Darmstädter Tagblatt 1785


04. Juli 1785

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Anno 1785.
den 4. Julius.
Num. 27.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnaͤdigſtem
Darmſtaͤdti=
Anzeigungs
zu finden in der
Hof= und Canzley=

Heſſiſchem
Privilegio
ſches Frag=und
Grat
Hochfuͤrſtlichen
Buchdruckerey.

Victualien= und Marktpreis.

kr. Pf
Ein 15 Ochſenfleiſch
1 = Rindfleiſch
1. = Kalbfleiſch
1 = Hammelfleiſch
1 Schaffleiſch =
1 Schweinenfleiſch
= Schinken u. Doͤrrfl.114
1 Speck=
1 = Nierenfett
1 = Hammelsfett= 10
1 Schweinenſchmalz 14
Ein Kalbsgekroͤß = 6 a 8
10
Ein Kalbsgeluͤng=
Ein Hammelsgeluͤng=
14 Ochſengelung =
1 Suͤlzen =
1 Bratwuͤrſt = 11
1 Leber=u. Blutwuͤrſtſ6
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung; 3½
Ein Kalbskopf =
Ein Hammelskopf
Ein Kalbsfus=
kr
.
20
Ein Malter Korn
Ein Malter Gerſten =
36.
Ein Malter Waizen =
Ein Malter Spelzen=
50
Ein Malter Hafer
20
Ein Malter Rockenmehl=
52
Ein Malter Weismehl =

kr.
ſEin Kumpf Hafermehl = 30
1 Kpf. geſchaͤlter Hirſen = 40
1 Kpf. grobgeſch Gerſie 32.40148
1 KpfkleingeſchaͤlterGerſten 6480
1 Kumpf Erbſen
24
1 Kumpf Linſen
28
1 Maas Merz=oder Lagerbier/
im Hauſe=
= uͤber die Straſe
1 Maas Jungbier im Haus
und uͤber die Straſe
1 Maas Bierhefe
1 Maas Kuh= oder Geiſemilch
146 friſche Butter 13
1 = Handkaͤs der beſten
Die uͤbrige Handkaͤſe 3=4Stuͤck
Eyer 6 auch 7 Stuͤck vor
Ein aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln
Brod=Caxe und Gewicht.
Pf. L
Vor2kr. Brod ſoll wiege
Vor4kr. dito 1 26
Vor6kr. dito
2 23
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod=
Vor 2kr. dito =
Vor1kr Waſſerweck=
Vor1 kr. Milchweck
Vor 1 kr. Milchbrod=
Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenanntes
Comiß=Brod ſoll gelten 10 Kr.

Fuͤrſtl. Heſſiſche Polizeydeputation dahier.

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.

1. Sachen, ſo zu verkaufen.

Darmſtadt. Demnach des hlieſigen Burger und Baͤckermeiſter Peter Schnaubers
in der Viehhofsgaſſe zwiſchen Andreas Pfeiffer beiderſetts gelegene Wohn= und Backhaus,
Schulden halber, naͤchſtkuͤnftigen Baͤttag auf allhieſigem Rathhaus oͤffentlich aufgeſteckt
und dem Meiſtbietenden uͤberlaſſen werden ſoll; als wird ſolches zu dem Ende hiermit
bekannt gemacht, damit die Luſttragende ſich alsdann einfinden und mitbieten moͤgen.
Darmſtadt den 17ten Junit 1785.
Fuͤrſtb. Beſſiſches Oberamt daſelbſt.
Nachdeme den 4ten Julit und folgende Taͤge allhier in Delkenhelm Gold, Silber,
eine anſehnliche Parthie alte Muͤnzen, Kleider,Wetszeug, Bettwerk, Pferde, Rind=
vieh
, Schweine, Schaafe und allerhand Hausrath gegen gleichbaldige baare Bezahlung
an den Meiſtbietenden oͤffentlich verkauft werden ſollen; ſo wird ſolches dem kaufluſtigen
Pubuka zur Nachricht hierdurch bekannt gemacht. Sign. Delkenheim den 22. Jun. 1785.
Von Kommiſſions wegen.
Juſtus Jakob Reh.
Fuͤrſtl. Heſſen=Darmſtaͤdtiſcher Regierungs=
und Konſiſtorial=Sekretarius.
Das ſo oft in Paris mit vielem Beifalk aufgefuhrte Luſtſptel, betitelt: Der luſtige
Tag, oder die Hochzeit des Flgaro, iſt in der Buchdruckerei im Lottohaus für g0 Kreuzer
zu haben.
II. Capitalia, ſo zu verlehnen.
Tauſend und 55 Gulden Kellertiſche Kuratelgelder ſind bls den erſten Auguſt a. c.
zu 3 Prozent zu verlehnen; in No. 515. giebt man weitere Nachricht.
III. Waiſenhaus Nachricht.
Darmſtadt. Die in dem zweiten Quartal dieſes Jahrs in vem Fuͤrſtl. Waiſenhaus
eingekommene Vermaͤchtniſſe und mide Gaben werden der Ordnung gemaͤs oͤffentlich
bekannt gemacht und dankbarlichſt geruͤhmet.
Den 5ten April. von einem ungenannten Freund wegen abermals erlebtem Geburts=
rag
ſein gewoͤhnliches vor eine Dankſagung mit 1 fl. Den 8ten, der in der Landzettung
No. 29. erwäbnte Konventionsgulden. Den 9ten, ein begat von dem verſtorbenen
Furſtl. Waldfoͤrſter Joſeph Muͤller von 5 fl. Den 10ten, von einem unbekannten
Freund, 1 Konventlonsthaler. Cod. aus dem hieſigen Opferſaͤcklein, 30kr. Den 19ten,
von einer wohlthaͤtigen Perſon wegen einer erfreulichen Begebenheit, 1 Konventions=
thaler
. Eod. wegen einer Fuͤrbitte für eine kranke Perſon, 1fk Den 21ten, von
einem Freund, 1fl. 30 kr. Den 25ten, ein grosmuͤthiges Legak von dem ſeligen Herrn
geheimen Rath und Oberjägermeiſter von Riedeſek von 400 fl. Den 30ten, ein Legat
von der hier verſtorbenen Dienſtmagd Anna Katharina Scherin von 5 fl. Den 7ten
Mat, von einem ungenannten Freund, 1 Konventionsthaler. Den 8ten, aus dem
Goddelauer Opferſäcklein vom Himmelfahrstag, 1 fl. Eod. aus dem hieſigen Opfer=
ſackleln
. 1 fl. Den 13ten, wegen einer Furbitte füͤr ein ſehr krankes Kind, 30 kr.
Den 29ten, von zwei unbekannten Perſonen zur Büchſe 1 halber Laubthaler. Den
25ten, von einer la dem Haus verſammleten Geſellſchaft, 1 fl. 18 kr. Den 26ten, aus
dem Goddelauer Opferſäcklein vom Feſt Trinitatis, k Konventtonsthaler. Eod. daher
von eben dieſem Sonntag, 2 fl. Den 2ten Juntt, wegen einer Fuͤrbitte fuͤr eine ſehr
kranke Perſon, 2 Laubthaler. Den 5ten, wegen einer Fuͤrbitte fuͤr eine ſehr kranke und
ſchwache Perſon, 1Konventionsthaler. Eod. aus dem hieſigen Opferſaͤcklein, 1fl.12 kr.
Den 20ten, ein Legat von der allhier verſtorbenen Frau Hauptmaͤnnin Pfeffer von 5 fl.
Den 21ken, wegen einem geſchehenen Handek, 30kr. Don 29ten, wegen einer Fuͤrbitte

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für eine äuſerſt ſchwaͤche ehriſtlche Miltſchweſter: 13 fl. 30 kr. Aus dem Stock ſind
vom 3ten Maͤrz bis den 30ten Junti erhoben worden 11 fl. 28 kr., worunter eine halbe
Karolin wegen etner Dankſagung.
Die Vergeltung dieſer den Walſen zugefloſſenen Wohlthaten wird Gott nach ſeiner
Verheiſung an den wohlthaͤtigen Perſonen ſelbſt und ihren Familien aus Gnaden thun,
worum Ihn die Waiſen demüthigſt anflehen und ſich ſeiner ferneren gnaͤdigen Vorſorge
befehlen.
IV. Zahlenlotterie Anzeigen.
Bei der mit bekannter guter Ordnung und den veſtgeſetzten Solennitaͤten vollzogenen
97ten Ziehung der Hochf. Heſſen=Marburgiſchen gnaͤdigſt garantirten Zahlen=Lotterie,
ſind dieſe Nummern:
80
H.
65.
aus dem Glücksrade gezogen worden. Die lionte Ziehäng in Darmſtadt geſchiehet den
6ten Julil. Die 234te Ziehung in Caſſel, den 13ten Julili. Die 98te Ziehung in Mar=
burg
, den 20ten Julii, und ſo fort von 3 zu 3 Wochen. Darmſtadt den 29. Junt 1785.
Generaldirection der Hochf. Beſſen=Darmſtaͤdtiſchen garantirten Zablenlotterie.

Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 25. Junii bis den 3. Julii 1785.
Herr Schmitt, Kaufmann aus Welmar. Herr Sicherer, Regierungsrath von Duͤrk=
heim
. Herr Werdger, Hofrath aus Kaſſel, log. im Trauben.
Herr Eyſſele, Kaufmann aus Durrwangen, log. im Schwanen.
Herr Jocher, Galanteriekraͤmer von Bedenkirchen, log. im froͤltchen Maun.
Herr Ehrhard, Handelsmann aus Dunkelſpiel, log. im Loͤwen.

Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers:
Herr Manger. Reglerungsrath aus Kaſſek, den 26. Junt. Herr von Bordet, Badiſcher
Kapitain, eod. Herr von Boͤhler, Riſſiſch=Kaiſerlicher Legattonsrath, eod.
Herr von Hamerer, und Herr von Retchling; aus Mannheim, den 27ten.
Herr Graf Senzheim, den 28ten. Herr Kramer, Poſtmeiſter von Oſterode,
eod. Herr Graf von Exbach, den 30ten. Herr von Daube, Ruſſiſcher Major.
den 1. Julil. Herr von Afſemann, Kammerjunker von Braunfels, eod.

Gehohrne, Getaufte, und Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 26. Junil, dem Burger und Handelsmann, Hrn Johannes Iſſel, ein Soͤhnlein.
Eod., dem Burger und Schumachermeiſter, Johann Ludwig Wambold, ein Soͤhnlein=
Den 27. Junt, dem Burger und Handelsmann, Hrn Gottfr. Caſtritius, ein Toͤchterlein.
Den 30. dem Burger und Weisbindermeiſter, Georg Friedrich Querner, ein
Soͤhnlein.
Den 1. Julil, dem Burger und Mezgermeiſter, Georg Relchard Foͤrſter, ein Soͤhnleln.
Geſtorben und Beerdigt.
Den 27. Junii, der Burger und Schloſſermeiſter, Joh. Ludwig Kaͤrcher, 58 Jahre alt.

A ½ 4 k RkAk4 k
Fortſetzung des dankbaren Tuͤrken.
(S. No. 10. des Wochenblatts.)
Der altt Arniaud, itzt 72 Jahr alt, wurde nebſt ſeinem Sohne zu dem
Großvezier hineingefuͤhrt. Er empfieng ſie in Gegenwart der vornehmſten Mi=

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niſter von der Pforte mit Ausdruͤcken der zaͤrtlichſten diebe. Ihr ſeht, ſagt er,
indem er ſich zu den umſtehenden Tuͤrken wandte, und auf die losgekauften
Selaven zeigte: Ihr ſehet eure Bruͤder, die nun der Freiheit genieſſen; nach=
dem
ſie in Feſſeln geſchmachtet haben. Dieſer Franzos iſt ihr Befreier. Ich
bin ein Sclave, wie ſie geweſen, ich war mit Feſſeln belaſtet, von Stichen durch=
boret
, mit Wunden bedeckt: dieſer iſts, der mich losgekaufet, mich gerettet
hat: dies iſt mein Schutzgott. Freiheit, Leben, Gluͤck, alles verdanke ich ihm.
Er bezahlte, ohne mich zu kennen, tauſend Zechinen fuͤr meine Ranzion: ent=
ließ
mich auf mein Wort, gab mir ein Schiff, das mich hinbrachte, wohin ich
wollte. Wo iſt, ſelbſt ein Muſelmann einer ſolchen Handlung von Großmuth
faͤhig? Alle Anweſende richteten die Augen auf den Greis, der die Haͤnde des
Großveziers in den Seinigen hielt. - Fuͤnf Jahr vorher hatte Osmann, da er
noch Bacha in Niſſa war, nicht zulaſſen wollen, daß ihm Arniaud die Hand
kuͤßte. Itzt aber nahm er dieſes Zeichen der Ehrerbietung von ihm an, und
glaubte in Gegenwart der Groſen des Reichs ſo handeln zu muͤſſen, fuͤr die es
eine groſe Ehre war, wenn ſie nur das Aeuſſerſte der Wiſte eines Großveziers
kuͤſſen duͤrfen.
Topal Dsmann that verſchiedene Fragen an Vater und Sohn uͤber den Zu=
ſtand
ires Vermoͤgens, und nachdem er ihre Antworten mit vieler Guͤte ange=
hoͤret
, gab er ihnen in der arabiſchen Sentenz, Allah Kehrim die Antwort, die
ſo viel heißt, als: Gott iſt freigebig, oder die Vorſehung Gottes iſt gros: Sie
hat mich, ſetzte er hinzu, in Stand geſetzt, euer Schickſal zu verſuͤſſen. Er
ſchickte hierauf den groͤßten Theil ihrer Geſchenke, die in Fruͤchten, Confect,
Orangerie und Canarienvoͤgeln beſtunden, die die Tuͤrken ſehr liebten, dem Groß=
ſultan
, der Valida und dem Kislar Aga. Hierauf nahmen die beiden Franzoſen
mit diebkoſungen und Geſchenken uͤberhaͤuft, von ihm Abſchied. Vorher befahl
er aber noch dem Dollmetſcher, ſie in ſeinem Namen dem franzoͤſiſchen Abge=
ſandten
zu empfehlen, und ihn zu verſichern, daß er ihm fuͤr alle Gefaͤlligkeiten,
die er ihnen erweiſen wuͤrde, die groͤßte Verbindlichkeit haben wuͤrde.
Ganz gewiß leuchtet aus dem Gemaͤlde, das Topal Osmann von ſeiner
Selaverei machte, und in dem oͤffentlichen Geſtaͤndniſſe ſeiner Erniedrigung und
der Verbindlichkeiten, die er ſeinem Befreier ſchuldig war, eine groſe Seele her=
vor
. Allein, man muß die ſtolze Verachtung und die weite Entfernung kennen,
die die Tuͤrken vor allem haben, was kein Muſelmann iſt, beſonders aber vor
den Chriſten; um die ganze Schoͤnheit und das Edle dieſer Handlung zu fuͤhlen,
das vor den Augen ſeines ganzen Hofes vorgieng.
Der Sohn des Veziers empfieng hierauf den Arniaud und ſeinen Sohn in
ſeinem Zimmer alleine, wo er ſich ſeiner ganzen Zaͤrtlichkeit uͤberließ. Er um=
armte
eines um das andere, behandelte ſie mit eben der Vertraulichkeit, wie ſein
Vater gethan hatte, als er noch Bacha zu Niſſa geweſen war, und ſie muſten
ihm verſprechen, recht oft zu ihm zu kommen.

(Die Fortſetzung folgt.)