Kommentar
Bereits seit Amtsantritt des gesundheitlich und geistig schwächlichen Karls II. in Spanien erwartete man in Europa dessen Tod ohne Erben. Schon 1668 vereinbarte Frankreich deshalb mit Österreich in einem geheimen Vertrag die Aufteilung des spanischen Erbes. Allerdings bemühten sich die Seemächte aus Angst vor einer Gefährdung des europäischen Gleichgewichts, die Bildung einer Weltmacht durch den Fall des spanischen Reichs an Frankreich oder Österreich zu verhindern. Im ersten öffentlichen Teilungsvertrag von 1698 wurde deshalb das spanische Erbe zwischen Philipp von Anjou, Joseph Ferdinand von Bayern und Erzherzog Karl von Österreich geteilt. Als Joseph Ferdinand 1699 starb wurde in einem zweiten Vertrag das spanische Reich erneut aufgeteilt. Allerdings setzte Karl II. in der Hoffnung, die Einheit des spanischen Reiches erhalten zu können, kurz vor seinem Tod Philipp von Anjou als Alleinerben ein. Die Proklamation des Dauphin als spanischen König durch Ludwig XIV. führte zunächst zwischen Österreich und Frankreich zum Krieg um das spanische Erbe. In der Folge ließ die französische Politik allerdings die Seemächte um politischen und wirtschaftlichen Einfluss fürchten, so dass sich eine Große Allianz zwischen den Seemächten, Österreich und den wichtigsten deutschen Fürsten bildete, die gegen ein Bündnis zwischen Frankreich, Spanien und dem Haus Wittelsbach (Portugal wechselte 1702 die Seiten) kämpfte. Der Konflikt konnte erst beigelegt werden, als ein Machtwechsel in Großbritannien die Stimme der Friedensbefürworter stärkte, der Tod Kaiser Josephs von Österreich die Gefahr einer neuen habsburgischen Weltmacht unter dessen Nachfolger Karl VI. heraufbeschwor und Großbritannien sich über den Asiento de Negros Handelsvorteile in Spanisch-Amerika sicherte. In mehreren separaten Verträgen wurde am Friedenskongress zu Utrecht 1713/14 der Frieden wiederhergestellt und die europäischen Besitzungen Spaniens zwischen den österreichischen Habsburgern und den Bourbonen aufgeteilt. Begleitet wurden die Friedensverträge durch Handelsabkommen.
Kontext
1665 Thronbesteigung Karls II. von Spanien; 19.1.1668 Teilungsvertrag des spanischen Erbes zwischen Frankreich und Österreich 1693 Karl II. setzt Joseph Ferdinand von Bayern zu seinem Erben ein 11.10.1698 Erster Teilungsvertrag über das spanische Erbe zwischen Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Provinzen Feb. 1699 Joseph Ferdinand von Bayern stirbt 13./25.3.1700 Zweiter Teilungsvertrag 2.10.1700 Karl II. setzt Philipp von Anjou als Alleinerben ein 1.11.1700 Karl II. stirbt kinderlos Ludwig XIV. proklamiert seinen Enkel Philipp von Anjou zum König von Spanien Feb. 1701 Philipp von Anjou zieht in Madrid ein und wird von Großbritannien, den Vereinigten Provinzen, Savoyen, Portugal und den wichtigsten deutschen Fürsten anerkannt Ludwig XIV. ersetzt die Garnisonen in den Niederlanden durch französische Truppen April 1701 Kriegserklärung Österreichs an Frankreich 18.6.1701 Allianz zwischen Frankreich, Portugal und Spanien; Übergabe des Asiento de Negros an Frankreich 6.9.1701 Der entthronte englische König Jakob II. stirbt; Ludwig XIV. erkennt dessen Sohn als Jakob III. von England an. 7.9.1701 Bildung der Großen Allianz zwischen den Seemächten, Österreich und einigen kleineren Staaten 1702 Kriegserklärung der Großen Allianz an Frankreich März 1702 Tod Wilhelms von Oranien, Königin Anne besteigt den englischen Thron Mai 1702 Eintritt Portugals in die Große Allianz 1703 Die Große Allianz setzt Erzherzog Karl III. von Österreich als spanischen König ein 1713 Abschluss eines Asiento de Negros mit Großbritannien 1713/1714 Friedens- und Handelsverträge von Utrecht