Darmstädter Tagblatt 1783


08. September 1783

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Anno 1783.

den 8. Sept.

Num. 36.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnadigſtem
Darmſtaͤdti=
Anzeigung
zu finden in der
Hof= und Canzley=

Heſſiſehem
Privilegio.
ſches Frag=und

laͤttgen
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.

Victuallen= und Marktpreis.

Ein E Ochſenfleiſch
5. Rindfleiſch
Kalbfleiſch
Hämmelfleiſch
Schaffleiſch
Schweinenfleiſch
Schinken u. Doͤrrfl.
Speck =
1 Nierenfett
1 Hammelsfett, , 10
1 Schweinenſchmalz
Ein Kalbsgekroͤß 6 a.
Ein Kalbsgeluͤng 6 ꝛc. ¾. 10.
Ein Hammelsgeluͤng =
1E Ochſengeluͤng
1 = Suͤlzen
1 Bratwuͤrſt =
L. 7 Leber=u. Blutwuͤrſt
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung
Ein Kalbskop,
Ein Hammelskopf
Ein Kalbsfus
kr.
Ein Malter Korn
Ein Malter Gerſten =
Ein Malter Waizen =
31
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl =
36

kr.
(Ein Kumpf Hafermehl =
1 Kpf geſchaͤlter Hirſen
1 Kpf grob geſch. Gerſte 3240
1 Kpf kleingeſchaͤlterGerſten 64180
1 Kumpf Erbſen =
1 Kumpf Linſen =
1 Maas Merz=oder Lagerbier
im Hauſe=
uͤber
die Straſe=
1 Maas Jungbier im Haus=
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
Pfund friſche Butter = 13
Pfund Handkaͤs der beſten
Dieubrige Handkaͤſe -5 Stuͤck
Eyer 7 a 8 Stuͤck vor
Ein aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln
Brodtaxe und Gewicht.
Pf.
Vor2kr. Brodſollwiege
Vor4kr. dito
Vorskr. dito
Vor: kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod =
Vor 2 kr. dito
Vor1 kr. Waſſerweck=
Vor 1kr. Milchweck
Vor1kr. Milchbrod =
Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenanntes
Comiß=Brod ſoll gelten 7 Kr. 2Pf

Fuͤrſtl Heſſiſehe Pelizeydepurarion dahier,

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.

l. Sachen, ſo zu verkaufen.

Darmſtadt. Nachdeme auf Mittwochen den 10ten dieſes, Vormittags um 10 Uhr,
bey hieſiger Fuͤrſtl. Renthſchreiberey circa 350 bis 360 Mltr. Herrſchaftl. Korn in gerin=
gen
Parthien gegen gleich baare Bezahlung oͤffentlich aufgeſteckt, und an den Meiſt=
bietenden
vorbehaltlich Furſtl. Rentkammer Ratification kaͤuflich uͤberlaſſen werden ſol=
len
; als wird ſolches hiermit denen Fruchtliebhabern behoͤrig bekannt gemacht.
Darmſtadt den 1. September 1783.
Fuͤrſtl. Beſſiſche Rentſchreiberey daſelbſt.
MG. Kemcke.

Mit Vorbehalt der Genehmigung Fuͤrſtl. Renthkammer ſollen Montags den 8. Sept.
Morgends 9. Uhr auf dem Herrſchaftl. Hof Rheinfelden 6 Fuder 3 Ohm Wein vom da=
ſigen
1782er Gewaͤchs gegen baare Zahlung und unter der beſonderen Bedingung, daß
der Wein gleich nach eingelangter Rattficatton abgeholt wird, oͤffentlich an die Meiſt=
bietenden
verſteigt werden, welches zur Nachricht der Kaufluſtigen hierdurch bekannt
gemacht wird. Großgerau, den 28. Aug. 1783. Fuͤrſtl. Heſſiſche Renthey daſelbſt.
Muͤller.

II. Sachen, ſo zu verpachten.
Darmſtadt. Nachdeme der Winter=Schaafweidgang auf der Herrſchaftl. Heege
zwiſchen dem Wildzaun, ſodann der Dieburger und Meßler Mark, welcher mit Michae=
Istag dieſes Jahrs wiederum leihefaͤllig wird, auf einen anderweiten dreyjaͤhrigen Be=
ſtand
an den Meiſtbletenden uͤberlaſſen, und die Verſteigerung deſſelben Samſtags den
27ten dieſes Monats in Roßdorf vorgenommen werden ſoll; ſo wird ſolches zu dem En=
de
hierdurch bekannt gemacht, damit die zum Beſtand Luſthabende auf ermeldten Tag=
Morgens 9. Uhr, ſich in dem Wirthshauſe zu Roßdorf einfinden und mitbieten moͤgen.
Darmſtadt den 6ten September 1783.
Spamer, Fuͤrſtl. Forſtſecretarius.

III. Vermiſchte Nachrichten.
In der Fleiſchſchirne iſt dasjenige Logis, welches gegenwaͤrtig der Fuͤrſtl. Reglerungs=
kanzleydiener
Schmidt bewohnet, und auf naͤchſtkommenden Michaelistag leer wird, und
vornen auf die Straſſe gehet, zu vermiethen. Liebhabere koͤnnen ſich deshalben bey dem
Rathsverwandten Herrn Sparſchneider melden und das weitere vernehmen.
Von Stadtrathswegen.
In dem Fritziſchen Haus in der neuen Vorſtadt iſt in dem Vorderhauſe ein geraͤum=
liches
Logis zu vermiethen. Weitere Nachricht hiervon wird in gedachtem Hauſe ertheilt.
In des Metzgermeiſter Enes Behauſung in der Holzſtraſſe iſt ein Logis, welches in ei=
ner
Stube, Stubenkammer, noch einer Kammer, Kuche und ſonſtigen Bequemlichketten
beſtehet, zu vermiethen.
In der groſen Ochſengaſſe ſind zwey Logls, wovon jedes in einer Stube, Kammer,
Kuͤche und ſonſtigen Bequemlichkeiten beſtehet, zu vermiethen. Das weitere hievon kann
in der Buchdruckerey im Lottohauſe erfragt werden.
Gegen der Caſerne uͤber ſtehet ein geraͤumliches Logis, welches in einer Stube, Stu=
benkammer
, Küche und Holzplatz beſtehet, zu verlehnen, auch ſogleich bezogen werden
kann. Das Naͤhere iſt in ſchon erwehnter Buchdruckerey zu erfragen.
In einen hieſigen Spezerey=und Conditorladen wird ein Lehrpurſche von honetten El=
tern
mit oder ohne Lehrgeld in die Lehre geſucht. Bey wem ? iſt in gedachter Buchdru=
ckerey
zu erfahren.
Zwey tauſend Gulden liegen gegen hinlaͤngliche gerichtliche Sicherheit zum Auslehnen
entweder im Ganzen, oder in zertrennten Summen parat; und kann deßfalls das Wet=
kere
in mehr erwehnter Buchdruckerey erfragt werden.

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Bey der mit bekannter guter Ordnung und den veſigeſetzten Solennttaͤten vollzogenen
135ten Ziehung der Hochf. Heſſen=Darmſtaͤdtiſchen gnadigſt garantirten Zahlen=Lotterle,
ſind dieſe Nummern:
36
72
57.
28.
55
aus dem Glücksrade gezogen worden. Die 202te Ziehung in Caſſel geſchtehet den 10. Sept.
Die 66te Ziehung in Marburg den 17. Sept. Die 136te Ziehung in Darmſtadt den
24. Sept., und ſo fort von 3 zu 3 Wochen. Darmſtadt, den 3. Sept. 1783.
Generaldirection der Hochf. Beſſen=Darmſtaͤdtiſchen garantirten Zablenlotterie.
Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 30. Aug. bis den 6. Sept. 1783.
Herr Venator, Steuercommiſſarius von Romrod. Herr Georgt, Stadtſchreiber von
Roßbach, log. im Trauben.
Herr Poppel, Spitzenhaͤndler aus Braband, log. in der Kron.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr von Asbaden, aus England, den 31. Aug. Herr von Klenck, Lieutenant von
Frankfurt, den 1. Sept. Herr von Fetzer, von Nuͤrnberg, eod. Herr Kempf.
Hofrath und Leibmedicus von Hanau, den 2. Sept. Herr Asley und Herr von
Miller, Capitains in Engliſchen Dienſten, eod. Ihro Durchlaucht der Prinz
von Salm=Salm, eod. Herr von Lorch, Oberamtmann in Wuͤrtembergiſchen
Dienſten, den 3. Sept. Herr Scheller, Virtuos auf der Violin und Herr Po=
lack
, Virtuos auf dem Waldhorn, eod. Herr von Meſtrahl, Major in Pfal=
ziſchen
Dienſten, vom Regiment Joſeph Hohenhauſen, den 4. Sept. Die Frau
Graͤfin Marſchalln CMaye, den 5. Sept. Herr von Wurmſer, Brigadier in
Franzoͤſiſchen Dienſten, eod.

Gebohrene, Getaufte, und Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 31. Aug. dem Fuͤrſtl. Hofrath, Herrn Soldan, ein Toͤchterlein.
Den 1. Sept., dem Burger und Gaͤrtner, Johann Nicolaus Becker, ein Soͤhnlein.
Eod., des allhieſigen Burgers und Sattlermeiſters Hieronymus Tochter, Amalia Fride=
rica
, ein uneheliches Toͤchterlein.
Den 2. Sept., dem Burger und Ackermann, Joh. Balthaſar Beſt, ein Toͤchterlein.
Den 3. Sept. dem Burger und Tuchmachermeiſter Joh. Wendel Roth, ein Toͤchterl.
Eod., dem Fürſtl. Rath und Regierungs=Secretarius, Herrn Wilhelm Ernſt Bender,
ein Toͤchterlein.
Den 4. Sept,, dem Burger und Saͤcklermeiſter, Joh. Franz Pfeiffer, ein Toͤchterlein.
Geſtorbene und Beerdigte.
Den 31. Aug., dem Gaͤrtner bey dem Oberjaͤgermeiſter Herrn von Riedeſel Excellenz,
Philipp Carl Gengenbach, ein Soͤhnlein, 2. Monate und 8. Tage alt.
Den 1. Sept., des Burgers und Metzgermeiſter Kleins, Ebefrau, 39. Jahre, 3. Mo=
nate
und 5. Tage alt.
Eod. dem Sattlermeiſter, bey Ihro Hochfuͤrſtl. Durchlaucht der Fürſtin Georg, Johan=
nes
Kutſcher, ein Soͤhnlein, 1. Jahr, 9. Monate und 22. Tage alt.
Den 2. Sept., Frau Johanna Maria, des Privatſertbents, Hn. Johann Jacob Beckers,
Ehefrau, 53. Jahre und 8. Monate alt.
Eod. der Hofconditor, bey Ihro Hochfuͤrſtl. Durchlancht der Fuͤrſtin Georg, Hr. Johann
Jacob Purgold, 36. Jahre und 2. Monate alt.
Den 3. Sept., dem Fürſtl. Krtegs=Secretarius, Herrn Carl Friedrich Froſch, ein Soͤhn=
lein
, 1. Jahr, 6. Monate und 18. Tage alt.
Den 4. Sept., dem Burger und Metzgermeiſter, Georg Henrich Schnell, ein Soͤhnlein,
7. Monate weniger 2. Tage alt.
Eod., dem Burger und Schuhmachermeiſter, Chriſtlan Helfmann, ein Soͤhnl., 2. Jahre,
4. Monate und 2. Tage alt.

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Ferner: dem Fürſtl. Rechnungsprobator, Herrn Amelung, ein Soͤhnlen, 9 Monate
und 5. Tage alt.
Den 5. Sept., der Burger und Saͤcklermeiſter, Johann Gottlieb Muͤller, 51. Jabre
und 3. Tage alt.
Den 6. Sept., Anna Margaretha Petriin, von Weiterſtatk gebuͤtig, eine arme Dienk=
magd
, 73. Jahre, 11. Monate und 25. Tage alt.
1 E
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Die ungluͤcklichen Kinder eigenſinniger Eltern bey der Wahl
ihrer Lebensart.
Ein angeſehener Handwerksmann, der ſich ein ziemlich groſſes Vermoͤgen erworben
hatte, faßte den Entſchluß, ſeinen Soͤhnen eine Lebensart zu waͤhlen, wodurch die Dun=
kelheit
ihrer Geburt in Vergeſſenheit moͤchte gebracht werden. Er zog aber nicht die Net=
gung
derſelben zu Rathe; ſondern verſorgte ſie nach ſeinen Einfaͤllen, und nach Beſchaf=
fenheit
ihrers Alters: nur in Anſehung ves Aelteſten entſchied ein Zufall. Der Alte ſpa=
zierte
nemlich einſtmalen im Park, und ſahe eine Kompagnie Coldaten exercteren; dieß
geſiel ihm ſo wohl, daß er den Aelteſten ſogleich Dienſte nehmen ließ und ihm eine Haupt=
mannsſtelle
kaufte. Der junge Menſch war von einer ſanften, ſtillen und furchtſamen Ge=
muͤthsart
, liebte die Buͤcher, ein ſitzendes Leben, und war allem Geraͤuſche und Laͤrmen
feind. Der zweite Sohn ward der Kirche gewidmet, aus keiner andern Urſache, als
weil es ein geehrter Stand iſt. Er aber war gerade das Gegentheil ſeines aͤlteſten Bru=
ders
, ein Freund der Zerſtreuung und des Tumults, ein Sklav ſeiner Leidenſchaften, der
ſchon in der Schule unwiſſend und muthwillig genug war, und einen unuberwindlichen Ab=
ſcheu
vor dem Stubieren und vor den Büchern hakte. Der dritte ward ein Seidenkraͤmer,
weil es ſeine Mutter fuͤr das netteſte und reinlichſte Gewerbe hielt. Dieſer junge Menſch
hatte mehr Fähigkeit, als alle ſeine Brüder einen richtigen und geſunden Verſtand, war
kuhn in ſeinen Unternehmungen, edel in ſeiner Denkungsart, kurz, er hatte alle Vorzuͤge
des Geiſtes, ob er gleich haͤßlich von Perſon war. Er war kurz, dicke und plump, ſehr
von Pocken. gezeichnet, und harte das Ungluͤck gehabt, in ſeiner Kindheie durch einen Fall
ein Auge zu verlieren. Der juͤngſte Sohn ward zu einem Kaufmanne gethan, der den
groͤßten Handel in der ganzen Stadt hatte. Er war von einem ſtumpfen Verſtande und
niedrigen Geſinnungen, aber ein gewaltiger Schwaͤtzer: ſonſt ganz artig von Perſon und
wußte ſich einzuſchmeicheln. Dieß waren die Lebensarten, zu denen der ſchwache und
eitle Vater ſeine ungluͤcklichen Soͤhne beſttmmte. Aber, was war der Erfolg ſeiner Wahl,
wo keine Stelle ihren Faͤhigkeiten angemeſſen war ?
Der Soldat war nicht lange bei dem Regimente, als die andern ſeine Furchtſamkett
merkten, ſeiner ſpotteten, und ihn zu einem Zweikampf noͤthigten. Der junge, ſanftmuͤ=
thige
Mann, deſſen Herz eben ſo vor dem Tode bebte, als er ſichs zum Gewiſſen machte.
einen andern zu toͤdten, bezeigte ſich dabet ſo ungeſchickt, daß er ſelbſt ſelnem Gegner in
den Degen rannte, und von ſeines Vaters Unverſtande ein Opfer ward. Der Geiſtliche,
dem ſeines Vaters Geld ein Amt verſchaft hatte, uͤberließ ſich ſeinen ausſchmeifenden
Neigungen ſo ſehr, daß es vor den Btſchof kam. Nachdem verſchiedene ernſtliche Ver=
weiſe
und oͤffentliche Beſtrafungen nichts gefruchtet hatten, ward er deſſen entſetzt. In
der Tollheit lief er unter die Soldaten, und endigte, als Gemeiner, unter mancherlei
Elend, ſein ungluͤckliches Leben. Der Seidenkraͤmer hatte ein ſolchen Eckel vor der Klein=
fügigkeit
ſeines Geſchaͤfts: die öftern Fehler, die er dabet begieng, die Verachtung, die
ihm die Damen, welche Waaren von ihm erhandeln wollten, weſen ſeiner unangeneh=
men
Geſtalt bezeigten: machten es ihm ſo verhaßt, daß er ſeinen Verdruß in der Wein=
flaſche
zu erſticken ſuchte, und es bald im Trinken zu einer=ſolchen Fertigkeit brachte, daß
er nie mehr nuͤchtern war. Der Kaufmann war in kurzem fertig. Er hatte fuͤr das
groſe Werk, das mit der äuſſerſten Klugheit wollte geführt ſeyn, nicht Verſtand genug.
gerieth in Unordnung, die ſich mit ſeinem Untergange endigte.
rben.
So war die Unbeſonnenheit des Vaters der