen eintreten.
Marie Struth, Ludwigſtr. 12. 2 Treppen.
77
18116) Ein junger Mann mit den nöthigen
Vorkenntniſſen kann in einem Waarengeſchäfte
als Lehrling eintreten. Rheinſtraße 8 neu.
6461) Ein junger Mann mit nöthigen
Schul=
kenntniſſen wird als Lehrling in mein Papier=
Geſchäft geſucht.
Georg Hof,
Eliſabethenſtraße im Schulhauſe.
6918) Eine Krankenwärterin wird geſucht.
Mathildenplatz 3.
(Es wird eine Köchin mit guten Zeug=
C niſſen verſehen zum baldigen Eintritt
8
geſucht. Eck der Neckar= und Eliſabethenſtraße
Nr. 60 erſter Stock.
7982) Geübte Landkarten=Coloriſten werden
geſucht. Näheres bei
Steinſtraße 6. C. Köhler's Verlag.
7127) Der Schwiegerſohn des verſtorbenen
Krautſchnitters Georg Volk in Beſſungen,
Wil=
helm Rühl, empfiehlt ſich hiermit zum Einſchneiden
von Kraut. Beſtellungen können bei Hrn. H. Georgi,
Wilhelminenſtraße 10, und Frau Matern,
Obſt=
händlerin am Markt in Darmſtadt, gemacht werden.
7128) Ein gejetztes Frauenzimmer, welches ſchon
einige Jahre auswärts conditionirte, im Häuslichen
ſowie in allen feinen Handarbeiten wohl erfahren,
auch engliſch ſpricht, wünſcht eine Stelle.
Die=
ſelbe ginge als Haushälterin oder auch in ein
offenes Geſchäft.
7129) Ein mit guten Schulkenntniſſen
ver=
ſehener junger Mann wird als Lehrling für das
Comptoir eines hieſigen Fabrik=Geſchäftes geſucht.
Selbſt geſchriebene Offerten beſorgt unter Nr. 7129
die Exped. d. Bl.
7072)
ocal=Gewerbverein.
Verſammlung der Mitglieder, wozu alle in Darmſtadt und Beſſungen wohnenden
Mit=
glieder des Landesgewerbvereins zählen, Donnerſtag den 12. November, Abends 8 Uhr,
im oberen Saale der Winter'ſchen Brauerei. — Tagesordnung: Mittheilung
verſchie=
dener Zuſchriften der Großherzoglichen Centralſtelle für die Gewerbe und den Landesgewerbverein,
und Berathung hierüber. — Geſellen= und Arbeiter=Bildung; Ausſtellung von Geſellen=Arbeiten;
technologiſche Vorträge.
Das Local iſt von 7 Uhr an geöffnet und die neueſten Rummern der techniſchen Journale,
Der Fragekaſten iſt von 7 Uhr an am Eingang des
ſowie Zeichnungen ꝛc, ſind aufgelegt.-
Locals aufgeſtellt; wir bitten, ihn eben ſo oft zu benützen, wie bei den letzten Winterverſammlungen.
Der Vorſtand des Local=Gewerbvereins.
7103)
In der neuen Turnhalle
iſt täglich von 8 Uhr Morgens bis 5 Uhr Abends geöffnet:
Platow's großes naturhiſtoriſches u. ethnographiſches Muſeum.
Entree 12 kr. Kinder die Hälfte. Abonnementskarten für eine Perſon 36 kr., für
Schüler 15 kr., für die Dauer unſeres Aufenthaltes Familienbillets 1 fl. 45 kr. Sämmtliche
Gegenſtände ſind zum Verkauf, auch werden daſelbſt ſolche gekauft und eingetauſcht.
Um zahlreichen Beſuch bittet ergebenſt
C. A. PlatoW.
Waiſenhaus=Nachricht.
Vom 1. Oetober d. J. bis heute iſt für die Waiſen
eingegangen:
1. Geſchen ke: Am 26. Oct. anonym durch die
Stadt=
poſt 3 fl. 30 kr.
HI. Legate: Johannes Kämmerer VII. zu Klein=Auheim
Be=
40 fl. - Heinrich Daniel Volz zu Richen 5 fl.
neficiat Lulai zu Kirſchhauſen 10 fl. - Friedrich Fritſch l.
zu Gundernhauſen aus 3 fl. der Reſt mit 1 fl. 40 kr.
11. In dem Opferſtock vor dem Waiſenhauſe
fan=
den ſich vor: 6 fl. 48½ kr., zum Theil mit folgenden
Inſchriſten: 1) Für die Waiſen 15 kr. mit dem Wunſche,
daß Ihn der liebe Gott auf allen ſeinen Wegen behüten
und bewahren wolle. N. N. — 2) Der Wunſch im Leben
wurde nach Deinem Tode erſüllt. Für die Waiſen 12½ kr.
Darmſtadt im Oct. 1868. - 3) Für die Waiſenkinder
1 fl. aus dem Opferſtock zu Erzhauſen. - 4) Aus
Dank=
barkeit gegen Gott 1 fl. 10 kr. - 5) L. N. 36 kr.-
6) gott hört meine Bitte 12 kr. A. E. - 7) Für die
armen Waiſen 30 kr. Schneider.
Darmſtadt, am 2. November 1868.
Kehr,
Rechner der Großherzoglichen Landeswaiſenanſalt.
M. 45.
Salon', Heft 12, enthält: Fortſatzung des J. Rodenbergichen, packenden und mit äußer=, Großherzogliches Hoftheater.
ſier künſtleriſcher Feinheit durchgearbeiteten Nomans -Aus Cromwells Zeit=, Von Gottes Gnaden,
ein Gedicht von Rudolf Gottſchall, dem einſt ſo feurigen Sänger der Freiheit, Denkſtein einer Wallenſteins Tod. Trauerſpiel in 5 Acten
Frau von R. Genee, Ueber amerikaniſche Zuſtände nach dem Bürgerkriege von F. Creißig, Ueber von Schiller.
Jagd von Baron Warburg, Ueber moderne Kunſt von Dr. Meyer in München, Eine Novelle,
von der wohlbelannten Claire v. Glümer, die ſich längſt ihre Emaneipationsexcentricitäten abgewöhnt Der Poſtillon von Lonjumeau. Komiſche
hat, Ueber die moderne Poſt von A. Lammers in ſeiner anziehenden Weiſe.
Für das nächſte Heft, womit ein neuer Land bezinnt, ſind unter andern Beiträge von Gutz= 6ö Freitag. 13. Nov. 5. Vorſt. im 4. Ab.:
kow, Paul Hehſe (Novelle) und Hermann Lingg, dem raſch berühmt gewordenen Ependichter, in Die Frau Commerzienräthin. Luſiſpiel
Ausſicht geſtellt. Der-Salon= hat ſich ſonach zu immer größerer Höhe erhoben, reſp. auf ſolcher
erhalten. Daß ſich gegen die innere Gediegenheit nicht die leiſeſte Ausſtellung machen läßt, ver= Hierauf: Ein Stündchen in der Schule.
ſteht ſich einer ſo tactvollen, tactfeſten Redaction und einem ſo glänzenden Verein diſtinguirter
Autoren gegenüber ganz von ſelbſt. Das Unternehmen gehört unbeſiritten zu den brillanteſten der von Stiegmann.
Neuzeit und iſt in vieler Beziehung ohne alle Rivalen. Man findet die zierlichen rothen Hefte mit l pendu. Neu einſtudirt: Die Königin von
der ebenſo verſtaͤndigen wie gelungenen Titelvignette bereits in allen Theilen Deutſchlands und es
iſt nur erfreulich, daß die Berbreitung mit der literariſchen Wirkſamleit der Zeitſchrift Schritt zu Muſik von Gounod. Hauptparthien: Frln.
Mahl=
halten weiß.
Ein Medaillon.
Gorhezung)
Bollbrecht hatte richtig geſchloſſen. An ſeiner Ruhe mäßigte ſich der
Zorn des Herrn und nur wie im Nachgrollen eines vorübergegangenen
Gewitters ließ er ſich vernehmen: „Dieſer Nobby iſt der hinterliſtigſte
Burſche von Allen. Durch alle Inſtanzen der Züchtigung iſt er ſchon
hindurchgegangen - und nichts hat gefruchtet.-
„Sie haben mir in meinem Contracte einen Diener bewilligt. Sie
würden mich verpflichten, überließen Sie mir gerade dieſen Nobby. Ein
überraſchter Blick Jüngkens war die Antwort.
„ Meinetwegen, wenn es Ihnen Freude macht. Aber das ſage ich
Ihnen= und dabei verzog er in leiſem Hohne den Mund, „die
Schul=
meiſterkünſte ſind an dem umſonſt. Zeigen Sie mir das Werthvollſte,
was Sie beſitzen.
„Ich verſtehe Sie nicht recht."
„Nun, ein Kleinod, oder eben was Ihnen am liebſten iſt. Zeigen
Sie mir 8.
Vollbrecht war über dieſes ſonderbare Verlangen mehr als erſtaunt.
Was beſaß er denn Koſtbares? Er dachte an ſein Medaillon, und die
Erinnerung, die ſich darum ſchlang, brach wie ein Oſtermorgen über ihn
herein — er hätte in dieſem Augenblicke unmöglich lügen und etwas
An=
deres als bieſes Medaillon für ſein Koſtbarſtes ausgeben können. So
zo9 er es denn hervor und hielt es immer voll Verwunderung vor die
Augen des Herrn David Jüngkens.
Deſſen Blick ſiel darauf hin, blinzelnd, ungewiß zuerſt, dann blieb
er lange daran hangen, wandte ſich wieder ab, ſchaute wieder hin, bald
auf das Medaillon, bald auf Vollbrecht. Jetzt riß er es ihm aus der
Hand und barg es in der ſeinigen, mit einer Bewegung, mit der man
einen bereits verloren gegebenen vieltheuern Schatz wieder begrüßt. Eine
Thräne ſiel auf die Smaragden, das Auge Deſſen, der ſie geweint,
rich=
tete ſich auf Vollbrecht mit wunderbarem durchdringendem Ansdrucke, und
mit zitternder Stimme ſprach er: „Die Quellen meiner Jugend ſpringen
wieder auf. Ich kenne dieſes Medaillon ſo gut. Jetzt gehört es Ihnen”
Mein theuerſtes Kleinod, Herrl.
„ Und Sie - Sie haben es von Ihrer Braut?=
„Vor der Welt noch nicht - aber von meiner Braut im Herzen.
„3ch ſchenkte es einem Mädchen - ich liebte ſie, wie nichts mehr
auf der Welt.
Vollbrecht ſeufzte zugleich mit dem ſonſt ſo rauhen und jetzt ſo
wei=
chen Manne aus tiefſter Bruſt. Eine Ahnung ſchien ihm zu ſagen, daß
ihr Schickſal in dem Kleinod ſich berührte.
„Sagen Sie mir, ich bitte, den Namen Ihres Mädchens."
„Klara van Aert!
„Van Aert? van Aert! Er lebt noch ?u
Er iſt noch ſehr rüſtig,
„Sehr rüſtig. — Klara alſo? Ihre Mutter hieß Bertha. Wenn
ſie nur iſt wie dieſe, ſo ſchön, ſo reinl, ſo gut. Er ſtrich zwei, drei
Mal über das Geſicht, dann gab er Vollbrecht das Medaillon zurück.
„Was ich Ihnen eigentlich ſagen wollte, laſſen Sie niemals ſolch
Kleinod ſehen. So eine 'ſchwaze Canaille erwürgt Sie im Schlafe, um
es zu erhaſchen und ein Glas Rum dafür zu kaufen. Ich ließ es mir
zeigen, um Ihnen im beſten Falle den Verluſt zu erſetzen. Auch das
karn ich nun nicht mehr. Dieſes Geſchmeide iſt unerſetzlich.
Damit hatte er das Zimmer verlaſſen.
4
4
Herr David Jüngkens war des Tags keine Minute müßig, er ſchien
die Unthätigkeit auch darum zu fliehen, weil ſie ihn vereinſamte in ſich
te er die Arbeit um ihrer ſelbſt, nicht um ihres Productes
175
Dienſtaa, 10. Nov. 3. Vorſt. im 4. Ab.
Donnerſtag. 12. Nov. 4. Vorſt. im 4. Ab.:
Oper in 3 Akten, Muſik von Adam.
in 3 Akten von Wolfg. Müller von Königswinter.
Baudevillepoſſe in 1 Akt von Friedrich, Muſik
Sonntag, 15. Novbr. Abonnement aus-
Saba. Große Oper in 5 Atten mit Ballet.
knecht, Frln. Reitz, Herren Mahr, Dr. Pockh ꝛc.
willen. Der Ertrag ſeiner Ernten freute ihn nur ſo lange, als ſie ihm
Mühe und Beſchwerden in Ausſicht ſtellten. Waren dieſe vorüber, galt
es ihm faſt gleich, wie er jeine Producte verwerthete. In der Factorei
waren daher arge Mißbräuche eingeriſſen, und in die Geſchäftsbücher ſich
vertiefend fand Vollbrecht, daß ſeinem Herrn jährlich große Summen
da=
durch verloren gingen. Allmälig brachte Vollbrecht Ordnung in die
Bücher, ſchuf im Auslande neue Abſatzplätze, regulirte oder brach die
alten Berbindungen ab; durch ſorgfältiges Sortiren der Producte ſchuf er
neue vermehrte Werthe - andern Producten verſchaffte er durch ſeine
techniſchen Kenntniſſe neue Verwendung und dadurch neue Märkte. Große,
noch unbenutzte Flächen der Pflanzung wurden auf ſeine Anregung
be=
pflanzt und ſo im Ertrage nutzbar gemacht. Zu Allem hatte er freie
Hand. Seit jener weichen Stunde hing Herr David Jüngkens mit
väterlicher Freundſchaft an dem jungen Manne, obwohl über das Medaillon
und die damit verknüpften Verhältniſſe weiter kein Wort über ſeine Lippen
gegangen war.
Wie um ſo berechtigter fühlte er ſich jetzt zu Klara's Liebe, wie
rein, wie glücklich! In der Ruhe des Abends, in ſeiner Hängematte
hingeſtreckt, ſchwebte ihm der Lohn hierfür alltäglich in einem funkelnden
Tropenhimmel herauf, einem Stern, der von Europa kam, zu dem auch
ſie aufgeblickt und geredet hatte, der Himmelstelegraph zwiſchen ihren
Herzen, und zuverſichtlicher und bewußter durfte er ſich jeden Tag
ſagen: Heute verdiene ich dein Glänzen und dein Grüßen, du treuer,
ſtiller Bote!
„Apropos — Nobbyir fragte Herr David Jüngkens eines Abends
bei der gemeinſchaftlichen Abendmahlzeit. „Daß Sie nur noch ſo friſch
und voll ausſehen und ſich über den Burſchen noch nicht gelb geärgert
haben!
„ Keineswegs, ich verſichere Ihnen — Nobhy iſt die gemüthlichſte
Seele von der Welt.
Ohol' lachte Herr David Jüngkens.
„Gewiß. wir ſiehen zueinander im herzlichſten Verhältniſſe. Ich
behandle ihn, als ſei er der redlichſte Menſch, laſſe auch nicht den leiſeſten
Gedanken des Mißtrauens gegen ihn lautwerden. Nobby fühlt ſich davon
geſchmeichelt und handelt danach.
Bah, Sie ſind doch kein Hexenmeiſter ?-
„Leider nicht, obſchon ich etwas der Art gebrauchte, das Medaillon
nämlich.-
Die Erwähnung des Kleinods warf über das Geſicht des Herrn
David Jüngkens einen ernſten Schatten der Wehmuth.
„Sieh, Nobbyu ſagte ich ihm gleich den erſten Abend, „dieſes blitzende
Ding da iſt ein Zauber, der mich von allen deinen Gedanken und
Hand=
lungen unterrichtet. Was du in dieſer Minute denkſt oder thuſt, weiß ich
in der naͤchſten.-
„ Bah, das war nicht klug gehandelt!
„Sieh, lieber Nobbyr, ſagte ich weiter zu ihm, „dieſes kluge,
zau=
berbegabte Auge ſagt mir eben, daß du willens biſt, dir dieſen kleiner
Spiegel anzueignen.: Ich hatte ihn nämlich belauſcht, als er ſich davor
wie toll geberdete und im Begriffe war, denſelben beiſeite zu bringen.
Ich trat ein und ſtellte mich völlig harmlos. Geſtern ließ ich in einer
Ecke des Zimmers abſichtlich einen Dukaten liegen, den brachte er mir.”
Einmal, zweimal wird er es thun, aus Furcht. Dann wird aber
die diebiſche Natur den Sieg über ſeine feige Furcht davontragen.
Merken Sie auf. Sie werden ihm hinderlich, läſtig werden - und
um einen Meſſerſtich macht ein ſolcher ſchwarzer Teufel ſich keine
Ge=
wiſſensbiſſe.-
„3ch werde vorſichtig ſein und ihn zu pariren ſuchen."
In der Nacht? Denn die iſt der Deckmantel ihrer Thaten.
Sollten mir leid thun - nehmen Sie ſich in Acht."
176
W.45.
Es war bei einem Feſte, das Herr David Jünglens ſeinen Slaven
gab. Alle überließen ſich ber tollſten Luſt, nur Nobby fehlte in ihrer
Mitte und ſtand ſeitwärts an einen Baum gelehnt. Vollbrecht beobachtete
ihn ſcharf. Er bemerkte, wie jetzt ein Negerweib auf Nobby in aller
Heimlichkeit zuſchlich. Sle war häßlich, mit grell bunten Kattunlappen
und taubeneiergroßen Glasperlen behangen.
Nobkh', ſagte ſie mit heiſerer Stimme von der Seite, ſich hinter
dem Stamm verbergend, „Nobby tanzt nicht — Robby ſingt nicht
Nobby iſt ein trauriger Mann.”
Ein tüchtiger Zug aus dem irdenen Gefäße war die Antwort des
Angeredeten.
„Robbh wird ſich wieder freuen. Nobbh wird viel ſüßes Waſſer
haben.”
Dieſe Hoffnung ſchlug bei ihm ein, er wandte ihr ſein Ohr zu.
„Die weißen Männer vom großen Waſſer ſind gekommen. Ein
weißes Tuch am großen Baume hat geredet, weit und laut. Wie der
Große Geiſt das Licht ausgelöſcht, iſt Stama zu ihnen gegangen — ſie
geben viel ſüßes Waſſer und blumige Kleider und ſchöne Steine. Stama
bringt den weißen Männern viel ſchöne Sachen. Kann Nobby nichts
bringen ?u
„Nobby hat nichts.”
„Nobby hat nichts, Maſſa hat viel - gelbe Dinge, hell wie das
Licht - die weißen Männer geben viel ſüßes Waſſer."
Ueber das ſchwarze Geſicht des Regers zing ein unheimliches Leuchten.
„Nobby kann Maſſa nehmen — Maſſa hat viele Dinges, fuhr die
ſchwarze Verſucherin fort.
„Maſſa wird es wiſſen — das gelbe Auge ſagt Maſſa Alles. Nobby
fürchtet ſich.
„Nobby muß das gelbe Auge nehmen.
Das war es; das Weib hatte es ausgeſprochen, das zündende Wort,
von dem des Negers Seele jetzt aufloderte.
Maſſa wird ſchlafen;, fuhr ſie fort, „das gelbe Auge wird auf dem
Tiſche liegen, Robbh wird das gelbe Auge haben. Stama verſteckt ſich
im Feld — Nobby wirft es herab — Stama bringt es den weißen
Männern und gibt Nobby viel ſüßes Waſſer.
„Stama iſt klug, Robby will es thun.
Damit brachen ſie die Unterretung ab, gehört hatte Bollbrecht nichts
davon.
Die Nacht brach ein und Bollbrecht zog ſich in ſein Zimmer zurück,
Nobby folgte ihm, ſeinen Dienſt zu verrichten.
„Nobby., begann Vollbrecht bei dem Auskleiden, „Alle freuten ſich,
du allein warſt traurig.- Der Neger fuhr in ſeinen Dienſtleiſtungen
fort. Nur ein leiſes Zittern ſeiner Hand zeigte von ſeiner angſwvollen
Vetroffenheit.
Du haſt lein gutes Herz, Nobby. Während der Freude deiner
Kameraden haſt du böſe Gedanken gehabt. Du wunderſt dich, Nobby,
daß ich ds weiß? Sieh, das goldene Auge ſagt mir Alles.
Er hielt ihm das Medaillon vor die Augen. Der Schwarze wich
vor dem gefürchteten Zauber drei Schritte zurück.
„Du haſt auch mit Stama geſprochen ?
Dem Schuldbewußten wankten die Kuie. Alles wußte Maſſa. Er
wollte ihm zu Füßen ſtürzen, ihm Alles bekennen, hätte Vollbrecht nicht
eben jetzt plötzlich abgebrochen. Er hatte das Medaillon geküßt— er
betrachtete es ſtill und lange und dachte an Klara - draußen war der
Wachtpoſten ſeiner Liebe am Himmel aufgezogen. Er grüßte ihn mit
ſeiner Seele.
„ Genug, genug, alter Schwärmer, ſagte er, lächelnd über das
Ge=
ſicht ſtreichend, und legte dann das Medaillon auf den Tiſch nieder.
Nobby folgte dieſer Vewegung mit einem Hyänenblick.
„Du kannſt jetzt gehen, Nobby; freue dich mit den Uebrigen. Doch
halt - dieſe Flaſche Rum bring in die Küche. Ich weiß nicht, wie viel
noch darin iſt. Hörſt du? Schlaf wohl.
Nobby ging, aber nicht ohne einen heimlichen Seitenblick auf das
Medaillon auf dem Tiſche zu werfen. Der Duſt aus der Rumflaſche
war verführeriſch, doch trank er nicht davon - das goldene Auge hätte
es Maſſa geſagt. Tief fühlte er ſeine Sklaverei in der gefeſſelten
Ab=
hängigkeit von dieſem Zauber, der doch nichts Anderes war, als
Voll=
brecht's klarer Blick; es war eine härtere, grauſamere für ihn, als die
leibliche, deren Feſſeln er nicht achtete. Wenn aber Maſſa das goldene
Auge nicht mehr hätte, dann könnte es ihm auch nichts mehr ſagen. Und
wie viel ſüßes Waſſer würde er dafür bekommen! Jetzt war er in der
Küche, er ſetzte die Flaſche mit einer gewiſſen Heftigkeit auf den Tiſch.
Getrunken hatte er nicht, aber die Heftigkeit des Kampfes der
Enthalt=
ſamkeit befeſtigte in ihm den Entſchluß, Stama's Rath zu befolgen.
Er wartete noch einige Zeit, dann ſchlich er mit dem leiſen Tritt
einer Tigerkatßze die Treppe hinauf und horchte durch das Schlüſſeloch
der nicht verſchloſſenen Thür. ob ſein Herr noch wache Es war ſiill im
Zimmer behutſam öffnete er die Thür und ſchlich hinein: er hatte ſich
die Stelle gemerkt, wo der goldene Gegenſtand ſeiner Qual lag. Es
waren noch mehrere Gegenſtände auf dem Tiſch, deren Zuſammenllirren
ſeinen Herrn hätte wachrufen könneu, Gläſer, Toilettengegenſtände und
ein im Nachtdunkel unheimlich leuchtender Dolch. Sein Auge blieb einen
Augenblick daran haften, dann aber griff er ſchnell nach dem zauberiſchen
Kleinod, das er aus Furcht, es möchte ihm ein Leids thun, nur am
Schnürchen faßte - und öffnete leiſe das Fenſter. Vollbrecht holte tief
Athem, draußen war Alles ruhig, nur fern herüber vom Freudenplatze
der Neger tönte und leuchtete es. Aus einem Gebüſch unten am Hauſe
ihm gegenüber tauchte ein Schatten auf, der ihm mit urgeduldigen
Ge=
berden zuwinkte. Es war Stama - ein Ruck der Hand und der
ge=
fürchtete Zauber flog hinab. Stama huſchte ſchattenähnlich aus ihrem
Verſteck hervor, ſie beugte ſich, ſie erhob ſich, ſie zeigte ihm das Kleinod,
dann war ſie verſchwonden. En zufriedenes Lächeln flog über die Züge
des Negers dann ſchloß er das Ferſier mit eben dem heimlichen Eijer,
mit dem er es geöffnet hatte.
(Fortſ. folgt.)
Darmſtädter hiſtoriſche Rleinigkeiten.
Mitgetheilt von n.
69. Die Friedhöſe.
Der älteſte Friedhof unſerer Stadt lag bei der Stadtkirche. Die
letzten Reſte dieſes älteſten Friedhofs waren die in die Mauer der
Stadt=
kirche eingelaſſenen Leichenſteine, welche beim Umbau der Stadtkirche in
unſerer Zeit auf den alten Kirchhof gebracht wurden. Er war ehedem
mit einer Mauer umgeben und zuletzt ſchloß ein ſchwarzes Gitter ihn von
der Straße ab. Zu dieſem älteſten kam nämlich ums Jahr 1624 ein
neuerer vor dem Beſſunger Thor, unſer ſ g. alter Kirchhof. Dieſer
er=
fuhr unter Georg IL, als die Peſt in einzelnen Jahren ſo ſtark wüthete,
eine Vergrößerung nach Norden hin und zwar weiter noch, als er in der
letzten Zeit ſeines Beſtehens ſich erſtreckte; denn damals reichte er bis
zum ehemaligen „kleinen Weg=, was man aus dem Grunde annehmen
darf, weil bei dem Bau der nun verſchwundenen Hofraithe, welche die
Lit. H. 155. trug, eine große Anzahl von Todtengerippen auegegraben
wurde. Wie nöthig eine ſolche Vergrößerung werden mußte in jenen
Peſizeiten, wird begreiflich, wenn man erſährt, daß im Jahr 1635 nicht
weniger als 2200 Perſenen, und davon allein vom 1. Januar bis
23. März 1376 geſtorben waren. An manchen Tagen wurden 30, 40,
50, einmal ſogar 67 Leichen beerdigt, ſo daß man nicht im Stande war,
ſie alle namentlich aufzuzeichnen. Das Kirchenbuch führt darum an vielen
Tagen nur die einfache Zahl auf und oft iſt bemerkt, daß dieß nur die
angemeldeten wären. Am 10. Januar bemerlt der Kirchbuchführer
komiſcherweiſe: „Am 10. Januar waren beerdigt worden 10 und dazu 2
Franzoſen, welche ſich aber beiune nicht angemeldet haben.
— Die Sage erzählt, die Peſt=Todten in dieſer ſchrecklichen Zeit ſeien
nicht mehr einzeln auf dem Friedhof, ſondern vor dem Friedhof in
gro=
ßen Gräbern verſenkt worden. Auf dieſem Peſtacker ſeien dann
Linden=
bäume gepflanzt worden, die, wie wir uns erinnern, zu hohen, mächtigen
Bäumen empor gewachſen waren. Von dieſen Bäumen ſollte ſich, ſo
meint die Sage, die Agt ferne halten, denn ſobald ſie fielen, würde die
Peſt aus den Gräbern auferſtehen und zu den Lebenden kommen, welche
die Peſtlinden verletzten. — Unter Ernſt Ladwig im Jahr 1727 erfuhr
der alte Kirchhof eine Vergrößerung und wurde mit einer Mauer
um=
geben. Auf einem viereckigen Stein in dieſer nun längſt verſchwundenen
Mauer ſtand folgende Inſchrift: „1727 den 14. Auguſt iſt der
Grund=
ſtein zu dieſer neuen Kirchhofsmauer gelegt worden und war damals der
Oberbürgermeiſter Herr Johann Martin Doſer und Johann Jacob
Schu=
ſter.” Bis auf unſere Zeit führte bekanntlich, wenn man den von den
alten Linden überwölbten Platz überſchritten hatte, ein Gitterthor auf
den Gottesacker und ſeine hohen Mauern waren innerhab mit
Todten=
gewölben, mit einfacheren Erbbegräbniſſen ꝛc. beſetzt. An den
Mauer=
gräbern, wie an den im offenen Naume ſtehenden Grabſteinen traten einem
eine Menge für die Entwicklungsgeſchichte unſerer Stadt bedeuiſamer
Na=
men entgegen, Namen von Bürgerfamilien, die ſeit Jahrhunderten bei
uns eingebürgert ſind, Namen von Beamten, die in unſerem Staatsleben
eine geſchichtliche Rolle geſpielt, Namen von Gelehrten und Künſilern,
die für die Pflege der Wiſſenſchaft und Kunſt, wie für die Bilcung
un=
ſerer Jugend in bedeutſamer Weiſe thätig geworden ſind. Das
Bedürf=
niß der Neuzeit hat den ſtillen Platz in den Verkehr des Menſchenlebens
ziehen müſſen, die Ruheplätze der einzelnen Heimgegangenen ſind nicht
mehr zu finden, ein aus Leichenſteinen erbauter Hügel deutet an, was der
„Lindenplatz; ehedem geweſen iſt. — Die Zunahme der Bevölkerung
machte die Anlage des jetzigen Friedhofs nöthig, der im Jahr 1828
ein=
geweibt wurde.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.