Darmstädter Tagblatt 1785


07. November 1785

[  ][ ]

Anno 1785.
den 7. November.
Num. 45.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnaͤdigſtem
Darmſtaͤdti=
Anzeigungs
zu finden in der
Hof= und Canzley=

Heſſiſchem
Privilegio
ſches Frag=und
c latt
Hochfuͤrſtlichen
Buchdruckerey.

Victualten= und Marktpreis.

Ein 15 Ochſenfleiſch =
1 Rindfleiſch
1 = Kalbfleiſch
1 = Hammeifleiſch
1 Schaffleiſch
Schweinenfleiſch
Schinken u. Doͤrrfl., 15
Speck= 16
= Nierenfett = 12
= Hammelsfett 1
1 Schweinenſchmalz
Ein Kalbsgekroͤß = 6 a
Ein Kalbsgeluͤng=
Ein Hammelsgeluͤng=
116 Ochſengeluͤng
1 Suͤlzen =
1 Bratwuͤrſt
1 Leber =u. Blutwuͤrſtſ6
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung
Ein Kalbskopf
Ein Hammelskopf
Ein Kalbsſus=
Ein Malter Korn =
Eſl Malkek Gerſten =
Ein Malter Waizen =
3
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer=
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl

Ein Kumpf Haſermehl 30
1 Kpf. geſchälter Hirſen =
40
1 Kpf. grobgeſch. Gerſte 32.40l48
1 KpfkleingeſchaͤlterGerſten 60,80
1 Kumpf Erbſen =
1 Kumpf Linſen =
20
1 Maas Merz=oder Lagerbier
im Hauſe=
= uͤber die Straſe =
1 Maas Jungbier im Haus
und uͤber die Straſe
1 Maas Bierhefe
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
14b friſche Butter
1= Handkaͤs der beſten
Die uͤbrige Handkaͤſe 415 Stuͤck
Eyer 4 auch 5 Stuͤck vor
Ein aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln
Brod=Caxe und Gewicht.
Pf.
Vor2kr. Brodſoll wiege
Vor4kr. dito
Vor6kr. dito =
(Vornke. Kuͤmelbrododer
Gemiſchreebod=
Vor2kr. dito
Vor1 kr. Waſſerweck=
10
Vor1kr. Milchweck
Vorn kr. Milchbrod=
Ein 5= pfuͤndige: Laib, ſogenanntes
30) Comiß=Brod ſoll gelten 7 Kr. 2 Pf.

Fuͤrſel Heſſiſche Polizeydeputation dahier.

[ ][  ][ ]

Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.

1. Sachen, ſo zu verkaufen.
Das Loͤw Fuldiſche Haus in der Schloßgaſſe, zwiſchen der verwittweten Frau Hof=
rentmeiſter
Follenius und des Juden Marx Behauſung gelegen, ſoll naͤchſtkünftigen
Bättag auf allhieſigem Rathhaus zum leztenmal aufgeſtekt und an den Meiſtbletenden
uͤberlaſſen werden, wozu alle Kaufluſtige hiermit eingeladen werden. Darmſtadt den
9ten November 1785.
Fuͤrſtl. Beſſiſches Oberamt daſ.
Nachdeme Freitags den 18ten Novemb. die von dem Dornhelmer Hoſpltalguth ein=
Lommende ganz reine Pachtfruͤchte, beſtehend in Korn, Waizen, Gerſten und Hafer,
auf dahieſigem Rathhaus oͤffentlich verſteigert und dem Meiſtbietenden gegen baare Zah=
Lung uͤberlaſſen werden ſollen; ſo wird dieſes zu dem Ende hiermit bekannt gemacht, da=
mit
diejenigen, welche von ſothanen Fruͤchten zu kaufen Luſten haben, ſich beſagten Ta=
ges
Morgens fruh um 9 Uhr dahier einfinden moͤgen. Darmſtadt den 21. October 1785.
Mittwochs den 16ten dieſes, Nachmittags 2 Uhr, ſollen im Gaſthaus zum Ochſen
allhier allerlei Pretloſa von Gold und Silber, als: ein goldner Stockknopf, eine gol=
dene
Uhr nebſt dergleichen Kette, eine ſilberne Waſſerkanne nebſt Bartbecken, franzoͤſi=
ſcher
Probe, ſilberne Spielmarquen, ſilberne Schnallen, Löffel und Degen an den
Meiſtbi.tenden gegen baare Bezahlung verkauft werden. Darmſtadt den 4. Nov. 1785.
Johann Georg Seipel iſt entſchloſſen, 36 15 Ruthen Acker im Oberfeld, im Soder
Nro. 12. in der 9ten Gewann, giebt 1Alb. Beed, iſt zehendfrei, beforcht Hautboiſt
Huͤter und gnaͤdigſte Herrſchaft; ſodann 96 Ruthen 10 Schuh Garten daſelbſt, Nro. 14.
beforcht Hr. Dreſſel und Ludwig Har, iſt zehendfrei; desgieichen ſetn Haus mit Stallung
und Keller, hinter der Walſenpumpe neben dem Schneider Frank gelegen, aus freter
Hand zu verkaufen, und koͤnnen ſich die Liebhaber deswegen bei ihm melden.

II. Vermiſchte Nachrichten.
In der neuen Vorſtadt unter einem Vorderhaus iſt ein groſer gewoͤlbter Keller zu ver=
miethen
. Wo2 iſt in der Buchdruckeret, in Nro. 118 zu erfragen.
250 Gulden ſind gegen gerichtliche Sicherheit zu verlehnen. Bei wem ? iſt in eben=
gedachter
Buchdruckerei zu erfragen.
III. Zahlenlotterie Anzeige.
Bei der mit bekannter guter Ordnung und den veſtgeſetzten Solennitaͤten vollzogenen
103ten Ziehung der Hochf. Heſſen=Marburgiſchen gnaͤdigſt garantirten Zahlen=Lotterie,
2
ſind die Rummern:
aus dem Glücksrade gezogen worden. Die 173te Ziehüng in DaLſſtadt geſchſehet den
9ten November. Die 240te Ziehung in Caſſel, den 16ten November, Die 104te Ze=
hung
in Marburg den 23ten November,= und ſo fort von 3 zu 3 Wochen. Darmſtadt
den 2. November 1785.

Angekommene fremde Herrn Paſſagiers:
Vom 29. Oct. bis den 22. Nov. 1785.
Herr von Hüthen, Kapitain in Kaiſerlichen Dienſten. Herr Danner, Virtuos von
Mannheim. Herr Nordwich, Maler aus den Niederlanden, log. im Trauden
Herr Krenzetſeln, geheimer Sekretair von Zweibrücken, Madame Dauphin, Galanfe=
rjehaͤndlerin
aus Paris, log in der Poſt.

[ ][  ][ ]

Herr Tüchert, Bldhauer von Frankfurt. Herr Mund, Maler von Frankfurt, log.
im Ochſen.
Herr Eyſſele, Kaufmann aus Duͤrwangen. Herr Koch, Spitzenhaͤndler aus Oehrtn=
gen
, log. im Schwanen.
Herr Schalk, Maler von Frankfurt, log. in der Krone.
Herr Joſſh, Handelsmann aus der Schweiz. Herr Adorn und Herr Winter, aus
Strasburg, log. tm froͤlichen Mann.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers:
Herr von Arnſtaͤdter, Kapitain in Hollaͤndiſchen Dienſten, den 29. Oet. Herr von Fran=
kenbuſch
, Rittmeiſter in Franzoͤſiſchen Dienſten, den 31. Oct. Herr Jäger,
Kabinetsrath von Pirmaſens, den 2. Nov. Herr von Burke und Herr von
Lottin, aus England, den 3ten. Herr Haberkorn, Lieutenant in Hollaͤndtſchen
Dienſten, den 4ten. Herr von Galling, Hofgerichtsrath und Kammerjunker
von Hanau, eod. Herr von Buſch, Major in Hollaͤndiſchen Dienſten, den 5ten.

Gebohrne, Getaufte, Copulirte und Verſtorbene
in voriger Woche.
Gebohrne und Getaufte.
Den 30. Oet., Dem Burger und Mezgermeiſter, Georg Henrich Schnell, ein Toͤchterl.
Den 3. Nov., dem Furſtl. Kammerlaquai, Herrn Joh. Jakob Haller, ein Söͤhnlein.
Den g. dem Burger und Ackermann, Johann Balthaſar Beſt, ein Soͤhnlein.
Den 5. dem Füͤrſtl. Kuͤchenmeiſter, Herrn Philipp Klos, ein Soͤhnlein.
Copulirte.
Den 1. Nov., Dettlev Rudolph Jauch, Buchdrucker in der Fuͤrſtl. Hof= und Kanzlel=
Buchdruckeret, weil. Juſtus Jakob Jauchs, auch geweſenen Buchdruckers zu
Preuſſiſch Minden, nachgelaſſener ehelicher Sohn, und Maria Barbara, well.
des geweſenen Herzogl. Wuͤrtembergiſchen Unteroffiziers zu Bahlingen, Johan=
nes
Herrs, hinterbliebene Wittwe.
Geſtorbene und Beerdigte.
Den 4. Nov. iſt aus der Armenkaſſe begraben worden, Katharina Harriſin, eines Herr=
ſchaſtlichen
Kneckts Wittwe, 83 Jahre alt.
Den 5. Nov., dem Burger und Scheerenſchleifer, Johann Philipp Brunner, ein Soͤhn=
lein
, 6 Jahre alt.
= z z kzzz4t s i
Edle Rettung der Familie des verſtorbenen Konſiſtorialrath St. zu M.
Zwar der, deſſen Guͤte ewig waͤhret, der ſich aller ſeiner Geſchoͤpfe erbarmet, ſorgt
auch fuͤr Wittwen und Waiſen Allein mit welchen Empſindungen kann ein Mann
auch nur vom kleinſten feinem Gefuͤhl dieſes leben verlaſſen, wenn er ſeine Gattin
und Kinder nach ſeinem Tode alles Vermoͤgens entbloͤßt, in die weite Welt gleich=
ſam
hingeworfen, blos dem unſichern Mitleid meiſt hartherziger Menſchen uͤber=
laſſen
, den ſchwerſten Pruͤfungen ausgeſezt, ſich denket ?2 Doch; und vielleicht
zu ihrem Gluͤck! die wenigſten Menſchen wiſſen, was feines Gefuͤhl bedeute.-
Ein angeſehener evangeliſcher Geiſtlicher in Teutſchland hinterlies nach ſeinem
Tode feine Frau mit einigen unverſorgten Kindern nicht nur ohn alles Vermoͤgen,

[ ][  ]

ſondern noch mit vielen Schulden belaſtet. Die liebe, die ſich der Verſtorbene, als
ein gitgeſinnter Mann, bei ſeinen Pfarrkindern erworben, bewegte dieſe zu einem
freywilligen Beitrag, wodurch die Wittwewenigſtens in den Stand geſetzt wurde,
die Schulden zu bezahlen. Auch fuͤr das Unterkommen ihrer Soͤhne ſorgten einige
gutdenkende Bekannte. Nur ſie mit zwei Toͤchtern blieb noch ohne gewiſſe Verſor=
gung
. Aber auch dieſe ſollten ſie, und auf eine Art erhalten, die ſie am wenigſten
vermutheten. Eimſt als die Vornehmſten der Stadt und Gegend verſammiet
und am vergnuͤgteſten waren, trat unvermuthet einer der angeſehenſten von ihnen,
mit einem Teller unterm Aͤrm, mitten unter ſie, und bat, ihm zuzuhoͤren, er wolle
ihnen eine Arte vorſingen. Daer, wie Graf Gotter, vorzuͤglich als ein Freund
ſinnlicher Vergnuͤgungen, und als ein Mann von ſcherzhaften Einfaͤllen bekannt
war, ſo erwartete man auch jetzt etwas luſtiges; als er mit der ihm eignen An=
muth
die Arie aus Eliſium ſang:

Wenn in glänzenden Pallaͤſten
O Ihr Groſen ſeht im Bilde
Schon der Menſchenliebe Gluͤck;
Ihr der Erde Gotter ſchent;
Jede Wohlthat iſt ein Blick
O ſo denkt an euren Feſten,
In eliſiſche Gefilde.
Denket, daß die Armuth weint! 6
Wer ſo denkt, 1- fuhr er hierauf fort - der folge mir nach zu einer Kollekte
fuͤr die arme Wittwe kk, die, waͤhrend daß wir vergnuͤgt ſind, in der Stille ihr
Elend beweinet.½ Er legte fuͤnf Dukaten auf den Teller und lies ihn herumge=
hen
. Als er zuruͤckam, belief ſich die Summe auf hundert Thaler, die der Witt=
we
ſogleich zugeſandt wurden.
Edelmuth, dem eines franzoͤſiſchen Biſchofs gleich, der unlaͤngſt in eine glaͤn=
zende
Verſammlung kam, fuͤr die Armen zu ſammlen; wozu aber bei unſerm
Manne viel mehr Ueberwindung gehoͤrte, da er als ein bekannter Freund ſinnli=
cher
Vergnuͤgen und beſonders der Frauenzimmer, bei manchen den Verdacht be=
ſorgen
mußte, daß ihn vielleicht unedle Abſichten auf die achtzehnjaͤhrige ſchoͤne=
Tochter der Wittwe zu dieſer Handlung bewogen. Er aber, den ſeine Freunde ſo
unedler Abſichten unfaͤhig kannten, gieng ſeinen Weg fort, ohne ſich um das,
was man urtheilen moͤgte, zu bekuͤmmern, dachte blos das Elend der Ungluͤck=
lichen
, ſuchte blos zu retten. Und ſicher, wer ſich erſt Zeit nimmt, alle Folgen
einer Handlung zu calculiren, wird ſelten eine große That verrichten.
Doch hierbei ſollte es noch nicht bleiben. Ein andrer nicht minder Edler aus
der Geſellſchaft lies am folgenden Morgen die hundert Thaler von der Wittwe zu=
ruͤckholen
, und legte ſie auf ſolche Art an, daß ihr und ihren Erben auf ſtets an
dreiſig Thaler jaͤhrlicher Zinſen davon verſichert wurden. - Ein dritter verſchaſſte
dem Braͤutigam der aͤltern Tochter eine Bedienung; und alle Landleute der Gemeine
beſchloſſen, ſo fuͤr der Wittwe Unterhalt zu ſorgen, daß es ihr an nichts fehlen
ſolle. Durch alles dieſes, mit ihrem Wittwengehalt, iſt ſie nicht nur vor allem
Mangel geſichert, ſondern noch im Stande, mit Anſtand zu leben, und ihrer juͤn=
gern
Tochter eine gute Erziehung zu geben.
So wenig koſtet's, Thraͤnen zu trocknen, und gluͤcklich zu machen, wenn
wir nur wollen.