Darmstädter Tagblatt 1784


27. Dezember 1784

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Num. 52.
den 27. December.
Anno 1784.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnädigſtem
Darmſtaͤdti=
Anzeigungs.
zu finden in der
Hof= und Canzley=

Heſſiſchem
Privilegio.
ſches Frag=und
vrattgen,
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckeren.

Victualien= und Marktpreis.

kr. P
52
Ein 16 Ochſenfleiſch
1 = Rindfleiſch
1 = Kalbfleiſch
1 = Hammelfleiſch
Schaffleiſch =
1 Schweinenfleiſch
1 Schinken u. Doͤrrfl. 131
Speck=1
1½ Nierenſett = ½2
1 = Hammelsfett= 10
1 Schweinenſchmalz 14
Ein Kalbsgekroͤß = 6 a 18
Ein Kalbsgeluͤng= 10
Ein Hammelsgeluͤng=
14 Ochſengelung
1 Suͤlzen =
7- Bratwuͤrſt = 10
1 Leber=u. Blutwuͤrſt
Eine geſ. oder ger. Ochſenzungi 32
Ein Kalbskopf

Ein Hammelskopf
Ein Kalbsfus=
kr
.
Ein Malter Korn =
Ein Malter Gerſten
Ein Malter Waizen =
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer
36
Ein Malter Rockenmehl=
24
Ein Malter Weismehl

kr.
Ein Kumpf Hafermehl = = 30
1 Kpf geſchaͤlter Hirſen
50
1 Kpf grob geſch. Gerſte 3240,48
1 Kpf kleingeſchaͤlterGerſten 64180
1 Kumpf Erbſen = 24
1 Kumpf Linſen = 28
1 Maas Merz=oder Lagerbier
im Hauſe=
= uͤber die Straſe=
1 Maas Jungbier im Haus=
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe =
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
1 Pfund friſche Butter 17
1 Pfund Handkaͤs der beſten
Dieubrige Handkaͤſe 4-5 Stuͤck
Eyer 4 u. 5 Stuͤck vor
Ein aufgeſetzter KumpfKartoffeln
Brodtare und Gewicht.
P.
Vor2kr. Brod ſoll wiege
Vor4kr. dito
Vorskr. dito
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod =
10
Vor 2kr. dito
Vor 1 kr. Waſſerweck
Vor 1kr. Milchweck
Vor1 kr. Milchbrod 5½2
Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenanntes
Comiß=Brod ſoll gelten 9 Kr. 2 Pf.

Fuͤrſtl. Heſſiſche Polizepdeputation dahier,

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.

I. Edictalladung.
Darmſtadt. Demnach der hieſige Burger und Schreinermeiſter, Georg Chriſtoph
Fleiſchhauer, ohnlaͤngſt mit Zuruͤcklaſſung einer namhaften Schuldenlaſt von hier ent=
wichen
iſt, und man dann, bevor der Koncursprozeß erkannt oder eine andere rechtliche
Verfügung in der Sache ergehen luſſen kann, zu wiſſen noͤthig hat, wie viel die ſaͤmtliche
Schulden betragen, dahero terminus liquidationis auf Oienſtag den 11ten Jaͤnner naͤchſt=
kuͤnftigen
Jahres anberaumt worden; als werden alle und jede Georg Chriſtoph Fleiſch=
haueriſche
Creditores hiermit etirt und erfordert, in beſagtem termino Morgens fruͤhe
um 9 Uhr vor Fuͤrſtl. Oberamt allhier zu erſcheinen, ihre Schuldſorderungen behoͤrig zu
liquidiren= und ſofort rechtlichen Beſcheids= die alsdann Ausbleibende aber ſich zu ge=
wartigen
, daß ſie nachhero mit ihren Forderungen weiter nicht mehr gehoͤrt= ſondern
von dieſer Fleiſchhaueriſchen Vermoͤgensmaſſe ohnfehlbar abgewieſen werden ſollen.
Darmſtadt den 17ten December 1784.
Fuͤrſtl. Heſſiſches Oberamt daſelbſt.
II. Sachen, ſo zu verkaufen.
Auf Mittwochen den 29ten dieſes ſollen die dem aufgehobenen Kloſter St. Clara zu=
ſtaͤndig
geweſene Pfachtfruchte zu Weiterſtadt von circa 80 Malter Korn gegen baare Zah=
lung
öffentlich verſteigt werden. Oie Kaufluſtige koͤnnen ſich alſo auf ermeldten Termin
Morgens 9 Uhr allda einfinden, die Fruͤchte beſichtigen und nach Gefallen mitbieten.
Darmſtadt den 11ten December 1784.
Von Adminiſtrations wegen.
- Wilkens=Fürſt. Heſſiſicher Kammerſekretarins.
Bel Johann Juſtus Sparſchneider, neben dem Loͤwen wohnhaft, ſind zu haben:
Reujahrswuͤnſche in Pyramiden und andern zierlichen Einfaſſungen in auserleſenen
Verſen auf Atlas gedruckt, dergleichen allerlei vermiſchte familten, zaͤrtliche, freund=
ſchaftliche
und ſcherzhafte Wuͤnſche, mit ſchoͤner Couleur; wie auch alle Sorten genealo=
giſche
Kalender in den billigſten Preiſen.
Bei dem Factor Will, in deſſen Logis im goldenen Hirſch, ſind verſchiedene Sorten
Neujahrswuͤnſche, das Stuͤck zu 48= 12= und 8 Kreuzer, ſodann ganze Bogen zu 8=
und 4 Kreuzer, wie auch Viſirbillets, das Dutzend zu 8 Kreuzer, von Leipzig aus in
Kommiſſion zu verkaufen. Ferner: Die Reformation in Deutſchland, zu Ende des
achtzehnten Jahrhunderts; brochirt zu 6 Kr.
Ferner ſind bei demſelben von der Zweibruͤcker Sammlung angelangt: Phædru, Gilius
Italicus und Titus Livius 1ter und 2ter Theil. Diejenigen, welche dieſe Sammlung noch
fortzuhalten geſonnen ſind, werden erſucht, ſolches bei demſelben baldigſt anzuzeigen,
weil künftig nicht mehr Exemplare verſchrieben werden, als beſtellt worden ſind.
III. Sachen, ſo zu verpachten.
Da der ſechsjaͤhrige Beſtand der Kaminfegeret des Amts Wallau mit Ablauf dieſes
Jahres zu Ende gehet, und auf hoͤhere Verordnung in einen wetteren ſechsjährigen Be=
ſtand
begeben werden ſoll; als wird ſolches zu dem Ende hierdurch bekannt gemacht, da=
mit
diejenigen, welche hierzu Luſten bezeigen, Donnerſtags den 30ten dieſes, Vormit=
tags
gegen halb 10 Uhr bei Fürſtl. Rentherei dahier ſich einfinden= die Konditiones ver=
nehmen
und nach Gefallen mitbteten moͤgen. Breckenheim den 11ten December 1784.
Ernſt Ludwig Metzler.
IV. Vermiſchte Nachrichten.
Nachdeme ber Brodlieferungs=Accord fuͤr die Gefangene im Stockhauß mit dem
Schluß dieſes Jahres zu Ende gehet, dahero naͤchſtkünftigen Mittwoch den 29ten dieſes
Nachmittags um 3 Uhr ein wetterer Accord, und zwar unter Verſicherung all= und jed=
vierteljaͤhriger
rſchtiger Zahlung gemacht werden ſoll; als wird ſolches ſamtlichen Baͤk=

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kermeiſtern zu dem Ende hlerdurch bekannt gemacht, damlt biejenige, welche bie Lieſes
rung zu übernehmen geſonnen, ſich alsdann bei dem Fürſtl. Stockhausverwalter mek=
den
koͤnnen, der ihnen das weitere bekannt machen wird. Sign. Darmſtadt den 21ten
Furſtl. Heſſ. Peinliches Gericht allhier.
December 1784.
Bei der mit bekannter guter Ordnung und den veſigeſetzten Solennitaͤten vollzogenen
88ſten Ziehung der Hochfuͤrſtl. Heſſen=Caſſeliſchen gnaͤdtgzt garantirten Zahlen=Lotterie.
60.
19.
49.
86.
ſind dieſe Nummern:
aus dem Blüͤcksrade gezogen worden. Die 158te Ziehung in Darmſtadt geſchiehet den
29. Dec= Die 225te Ziehung in Caſſel, den 5. Jan. Die 89te Ziehung in Marburg,
den 32. Jan. 1785. und ſo fort von 3zu 3 Wochen. Darmſtadt den 22. Dec. 1784.
Generaldirection der Hochf. Heſſen=Darmſtaͤdtiſchen garanirten Zablenlotterie.
Angekommene fremde Herrn Paſſagiero.
Vom 18. bis den 25. Dec. 1784.
Herr von Wollzogen, Kammerherr von Koͤlln. Herr Payer, Kaufmann aus Sachſen,
log. im Trauben.
Herr Eyſſele, Kaͤufmann aus Duͤrrwangen, log. im Schwan.
Herr Leo, Buchhaͤndler aus Leipzig, log. im froͤlichen Mann.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr von Keuſe, Praͤſident von Uſing n. den 19ten. Herr von Itbach, aus Lothrin=
gen
, eod. Herr von Laroſch, Rittmeiſer in franzoͤſiſchen Dienſten, vom Re=
giment
Naſſau, den 21ten. Herr von Wrede, Lieutenant in Katſerlichen
Dienſten, von den Wurmſer Huſaren, den 22ten. Herr Graf Eſterne, fran=
zöſiſcher
Geſandter am Berſner Hof, eod. Herr Soͤmmering, Profeſſor von
Malnz, eod. Zwei Herrn von Guͤnderode, Kammerherrn von Baaden, eod.
Herr Made, Lieutenaͤnt in franzoͤſiſchen Dienſten, eod. Herr Schell, Kauf=
mann
von Frankfurt, eod. Herr von Bertram, Lieutenant in Kalſerlichen
Dienſten, vom Regiment Deutſchmeiſter, den 23ten.

Gebohrne, Getaufte, Copulirte u. Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 21. Dec., dem Bedtenten bei Ihro Hochfuͤrſtl. Durchlaucht dem Prinzen Karl,
Hrn. Johann Henrich Schaͤfer, ein Toͤchterlein.
Den 22. Dec., dem Burger und Schneidermeiſter, Henrich Elias Heß, ein Soͤhnlein.
Copulirte.
Den 19. Dec., Meiſter Joh. Wilh. Gloͤckner, Burger und Mehlhaͤndler allhier, Mei=
ſter
Joh. Peter Glöckners, Burgers und Baͤckers allhier, jüngſter ehelicher
Sohn7 und Auna Marta, weil. Martin Seidenopels, geweſenen Burgers und
Schiefers zu Heidelberg, jüngſte eheliche Tochter.
Den 23. Dec., Meiſter Joh. Pleil Hamm, Burger und Sattler allhier, well. Johann
Wilh. Hamms, geweſenen Foͤrſters zu Arheilgen, nachgelaſſener aͤlteſter eheli=
cher
Sohn, und Marta Margaretha, weil. des Cent= und Gerichtsſchoͤffen,
Joh. Adam Schneiders, zu Arheilgen, nachgelaſſene jüngſte eheliche Tochter.
Eod., Meiſter Joh. Benj. Metz, Burger und Wetskinder allhier, weil Meiſter Joh.
J. Metz, auch geweſ. Burgers und Wetsbinders allhier, nachgelaſſener ehell=
cher
Sohn, und Frau Catharina, weil. Martin Eiſenmanns hinterhl. Wittwe.

Geſtorbene und Beerdigte.
Den 20. Dec., der geweſene Burger und Metzgermſtr. Löw Schnauber, ein Hoſpitalleh
90 Jahrealt.
Eod. die Ehefrau des Burgers und Poſſamentiers Quarti, 31 Jahre u. 4 Mon. alt.
Eod. iſt aus der Armenkaſſe begraben worden, dem fremden Fabrikanten, Henr. Dietr.
Uberg, von Iſerlohe, ein Toͤchterlein, 4 Jahre alt.
Den 22. Dec., dem Burger und Tuchmachermeiſter, wie auch Stadtfahndrich, Herrn
Johannes Iſſel; ein Soͤhnlein, 6 Wochen und 6 Tage alt.
Den 24. Dec., die Hoſpltallein Dickin, 46 Jahre alt.

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Der edelmuͤthige Feind.
Als Koͤnig Eduard der erſte von England, in einem Kreuzzuge Jaffa bel=
gerte
, und dem tuͤrkiſchen Stadthalter ſehr zuſetzte: kam eines Tages ein Me=
chelmoͤrder
zu ihm ins Zelt unter dem Vorwandte, daß er ein Chriſt werden wolle
waͤhrend der Unterredung aber ſtieß er ihm einen vergifteten Dolch in Leib. 2
Wunde wurde bald ſo gefaͤhrlich, daß keine Rettung mehr vorhanden zu ſeyn ſchiet
Endlich fand ſich unter dem Heer ein Arzt, welcher vorgab, das einzige Mittel
das ihn dem Tode entreiſſen koͤnne, ſey, wenn eine Perſon fuͤr ihn das Opfer de
Todes werden, und ihm das Gift ausſaugen wolle: aber freilich muͤſſe dieſe ohn
verzuͤglich daran ſterben. Man kann leicht denken, daß ſich kein Menſch daz
fand. Doch nein, ſeine junge ſchoͤne Gemahlin Leonore erbot ſich zu dieſe
heldenmuͤthigen That, und keine Vorſtellung, kein Bitten und Flehen d
Ihrigen konnte ſie zuruͤck halten. - Sie vollzog die That, da er beinal
ſchon in der Todesangſt, oder doch in einer ſolchen Betaͤubung lag, da
er weder ſah noch hoͤrte, was mit ihm vorgieng. Kaum war es geſchehen
ſo fieng ſeine Geneſung an, die Wunde verlor die Hitze, kurz er genas, und
er erwachte gleichſam als aus einem Traume; aber er erwachte zu einem weit
ſchrecklichern Auftritte, wenigſtens fuͤr ihn und ſeine empfindliche Seele: denn nur
fand er ſeine Gemahlin in eben dem Zuſtande eines ſich annaͤhernden Todes, den
ſie ihn kurz vorher erſt entriſſen hatte. Seine Verzweiflung laͤßt ſich weit eher vor
ſtellen, als beſchreiben, zumal da er hoͤrte, daß ſeine Rettung die Urſache ſey:
ſchwur allen den Tod, die es ihr zugelaſſen hatten, und es blieb ihm kein Troſ=
uͤbrig
, als daß er mit ihr ſterben koͤnne. In dieſer ſchrecklichen Erwartung ihres
Endes verlangte ein Fremder mit ihm zu ſprechen. Da er ſchon vorher durch ei=
nen
Meuchelmoͤrber ſo ungluͤcklich geweſen war, ſo laͤßt ſich leicht begreifen, wi=
ſchwer
er den Zutritt erhielt, und nie waͤre es ohne die Verſicherung geſchehen, daſ
er ihm etwas zu entdecken habe, wovon ſeine ganze Gluͤckſeligkeit abhaͤnge. Al=
er
in das Zelt hineintrat, gab er zu erkennen, er ſey Selim, der Stadthalte=
von
Jaffa. Eduard brach in die ſchrecklichſten Vorwuͤrfe gegen ihn aus, well ma
ihn fuͤr den Anſtifter des Moͤrders hielt, und glaubte, er habe ſich durch Eduard=
Tod von der ſchweren Belagerung befreyen wollen Er ſagte, der Verdacht ſe
nicht ungerecht geweſen, ob er gleich ſo einer Niedertraͤchtigkeit nicht faͤhig ſey: de
Thaͤter ſey ein ſchwaͤrmeriſcher Tuͤrke geweſen, der alles gegen einen Unglaͤubigen fuͤ=
erlaubt
gehalten: er ſelbſt aber habe mit Gefahr ſelnes Lebens ſich durch das chriſtl. Hee=
hieher
gewagt, um ihn ven ſeiner Unſchuld zu uͤberzeugen.- Doch jemehr er ſich entſchul
digte, deſto bitterer wurden die Vorwurfe. Gut, ſo muß ich dir den ſicherſten Bewei=
davon
geben, ſagte er, und gieng hiermit zum Zelt hlnaus, und ließ ihn in einer noch ſchreck,
lichern Unzufriedenheit, daß er ſich nicht geraͤchet hatte.- Aber, wie erſtaunte er, als er
kurz darauf ſeinen vermeynten Moͤrder mit ſeiner geliebten Leonore hinelntreten ſah. Ve=
wunderung
und Enkzuͤcken brachten ihn außer ſich, und wie beſchaͤmt ward er, als ihm ſe
ne Gemahlin ſagte: ſie habe ihre ſchleunige Rettung der Grosmuth ſelnes Feindes zu dan
ken; denn indem er das Geheimniß eines Gegengifts beſaͤſſe, das unvorzuͤglich ſeine Wt.
kung thaͤte, habe er ſich, ſo bald er von ihrem Ungluͤck gehoͤret, damit aufgemacht, kei=
Gefahr geſcheut, es ihr eingegeben, und ſie dadurch vom Tode gerettet. Edua,
ward durch dieſe Großmuth ſo gerührt, daß er ſogleich die Belagerung aufhub, un
Friede machte.

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