Darmstädter Tagblatt 1780


17. Januar 1780

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Anno 1780.

den 17. Jan.

Num. 2.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnädigſten
Darmſtaͤdti=
Anzeigungo.
zu finden in der
Hof=u. Regierungs=

Heſſiſchem
Privilegio.
ſches Frag=und
b1GE1geI;
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.

Victualien= und Marktpreis.


Ein E Ochſenfleiſch
Rindfleiſch
= Kalkfleiſch
1 = Hammelfleiſch
1 Schaffleiſch
= Schweinenfleiſch =
Schinken u. Doͤrrfl.
9
= Speck=
1 Nierenfett =
= Hammelsfett=
= Schweinenſchmalz
Ein Kalbsgekroͤß = 8 a
Ein Kalbsgeluͤng= 12
Ein Hammelsgeluͤng=
1E Ochſengelung =
Suͤlzen
= Bratwuͤrſt
1 Leber=u. Blutwuͤrſt
Eine geſ. oder ger. Ochſenzung
Ein Kalbskopf 8. 10 a 12
Ein Hammelskopf =
Ein Kalbsfus

Ein Malter Korn = 2 1 45
Ein Malter Gerſten =2 5
Ein Malter Waizen 3 55
Ein Malter Spelzen =. 1 28
Ein Malter Hafer
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl.
Fuͤrſel. Heſſiſche Po

kr.
6
5
5
5
4
5
12
14
12
9
12
10
2
10
6
28
2

41

fl. kr.
30
44

Ein Kumpf Hafermehl =
1 Kumpf geſchaͤlter Hirſen =
1 Kumpf grob geſchaͤlter Gerſts
1 Kumpf kleingeſchaͤlterGerſten
1 Kumpf Erbſen =
1 Kumpf Linſen =

1 Maas Merz= oder Lagerbier
im Hauſe=
= uͤber die Straſe;
1 Maas Jungbier im Haus=
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe
4 6
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch
1 Pfund friſche Butter = 13 a
1 Pfund Handkaͤs der beſten
Die ubrige Handkaͤſe 5a6 Stuͤck
Eyer 4a 5 Stuͤck vor =
Ein aufgeſetzter KumpfKartoffeln
Brodtaxe und Gewicht.
Pf.) L.
Vor 2kr. Brod ſoll wiegs 1 19
Vor4kr. dito
3 16
Vorskr. dito
425
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod = 13
Vor 2 kr. dito
26
Vor1 kr. Waſſerweck =- 12
Vor 1 kr. Milchweck
5
Vor 1kr. Milchbrod
18

kr=
24
33
32
64
16
16

3
24
5
14
4
4

L=

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤglich ſind.

I. Herrſchaftl. Policeypublicandum.

Darmſtadt. Nachdeme bishero mißfaͤllig wahrzunehmen geweſen, daß denen
roͤfterten Befehlen zuwider bey Glatteiß doch nicht geſtreuet worden; Als wird jedem
Innhaber und reſpective Haupt=Beſitzer eines Hauſes hiermit nochtals und zwar bey
ohunachlaͤßiger Strafe von 5. Gulden anbefohlen, jedesmal, wenn es einigermaſen glatt
ſt, ſogleich ohnerrinnert vor den Haͤuſern auf den Fus=Wegen ſtreuen zu laſſen. Sign.
Darmſtadt den 6. Jan. 1780.
Fuͤrſtl Heſſiſche Policerdeputation daſelbſt.

11. Sachen, ſo zu verkaufen.
Darmſtadt. Bey der Frau Lenzin im Freyherrlich von Pretlackiſchen Hauſe ſind
gute gedoͤrrte franzoͤſiſche Pflaumen, das Pfund fuͤr 24 kr. zu bekommen.
Arnold Moͤſer iſt willens, ſeinen im Bangert an der Heuwaag liegenden Garten, ei=
nen
Morgen und ein halb Viertheil haltend, wobey 3. Ruthen Bauplatz iſt, nebſt 4. Morgen
Wieſen, ſo an den Garten ſtoßen, aus freyer Hand zu verkaufen.
In allhieſiger Buchdruckerey im Lottohauſe iſt in Commißion zu haben:

Frankfurter Muſenalmanach auf das Jahr 1780. fuͤr 36. kr. 2) Seilers Reli=
zlon
der Unmuͤndigen fuͤr 24. kr. 3) Eſtors gruͤndlicher Beweis von dem Unterſchied

zwiſchen dem Adel fuͤr 45. kr. 4) Vademecum fuͤr Dichterfreunde, 1. Th. für g0 u. 50kr.
GRlGlUEs Nassoicx, oder Entwurf einer Genealogiſchen Geſchichte des Ottoniſchen
Aſtes des Saliſchen Geſchlechts und des aus demſelben entſprungenen Naſſauiſchen Hau=

ſes bis auf die in dem letzten vorgegangenen Theilung vom Jahr 1255. von Johann Maͤr=
tin
Kremer, Geheimen= und Geſamt=Rath der Für ſtl. Naſſau=Saarbruͤckiſchen Lintezc.

Wiesbaden 1779. 2. Theile, 6. Alphabet ſtark, gr. 4to mit 4. Vignetten und 10. Kupfern.

Der hieſige Schutzjud Joſeph Braunfels macht hiermit bekannt, daß bey ihm aͤchte
Berliner Flanelle von Friedrichsdorf Ehlen= und Stuckweiß zu. verkaufen ſind, und

zwar Ehlenweiß die Frankfurter Ehle zu 18 kr., Stuͤckweiß aber die Berliner
Eble zu 19 kr. und 2 Pf.
III. Capitalia,
ſo zu verlehnen.
Es liegen 900 fl. gegen ſichere gerichtliche Hypotheck zum Verlehnen bereit, und
iſt deshalben in der Buchdruckerey im Lottohauſe naͤhere Nachricht zu erhalten.
IV. Sachen, ſo zu verpachten.

Darmſtadt. Nachdeme der bisherige Beſtand des Herrſchaftl. Bleichplatzes an
dem hieſigen groſen Woog mit dieſem Jahre zu Ende gehet, und dann zu fernerer Ver=
leyhung
auf 3. Jahre hoͤhern Orts gnaͤdigſt verordnet, ſofort zu deſſen offentlichen Ver=
ſteigerung
in dem Teichhaus dahier Terminus auf Mittwoch den 19. Januartus 1780.
Morgens um 9. Uhr anberaumet worden: Uls wird ſolches zu dem Ende hiermit offent=
lich
bekannt gemacht, damit die Liebhaber ſich alsdann in dem Teichhaus einfinden,
die Conditionen vernehmen und mitbieten moͤgen. Darmſtadt den 28. December 1779.
L. W. Reuling, Fürſtl. Teichmeiſter.

Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 8 bis den 15. Jan. 1780.
err von Bartig, geweſener Kayſerl. Cavikain.
ri Poppel, Spizenhaͤndler aus Braband, log. in der Cron.
err Epſſete, Kaufmann aus Dirrwangen, log. im Schwan.

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Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr Vogler, geiſtlicher Rath von Mannheim, den 9. Jan.
Herr von Münſter, Churpfaͤlziſcher Geheimerath, den 10. Jan.
Herr von Malditz, Capitain in Uſingiſchen Dienſten, eod.
Herr Graf Stadion. von Speyer,
Herr Metzler, Kaufmann von Frankfurk, den 14. Jan.
Herr Chiangulo, Comoͤdiant aus Leipzig, eod.
Herr von Bock, Churpfaͤlziſcher Lieutenant, eod.
Gebohrne, Getaufte, Copul. und Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrne und Getaufte.
Den 9. Jan., dem Beyſaß allhier, Conrad Weber, ein Toͤchterlein.
Den 13. dem General=Inſpector bey allhieſigem Lotto, Herrn Johann Philipg
Becker, ein Soͤhnlein.
= dem Burger u. Schuhmachermeiſter, Joh. Wlh. Heß, Zwillinge, beyde Toͤchterl.
Copulirte
Den 11. Jan., Joh. Phil. Nick, Herrſchaftl. Vorreiter allhier, ein Wittwer, und Anna
Catharina, des Herrſchaftlichen Falterknechts auf dem Meſcheler Forſt=
Henrich Brunners, eheliche Tochter.
Geſtorvene und Beerdigte.
Den 13. Jan., dem Burger und Schreinermeiſter, Johann Valentin Wenzel, ein Toͤch=
terlein
, 1. Jahr und 11. Monath alt.
Den 14. des Burgers und Saͤcklermeiſters, Johann Balthaſar Wannemachers,
Ehefrau, 72. Jahre alt.
Geſtorben und beerdigt bey der evang. reform. Gemeinde.
Den 9. Jan., dem Fuͤrſtl. Oberappellationsgerichtsrath, Herrn Job. Friedr. Albreckt
Conſtantin Neurath, ein Toͤchterlein, 11. Monathe und 20. Tage alt.
Der wohlthaͤtige Juͤngling.
(Aus dem Miederſächſiſchen Wochenblatt fuͤr Kinder.1
Ein junger Menſch, der zu Harcourt in England auf die Schule gieng, kraf einſt, uas
er ſpatzieren gteng, einen armen Menſchen an, der ganz mit kumpen bedeckt war.
Es war ein alter Bedienter, der ihm vormals bey ſeinen Eltern aufgewartet hatte:
aber Duͤrftigkeit und Elend hatten ihn faſt ganz unkenntlich gemacht. Als er ihn endlich
mit genauer Noth erkannte, gieng er mit der freundſchaftlichſten Bekuͤmmerniß und dem
zaͤrtlichſten Mitleiden auf ihn zu. Er fragte ihn um die Urſach ſeines Ungluͤcks, und
als er fand, daß weder Laſter noch Faulheit Schuld daran war, ſo beſtelle' er ihn an
einen gewiſſen geheimen Ort, wo er ihn am folgenden Morgen antreffen koͤnnte. As
er dahin kam, ſo gab er ihm, fuͤrs erſte; alles Geld was er damals hatte und ſein
ganzes Frühſtuͤck, mit der Bitte, den Nachmittag wieder zu kommen und auch ſein
Veſperbrod abzuholen. Er ſagt' ihm, daß er ſich in ein anſtaͤndiges Haus einmiethen,
und ihm dann ſeine Wirthin bekannt machen ſollte. Er entſchuldigte ſich, daß er ihn
jetzt nicht beſſer unterſtuͤtzen koͤnne, und ermahnte ihn, von der Zeit und ſeiner guten
Auffuͤhrung ruhigere und gluͤcklichere Tage zu erwarten. Der arme Mann gehorchte
ihm in allen Stuͤcken; und der edle Juͤngling bezahlte darauf acht Monate hindurch der
Wirthin die Miethe. Dieſer trug er auf; die Auffuͤhrung des Unglücklichen zu beob=
achten
, und ihm Bericht abzuſtatten; welches ſie auch that, und ihm das beſte Zeugniß
ſeines Wohlverhaltens gab. Er lebte waͤhrend dieſer ganzen Zeit von dem Frühſtück
und dem Veſperbrod ſelnes grosmuͤthigen Wohlthaͤters, und weil das zu ſeinem Unter=
halt
nicht hinreichte, ſo gab ihm dieſer noch alles Geld dazu, was ſeine Eltern ihm zur
Belohnung ſeines Fleißes, zu unſchuldigen Vergnugungen= und kleinen noͤthigen Aus=
gaben
ſchenkten. Indeſſen behielt er doch immer ezwas zurück, um eine kleine Summe
ſt

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zu ſammlen, damit er den ehrlichen Armen auch kleiden koͤnnte. Als er Geld genug
zuſammengehegt hatte, ſo kauft er ihm ein Kleid, welches ihn in den Stand ſetzte,
daß er ſich ohne Schimpf ſehen laſſen und einen neuen Dienſt ſuchen koͤnnte. Unter=
deſſen
gab ſich der Juͤngling alle moͤgliche Mühe, und wandte alle Mittel an ihm
eine Stelle zu verſchaffen, wo er duich Arbeit ſich ein ruhigeres und bequrmeres Leben
verſchaffen koͤnnte; und endlich nach Verlauf von ſechs Monaten glückr' es ihm. Er
bracht' ihn in einem gewiſſen Hauſe als Bedienten an, wo ſeine Mutter Bekanntſchaft
hatte. Als dieſe Mutter einſt bey ihrer Freundin ſpeiſte, ſo erkannte ſie ihren alten
Bedienten. Sie fragr' ihn aus Neubegierde, wie es ihm gegangen ſey, ſeit dem er
nicht mehr bey ihr diente. Er erzahlte ſeine Geſchichte, und beſchloß mit der umſtaͤnd=
lichen
Naͤchricht von der edelmüthigen Wohlthättgkeit ihres Sohns. Bis dahin hatte
der junge Wohlthaͤter keinem Menſchen ein Wort davon geſagt, und die Sache ſo geheim
gehalten, daß ſelbſt ſein Lehrer nichts davon erfahren hatte. Seine Mutter entdeckte alſo
zuerſt dieſe vortrefliche Handlung. - Glückliche Mutter, die unvermuthet ſolche Nach=
richten
von ihren Kindern erfaͤhrt!

Juͤngſt als ich, da die Sonne wich=
Fruͤh unter Blumen ſpielte,
Und jede Kreatur um mich
Den Reiz des Abends fuͤhlte:
Da ſah ich einen armen Greis,
Voll Gram in ſeinen Zügen,
Sein dünnes Haar wie Silber weiß=
Am Bach im Schlummer liegen.
Schwach ſtützke ſeine duͤrre Hand
Die eingefallnen Wangen=
Halb war vom loͤchrichten Gewand
Sein kranker Leib umfangen.
Und wenig grobes trocknes Brodt,
Vielleicht die letzte Gabe
Die ein mitleidig Herz ihm bot
Lag neben ſeinem Etabe.
Er ſeuſte, rang die Haͤnde ſich=
Erwachte, ſeufzte wieder=
und eine heiße Thraͤne ſchlich,
Von ſeinen Wangen nieder.
Ach, ſprach er=Kind, von Alter ſchwach,
Und ſiech durch innern Kummer,
Sank ich vorhin am kuhlen Bach
Vom Sonnenſtrahl in Schlummer.

Die Wohlthat.

Sieh, meinen Kindern bring ich bier,
Erſleht durch meine Zaͤhren,
Den Biſſen, den ſie ſelbſt von mir
Zum Abendbrod begehren.
Vielleicht iſt dieß, du weißts o Gott!
Ote leizte meiner Sorgen,
Viefleicht zeigt ihnen bleich und todt
Mich ſchon der naͤchſte Morgen!"
Ich ſitand, und ſah ſein leidend Herz
In jeden Blick gepraͤget,
Und word durch ſelner Seele Schmerz
Zu gleichen Schmerz beweget.
Ich ſeufze, ſann, und ungezaͤhlt
Ergriff ich, voll Erbarmen,
Mein ganzes kleines Taſchengeld,
Und gabs dem frommen Armen.
Wie froh ward, da er mich verließ,
Wie dankbar ſeine Miene.
und ſchon ſein ſtummer Dank bewies,
Wie ſehr er es verdiene.
Die Wolluſt, Armen beyzuſtehn,
Hatt' ich noch nie empfunden,
und noch kein Abend wer ſo ſchoͤn=
Als dieſer mir verſchwunden.

Der Vater und das Kind.

Der Vater.
Sieh dort, mein Sohn, den armen Greis:
Lahm iſt ſein Fus, ſein Haupt ſchneeweiß.
Sittſam ſchleicht er an ſeinem Staabe
Vorbey, und fleht um keine Gabe.
Doch ſcheint er mir in großer Noth.
Und weinet ſtill vielleicht um Brod.

Das Kind.
Ja, thränenvoll ſchien mir ſein Bllck.
Mein Vater, ich rufs ihn zuruck,
und will, ihm Huͤlfe zu gewaͤhren.
Mein ganz Vermoͤgen gern entbehren.
Komm Greis! Mein Wochengeld ſoll dein.
Welch Gluͤck, Betruͤbte zu erfreun!