Darmstädter Tagblatt 1784


19. Januar 1784

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den 19. Jan.
Anno 1784.

Num. 3.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnaͤdigſtem
Darmſtaͤdti=
Anzeigungs
zu finden in der
Hof= und Canzley=

Heſſiſchem
Privilegio.
ſches Frag=und
brattgen,
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.

Victualien= und Marktpreis.

kr. 1Pf.
Ein E Ochſenfleiſch
=
1 Rindfleiſch
1 = Kalbfleiſch
1 = Hammelfleiſch =
Schaffleiſch
Schweinenfleiſch=6
1 Schinken u. Doͤrrfl. 14
1 Speck= 15
1 Nierenfett 12
1 = Hammelsfett, 10
1 Schweinenſchmalz 14
Ein Kalbsgekroͤß = 6a
10
Ein Kalbsgeluͤng=
Ein Hammelsgeluͤng=
116 Ochſengeluͤng =
1 = Suͤlzen =
1 Bratwuͤrſt= 10
1 Leber=u. Blutwuͤrſtſ6
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung:28
Ein Kalbskopf =
Ein Hammelskopf =
Ein Kalbsfus=
kr
.
50
Ein Malter Korn
Ein Malter Gerſten=
t
.
Ein Malter Waizen
Ein Malter Spelzen=
41
Ein Malter Hafer
40
Ein Malter Rockenmehl
56
Ein Malter Weismehl

kr.
Ein Kumpf Hafermehl =
28
1 Kpf geſchaͤlter Hirſen
48
1 Kpf grob geſch. Gerſte 3240148
1 Kpf kleingeſchaͤlterGerſten 64 80
1 Kumpf Erbſen = = ſ16
1 Kumpf Linſen = 24
1 Maas Merz=oder Lagerbier
im Hauſe=
= uͤber die Straſe;
1 Maas Jungbier im Haus=
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe =
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
1 Pfund friſche Butter = 15 l16
1 Pfund Handkaͤs der beſten
Dieubrige Handkaͤſe 4-5 Stuͤck
Eyer 4 5 Stuͤck vor =
Ein aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln
Brodtaxe und Gewicht.
Pf. L.O.
Vor 2kr. Brod ſollwiegs 1 18
Vor4kr. dito = 12 16,
Vorskr. dito
24
Vor kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod
11
Vor 2kr. dito =
23
Vor 1 kr. Waſſerweck
10
Vor1kr. Milchweck
Vor 1kr. Milchbrod =. 6
Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenanntes
Comiß=Brod ſoll gelten 7 Kr. 2 Pf.

Fuͤrſtl. Heſſiſehe Polizeydeputation dahier,

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.

I. Edictalladung.
Darmſtadt. Naͤchdeme der in Anno 1751 aͤllbereits verſtorbene Gemeindsmann
und Einwohner Johann Michael Kappel zu Haͤhnlein, Oberamts Zwingenberg, zur
Zeit ſeines Ablebens, wie die deßfalls vorgenommene naͤhere Unterſuchung ergeben,
mehrere paſſiva als Actiovermoͤgen hinterlaſſen, und daher die Nothwendigkeit erfordert,
daß mit deſſen Glaͤubigern rechtlicher Ordnung nach liquidiret= und im Fall eine guͤtliche
Compoſition nicht ſtatt finden ſollte, der foͤrmliche Concursproceß inſtitutret werde;
ſo werden in Conformitaͤt des erhaltenen Auftrags alle und jede Kappeliſche Glaͤubiger,
ſie moͤgen ihre an die Verlaſſenſchaft gehabte, abee bis dato nicht liquidirte Forderungen,
waͤhrend der unterlaſſenen Vermoͤgensunterſuchung bezahlt erhalten haben, oder nicht,
hiermit edictaliter und peremtorie citiret und vorgeladen, Mittwochs den 11. Februar
hnjus anni Morgends 9 Uhr auf allhieſig Fuͤrſtlicher Regierungscanzley zu erſcheinen.
und mittelſt Production der in Handen habender Beſcheinigungen liquidanda behérig zu
Uquidiren, worauf weitere rechtliche Verfügung erfolgen wird, im Ausbleibungsfall.
aber gewaͤrtig zu ſeyn, daß ſie mit ihren Forderungen nicht weiter gehoͤrt= ſondern.
praͤcludiret= auch diejenige Ausbleibende, welche Zahlung ohne alle geſetzliche Liquidation
zu praͤripiren gewußt, mit noͤthigen Zwangsmitteln zur Reſtitution angehalten werden.
ſollen. Stgnatum Darmſtadt, den 10. Januar 1784.
Von Commiſſionswegen:
J. Ch. C. Hofmann, Fürſtl. Regierungsſecretarus daſelbſt.

I. Capitalia, ſo zu verlehnen.
Tauſend Gulden liegen gegen eine gerichtliche Obligation. zum Verlehnen bereit.
Bey wem L iſt in der Buchdruckerey, im Lottohauſe zu erfragen.
III. Sachen, ſo zu vermiethen.
In dem ſogenannten Zickwolfiſchen Hauſe in der alten Vorſtadt iſt im Vorderhauſe
die untere Haͤlfte, beſtehend in zwo Stuben, zwo Kammern, einer geraͤumigen Kuͤche,
beſonderem Keller und verſchloſſenem Holzplatz, zu vermtethen; und bey dem Fuͤrſtl. Re=
glerungsadvocat
Rooſe das Weitere zu erfahren.
In einer gelegenen Straſſe iſt ein Logis fuͤr eine ledige Perſon, welches in einer Stube.
Kammer und Holzplatz beſtehet, zu vermiethen. Das Näͤbere iſt in der Buchdruckerey
im Lottohauſe zu erfragen.
Vor dem neuen Thor ſtehet ein geraumes Zimmer nebſt Kammer, mit oder ohne
Meublen, zu verlehnen. Bey, wem ? iſt in gedachter Buchdruckerey zu erfahren.
IV. Zahlenlotterie Anzeigen.
Bey der mit bekannter guter Ordnung und den veſtgeſetzten Solennitaͤten vollzogenen
208ten Ziehung der Hochfuͤrſtl. Heſſen=Caſſeliſchen gnaͤdigſt garantirten Zahlen=Lotterie,
ſind dieſe Rummern:
6.
aus dem Glücksrade gezogen worden. Die 72ke Ziehung in Marburg geſchiehet den 21. Jan.
Die 142te Ziehung in Darmſtadt, den 28. Jan. Die 209te Ziehung in Caſſel, den 4ten
Februar, und ſd fort von 3 zu 3 Wochen. Darmſtadt, den 14. Jan. 1784.
Bey der am 16ten Januar 1784. vor ſich gegangenen 255ten Mainzer Lotto=Ziehung
ſind folgende Nummern aus dem Gluͤcksrade gehoben worden, als: 14. 31. 71. 38. 29.
Die 256te Mainzer Ziehung geſchiehet den 6. Februar.
gleylotterie.
Generaldirection der Hochf. Beſſen=Darmſtaͤdtiſchen garan.

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Angekommene fremde Herrn Paſſagiers
Vom 10. bis den 17. Jan. 1784.
Herr Dern, Amtmann von Ulrichſtein, log. in dem Trauben.
Herr Eyſſele, Kaufmann aus Duͤrrwangen, log. in dem Schwanen.
Herr Ehrhard, Kaufmann von Dünkelsbiehl, log. im Loͤwen.
Auſſer den Gaſthaͤuſern logiren:
Herr von Wallbrunn, Capitain in Hollaͤndiſchen Dienſten. vom Regiment Baader=
Durlach, log. in dem von Wallbrunniſchen Haus.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr von Faber, Churpfälziſcher Capitain, den 11. Januar. Herr Roſett, und Herr
Hoppius, Muſici von Wallerſtein, den 12ten. Herr von Meinungen, Kaiſer=
licher
Kriegscommiſſartus, den 14ten. Herr Strasburger, Maler aus Lands=
hut
, eod. Herr Schibeler, Rath von Zweybruͤcken, den 15ten.

Gebohrne, Getaufte, und Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 11. Januar, weiland des Burgers, Kiefer und Bierbrauermeiſters, Joh. Caſpae
Diehls hinterlaſſenen Wittwe, ein Toͤchterlein.
Den 15. Jan., dem Burger und Schuhmachermeiſter, Ludwig Liebich, ein Toͤchterlein.
Den 17. Jan., dem Burger und Sattlermeiſter, Johann Peter Steintus, ein Soͤhnlein.
Geſtorbene und Beerdigte.
Den 6. Januar, dem Beyſaß, Stmon Crey, ein Soͤhnlein, 6.Wochen alt.
Den 12. Jan., dem Fürſtl. Kammerſecretarius und Collector, Herrn Carl- Wilhelm.
Becker, ein Soͤhnlein, 6. Tage alt.
Eod., der Burger und Schneidermeiſter, wie auch Stadtlieutenant, Herr Johann
Chriſtoph. Stork, 61 Jahre und 2. Tage alt.
Den 16. Jan., dem Burger und Schneidermeiſter, Adam Reinhard Flechſel, ein Toͤch=
terkein
, 3 Jahre, 5. Monate und 4. Tage alt.
Den 17. Jan., der Eva Catharina Junain, von Biſchofsheim gebuͤrtig, ein unehelich
Soͤhnlein, 5 Monate und. 15. Tage alt.
4
4k
Beſchluß der Nachricht. von den Negerſelaven.
Vor einigen Jahren nun ſtand in der Verſammlung dieſer Quaker ein Mann auf und ſieng an,
als wenn er wirklich begeiſtert waͤre, ſolgendermaſſen zu reden :Wie lange meine Bruͤder, wer=
den
wir zwey Gewiſſen, zwey Maaße, zwey Waagen haben, die eine zu unſerm Vortheile,
die andere zum Elende unſers Naͤchſten, und die beyde gleich falſch ſind 1 Koͤmmt es und
ſprecht, meine Bruͤder! koͤmmt es uns in dieſem Augenblicke wohl zu, uns zu beklagen, daß
das engliſche Parlement uns unterſochen, uns die. Feſſeln der Unterthaͤnigkeit anlegen will,
indeß wir ſelbſt ſeit laͤnger als einem Jahrhunderte, die Werke der Tiranney ruhig dadurch
ausüben, daß wir in den Feſſeln der haͤrteſten Sklaverey Menſchen halten, die unſers Gleichen,
unſere Bruͤder ſind ? Was haben und dieſe Ungluͤcklichen gethan, die die Natur durch ſo
furchtbare Scheidewaͤnde - durch ein unermeßliches Weltmeer - von uns getrennt hatie,
und die unſer Geiz bis in ihren brennenden Sandwuſten oder in ihren Waͤldern unter den
Tigern aufgeſucht und hergeholt hat? Welches war ihr Verbrechen, daß ſie aus einem Lande
weggeriſſen werden mußten, welches ſie ohne Arbeit naͤhrte, um hernach durch uns auf ein
Land verpflanzt zu werden, wo ſie unter den ſchweren Arbeiten der Knechtſchaft ſterben muͤſſen?
Welche Familie haſt du denn erſchaffen, himmliſcher Vater, wo die Aelteſten erſtlich die

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Guter ihrer jüngern Brüder geraubt haben, und ſie hernach noch mit der Ruthe in der Hand
zwingen wollen, daſſelbe Erbtheil, das man ihnen abgenommen hat, mit dem Blute ihrer
Adern, mit dem Schweiſſe ihres Angeſichts zu dungen? Beweinenswuͤrdiges Geſchlecht, das
wir zum Vieh herabſetzen, um es zu tyranniſiren; in welchem wir alle Faͤhigkeiten der Seele
erſticken, um ſeinen Rucken und ſeine Arme mit Laſten zu erdruͤcken; in welchem wir das Bild
der Gottheit und den Stempel der Menſchheit unkenntlich machen! Ein in den Faͤhigkeiten
ſeiner Seele und ſeines Leibes, in ſeinem ganzen Weſen verſtuͤmmeltes Geſchlecht! Und wir
ſind Chriſten; Und wir ſind Englaͤnder? Volk, das du vom Himmel beguͤnſtiget und zur
See gefuͤrchtet wirſt! Wie willſt du frey und Tirann zugleich ſeyn? Nein, meine Brüder!
e3 iſt Zeit, daß wir unter und ſelbſt einig ſeyn; laßt und dieſe ungluͤcklichen Schlachtopfer un=
ſers
Stolzes und unſerer Habſucht frey ſprechen; laßt uns den Negern die Freyheit ſchenken,
die der Menſch dem Menſchen nie rauben ſollte. Moͤgten doch alle chriſtliche Geſellſchaften,
nach unſerm Beyſpiele, ein durch zweyhundertjaͤhrige Raͤubereyen und Verbrechen feſt einge=
wurzeltes
Unrecht wieder gut zu machen! Moͤgten endlich dieſe ſo lange in der Erniedrigung
gehaltene Menſchen ihre von Feſſeln freye Haͤnde und mit Thraͤnen der Dankbarkeit erfuͤllte
Augen zum Himmel erheben! Ach, dieſe Ungluͤcklichen haben bis dahin nur die Thraͤnen
der Verzweiflung gekannt! So ſprach der wackere Quaker und welches war der Erfolg?
Das Gewiſſen ſeiner Bruͤder wurde rege, und durch ganz Penſilvanien wurden alle Sklaven
fuͤr frey erklaͤrt. Heil dem Menſchenfreunde, deſſen Stimme das Gewiſſen ſeiner Bruͤder
rege machte, und Heil der frommen Brüͤderſchaft, welche an ihre Pflicht nur erinnert zu
werden noͤthig hatte, um ſie ſogleich in Erfüllung zu bringen! Kein gutes Beyſpiel geht ver=
loren
. Es iſt ein Saamenkorn, welches ausgeſtreut wird, und welches, wo nicht gleich,
doch über kurz oder lang tauſendfaͤltige Fruͤchte traͤgt.-Schon jezt hat die menſchenfreund=
liche
That der Quaker eine heilſame Folge gehabt. Die Koͤnigin von Portugal hat, nach
den Zeitungen, ver ordnet, daß in allen ihren auswaͤrtigen Beſitzungen die Kinder der Skla=
ven
, welche bis jezt auch Sklaven waren, fuͤr frey erklaͤrt werden ſollen.

Eine Mordgeſchichte ohne gleiche.

Ein Knabe von etwa 15 Jahken, wo wir nicht irren in Frankreich, verlohr ſeine beyden
Eltern, und ſiel dadurch einem bejahrten redlichen Oncle zur Vormundſchaft anheim, der
unverheprathet mit einew ebenfalls alten, treuen Bedienten lebte. Kaum war der Knabe
einige Zeit bey ſeinem Vormund im Hauſe, als dieſer einen ganz ungewöͤhnlichen Hang zur
Boßheit bey dem jungen Menſchen bemerkte. Der Alte verdoppelte alſo ſeine Wachſamkeit
Aber das ihm anvertraute Kind, und weil er ſelbſt Geſchaͤfte wegen öfters abweſend ſeyn
mußte, ſo übertrug er in dieſem Fall die Aufſicht dem treuen Bedienten, der auch ſeine
Pflicht mit ſolcher Genauigkeit erfuͤllte, daß der Knabe einen toͤdtlichen Haß auf ihn warf,
und ſich an ihm auf eine Weiſe zu raͤchen, mit langſamer Ueberlegung beſchloß, die uͤber=
haupt
vielleicht ihres gleichen nicht hat, bey einem ſolchen Alter aber wohl ſicherlich nicht.
Der Bediente pflegte ſich alle Morgen zu kaͤmmen, und die ausgegangenen Haare zu=
ſammengewickelt
in einen abgelegenen Winkel zu werfen; dieſe kleine Buͤſchel ſammlete der
Knabe alle auf, und legte ſie in Ordnung. Als er eine betraͤchtliche Menge derſelben zu=
ſammengebracht
hatte, ſtahl er dem Bedienten das Taſchenmeſſer, und verſteckte ſich damit
unter dem Bette des Oncles. Als dieſer ſchlief, ſieß er ihm das Meſſer in die Bruſt, und
gab dem Sterbenden den Büſchel Haar in die Hand, die ſo erkaltete. Den andern Tag
wurde der Bediente, weil das Meſſer und die Haare wider ihn zeugten, eingezogen, und
da niemand auf den Knaben rieth, kam er enoiich auf die Folter, wo er ſich als ſchuldig
angab. Er wurde alſo wie Calas lebendig geraͤdert. Der Knabe bekam nun freyere
Haͤnde, und da ein ſolches Scheuſal, zumak da der erſte Verſuch gegluͤckt war, unmöͤglich
lange unthaͤtig bleiben konnte, ſo ſiel er einige Jahre darauf, als Juͤngling, der Gerechtig=
keit
einer andern Unthat wegen, in die Haͤnde, und wurde ebenfalls zum Rad verdammt.
Vor ſeinem Tod gab er ſich, als den Thaͤter jenes Mordes an.