Darmstädter Tagblatt 1783


10. März 1783

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Anno 1783.
den 10. Maͤrz.
Num. 10.
Mit Hochfuͤrſtl.
Heſſiſehem
Privileglo.
gnaͤdigſtem
Darmſtaͤdti=
ſches
Frag=und
Anzeigung
biattgen,
zu finden in der=
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.
Hof= und Canzley.

Victualien= und Marktpreis.

kr.
Ein Kumpf Hafermehl =
Ein 15 Ochſenfleiſch
1 Kpf geſchaͤlter Hirſen
1 Rindfleiſch
1 Kpf grob geſch. Gerſte 3240
1 = Kalbfleiſch
1 Kpf kleingeſchaͤlterGerſten 641 80
= Hammelfleiſch
1 Kumpf Erbſen =
Schaffleiſch
1 Kumpf Linſen =
= Schweinenfleiſch=
1 Maas Merz=oder Lagerbier

Schinken u. Doͤrrfl.
im Hauſe=
Speck½
uͤber die Straſe=
12
Nierenfett
1 Maas Jungbier im Haus=
10
1.- Hammelsfett
und uͤber die Straſe=
1 Schweinenſchmalz
1 Maas Bierhefe
Ein Kalbsgekroͤß = 5 a
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
Ein Kalbsgeluͤng=
1 Pfund friſche Butter = 14
Ein Hammelsgeluͤng=
1 Pfund Handkaͤs der beſten
1E Ochſengelung ½..
Dieubrige Handkaͤſe 4-5 Stuͤck
1 Suͤlzen
Eyer 6a7 Stuͤck vor
Bratwuͤrſt
Ein aufgeſetzter KumpfKartoffel,
1 Leber=u. Blutwuͤrſtſs
Brodtaxe und Gewicht.
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung
Pf., L.ſ.
Vor 2kr. Brod ſoll wiegs
Ein Kalbskopf =
Vor4kr. dito
1
Ein Hammelskopf
Vorskr. dito
=
Ein Kalbsſus
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod
Ein Malter Korn
Vor 2kr. dito
Ein Malter Gerſten =
Ein Malter Waizen =
Vor1 kr. Waſſerweck=
Ein Malter Spelzen=
Vor 1kr. Milchweck
Ein Malter Hafer =
Vor1kr. Milchbrod
Ein Malter Rockenmehl
Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenanntes
Ein Malter Weismehl
36 Comiß=Brod ſoll gelten 8 Kr.
Fuͤrſtl. Heſſiſehe Polizeydeputation dahier,

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,

ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤtzlich ſind.

I. Sachen, ſo zu verkaufen.

In meiner Wohnung, in der Kaplaneygaß allhier, ſind allerley Waaren in billigen
Preiſen zu haben, auch beſonders gute Lichter, und Seifen, und ſehr feiner, wie auch
parfumirter Haarpuder. Wenn man dieſen in Schraͤnke und dergleichen Orte legt, ſo
bekommen die ſich darin befindenden Sachen nicht nur einen ſehr angenehmen Geruch,
ſondern ſie werden auch vor Schaben, und ſ. v. Wandlaͤuſen geſichert, weil ſich dieſe
dadurch nach und nach gaͤnzlich verlieren. Darmſtadt, den 7. Maͤrz 1783.
Frommann.
Ein Acker von einem halben Morgen, ſo auf die Grieß=und Dornheimer Straße ſtöſſet,
ſoll aus freyer Hand verkauft werden. Liebhabere koͤnnen das Naͤhere in allhieſiger Buch=
druckerey
im Lottohauſe erfahren.
Bey dem Factor Will im Lottohaus ſind zu haben: Predigten über die Leidens=
geſchichte
Jeſu Chriſti. Aus den Werken verſchiedener Verfaſſer geſammelt. Zwote
ganz umgearbeitete und ſehr vermehrte Auflage, gr. 8vo. Gieſen 1783. für 1fl. 30kr.
Denen Herrn Buͤcher=Liebhabern wird hierdurch bekannt gemacht, daß die anſehn=
liche
und aus vielen in alle Theile der Gelehrſamkeit, beſonders in die Mediein einſchla=
gende
ſeltene Werke, beſtehende Blbltothek, weiland Herrn Hofrath Dantel Wilhelm
Trillers, jetztkommenden 26. May, zu Wittenberg in Churſachſen, an die Meiſtbtetende
verkauft werden wird. Wenn nun hiervon ein gedruckter Catalogus bey Johann Georg
Fleiſcher, Buchhaͤndler zu Frankfurt am Mayn, zu haben, ſo erbietet ſich auch derſelbe
die etwaigen Commiſſionen darauf anzunehmen, und zu eines jeden Zufriedenheit beſt=
moͤglichſt
auszurichten.,
II. Vermiſchte Nachrichten.
Darmſtadt. Nachdeme man des Vorhabens iſt, den fuͤr die beide Fuͤrſtl. Infan=
terie
=Regimenter allhier und zu Gieſen, auf ein Jahr lang, mit in circa 45= bis 46000.
Ehlen erforderlichen weiſen Leinwand zu Hemdern und Stiefletten, den 11 ten naͤchſtkuͤnfti=
gen
Monats Martii oͤffentlich zu verſteigern, und die Lieferung deſſelben dem Wenigſtver=
langenden
in einem Accord zu uͤbertragen; Als koͤnnen demnach die zu ſorhaner Lieferung
Luſttragende, auf bemeldten Termin, Vormittags 9. Uhr, auf dahteſig Fuͤrſtl. Kriegs=
Departement ſich einfinden, und nach Gefallen mitbteten, und ſollen im uͤbrigen die
Leinwand=Proben, wornach die Lieferung geſchehen ſoll, allhier vorgelegt werden.
Von Kriegs=Departements wegen.
Darmſtadt, den 18. Febr. 1783.
Helffmann, Fürſtl. Rath.
Dem Publico dienet hiermit zur Nachricht, daß der Schuh, der dahier hergebrachten
Feldruthe 11½3 Zoll, von dem am Rathhaus befeſtigten eiſernen Maasſtab hat. mit=
hin
die Feldruthe 83 Zoll kleiner iſt, als eine Ruthe nach beſagtem Maasſtab genom=
men
. Darmſtadt, am 20. Febr. 1783.
Burgermeiſter und Rath daſelbſt.
Fünfhundert Gulden liegen gegen eine gerichtliche Verſicherung zum Verlehnen be=
reit
. Das Naͤhere iſt in der Buchdruckerey im Lottohauſe zu erfragen.
Bey der mit bekannter guter Ordnung und den veſtgeſetzten Solennttaͤten vollzogenen
193ten Ziehung der Hochfuͤrſtl. Heſſen=Caſſeliſchen gnaͤdigſt garantirten Zahlen=Lotterte,
ſind dieſe Nummern:
86.
76.
72.
29.
aus dem Glücksrade gezogen worden. Die 77te Ziehung in Marburg geſchiehet den
12. Maͤrz. Die 127te Ziehung in Darmſtadt, den 19. Maͤrz. Die 194te Ziehung in Caſſel,
den 26 Maͤrz, und ſo fort von 3 zu 3 Wochen. Darmſtadt, den 5. Maͤrz 1783.
Bey der am 7ten März 1783. vor ſich gegangenen 240ten Mainzer Lotto=Zehung
End folgende Nummern aus dem Gluͤcksrade gehoben worden, als: 69. 79. 37. 84. 28.
Ote 241te Mainzer Ziehung geſchiehet den 28. Maͤrz 1783.
Generaldirection der Bochf. Beſſen=Darmſtaͤdtiſchen garantirten Zahlenlotterſe.

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Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 1. bis den 8. Maͤrz 1783.
Herr von Zillhard, Capitain in Hollaͤndiſchen Dienſten, vom Regiment Ihro Hochfuͤrſtl.
Durchlaucht Prinz Georg von Heſſendarmſtadt. Herr Witthauſen, Pfarrer
aus dem Preuſſiſchen. Herr Peyer, Kaufmann aus Leipzig, log. in dem Trauben.
Herr Meyer, Spitzenhaͤndler aus Braband, log. im Schwanen.
Herr Poppel, Spitzenhaͤndler aus Braband. Hr. Ganjou, Batiſtkraͤmer aus Frankreich,
log. in der Cron.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr Stauch, Geheimer Rath von Buchsweller, den 2. Marz. Herr von Linſtau,
Capitain, und Herr von Hirſch, Lieutenant, in Preuſſiſchen Dienſten, eod.
Herr Birkenbrend, Secretair von Frankfurt, eod. Herr Rottmann, Rath
von Heidelberg, den 4ten. Frau von Igtrip, Generalin aus Sachſengotha, eod.
Herr von Wieſenhütten, Lieutenant in Wuͤrtembergiſchen Dienſten, den 7ten.

Gebohrene, Getaufte, Copulirte, und Verſtorbene
in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 2. Maͤrz, dem Burger und Hof=Kupferſchmittmeiſter, Johann Andreas Groß,
ein Toͤchterlein.
Den 4. Maͤrz, dem Fürſtl. Renthkammer=Bottenmeiſter, Herrn Johann Ludwig Daniel
Fuhr, ein Toͤchterlein.
Den 6. Maͤrz, dem Füͤrſtl. Rechnungsprobator, Herrn Johann Edmund Amelung, ein
Toͤchterlein.
Den 7. Maͤrz, dem Bedienten bey Ihro Hochfuͤrſtl. Durchlaucht dem Herrn Erbprinzen,
Georg Friedrich Hofmann, ein Soͤhnlein.
Copulirte.
Den 3. Maͤrz, Johann Chriſtian Gloͤckner, Burger und Strumpfwirker allhier, weil.
des geweſ. Mousquetier Gloͤckners, unter dem loͤbl. Fürſtl. Regiment zu Gieſen,
nachgelaſſener ehelicher Sohn, und Anna Magdalena, weil. Mſtr. Chriſtian
Dietrich Lenzens, geweſ. Burgers und Tuchmachers allhier, eheliche Tochter.
Den 4. Maͤrz. Johann Juſtus Schloſſer, Beyſaß und Maurergeſell allhier, weil. Joh.
Peter Schloſſers, geweſ. Gefreyters unter dem loͤbl. Fuͤrſtl. Leibregtment allhier,
nachgelaſſener ehelicher Sohn, und Anna Maria, weil. Johann Peter Stettzens,
geweſ. Burgers und Metzgermeiſters allhier; nachgelaſſene eheliche Tochter.
Geſtorben und Beerdigt.
Den 6. Maͤrz, dem Burger und Kiefermeiſter, Johann Nicolaus Buͤrger, ein Soͤhn=
lein
, 11 Tage alt.
M

Der Beutel voll Verſtand.
zin reicher Kaufmann zu Epernay, in der Provinz Champagne, Namens Renter, hatte
E eine ſehr huͤbſche tugendhafte Frau, die er ziemlich lieb hatte, aber ſich doch dabey
eine Maitreſſe hielt. Seine Frau merkte es gar wohl, daß er ihr nicht getreu war; weil
ſie ihn aber liebte, ſo hofte ſie immer einen gelegenen Zeitpunkt zu finden, um ihn von
ſelner Ausſchweifung zuruͤck zu bringen, und verbarg dahero ſorgfaͤltia ihren Unmuth.
Ste wußte, daß ihr Mann etwas einfaͤltig war; als er daher einsmals zur Meſſe nach
Troyes reiſen wollte, bat ſie ihn, er moͤchte ihr doch einen Beutel voll Verſtand mit=
bringen
. Renter reiſete ab; verkaufte ſeine eignen Waaren auſſerordentlich vortheilhaft,
und

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und nahm dafuͤr eine Menge anderer Waaren, die er in ſeinen Gegenden mit vielem
Gewinn los werden konnte. Als er im Begriff ſtand, wieder nach Hauſe zu reiſen,
beſann er ſich, daß er ſeiner Maitreſſe Mabille, einen neuen Anzug verſprochen habe=
und zu gleicher Zeit ſiel ihm ein, daß ihn ſeine Frau um einen Beutel voll Verſtand
gebeten hatte. Er kaufte fuͤr die erſte ein ſehr ſchoͤnes Zeug zum Kleide, und um ſeine
Frau auch nicht ganz zu vergeſſen, erkundigte er ſich, wo die Beutel voll Verſtand zu
Kauf ſeyn moͤchten. Oer erſte, an den er ſich wandte, und der nicht viel kluͤger war,
als er, wies ihn zu einem Wuͤrzkraͤmer; der Wuͤrzkraͤmer lachte, und wies ihn wieder
zu einem ſpaniſchen Kaufmann, der eben auf dem Markte ſpatzieren gieng. Dieſer fragte
den Herrn Renter ſo geſchickt aus, daß er ihm geſtand, er habe eine tugendhafte Frau,
die ihn um einen Beutel voll Verſtand, und eine Maitreſſe, die ihn um ein reiches Kleid
gebeten haͤtte. Der Spanier ſtellte ihm hierauf vor, wie unbillig er handle, daß er einer
tugendhaften Frau ungetreu werde, und ſich an eine fremde, leichtſinnige Frauensperſon
haͤnge. Wenn er indeſſen das Herz einer jeden kennen lernen, und mit Gewisheit er=
fahren
wolle, welche von beyden ihn am meiſten liebe, ſo wolle er ihm den Rath geben,
ein paar Tage fruͤher, als ſeine Frachtwagen, zuruͤck zu reiſen, und auszuſprengen, daß
er durch Straſſenraͤuber um alle das Seinige gekommen waͤre; er ſolle alsdenn zu ſeiner
Maitreſſe und ſeiner Frau gehen, und aus jeder ihrem Betragen urtheilen, welche von
ihnen beyden es am ehrlichſten mit ihm meyne. Dieſer kluge Rath des Spaniers eroͤfnete
dem Kaufmann auf einmal die Augen. Er gab ſeinen Leuten Befehl, nicht eher als auf
einen gewiſſen Tag zu Epernay anzukommen; er ſelbſt gieng voraus, und nachdem er vor
der Stadt ſeine gewoͤhnlichen Kleider ausgrzogen, und ſich mit alten Lumpen bedeckt hatte,
als wenn er mit genauer Noth aus den Haͤnden der Straſſenraͤuber entronnen ſey, gieng
er des Nachts in die Stadt, und gerade vor das Haus ſeiner Maitreſſe Mabille. Er
klopfte ſie heraus; nachdem ſie ihm aber aufgemacht, und ihn in einem ſo erbaͤrmlichen
Zuſtande erblickte; fragte ſie ihn, was das zu bedeuten habe. Renter erzehlte ihr ſein
erdichtetes Ungluͤck, und bat ſie, daß ſie ihm erlauben moͤchte, ſich in ihrem Hauſe vor
ſeinen Glaͤubtgern zu verbergen, die nunmehr, da er alles das Seinige verloren, mik
Ungeſtuͤmm auf ihn losfallen, und ihn ins Gefaͤngniß wuͤrden ſchleppen laſſen. Ey was!
ſieng die Dame an, wenn dem ſo iſt, ſo kann er ſetne Zuflucht 29 anders ſuchen, ich will
mir keine ſolche Ungelegenheit auf den Hals laden. Der arme Renier erinnerte ſie an die
vielen Wohlthaten und Reichthuͤmer, die er ihr zuflieſſen laſſen; aber es half alles nichts,
und ſie ſtieß ihn, ohne weitere Antwort, zum Hauſe hinaus. Nun gieng er nach ſeiner
eigenen Wohnung, weckte ſeine Frau aus dem Schlafe, die auch, ſo bald ſie ſeine
Stimme hoͤrte, herunter kam, und ihm aufmachte. Sie empfieng ihn mit groſer Freude;
kaum aber war er mit ihr in ſeinem Zimmer, ſo fragte ſie ihn nach der Urſache ſeines
erbaͤrmlichen Aufzuges. Er erzehlte ihr ebenfalls mit verſtellter Betruͤbnis, daß er unter
die Raͤuber gefallen, und auf einmal zum armen Manne geworden ſey; was das ſchlimſte
iſt, fuhr er fort, ſo bin ich noch ſehr viel ſchuldig, und wenn man mein Ungluͤck hoͤret,
ſo wird jedermann, dem ich ſchuldig bin, uͤber mich herfallen, und ich habe doch keinen
Heller mehr im Vermoͤgen. Gieb dich zufrieden, ſagte die Frau, ich habe noch zehntauſend
Franken von dem Meinigen, die ich gerne zu Bezahlung deiner Schulden hergeben will.-
Aber du haſt gewis noch nichts gegeſſen; laß uns gutes Muths ſeyn, und hernach weiter
ſprechen. Hiermit trug ſie ihm das Beſte auf, was ihre Haushaltung vermochte, ſie
tranken eine Bouteille guten Wein, und legten ſich beyde vergnugt mit einander nieder.
Den andern Tag hatte ſich das Ungluͤck des Renier, durch die ganze Stadt ausgebreitet,
denn die Dame Mabille, hatte es jedermann erzehlt, ſo, daß des Renter Haus, in kurzer
Zeit voller Glaͤubiger war, die alle ihr Geld wieder haben wollten. Indem aber kam der
Mantelſack des Kaufmanns, voller Geld an, und bald darauf erſchienen auch ſeine
beladenen Frachtwaͤgen; er erzehlte der ganzen Geſellſchaft den verſtellten Kunſtgriff, und
ſeine Frau, die alles mit anhoͤrte, verſicherte ihn, daß er den Beutel voll Verſtand ge=
funden
habe, den ſie ſich von ihm ausgebeten habe. Der Kaufmann voller Freuden=
daß
er hiedurch wahre Freundſchaft von der Falſchen unterſcheiden lernen, ſchenkte ſeiner
Frau das reiche Kleid, das er fuͤr ſeine Maitreſſe Mabille mitgebracht hatte, und beyde
lebten bis in ihr ſpäteſtes Alter, in einer vergnügten Ehe.