Darmstädter Tagblatt 1779


01. März 1779

[  ][ ]

1. Maͤrz.
den
Anno 1779.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnädigſten
Darmſtaͤdti=
Anzeigungs
zu finden in der
Hof=u. Regierungs=

Marktpreis.
Victualien= und

ein E Ochſenfleiſch =
6
= Rindfleiſch
Kalbfleiſch
= Hammelfleiſch =
Schaffleiſch =
Schweinenfleiſch=
Schinken u. Doͤrrfl.
= Speck =
Nierenfett.
= Hammelsfett=
= Schweinenſchmalz.
Ein Kalbsgekroͤß =
Ein Kalbsgeluͤng =
Ein Hammelsgelung=
1E Ochſengeluͤng =
1 Suͤlzen =
= Bratwurſt =
1 Leber=u. Blutwuͤrſt
Eine geſ. oder ger. Ochſenzune
Ein Kalbskopf 8. 10 a
Ein Hammelskopf

Ein Kalbofus =
Ein Malter Korn =
Ein Malter Gerſten =
Ein Malter Waizen.
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer
Ein=Malter Rockenmehl;
Ein Malter Weismehl

kr.
6
5
5.
6
4
6
12
15
13
10
13
6.
12
5
3
2
10
6
28
12
1
fl.
4
4
5
2
2
5

Pf.
2

kr.
50
20

16

Fuͤrſrl. Heſſiſche Po

Ein Kumpf Hafermehl
1 Kunzpf geſchaͤlter Hirſen
1 Kumpf grob geſchaͤlter Gerſte
1 Kumpf kleingeſchaͤlterGerſten.
1 Kumpf Erbſen =
1 Kumpf Linſen
1. Maas Merz=oder Lagerbier
im Hauſe=
uͤber
die Straſe=
1 Maas Jungbier im Haus
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe =
1 Maas Kuh=oder Geiſemilch5
1 Pfund friſche Butter = 14
1 Pfund Handkaͤs der beſten
Die ubrige Handkaͤſe 5a6 Stuͤck
Eyer 5 Stuck vor
Ein aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln
Brodtaxe und Gewicht.
Pf. L.
Vor2kr. Brod ſoll wiege1 1
Vor 4kr. dito= 2 2
Vor6kr. dito.
3 3
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod - 10
Vor 2kr. dito =
19
Vor 1 kr. Waſſerweck 9
Vor 1 kr. Milchweck
6
Vor 1kr. Milchbrod
6

Heſſiſchem
Privilegio.
ſches Frag=und
v1attgeN,
Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.

B.

[ ][  ][ ]

Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤtglich ſind.

I. Sachen, ſo zu verkaufen.

Darmſtadt. Nachdeme des entwichenen Burger und Specereyhaͤndler Peter
Walloths in der Langengaſſe zwiſchen dem Metzgermeiſter Eberts und Nagelſchmidt Sauer
gelegenes Wohnhaus, dringender Schulden halber, naͤchſtkommenden Battag auf allhieſi=
gem
Rathhauſe oͤffentlich aufgeſteckt und dem Meiſtbietenden uͤberlaſſen werden ſoll;
Als wird ſolches zu dem Ende hiermit bekannt gemacht, damit die Luſttragende ſich als=
dann
einfinden und mitbjeten moͤgen. Darmſtadt, den 5. Febr. 1779.
Fuͤrſtl. Beßiſches Oberamt daſelbſt.
Machdeme des Burger und Metzgermeiſter Georg Friedrich Büchlers allhier in der
Ochſengaſſe zwiſchen dem Mehlhaͤndler Kern und Schneidermeiſter Daut gelegenes Wohn=
haus
und Stallung, ſodann deſſen am Buſenberg zwiſchen Ihro des Herrn Geheimen=
rath
von Heß Excellenz und Frau Nungeſſerin gelegener Wingert, dringender Schulden
halber, naͤchſtkommenden Baͤttag auf allhieſigem Rathhauſe oͤffentlich aufgeſteckt und
dem Meiſtbietenden uͤberlaſſen werden ſollen; Als wird ſolches zu dem Ende hiermit be=
kannt
gemachk, damit die Luſttragende ſich alsdann einfinden und mitbieten moͤgen.
Fuͤrſtl. Zeſſiſches Oberame daſelbſt.
Darmſtadt, den 5. Febr. 1779.

Nachdeme von Fürſtl. Armendeputation verordnet worden, daß ich dasjenige Korn
und diejenige Gerſte, welche ſich auf 100 Malter zuſammen belaufen doͤrfen, und vor die
hieſige Armen gehoͤren, oͤffentlich an den Meiſtbietenden gegen baare Bezahlung verkau=
fen
ſolle, und dann hierzu von mir Terminus auf kuͤnftigen Mittwoch den 17. Maͤrz
dieſes Jahrs fruͤhe um 9. Uhr hierdurch anberaumt wird: ſo wird deßwegen gehoͤrig
bekannt gemacht, damit alsdann die Liebhabere dazu zur beſttmmten Zeit bey mir er=
ſcheinen
, die Fruͤchte beſehen und mitbieten koͤnnen. Darmſtadt den 24. Febr. 1779.
Ex Commiſſione.
W. Becker, Fuͤrſtl. Cammerſecretarius und Collector daſelbſt.

Bey dem Eiſenhaͤndler Louis Netz hinter dem Rathhaus wohnhaft, iſt abermal guter
Kleeſaamen das Pfund a12 kr., ſo wie auch alle Sorten Eiſenwaare in billigen Preiſen
zu haben.
Nierſtein. Denen reſp. Fruchtliebhabern wird hierdurch bekannt gemacht, daß

auf den 4. kuͤnftigen Monaths Martii die bey allhieſiger Recepkur vorraͤthige Früchten
zu 1 und ein Achtel Malter Weizen, 159. Malter Korn, 169. Malter Gerſt, und 165.
Malter Spelz mittelſt ausgeſtellten Pcobmaltern in der goldenen Kann zu Oppenheim
Morgens um 10. Uhr ſalva ratificatione Parthienweiß an die Meiſtbietenden erlaſſen wer=
den
ſollen. Signatum Nierſtein den 24. Febr. 1779.
Utſeh.
II. Sachen, ſo zu vermiethen.
In der neuen Vorſtadt nahe am Trauben iſt ein Logis zu verlehnen, beſtehend in einer
Stube und Kammer, nebſt Kuͤche und 1. Kammer auf dem Vorplatz, wie auch Keller und
Holzbehaͤltniß; naͤhere Nachricht hiervon giest man in der Buchdruckerey im Lottohauſe.
III. Zahlenlotterie Anzeigen.
Darmſtadt, den 23. Febr. 1779.
Anheute wurde die 56ſte Zehung dahieſiger Lotterte mit den gewoͤhnlichen Formali=
kaͤten
vorgenommen, und ſind nachſtehende Nummern, als:
6.
64.
79.
58.
59.
aus dem Glücksrade gehoben worden. Die 57ſte Ziehung geſchiehet Dienſtags den 16ten
Maͤrz 1779. und die folgenden von drey zu drey Wochen.
Von Generaladminiſtrationswegen.

[ ][  ][ ]

IV. Vermiſchte Nachrichten.
Darmſtadt. Ich Endes Unterſchriebene benachrichtige ein geehrtes Publleum, daß,
da ich einen rechtſchaffenen Klein=Uhrmacher=Geſellen beſchrieben habe, und die Uhrma=
cherey
fortzufuͤhren, willens bin, ſich jedermann die prompteſte Bedienung mit aller
Accurateſſe bey mir verſprechen kann.
MariaZentnerin.
In allhieſiger Buchdruckerey im Lottohauſe iſt an ungeb. Büchern zu haben: 1) Cha=
kespear'
6 5t. u. 6ter Theil, jeden fuͤr 26 kr. 2) Pope's 6ter Th. fuͤr 26 kr. 3) Kinderfreund,

fuͤr 4kr.

Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 20. bis den 27. Febr. 1779.

Herr Fiſcher, Licentiat von Maynz, log. im Gaſthauſe zum Trauben.
Herr Nebel, Doctor von Worms, log. im Engel.
Herr Bayer, Handelsmann von Nuͤrnberg.
Herr Leo, Handelsmann von Leipzig, log. in dem Adler.
Herr Kasbach, Kaufmann aus Maynz.
Herr Scheberick, Handelsmann aus Deberezin in Ungarn, log. im froͤhlichen Mann.
Herr Staudinger, Renthmeiſter von Voͤhl in der Herrſchaft Itter, log. im Ochſen.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr von Cornigie, Cavalier aus Engelland, den 20 Febr.
Herr von Guͤnderoth, Cammerherr von Baaden, den 23 Febr.
Herr von Malditz, Capitain, und
Herr von Oreis, Lieutenant von Bieberich, eod.
Herr von Dieden, Koͤniglichdaͤntſcher Geſandter, eod.
Herr De la Motte, Herzoglichzweybrückiſcher Rath, den 24 Febr.
Herr Franz, Concertmeiſter von Mannheim, eod.
Herr Weidig, Forſtmeiſter von Langenhain, den 25 Febr.
Herr Kramer, Marſchcommiſſarius von Wallau, eod.
Herr von Keuſe, Capitatn von der Hannoͤveriſchen Garde, den 27 Febr.
Herr Donauer, Conſulent von Speyer, eod.
Gebohrne, Getaufte, und Verſtorbene in voriger Woche.
Gebohrne und Getaufte.
Den 21. Febr., dem Herrſchaftl. Baumuͤller, Georg Adam Amend, ein Soͤhnlein.
Den 26. dem Fuͤrſtl. Fiſcal und Regierungsadvocat, Herrn Georg Wilhelm Ernſt
Hertel, ein Toͤchterlein.
Eod. dem Burger und Glaſermeiſter, Johann Philipp Allmann, ein Toͤchterlein.
Geſtorbene und Beerdigte.
Den 21. Febr., der Fuͤrſtl. Hoflaquay, Johannes Roͤmer, 48. Jahre und 24. Tage alt.
Den 22. Anna Eliſabetha, des Burgers und Ackermanns, Johann Melchior Em=
mels
, Ehefrau, 29. Jahre, 4. Monathe und 10. Tage alt.
Den 23. dem Burger und Kuͤrſchnermeiſter, Conrad Bießinger, ein Toͤchterlein,
3. Jahre alt.
Den 26.
= dem Fuͤrſtl. Hoflaquay, Wilhelm Hoppe, ein Soͤhnlein, 2. Jahre und
9. Tage alt.
Den 27.
= Anna Catharina Kirſchnerin, gebuͤrtig von Gundernhauſen, 42. Jahre
alt.

[ ][  ]

Zaͤrtlichkeit und Edelmuth eines Vaters und Sohns.

1Aus dem Niederſächſiſchen Wochenblatt fuͤr Kinder.)
Bey einer gewiſſen Belagerung wurde der Engliſche Hauptmann Speeke nebſt ſeinem
Sohn von 16. Jahren zu gleicher Zeit durch einen Schuß an den Beinen verwundet.
Der Hauptmann, deſſen Bein nur noch an der Haut hieng, ſagte zum Admiral: Ach!
mein Herr, welch ein grauſamer Schuß, der den Vater und den Sohn zu gleicher
Zeit niederwirft; Betrübniß verkanderte den Admiral zu antworten: er begnuͤgte
ſich damit zu befehlen, daß man auf der Stelle die beyden Verwundeten zum Chirurgus.
bringen ſollte, der Vater kam zuerſt an; er beſchrieb ſogleich, mit Thraͤnen in den Au=
gen
, dem Chirurgus die Wunde ſeines Sohns, und redte noch, als man auch den
jungen Menſchen herein brachte, welcher bitterlich weite, nicht über ſine eigene, ſon=
dern
über die Wunde ſeines Vaters. Der Chirurgus verſicherte ihn, daß ſie gar keine
gefaͤhrliche Folgen haben wurde; nun hoͤrten ſeine Lhraͤnen auf, und er ſchien wieder
ruhig zu werden; aber er wollte durchaus nicht, daß man eher im geringſten für ihn
ſorgen ſollte, als bis erſt ſein Vater verbunden ſey. Darauf zeigte er dem Chirurgus.
einen andern Verwundeten, und ſagte zu ihm; Mein lieber Freund, ſorgen ſie doch=
auch erſt, ich beſchwoͤre ſie, fuͤr dieſen Ungluͤcklichen da, ehe ſie an mich denken." Er.
antwortete ihm, er habe ſchon den erſten Verband an ſeine Wunde gelegt, mit der
Bitte, ihm nun auch die ſeinige unterſuchen zu laſſin; er willigte darein, und ſagte mit
der gelaſſenſten Miene; Ich glaube, ſie werden mir das Bein uber dem Knie abneh=
men
müſſen. Ja, mein Herr, antwortete ihm der Chirurgus. Er faltete darauf.
die Haͤnde, hob die Augengen Himmel, und rief: Groſer Gott, gieb daß ich ſtark
genug ſey, dem Beyſpiel der Standhaftigkeit, das mein Vater mir gegeben hat,
nachahmen zu koͤnnen!" Darauf ſagt' er er ſey bereit, ſich das Bein abnehmen zu
laſſen. Der Chiruraus verrichtete dieſe grauſame Operation uͤber dem Knie, ohne daß
dem jungen tapfern Ofſicier ein einziges Wort entfuhr. Man ſtelle ſich vor, wenn man
kann, was der Vater in dieſem Augenblicke leiden mußte: er bezeugte ſeine Betruͤbniß
nur durch Thraͤnen, und der Chirurgus ſelbſt konnte ſie nicht anders ausdruͤcken. Die
beyden Verwundeten wurden darauf in eine Stadt gebracht, wo der Vater bey ſeinem=
Schwager ins Haus gelegt wurde, der Sohn aber bey dem Chirurgus im Hoſpital
bieiben mußte. Wahrend der erſten Woche gab der Chirurgus allen beyden gute Hoff=; aber der Zuſtand des Sohns verſchlimmerte ſich bald; ſeine Wunde ward ſehr
gefaͤhrlich. Der Vater merkte dieſes an der traurigen Miene des Chirurgus; aber um
ſeine Verlegenheit und ſeinen Schmerz nicht zu vermehren, fragt' er ihn nur ſelten nach
dem Befinden ſeines Sohns, und die Antwort ſeiner Augen war ihm genug. Mein.
Freund, ſagt' er einſt zu ihm, wie lange glauben Sie, daß das Schickſal dieſes un=
gluͤcklichen Juͤnglings noch unentſchieden bleiben wird Lu Der Chirurgus autwortete
ihm, wenn er den 15ten Tag nach der Operation noch lebte, ſo wuͤrd' er groſſe Hoff=
nung
haben; aber er ſtarb'ſchon am 13ten; und den zweyten Tag darauf fragte der
Vater den Chirurgus, indem er ihm ſcharf ins Geſicht ſah: Nun, mein Freund,
wie gehts meinem Sohn ?" Das traurige Geſicht und das Stillſchweigen des Chi=
rurgus
benachrichtigten ihn von der ſchrecklichen Begebenheit, die er befurchtete: er
druͤckte ihm die Hund, weinte bitterlich, und bat ihn, ihn eine halbe Stunde allein zu
laſſen. Als er wieder zuruͤck kam, fand er ihn viel ruhiger und heiterer. Der ungluͤck=
liche
Jungling war den Abend vor ſeinem Tode auſſer Verſtande geweſen, aber zwey
Stunden vor Mitternacht ſchickt er ihm folgendes Billet zu: Ein ſterbender Sohn,
beſchwoͤret Sie, ihn aus der ſchrecklichen Ungewißheit, worinn er ſich wegen des Schick=
ſals
ſeines geliebten Vaters befindet, zu befreyen. Der Chirurgus lief gleich zu ihm.
bin. Iſt er geſtorben L ſagt er, ſo bald er ihn gewahr wurde. Wer, mein Herr L-
Mein Vater, mein zaͤrtlicher Vater.
Rein. mein Herr, er iſt vielmehr auſſer
aller Gefahr. - Gott ſey gelobt! nun werd' ich zufrieden ſterben.: Er war ſo
ſchwach, daß er kaum noch diete letzten Worte ausſprechen konnte. Er entſchuldigte
ſich, daß er ihn in der Nacht noch beunruhiget hatte, und ſtarb vor Anbruch des Tages.
Wer kann dieſes. leſen, ohne Thraͤnen der Zaͤrtlichkeit und Bewunderung einem
Juͤnglinge zu weihen, der in dem ſchrecklichſten Zuſtande das Herz eines Sohns, und die
Seele eines Helden zeigte!