Beilage
zum
1.
SUUUfluvttt Pouy uhw vAheige-atkil.
Dienſtag den 23. April
P. 17.
1868
Das Frag= und Anzeige=Blatt, die Beilage hierzü, ſowie das Verordnungs=Blatt für den Kreis Darmſtadt erſcheinen wöchentlich; Erſteres Camſtags, die Beilage
Vienflags und Lezteres Donnerſtags. Jahres=Abonnement der drei Blätter zuſammen 2 fl. Auswärts kann man bei allen Poſtämtern abonniren. In Darmſtadt
bei der Expeditian Rheinſtraße Nr. 23 neu
Verſteigerungen.
2763)
Bekanntmachung.
Künftigen Dienſtag den 30. April l. J.
Nachmittags 2½ Uhr ſollen in dem
weſt=
lichen Theil des Mainthors gut erhaltene
Herrn= und Frauenkleider, Möbel und ſonſtiges
Hausgeräthe gegen baare Zahlung öffentlich
ver=
ſteigert werden.
Darmſtadt, den 25. April 1868.
Der Vorſteher Großherzoglichen Ortsgerichts
Darmſtadt.
Berntheiſel.
Vergebung von Bauarbeiten.
2748) Montag, deu 4. Mai d. J.,
Vor=
mittags um 10 Uhr, ſollen die baulichen
Arbei=
ten zur bewohnbaren Einrichtung des
ſüdlichen Dachraums in der
Reiterka=
ſerne dahier, auf dem Büreau der Garniſon=
Verwaltung, durch Soumiſſion vergeben
wer=
den, und zwar:
zu 139 fl. 35 kr.
die Maurerarbeit.
„ Zimmerarbeit. „ 1639 „ 53. „
„ 128 „ 40 „
„ Dachdeckerarbeit
77„
„ Schreinerarbeit
„ 139 „ 48 „
„ Schloſſerarbeit
„ Weißbinderarbeit „ 680 „ 48 „
Gußeiſenlieferung. „ 105 „ „
veranſchlagt
Das Bedingnißheft und der Voranſchlag
lie=
gen des Vormittags von 9 bis 12 Uhr auf
ge=
nanntem Büreau zur Einſicht offen.
Darmſtadt, den 24. April 1868.
Großherzogliche Garniſon=Verwaltung Darmſtadt.
Korwan, Oberquartiermeiſter.
Verſteigerung von Stroh= und
2754)
Heu=Abfällen.
Montag den ¾. kft. Mts. Vormittags 10 Uhr
werden auf dem Büreau des Proviant=Amts
Magdalenenſtraße Nro. 17 - die Stroh= und
Heuabfälle (Heublumen), welche ſich in den
Fou=
rage=Magazinen der Reiter= u. Artillerie=Caſerne
ergeben, unter den auf beſagtem Büreau offen
liegenden Bedingungen meiſtbietend öffentlich
ver=
ſteigert. Darmſtadt, den 24. April 1868.
Großherzogliches Proviant=Amt.
Grönrich,
Becker,
Ober=Quartiermeiſter.
Hauptmann.
2755) Künftigen Samſtag den 2. Mai l. J.
Vormittags um 9 Uhr ſollen auf dem
Gemeinde=
haus dahier die bei Erweilerung ves hieſigen
Friedhofs vorkommenden Arbeiten öffentlich an
die Wenigſinehmenden verſteigert werden.
Die=
ſelben ſind veranſchlagt:
1) Maurerarbeit, einſchließlich der Materialien
490 fl. 50 kr.
zu
2) Steinhauerarbeit (Deck=
82 fl. 30 kr.
platten) zu.
Braunshardt, den 25. April 1868.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Braunshardt.
Schmidt.
Freitag den 1. Mai Vormittags von 9 Uhr und Nachmittags
2 Uhr anfangend
läßt Frau Geheimerath Stegmayer im Lange'ſchen Hauſe, Eck der Grafen= und
Rhein=
ſtraße, nachverzeichnete, gut erhaltene Gegenſtände verſteigern: Möbel, darunter Kindermöbel,
2 Gang=Uhren, Hausgeräthe jeder Art, dann Küchen= und Keller=Geräthſchaften, Glaswerk,
worunter eine Parthie Einmachgläſer, Etagère=Gegenſtände, Kupfer=, Eiſen=, Blech= und
Steingut=Geſchirr, Kinderſpielſachen, worunter eine große Puppenſtube, ditto Putzladen,
eine Küche, 6 große Fahnen, Chemicalien, galvaniſcher Apparat, camera obscura ꝛc.
Ferner 3 große Weltkugeln, 4 Thermometer u. 1 Barometer.
2629)
Beſſungen.
Mobilien=Verſieigerung.
Freitag den 1. Mai, Vormittags von 9 Uhr
an. werden die zum Nachlaſſe des Gemeinderaths=
Mitglieds Eberhard Eigenbrodt dahier gehörigen
Mobilien, als: Kleider, Weißzeug, Bettwerk,
Haus= und Küchen=Geräthe, worunter eine
grö=
ßere Galgenwaage, mehrere Partien Brennholz,
1 Kiefern= und 1 Birnbaumſtamm, verſchiedene
ausgetrocknete Diele von kiefern Holz,
verſchie=
denes altes eichen Holz ꝛc. gege= gleich baare
Zahlung verſteigt.
Beſſungen, den 23. April 1368.
Der Vorſteher
Großherzoglichen Ortsgerichts Beſſungen.
Demmel.
2756)
Holzverſteigerung
CLangen.) Freitag den 1. Mai l. J. des
Vorüittags vol 9 Uhr an werden in dem hieſigen
Gemeindewald:
50 Stecken buchen Scheitholz,
„ Prügelholz,
133½ „
28 „
„ Stockholz,
4075 Stück
„ Wellen,
3 Stecken eichen Scheitholz,
11 „
„ Prügelholz.
„ Stockholz,
„
75 Stück
Wellen,
„
85 Stecken kiefern Scheidholz,
42 „
„ Prügelholz.
Stockholz,
34½ „
„
2550 Stück
„ Wellen,
12
Stämme von 634 Ebf.
„
öffentlich verſteigert.
Die Zuſammenkunft iſt am Eingang des Waldes
an der Mörfelder Chauſſee.
Gegen genügende Bürgſchaft wird Zahltermin
bis 1. October l. J. geſtattet.
Zugleich wird bemerkt, daß die am 24. 25. März
abgehaltene Holzverſteigerung genehmigt iſt und
die Abfuhrſcheine täglich auf unterzeichnetem
Büreau in Empfang genommen werden können.
Langen, den 22. April 1868.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Langen.
Werner.
In Auftrag:
trauſt, Stadtgerichts=Taxator.
2757) Die am 14. d. Mts. auf hieſigem
Rathhaus ſtattgehabte Holzverſteigerung aus dem
ſtädtiſchen Oberwald, Diſtrict „Kuhlache”, iſt
genehmigt und wird Termin zur Abfuhr des
Holzes vom 30. d. Mts. bis zum 14. k. Mts.
hiermit feſtgeſetzt.
Darmſtadt, den 27. April 1868.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
In Verhinderung des Bürgermeiſters:
Appfel, Beigeordneter.
2758) Dienſtag den 5. Mai d. J. des
Mor=
gens 9 Uhr ſollen an der Windmühle dahier
150 Stecken liefern Scheitholz gegen baare Zahlung
öffentlich verſteigt werden.
Darmſtadt, den 26. April 1868.
Naumann.
Feilgebotenes.
2565) Mehrere geſpielte 6½ octav. Claviere
ſind bei mir billig zu verkaufen.
A. Struth, Ludwigsſtr. 12 2 Treppen.
Tapeten von 8, 9 u. 10 kr. an.
Napetenreste für kleine und große
Zimmer paſſend, empfehlen
(2642
C. Hochstätter & Söhne.
Verdruckte oder zerriſſene Tapeten werden,
wenn ſolche vorkommen. gratis gegeben.
um Anlegen von Garten u. Begraͤbuiſſen
T) mit Einfaſſungen von weißen Steinen
nebſt allen dazu gehörigen Pflanzen und ſchönen
Epheu empfiehlt ſich W. Hohenadel,
Handelsgärtner, Soderſtraße.
2759) (Fin fein geſchweiſter Glasſchrank,
C nußbaum poliet, eine Kommode
mit vier Schubladen, neu, gut und dauerhaft
gearbeitet, ſtehen unter Garantie billig zu
ver=
kaufen Carlsſtraße Nr. 8 im Seitenbau bei Hrn.
Bäckermeiſter Hufnagel.
2760) Schöner Lattig, gefüllte Grasblumen,
Goldlack, Erbſenreiſer, Gemüſe= und
Sellerie=
pflanzen bei D. Miſchlich, Kiesſtraße 9=
16
M. x7.
1b42)
HapetOn-Hugor.
W. Schmidt Ludwigsplatz Nr. 9,
blelet eine großarlge Auswahl der neueſten Praͤchtmuſter in den blligſten wie feinſten Tapeten.
Gutes Papler=Naturel von 8 kr. an bis 7 fl. in Gold und Velours. Ferner ein Lager in
bemalten Monleaux, alle Sorten Vorhaug Gallerien, Wachs= und Ledertücher, wobel vorzugliches
Beitwachstuch empfehle.
CLPr. er.P.e.
OD
2761) Ein neuer von Nußbaumholz polirter Waſchtiſch oder Waſchſchräukchen, welches
im Dezember 1867 bei mir beſtellt wurde und die Facon mir überlaſſen war, mlt der Be=
6 merkung, daß ich es gelegentlich, wle es mir paſſend wäre, aufertigen ſollte, iſt jetzt vollendet;
4 da aber der Mann ſelne Frau von der beſagten Arbelt nicht in Kenntniß geſetzt hat, mußte
der Mann mlr dle Annahme der Arbeit verweigern, und um einen Prozeß zu vermeiden, ſoll
6 daſſelbe nun bel mir billig verkauft werden.
Chrletinn Walleer, Schrelnermeiſterl, Rheinſtraße Nr. 19.
0. A.AAA.A-md
2602) Ein gebrauchtes Sopha zu verkauſen
Vermiſchte Nachrichten.
bei Fr. Wenzel, Tapezier, Aexanderſtr. 15.
2702) Untere Niedeſelſtraße Nr. 68 iſt elne
Parthie Vohnenſtangen
billig zu verkauſen.
Bahſenfleiſch das Pſd. 18 kr.
bel
Ph. Keller, Ochſenmnetzger,
Schuſtergaſſe Nr. A.
2763)
2764) Neue Gurken, junge
Ca=
rotten, Kopfſalat, Blumenkohl
und Spargeln ſind ſortwährend zu haben
bei
C. Gottmann.
Vermiethungen.
641) Läden zu vermlethen und ſogleich
be=
zlehbar Nr. 13 am Schloßgraben.
Näheres bei H. Maher, Langegaſſe.
544) Mehrere Logis zu vermiethen Nr. 13
am Schloßgraben.
Naͤheres bei H. Maher, Langegaſſe.
1854) Loulſenplatz Nro. 4 im 3. Stock ſind
mehrere Zlmmer mlt Küche und allem Zubehör
zu vermiethen und alsbald zu bezlehen.
2023) Heinheimerſtraße Nro. 1 iſt die
mitt=
lere Elage, beſtehend aus drel inelnander gehende
Zimmer, Küche, Keller u. allen ſonſilgen
Bequemlich=
kelten zu vermiethen u. ſogleich zu bezlehen.
2119) Ein Logis, beſtehend aus 2 Almmern,
Kablnet, Küche und ſouſilgen Bequemllchkeiten, iſt
zu vermiethen Mühlſtraße 26.
2514) Eine freundliche Wohnung von drei
Zimmern, Küche mlt abgeſchloſſenem Vorplatz,
Magdkammer u. allen welteren Bequemlichkelten
iſt zu vermlethen und Anſangs Iull zu
be=
zlehen. Näheres Wlhelminenſtraße 9, drltter
Stock, Iuko.
4abA ib Ar ben 4 4 NbIB Ibdb 4 4r dt 4r Ai Ar IpWI
f. 2696) In melnem neuen Hauſe, Mauer=
4
ſtraße Nr. 10, iſt die untere Etage, beſtehend
4 lm 5 Almmern mlt abgeſchloſſenem Vor=
W. platz, Mitgebrauch des Blelchplazes und
üb der Waſchküche, nebſt Zubehör, an ruhige
4 veute zu vermlethen und Ende Jull zu be=
Ak. zlehen. Auf Verlangen kann es auch ſchon
4 ſrlher bezogen werden.
Wilhelm Herbſt.
PareWbatenret venta5 4san WabiardieteMeNbabkaue'⁄
Für Arbeiter an der Eiſenbahn
eln klelnes Cogſs von Zimmer 1 Kammer,
Kuche, Keller u. ſ. w. bei
2766) 1G. G. Lange in der Rheinſtraße.
2766) Umtere Nledeſelſtraße Nro. 68 iſt eln
Aimmer für elnen ledigen Herrn mlt oder ohne
Möbel zu vermiethen.
2767) Peſſungen. Sandſtraße 232 iſt eln
Logls zu vermiethen und gleich zu beziehen.
2768) Große Arheilger Straße Nr. 16 im
Sellenbau ein vogls glelch beziehbar.
2769)
Bekanntmachung.
Vom 1. L. Mts. ab wird eine dritte tägliche
Perſonenpoſt zwiſchen Alzey und
Crenz=
nach in folgender Weiſe unterhalten:
216 Uhr Nachmittags,
aus Alzeh
in Creuznach 65 „ Abends,
aus Crenzuach 6
„
„
960
in Alzey
Darmſtadt, den 24. April 1806.
Der Ober=Poſt=Dlrector:
Vahl.
Dr. med. Bennighof
wohnt
2509)
Heinrichſtraße IIb.
1631) Oſſene vehrſtellen bei
H. Emmel, Hof=Schloſſermelſter.
2716
2.
116) Ein junger Mann mit den nöthigen
Vorkenntniſſen kann in einem Waarengeſchäfte
als Lehrling eintreten. Rheinſtraße 8 neu.
„
(Eine zuverläſige freundlche Kinderfrau,
C welche gute Zeugniſſe beſitzt, wird
ge=
ſucht. Näheres Rheinſtraße 23 im Seitenbau.
5 Prave Mädchen, welche ſchon Uebung milt
J der Nadel haben, finden bei gutem
9
Verdienſt dauernde Beſchäftigung.
H. Schuchard.
3 (Ein junges, beſcheidenes Mädchen, das
J C ſeither in einem Kurzwaaren=Geſchäft
außerhalb conditionirte, mit guten Zeugniſſen
verſehen, ſucht eine Stelle.
2364) Bel einer ſtillen Familie können zwei
Schüler freundliche Aufnahme mit Koſt u. Logis
ſowie Nachhülfe in den Lehrfächern erhalten.
Kiesſtraße Nr. 16 eine Stlege hoch.
B IFs wird Jemand geſucht, welcher wöchentlch
3 Cetwa 30 Centner Abfallholz zum
Feueranmachen und unter den Waſchkeſſel für
feſte Nechnung übernehmen will. Von wem?
ſagt die Exp. d. Vl.
2532) Ein Mädchen, was ſich über
Tüchtlg=
keit in Haus und Küche ausweiſen kann, wird
gegen guten Lohn alsbald in Dienſt geſucht.
Promenadeſtraße 79 zwei Treppen hoch.
2570) Einige Schüler können noch Koſt und
Logis erhalten. Nieder=Namſtädterſtraße Nr. 73.
2603) Eine noch in gutem Zuſtande
befind=
liche Drehbauk, 7 Fuß lang, wird zu kaufen
geſucht. Näheres in der Exped. d. Bl.
2610) Eln Junge kann in die Lehre treten
bei Carl Schnabel, Hof=Schloſſermeiſter.
Lokal=Gewerbverein.
Verſammlung der Mitglieder, wozu alle in Darmſtadt und Beſſungen wohnenden
Mit=
glieder des Landesgewerbvereins zählen, Donnerſtag, den 30. April, Abends 8 Uhr, im
oberen Saal der Winter'ſchen Brauerei.-Tagesordnung: Beantwortung von Fragen.
Unter welchen Umſtänden reutirt ſich die Selbſidarſtellung des Leuchtgaſes aus Petroleum,
Brannkohlentheer oder aͤhnlichen Materlallen ? MReſerent Herr Dr. Thiel.
2) Iſt der Weg öſſentlicher Soumiſſion, oder die hier zu Lande ſo beliebte ſtille Vergebung
aus der Hand das Nichtige, bel Lleſerung größerer Arbelten? (eſerent Herr Beſt.)
Das dokal iſt von 7 Uhr an geöſſnet und die neueſten Nummern der techulſchen Journale ꝛc.
ſind auſgelegt.
C4.
49
RltirtrAittittitGttunttt t GUtttihUUAAU
2605)
4
ConéOIt-IhGlgC.
141
4
14)
Das vierte Concert zum Beſten des Wittwen- und
Waiſenfonds der Großherzoglichen Hofmuſik
ſindet Muictwvoch dem 20. April im großen Saale der Vereinigten Geſellſchaft M
4.
Anſung halb 2 Vhr.
ſltalt.
Elntrittskarten ſind in den Buchhandlungen der Herren Jonghaus und Schorkopf
4 zu haben.
Der Vorſtand.
Darmſtadt, im April 1868.
M.
Jou=
PXI
Wf)
Eſ.
Ftttittttht tnhtthhhhugunus Kuntth Utitrtrd
H.
5pCt. Heſſiſche Ludwigsbahu=Priorttäten
in Stücken von 350 Gulden.
Dieſe von der Großherzoglichen Reglerung garantirten Obllgatlonen empfehlen ſich zu
durch=
ans ſoliden und ſicheren Capital=Aulagen, und verdlenen den Vorzug vor vielen, in der
lngſten Zelt emſttirten Werthen von zweiſelhafter Sicherheit.
Ich bin in der Lage. dieſe Prlorltälen, ſowelt Vorrath, zu dem Emiſſionseourſe von
100 pCt. abgeben zu können.
Ferdiuand Sander,
vormals A. Meſſel, Ludwigsplatz.
2606)
2717a)
Turner=Sanitäts=Corps.
Kauptverſammlung der Mitglieder Mittwoch den 29. April d. J.
Tagesordnung: Verathung des Statuten=Entwurfs.
Das Comilé.
A11
63
2770)
Berkin, den 18. April 1868.
B e k a n n t m a ch u n g.
Poſt=Dampfſchiff=Verbindung zwiſchen Stralſuud und Malmoe.
Vom 1. Mai d. J. ab wird die Poſtdampfſchiff=Verbindung von der Linie Stralſund=Pſtadt auf die Linie Stralſund=Malmoe verlegt
Die Fahrten werden von demſelben Zeitpunkte ab in beiden Richtungen bis ultimo September täglich ſtattfinden.
Die Ueberfahrt wird unter gewoͤhnlichen Verhältniſſen in 7 bis 8 Stunden ſtattfinden.
Das Paſſagiergeld beträgt: I. Platz 4½ Thaler, II. Platz 3 Thaler, Vordeckplatz 1½ Thaler Preuß.; für Tour= und Retourbillets,
14 Toge gültig, L. Platz 7½ Thaler und II. Platz 5 Thaler Preuß. 100 Pfund Reiſegepäck ſind frei.
Die Fracht heträgt: für ſperrige Güter 15 Sgr., für gewöhnliche (Normal=) Güter 10 Sgr. und für weniger werthvolle Güter
Pro=
ducte ꝛc.) 5 Sgr. für je 100 Pfund.
Die Verbindung mit den Eiſenbahnzügen geſtaltet ſich in der Richtung nach Schweden:
Abgang aus Berlin um 550 Nachmittags,
Ankunft in Stralſund um 12 Uhr Nachts,
Abgang aus Stralſund mit Tagesanbruch, — Ankunft in Malmoe zum Anſchluß an den um 2 Uhr Nachmittags abgehenden
Eiſen=
bahnzug, Ankunft in Stockholm am andern Nachmittage, in Gothenburg am andern Mittage.
In der Richtung nach Deutſchland:
Abgang von Stockholm 6' früh, — Ankunft in Malmoe 155 Nachts,
Abgang aus Malmoe mit Tagesanbruch,
Ankunft in Stralſund gegen Mittag, zum Anſchluß an den um 1 Uhr Nachmittags nach
Berlin abgehenden Eilzug, — Ankunft in Berlin um 630 Nachmittags. (Anſchluß an die Courierzüge nach Cöln, London,
Paris, Frankfurt a. M., Baſel, Leipzig, München, Hamburg, Königsberg und St. Petersburg, ſowie an den
Schnellzug nach Breslau und Wien).
Durch die täglichen Fahrten zwiſchen Stralſund und Malmoe wird im Anſchluſſe an die zwiſchen Malmoe und Kopenhagen
cour=
ſirenden Dampfſchiffe, zugleich eine günſtige Verbindung mit Dänemark geboten.
Nähere Auskunft ertheilen alle Norddeutſchen Poſt=Anſtalten und die nachſtehend benannten Poſldampfſchiffs=Agenten:
In Stralſund Herr Conſul Heinrich Ifrael; in Malmoe Herr Hans Fris; in Berlin Herr Hofſpediteur J. A. Fiſcher, Prenzlauerſtraße
Nr. 23124, Herr Hofſpediteur A. Warmuth, Friedrichſtraße Nr. 94; in Stettin Herren Schreyer und Comp.; in Frankfurt a. d. O. Herren
Herr=
mann und Comp.; in Danzig Herr Ferdinand Prowe; in Königsberg i. P. Herr Carl Friedrich Sturmhöwel; in Breslau Herren Bülow u. Comp.;
in Magdeburg Herr W. Matthse; in Cöln Herren W. Tilmes und Comp.; in Düſſeldorf Herr Wilhelm Bauer; in Elberfeld Herr J. Weidtmann;
in Crefeld Herr C. Schnabelius; in Leipzig Herr A. Lieberoth; in Dresden Herren Lüder und Fiſcher; in Wien Herren Spatojanski und Sockl;
in Frankfurt a. M. Herr A. H. Zipf; in Paris Monsieur C. F. Dola, 14 Rue de IBchiquier; in Brüſſel Monsieur Crooy, 77 Montagns
de la Cour.
von Philipsborn. w Ein anſtändiges Mädchen vom Lande
G
C wünſcht in ein Ladengeſchäft, in erſter
Zeit ohne Salair, einzutreten. Näheres im Ver=
lage dieſes Blattes. 2733) Frauenzimmer, die Beſchäftigung in
Stramin=Arbeiten übernehmen, wollen ſich ge=
fälligſt melden. Hölgesſtraße Nr. 13. 2772) Ein braver Junge kann unter günſtigen
Bedingungen bei mir in die Lehre treten.
G. Beck, Schreinermſtr., Louiſenſtraße 40. 2735) Ich ſuche einen Schreiber.
B. Langenbach, Hofgerichts=Advokat. Großherzogliches Hoftheater.
Dienſtag 28. April. 13. Vorſt. im 8. Abonn.:
Verſalzen, Luſiſpiel in 1 Akt von Benediz.
Hierauf: Ein alter Commis, Poſſe in 1 Akt
von Langer. Zum Schluß: Die Banditen=
tochter, Ballet in 2 Abtheilungen u. 5 Bildern;
Muſik von Pugnh und Andern. 4 4ls besosendrs.
ſs können noch einige brave Männer in E das hieſige Dienſtmann=Inſtitut auf=
genommen werden.
e
Die Direction.
2724
Vom Strand der Oſiſee. Fortſetzung.
Waldemar erhielt im Laufe deſſelben verſchiedene Einladungen für
den Abend. Spät Nachmittags in ſein Hotel zurückgekehrt, ergriff er die
erſte beſte Karte heraus, ihr zu folgen und die andern unberückſichtigt zu
laſſen, dem Zufall es anheimſtellend, wohin er ihn führe. Die gezogene
Karte ſich merkend, verließ er wieder ſein Zimmer und trat bald darauf
in die glänzend erleuchteten Zimmer eines höheren Beamten. Zuvorkommend
empfangen, war er bald der Gegenſtand allgemeiner Aufmerkſamkeit; von
allen Seiten ſtrömten ihm Gratulationen zu ſeinem durchſchlagenden
Er=
folge entgegen und machten ihn zum Mittelpunkt der Geſellſchaft. Der
Abend war weiter vorgerückt, als Waldemar, einen Augenblick Ruhe
ſu=
chend, in ein anſtoßendes Cabinet trat und hier jenes Mädchen traf, das
geſtern eine ſo eigenthümliche Wirkung auf ſein Spiel geübt. Als Tochter
des Hauſes ihm vorgeſtellt, war ſie bald mit ihm in ein längeres Geſpräch
verflochten. Von dieſem Abend datirte ſich eine tiefe Neigung Waldemar's
für das Mädchen, die von ihrer Seite auf das innigſte erwidert wurde.
Sie beſtimmte ihn, ſeinen Aufenthalt in der Reſidenz vorläufig faſt
unbe=
grenzt zu laſſen. Alle ſeine Plane ſchienen jetzt ein Ziel zu haben.
Waldemar konnte ſich nicht losreißen. In jener Zeit kamen ihm die
Gedanken zuerſt, welche die Vorläufer des großen Virtuoſenmiſere zu ſein
pflegen. Waldemar durfte ſie der ganzen Richtung ſeiner Künſtlerſchaft
gemäß, lange nicht in dem Maße empfinden als viele andere. Doch
un=
berührt von ihr ſollte auch er nicht bleiben. Was nun beginnen? war
die inhaltreiche Frage, die ſich ihm oft aufdrängte. Sollte er ſein Leben
als herumreiſender Virtuos länger fortführen?, Sollte er die leidigen
Feſſeln einer feſten, undankbaren, gerade für ihn doppelt drückenden
An=
ſtellung ſuchen? Ueber all' ſolche Gedanken half dann wohl ein Blick
Clara's hinweg - alles vergeſſend ſuchte er dann den Rauſch ſeiner
tiefen, wahrempfundenen Liebe. Doch es kam auch die Zeit, da ihm dies
genommen werden ſollte.
Clara war ſchön; ſie beſaß die Fähigkeit, zu lieben, aber ſie war
ebenſo leichtſinnig. Der tiefe Gehalt Waldemar's hatte ſie zwar lange zu
feſſeln gewußt, doch nicht für immer. Der Sommer, der herrlich
durch=
lebte und durchtraͤumte Sommer, hatte abgeblüht und mit ihm Clara's
Liebe. Waldemar wurde des Entſchwindens ſeines ſchönen Traums gewahr,
deutlich gewahr. Er war zu ſtolz, länger einem Gefühl hingegeben zu
ſcheinen, das er nicht mehr erwidert, ſondern verworfen ſah. Ruhig
trat er vor die Geliebte und ſagte ihr ſein Lebewohl. Dann ſtürzte er
fort in die Herbſtnacht und als er wieder allein war in ſeinem Stübchen,
weinte er aus Herzensgrunde. Sein ſchönes Liebesleben war am Ende
und für ihn damit der Traum ſeiner Jugend.
In dem Orte, in dem er es erlebt, wollte er nicht länger bleiben.
Zu einer weitern Kunſtreiſe fühlte er ſich jetzt nicht kräftig genug. Da
kam ihm der Gedanke, für einige Zeit ſein fernes Heimathsdörſchen
auf=
zuſuchen. Hier glaubie er die Ruhe ſich wiederzugewinnen, die er für
ſeine fernere Thätigkeit unumgänglich nothwendig erachtete.
Und ſo ſaß er denn nun am kalten Herbſtabend wieder an dem Fenſter
ſeines Vaterhauſes - den Blick hinaus aufs Meer. Sein ganzes Leben
ſeit der Zeit, da er dies Haus verlaſſen, zog an ihm vorüber. Und als
er die Summe zog des Erlebten und was er für ſein Herz daraus
ge=
rettet, ſo war es jetzt: Ein einziger tiefer Seufzer
III.
Waldemar war durch die Reiſe ermüdet geweſen und hatte die erſte
Nacht im Vaterhauſe tief geſchlafen. Ein heiterer Morgen weckte ihn.
Zwar wehte ein kalter, rauher Wind von Norden herüber, aber die
Regenwolken des geſtrigen Tags waren verſchwunden und der Himmel
war klarblau. Waldemar hatte lange geſchlafen. Glockengeläute weckte
ihn und erinnerte ihn jetzt erſt, daß ein Sonntag angebrochen. In dem
ungeregelten Künſtlerleben der letzten Jahre hatte er ſelten einen
Unter=
ſchied zwiſchen Sonn= und Werktaͤgen gemerkt, kirchlicher Sinn hatte ihm
gefehlt und für Künſtler iſt in gewiſſen Zeiten ihres Lebens jeder Tag
„
64
ein Sonntag. Die ſchwachen Klänge der kleinen Dorfglocke an dem ſonnigen
Morgen verſetzten ihn wieder in ſeine Jugendwelt zurück. In ſeiner
Erinnerung tauchte das ganze ſchweigend=andächtige Treiben im
Vater=
hauſe an einem Sonntagmorgen auf. Er ſah ſich mit den Aeltern im
langſamen Schritt der Kirche entgegengehen, gegrüßt von den vor der
Kirchthür Verſammelten, die auf die Ankunft des Pfarrers warten - und
nun die heiligen Räume betreten... Da tönten Orgelklänge herüber ein. Man hat die Vermuthung aufgeſtellt, dieſe Kapelle ſei in der Zeit,
und Waldemar hörte den Geſang der Gemeinde einfallen. Schnell ſprang da das ehemalige Dorf Clappach beſtanden, die Kirche dieſes Dorfs
ge=
er auf; es zog ihn zur Kirche hinüber. Bald angekleidet, eilte er fort. weſen. Als Clappach verſchwand, blieb ſeine Kirche als Kapelle beſtehen
Unwillkürlich richtete er ſeine Schritte, ſobald er die Kirche betreten, dem
Orchelchor zu. Da hatte er in ſeiner Jugend am liebſten geſeſſen, der
Quelle der Töne recht nahe zu ſein. In den Harmonien fortträumend,
hatte er dann wohl nichts von der folgenden Predigt gehört und alles
war an ſeinen Ohren vorübergegangen; ſein ganzes Sein ſchwelgte noch
in dem verrauſchten Tonmeere. Und wie in jenen Tagen, ging Waldemar
auch heute zur Orgel hinauf, leiſe ſich neben den alten Herrn ſetzend,
der ſie ſpielte. Der Choral war geendet. Ein kleines Nachſpiel, und der
alte Herr - wir kennen ihn ſchon, es iſt der Herr Cantor - verließ
ſeine Orgelbank. Da der Pfarrer verreiſt war, ſo ſuchte er ſeine Stelle
auszufüllen. Mitten unter die Gemeinde tretend, las er eine Bibelſtelle
und eine Predigt über dieſelbe vor und andächtig lauſchten die Zuhörer einigem Mauerwerke eine in einem Kruge befindliche Schrift auf
Perga=
auf ſeine Worte. Er hatte geendet und ging wieder zum Chor hinauf,
die Orgel zum Schlußlied zu ſpielen. Aber da ſaß ein anderer auf ſeinem „Höhlen in Verbindung mit der Kapelle ſtand, iſt nicht zu beweiſen.
Plätzchen, und wie er näher trat, griff dieſer in die Taſten, daß die
Har=
monieen voller und voller ertönten; wunderbar innige Melodieen klangen Berg hinein führt, ja wie Manche glauben, weit unter der Erde ſich
dazwiſchen. So hatte die Orgel noch nie getönt. Andächtig zog der
Herr Cantor das Käppchen von ſeinem ſchneeweißen Haupte und in ſeinen
Augen glänzte es wie ein paar Thränen. Das Präludium war beendet, haben, daß er ausgemauert und ziemlich geräumig, aber an verſchiedenen
näher heran zu dem Spieler, ſah ihm feſt in's Auge und griff nach ſeiner Gang nichts weiter als ein Stollen, der ſeine Anlage dem Bergbau ver=
Hand. „Rur trat der Cantor näher heran zu dem Spieler, ſah ihm feſt
in's Auge und griff nach ſeiner Hand. „Nur Einen hab' ich gekannt”,
Auf dieſer Orgel hab' ich ihn unterrichtet.”
Er wird Ihnen ewig dafür danken
„ Waldemar” rief der alte Herr, „du biſt es ?ü Und damit zog er
ihn ſänft an ſeine Bruſt mit unterdrücker Freude, die ſtille Andacht der
Verſammelten nicht zu ſtören. Der Gottesdienſt war aber noch nicht zu
Ende und geſtattete ihm nicht, ſeiner Freude weiter freien Lauf zu laſſen.
Als er aber das Schlußgebet geſprochen, die Orgel verſchloſſen und alles
geordnet, da zog er Waldemar hinaus zur Kirche, ihm noch einmal recht
tief in die Augen blickend, als wolle er ihnen ableſen und vergleichen,
was Waldemar geweſen und jetzt war. So traten ſie auf den die Kirche
umringenden Friedhof. Unwillkürlich wandten ſich beide einem
halbver=
ſunkenen Grabe zu, das ein paar Trauerweiden umſchatteten - hier und fragte den Schwarzen, wie er ſich erkühnen dürfe, das für des Herrn
ruhte Waldemar's Vater. Zur Seite des Lehrers ſeiner erſten
Jugend=
jahre ſetzte ſich Waldemar neben das Grab auf eine Bank und ſeine Blicke
hefteten ſich lange auf den Hügel. Als er wieder aufblickte, ſah er ein ein ſolches Haus bauen wollt, hindere ich die Arbeit, wollteſt Du mir
Mädchen auf ſie zukommen. Langſam, als fürchte ſie zu ſiören oder den eins bauen, ein Wirthshaus, es ſtünde ſchon da, bevor der Tag anbricht
Fremden ſcheuend, trat ſie näher und wandte ſich leiſe erröthend zu
Waldemar's Begleiter.
„Wo kommſt du her, Anna?' frug dieſer liebevoll, auf einen Kranz
deutend, den ſie am Arme trug.
„Ich will zum Grabe der Mutter; es iſt mein Sonntagskranz."
„ Tritt näher, Anna, ehe du vorübergehſt! Kennſt du den einſtigen
Spielgenoſſen noch ?u und damit wies er auf Waldemar.
Schüchtern ſah Anna in Waldemar's Züge, in ihren Augen malte
ſich ein dunkles Erinnern. „Mir iſt's', ſagte ſie zögernd, „doch.
(ortſetzung folgt.)
Darmſtädter hiſtoriſche Rleinigkeiken.
Mitgetheilt von W.
51. Der Herrgottsberg
iſt derjenige Waldplatz geweſen, welcher in früherer Zeit und auch noch
im erſten Viertel unſeres Jahrhunderts vorzugsweiſe am
Himmel=
fahrtstage und an Pfinaſten beſucht zu werden pflegte. Es iſt bekannt,
daß ſolche Bera= oder Waldplätze, denen eine beſondere Vorliebe
zuge=
wendet blieb, ſchon in den Zeiten des alten germaniſchen Heidenthums
eine beſondere Bedeutung hatten, indem ſie die Plätze waren, an denen
unſere Urahnen ihren Göttern im Frühjahre Opfer bereiteten. Das
Chriſtenthum behielt ſolche dem Volke heilige Plätze bei, als es an die
Stelle der heiduiſchen Opferaltäre chriſtliche Kirchen und Kapellen ſetzte.
Ein ſolcher. Platz war der Herrgottsberg. Auf ihm hatten ſich unſere
17½
heidniſchen Vorfahren ehedem zu ihrem Götterdienſte verſammelt, zu ihm
zogen unſere chriſtlichen Vorfahren, als an die Stelle des heidniſchen
Altars eine chriſtliche Kapelle getreten war. Es ſtand nämlich in alten
Zeiten dort eine Kapelle, die St. Martinskapelle, ſo genannt, weil der
Altariſt des St. Martinsaltars in der hieſigen Stadtkirche den Dienſt
dort verſehen mußte. Die Kapelle ging nach Einführung der Reformation
und wurde von einem Prieſter der Beſſunger Kirche, welche die
Mutter=
kirche von Darmſtadt war, verſehen. Als im 14. Jahrhundert das
Ver=
hältniß ſich änderte und die Darmſtädter Kirche Mutterkirche wurde, trat
der Altariſt von St. Martin an die Stelle des Beſſunger Prieſters. An
die Martinskapelle erinnert der Martinspfad, ein alter ehedem nach
dem Herrgottsberg durch das Feld führender Pfad, der den Weg bildete,
den die frommen Darmſtädter nach der Martinskapelle einſchlugen.
Der=
ſelbe iſt jetzt bekannter unter dem Namen Judenpfad, weil er auch
nach dem jüdiſchen Friedhofe zieht. - Es wird erzählt, man habezim
Anfange unſeres Jahrhunderts, als man einige Anlagen auf dem
Herr=
gottsberg machte, auf der Stelle, wo einſt die Kapelle geſtanden, nebſt
ment aufgefunden, die jedoch nicht mehr lesbar geweſen ſei. Ob die
Dieſe „Höhlen hält man für einen unterirdiſchen Gang, der tief in den
fortzieht bis nach Beſſungen oder gar bis Darmſtadt. Prinz Friedrich,
Bruder Ludwig's l., ſoll Nachgrabungen darin veranſtaltet und gefunden
in vollen Accorden brauſte nun der Choral dahin; noch ein kleines, ſanft l Stellen eingeſunken ſei. Näheres über das Reſultat der Unterſuchung
hingleitendes Nachſpiel und die Orgel ſchwieg. Da trat der alte Cantor iſt nicht bekannt geworden. Möglicherweiſe iſt aͤber dieſer unterirdiſche
dankt, der unter Georg I. namentlich im Beſſunger Wald betrieben wurde.
An die „Teufelskralleu auf dem Hergottsberg knüpft ſich folgende
ſagte er ernſt, „der als Knabe einſt ſo zu ſpielen verſprach wie Ihr jetzt. Sage: Vor alter Zeit ſollte auf dem Herrgottsberg eine Kirche gebaut
werden und zwar in Folge eines Gelübdes, welches die Gemeinde
Beſ=
ſungen zur Zeit einer allgemeinen Noth gethan hatte. Man ſchaffte das
Material dazu hinauf, Holz, Steine, Alles was zum Bau nöthig war
und wollte denſelben in Angriff nehmen, als man eines Morgens alles
das am Fuße des Berges wieder fand. Man hielt dies für ein Werl
köſer Menſchen und trug alles wieder hinauf, fand aber am anderen
Morgen wieder alles unten. Da beſchloß der Baumeiſter ſelbſt Wache
zu halten und ging nebſt einigen Geſellen Abends auf den Berg, wo er
ſich verſteckte. Gegen Mitternacht ſah er eine ſchwarze Geſtalt, die das
Holz nahm und mit Leichtigkeit den Berg hinunter warf. Obgleich
er=
ſtaunt und einigermaßen erſchrocken, wagte ſich der Baumeiſter doch hervor
Haus Beſtimmte frevelhaft vom Platze zu werfen und die Arbeit alſo zu
hindern. Da lachte der Schwarze höhniſch und ſprach: „Eben weil ihr
Der Baumeiſter, ein kluger Mann, beſann ſich ſchnell und ſprach:
„Wohlan, das Haus ſoll Dein ſein, wenn es bis morgen früh fertig
daſteht. Er merkte nämilich wohl, mit wem er es zu thun habe und
bedingte ſich nur aus, daß der Schwarze nach dem bereits fertigen Plan
bauen müſſe, was auch zugeſtanden wurde. Zufrieden mit ſeinem Handel
ging der Baumeiſter nach Beſſungen zurück und geraden Wegs zum
Pfarr=
haus, wo er ſich mit dem Pfarrer berieth, bis die Sonne an den Himmel
kam. Da läuteten unerwarteter Weiſe alle Glocken der Kirche und
ver=
wundert ſtrömten die Beſſunger zuſammen und Jeder fragte, was das
wohl bedeute? Der Pfarrer trat unter ſie und ermahnte ſie, ſich raſch
zu einer feierlichen Proceſſion auf den Hergottsberg zu bereiten. 65
dauerte nicht lange, da zog ganz Beſſungen, das Kreuz voran, unter
Ge=
bet und Geſang dem Berge zu, auf deſſen Höhe die Kapelle ſchön im
Gold der Morgenſonne ſtrahlte. In der Thüre ſtand der Schwarze und
rieb ſich ſchon lange die Hände vor Freude. Als er aber die heiligen
Lieder hörte, wie ſie näher und näher drangen, wurde es ihm ſchwül
und ſchwüler. Da blitzte ihm plötzlich das Kreuz entgegen, es rückte
gleichfalls ſeinem Bau näher, er ſah, daß er überliſtet war und eilte von
aulien, ſo daß die Proceſſion ungeſtört in die Kapelle einzog. Aber
e=
beſchloß ſich zu rächen und Alle zu tödten, die eben in der Kapelle waren:
er riß einen ungeheuren Felsblock los, erhob ſich mit demſelben in die
Luft und warf ihn gegen das Dach des Kirchleins. Aber der Schutz
Gottes war mit den Andächtigen, der Stein prallte ab und fiel, ohne
Schaden zu bringen, neben der Kirche nieder. Da liegt er noch und als
Wahrzeichen ſieht man an der Stelle, wo ihn der Böſe gefaßt hatte,
deſſen Krallen eingedrückt. Dieſer Stein iſt der Felſen, den man jetzt
noch die Teufelskralle nenut.
Redaction und Verlag: F. C. Wittich'ſche Hofbichdruiceret.
[ ← ][ ][ → ]69
R 18.
Beſſunger Frauenverein zur Unterſtuͤtzung von Armen und Kranken.
Der ergebenſt unterzeichnete Vorſtand des Vereins ſieht ſich veranlaßt, früheren Verſprechen gemäß, nunmehr eine kurze Rechenſchaft ſeiner
letztjährigen, insbeſondere der im vergangenen Winter nothwendig gewordenen außerordentlichen Thätigkeit zu veröffentlichen, und verbindet hiermit
ſeinen innigſten Dank ſowohl gegen die edlen Geber, die ſeiner Sache in außerordentlicher Weiſe ihre Theilnahme zugewendet haben, als gegen
die ordentlichen Mitglieder, wie nicht minder gegen die Männer, die ſich der nicht geringen Mühe des Rechneramts unterzogen haben und
noch unterziehen in der Hoffnung, daßzder Frauen=Verein zur freiwilligen Armen=Unterſtützung fortwährend in geſegneter zweckdienlicher
Weiſe fernerhin beſtehen und unter lebendiger Theilnahme ſeiner Gönner eine reichliche Thätigkeit entfalten könne.
A. Im Jahr 1866 waren eingegaugen an regelmäßigen Bei=
trägen
Hiervon wurden an Arme verwandt:
1. Für 125 ganze und 168halbe Laib Brod 61 25½
II. Für Kleidungsſtücke an Arme, Kranke
und Confirmanden
II. Für Unterſtützungen an baarem Geld, 4
IV. Für Fleiſch, Suppe und Kaffee
V. Für Geſangbücher an Confirmanden 9
VI. Für Sammeln der Beiträge u.
Dienſt=
leiſtungen
VI. Für Quittungsformulare
130 fl. 44 kr.
fl. kr.
30 12
5 54
18 42
1 48
131 fl. 1½ kr.
Uebertrag.
d) Von nachfolgenden Privaten Herren Zöppritz,
Geh. Rath Baur, Major v. Gründler,
Real=
lehrer Schopp, Stabsgaartiermſtr. Metzler,
Bergrath Schenck, Rentner J. Heil,
Re=
viſor Frenz, Hauptmann Weyland,
Poſt=
rath Muͤller, O=Poſt=Seer. Kneuſſel,
Ma=
jor Bickel, Hauptmann v. Herget,
Haupt=
mann Bellaire, Oberförſter Balz,
Quar=
tiermeiſter Roth, Hofgärtner M. Noack u.
R. Noack, Reichenbach, Fabrikant Keller,
Steinkohlenhändler Schmidt
e) Von der Gemeinde Beſſungen verwilligt
95 fl.
kr.
30 15
50-
Verglichen Ueberzahlung von
fl. 174 kr.
B. Im Jahre 1867 waren eingegangen an regelmäßigen
Beiträgen
125 fl. 35 kr.
Abzüglich der Ueberzahlung von 174 kr. 125 fl. 174 kr.
Hiervon wurden verwandt:
fl. kr.
1) Für 136 ganze u. 206 halbe Laibe Brod 84 57
2) Für Kleidungsſtücke an Arme, Kranke
38 17
und Confirmanden
3) Für Unterftützungen an baarem Gelde 1 30
48
4) Für Fleiſch, Suppe ꝛc.
5) Für Geſangbücher an Confirmanden ꝛc. 9 32
6) Für Sammeln der Beiträge und
ſon=
ſtige Dienſtleiſtungen
18 42
Summe der Ausgaben
153 fl. 46 kr.
1
Verglichen Ueberzahlung von
28 fl. 281 kr.
In Folge des zu Anfang 1868 geſchehenen
Auf=
rufes waren eingegangen:
fl. kr.
1. An einmaligen Beiträgen:
a) Von Ihrer K. H. der Frau Prinzeſſin Karl
75
und deren Hohem Gemahl G. H..
b) Von Ihrer K. H. der Frau Prinzeſſin Alice 10) Von Ihrer D. der Frau Prinzeſſin Battenberg 10
95 fl.
Zu übertragen
kr.
Beſſungen, den 2. Mai 1868.
Demmel, Bürgermeiſter.
6
2954)
175 fl. 15 kr.
I. Regelmäßige Beiträge im 1. Quartal, wozu
folgende neue Mitglieder gekommen ſind:
Frln. Dannenberger, Hr. St.=Auditeur
Eigen=
brodt, Major v. Gründler, Bergrath Schenk,
Wirth Schmidt, Rentner M. Heil, Fabrikant
Giller, Pfarrer v. Bahder, Maler Weber,
Maurermeiſter Berth, Architekt Bauer,
Canz=
lei=Inſpector Felſing, Schuhmachermeiſter
Maurer, Fabrikant Reichenbach, Rendant
Lehleitner, Schloſſermeiſter Nohl, Lithographie=
Beſitzer Weinmann.
44 fl. 53 kr.
Summe der Einnahmen:
220 fl. 8 kr.
Hiervon wurden verwandt in den erſten
fl. kr.
Wintermonaten:
1) Für Steinkohlen.
29 30
2) Für Fleiſch
29 25
3) Für Brod.
57 32
7
4) Für Schuhe
5) Für Erhebung der Beiträge ꝛc.
6 30
6) Ueberzahlung aus 1867
28 28½
7) Für Unterſtützungen an baarem Geld .12 -
170 fl. 25½ kr.
Der Vorſtand:
Henkel, O=R.=Probator. Langheinz H., Kanzliſt. Noack, Pfarrer.
hröder, Reviſor. Werner, Ackersmann.
Vom Strand der Oſiſee.
Fortſehung.
Waldemar hatte ſich erhoben. „Ich habe mich ſehr verändert”, ſagte
er lächelnd, „uicht wahr ? Es iſt lange her, daß wir uns kannten - ich
habe dich nicht vergeſſen, Annal Gib mir Leine Handu, fügte er, näher
tretend, hinzu, „und damit zugleich die Verſicherung, mich als alten Freund
wieder aufzunehmen! Und ſo — von einem Jugendfreunde nimm auch
das Du hin, mit dem ich dich ſogleich anzureden wagte”
Anna ſah ihn mit ihren treuen Augen lange an. „Du biſt's
Walde=
mar? Hätte ich dich doch kaum wiedererkannt!” Sanft drückte ſie ſeine
Hand und zog dann langſam die ihre zurück. „Wie lange biſt du ſchon
fort und wie ſiehſt du kränk aus ”u
Waldemar's Augen ruhten auf dem ſchönen, lieblichen Mädchen; kaum
hörte er ihre Fragen; nur das Wörtchen „krank” hatte er verſtanden.
„Nein, nein lu murmelte er leiſe.
„Du kommſt zu uns, Waldemar”, unterbrach ihn hier der Herr
Cantor, und verlebſt bei uns dieſen Sonntag!
Langſam ſchritten ſie über den Kirchhof. Eine Weile noch blieben
ſie ſtehen, es war vor dem Grabe von Anna's Mutler. Sie legte ihren
friſchen, grünen Kranz darauf und reinigte es von dem gelben Laube, das
der Herbſt darübergeſtreut. Dann ſchritten ſie weiter. Nun zeigte der
Herr Cantor Waldemar noch ſein Gärtchen, ſeine Malven und Georginen,
dann traten ſie in ſein freundliches Häuschen ein.
Der Mittagstiſch war lange abgedeckt; ſchon brach der frühe
Herbſt=
abend herein und dunkle Nebelnolken verdüſterten den Horizont. Noch
immer ſaßen die Drei zuſammen und planderten. Wie viel hatte Walde=
mar nicht zu erzählen von ſeinen Freunden, ſeinen Reiſen, ſeinen
Con=
certen! Wie viel hatte nicht der alte Herr zu fragen! Es war nach
Jahren das erſte mal, daß Waldemar ſich in einem häuslichen Kreiſe
be=
wegte und wohl fühlte, er hatte das lange nicht gekannt, faſt vergeſſen.
Die Dämmerung war längſt hereingebrochen, das Stübchen ganz
dunkel. Da öffnete der Herr Cantor ſein Klavier und wies auf
Walde=
mar: „Nun ſpiel' auch uns einmal vor, wie du's ſo vielen Tauſenden
gethan!
Waldemar trat an das Klavier. Einen Augenblick ſann er nach,
dann begann er das letzte der Nachtſtücke von Robert Schumann zu ſpielen.
Zart und innig erklang der Geſang durch den ſtillen Abend. Waldemar
war's, während er dieſe Töne anſchlug, als ſähe ein dunkles, ſeelenvolles
Auge auf ihn nieder und göſſe mit ſeinen Blicken einen tiefen Zauber
über ſein Empfinden aus. Leiſe verhallte der Nachtgeſang, mit einem
dumpfen Seufzer heraus aus tiefſter Bruſt dringend. Still verſunken
blieb Waldemar ſitzen; ſeine beiden Zuhörer ſchwiegen; ſolche Muſik
hatten ſie noch nie gehört, noch nie ſo ſpielen.
„ Und wer hat dieſe Töne erdacht?ü fragte endlich Anna's Vater mit
leiſer Stimme, als ſürchte er, den Zauber zu ſiören, der ihn, ſie alle
umfangen hielt.
Waldemar ſchwieg einen Augenblick, als ſuche er ein ſchmerzliches
Erinnern zurückzudrängen, dann ſagte er: „Es war mein beſter Freund,
ich habe viel mit ihm zuſammengelebt. Jetzt ruht er ſchon aus.
Im letzten Sommer iſt auch er dahingegangen und Wahnſinn verdüſterte
die letzten Tage ſeines Lebens.”
„Und ſeinen Namen, Waldemar?”
„Robert Schumann.. Mit zuckender Lippe hatte Waldemar den
18
M.
70
Namen ausgeſprochen; ſchnell wandte er ſich zu dem Klavier und begann
jenes Abendlied, das der Meiſter urſprünglich für zwei Spieler erdacht.
Mit dieſen Tönen hatte Waldemar oft ſein wild aufgeregtes Herz
einge=
wiegt und beruhigt. Damals, als er Clara zum letzten male geſehen, als
r umhergeirrt, ohne Ruhe zu finden, hatte dieß Abendlied ihn zu
be=
ſänftigen gewußt. Auch jetzt wollte er trübe Erinnerungen an einen
Freund mit ihm verſcheuchen. Und es gelang ihm.
Nach ſeinem Spiel begann Waldemar von dem verſtorbenen Freunde
zu erzählen; bis ſpät in die Nacht hinein ſprach er von ſeinem Leben,
ſeinen Compoſitionen, ſeinem Wirken. Und als er ſo ſeine Erinnerungen
wieder neu belebt und aufgefriſcht, da drängte es ihn hinaus in die Nacht.
Er verabſchiedete ſich von ſeinen wiedergefundenen Freunden und eilte zum
Meer bis an den Nand der Ufer. Unter ſich hörte er die Fluthen
rau=
ſchen; nur den Schaum, wenn er mit den Wogen dem Strande zurollte
ſah er weiß erglänzen. Eine Weile horchte Waldemar auf die dumpfen
Klagen der Fluthen. Das that ihm wohl.. In den ſchönſten Stunden
der verfloſſenen Zeit der Liebe hatte er ſich wohl, die Geliebte zur Seite,
an das Meer hingeträumt, das Meer, das in ſeine Jugend hineingerauſcht,
das klarblaue Meer mit ſeinen ſilbernen Schaumblumen. Hier, wo
ihn das Unendliche ſo anwehe und entgegentrete, da hatte er auch die Liebe
unendlich geglaubt. Jetzt ſtand er ſeit ſeiner Jugend zum erſten male
wieder am Meeresrande, und es war eine dunkle, kalte Nacht und die
Wogen rauſchten dumpf - und das that ihm wohl..
Und als nun Waldemar ſein Stübchen wieder betrat, da nahm er
ſeine Geige vor und bis Mitternacht hin erklangen ſeine tiefen, innigen
Melodieen, in die ſein ſchmerzliches Empfinden ausſtrömte. Und draußen
das Meer rauſchte dazu die vollen Grundharmonieen in ſeinem dumpfen
Brauſen.
IV.
Der Winter rückte näher und näher. Der Morgen brachte bereifte
Bäume und ſilbern erglänzende Teppiche deckten die weiten Felder. Das
letzte Laub war geſunken und dumpf heulten ſchneidende Nordwinde durch
die kahlen Bäume. Draußen ſah es aus wie in einem freude= und
ſchmerzenleeren Herzen, abgeſtorben und verwelkt, todt und kalt.
„Und doch iſt's ſo beſſer= ſchrieb Waldemar an einen Freund; „ich
wüßte nicht, wie ich's ertrüge, frühlingte es jetzt und nahte ein
zauberi=
ſcher Sommer. Ich müßte vor Sehnſucht, vor Erinnerungen vergehen.
Dieſe Natur, dieſe Zeit, weckt ſie nicht; ſie macht mein Herz von allen
ſenen Empfindungen leer, die ich einſt ſo reich, ſo tief durchlebte. Laß
mich ſchweigen; ich mag nicht daran denken; die alten Wunden ſind noch
nicht vernarbt und es iſt noch nicht ſo lange her, daß ich unglücklich
bin....
„Ich lebe einfach hier; das Studiren hilft über manche trübe Stunde
hinweg. Ich arbeite fleißig. Einen lieben Freund hab' ich in dem alten
Lehrer meiner früheſten Jugend gewonnen. Seine Tochter iſt lieb und
gut - ich glaube, wir werden Freunde werden. Spaziergänge füllen die
Zeit aus, die mir bleibt, wenn ich des Arbeitens müde und mit dem
alten Herrn nicht ſchwatzen darf. Ich habe ihm von Robert erzählt.
Mit vollem Herzen hat er ſeinen Tönen gelauſcht und hier an Baltias
rauhen Küſten hat ſich der Todte neue Freunde erworben. Kommſt du
wieder an ſein Grab, ſo lege die Bernſteinblume darauf, die dieſer Brief
einſchließt. Ich hab' ſie em Meeresſtrand angeſpült gefunden. Mit
meinem Gruße bring' ſie hin!”
Waldemar ſiegelte den Brief und ſteckte ihn zu ſich, um ihn in der
nah liegenden Poſtſtation ſelber einzureichen. Der Gang dahin ſollte ihm
heute den gewohnten Abendſpaziergang erſetzen. Er ging ſcharf zu, um
ſich zu erwärmen, und noch dunkelte es bereits ſtark, als er ſeinen
Rück=
weg antrat. Er führte ihn durch einen alten Eichwaldl, der ſich bis an
das Heimathdörſchen erſtreckte und längs dem Meeresufer hinlief,
durch=
brochen bisweilen von wildromantiſchen Schluchten, die die Ausſicht auf
das Meer eröffneten. Waldemar war ſchon ſeinem Ziele nahe gekommen
und ſchon mußte ihn die erſte Biegung des Waldwegs einzelne Häuſer
des Dörſchens ſehen laſſen, als er vor ſich zwei Geſtalten erblickte die
das Abenddunkel ihn nicht genau erkennen ließ. Ein paar ſchnelle Schritte
und Waldemar war an ihrer Seite.
„Guten Abend, Annalu rief er freundlich der einen zu. Anna dankte,
aber ihr verlegener Blick und ihres Begleiters kaltes Abwenden verriethen
Waldemar bald, daß man ſeine Gegenwart augenblicklich nicht wünſche.
Ein wenige Schritte weiter abbiegender Seitenpfad bot ihm auch bald
Gelegenheit, die beiden zu verlaſſen. Mit einem „Gute Nacht! Ich gehe
noch ein wenig an den Strand hinunter” — wandte er ſich dem Stege,
der ihn unmittelbar an die See leitete, zu. Er kletterte das Ufer
hinunter und ſetzte ſeinen Fußgang nach Hauſe längs der Brandung fort.
Waldemar hatte Anna's Begleiter wohl einmal, jedoch nur flüchtig
geſehn. Seine imponirend männlich=ſchöne Erſcheinung war ihm ſogleich
aufgefallen. Aufgewachſen unter harter, mühevoller Arbeit, im Kampf
mit Meer und Sturm, hatte dieß den urſprünglich ſchönen Formen ſeines
18.
Körpers den Stempel des Männlichen, Kraftvollen aufgedrückt. Und ſein
gebräuntes Geſicht, ſein freier Blick, die Furchen ſeiner Stirn konnten
nur dieſen Eindruck erhöhen.
Seinen Namen hatte Waldemar noch nicht gehört; er hatte nie
ge=
wußt, in welchen Beziehungen er zu Anna ſiehe, und das flüchtige
Bu=
ſammentreffen an dieſem Abend konnte ihn auch mehr muthmaßen, als
eine feſte und ſichere Anſicht faſſen laſſen.
Waldemar war bald zu Hauſe angelangt. Schon vor ſeinem
Spa=
ziergange hatte er ſich vorgenommen, für den Abend das Cantorhaus zu
beſuchen. Nun da es ſpät und dunkel geworden, ging er hinüber.
Er fand den alten Herrn allein bei ſeinem Studirlämpchen, ein altes
ver=
blichenes Buch leſend. Die vielen eingelegten Zeichen darin und trockene
Blumen zwiſchen den Seiten ließen Waldemar vermuthen, daß es
irgend=
ein liebes Angedenken ſei. Als er eingetreten war, hatte der Cantor das
Buch geſchloſſen und fortgelegt; ſeine Mienen verriethen aber noch, daß
ſein Herz mitgeleſen. Freundlich begrüßte er den Eintretenden. Seine
Brille zuſammenlegend, lud er ſeinen Gaſt ein, ſich zu ihm zu ſetzen.
Die Ankunft des Pfarrers, der während der Zeit, die Waldemar auf
ſeinem Gange zugebracht, wieder heimgekehrt war und dem jener ſich noch
am heutigen Abend vorzuſtellen beſchloß, bot leicht Anknüpfungspunkte zur
Unterhaltung. Zurückzudenken an die Zeiten ſeines Vorgängers,
Walde=
mar's Vater, lag nahe, und ſo ſchweiften die Erinnerungen beider in der
Vergangenheit umher. Dann kam man auf Waldemar's Verlaſſen der
Heimath, auf ſeine Kunſt — auf die Muſik. Man ſprach auch von Anna.
Der alte Herr hatte bei ſeiner Tochter muſikaliſche Anlagen entdeckt,
ge=
ſtand aber gern ſeine Unfähigkeit ein, ſie zu wecken und auszubilden. Er
hatte ſich darüber zu Waldemar ausgeſprochen, als dieſer erwiderte, ein
wirklich planmäßiges Unterrichten Anna's in der Muſik würde jetzt zu
ſpät kommen. „Auch”, fügte er hinzu, habe ich mich immer mehr in die
Meinung hineingelebt, es werde jetzt zu viel Muſik getrieben und es gebe
zu wenig muſikaliſche Leute.”
„Und Anna, Waldemar Lu
„Sie ſagten, ſie habe Talente. Laſſen Sie mich für einige Zeit ihr
Lehrer ſein. Ich werde es nur anders anfangen müſſen. Ich werde ſie
vielleicht nie einen Ton anſchlagen laſſen. Ich werde ihr nur vorſpielen
und ſie ſoll zuhören, — dann wollen wir darüber ſprechen; das ſoll
un=
ſere Muſikſtunde ſein.”
Während deſſen war Anna eingetreten. Ihre hochgerötheten Wangen
kündeten eine innere Erregung an; doch ſie bezwang ſich, nichts merken
zu laſſen. Leiſe war ſie den beiden Sprechenden näher getreten und hatte
noch des Vaters letzte Worte gehört. Nun blickte er empor: „Da biſt
du, Anna, wir ſprachen ſoeben von dir. Waldemar hat dich noch
nie=
mals ſingen gehört, — ſinge uns ein Liedchen.
Anna war daran gewöhnt, jedem Wunſch des Vaters nachzukommen.
Jetzt wurde es ihr ſchwer, ihre Gemüthsſtimmung war zu eigener Art
doch, dachte ſie, vielleicht hilft ein Lied . . das beruhigt oft
was ſoll ich nur ſingen?
Waldemar hatte das Inſtrument geöffnet. Anna ſann noch einen
Augenblick.
„Ich will euch mein Lieblingslied ſingen”, ſagte ſie darauf zu
Wal=
demar gewendet. „Ich weiß nicht, ob ichs auch richtig ſinge - ich hab's
einmal gehört, als ich in der Stadt war, von einer Freundin, und
ſeit=
dem hab' ich's nie vergeſſen können.”
(Fortſetzung folgt.)
Darmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt von W.
52. Der Prinz Georg'ſche Garten.
Die erſte Anlage dieſes Gartens als eines fürſtlichen fällt in die
Regierung Georg's II. Georg II. legte neben dem Hofgarten dieſen
neuen Luſtgarten an, nachdem er den ſ. g. Arheilger Garten, der nicht
in einem Beſitz, ſondern im Beſitz mehrerer Perſonen ſich befand, und den
dem Hans Reinhard Schütz von Holzhauſen gehörigen Garten erkauft
hatte. Ludwig VIII. ſchenkte im Jahr 1764 dieſen Garten ſeinem zweiten
Zohne, dem Prinzen Georg Wilhelm, von dem er nach ſeinem Tode auf
den Prinzen Georg Carl überging. Von dieſem, ſeinem Schwager, erkaufte
ihn Ludwig I. Die Großherzogin Luiſe bewohnte zeitweiſe das darin
ge=
legene Haus. Für die Darmſtädter hatte dieſer Garten eine Bedeutung,
weil die Großherzogin Luiſe alljährlich am 18. October darin den
Waiſen=
kindern aus dem Waiſenhauſe ein Feſt bereitete, bei dem die Kinder unter
den darin ſtehenden Orangenbäumen ein Mittageſſen erhielten, dem der
ganze Hof beiwohnte, den einzelnen Kindern die Aufmerkſamkeit zuwendend.
Den Darmſtädtern war der Tag, an dem die Waiſenkinder geſpeiſt
wur=
den, ſtets ein beſonderer Feſttag und ſie zogen zu Hunderten in den Prinz
Georg'ſchen Garten.
Redactton und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.