Darmstädter Tagblatt 1781


10. Dezember 1781

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Anno 178L.
den 10. Decemb.
Num. 50.
Mit Hochfuͤrſtl.
Heſſiſchem
gnaͤdigſten
Privilegio.
Darmſtadti=
ſches
Frag=und
Anzeigungs=
vlhergeN

zu finden in der
Hochfuͤrſtlichen
Hof= und Canzley=
buchdruckerey
.

Victualien= und Marktpreis.

Ein 1 Ochſenfleiſch
1 Rindfleiſch
1 Kalbfleiſch
1 = Hammelfleiſch =
1 Schaffleiſch

=
=

1 Schweinenfleiſch
1 Schinken u. Doͤrrf.
1 = Speck =
1 Nierenfett =
1 = Hammelsfett=
1 Schweinenſchmalz
Ein-Kalbegekroͤß
L. 2

Ein Kalbsgeluͤng =
Ein Hammelsgeluͤng=
1E Ochſengelung =
1 Suͤlzen =
1 Bratwuͤrſt =
1 Leber=u. Blutwuͤrſt
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung
8. 10 a
Ein Kalbskop.
Ein Hammelskopf =
Ein Kalbsfus =
Ein Malter Korn =
Ein Malter Gerſten =
Ein Malter Waizen
Ein Malter Spelzen=
9
Ein Malter Hafer
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter. Weismehl.

kr.
6
5
6
5
4
5
10
12
12
10
12
10

Pf.
2

2
2.

12
5
3
2
9
28
12
5
1
fl.
3
2
5
2
1
3
16

kr.
30
40

40
44
36

Ein Kumpf Hafermehl

1 Kpf geſchaͤlter Hirſen
1 Kpf grob geſch. Gerſte 32 4c.
1 Kpf kleingeſchaͤlterGerſten 64
1 Kumpf Erbſen =

1 Kumpf Linſen =
1 Maas Merz=oder Lagerbier
im Hauſe;
= uͤber die Straſe;
1 Maas Jungbier im Haus,
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe
6.
Maas Kuh=oder Geiſemilch
1 Pfund friſche Butter

1 Pfund Handkaͤs der beſten 6

kr.
28
32
48
80
24
24
3
3
3
3
24

15

Die ubrige Handkaͤſe 4-= Stuͤck14
Eyer 5 Stuͤck vor .
ſEin aufgeſetzter KumpfRartoffeln,6
Brodtaxe und Gewicht.
Pf., L.2.
Vor 2kr. Brod ſollwiege 1 102
Vor4kr. dito 2 21
Vor6kr. dito
4
Vorrkr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod
11
Vor 2kr. dito
22.
Vor 1 kr. Waſſerweck = 10
Vor1kr. Milchweck
Vor 1 kr. Milchbrod. 6 2.
Ein 5=pfuͤndiger Laib, ſogenanntes
Comiß=Brod ſoll gelten 7 Kr.

Fuͤrſtl. Heſſiſche Polizey deputation dahier,

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,

ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.

l. Sachen, ſo zu verkaufen.

Darmſtadt. Nachdeme gnaͤdigſt verordnet worden, daß der von Lahrbuſiſche Gar=
ten
am Niederramſtädter Weg gelegen, und 129 Ruthen enthaltend, einer Seits den
Burger und Compagnie=Feldſcherer Jahn, andern Seits den Burger und Peruquier Eber=
hard
, ſodann den Burger und Sattlermeiſter May beforcht, welcher mit einem Garten=
haus
, Pompe, Keller und Schoppen und mit wohlangelegten Kammerlatten verſehen
iſt, Donnerſtags den 13. December Nachmittags 2 Uhr im Gaſthaus zum rothen Ochſen
öffentlich aufgeſteckt und dem Meiſtbietenden gegen baare Zahlung uͤberlaſſen werden
ſolle; ſo wird ſolches hiermit bekannt gemacht, damit die Luſttragende ſich in eodem
termino einfinden, die Conditiones vernehmen, und nach Gefallen mitbieten koͤnnen.
Sign. Darmſtadt den 21. November 178I.
Von Commiſſionswegen.
Miltenberg, Fürſtl. Regierungs=Secretarius.
Bey dem Buchbinder Joh. Juſtus Sparſchneider, neben dem Loͤwen wohnhaft, ſind
Neujahr=Wuͤnſche in Pyramiden und anderer zierlichen Einfaſſung mit auserleſenſten
Verſen auf Atlas gedruckt, das Stuͤck 10= 12= und 15. kr., dergleichen in Familien,
zaͤrtliche, freundſchaftliche, ſcherzhafte und vermiſchte, mit Couleur=Einfaſſung, auch
die beliebte genealogiſche Kalender, deutſch und franzoͤſiſch, um billige Preiſe zu haben.
In dem Hauſe der verwittweten Rothgerber Kellerin ſoll den 15. December a. c. aller=
ley
zum Rothgerben gehoͤrige Handwerkszeuge, ingleichem groſe und kleine Bütten mt
eiſernen Reifen, auch beſondere eiſerne Reiſe ꝛc. verſteiget werden.

In der Buchdruckerey im Lottohaus und in der Wittichiſchen Behauſung im Birngarten
ſind folgende ungebundene Buͤcher zu haben:
Baumlers mitleidiger Arzt 1 fl. 2kr. Boͤhms Meßkunſt 2 fl. 36 kr. Claudius Lieder
fuͤr Kinder 2fl. 30 kr. Durch Schaden wird man klug 40 kr. Hallifar Neujahrsgeſchenk 34kr.
Naturgeſchichte des Faſans 16 kr. Stockhauſens Grundriſſe 1fl. 36 kr. Unterricht vom
kollen Hundsbiß 12 kr. Leonore 20 kr, Geſchichte eines Landpredigers 1 fl. 20 kr. Max
Wind und Konſorten 2 fl. 6 kr. Zamalesky oder der ungluͤckliche Hoͤfling 24 kr. Begebenhei=
ten
des Pu=ki 1 fl. 16 kr. Sophie, oder Briefe zweyer Freundinnen 50 kr. Die Unſchult
in Gefahr 1fl. 4 kr. Ruheſtaͤtte der Zartlichkeit 1fl. Pauline und Suzetke 30 kr. Ge=
ſchichte
der Lady Mancheſter 1fl. 6kr Sinds Pferdarzt 45 kr. Skizzen aus der Natur 1fl. 24kr.
Starkens Handbuch 50 kr. Goldenes Jahrhundert 5o kr. Masten 1 fl. Jeruſalems
Betrachtungen über die vornehmſten Wahrheiten der Religion, 2ten Theils, 2ter Band,
oder 4tes Stuͤck, 1 fl. 54 kr. Diionnaire du Voyageur, 8vo 4 fl. 30 kr. Roſenkranz
Predigt 12 kr. Raffs Geographie 36 kr. Schloſſers Plan und Fragmente einer Weltge=
ſchichte
30 kr. Schuberts Originalien 50 kr. Seilers Gebete fuͤr Studirende 1 fl. 4 kr.
Schmahling die Beſtimmung des Chriſten 1 fl. 20 kr. Haͤnels Anweiſung zu Handlungs=
Rechnungen 30 kr. Fiſchers Probenaͤchte 40 kr. Preußiſche Cabinetsordre 20 kr. Ekkards
Handbuch der Lehranſtalten 1 fl. Heßiſche Cadettenlieder 16 kr. Siegwart der Zweyte 1fl.
36 kr. Der lange Rock 50 kr. May Handlungs=Wiſſenſchaften 3 fl. 4 kr. Kurzer Begriff
der teutſchen Orthographie 12 kr.
Die augſpurgiſche Confeßion fuͤr 10. kr., gebunden 12. kr. Eichhorns Rüſt=
und Schatzkammer 10. kr., gebunden 20. kr. Rambachiſches Geſangbuch 8. kr.
Neuer Speccius 15. kr. Nachricht von dem Auerbacher Waſſer 6. kr.

II. Capitalia, ſo zu verlehnen.
Es liegen 200. fl. gegen ſichere gerichtliche Verlegung zum Verlehnen bereit.
Naͤhere iſt in der Buchdruckerey im Lottohauſe zu erfragen.

Das

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III. Zahlenlotterie Anzeigen.
Bey der mit bekannter guter Ordnung und den veſtgeſetzten Solennitäten vollzodanen
35ten Ziehung der Hochfuͤrſtl. Heſſen=Marburgiſchen gnaͤdigſt garantirten Zahlen= Lot=
terie
, ſind dieſe Nummern:
75. Ir. I7.
54. 31.
aus dem Glücksrade gezogen worden. Die 105te Ziehung in Darmſtadt geſchlehet den
12. Dec. Die 172te Ziehung in Caſſel, den 19. Dec. Die 36te Ziehung in Marburg,
den 27. Dec., und ſo fort von 3 zu 3 Wochen. Darmſtadt, den 5. December 1781.
Nachdem in hieſigem Lottohaus die Einlagen auf die Darmſtaͤdter Ziehungen ferner=
hin
nicht laͤnger als auf den Ziehungs=Tag Vormittags 10. Uhr angenommen werden
koͤnnen; So wird ſolches hiermit bekannt gemacht. Darmſtadt den 1. December 178r.
General=Direction der Hochfuͤrſtl. Heſſen=Darmſtaͤdtiſchen
gnaͤdigſt garantirten Jahlen=Lotterie.

Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 1. bis den 8. December 1781.
Herr von Malditz, Capitain von Uſingen. Herr von Günderode, Kammerherr von
Baaden. Herr von Duͤring, Lieutenant in Hannoͤveriſchen Dienſten, Herr von
Harſcher, Faͤhndrich in Hollaͤndiſchen Dienſten, von Ihro Hochf. Durchl. Prinz
Georg von Heſſen=Darmſtadt Regiment. Herr von Bobenhauſen, Lieutenant
in Franzoͤſiſchen Dienſten, vom Elſaßiſchen Regiment. Herr von Sternberg von
Frankfurt. Herr Knieriem, Poſtmeiſter, nebſt deſſen Hrn. Bruder von Alßfeld,
log. ſaͤmmtlich im Trauben.
Frau von Richtern, von Wetzlar, log. im Schwan.
Hr. Leo, Buchhaͤndler von Leipzig, log. im froͤhlichen Mann.
Hr. Erhard, Handelsmann aus Dünkelſpiel, log. im Loͤwen.
Auſſer den Gaſthaͤufern logiren:

Ihro Hochfuͤr,
Durchl. der Prinz Friedrich von Heſſen=Caſſel, und Herr von Baum=
bach
; Hollaͤndiſcher, Capital,
logiren a
Herr Berchelmann, Amtskeller von Gießen, log. bey dem Herrn Capttain de Neufoille.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr von Wald, aus Erfurt, den 3ten Dec. Hr. Bayer aus Freyburg, eod. Herr von
Hauſſen aus Lothringen, den 4ten. Herr von Waͤchter, Daͤniſcher Geſandter,
den 5ten.

Gebohrene, Getaufte, und Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 2. Dec., Anna Roſina Mavieſin, von Oberrod, ein unehelich Soͤhnlein.
Den 4. dem Burger und Schneidermeiſter, Johann Ludwig Kolb, ein Toͤchterlein
Den 5. dem Fuͤrſtlichen Cammer=Aſſeſſor und Renthmeiſter zu Rheinfelden, Herrn
Muͤller, ein Soͤhnlein.
Eod. dem Burger und Ackermann, Johann Adam Allmann, ein Toͤchterlein.
Den 6. Dec., dem Burger und Beckermeiſter, Johannes Mersheimer, ein Soͤhnlein.
dem Einwohner allhier, Johann Ludwig Hildebrand, ein Toͤchterlein.
Den 8.
Geſtorbene und Beerdigte.
Den 3. Dec., der Fürſtl. Kammerſecretarius, Herr Joh. Ludwig Arnold, 55. Jahre alt.
Den 6. Sybilla, des Gaͤrtner Schellhammers, hinterlaſſene Wittwe, 60. Jahre alt.
Den 7. der Fuͤrſtl. Hof=Tapezierer, Herr Johann Nicolaus Langgut, 77. Jahre,
und 8. Monathe alt.

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Der Greiß, ein Nachtſtuͤck.
(Aus den Papteren eines würdigen jungen Edelmanns.)
Hu, wie mich friert; und keine Hütte hab ich zum Obdach, kein Lager, worauf
ich mit meinen ſtarren Gebeinen raſte: At bin ich, und ohnmachtig, und abgezehrt
ſind meine Kraͤfte zur Arbeit. Grauſ.emer Sohn! das nagt, das quaͤlt: Grauſamer!
Mir entzog ich die Nahrung, trotzte dem Hunger um deinetwillen, koßte dir, pflegte dich iu
deiner Jugend, da du kraͤnkelteſt. Manche gahre fleß von meinem Aug' auf deine Wan=
gen
. Da liebteſt du mich noch, fragteſt mich ſanft traurig: Was iſt dir Vater? Was
weinſt du, Vater? Bin nicht mehr krank. Schau, Vater, ich werde ja wieder geſund.
Dann richteteſt du dich auf im Bette, umſchlangſt meinen grauen Kopf mit deinen
ſchwachen Haͤnden, riefſt: Traure nicht, Beſter, um mich, bin ich wohl wieder und
ſtark, und dann ſanktſt du aufs Lager zuruͤck, wollteſt weiter reden und konnteſt nicht.-
Endlich genaſt du, wurd'ſt ruͤſtig und ſtark. Hatteſt ſeyn koͤnnen mein Sohn, meine
rechte Fauſt = und nun ſtoͤſſeſt du mich aus der Hutte, in Kaͤlt und=Schnee-Sorg
fuͤr dich, Vater, ſprichſt du, ſorg fuͤr dich.
) wie ſorgt' ich fuͤr dich!
mit welcher Sorgfalt erzog ich dich 1 Ungeheuer! Nun laͤßt du darben den Vate=
Hal hoͤr ich nicht lachen ?
im Alter und ſitzeſt daheim im Ueberfluſſe.
Iſt das Lachen des Sohns über des Vates Jammer ? Das ſchallt fürchterlicher
als der allzermalmende Sturm. Hu, wie mich friert, wie mir die Zaͤhn: im
Maul klappern1 Sohn Sohn! Du miſcheſt dem Vater Wermuth und Galle ins
Getraͤnk= und ſtoͤſſeſt ihn fort: O1 das durchbohrt das Herz, wie ein zweyſchneidtg
Schwerd. Was that ich dir Sohn! Ich ermahnte dich zur Lugend, da du ſaſſeſt unter
den Buhlerinnen; denn das war eine Qual, Qual, aͤrger, als der Tod. Da redete ich,
ob ich ſchon lange ſchwieg, war ganz Vater wieder. Ich redete als Vater, aber kroch
nicht, wie der Hund der ums Gnadenbrod leckt. Das Feuer ſpruͤhte mir aus den Am=
gen
, und zitternd vom Eifer wallten meine weiſen Locken am Haupt hin und her,
Stark war meine Rede und kraͤftig. Da kamſt du und o ich vermags nicht,
kanns nicht ſagen. Sohn 1 Sohn! du hobſt deine Hand auf, und warfſt ihn zur
Thür heraus, deinen alten grauen Vater! Sohn du 2 Nicht Sohn mehr. Weh
mir! was that ich dir, mein Sohn ? Weh mir 1 deinen alten Vater friert.
Wie fliegen die Schneepflocken um ihn herl Wohin tres ich, wohin L Iſt denn hier Wie=
mand
, auch nicht einer, der ſich eines alten Greiſes erbarme? Keiner hoͤrt mich, denn
der Sturm durchbrauſt das Geſtraͤuch Ich fuͤhls, der Tod wuhlt ſchon in meinen
Adern, alles ſtarret an mir. Weh mir, wie mich friert! Aber ich will ſterben vor der
Wohnung des Vatermoͤrders. Dann magſt du jauchzen: da liegt er, der Ermahner.-
Doch nein, das ware Rache und der Herr ſpricht: Raͤchet euch nicht ſelbſt! Dieſer Stein
ſey mein Sterbelager. Dich umarm ich Tod, du Ziel meiner Qual, wie man einen
- Hier lieg ich alſo vom Sohn ermordet, ein alter
kommenden Freund umarmt.
Greis liegt hier roͤchelnd auf der kalten Erde. Bey Gott, das iſt hart! Von Menſchen
verlaſſen, von allen, auch vom Sohne! Sohn, ſchier moͤcht' ich dir fluchen. Ooch wie
koͤnnt ich dem fluchen, den doch meine Seele noch liebt. Segen dir, der letzte Segen
eines Vaters! Kehr zuruͤck zur Tugend, denk an dein Verbrechen und weine - wetg
um den Vater, wein um dich. Hal der Schlummer kommt ſanft wenn
man wohlgethan hat. Gute Nacht Sohn!"
So klagte der Alte, und der Sturm heulte ſeine Klagen nach, die ganze lange Nacht
hindurch. Die empoͤrte Natur ſchien laut zu jammern ob der Scene. Des andern Tages
fruͤh, fand man ihn todt mit gefaltenen Haͤnden am Steine liegen.

H.4.
44