Darmstädter Tagblatt 1778


16. November 1778

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Anno 1778.
den 16. Nov.
Num. 46.

Mit Hochfuͤrſtl.
gnaͤdigſten
Darmſtaͤdti=
1lzElGIII40
zu finden in der
Hof=u. Regierungs=

Heſſiſchem
Privilegio.
ſches Frag=und
V10T19EN,

Victualien= und Marktpreis.

Hochfuͤrſtlichen
buchdruckerey.

Ein 16 Ochſenfleiſch =
1 = Rindfleiſch =
1 Kalbfleiſch
1 = Hammelfleiſch =
6
1 Schaffleiſch
1 Schweinenfleiſch=
1 = Schinken u. Doͤrrfl.112
Speck=
=
1 = Nierenfett
1 = Hammelsfett=
1 Schweinenſchmalz
Ein Kalbsgekroͤß=
Ein Kalbsgeluͤng =
Ein Hammelsgeluͤng=
1E Ochſengeluͤng =
1 = Suͤlzen =
1 Bratwuͤrſt =
1 Leber=u. Blutwuͤrſt,6

Ein Kalbskopf 8. 10 6
Ein Hammelskopf =
Ein Kalbsfus=
Ein Malter Korn =
Ein Malter Gerſten =
Ein Malter Waizen=
Ein Malter Spelzen=
Ein Malter Hafer
Ein Malter Rockenmehl=
Ein Malter Weismehl =16

kr. Pf 6 5 8 75 2 4 2 6 2 11 13 10 13 6 12 5 3 2 10 28 12 5 1 fl. kr. 4 50 4 2 2 8

Ein Kumpf Hafermehl =
1 Kumpf geſchaͤlter Hirſen =
1 Kumpf grob geſchaͤlter Gerſte
1 Kumpf kleingeſchaͤlterGerſten
1 Kumpf Erbſen =
1 Kumpf Linſen =

1 Maas Merz= oder Lagerbier
m Hauſe=
6 uͤber die Straſe;
1 Maas Jungbier im Haus
und uͤber die Straſe=
1 Maas Bierhefe

1 Maas Kuh=oder Geiſemilch/
1 Pfund friſche Butter = 14
1 Pfund Handkaͤs der beſten
Die ubrige Handkaͤſe 5a6 Stuͤck
Eyer 5 Stuͤck vor
Ein aufgeſetzter Kumpf Kartoffeln:
Brodtaxe und Gewicht.
Pf., L.
Vor 2kr. Brod ſollwiege1 1
Vor4kr. dito = 2 2
Vorskr. dito
33
Vor1kr. Kuͤmelbrod oder
Gemiſchtesbrod =
11
Vor 2 kr. dito
=
23
Vor1 kr. Waſſerweck
10
Vor1kr. Milchweck
-
Vor1kr. Milchbrod =
7

Fuͤrſtl. Heſſiſehe Polizey deputation dahier

kr.
24
40
40
64
24
24
4
4
3
3
24
6
15
6
4
4
8

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Bekanntmachung von allerhand Sachen,
ſo dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤtglich ſind.

Sachen, ſo zu verkaufen.
Darmſtadt. Nachdem zur Auseinanderſetzung der Muͤllermeiſter Bernhardiſchen
zu Gundernhauſen und Seilermeiſter Wegebaueriſchen Kindern allhier nochmals noͤthig
befunden worden, daß das beſagten beyderſeitigen Kindern von ihrer Baaſe der verſtor=
benen
Becker Knoſiſchen zweyten Ehefrauen erblich angefallene gemeinſchaftliche= in
der Hechelgaſſe zwiſchen dem Metzgermeiſter Foͤrſter und Schloſſermeiſter Rieß allhier
gelegene Haus durch oͤffentliche Verſteigerung zu Geld gemacht= und dann den 2ten De=
cember
a. C. auf allhieſigem Rathhauſe abermals oͤffentlich aufgeſteckt und dem Meiſibie=
tenden
uͤberlaſſen werden ſoll; als wird dieſes zu dem Ende hiermit bekannt gemacht,
damit die Luſttragende ſich alsdann einfinden und mitbieten moͤgen. Darmſtadt, den 2.
Nov. 1778.
Fuͤrſtl. Heſſiſches Oberamt daſelbſt.
Nachdem verſchiedene des Burgers und Ackermanns Johann Philipp Buͤttners Er=
ben
allhier zugehoͤrige im Ober=Neder=Heyummer= und Lecherfeld gelegene Aecker und
Wieſen, dringender Schulden halber, den 2. December a. c. nochmals auf allhieſigem
Rathhauſe oͤffentlich aufgeſteckt und dem Meiſtbtetenden uͤberlaſſen werden ſollen; als
wird dieſes zu dem Ende hiermit abermals bekannt gemacht, damit die Luſttragende ſich
alsdann einfinden und mitbieten moͤgen. Darmſtadt, den 2. Nov. 1778.
Fuͤrſtl. Beßiſches Oberamt daſelbſt.
Die Wittib des verſtorbenen Herrſchaftl. Knechts, Johannes Schwarz, iſt geſonnen.
Uhre ſaͤmmtliche Feldguͤter und Wieſen, Mittwochs den 18. November a. c. Nachmittags
um 1. Uhr in dem Gaſthauſe zum Ochſen, an den Meiſtbietenden zu verkaufen.
Zwingenberg. Nachdem auf Hoͤhere gnaͤdigſte Verordnung ein Fuder vier Ohm
1772er Wein, Bergſtraͤßer Gewaͤchs, aus dem Herrſchaftl. Keller dahier an den Meiſt=
bietenden
ſalva tamen Ratificatione verſteigert werden ſollen, und dann zu deſſen Aufſte=
ckung
Terminus auf den 7ten naͤchſtkuͤnftigen Monats December a. c. anberaumet wor=
den
; Als wird ſolches zu dem Ende hiermit bekannt gemacht, damit diejenige, welche
zu dieſem Wein Luſt haben, auf obbemeldten Termin Morgends 10. Uhr in der Kellerey
allhier ſich einfinden, die Proben davon nehmen, und nach Gefallen mitbieten koͤnnen.
Signatum Zwingenberg den 7. November 1778.
Fuͤrſtl. Heßiſche Rentberey daſelbſt.
Koͤniger.
In allhieſiger Buchdruckerey im Lottohauſe iſt an ungebundenen Buͤchern zu haben:
1) Shakespears 3ter Theil fur 26 kr. 2) Fedderſens Leben IEſu für Kinder, 12 kr.
3) Ueber die ſchoͤnen Wiſſenſchaften. Ein Fragment meines Vetters, 1778. für 4 kr.
Campe Stttenbuͤchlein fuͤr Kinder aus geſitteten Staͤnden. Frankf. und Leipzig 79.
fuͤr 15 kr. 5) Kinderfreund, ein Wochenblatt, 2ter Th. fuüͤr 32 kr. 6) Popens 5ter Th.
fuͤr 26 kr.
II. Sachen ſo zu vermiethen.
In einer gelegenen Straße ſtehet ein ſehr bequemes Logis fuͤr eine ledige Perſon, wel=
ches
auf die Straße gehet, zu vermiethen, und kann ſogleich bezogen werden. Naͤhere
Nachricht giebt man in der Buchdruckerey im Lottohauſe.
III. Vermiſchte Nachricht.
Der Fürſtl. Grenadier Erny, wohnhaft in der Bachgaſſe in des Rathsverwandten
Herrn Beckers Behauſung, welcher alle Erfahrenheit im Fleckenausmachen beſitzet, bie=
eet
dew Publico ſeine Dienſte an.

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Angekommene fremde Herrn Paſſagiers.
Vom 7. bis den 14. Nov. 1778.
Herr von Zwirnlein, Geheimerrath von Anhaltbernburg log. im Gaſthauſe um Traubent
Herr Veber, Kaufmann aus Straßburg, log. im Ochſen.
Ab= und durchgereiſte Herrn Paſſagiers.
Herr Volgt, Doctor von Frankfurt, den 7. Nov.-
Herr Blache, Tanzmeiſter aus Berlin, eod.
Herr von Gatling, Jaͤgermeiſter kommt von Carlsruhe, den 8. Nov.
Herr Baron von Edelsheim, Geheimerath von Baaden, eod.
Herr von Duͤnkler, Lieutenant in Bayeriſchen Dienſten, den 11. Nov.
Herr Lobſtein, Inſpector von Butzbach, eod.
Herr von Baumbach, Hochfüͤrſtl. Heſſendarmſtaͤdtiſcher Jägermeiſter von Eichelſachſen,
den 12. Nov.
Herr Kuͤhnlein, Lieutenant von Ihro Hochfürſtl. Durchlaucht zu Heſſen=Darmſtadt
Loͤbl. Leib=Grenadter=Garde=Regiment zu Pirmaſens, eod.
Herr Schweickert, Hofrath von Erbach, eod.
Herr Buſch, Wuͤrtembergiſcher Hofrath, den 13. Nov.
Gebohrne und Getaufte in voriger Woche.
Den 8. Nov., dem Zeugmacher in dem allhießigen Wayſenhauß, Johann Chriſtoph
Roßmann, ein Soͤhnlein.
dem Fuͤrſtl. Hofconditor, Herrn Peter Purgold, ein Soͤhnlein.
Den 13.
Eod. dem Burger und Metzgermeiſter, Johann Jacob Foͤrſter, ein Toͤchterlein.

In allh. Buchdruckerey ſind zu haben ungebundene Buͤcher:
Die augſpurgiſche Konfeſſion
10 kr. Nachricht von dem auerbacher
12 kr.
Waſſer
gebunden
6kr.
Eichhorns Rüſt= und Schatz=
Rambachiſches Geſangbuch
kr.
kammer. 10kr. gebunden 20kr. Neues Tax=Reglement fuͤr die
Weißens ABC=Buch mit ſchwar=
geheime
Canzley.
1kr.
zen Kupfern.
24kr. Gellerts Reden und Abhandlun=
= ohne Kupfer.
16 kr. gen. Carlsruhe 1774.
30kr.

Be=

E.

Sieg der Rechtſchaffenheit uͤber dte Verfuͤhrung zum Boͤſen.
Eine wahre Geſchichte.
(Siche 3tes Stuͤck des Viederſächſiſchen Wochendlatts fuͤr Kinder.)
Ein Kaminfegerjunge reinigte einſt auf einem Schloſſe einen Schornſtein, der
durch einen Kamin auf das Wohnzinmer einer vornehmen Dame fuͤhrte. Es ſiel
ihm ein, weiter herunter zu ſteigen, um das Zimmer zu beſehen. Da er merkte, daß
niemand darinn war, ſo ſtieg er wuͤrklich hinunter. Furchtſam und ganz bezauberk
von Schoͤnheiten, die er noch nie geſehen, warf er ſeine Blicke von einem Gegenſtande
zum andern. Bald ſahier in den ſchoͤnengroßen Spiegel, bald fielen ihm die gemahlten
Tape=

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Tapeten und uͤbrigen Verzierungen in die Augen. Als er ſich hleran ſatt geſehen,
naͤherte er ſich dem Nachttiſche; hier nahm ihn eine goldne mit Diamanten beſetzte
Repetiruhr ſo ſehr ein, daß er ſich nicht enthalten konnte, ſie mit bebender Hand her=
unter
zu nehmen. Ey, ſagt'er zu ſich ſelbſt, wie ſchoͤt wuͤrde dir ein ſolcher Schmuck
ſſehen! ſollſt du ſie mitnehmen ?- Doch du Narr. Du koͤnnteſt ſie ja nicht tra=
gen. Aber du koͤnnteſt ſie ja verkaufen, nimm ſie mit! Mitnehmen? - nein, geh' Uhr! dann koͤnnt' ich ja
ia, dann wuͤrd! ich reich-
keine Nacht ruhig ſchlafen. Ein Dteb ſollt' ich werden ? - Geh' Uhr1 ich
mag dich nicht. Doch, ich koͤnnte ja
- Hier ward er auf einmal in ſeinen
Ueberlegungen geſtoͤrt, weil er jemand kommen hoͤrte. Er machte ſich durch den
Schornſtein wieder fort.
So bald er nach Hauſe kam und wieder allein war, lag ihm gleich wieder die
Du warſt doch ein Narr, Fritze, ſo ſagt' er zu ſich ſelbſt,
ſchoͤne Uhr im Sinne.-
=baß ou die Uhr nicht mitnahmſt Die Dame iſt ſo reich genug; was liegt ihr
eben daran, ob ſie die Uhr hat, oder nicht ? - und du biſt ſo arm, mußt dich ſo
kuͤmmerlich behelfen; durch die Uhr wurdeſt du auf einmal reich, und koͤnnteſt ſo
bequem und vergnuͤgt leben= Ungeachtet aller Gegeneinwuͤrfe, die ſein Gewiſſen
thm machte, uͤberwand doch endlich die reizende Vorſtellung von ſeinem künftigen
Gluͤcke. Er entſchloß ſich, wieder hinzugehen, und die Uhr wegzunehmen.
Den andern Abend ſchlich er ſich alſo ins Haus, ſtieg durch den Schornſtein in den
Kamin, und wartete ſo lange, bis die Dame, die im naͤchſten Zimmer ſchlief, ſeiner
Meynung nach eingeſchlafen war. Sachte und mit ungewiſſen Schritten naht' er ſich
Nun wirſt du gluͤcklich werden:
dem Nachttiſche Er nahm die Uhr.
aber
was mag wohl dort in der Schachtel ſeyn L Er erofnete ſie, und die koſtbarſten
in Gold gefaßten Diamanten verblendeten ſein begieriges Auge -
Was thuſt du ?
fragt er ſich - Ich nehm' es, und mache mich dann fort, und lebe wie ein
Dann ſagt niemand mehr: Da geht Fritz, der Schornſteinfegerjunge;
Koͤnig!
dann heiß' ich Monſieur, oder wohl gar Junker.-
Ich kaufe mir ſchoͤne Kleider,
eſſe alle Tage Geſottenes und Gebratenes, und jeder zieht den Hut vor mir ab.
Aber willſt du ein Dieb werden? Man wied dich ja nicht ausforſchen-
aber

Gott weiß es doch nimm es nicht - immer wirſt du in dir ſelbſt ſagen: Du
haſt geſtohlen, Fritz, du biſt ein Boͤſewicht, Gott liebt dich nicht Aber du ſtiehlſt
oja dann nicht wieder Wer einmal ſtiehlt, iſt immer ein Dieb Die Uhr iſt ſo
ſchoͤn, und die Steine - Fritz, ſey kein Narrl Ein Dieb 1 ein boͤſer Bube!
Nein, ich nehm's nicht ich bleibe ein armer Junge,
ein Gottesvergeſſener!
thue was ich ſoll; dann ſchmeckt mir Brod und Gemuͤße ſo gut wie Braten, und ich
bin kein Dieb laß dich nicht bethoͤren, und mache dich geſchwind fort! Er
legte alles an ſeinen Platz, ſtieg wieder hinauf, und kam am Morgen gluͤcklich aus dem Hauſe.
Die Dame hatte gewacht, und den Jungen, den ſie an der Sprache kannte, be=
horcht
. Als ſie aufgeſtanden war, ließ ſie ihn zu ſich kommen. Fritz, ſprach ſie,
warum nahmſt du die Uhr nicht ? Zitternd warf er ſich vor ihr auf die Knie,
und bat um Gnade. - Ach, gnaͤdige Frau, vergeben Sie mir! Ich will gewiß nie
wieder die ſchoͤnen Sachen beſehen. Sie hatten mich faſt behert; wie leicht koͤnnt=
ich ein Dieb werden!"
Steh' auf, mein Sohn, ſagte ſie, ich habe deine
Redlichkeit erfahren. Komm morgen wieder; dann will ich dir Kleider geben; du
ſollſt bey mir bleiben und mit meinen Pagen unterrichtet werden; lerneſt du dann
fleißig, ſo will ich ferner fuͤr dich ſorgen. - Freudenthraͤnen rollten dem guten
Fritz die Wangen herab. - Wie gerne moͤcht' ich lernen, ſagt' er, wenn ich Unter=
richt hatte! wie fleißig wollt' ich ſeyn! Wie oft hab' ich gewuͤnſcht, daß mein Vater
nicht arm waͤre, damit ich immer in der Schule ſeyn koͤnnte "
Fritz lernte wuͤrklich von nun an mit vieler Begierde, und uͤbertraf bald ſeine Mit=
ſchuͤler
. Er wurde nachher ein angeſehener Mann, und was noch mehr iſt, er blieb
immer ehrlich, tugendhaft und gottesfürchtig. - So wird oft ein gutes und ehrliches
Verhalten gleich belohnt.

Aoek H. Reek.