Darmstädter Tagblatt 1780


18. Dezember 1780

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Anno 1780.
den 18. Decemb.
Num. HL.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnaͤdigſten
Darmſtaͤdti=
Anzeigungs.
zu finden in der
Hof=u. Regierungs=

Heſſiſchem
Privilegio.
ſches Frag=und
blaͤttgen/
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.

Ein 15 Ochſenfleiſch
1 = Rindfleiſch =
1 = Kalbfleiſch =
= Hammelfleiſch =
4
= Schaffleiſch
= Schweinenfleiſch
1 Schinken u. Doͤrrfl.
= Speck =
9
1 Nierenfett =
I. = Hammelsfett=
1-. Schweinenſchmalz
Ein Kalbsgekrotz = 8 a
Ein Kalbsgeluͤng=
Ein Hammelsgeluͤng=
1E Ochſengelung =
1 = Suͤlzen =
1 = Bratwuͤrſt
1 Leber=u. Blutwuͤrſt
Eine geſ.oder ger= Ochſenzung
Ein Kalbskopf 8. 10 a
Ein Hammelskopf =
Ein Kalbsfus =

Mctualien= und Marktpreis.
kr. Pf.
= ſ6 2 Ein Kumpf Hafermehl ½

Ein Malter Korn ½
Ein Malter Gerſten =
Ein Malter Waizen=
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer =
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl

5
7
5
4
7
11
12
12
10)
12
10
12
5
3
2
10
6
28
12
5
1
fl.
2
4
2
2
3
12

2

kr.
3 30
50
30
14
12
40

1 Kpf geſchaͤlter Hirſen
1 Kpf grob geſch. Gerſte 3240
1 Kpf kleingeſchaͤlterGerſten 64
1 Kumpf Erbſen =
1 Kumpf Linſen =

1 Maas Merz=oder Lagerbier
im Hauſe =
= uͤber die Straſe;
1 Maas Jungbier im Haus=
und uͤber die Straſe"
1 Maas Bierhefe
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
1 Pfund friſche Butter 19 = 20
1 Pfund Handkaͤs der beſten
Die ubrige Handkaͤſe 3a4 Stuͤck
Eyer 415 Stuͤck vor =
Ein aufgeſetzter KumpfKartoffeln!
Brodtaxe und Gewicht:

Vor 2kr. Brod ſoll wiege
Vor4kr. dito =
Vorskr. dito
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod
Vor 2 kr. dito =
Vor 1kr. Waſſerweck =
Vor 1 kr. Milchweck
Vor 1kr. Milchbrod

Pf.
1
2
3

L.
9
1812
2713
1013
212
93

Fuͤrſtl. Heſſiſehe Polizeydeputation dahier

kr.
24
48
48
80
24
28
3
3
3
3
24
6

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.
aaee
I. Edictalladung.
Darmſtadt. Nachdeme zu Berichtigung der Verlaſſenſchaft des ohnlaͤngſt ver=
ſtorbenen
dahieſig Fuͤrſtlichen Geheimen Regierungsrath Schoͤndorfs zu wiſſen noͤthig,
wie viel und was fur Schulden er hinterlaſſen; Als werden alle diejenige, ſo etwa
gegruͤndete Forderungen an denſelben haben, hermit öͤffentlich eitirt, Mittwochs den
31. Januar 1781. Vormittags um 9 Uhr, als Welcher Termin hiermit vor den erſten,
zweyten und dritten anberaumt wird, auf dahieſig Firſtlicher Regierungs=Canzley zu
erſcheinen, ihre Forderungen vor der zu dem Ende beſtellten Commiſſion behoͤrig zu
kiquidiren, und nach Befinden weitere rechtliche Handlung zu pflegen, mit dem Anfuͤ=
gen
, daß diejenige, welche in bemeldten Termin nicht erſchemen, mit ihren Anſoruchen
weiter nicht gehoͤrt, ſondern mit denſelben von des Deſuni Maſſe gaͤnzna ausgeſchloſ=
ſen
werden ſollen. Sign. Darmſtadt, den 15. Novembr. 1780.
Fuͤrſtl. Heſſiſche Regierungs=Canzley daſelbſt.
J. C. C. Hofmann.
II. Sachen, ſo zu verkaufen.
Darmſtadt. Nachdeme des ohnlaͤngſt verſtorbenen Burger und Schuhmachermei
ſter, Caſpar Leyßlers in der Hinkelgaſſe, zwiſchen dem Nagelſchmitt Gütlich und Schuh=
macher
Drach gelegenes Wohnhaus, um die Erben behoͤrig ausemander ſetzen zu koͤnnen,
nächſtkuͤnftigen Baͤttag den 3. Januar 1781. auf allhieſigem Rathhaus abermaks öffent=
lich
aufgeſteckt und dem Meiſtbietenden uͤberlaſſen werden ſoll; Als wird ſolches zu dem
Ende hiermit bekannt gemacht, damit die Luſttragende ſich alsdann einfinden und mit=
bieten
moͤgen. Darmſtadt den 9 Dec. 1780.
Juͤrſtl. Beſſ. Oberamt daſelbſt.
Darmſtadt. Antonins Jäger iſt geſonnen,ſeinen neben dem Schießplatz llegenden
groſen Garten aus freyer Hand zu verkaufen, beſtehend in etnem gröſen Gartenhaus,
Brunnen, Stallungen, Schoppen, vielen Obſtbaͤumen, Weinſtoͤcken und anderen
Bequemlichketten. Liebhabere heben ſich bey dem Etgenthuͤmer zu melden, und das
Naͤhere zu vernehmen.
Bey dem Rathsverwandten und Buchbinder Sparſchneider dahier ſind ſehr wohl=
gerathene
= auf Atlas gedruckte und illuminirte Neujahr=Wuͤnſche, wie auch Berliner,
Gothaer und andere Muſenalmanachs in denen billigſten Preiſen zu haben.
Beym Buchbinder Wuͤſt ſind nachſtehende ſauber gebundene Taſchenkalender auf das
Jahr 1781 um die bekannte Preiße zu haben, als: Goͤttinger=Gothaer und Lauenburger.
Zahlenlotterie Anzeige.
Marburg, den 13. December 1780.
Anheute wurde die 18te Ziehung dahieſiger Lotterie mit den gewoͤhnlichen Formall=
taͤten
vorgenommen, und ſind nachſtehende Nummern, als:
32. 80.
54.
70.
17.
aus dem Glücksrade gehoben worden.
Die 88te Ziehung in Darmſtadt geſchlebet den 19. December.
Die igete Ziehung in Caſſel, den 28. December.
Die 19te Ziehung in Marburg, ben 3. Januarius.
und ſo fort von drey zu drey Wochen.
Von Generaldirectlons wegen.
IV. Litterariſche Nachricht.
Darmſtadt. Von den klaſiſchen Schriftſtellern Zweybrücker Ausgabe belieben die
Hrn Subſcribenten künftigen Mittwoch bei mir abzuhol.n: den zweyten Theil von
Terenz, den vierten von Plautus, den vierten von Tacttus, und den erſten von Cicero.

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Zuglelch mache ich den Freunden ber griechiſchen Litteratur hiermit bekannt, daß noch
bieſen Winter in dem nemlichen Verlag und unter der nemlichen Aufſicht der Anfang
mit den Giiechen gemacht wird. Es wird auch hier an Deutlichkeit und Schoͤnhett des
Drucks nichts geſpart werden. Die Biographie etnes jeden Autors wird allemal im
erſten Bande vorangehen, und jeder Band wird einen Kupferſtich enthalten. Mit Plato
wird der Anfang gemacht, und kann bey mir auf jeden Band mit 1 fl. beltebigſt ſubſeri=
biret
werden. Wer nicht ſubſcribirt, kann nachher den Band nicht anders als für 2fl.
erhalten.
J. J. Will.
Angekommene freinde Herrn Paſſagiers.
Vom 9. bis den 16. December 1780.
Herr von Malditz, Capltain von Aſingen.
Herr Winter, Lieutenant in Hoiſkerlichen Dienſten, log. in dem Trauben.
Herr von Gaker, Generala Hollaͤndiſchen Dienſten, log. in dem Engel.
Herr Eyſſele, Kauf nanl aus Durwangen.
Herr Gerne, Handelsmann aus Hannover, log. in dem Schwanen.
Herr Dayir, und Herr Ganjou, Handelsleute aus Frankreich, log. in der Cron.
Auſſer den Gaſthaͤuſern logiren:
Herr Baron von Dieden, Daͤniſcher Geheimer Rath, log bey Ihro Excellenz dem
Herrn Grafen von Callenberg.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr von Donop, Lientenant in Würtembergiſchen Dienſten, den 12 December.
Herr Baron Stipling, Ober=Jaͤgermeiſter von Loͤwenſtein=Wertheim, den 13ten.
Herr von Roͤden, Lieutenant, und
Herr von Trott, Faͤhldr ch in Hanauiſchen Dienſten, eod.
Frau von Uxkiehl, Ober=Hofmeiſterin von Heſſen=Caſſel, den 14ten.
Gebohrne, Getaufte, Copulirte u. Verſtorben in Vortger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 10. Dec., dem Burger und Drehermeiſter, Peter Roͤßler, ein Toͤchterlein.
dem Tuch= und Zeug=Fabricant, Johann Ludwig Cags, ein Toͤchterb.
Den 12.
Eod. dem Pflaͤſterer, Johann Rau, ein Soͤhnlein.
Den 13. dem Burger und Schreinermeiſter, Georg Wilh Kiſtner, ein Toͤchterl.
Den 19. dem Schaͤfer, Johann Thomas Fritz, ein Toͤchterlein.
Copulirte.
Den 12. Dec., Mſtr. Gottfrled Ludwig Hill, Burger und Schneider allhier weyl.
Johann Daniel Hills, geweſenen Zoͤllners und Schneidermeiſters zu
Krumſtadt, nachgelaſſener ehelicher Sohn, und Dorothea Eliſabetha,
weyl. Johann Jacob Köbels. geweſenen Burgers und Chtrurgl zu
Gerau, nachgelaſſene eheliche Tochter.
Geſtorben und Beerdigt.
Den 15. Dec., Anna Magdalena Schneiderin, 80 Jahre alt.
Fortſetzung. Sidney und Silli.
Eine Geſehiehte.
(Aus dem Niederſaͤckſiſchen Mocenblatt für Kinder.)
1 Ich bin aus Paris gebuͤrtig, ſagt'er, m in Vater war ein Ablicher vom Lande,
und nicht reich. Er hatte Kriegsdienſte genommen, und heirathete ein vornehmes
Franen=

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Frauenzimmer, das ſehr ſchoͤn und tugendhaft war. Sie ſtarb, und hinterließ meinen
Vater mit mir und einer Tochter, ohne ſonderliches Vermoͤgen. Ein jzaͤrtliches Gefuͤhl
war mir angeboren; das iſt die Quelle meines Ungluͤcks und melnes Kummers. Meine
Seele war nichts als Zaͤrtlichkeit und Menſchenliebe. Ich wuchs mit dem Gedanken
auf, daß Tugend, Rechtſchaffenheit und edles Gefuͤhl glucklich machten; daß die Men=
ſchen
gefaͤllig und geneigt waͤren einander zu troͤſten und Beyſtand zu leiſten. Ich kannte
ſie nur aus Buͤchern, die mir viel von Helden, von Weiſen, von wohlthuͤtigen Herzen,
von redlichen Freunden erzaͤhlten, und meine Seele ſtand dieſem angenehmen Betruge
oſfen. Mit dieſen Empfindungen trat ich in die Welt. Meine Geburt, Geſchmack an
allem Schoͤnen, Begierde zu gefallen, Aufrichtigkeit; das waren meine Vorzuge, wo=
durch
ich glücklich zu werden hoffte. Ich glaubre die Unwahrheiten des gemeinen Le=
bens
, ich traute den Groſen= und denen, die ſich fuͤr rechtſchaffene Leute, für Freunde,
fuͤr Wohlthaͤter ausgaben. Kurz ich glaubte alles, was auf Erden ſeyn ſollte,
und nicht iſt.
Die Umſtaͤnde meines Vaters verſchlimmerten ſich taͤglich. Meine Schweſter hatte
einen ſehr wohlhabenden Edelmann geheirathet. Ich hatte eine gewiſſe. Groͤſe der Seele,
die uns Ucht erlaubt zu kriechen, zu ſchmeicheln, und dadurch ſein Gluͤck ze machen.
Ich ſuchte die Hochachtung meiner Freunde, die das hoͤchſte Gluck meines Herzds wa=
ren
, zu verdienen, und vornehmlich meine eigne, die mir noch mehr werth war. Ich
erhielt in den anſehnlichſten Geſellſchaften freyen Zutritt. Ich hatte noch einen Lieb=
lingstraum
; ich dachte, wenn man reich waͤre, ſo muͤßte man kein Gluͤck kennen, als
das, nuͤtzlich zu ſeyn und wohl zu thun.

Nuͤnmehr merkts ich, daß ich ernſtlich auf mein Gluͤck bedacht=ſeyn müßte: ich
ſahe das Ungluͤck mit ſchnellen Schritten ſich nahen. Man ſagte mir, ich haͤtte Gaben
und Geſchicklichkeit ihm zu widerſtehen. Jezt lernt' ich erſt die Menſchen recht kennen.
Mein Vater meldetgmitz, daß er durch einen Proceß um alles gekommen ſey; denn er
hatte keinen andern eyſtand gehabt, als ſoine oerechte Sache. Ich wußte meine Pflicht.
Einige Jahrk lang segeiſſ ich alle anſtmige Mittel- meinem theureſten Vater ſeine Ar=
muth
zu erleichtern. Er war arm, und dadurch meinem Herzen werther. Ich ſchmei=
chelte
mir, da ich bey den Groſen Zutritt hatte, daß meine Noth ſie ruͤhren wuͤrde:
ohne zu erroͤthen, und ohne Stolz entdeckt' ich ihnen meine traurigen Umſtaͤnde, und
beſonders die Thraͤnen meines alten Vaters. Allein ich wurde mit kalten Verſprechungen
von einer Zeit zur andern hingewieſen, ohne jemals Beyſtand von ihnen zu erhalten.
Ich wurde endlich dieſer grauſamen Unempfindlichkeit muͤde, und hoffte bey den Gelehr=
ten
das Gefühl zu finden, das die Groſen mir verſagt hatten. Dieſe Lhrer der Men=
ſchen
, dacht' ich, werden alle die Tugenden an ſich haben, die ſie taͤglich mit ſo vieler
Beredſamkeit anpreiſen. Mit edier Vertraulichkeit eilt' ich zu ihnen, allein ich weinte
meine Thraͤnen in ihren Schoos, wie in ein duͤrres Land. Nun gieng ich zu den Rei=
chen
o da empoͤrt ſich meine ganze Seele! Sie ſuchten ihre Unwenſchlichkeit nicht
einmal zu verbergen. Man erwarte weit eher von den aͤrmſten Menſchen Beyſtand,
von dem kann man doch noch Mitleid erhalten, dieſen ſuͤſſen Troſt, welcher die Thraͤnen
des Herzens zurückhaͤlt.

Von allen beleidiget und verworfen, war ich endlich alle Staͤnde durchgegangen,
um einen Menſchen zu finden. Aber umſonſt. Verzweiflungsvoll, in finſterer Wuth
warf ich mich zu den Füſſen meines Vaters. - Ach, mein Vater 1 wir ſind nahe
bey dem aͤuſſerſten Elende. Die Hoffnung= daß metne Jugend Ihre Stuͤtze ſeyn ſollte,
iſt nun auch dahin, aller Herzen ſind vor meinen Thraͤnen verſchloſſen. Was wird aus
Ihnen werden, mein Vater? - Was Gott gefaͤllt, antwortete der wuͤrdige Greis;
ſollt' es mir ſchwer ſeyn zu ſterben ? Nur du, mein Sohn, verurſacheſt meine Thraͤ=
nen
. Ich werde ſterben, und dir alles mein Ungluͤck hinterlaſſen. Gehe, mein Schick=
ſal
muß dich nicht bekümmert machen; ſorge nur dein Leben zu erhalten, dieſes iſt das
meinige. Wenn ich dich nur glücklich ſehen koͤnnte! Bey dieſen Worten druckte mich
mein Vaker mit ſchwachen Armen ſchluchzend an ſeine Bruſt. Ach das Bild ſchwebt
mir noch vor Augen!
(Die Fortſetzung folgt kuͤnftig.)