den 22. Julii.
Anno 1782.
Num. 29.
Mit Hochfuͤrſtl.
gnaͤdigſtem
Darmſtadti=
Anzeigungs
zu finden in der
u
Hof= und Canzley=
Victualien= und Marktpreis.
Heſſiſehem
Privilegio.
ſches Frag=und
v1ergeir
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.
Ein E Ochſenfleiſch =
=
= Rindfleiſch
1 = Kalbfleiſch
1 = Hammelfleiſch =
Schaffleiſch
1 = Schweinenfleiſch
1 Schinken u. Doͤrrfl.
1(
1 = Speck
1 „ Nierenfett
1 = Hammelsfett=
= Schweinenſchmalz
Ein Kalbsgekroͤß
8 a
4
Ein Kalbsgeluͤng =
„
Ein Hammelsgeluͤng
=
1E Ochſengelung
=
= Suͤlzen =
=
= Bratwuͤrſt
= Lebereu. Blutwuͤrſt
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung
Ein Kalbskopf 8. 10 a
Ein Hammelskopf =
=
Ein Kalbsſus =
Ein Malter Korn
„
„
Ein Malter Gerſten
Ein Malter Waizen =
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer
„=
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl =
E.
7
6
6
6
4
6
12
14
12
10
12
10
12
5
3
2
10
6.
28
12
5
1
fl.
3
3
5
2
2
4
6
Fuͤrſtl. Heſſiſche Pol
Pf.
kr.
59
10
30)
12
36
Ein Kumpf Hafermehl =
1 Kpf geſchaͤlter Hirſen
1 Kpf grob geſch. Gerſte 32 40
1 Kpf kleingeſchaͤlter Gerſten 64
1 Kumpf Erbſen
5
1 Kumpf Linſen
1 Maas Merz= oder Lagerbier
im
Hauſe=
uͤber die Straſe=
1 Maas Jungbier im Haus=
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
1 Pfund friſche Butter = 13
1 Pfund Handkaͤs der beſten
Die ubrige Handkaͤſe 4-5 Stuͤck
Eyer 7=8 Stuͤck vor
Ein aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln
Brodtaxe und Gewicht.
Vor 2kr. Brod ſollwiegs 18
Vor4kr. dito
Vorskr. dito
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod
11
Vor 2 kr. dito
22
Vor1 kr. Waſſerweck =
10
Vor1kr. Milchweck
7
Vor1kr. Milchbrod =
6
Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenanntes
Comiß=Brod ſoll gelten 7 Kr. 2 Pf.
izeydeputation dahier,
Pf., L. 2.
2 116
53 24
kr.
28
32
48
80
24
24
3
3
3
3
24
4
14
6
4
4
Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.
I. Sachen, ſo zu verkaufen und zu vermiethen.
Darmſtadt. Nachdeme des hieſigen Burger und Bierbrauer Schaͤfers in der
langen Gaſſe gelegene Wohn=und Brauhaus, beforcht Zimmermann Ningler und
Weiß=
binder Ritter, dringender Schulden halber, nächſtkunftigen Baͤttag auf allhieſigem
Rathhaus öffentlich aufgeſteckt und dem Meiſtbietenden überlaſſen werden ſoll; Als
wird ſolches zu dem Ende hiermit bekannt gemacht, damit die Luſttragende ſich alsdann
einfinden und mitbieten moͤgen. Darmſtadt, den 6. Julit 1782.
Fuͤrſtl. Beſſiſches Oberamt daſelbſt.
Darmſtadt. Nachdeme des weiland Burger und Knopfmacher Ludwig Wilhelm
Ahlen allhier in der kleinen Bachgaſſe gelegene Wohnhaus, befurcht Schumacher Kuͤhn
und Metzger Schuſter, um die Erben behoͤrig auseinander ſetzen zu koͤnnen, auf
allhie=
ſigem Rathhaus naͤchſtkuͤnftigen Baͤttag oͤffentlich aufgeſteckt werden ſoll; Als wird
ſol=
ches zu dem Ende hiermit bekannt gemacht, damit die Luſtragende ſich alsdann einfinden
und mitbieten moͤgen. Darmſtadt den 16. Jul. 1782.
Faͤrſtl. Beſſ. Oberamt daſelbſt.
Nachdeme auf Hochfuͤrſtl. Hofdeputations=Verordnung zu nochmaliger Subhaſtation
des Hoflaquay Roͤmeriſchen in der Ochſengaß liegenden Wohnhauſes und Hofraithe,
Ter=
minus auf Mittwoch, den 31ten dieſes, Nachmittags um 2. Uhr, in dem Roͤmeriſchen
Haus anberaumet worden; ſo wird ſolches dem kaufluſttgen Publico, mit dem Anhang
hierdurch bekannt gemacht, daß ſothanes Haus und Hofraithe dem Meiſibietenden
als=
dann, ohne Vorbehalt einer hoͤhern Ratificatton zugeſchlagen werden ſolle. Darmſtadt,
Ex Commiſſione
den 18. Jul. 1782.
G. C. Follenius, Fuͤrſtl. Regierungsſecretarius.
Bei der Frau Rechnungsjuſtiſicator Fritzin in der neuen Vorſtadt, iſt in deren
vor=
dern Haus, und zwar im zweiten und dritten Stock, ein Logis zu verlehnen, welches in
vier Stuben, ſechs Kammern, einer Kuche, zwei Boͤden, einem verſchloſſenen Keller
und Holzplatz beſtehet, zu verlehnen, und kann bei der Frau Eigenthümerin naͤhere
Er=
kundigung desfalls eingezogen werden.
Angekommene fremde Herrn Paſſagiers, vom 13. bis den 20. Julii.
Herr von Guͤnderode, Kammerherr von Baaden. Herr Wendt, Silhouettenmacher
aus Mainz, log. im Trauben.
Auſſer den Gaſthaͤuſern logiren:
Herr Wieland, Geheimer Rath, von Pforzheim, log. bei Ihro Excellenz dem Herrn
Geheimen Rath Hoffmann.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr Lep, Rath aus Pohlen, den 13. Jul. Hr. von Berg, Domherr aus Berlin, eod. Hr.
Wolfs, Kaufmann aus Bremen, den 14ten. Hr. von Kottulinsky, Lieutenant in
Preuſ=
ſiſchen Dienſten, vom Reg. Zaremba, eod. Hr. von Wolfen, Capit. in Preuſ. Dienſten,
vom Reg. Woldeck, den 15ten. Hr. von Bader=Kaiſerl. Reichskriegscommiſſar. den 16.
Hr. von Krohne, Hr. von Berkenf.U, Capitains, und Hr. von Seſtin, Oberlieut., ſamtl.
in pfaͤlziſchen Dienſten, vom Reg. Hohenhauſen, eod. Hr. von Langsdorf, Kaiſ. Capit.
Hr. von St. Andre, aus Heilbron, den 17ten. Hr. von Kopet aus Heidelberg, eod.
Ihro Hochf. Durchl. der regierende Fuͤrſt von Naſſau Uſingen, den 18ten. Hr. von
Ko=
marzeweky, Generalmajor in pohlniſchen Dienſten, eod. Hr. Graf Manſt, Kaiſerl.
Kammerherr, den 20ten.
Gebohrene, Getaufte, Copul. u. Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 12. Julii, dem Füͤrſtl. Bentkammer=Kanzleydiener, Joh. Wilh. Hoͤchſt, ein Toͤchterlein.
Den 15. Julii, dem Herrſchaftl. Knecht, Joh. Wilh. Weſß, ein Toͤchterleig.
Den 16. Julii, dem Fürſtl. Regierungs=Kanzelliſten, Hrn. Ludw. Friedr. Seitz, ein Soͤhnlein.
Eod. dem Burger und Metzgermeiſter, Joh. Georg Bachmayer, ein Toͤchterlein.
Den 17. Julii, dem Fürſtl. Regierungsrath, Herrn Joh. Auguſt Schenk, ein Soͤhnlein.
Den 19. Julii, dem Buchdrucker in der Fuͤrſtl. Hof= und Kanzleybuchdruckerey, Johannes
Fiſcher, ein Söͤhnlein.
Copulirte.
Den 16. Julii, J. L. Kern, Polizeydiener allhier, ein Wittwer, und Margaretha Eliſabetha, weyl.
des Burgers und Schuhmachermeiſters, J. H. Steckerts, nachgelaſſene eheliche Tochter.
Geſtorbene und Beerdigte.
Den 14. Julii, der Candidat der Theologie, Herr Soldnn, weyl. des geweſenen Pfarrers zu
Wingertshauſen, Herrn Soldans, nachgelaſſener ehelicher Herr Sohn, 22. Jahre,
8. Monathe und 27. Tage alt.
Den 16. Julii iſt aus der Armencaſſe begraben worden: Louiſa Carolina, des geweſenen
Bur=
gers und Saͤcklermeiſter Heuſers, hinterlaſſene Wittwe, 54. Jahre alt.
Das Ende Nushiroans.
Nushirvan nahte ſich endlich auch derjenigen
2 Stunde, welcher einſt wir alle uns nahen.
werden, und welche für die Fuͤrſten der ſicherſte
Beweis iſt, daß ſie nichts mehr und minder, als
Menſchen ſind, - die Stunde des Todes. Er
blickr ihr mit unerſchütterter Ruhe, ganz
Per=
ſien ſah ihr mit Zittern entgegen. Er war grau
geworden unter Gluͤck und unter Sorgen. Man
hoffte von ſeinem Alter noch Segen und langen.
Frieden; aber ein Call auf der Jagd beſchaͤdigte
ſeinen Fuß; die Kunſt der Aerzte boz vergebens
alles zu deſſen Heilung auf; der Schaden ward
mit jedem Tage gefaͤhrlicher, und man fieng an,
fur ſein Leben zu zittern. Von dieſem
Angen=
blick an ward ſeine blühende Koͤnigsſtadt ein Sitz
des Trauerns; weinende Schaaren knieeten in
den Tempeln und auf den Straſſen; verliebte
Juͤnglinge ſchoben, ihre Hochzeitfeier auf;
Schwelger faſteten, und Kranke vergaſſen ihrer
eignen Schmerzen. — Eine Stadt, vor deren
Thoren ein erbitterter Feind liegt, und die beim
erſten Sturme ſeiner Wuth und ſeinem Morden
ſich preis gegeben zu ſeyn fürchtet, kann nicht
banger zagen, als Jſpahan; und das
ſonderbar=
ſte war, daß Nusſchirvad (Nushirvans
erſtge=
bohrner Sohn) ſelbſt aufrichtige Thraͤnen weinte,
und mehr fuͤhlte, daß er einen Vater, als daß er
einen Vorfahrer verloͤre. Nushirvan, als er die
Gefahr ſeiner Krankheit zu fühlen begann,
hat=
te ſeine Aerzte oft um ihre Meinung befragt;
man nahm dieſe Sorgfalt für Furcht auf= und
verbarg ihm lange die Wahrheit; aber endlich
konnte Haff, der oberſte unter ihnen, ſich nicht.
laͤnger uberwinden, den gutigſten Herrn durch
eine Unwahrheit, ſo gutgemeinz ſie immer ſeyn.
mochte, zu taͤuſchen, und er kuͤndigte ihm das
ſchreckliche Urtheil des Todes an. Der Monarch
hoͤrt' ihm gelaſſen zu. - „Du ſagſt mir nichts,
was nicht mein Herz mir ſchon geſagt haͤtte.
Doch wie viel Zeit bleibt mir wohl noch mit
Ge=
wißheit uͤbrig 2”„Fünfbis ſechs Stunden
hoͤch=
ſtens.” „ Boͤſer Mann, woſern du das geſtern.
ſchon wußteſt, und mich beinah um einen der
lüſeſten Augenblicke meines Lebens, wenigſtens
12) S. das vorhergehende Biatt Nro. 18.
um einen der wichtigſten gebracht haͤtteſt! "
Er beſahl ſogleich, durch Trompeter die
Einwoh=
ner Jſpahans vor ſein Schloß zu bernfen, und
in minder als einer Stunde Zeit war der weite
Platz mit vielen Tauſenden angefuͤllt. „Bringt
mich, (war dann ſein zweiter Beſehl) „bringt
mich auf den Altan, von welchem ich ſonſt oft
mit dem Volke zu reden pflegte; und du,
Nus=
ſchirvad, ſteh mir zur Seite. Die Stunde der
erſten Rechenſchaft iſt da: beſteh' ich in ſolcher,
dann geh ich der zweiten und ernſtern mit
hei=
trer Seele entgegen." — Umſonſt that man
ihm Vorſtellung, daß ſo heſtige Bewegung ſein
Ende ſchmerzhafter machen wuͤrde; er beſtand
drauf, und ſeine Diener mußten ihn
ſchwebend=
aufrecht halten, indem er alſo zur Menge redete:
„Meine Kinder! Fünf und dreiſig Jahre habe
ich uber Perſien geherrſcht; der Umfang meiner
Staaten. hat. ſich mittlerweile nicht verengt;
zwanzig Tagereiſen Landes mehr hinterlaß= ich
meinem Nachfolger dienſtbar, als mein Vorſahr
mir hinterließ. Aber nicht Vergroͤſerung
mei=
nes Gebietes, gerechte Verwaltung deſſelben war
meine Pflicht, mein Wunſch und mein
Augen=
merk. Die Stunde der Trennung rückt heran.
Meine gezaͤhlten Minuten ſind noch wenig, und
dieſe wenige ſind noch koſtbar. - Giebt es noch
einige unter euch, denen ich weniger war, als ich
ſeyn ſollte; die ich nicht hoͤrte, als ſie um
Ge=
rechtigkeit riefen; denen ich nicht vergalt, als
ſie mir redlich dienten, ſo ſey ihnen dieſe kurze
theure Friſt geweiht. — Auf! naht euch! Euer
liebe voller, euer ſterbender Roͤnig reder mit euch;
bittet euch, ihm noch abzuſodern, waser
uber=
ſehen oderüberhoͤrthat." Eine Stille, wie die
Stille der Mitternacht, (der die Oede des
Gra=
bes iſt, war lange die ganze Antwort auf
Rus=
hirvans Frage. - Unterd rückte Thraͤnen,
ſchluch=
zende Augſt unterbrach ſie endlich. - „Keiner
da, " rief der Mouarch noch iinmal mit einer
Stuͤrke der Stimme, dieſeine eribchenden Kraͤfte
weit uͤberſtieg; „keiner ta. der Anſpruch an mir
haͤtte ; Crkomme!Erkomme! Crkommel”.
Ein Soldat drang ſich hindurch, kam bis dicht
zu Nushirvan hin, ßel nieder, betete an, und
ſprach
ſprach dann alſo= „Du willſt es, Herr, und
ich rede. — Mein Nam' iſt Nakir. Ich war
Hauptmann unter deinem Heere; mem Muth
blieb dir nicht fremd, und bey einem deiner letzten
Feldzuͤge traf mich das Loos, dein Serail zu
be=
gleiten und zu bedecken. - Ich weiß ſelbſtnicht,
durch welches Ungeführ mich Narun Nihar, die
vorzüglichſte deiner Günſtlinginnen zu ſehn
be=
kam, und noch minder begrif ich, wie derjenigen
ein Knecht gefalen konnte, die der allgemein
be=
neideten Liebe ihres Herrn genoß.
Dennochge=
ſchah s. Eine Sklavinn berief mich ingeheim des
Abends in ihr Gezelt; ſie erſchien in ihrer
gau=
zen Schoͤnhett, und trug mir Lieb' und Seligkeit
in ihren Armen an. Sounendlich mich ihr Reiz
entzückte, ſo ſtandhaft blieb ich doch in der Treue
gegen meinen Monarchen. Ichentriß mich ihrer
Umarmung, floh, und ſah noch im Fliehn auf
eben dem Geſichte, wo die Liebe mir zu thronen
ſchien, alle Wuth eines beleidigten Weibes
her=
vorbrechen. — Des andern Tages ward ich zu
dir gerufen; ich fand dich ernſter, als je ein
Feind im Treffen dich finden konnte. — Nakir!
rieſſt du mrentgegen; du haſt mich bitter
be=
leidigt. Jeder Fürſt an meinem Plage wuͤrde
ſich an demem Leben raͤchen; aber ich will dran
denken, daß ein Mann dann nicht ein Mann
bleibt, wenn Liebe ihn mit ſich dahinreißt. Doch
hatteſt du bedenken ſollen, wem das Weib
an=
gehöre, das du begehrieſt; daß ſie dir
anver=
traut worden, und daß meine Zuverſicht deine
Schulderſchwere; ich entlaſſe dich daher meiner
Dienſte. — Mein Entſeyen war einige
Augen=
blicke ſtarr und ſtumm; Monarch, hub
ichend=
lich an; erlaube mir einige Worte zu meiner
Vertheidigung! - Hab ich nicht ſchon alles
ge=
ſagt, was dich vertheidigen koͤnnte; Oder biſt
du kuhn genug, die ganze That zu laͤugnen ?
Biſt du nicht geſtern Abends mit Gewalt ins
Zelt der Nahun=Nihar eingedrungen! - Ich
bin in Nahun=Nihars Zelte geweſen, aber
nicht... Entferne dich, und reize meinen Zorn
nicht noch mehrl- Ich gieng, und mein
bis=
heriges Leben war unverdienter Gram. Nicht,
Monarch, um mich zu rechtfertigen, nicht um
deine letzte Stunde - moͤge ſie doch noch weit
entfernt ſeynl - zu verbittern, ſondern um
dich zu verhindern, mit einem falſchen Argwohn
in ſene Welt zu gehen, erſchem ich jett hier;
erſchein auf dem zwiefaches Gebot. „ Man rufe
Mahun=Nihar, ergieng Nushirvans Beſehl.
Sie. kam und geſtand - wer hatt auch einen ſo
ehrwurdigen Sterbenden belügen koͤnnen ?-
ge=
ſtand ihr Vergehn. - Ich liebte dich einſt, war
des Monarchen Ausſpruch, wie meine eigne
See=
le; Treuloſe, und beynahe haͤtteſt du mich
ver=
leitet, meine Hande mit dem Blute eines
Un=
ſchuldigen zu beflecken 2 Sey von nun an dieſes
Mannes Sklavinn, und das groſe Vermoͤgen,
das du mit meinem Vorwiſſen ſammleteſt, ſey
ſeine Verguͤtung!" Ein freudiger Jubel dankte
Nushirvan fuͤr ſeinen Ausſpruch. - "Iſt noch
einer unter dieſer Menge, deſſen Zaͤhre mich
drücke, deſſen Herz mich verklage ? Er rede!
Er eile l denn meine Kraͤfte ſchwinden! 1 Alles
ſchwieg. - Er wiederholte ſeine Frage; aber kein
Mund, der ſich aufthat; kein Fuß, der ſich
nahte. „Wohlan! ſo ſey noch eines mir
ver=
goͤnnt. Ich habe mich nach meinen Schulden
erkundigt, nun darf ich mich ſa wohl auch nach
dem erkundigen, was ich auslieh. Iſt irgend
gemand hier, dem mein Wohlwollen
nuͤglich=
meine Vaterliebe heilſam war? der erkannte, wie
nah die Pflichten des Regenten mir am Herzen
lagen? der bereit iſt, mir an jenem Tage, wo
wir uns wieder finden werden, zu zeugen, daß
ich nicht ganz unwuͤrdig dieſen koͤniglichen Stuhl
beſeſſen habe ? -— Iſt einer hier, ſo geb' er mir
ein Zeugniß davon, es ſey nun durch Thraͤnen,
oder Zurufl” Welch ein herrlicher Anblick, als
jett die ganze Menge niederſtuͤrzte! als das Auge
eines jeden von Zaͤhren uͤberfloß, und aus Aller
Munde die Worte: Vater! Erhalter! Groͤſter
aller Koͤnige! Unſer Retter im Mangel! Unſer
Schutzer im Kriegel Unſer Gott auf Erden!
erſchollen. Kleine, kaum lallende Kinder
ſtreck=
ten ihre Haͤndchen empor; Mutter zerriſſen im
Schmerz ihren Buſen, unbeſorgt fuͤr den
Saͤug=
ling, der zu Hauſe ihrer harrte; Greiſe
war=
fen den Stab weg, und knieten nieder.
Gotterhalt unſers Vaters Leben, und nehme
dafur das unſrige hinl” ſo rief eine Stimme
im Volk, und eben ſo ſchnell rieſen alle
Tau=
ſende mit: „Gott erhalt unſers Vaters Leben,
und nehme dafuͤr das unſrige hin!” —
Nus=
hirvans Auge ward hell, wie ein Stern, er
winkte mit der Hand, aber er mußte dreymal
winken, eh' das Geruͤmmel ſchwieg; dann
kehrt=
er ſich mühſam gegen Nusſchirvad hin. „Mein
Sohn, die legten Reden eines Menſchen haben
mit ſeinen erſten gemeiniglich die Aehnlichkeit,
daß ſie ungekunſtelte wahrhafte Ausdrucke ſeiner
Empfindungen ſind. - Hoffentlich wirſt dumir
daher Glauben beymeſſen, wenn ich dich
ver=
ſichre, daß ich dieſe letzte Frage, die mir ſo
ruͤh=
rend beantwortet ward, mehr deinetwegen, als
meinethalben that. In wenig Minuten ſteh' ich
vor einem Richterſtuhle, wo mir ohnedem
ge=
wißlich kund gemacht wird, ob ich gut oder ubel.
hausgehalten habe. Aber fuͤr dich ſey dieſer
An=
blick eine Lehre, wie du künftig zu herrſchen
habeſt. Der Schmerz dieſes Volkes bey unſrer
Trennung verringert mein korperliches Leiden;
ſein dankender Zuruf iſt der ſchoͤnſte Lohn
mei=
ner durchwachten Naͤchte; er ſey auch das Ziel,
nach dem du künftig ringen müſſeſt.” Er.
wollte noch mehr ſagen, aber ſeine Kräfte waren
erſchopft; ſeine Zunge ſtockte, ſeine Augen
ſchloſ=
ſen ſich, und ſein Licht ſchien auszuloͤſchen. Die
Sorgfalt ſeiner Diener rief noch auf wenige
Sekunden ſeine fliehende Seele zuruͤck. - Sein,
ſchon gebrochner Blick ward noch einmal
ſonnen=
klar; er erhob ihn empor und rief: „Das iſt
mehr, als ich verdient und hoffte. Ich zittre
vor Freuden, wo Andre vor Angſt und
Schmer=
zen zittern. Gott der Güte, mein letzter Odem
danke dir:" — Hier neigte er zum
zweyten=
male ſein Haupt und perſchied.