Darmstädter Tagblatt 1782


14. Januar 1782

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den 14. Jan.
Anno 1782.

Num. 2.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnadigſten
Darmſtaͤdti=
Anzeigungs
zu finden in der
Hof= und Canzley=

Heſſiſchem
Privilegio.
ſches Frag=und
blaͤttgen
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.

Victualien= und Marktpreis

=
Ein E Ochſenfleiſch
Rindfleiſch
= Kalbfleiſch
1 = Hammelfleiſch =

= Schaffleiſch
Schweinenfleiſch=
Schinken u. Doͤrrfl.
9

Speck
Nierenfett
= Hammelsfett=
Schweinenſchmalz
Ein Kalbsgekroͤß = 8 a
Ein Kalbsgeluͤng=
=
Ein Hammelsgeluͤng
1E6 Ochſengeluͤng
1 = Suͤlzen
= Bratwuͤrſt
1 Leber=u. Blutwuͤrſt
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung
Ein Kalbskopf 8. 10 a
Ein Hammelskopf
Ein Kalbsfus =
Ein Malter Korn
Ein Malter Gerſten
Ein Malter Waizen =
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer =
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl =

kr.
6
5
5
5
4
5
12
14
12
10
12
10
12
[
2
10
6
28
12
5
1
fl.
3
2
2
3
6

Pf.
2
2
2
2
2

kr.
30
50

40
32
36

Fuͤrſtl Heſſiſche Po=

Ein Kumpf Hafermehl

Kpf geſchaͤlter Hirſen
Kpf grob geſch. Gerſte 3240
Kpf kleingeſchaͤlterGerſten 6.
Kumpf Erbſen =
Kumpf Linſen
=
Maas Merz= oder Lagerbier
im Hauſe=
uͤber
die Straſe=

kr.
28
32
48
80
24
24

3
3
24
4

1 Maas Jungbier im Haus= 3
und uͤber die Straſe =3
1 Maas Bierhefe
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch 5.
1 Pfund friſche Butter = 15 l16
1 Pfund Handkaͤs der beſten ,6
Die ubrige Handkaſe 325 Stuͤck4
Eyer 5 Stuͤck vor
4
Ein aufgeſetzter KumpfKartoffelns
Brodtaxe und Gewicht.
Pf., L. O.
Vor 2kr. Brod ſoll wiegs 1. 102
Vor4kr. dito
2 21
Vor6kr. dito
14.
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod
11
Vor 2kr. dito
22
Vor 1 kr. Waſſerweck
10
Vor 1 kr. Milchweck
Vor 1 kr. Milchbrod
62
Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenanntes
Comiß=Brod ſoll gelten 7 Kr.
zzeydeputation dahier;

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤtglich ſind.

I. Herrſchaftl. Policeypublicandum.

Darmſtadt. Nachdeme bishero mißfaͤllig wahr zunehmen geweſen, daß, obgleich
das Schieſſen auf dem hieſigen vormaligen Schiesplatz, als einem hierzu ganz unſchick=
lichen
Ort, allſchon vor mehreren Jahren ſchlechterdings unterſagt worden, dennoch bis=
hero
verſchiedene Perſonen auf beſagtem Platze oͤfters verbottswidrig geſchoſſen, und
dadurch die Paſſanten in dortiger Gegend in die groͤßte Lebensgefahr, Furcht und Schre=
cken
verſetzet haben; ſo wird das Schieſſen auf dem hieſig ehemaligen Schiesplatz hier=
mit
nochmals alles Ernſtes mit der Verwarnung durchaus verbotten, daß derjenige, er.
ſey auch wer er wolle, welcher gegen dieſe reiterirte Verordnung handeln, und kunftig
auf erwaͤhntem Platz ſchieſſen wuͤrde, mit einer ohnnachlaͤſſigen Strafe von Funfzig
Reichsthaler ganz ohnfehlbar belegt werden ſolle. Sign. Darmſtadt den 21. Dec. 1781=
Füͤrſtl. Beſſ. Policeydeputation daſelbſten.
I.
Sachen, ſo zu verkaufen.
Darmſtadt. Nachdeme der Philipp Jacob Kochs Wittwe allhier auf dem Ritt=
ſtein
zwiſchen dem Ackermann Caſpar Allmann und Specereyhaͤndler Walloth gelegene
Wohnhaus und ſaͤmtliche Feldguͤther, dringender Schulden halber naͤchſtkuͤnftigen Baͤttag
auf allhieſigem Rathhaus öffentlich aufgeſteckt und dem Meiſtbietenden uberlaſſen werden
ſollen; als wird ſolches zu dem Ende hiermit bekannt gemacht, damit die Luſttragende ſich
alsdann einfinden und mitbieten moͤgen. Darmſtadt den 12ten Jenner 1782
Faͤrſtl. Beſſiſches Oberamt daſelbſt.
Der Handelsmann Chriſtoph Netz, an der Stadtkirche wohnhaft, offerirt allen reſpe=
etive
Gartenliebhabern ſeine, von denen beſten Sorten und ganz friſch, angekommene
Saamen in billigſten Preiſen. Er ſteht zugleich vor die Guͤte derſelben, und iſt bey
ihm ſowohl Lucerner= als teutſcher Kleeſamen zu haben. Darmſtadt den 13. Jan. 1782.
In dem Soder liegt ein Garten, welcher guten Grundes iſt, aus freyer Hand zu
verkaufen. Liebhabere koͤnnen ſich in der Buchdruckerey im Lottohauſe melden, und das
Naͤhere vernehmen.
In der Buchdruckerey im Lottohauſe ſind folgende Buͤcher zu haben:
Die augſpurgiſche Confeßion fuͤr 10. kr. gebunden 12. kr. Eichhorns Ruͤſt=
und Schatzkammer 10. kr., gebunden 20. kr. Ramhachiſches Geſangbuch 8. kr.
Neuer Speccius 15. kr. Nachricht von dem Auerbacher Waſſer 6. kr. Wichtiges
Pro Memorla an die weltlichen Regenten, welche der roͤmiſchen Glaubenslehre zuge=
zhan
ſind ꝛc. nebſt 2. Anhaͤngen, 48. kr.
III. Sachen, ſo zu vermiethen.
Bey dem Saͤckler Kirchhoͤfer, hinter dem Rathhaus wohnhaft, ſind zwey Logis zu
derlehnen, welche ſogleich bezogen werden koͤnnen.
V. Zahlenlotterie Anzeigen.
Bey der mit bekannter guter Ordnung und den veſtgeſetzten Solennitaͤten vollzogenen
173ten Ziehung der Hochfuͤrſtl. Heſſen=Caſſeliſchen gnaͤdigſt garantirten Zahlen=Lotterie,
ſind dieſe Nummern:
59.
23.
46.
74.
7.
aus dem Glücksrade gezogen worden. Die 37te Ziehung in Marburg geſchiehet den 16.
Jan. Die 107te Ziehung in Darmſtadt, den 23. Jan. Die 174te Ziehung in Caſſel, den
30. Jan., und ſo fort von 3 zu 3 Wochen. Darmſtadt, den 9. Jan. 1782.

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Bey der am 11ten Januar. 1782. vor ſich gegangenen 220 ten Mainzer Lotto=Ziehung
ſind folgende Rummern aus dem Gluͤcksrade gehoben worden, als:
63. 35. 67. 49. 66.
Die 221te Mainzer Ziehung geſchiehet den 1. Febr. 1782.
General=Direction der Hochfuͤrſtl. Heſſen=Darmſtaͤdtiſchen
gnaͤdigſt garantirten Jahlen=Lottcrie.
Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 5. bis den 12. Jan. 1782.
Herr von Düring, Lleutenant in Hannsveriſchen Dienſten, log. im Trauben.
Herr Graf von Erbach, Capltain in Hollaͤndiſchen Dienſten von Ihro Hochf. Durcht.
Prinz Georg von Heſſendarmſtadt Regiment, log. in der Poſt.
Herr Hanſelmann aus Maynz, log. im froͤhlichen Mann.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſayiers.
Herr Schmidtborn, Landcommiſſarius aus Wiesbaden, den 5. Jan. Herr Graf Dobes
aus Ikalien, den 10ten. Hr. Schlitz, Buͤchſenſpanner ans Berlin, als Courier,
eod. Hr. Beckencamp, Hofmahler aus Coblenz, den 11 ten.
Gebohrene, Getaufte, Copul. u. Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 6. Jan., dem Burger und Kammachermeiſter, Joh. Georg Geminder, ein Toͤchterl.
Eod. dem Herrſchaftl. Wagenknecht, Joh. Daniel Koͤhler, ein Toͤchterlein.
Den 7. Jan., der Johanna Maria Maadalena, des ohnlaͤngſt in der Kraͤmeriſchen
Druckerey geſtandenen Buchdruckers, Matthias Oberttefers, verlaſſenen an=
geblichen
Ehefrau, ein Toͤchterlein.
Den 8. Jan., dem Burger und Beckermeiſter, Joh. Peter Friedrich, eln Söhnlein.
Den 10. Jan., dem Burger und Mehlhaͤndler, Joh. Adam Kern, ein Soͤhnlein.
Den 11. Jan., dem Fuͤrſtl. Jagd=Chirurgus, Hrn. Joh. Reinhard Pflanz, ein Soͤhnl.
Copulirte.
Den 10. Jan., Mſtr. Georg Daniel Blum, Burger und Becker allhier, weil. Mſtr. Joh.
David Blums, Burgers und Schuhmachers wie auch Kirchenſeniors zu Wies=
baden
, nachgelaſſener ehelicher Sohn, und Maria Jultana, weil. Mſtr. Za=
charias
Mersheimers, Burgers und Beckermeiſters allhier, nachgelaſſene
eheliche Tochter.
Geſtorbene und Beerdigte.
Den 7. Jan., Anna Eliſabetha, weil. des Burgers und Meſſerſchmittmeiſters, Joh.
Henrich Selemanns, hinterlaſſene ehelliche ledige Tochter, 27. Jahre, 9. Mo=
nathe
und 14. Tage alt.
Den 8. Jan., des Beyſaſſen und Tagloͤhners, Johannes Schneiders, Ehefrau, 52.
Jahre, 2. Monathe und 10. Tage alt.
Eod. dem Burger und Kirſchnermeiſter, Joh. Georg Petri, ein Soͤhnlein, 5. Jahre alt.
Den 11. Jan., dem Burger und Schloſſermeiſter, Peter Henrich Riedel, ein Toͤchterlein,
4. Jahre, 9. Monathe und 4. Tage alt.
Eod. dem Burger und Pflaͤſterer, Joh. Georg Rau, ein Toͤchterlein. 1. Monath all.

Beſchluß, der im vorigen Stuͤck abgebrochenen Geſchichte.
Nun hatten ſie den Meierhof ſchon zehen Iihre beſeſſen. Eines Tages, da
Martens nach einer ſauern Arbeit zum Mittagseſſen nach Hauſe gleng; ſuhe er,
daß auf der Landſtraſe eine. Kutſche umgeworfen wurde, in welcher zwei Maͤnner ſaſ=
ſen
. Er lief, ihnen zul helfhn. Glücklicher Weiſe hatten ſie keinen Schaden gelit=
hen
. Er bat ſie, bei ihm zu eſſene und bot ihnen ſeine Pflugpferde an= um thre Sachen.

[ ][  ]

nach ſeinem Hauſe zu bringen. Aber einer der beiden Reiſenden ſagte: Dieſer Ork
iſt mir gefaͤhrlich. Jetzt bin ich hier umgeworfen, und vor zehn Jahren verlohr ich in
eben dieſer Gegend ein anſehnliches Kapital. Wie? fragte Martens, haben Ste
denn keine Nachforſchungen deßwegen anſiellen laſſen ? Das war mir nicht moͤglich;
antwortete der Fremde. Eine falſche Anklage noͤthigte mich, in groͤſter Geſchwindigkeit
das Land zu verlaſſen, wenn ich mich nicht wollte gefangen ſetzen laſſen. Ich raffte daher
alles baare Geld, was ich zu Hauſe hatte, und welches ſich ungefaͤhr auf 10000 Rihlr.
belaufen moͤgte, zuſammen, ſetzte das Geldkaͤſichen in den Fußboden meines Wagens,
und fuhr mit Extrapoſt Tag und Nacht, um den Nachſtellungen zu entgehen. Ungluͤck=
licher
Weiſe war das unterſte Brett in dem Fußboden meines Wagens vor Alter ſchad=
haſt
geworden. Es brach, da ich gegen Abend durch dieſe Gegend fuhr, ohne daß ichs
merkte. Da ichs auf der naͤchſten Poſtſtation gewahr ward, war es ſchon Nacht, und
weil ich keine Zeit verliehren durfte, um meine Freiheit und vielleicht mein Leben ſelbſt
zu retten; ſo ſahe ich mich gezwungen, mein Geld im Stich zu laſſen. Ich reiſete alſo
grade nach Hamburg, ſetzte mich allda auf ein Schiff, welches eben im Begriff war
abzuſegeln, und fuhr nach Oſtindten. Erſt jetzt, da meine Unſchuld ans Licht gebracht
iſt; komme ich von da zuruck. Martens Augen funkelten vor Freude bei dieſer Er=
zaͤhlung
; und er beſtand nun ſchlechterdings darauf, daß ſie mit ihm nach ſeinem Hauſe
gehen moͤgten. Es geſchah. Er ſelbſt laͤuft voran, meldet ſeiner Frau die Ankunft der
Gaͤſte, laͤßt, bis daß das Mittagseſſen fertig waͤre, einige Erfriſchungen auftragen,
und lenkt das Geſpraͤch wieder auf das verlohrne Geld, um ſich vollends zu uͤberzeugen,
daß es daſſelbe ſey, welches er gefunden hatte. Er kann nun nicht mehr daran zwetfeln
und laͤuft zum neuen Pfarrer, um ihm ſeine angenehme Entdeckung zu melden, und ihn
zu bitten, mit ihm in Geſellſchaft der Fremden zu ſpeiſen. Dieſer willigte mit Vergnuͤ=
gen
darein, und bewunderte die Rechtſchaffenheit des guten Mannes. Man ſpeiſete;
und die Gaͤſte wurden immer mehr und mehr entzuͤckt uͤber das offne, freundliche Betra=
gen
ihres Wirths, uͤber die liebenswuͤrdtge Gutherzigkeit und das geſchaͤftige Weſen ſei=
ner
Gattin, und uͤber die Ordnung und Reinlichkeit, welche in ihrer ganzen Haushal=
tung
herrſchte. Nach dem Eſſen fuͤhrte Martens ſeine Gaͤſte umher; zeigte ihnen ſein
Haus, ſeinen Garten, ſeine Schaͤferey, ſein Hornvieh, ſeine Felder und Wieſen, und
erzaͤhlte ihnen, was er alles verbeſſert habe, und wie viel das ganze nun jaͤhrlich ein=
bringe
. Und gehoͤrt ihnen alles dieſes eigenthuͤmlich zu z fragte der eine Fremde=
Nein, antwortete Martens, ich bin nur der Verwalter dieſes Guts. Und wer
iſt denn der eigentliche Beſitzer deſſelben ? fragte jener wieder. Ste, mein Herr! war
Martens unerwartete Antwort. Wie? Ich? Sie ſpaſſen. Ich ſpaſſe nicht, fuhr
Martens fort; das Geld, welches ſie verlohren, ſiel in meine Haͤnde. Nachdem ich
mich vergeblich bemuͤht hatte, den Eigenthuͤmer deſſelben ausfindig zu machen, ſteckte
ich es in dieſes Guth, um immer im Stande zu bleiben, es wieder zuruͤck zu geben Auch
in dem Fall meines Todes, blieb es Ihnen geſichert, wie der Herr Pfarrer hier bezeugen
wird. Der Pfarrer zog darauf die bei ihm niedergelegte ſchriftliche Erklaͤrung hervor.
und ließ ſie den erſtaunten Fremden leſen. Dieſer ſahe darauf ſtillſchweigend Martens
und ſeine Gattin an, die beide ſo voll Freude vor ihm ſtanden, als wenn ſie das, was
ſie jetzt zuruͤck geben wollten, in dieſem Augenblicke gefunden haͤtten. Wo bin ich ? rief
er endlich aus, indem ihm eine Freudenthraͤne ins Auge trat. Unter Menſchen oder
unter Engeln 2 Welch Betragen! Welche Tugend! Er ſiel darauf dem ehrlichen Mar=
tens
, dann ſeiner Frau um den Hals, küßte ſie beide herzlich, druͤckte ihnen die Haͤnde
und ſagte: ſeyd meine Freunde, ihr Guten, ſo wie ihr mich auf immer zu dem Eurigen
gemacht habt. Eure Tugend, fuhr er fort, verdient belohnt zu werden. Wie danke
ich jetzt Gott, daß er mich in etnem andern Welttheile ſo viel hat erwerben laſſen, daß
ich das Werkzeug ſeiner Vorſehung ſeyn kann, um eure Redlichkeit zu vergelten. Indem
er dieſes ſagte, zerriß er die ſchriftliche Erklaͤrung mit den Worten: Dieſes Gut iſt das
Eurige! Gehe jemand, den Notarius zu rufen. Martens und Mieke ſtanden
in ſprachloſer Verwunderung, und der Pfarrer ſchickte nach dem Amthauſe, um den
Notarlus herbey zu rufen. Dieſer kam, und der Fremde dictirte ihm in die Feder, daß
das von Martens gefundene Geld ihm auf immer geſchenkt ſeyn ſollte. Martens
und Mieke wollten ihm aus Dankbarkeit zu Fuͤſſen fallen; aber er hob ſie eilends auf,
ſchlug ſeine Arme um beide, und alle drey, nebſt den Zuſchauern, vergoſſen Thraͤnen
der Entzuͤckung, mit Empfindungen, die ſich nicht beſchreiben laſſen.