Darmstädter Tagblatt 1782


20. Mai 1782

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den 20. Mah.
Anno 1782.

Num. 20.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnaͤdigſtem
Darmſtadti=
Augklgulldo
zu finden in der
Hof= und Canzley=

Victualien= und Marktpreis

Heſſiſchem
Privilegio.
ſches Frag=und
vAergere
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.

Ein 1 Ochſenfleiſch

= Rindfleiſch
Kalbfleiſch
Hammelfleiſch
Schaffleiſch =
Schweinenfleiſch=
= Schinken u. Doͤrrfl.
Speck =
= Nierenfett
1 = Hammelsfett=
Schweinenſchmalz
in Kalbsgekroͤß = 8 a

Ein Kalbsgeluͤng=
Ein Hammelsgeluͤng=
1E6 Ochſengelung

Suͤlzen =
1 Bratwuͤrſt =
= Leber=u. Blutwuͤrſt
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung
Ein Kalbskopf 8. 10 a
Ein Hammelskopf

Ein Kalbsfus
Ein Malter Korn
Ein Malter Gerſten
Ein Malter Waizen =
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl

kr.
6
5
5
6
4
6
12
14
12
10
12
10
12
5
3
2
10
6
28
12
1
fl.
3
3
5
2
2
3
6

Fuͤrſtl. Heſſiſche

Pf.
2
2
2

40

Ein Kumpf Hafermehl =
1 Kpf geſchaͤlter Hirſen
1 Kpf grob geſch. Gerſte 3240
1 Kpf kleingeſchaͤlterGerſten 64
1 Kumpf Erbſen
10
1 Kumpf Linſen
1 Maas Merz=oder Lagerbier
im Hauſe=
uͤber
die Straſe=
1 Maas Jungbier im Haus=
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
1 Pfund friſche Butter = 12
1 Pfund Handkaͤs der beſten
Die ubrige Handkaͤſe 4-5 Stuͤck
Eyer 9 Stuͤck vor
ſEin aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln
Brodtaxe und Gewicht.

Vor2kr. Brod ſollwiege!1 18
Vor4kr. dito
Vorskr. dito
kr. 1Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod =
11
Vor 2kr. dito
22
Vor 1 kr. Waſſerweck=
10
Vor 1kr. Milchweck

Vor 1kr. Milchbrod =
6
561Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenanntes
36. Comiß=Brod ſoll gelten 7 Kr. 2 Pf.
Polizeydeputation dahier,

Pf. L.2.
2 l16
3 124

kr.
28
32
48
80
24
24
3.
3
3
3
24
4
13
6
4
6

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.
a-
Sachen, ſo zu verkaufen.
Darmſtadt. Nachdeme das Burger und Kiefermeiſter Herzbergiſche= in der Ca=
planeygaſſe
allhier gelegene= von den Sulzmaͤnniſchen Erben und Lambour Maurer be=
furchte
Wohnhaus, dringender Schulden halber, naͤchſtkunftigen Bettag auf allhieſigem
Rathhaus oͤffentlich aufgeſteckt und dem Meiſtbietenden uͤberlaſſen werden ſoll; als wird
ſolches zu dem Ende hiermit nochmals bekannt gemacht, damit die Luſttragende ſich als=
dann
einfinden und mitbieten moͤgen. Darmſtadt, den 11. May 1782.
Fuͤrſtl. Beſſ. Oberamt daſelbſt.
Dienſtag den 21ſten May und folgende Tage ſoll in dem Fhrl. von Moſeriſchen Haus
tm Birngarten, Vormittags um 9. Uhr und Nachmittags um 2. Uhr im Hinterhaus,
allerley Hausrath von Kleiderkaſten, Tiſch, Commod, Seſſel, Kuͤchen= und Waſchge=
ſchirr
, u. d. gl. nebſt einem Clavier, einer Berline, einer halbbedeckten Reiſechaiſe, Kut=
ſchengeſchirr
, Saͤttel, auch etwas Ungariſchem Wein, gegen gleichbaldige baare Zahlung
an den Meiſtbietenden verkauft= und mit den Chaiſen der Anfang gemacht werden.
Ein wohlconditlonirtes Clavlcordium ſtehet billigen Preiſes zu verkaufen. Naͤhere
Nachricht giebt man in der Buchdruckerei im Lottohauſe.
Vor dem Jaͤgerthor in der 10ten Gewann lieget ein Garten, welcher 2. Morgen haͤlt,
aus freyer Hand zu verkaufen, und iſt das weitere hievon in gedachter Buchdruckerei zu
erfragen.
II. Zahlenlotterie Anzeigen.
Bey der mit bekannter guter Ordnung und den veſtgeſetzten Solennitaͤten vollzogenen
179ten Ziehung der Hochfuͤrſt. Heſſen=Caſſeliſchen gnaͤdigſt garantirten Zahlen=Lotterte,
50.
28.
ſind dieſe Nummern:
45.
32.
aus dem Glücksrade gezogen worden. Die 43te Ziehung in Rarburg geſchiehet den 22.
May. Die 113te Ziehung in Darmſtadt den 29. May. Die 180te Ziehung in Caſſel den
5. Junii, und ſo fort von 3 zu 3 Wochen. Darmſtadt, den 15. May 1782.
Bey der am 17ten May 1782. vor ſich gegangenen 226ten Mainzer Lotto=Ziehung
ſind folgende Nummern aus dem Gluͤcksrade gehoben worden, als: 31. 27. 68. 44. 4.
Die 227te Mainzer Ziehung geſchiehet den 7. Junit 1782.
General=Direction der Bochfuͤrſtl. Reſſen=Darmſtäͤdtiſchen
gnaͤdigſt garantirten Jahlen=Lotterie.
Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 11. bis den 18. May 1782.
Herr von Günderode, Cammerherr von Baaden. Herr von Linker, Kaufmann aus dem
Haag, log. im Trauben.
Herr Graf Oginsky, aus Pohlen, log. in der Poſt.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Hr. Reichert, Cammerſecretartus, und Hr. Wagner, Renthereyverwalter von Fuͤrſtenau.
den 13. May. Herr Suckof, Profeſſor von Mannheim, eod. Herr von Draͤs,
Regierungsrath von Baaden=Durlach, den 16ten.
Gebohrene, Getaufte, Copul., u. Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 13. May, dem Burger und Drehermeiſter, Peter Roͤßler, ein Toͤchterlein.
Eod. dem Burger und Schreinermeiſter, Johann Jacob Vogt, ein Toͤchterlein.

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Ferner: dem Burger und Schumachermeiſter, Johannes Seipel, ein Toͤchterlein.
Den 15. May, dem Burger und Schreinermeiſter, Joſeph Haͤßler, ein Soͤhnlein.
Eod. dem Burger und Beckermeiſter, Adam Leißler, ein Toͤchterlein.
Den 16. May, dem Burger und Peruquenmachermeiſter, Peter Eltas Thiel, ein Toͤchterl.
Den 18. May, der Anna Sybilla, des Burgers und Bleichers Calenbergs Tochter, ein
unehelich Toͤchterlein.

Gebohren und getauft bey der evangel. reformirten Gemeinde.
Den 14. May, dem Burger und Seiffenſieder, Joſias Maret, ein Toͤchterlein; Na=
mens
: Anna Maria
Copulirte.
Den 14. May, Lorenz Heußer, Beiſaß Zimmergeſell und Stadthauthoiſt allh., ein Witwer,
und Dorothea Sophia, weiland des geweſenen Grenadiers bei dem allhieſigen
Fürſtl. 2. Infanterieregiment, Phil. Jac. Funks, nachgelaſſene ehel. Tochter.
Geſtorbene und Beerdigte.
Den 12. May, der Burger und Gaͤrtner=Benjamin Neumeyer,61 Jahre, 2 Monate und
8 Tage alt. 1Den 13ten, dem Fuͤrſtlichen Cammerrath, Herrn Andreas Philipp
Heumann, ein Soͤhnlein, 9 Monate alt. Den 14ten, dem Burger und Tuchma=
chermeiſter
, Joh. Wilh. Loͤber, ein Toͤchterlein, 7 Tage alt. Eod. der Hoſpitallt,
Joh. Henr. Sterlitz, 57Jahre alt. Den 15ten, des Burgers und Weisbinderge=
ſellens
, Joh. Conr. Heſſens. Ehefrau, 78 Jahre alt. Den 17ten, der Burger und
Fuhrmann, Joh. Nicol. Leißler, 85Jahre und5 Monate alt. Den 18ten, Frau
Sophia Philippina, weiland des geweſenen Rathsverwandten und Gaſthalters
zum weiſen Schwanen, Herrn Johann Michael Ludwigs, hinterbliebene Wittwe,
82 Jahre und 9 Tage.
Geſtorben und beerdigt bey der evang. reform. Gemeinde.
Den 14. May, dem Fürſtl. Kammerſecretarius und Regiſtrator, Herrn Reinhard Chri=
ſtian
Rudolph Pfnor, ein Tochterlein; Namens: Carolina Dorothea
Juliana, 3. Jahre, 8. Monate und 21. Tage alt.

Erzehlung eines Morgenlaͤndiſchen Weiſen.
Die Reiſe nach Mecca.
Ich that mit einem Haufen junger liebenswuͤrdiger Leute die Reiſe nach Meca; ich
bewunderte ihre Munterkeit, ihre Empfindlichkeit, ihre Neigung zum Vergnuͤgen und
zur Tugend. Dieſer Charakter entzückte mich, und dieſe Geſellſchaft erinnerte mich an
dte angenehmen Empfindungen und Geſinnungen meiner Jugend. Sie beſangen bald
ihre Geliebten, bald die Reizungen der Freundſchaft, bald die Freuden der Wohlthaͤtig=
keit
und den Urheber der Natur; ſie fanden ſich von ſeinen Wohlthaten uberhaͤuft, und
waren eben ſo gluͤcklich, als ſie dankbar waren.
Es vereinigte ſich mit uns ein Santon 4): uͤberall brachts er eine Lobrede des Faſtens,
der Enthaltzſamkeit, der Kaſteiungen, und eine Sattre uͤber die menſchliche Natur und
die Vergnugungen an. Das Geſchrei der Freude bracht' ihn auf, unſere Güte fuͤr ihn
macht ihn wild. Der einzige Beweis ſeiner Sorge fuͤr uns war, daß er mit lauter
Stimme das hoͤchſte Weſen anrief, uns ſchnell unſrer Trunkenheit zu entreiſſen.
Eines Tages, da wir uns einem Dorfe naͤherten, ſahen wir eine Menge Kinder und
junger Maͤdchen auf uns zulaufen, die mit Singen und Tanzen uns Obſt, Milch und
Brod brachten: man ſah die Freude in ihren Augen glaͤnzen, und ihr Vergnuͤgen ver=
mehrte
das unſrige.
Es war eben in der ſchoͤnen Jahreszeit: die Blaͤtter der Roſen hatten die gruͤnen
Huͤllen zerriſſen, die ſie einwickelten, und die Aeſte der Granatbaͤume glaͤnzten in Blüh=
ten
, wie das Feuer; die Sonne gieng unter, ſchon fiengen die Berge nach Abend zu
ihre Stralen auf: wir ſahen die Heerden huͤpfend wieder nach ihrem Stalle zurüͤckkom=
men
,

2) Dieſe ſind gewiſſe vermeintliche Heilige unter den Mahomedanern, die ſich durch die Ab=
ſonderung
von der Welt und die Entſagung der Freuden des Lebens den Himmel zu verdie=
nen
glauben.

[ ][  ]

men, und junge Leute fuͤhrten ſie: einige ſpielten auf der Schallmel, anbere ſangen:
die Voͤgel des Tages hatten noch nicht mit ihren Geſaͤngen aufgehoͤrt, und die Nachtigall
fieng die ihrigen an.
Ich warf meine Blicke auf den wilden Santon: er war finſter unter dieſer allge=
meinen
Freude; er riß einige unſchmackhafte Wurzeln zu ſeiner Abendmalzeit aus, und
ſchickte ſich an, die Nacht auf dem Sande zuzubringen. Ich ſagte zu ihm: Ungluͤcklicher
Feind der Menſchen, Feind deiner ſelbſt! Biſt du denn fuͤr die Stimme des Vergnügens,
die in der ganzen Natur erſchallet, ganz taub ? Kanſt du ohne Bewegung die Geſaͤnge
dieſer zufriedenen jungen Leute und der Lerche hoͤren, die von den Wolken herabſteigt, indem
ſie ihre freudigen Lieder wiederholt, und die Nachtigall, die thren wollüſtigen und zaͤrt=
lichen
Geſang angeſtimmt hat L fuͤhlſt du nicht, daß dir derſelbe ſagt, wie gluͤcklich ſie
ſind ? Siehſt du nicht die leichten Spruͤnge der Widder, und die Bewegungen dieſer Ka=
meele
, die ſich unter der Laſt, die ſie druckt, freuen? Von was fuͤr einer Gattung biſt
du, wenn du nicht die Empfindungen alles desjenigen theilſt, was da lebt ? Siehe dieſe
nutzlichen Baͤume, ſiehe den Zephyr ihre bluhenden Aeſte bewegen; aber den Felſen,
dem dein trocknes und hartes Herz gleichet, bewegt er nicht. Ol wenn du nicht die
Freude liebſt, was haſt du denn fuͤr einen Bewegungsgrund Gutes zu thun? Wirf
deine Augen um dich her, ſiehe dieſe fruchtbaren Felder, dieſen Himmel, dieſe Meere!
Was iſt die Welt? Das Werk eines gutigen Gottes. Welche Verehrung fordert
ſeine Guͤte von dir ? Deine Freude und deine Dankſagung. Welche Verehrung legt dir
ſeine Gute auf? Oas Vergnuͤgen anderer. Genſeſſe, das iſt Weisheit. Latß es auch
andere genleſſen, das iſt Tugend.
O1 meine Bruͤder, merket auf meine Worte, hoͤret ſie mit den Ohren der Seele.
Als Gott der Sonne gebot, den Tag uͤber die unermeßlichen Himmel zu tragen, und
die Fruchtbarkeit uber die Kugel der Erde auszubreiten, zerſtreuete er die Menſchen und
ihre Gefaͤhrten nach Abend, Mittag, Morgen und Mitternacht, und ſagte zu ihnen:
Genieſſet der Natur und der Suͤſſigkeiten der Seele! Ueberall, wo euch eure Schritte
hintragen, werdet ihr eure Bruder finden. Seyd einer dem andern nützlich, und die
Erde wird unter euren Haͤnden bluͤhen, und die Löwen, die Panther, die Tieger werden
eure Eintracht verehren.
Der Menſch vergaß die Worte des Allmaͤchtigen; der Bruder wollte dem Bruder
befehlen, und ſie wurden Feinde; die Waffen des Ungerechten wurden gegen den Unſchul= gebraucht, und überwaͤltigten ihn: der Ungerechte gab Geſetze, und ſeine ge=
borſamen
Sklaven machten neue Skladen.
Gott wuͤrdigte noch einmal die Menſchen, aus einer ſtralenreichen Wolke, die er um
ſeinen Thron gezogen, hervorzugehen; er ſtieg zwiſchen der Erde und den Geſtirnen her=
ab
, und der Donner ſeiner Stimme ließ ſich hoͤren.
Er ſagte zu den Menſchen: Ihr ſeyd nun in groſſe Völker verſammelt: o ihr Voͤlker
ſeyd eins dem andern nuͤtzlich, bringet die erſchaffenen Dinge des Mittags nach Mitter=
nacht
: laſſet das Licht des Morgens den Abend erleuchten: lebet in Friede, dies iſt euer
Vortheil, und der Vortheil eurer Herren.
Der Menſch vergaß der Worte des Allmaͤchtigen. Verkehrte Seelen ſtreuten Mis=
trauen
von einem Ende der Welt bis ans andere aus, und die Furcht bewaffnete Natio=
nen
wider Nattonen. Bold ſahen die Voͤlker in ihren Anfuhrern Feinde, und die Anfüh=
rer
ſahen in ihren Untergebenen nichts als ungelehrige und gefaͤhrliche Thiere.
Koͤnige und Fuͤrſten der Erde, verſchließt das Ohr den Reden eurer Schmeichler:
hoͤret die Natur, ſie ruft euch zu, daß wir alle Glieder eines Leibes ſind. O Schieds=
richter
der Menſchen, geht in euch ſelbſt zuruͤck, leſet in euren Herzen, und ihr werdet
darinn die Worte des Allmaͤchtigen wieder finden, denn ſie ſind darein gegraben.
Erbarmet euch des Schwachen, troͤſtet den Armen, ehret den nützlichen Mann, be=
lohnet
den Arbeitſamen, ziehet den Weiſen zu Rathe, entfernet den Unbeſonnenen,
laſſe; Allen Gerechttgkeit wiederfahren, und ihr werdet keine Feinde haben.
O ihr Richter der Menſchen! fuͤrchtet die Klagen des Ungluͤcklichen; ſie durchſtrei=
chen
die Erde, überſchiffen die Meere, dringen in die Woiken, aͤndern die Geſtalk der
Reiche. Ein einziger Seufzer der unterdruckten Unſchuld iſt vermoͤgend die Welt zu er=
ſchuͤttern
.

4.