Darmstädter Tagblatt 1783


09. Juni 1783

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Anno 1783.

den 9
Jun.

Num. 23.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnaͤdigſtem
Darmſtaͤdti=
enzeigungs
.
zu finden in der
Hof= und Canzley=

Heſſiſehem
Privilegio.
ſches Frag=und
blattgen
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.

Victualien= und Marktpreis.

Ein E Ochſenfleiſch
= Rindfleiſch =
= Kalbfleiſch
Hammelfleiſch
Schaffleiſch
1 Schweinenfleiſch=
Schinken u. Doͤrrfl.
Speck =
1 = Nierenſett ½
Hammelsfett= 10
1 Schweinenſchmalz
Ein Kalbsgekroͤß = 6 a
10
Ein Kalbsgeluͤng
Ein Hammelsgeluͤng=
1E Ochſengelung
1 Suͤlzen
1 Bratwuͤrſt
1 Leber=u. Blutwuͤrſtſs
Eine geſ. oder ger Ochſenzung

Ein Kalbskopf
Ein Hammelskopf
Ein Kalbsfus =
Ein Malter Korn
Ein Malter Gerſten =
Ein Malter Waizen =
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer,
rin Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl
36

zr.
Ein Kumpf Hafermehl =
1 Kpf geſchaͤlter Hirſen
1 Kpf grob geſch. Gerſte 3240
1 Kpf kleingeſchaͤlterGerſten 64' 80
1 Kumpf Erbſen = =
1 Kumpf Linſen =
1 Maas Merz=oder Lagerbier
im Hauſe;
= uͤber die Straſe=
1 Maas Jungbier im Haus=
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
Pfund friſche Butter = 12
Pfund Handkaͤs der beſten
Dieubrige Handkaͤſe 4-7 Stuͤck
ſEyer 8a 9 Stuͤck vor
Ein aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln
Brodraxe und Gewicht.
Pf.
Vor 2kr. Brod ſollwiegs
Vor4kr. dito
Vor6kr. dito
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod
Vor 2kr. dito =
22
Vor 1 kr. Waſſerweck=
Vor 1kr. Milchweck =
Vor1kr. Milchbrod
Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenamntes
Comiß=Brod ſoll gelten 8 Kr.

Fuͤrſtl. Heſſiſehe Polizeydeputation dahierz

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.

1I. Sachen, ſo zu verkaufen, und zu verpachten.

Darmſtadt. Demnach die Sommer=und Winter=Schafweide zu Weiterſtatt auf
Michaelitag dieſes Jahrs wiederum leihfaͤllig wird und auf fernerweite 6 nacheinander
folgende Jahre an den Meiſtbietenden verliehen werden ſoll, und denn zu dieſer Verlei=
hung
Terminus auf Donnerſtag den 3. Julii dieſes Jahrs anberaumet worden; als wird
ſolches zu dem Ende hiermit öffentlich bekannt gemacht, damit die Luſttragende ſich in be=
regtem
Termin den 3. Julii 2. c. Morgens fruh um 9. Uhr auf dem Rathhaus zu Wei=
terſtatt
einfinden, die Conditionen alsdann vernehmen, und mitbleten moͤgen. Darm=
ſtadt
, den 28. May 1783.
Fuͤrſtl. Beſſiſches Oberamt daſelbſt.
In allhieſiger Buchdruckerey im Lottohaus und in der Wittichiſchen Behauſung im
Birngarten iſt zu haben: das von Friedrich Gedike herausgegebene lateiniſche Leſebuch
fuͤr die erſten Anfaͤnger fuͤr 16kr. Vademecum fuͤr Dichterfreunde, 1ter und 2ter Theil,
auf Schreibp. fuͤr 1fl. 35 kr. und auf Druckpapter 1fl 16 kr. Neuer Speccius, 15 kr.
Nachricht vom Auerbacher Waſſer, 6 kr. Die Augsburgiſche Confeßion, 10 kr. Eich=
horns
Ruͤſt= und Schatzkammer, 10 kr. Rambachiſches Geſangbuch, 8 kr. Proceß=
ordnung
, 24 kr.
Bey dem Factor Will im Lottohaus ſind zu haben: Prediaten über die Leidens=
geſchichte
Jeſu Chriſtl. Aus den Werken verſchiedener Verfaſſer geſammelt. Zwote
ganz umgearbeitete und ſehr vermehrte Anflage, gr. 8vo. Gieſen 1783. für 1fl. 30kr.
Es ſind bey G. F. Vollmar in Beſſungen unterſchiedliche Sorten, ſowohl Affenthaler
als Elſaſſer extra gute rothe Weine, zu Ohm, halb und viertels Ohmen in billigen Prei=
ſen
zu haben.
II. Vermiſchte Nachrichten.
Ein hieſiger junger Menſch von honetten Eltern, welcher Rechnen und Schreiben
kann, wie auch etwas Muſic und Franzoͤſiſch verſteht, ſucht bei Herrſchaften als Bedten=
ter
, oder ſonſt auf eine Art employrt zu werden. Naͤhere Nachricht von demſelben giebt
man in der Buchdruckerey im Lottohaus.
500 bis 550 Gulden Vormundsgelder liegen gegen hinlaͤngliche gerichtliche Sicherheit
zum Auslehnen parat, und man kann deswegen weitere Nachricht in ebengedachter Buch=
druckerey
erfahren.
Bey der mit bekannter guter Ordnung und den veſtgeſetzten Solennitaͤten vollzogenen
61ten Ziehung der Hochf. Heſſen=Marburgiſchen gnaͤdigſt garantirten Zahlen=Lotterie,
41.
21.
29.
ſind dieſe Nummern:
45.
78
aus dem Glüͤcksrade gezogen worden. Die 131te Ziehung in Darmſtadt geſchiehet den
11. Jun. Die 198te Ziehung in Caſſel, den 18 Jun. Die 62te Ziehung in Marburg
den 25. Jun., und ſo fort von 3 zu 3 Wochen. Darmſtadt, den 4. Jun. 1783.
Bey der am 31ten May 1783. vor ſich gegangenen 244ten Mainzer Lotto=Ziehung
ſind folgende Nummern aus dem Gluͤcksrade gehoben worden, als: 66. 79. J. 77. 4.
Die 245te Mainzer Ziehung geſchiehet den 21. Juni 1783.
Generaldirection der Hochf. Heſſen=Darmſtaͤdtiſchen garantirten Zahlenlotterie.

Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 31 May bis den 7. Jun. 1283.
Herr Eyſtlle, Kaufmann aus Duͤrrwangen. Herr Mayer, Handelsmann von Ehin=
gen
, log. im Schwanen.
Herr Le Dieu, Battſtkraͤmer aus Frankreich. Herr Poppel, Spitzenhaͤndler aus Bra=
band
, log. in der Cron.

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Herr Simon; Rothgerber von Heidelberg. Herr Erhard, Kaufmann von Dinkel=
ſpiel
, log. im Loͤwen.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr Goll, Kaufmann von Frankfurt, den 31. May.
Herr Weißmann, Krlegscaſſirer von Oehringen, den 1. Jun.
Herr von Mlus, Captain von der Wuͤrtembergiſchen Artillerie, den 2. Jun.
Herr von Brempt, Capitain in Sardiniſchen Dienſten, den 5. Jun.

Gebohrene, Getaufte, und Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und: Getaufte.
Den 1. Jun., weiland des Burgers und Hoflidecker Wagners, hinterbliebenen Wittwe.
ein Soͤhnlein.
dem Burger und Metzgermeiſter, Chriſtoph Nungeſſer, ein Toͤchterlein.
Den 2.
dem Burger und Zimmermannmeiſter, Joh. Vuus Bauſch, ein Soͤhnl.
Den 6.
dem Herrſchaftl. Moͤnchwagenknecht, Joh. Nicol. Oeſtreicher, ein Toͤchterl.
Den 7.
Geſtorbene und Beerdigte.
Den 1. Jun., Maria Eliſabetha, des geweſenen Burgers und Hofmaurermeiſter Sie=
gels
, hinterbliebene Wittwe, 58. Jahre und 4. Monathe alt.
Den 3. Frau Anna Catharina, des verſtorbenen Amtsdieners Weidnauers hinter=
bliebene
Wittwe, 35 Jahre, 10 Monathe und 9 Tage alt.
Der Burger und Bauholzſchneider, Johannes Vollhardt, 74 Jahre, 4 Monathe und
6 Tage alt.
dem Burger und Saͤcklermeiſter, Johann Jacob Siebert, ein Toͤchter=
Den 6.
lein, 10. Wochen alt.

Fortſezung der in No. 18. abgebrochenen Geſchichte vom kleinen Roͤnig.
Als Mollar in Matura anlandete, ſah er ſogleich eine Schaar Schaͤfer
und Schaͤferinnen, die ihre Taͤnze begannen, Lieder ſangen und laut jauchzten:
Es lebe der Koͤnig! Alle waren weiß gekleidet; die jungen Maͤdchen waren mit ro=
ſenrothen
, und die Burſche mit gruͤnen Baͤndern geputzt; ſie ſtreuten Blumen vor
die Tritte des Koͤnigs, und reichten ihm Blumenſtraͤuſſe dar. Mollar war ſehr
zufrieden mit ſeinen Unterthanen, und ließ ihnen Geld geben. Salbod fuͤhrte
ihn in ein kleines artiges Schloß, das ganz zu ſeiner Ankunft ausgeſchmuͤckt war.
Leider war der Hofſtaat einwenig ermuͤdet von der Reiſe, und legte ſich zeitig ſchla=
fen
. Aber der kleine Koͤnig beſtellte auf Morgen ein Schauſpiel und einen Ball,
nebſt einem groſen Soupee. Fruͤhmorgens gieng man luſtwandeln in der kleinen
Stadt, die rundum das Schloß umgab. Salbod machte den kleinen Koͤnig auf=
merkſam
auf die zufriedenen Geſichter aller Unterthanen. Blos die Gegenwart
ihrer Majeſtaͤt iſt davon die einzige Urſache, ſagte Holl. Sicherlich traͤgt ſie dazu
bey, ſagte Salbod, aber ich muß doch auch geſtehn, daß dieſe Heiterkeit ihnen
natuͤrlich iſt. Der Koͤnig hat ihnen ſo weiſe Geſetze gegeben, daß ſie ſich als die
gluͤcklichſten Kinder des beſten Vaters betrachten. Freude und Ueberfluß herrſchen
in den Doͤrfern, wie - Ich muß auch die Landleute ſehen, ſagte der Koͤnig.
Sogleich nahmen die Kutſchen den naͤchſten Weg aufs Feld. Der Koͤnig erblickte
einen luſtigen Baumgarten, deſſen Baͤume alle in Bluͤthe ſtunden, und wuͤnſchte,
drin zu luſtwandeln. Kaum hoͤrte er ein dunkles Surren, ſo fragte er nach der Ur=
ſache
: man ſagte ihm, es waͤren Bienen. Er war naß bei einem Bienenſtocke,

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und unglaͤcklicher Weiſe ſtach ihn eine dieſer Inſekten. Was fuͤr ſchrecklicht
Fliegen, ſchrie er, ohl es ſchmerzt mich unertraglich! So ſchaͤdliche Inſekten,
ſagte Holl, muͤßte man zu vertilgen ſuchen. Sie haben Recht, antwortete der Koͤ=
nig
; nicht wegen des Uebels das ſie mir verurſacht haben, nein, wegen des Uebels,
das ſie meinen Unterthanen verurſachen werden. Aber, wandte Salbod ein, es
iſt ſelten, daß einmal jemand geſtochen wird; und uͤberdies iſt das Boͤſe der
Bienen nichts im Vergleich mit ihrem Nutzen. Ihre Unterthanen, Sire, koͤn=
nen
ihrer nicht entbehren: denn ... Holl lachte laut auf; Wie? eines ſte=
chenden
Inſekts koͤnnte man nicht entbehren? Das macht man Kindern weiß.
Man rotte ſie aus, ſagte der kleine Koͤnig. Es wird Ihre Majeſtaͤt gereuen, wandte
Salbod ein. Ich will, daß meine Befehle ausgefuͤhrt werden, fuhr Mollar fort:
Salbod ſeufzte, und Holl klatſchte Beifall.
Abends ergoͤzte ſich der Koͤng weidlich am Schauſpiel, und nachher am
Ball, der bis zwey Uhr Morgends dauerte. Unter ſeinen Kammerherren waren
zween zehnjaͤhrige Maͤnner, die bisher zeitig ſchlafen zu gehen und maͤßig zu ſoupiren
pflegten. Aber das Soupee des Koͤnigs war ſo koͤſtlich und der Ball ſo unterhaltend
gewefen, daß ſie ſich nicht hatten entſchlieſſen koͤnnen, dem Rathe ihrer Hofmeiſter
zu folgen. Den andern Morgen befanden ſie ſich alle beide gar uͤbel, der Arzt wurde
gerufen, und verſchrieb Arzneien. Als man ſie ihnen brachte, weigerten ſie ſich=
einzunehmen
. Der Koͤnig hat uns erlaubt, alles zu thun, was wir wollen, ſag=
ten
ſie, und wir haben beſchloſſen, nur ihm zu gehorchen. Indes wuchs das Ue=
bel
, ſie verloren Munterkeit, Schlaf und Appetit, und einer von ihnen bekam eine
Anwandlung vom Fieber. Man ſtellte dem Koͤnige vor, der Starrſinn der kleinen
Patienten koͤnne traurige Folgen haben; und Mollar wurde genoͤthiget, ſeinen
Kammerherren zu befehlen, daß ſie auf den Rath ihrer Hofmeiſter achten ſollten.
Siegehorchten, und in kurzer Zeit wurden ſie wieder geſund.
Einſt als der kleine Koͤnig im Garten des Schloſſes luſtwandelte, bemerkte
er, daß die Raupen an vielen Baͤumen die Blaͤtter zernagt hatten. Sehn ſie,
Holl, wieder einmal recht garſtige Inſekten: ſehn ſie die ganze Verwuͤſtung, die
ſie angerichtet haben. - Ja, wahrlich, Sire, es waͤre wohl thunlich, ſie zu be=
kriegen
, und Allen Belohnungen zu verheiſſen, die an ihrer Vertilgung arbeiten
werden. - Salbod, ſagte der Koͤnig, werden Sie auch itzt behaupten, daß man
Raupen nicht entbehren kann? Ihre Majeſtaͤt denken an die Bienen, antwor=
tete
der Gouverneur: hier iſt der Fall ganz anders; die Raupen, die wir an dieſen
Baͤumen ſehn, ſchaden, ohne zu irgend etwas zu nutzen. Sie entzuͤcken mich,
ſagte der Koͤnig, daß Sie nicht ihre Partie nehmen: denn ich will, daß man alles
vertilge, was Raupe heißt, ich kann ſie nicht ausſtehn. Dieſe Vertilgung kann
nicht allgemein ſeyn, wandte Salbod ein: Ihre Majeſtaͤt werden wohl wiſſen,
daß die Seidenraupe, der Seidenwurm, eine Ausnahme machen muß. Oh
was thut der Name zur Sache, raunte Holl dem Koͤnige in die Ohren, ſehn Ihre
Majeſtaͤt nicht ſonnenklar, daß Salbod nur drauf ſinnt, zu widerſprechen? Ich
will, ſagte Mollar, daß man es mit den Raupen aller Art halte, wie mit den
Bienen, und daß man von Stund an ſich beeifere, mein Reich davon zu befreien.
(Die Fortſetzung folgt.)