Anno 1780.
den 14. Aug.
Mit Hochfuͤrſtl.
gnaͤdigſten
Darmſtaͤdti=
Anzeigungs.
Rum. 33.
zu finden in der
Hof=u. Regierungs=
Heſſiſchem
Privilegio.
ſches Frag=und
e1ger,
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.
Victualien= und Marktpreis.
Ein E Ochſenfleiſch
Rindfleiſch
Kalbfleiſch
Hammelfleiſch =
Schaffleiſch
Schweinenfleiſch=
Schinken u. Doͤrrfl., 10
Speck =
Nierenfett
Hammelsfett=
Schweinenſchmalz
Ein Kalbsgekroͤß = 8 a
Ein Kalbsgeluͤng =
Ein Hammelsgeluͤng=
1E6 Ochſengelung =
Suͤlzen =
1 Bratwuͤrſt
= Leber=u. Blutwuͤrſtſs
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung=28
Ein Kalbskopf 8. 10 a
Ein Hammelskopf
„
6
Ein Kalbsſus
Ein Malter Korn =
Ein Malter Gerſten =
Ein Malter Waizen =
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl
Ein Kumpf Hafermehl =
Kumpf geſchaͤlter Hirſen =
1 Kumpf grob geſchaͤlter Gerſte
1 Kumpf kleingeſchaͤlterGerſten
1 Kumpf Erbſen =
1 Kumpf Linſen
1 Maas Merz= oder Lagerbier
im
Hauſe=
uͤber die Straſe;
1 Maas Jungbier im Haus=
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
1 Pfund friſche Butter 12 "
1 Pfund Handkaͤs der beſten
Die ubrige Handkaͤſe 5a6 Stuͤck
Eyer 7a8 Stuͤck vor
Ein aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln
Brodtaxe und Gewicht.
Vor 2kr. Brod ſoll wiegs
Vor4kr. dito
Vorskr. dito
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod
Vor 2kr. dito
Vor1kr. Waſſerweck:
Vor1kr. Milchweck
30 Vor 1kr. Milchbrod
Pf.
1
2
4
Fuͤrſtl. Heſſiſche Polizeydeputation dahier=
L.
15
30
13
12
241
11
8
2
krs
24
32.
32.
54
16
16
3
2
3
3
24
4
12
6
4
8
Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.
1. Sachen, ſo zu verkaufen.
Darmſtadt. In allhieſiger Hofbuchdruckerey ſind folgende Buͤcher zu haben:
Horicks empfindſame Reiſen,4Theile, füͤr 1fl. Poungs Nachtgedanken 1. u. 2. Th. 1fl.
II. Sachen, ſo zu verpachten.
Darmſtadt. Nachdem die Winter=Schaafweide auf der Herrſchaftlichen Heege,
ziſchen dem Wildzaun, ſodann der Dieburger und Meßler Mark, welche mit dem
Tage Michaelis dieſes Jahrs leyhaͤllig wird, auf einen anderweiten 3jährigen Beſtand
an den Meiſtbietenden uͤberlaſſen und die Verſteigerung deſſelben Mittwochs den 16.
Auguſt in Roßdorf vorgenommen werden ſoll; ſo wird ſolches zu dem Ende hierdurch
bekannt gemacht, damit die zu dem Beſtand Luſthabende auf ermeldten Tag, Morgends
um 9. Uhr ſich in dem Wirthshauſe zu Roßdorf einfinden und mitbieten moͤgen.
Darm=
ſtadt den 27. Julii 1780.
Zimmermann, Fuͤrſtl. Forſtſecretarius.
Darmſtadt. Das in der neuen Vorſtadt gerade gegen der Reuter=Caſernen uͤber
ſtehende und ſehr wohl gelegene Backhaus, ſamt dem dazu gehoͤrigen vor dem neuen Thor
befindlichen Beckerhaͤusgen, ſteher dermahlen an einen tuͤchtigen Becker zu vermiethen,
und kann alltaͤglich bezogen werden. Die Leih=Conditlonen ſind bey dem Fuͤrſtl. Fiſcal
und Regierungs=Advocaten Herrn Hertel zu erfahren, der ſodann das weitere mit
Luſt=
habenden abzuſchließen den Auftrag hat. Darmſtadt, den 11. Aug. 1780.
III. Sachen, ſo zu vermiethen.
In dem wilden Mann in der Ochſengaſſe ſtehet in der mittlern Etage ein Logis zu
verlehnen, beſtehend in 2. tapezierten Stuben, 2. Cammern, Küche, Boden, Keller
und Holzplatz.
In der groſen Ochſengaſſe ſtehet ein Logis zu vermiethen, welches in einer Stube,
zwey Kammern, Kuͤche und Keller beſtehet. Raͤhere Nachricht kann man in der
Buch=
druckerey im Lottohauſe erfragen.
Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 5. bis den 12. Aug. 1780.
Herr Pompe, Glashaͤndler aus Boͤhmen.
Herr Auchter, Handelsmann aus Durwangen, log. im Engel.
Herr Eyſſele, Kaufmann aus Duͤrrwangen.
Heer Bayer, Spitzenhaͤndler aus Stuttgard, log. in dem Schwanen.
Herr Wenzel, Galanteriekeaͤmer aus Maynz.
Herr Leo, Buchhaͤndler aus Leipzig, log. in dem froͤhlichen Mann.
Herr Wachter, Handelsmann aus Sachſen, log. in der Cron.
Herr Erhard, Handelsmann von Wöhrd.
Herr Strom, Handelsmann von Homburg, log. im Loͤwen.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr Bethmann, Banquier von Frankfurt, den 6. Aug.
Herr von Leigrum, Bayreuthiſcher Cammerherr, den 7ten.
Herr Bock, Regierungsrath von Reichelsheim, eod.
Herr Tabor: Geheimer Rath von Friedberg, den 8ten.
Herr von Meyer, aus Augſpurg, eod.
Herr Baron von Löw, Obercammerherr in Hannoͤveriſchen Dienſten, den 9ten.
Herr von Anerebortman, aus England, eod.
Herr Girandolint, Neapoltaniſcher Feuerwerker, den 11ten.
Herr Luther, Hofrath von Frankfurt, eod.
Herr von Baumgarten, Franzoͤſiſcher Rittmelſter, vom Eſterhaſiſchen Regiment, eod.
Herr Hill, Steuercommiſſarius von Bingenheim, den 12ten.
Gebohrne, Getaufte, und Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrene und Getaufte.
Den 7. Aug, dem Beyſaß, Johann Henrich Roth, ein Toͤchterlein.
dem Burger und Meſſerſchmittmeiſter, Joh. Georg Wuͤſt, ein Soͤhnlein.
Den9.
Den 10. dem Burger und Fuhrmann, Leonhard Achtelſtaͤtter, ein Soͤhnlein.
Gebohren und getauft bey der evangel. reformirten Gemeinde.
Den 11. Aug., dem Generaldirector bey hieſig Hochfuͤrſtl. garantirter Zahlen=Lotterie, Herrn
Ernſt Friedrich Hegar, ein Toͤchterlein; Namens: Reinhardina Carolina Margaretha.
Geſtorben und Beerdigt.
Den 9. Aug., dem Burger und Schneidermeiſter, Joh. Philipp Stuͤcker, ein Toͤchterlein=
3. Jahre und 10. Wochen alt.
Beſehluß des ſchoͤnen Morgens.
Dorant an Wilhelm.
Voll Freude uͤber die Redlichkeit dleſes Mannes und voller Dankbarkeit gegen Gott,
daß er mir Gelegenheit gegeben hatte etwas zu ſeinem Troſt und zu ſeiner Erleichterung
beyzutragen, gieng ich wetter, und kam auf einen andern Weg, wo ich einen Juden
und eine Juͤdinn vor mir hergehen ſah. Ihre zerlumpte Kleidung verrieth ihre aͤuſſerſte
Armuth. Der Mann langte ein Stuͤck grobes Brod aus ſeiner Taſche hervor, und gab
die Haͤlfte der Frau; „das iſt nun das letzte, ſagt' er, was wir haben, und wer weiß,
„ ob wir heute etwas wieder bekommen. Ach1 die Chriſten ſind ſo hartherzig gegen
uns, weil ſie uns alle für Spitzbuben und Betruͤger halten, uns verachten und haſſen.”
(Dafuͤr bewahre mich Gott, dacht' ich bey mir ſelbſt). - „Die Kleinigkeiten, die
„ ich neulich kaufte, fuhr er fort, will ja keiner nehmen, ich werde ſie muͤſſen geringer=
„ als ich ſie ſelbſt bezahlt habe, weggeben.” - „ Nur Geduld, meln Lieber, ſagt=
„ die Frau; der guͤtige Gott wird fuͤr uns ſorgen; er hat uns ja noch nie verlaſſen.
„ Steh ! wie ſich alle Thiere an dieſem ſchoͤnen Morgen freuen; der liebe Gott naͤhrt ſie,
„ und ſollt' er uns nicht naͤhren?” - „ Ja, das wird er, ſagte der Mann; und ſo
giengen ſie munter fort und aſſen mit vielem Appetit ihr Morgenbrod. Indem kam ein
armes Chriſtenkind auf ſie zu, welches vermuthlich in die Stadt betteln gehen wollte.
Es hatte gewiß noch nichts gegeſſen, ſo ausgehungert ſah es aus, und als es die beyden
Leute ihr Brod eſſen ſah, fieng es mit erbaͤrmlicher Miene an zu welnen. - „Was
„ weinſt du, Kind, ſprach dte Juͤdinn liebreich; hungert dich etwa?” - „Ach ja,
„ mich hungert ſehr, ich habe ſeit geſtern Mittag nichts gegeſſen.” — Ohne ſich zu
bedenken, brach die Juͤdinn den groͤßten Theil ihres Brodes ab, und gab es dem Kinde;
auch der Mann gab ihm von dem Seinigen. „Nun iß, ſagte ſie, mehr kann ich die
„ nicht geben; in der Stadt wirſt du wohl mehr finden.”
Ich konnte mich nicht laͤnger verborgen halten (denn ich war hinter ihnen
herge=
ſchlichen, ohne daß ſie mich bemerkt hatten) ich mußte die ehrlichen Juden naͤher kennen
lernen. Mit groſen Schritten holt' ich ſie bald ein. Als ich neben ihnen war und ihnen
freundlich guten Morgen ſagte, zog der Mann ein Dutzend glaͤſerne in Zinn gefaßte
Hemdsknoͤpfe heraus, und bot ſie mir zum Verkauf an. Ich wollte ſie erſt noch etwas
naͤher kennen lernen und weigerte mich ſie zu nehmen. „O nehmen Sie ſie doch, jun=
„ ger Herr, ſagt'er, wir haben nichts zu leben; wir ſind die aͤrmſten Leute von der
„ Welt.” - „ So 2 verſetzt ich, aber ſeyd ihr denn auch eh liche Leute ? ”
„9
„ ja, antwortete er, der Himmel weiß es; (und dabey ſah er mit dem ruͤhrendſten Blicke.
der mir ans Innerſte des Herzens gieng, gen Himmel) glauben Ste denn auch, daß
„ kein Jud ehrlich ſeyn koͤnne L ”
„ Davor behute mich Gott, ſagt' ich; aber
„ bleibt nur ehrlich, ſo ſeyd ihr reich. Wie viel koſten die Hemdsknoͤpfe L” - „ Fur
„ einen halben Gulden ſollen Sieſie haben; ſie ſind nicht dafuͤr mein.” - „Ich gebe
„ euch alſo einen Gulden für die Knoͤpfe, ſagt' ich, und da noch einen Gulden für eure
„ Ehrlichkeit. Lebt wohl. Ich hoffe in jenem Leben werden wir uns wieder zuſammen
„ antreffen und gute Freunde ſeyn.”
- Die dantbare Miene dieſer guten Leute kann
ich nicht beſchreiben; ſie waren ſprachlos vor Entzuͤcken; aber mit thraͤnenvollen
ſegnen=
den Augen ſahen ſie mir noch lange nach.-
Ach, dacht' ich bey mir ſelbſt, mogten
doch die Chriſten durch ihre Haͤrte, ihre Verachtung, ihren Spott ſo viele von euch nicht
zwingen und anreizen, Betrüger und Spitzbuben zu werden; moͤgten ſie als mit
Brü=
dern und Kindern eines Gottes mit euch umgehen, gewiß ihr wuͤrdet uns in Tugenden
nichts nachgeben.
Ich hatte bisher verſchiedene Auftritte geſehn, die mir zu mancherley Betrachtungen
Anlaß gaben; eber nun ſah ich eine ganz andere Scene, die mich errinnerte nach Hauſe
zu eilen. Ein majeſtaͤtiſches Gewitter zog herauf= und ließ ſich ſchon von ferne hoͤren.
Ich hoͤre ihn reden, den Gott der Ehre, und er fuhr ſchon auf den Fittigen des
Win=
des daher. Eine lange Stille verbreitete ſich um mich her. Der vor wenig Augenblicken
von den Geſängen der Voͤgel ertoͤnende Wald verſtummte. Jedes Geſchoͤpf fuhlte die
Gegenwart des Herrn, der den Tag in Nacht verwandelte, und ſeine ſchrecklichen
Strahlen leuchten ließ. Ich zitterte vor ſeier Majeſtät; aber kindlich liebte ich, und
betete ihn an, den Unendlichen, den Guͤtigen, der in Wettern dennoch Erbarmung und
Seegen austheilt.
Morgenlied eines ehriſtlichen Todtengraͤbers.
(Aus der Berliner Theaterzeitung, N. 18. 1779.)
Halb im, halb auſſerm Grab, die Spad=
Im Arn,
Begrüſſe ich dich, 0 Morgenroͤthe!
Still iſt noch in der Stadt der Bürger
Schwarm,
Auch toͤnt noch keine Hirtenfloͤte.
Die Lerche hebt ſich aus dem Morgenthau,
Und ſingt allein in hoͤhern Luͤften:
Singt jungen Tag, und friſches Gruͤn
auf Au,
Auf Graſebank und Menſchengrüften.
Wohl dem, der fruͤh ſie hoͤrt - man
hoͤrk ſte nicht
Auf ewig -— und den ihre Toͤne
Ins Feld hinziehn, wie mich vorm
Son=
nenlicht,
Zur neuenthüͤllten Schoͤpfungsſchoͤne!
Der denn voll frommen Sinns im
Morgenroth
Zu Gott hereilt, mit neuen Kraͤften
Von Gott zum Grab, und ohne Furcht
vorm Tod.
Vom Grab zu ſeinen Tagsgeſchaͤften!
Er iſts, der ſeliger und edler lebt,
Als der, der träge Wolluſt Himmel
Nennt, meiner nicht bedarf; ſich ſelbſt
begraͤbt,
Im Laſterrauſch und Weltgetuͤmmel.-
Ihr Todten all, die ihr hier zm mich
cht,
[.
Theils ſchon bemooſt, theils friſch behügelt,
Ihr ſchaut nicht mehr, wie alles, was
Gott thut,
In ſanftem Licht die Liebe ſpiegelt.
Ich ſchaus es noch, und grabe raſch;
wohl mir:
Doch werd ich neben dieſen Linden,
Wenn ich genug gegraben hab, wie ihr,
Mein unterird'ſches Wohnhaus finden.
Mag ſeyn! Kein Todtengraͤber ſcheut
das Grab,
Worüber er ſo oft gewandelt.
Die Reihe treff auch mich; es fall meln
Stab,
Hab' ich doch rein und gut gehandelt.
Der Todtenacker iſt mein Arbeitsfeld,
Ich ſtreu zur Linken und zur Rechten,
Die Saaten der zukuͤnftigen Menſchenwele.
Allhier in heilgen Mitternaͤchten;
und harre froh auf Erndt und
Erndte=
lied,
und glaub an ſchoͤpfriſches Erbarmen.
ſo werden mich, wenn
Gott weckt
dies geſchieht,
Die, die ich bier begrub, umarmen.
Dann mach ich keine Graͤber mehr!
Dann blickt,
Wie jezt, in eine Welt von Sorgen,
Befreit, die warme Frühlingsſonn und
ſchmückt
Mit Majeſtaͤt den Schöpfermorgen!