Controversia et Confessio, Bd. 5


Weimarer Konfutationsbuch, deutsch (1559)

A 2r Von Gottes Gnaden Wir,

entbieten fuͤr Vns vnd von wegen der Hochgebornen Fuͤrsten vnd , auch Hertzogen zu Sachssen etc., vnser freundlichen lieben Bruͤder, allen vnd jglichen vnsern
vnd jrer Liebden Prelaten, Grauen, Herrn, auch Doctorn, Magistern vnd Professorn, jrer Liebden vnd vnser Vniuersitet zu Jhene,Jena. desgleichen den Superintendenten, Pfarherrn, Predigern, Haubt­ vnd Amtleuten, denen von der Ritterschaft, Schoͤssern,Steuereinnehmern, Rentmeistern. Vgl. , 1600f. Schultessen,Schultheißen. Örtliche Vertreter des Landesherrn mit vorwiegend richterlicher und exekutiver Gewalt. Vgl. , 1984. Kastnern,eigtl. Verwalter des Kornkastens, im weiteren Sinne Verwalter der Einkünfte (und Ausgaben) eines Amtsbezirks. Vgl. , 272f. Gleitsleuten,Vertretern der Zollbehörde. Vgl. , 3002; , 2994–2996. Burgermeistern,Anführer der Bürgerschaft. – Vgl. , 85f. Richtern, Rethen der Stedte, Schulmeistern, Gemeinden vnd sonst vnsern
vnd jrer Liebden Vnterthanen vnd Verwantendurch Pflichten verbundenen Personen. Vgl. , 2121f. Vnsern Grus, Gnade vnd alles guts zuuor.

Ehrwirdige, Edle, Wolgeborne vnd Vehste,Teil der Anrede insbesondere für niederen Adel. Vgl. , 17. Vest könnte wohl mit standhaft, verlässlich wiedergegeben werden. lieben Andechtige,Teil der Anredeformeln. Andächtig bedeutet in diesem Zusammenhang wohl so viel wie aufmerksam/folgsam gegenüber Weisungen des Fürsten bzw. der Obrigkeit. Rethe vnd Getrewen, Euch vnd A 2v dem gantzen Deudschenlande ist wol bewusst, wie der ewige allmechtige Gott aus lauter Barmhertzigkeit, gnade vnd guͤte
sein heiliges, ewiges, vnuergengliches vnd allein seligmachendes Wort vnd Euangelium in diesen letzten, gefehrlichen vnd soͤrglichenSorge erregenden, bedenklichen, bedrohlichen, gefahrvollen. Vgl. , 1801. zeiten verschienervergangener. Vgl. , 1065f. Jar durch seinen Werckzeug, den Ehrwirdigen vnd Hochgelarten vnsern lieben Andechtigen ErnTeil der Titulatur besonders von Geistlichen. Vgl. , 52. , der heiligen Schrifft Doctorn, seligen,seligen Angedenkens. Ausdruck des ehrenden Gedenkens an Verstorbene. Vgl. , 523–525. der argen, boͤsen vnd vndanckbarn Welt widerumb gnediglich offen
baret, an das Liecht vnd den tag gegeben vnd komen hat lassen. Welchs durch seiner Allmechtigkeit sonderliche Gnade vnd schickung weilandvormals, ehemals. Vgl. , 783f. die auch Hochgeborne Fuͤrsten ,. , Bruder vnd 1,Vgl. Anm. 6 zum lat. Text. Hertzogen zu Sachssen, des heiligen Roͤmischen Reichs Ertzmarschalhe vnd Churfuͤrsten etc., vnsere freundliche, lieben Vetter, Herr
Grosuater vnd gnediger Herr Vater, seliger vnd Christlicher gedechtnis, angenomen, auch mit hindansetzung vieler bedraulichen,bedrohlicher. fuͤrstehendenbevorstehender, drohender. Vgl. , 854. vnd zum teil begegnetentatsächlich eingetretener. Vgl. , 1284. Gefahr vnd schadendarunter der Verlust der Kurwürde. offentlich fuͤr aller Welt vngeschewetfurchtlos, ohne Scheu. Vgl. , 833f. bekand Vnd dabey bis in jrer Liebden vnd Gnaden tod bestendig vnd one wancken blieben vnd verharret.

Vnd denn, nach genants vnsers gnedigen lieben Herrn vnd Vatern seligen absterben, Wir vnd ge-A 3rmelte vnsere liebe Bruͤdere, als seiner Gnaden Erben vnd Soͤne, durch goͤttliche verleihung in die Fuͤrstliche Regierunge seiner Gnaden verlassenhinterlassenen. Vgl. , 730f. vnd auff vns vnd jre Liebden gefelltenvererbten. Vgl. , 401; , 403. Lande getreten, so haben wir vnd jre Liebden sonder rhum durch goͤttliche Gnade
vnsern vleis, Fuͤrstlichen vnd Christlichen Eiuer dahin gewand Vnd vns als das fuͤrnemste, hoͤchste vnd groͤste mit gantzem ernst obgelegen sein lassen, wie solch Gottes geoffenbaret Wort, heilig Euangelium vnd Christliche Religion nicht allein in vnsern vnd jrer Liebden Landen, auch bey den Vnterthanen rein, lauter, klar vnd vnuerfelscht in rechtem, einfeltigen
Christlichen Verstand, vnuermischt einiger Tradition vnd Menschen Lere, jn massen solchs bey gedachten vnsern Vettern, Herrn Grosuatern vnd gnedigen Herrn Vatern seligen beschehen, auch – Gott lob – auff vns vnd vnsere liebe Bruͤdere komen, mit Gottes gnediger Huͤlff weiter auch moͤcht erhalten vnd auff die Nachkomen gebracht, sondern auch an andern Orten in gleicher
weis gepflantzt vnd ausgebreitet werden, vns auch sampt jren Liebden aus tragendem vnd von Gott verliehenem Fuͤrstlichem Ampt, Christlicher Lieb vnd verwantnisVerpflichtung. Vgl. , 2128. dazu schuͤldig vnd verpflicht erkand.

So sind Wir vnd vnsere freundliche liebe Bruͤ-A 3vdere vermittelst goͤttlicher Verleihung vorgenanten vnsern Vettern, Herrn Grosuatern vnd gnedigen
Herrn Vatern, in deren fusstapffen wir vnd jre Liebden getreten, zu folgen vnd bey einmal angenomener erkanter vnd bekanter Warheit, reinem Gotteswort vnd Euangelio, inhaltlaut, nach Inhalt. Vgl. , 2119. vnd besagelaut, entsprechend, zufolge. Vgl. , 1539f. der zu Augspurg Anno 1530 vbergebenen Confession,Confessio Augustana, vgl. . ApologienApologia Confessionis, vgl. . vnd denn zu Schmalkalden Anno 37 darauff erfolgten Artikeln,Schmalkaldische Artikel, vgl. . bis in vnser Grubebis in unser Grab, bis zu unserem Tod. Vgl. , 608. nicht weniger auch bestendig zu blei
ben entschlossen, der gentzlichen vnd troͤstlichen zuuersicht, der barmhertzige, trewe, liebe Gott, den wir auch darumb von hertzen bitten wollen, werde vns vnd vnsern lieben Bruͤdern solchs gnediglich geben vnd verleihen.

Wiewol nu zu hoffen gewest, es wuͤrde meniglichjedermann. Vgl. , 1591f. Gottes wort vnd heilig Euangelium mit hoͤchster Dancksagung, wie billich, von hertzen
angenomen, sich desselben gebessert vnd sein leben darnach gericht vnd angestellt haben, auch dabey als der ewigen, vnwandelbarn Warheit, welche durch manchfeltige herrliche beweisung goͤttlicher Gegenwertigkeit, wirckung vnd bestetigung bezeuget ist, standhafftig verharret sein, so ist doch das widerspielGegenteil. Vgl. , 1234f. leider am tage, befindet sich auch so viel, das man des lieben
Worts fast allenthalben vberdruͤssig, muͤd vnd sat worden. Daraus denn an stat A 4r der Danckbarkeit gegen Gott grosse vnd endliche Verachtunge desselben Worts wechset vnd entsteht, die Gott schwerlich vngestrafft wird hingehen lassen.

Was auch nach obgenants vnsers gnedigen, lieben Herrn vnd Vaters seligen
von Gott verhengten vnd erbermlichen NiderlageVgl. Anm. 10 zum lat. Text. in Gottes worts vnd der Christlichen Religion Sachen fuͤr ein erschrecklicher vnd jemerlicher Fall vber alle zuuersicht vnd vermutung gefolget, vnd das wider Gottes wort allerley Mitteldinge, bepstische vnd vnchristliche Jrrthumen, Grewel vnd Misbreuche nicht zu geringer Verfelschung der reinen Lere in die Christlichen
Kirchen, die lang zuuor durch Gottes Wort vnd das heilige Euangelium dauon gentzlich gereiniget, wider eingefuͤrt vnd auffgerichtet, solchs ist meniglich wol bewusst. So hat es auch die Erfarung gnugsam geben vnd zeugens zwarin der Tat, wirklich. Vgl. , 950. noch auff diesen heutigen tag die Schrifften, im Druck ausgangen, vnd vieler gottseligen, fromen Christen betruͤbte Gewissen, seufftzen vnd verlan
gen, welche hiedurch gantz jrrig, bestuͤrtzt vnd zweiuelhafftig gemacht, das sie eigentlich vnd gruͤndlich nicht wissen, noch sich bescheiden muͤgen, was sie in Gottes Worts sachen thun oder lassen sollen.

A 4v Welcher gestalt auch daruͤber mancherley Secten, Rotten vnd Schwermereien jtzt wider herfuͤrbrechen, auch sich von newem zuwider
Gottes Wort vnd dem heiligen Euangelio sonder zweiuel aus seiner Allmechtigkeit rechtem Zorn vnd verhengnis umb vnser aller Suͤnden willen zutragen vnd ereugen,ereignen. Vgl. , 699. auch mit Gewalt, list vnd betrug verteidingt werden, jst gantz vnuerborgen.

Vnd ob wir vns wol versehen, solche Secten vnd Jrrthumen solten bey dieser
reinen Lere vnd hellem Liecht goͤttlichs Worts von sich selbs wider gefallen vnd auffgehoͤrt haben, auch die Lerer, Anhenger vnd Foͤrderer derselben, wie billich, Gott, seinem Wort vnd Euangelio die Ehre gegeben, sich erkant, dauon gentzlich abgelassen haben vnd endlich wider zu recht komen sein, so erscheinet doch aus teglicher erfarung, das dieselben Secten vnd Jrrthumen
von jnen fuͤr recht vnd Christlich gehalten, gelert vnd verteidingt, auch durch den Druck je lenger, je mehr hin vnd wider ausgebreitet, damit denn vieler einfeltiger Christen hertzen angezuͤndet vnd beschmeisstbeschmutzt, besudelt. Vgl. , 1582–1584. werden.

Welchs billich allen Christlichen vnd Gottes Worts liebenden Oberkeiten zu hertzen vnd gemuͤte gehen, auch dahin getrachtet werden solt, wie denselben
Secten vnd Jrrthumen, die allein zu Ver-A 5rdruͤckung Unterdrückung. Vgl. , 255. vnd verfelschung Gottes Worts vnd der reinen Lere gentzlich vnd endlich gemeint vnd gerichtet sind, vermittelst verleihung seiner Allmechtigkeit durch gebuͤrliche Mittel vnd wege moͤchte gestewret, gewehret vnd Gottes wort vnd die reine Lere des Euangelij von diesen vnd allen andern Jrrthumen vnd
verfelschungen errettet vnd erhalten werden.

Wie es aber in diesen hochwichtigen Sachen, die nicht das zeitliche, sondern das ewige betreffen, bis anher gegangen vnd noch gehet, ist offenbar vnd wissentlich.bekannt, offenkundig. Vgl. , 803f. Gleichwol aber feiretfeiert nicht = lässt nicht ab, hört nicht auf. Vgl. , 1437f. der Feind vnd Satan, seiner art nach, darunter nicht, durch die seinen jmer fort zu faren, was zu Verfelschunge,
vertunckelung vnd gentzlicher AusreutungVertilgung, Rodung, Ausrottung. Vgl. , 935. Gottes Worts vnd der reinen Lere gereichen mag.

Vnd wiewol (vnserm lieben Gott sey lob vnd danck) vnsere vnd vnser lieben Bruͤder Lande vnd Fuͤrstenthum bis anher mit solchen vnd dergleichen Jrrthumen vnd Verfelschungen in gemein gentzlich vnbefleckt, sondern bey
Gottes Wort vnd dem Euangelio rein, lauter vnd klar einhelliglich blieben vnd erhalten worden vnd noch sind, des Allmechtigkeit woͤlle hinfuͤrder mit Gnaden weiter auch verleihen.

So haben wir doch betrachtet, da solchem allem lenger zugesehen Vnd dazu ferner stille geschwiegen solt werden, das daraus endlich anders nichts A 5v
denn gentzlicher Vntergang vnd Verlierung Gottes Worts vnd der reinen, vnuerfelschten Lere des heiligen Euangelij, dazu allerley schendliche Ergernis (dafuͤr doch der allmechtig Gott vmb seines lieben Sons, vnsers Herrn, einigen Erloͤsers vnd Seligmachers Jhesu Christi willen gnediglich vnd veterlich sein woͤlle) gewislich folgen vnd weiter einreissen wuͤrde, vnd darumb die
sem hochschedlichen VnrathVergeudung; Verkehrtheit. Vgl. , 1231. durch Gottes huͤlff zu begegnen, seiner Allmechtigkeit zu Lob vnd Ehre, zu erhaltung, pflantzung vnd mehrung seines ewigen Worts vnd heiligen Euangelij, auch zu trost vnd errettung vieler jrriger, zweiuelhafftiger, verfuͤrter vnd beschwerter Gewissen fuͤrgenomen, vns mit etlichen vnsern fuͤrnemen Theologen in statlicher anzal persoͤnlich
hieuon allenthalben nottuͤrfftig zu vnterreden, zu tractiren vnd zu handeln.

Vnd darauff auch nach zeitlichem vorgehabten Christlichem Rath, Bedencken vnd Erwegungen auff solche Secten vnd Jrrthumen vnterschiedliche Christliche vnd in Gottes Wort Prophetischer vnd Apostolischer Schrifft gegruͤndete Confutationes vnd Widerlegung durch sie, mit hindansetzung aller
priuat­Affect, Hasses vnd Ehrgeitzes, auch anderer Personen gunst vnd ansehen, zusamenziehen, stellen vnd verfertigen lassen, wie solchs alles in folgendem Druck klerlich vnd ausdruͤcklich zu befinden.

A 6r Register oder Verzeichnis aller Jrthum,
so in sonderheit vnd nach einander in dieser Confutation widerlegt sind.

I. Widerlegung des Jrrthums .Vgl. Anm. 12 zum lat. Text. fo.sic A.fo(l). = folium, Blatt.1.a. II. Widerlegung des Jrrthums .Vgl. Anm. 13 zum lat. Text. fol. 5.a. III. Widerlegung des Jrrthums der Antinomer.Vgl. a. . fol. 16.a. IIII. Widerlegung des Jrrthums der Widerteuffer.Vgl. Anm. 15 zum lat. Text. fol. 21.a. V. Widerlegung des Jrrthums der Sacramentirer.Vgl. Anm. 16 zum lat. Text. fol. 25.a.
VI. Widerlegung des Jrrthums vom Freien Willen.Vgl. Anm. 17 zum lat. Text. fol. 43.b. VII. Widerlegung des Jrrthums Vgl. . vnd .Vgl. Anm. 19 zum lat. Text. fol. 50.a. VIII. Widerlegung des Jrrthums .Vgl. . fol. 55.b. IX. Widerlegung des Jrrthums der Adiaphoristen.Vgl. . fol. 63.b. A 6v leer]

B 1r/fol. 1aMit dem Druckbogen B beginnt eine parallele Blattzählung in arabischen Ziffern. I.

Widerlegung des Jrrthums .

Es haben zwar vorlangst vnd alzeit sich seer vnd vnzelich viel Ketzereien vnd Gottloser Jrrthum allenthalben erhaben,erhoben. da stoltze vnd vngehaltenezügellose, maßlose, mutwillige. Vgl. , 684. Koͤpffe sich vnterstanden, auffs spitzfuͤndigstspitzfindigste, scharfsinnigste. Vgl. , 2617f. zu erkunden vnd erfaren,
was vnd wer Gott sey. Jedoch wie viel jr jemals gewesen vnd noch entstehen koͤnnen oder muͤgen, so lendenwenden, ausrichten, hinwenden. Vgl. , 103. vnd ziehen sie sich doch alle fuͤrnemlich auff einerley Ziel: Das sie aus vermessenheit menschlicher Vernunfft durch solche erforschung entweder an der goͤttlichen Maiestet vnd wesen Oder an dem goͤttlichen Willen anlauffen. Welche zwar alle zugleich, alt vnd new in
diesen beiden vnterscheiden sind vnd eigentlich von jedermeniglich koͤnnen erkennet werden.

Zum ersten hauffen von denen, so wider das goͤttliche Wesen streiten, gehoͤrt , der zu dieser jtziger zeit vnter so viel andern Schwermern vnd Ketzern sich allein vnterstanden vnd mit seinen Lesterschrifften diesen
Artickel vom goͤttlichen Wesen angegriffen vnd angefallen hat Vnd die veralteten Lesterungen vnd Jrrthum Samosateni,Vgl. Anm. 22 zum lat. Text. Pho­B 1v/fol. 1btiniVgl. Anm. 23 zum lat. Text. vnd anderer alten Ketzer widerumb ernewert vnd herfuͤr bracht. Vnd darff troͤtzlichanmaßend, frevelhaft, herausfordernd. Vgl. , 1147. vnd freuenlichmutwillig, frech, barsch. Vgl. , 179. sagen, das das Wort (dauon im Euangelio Johannis Cap. 1.) nicht vom Son Gottes, als von einer vnterschiedlichen
Person von des Vaters Person, selbstendig, die da an jr selbst Lebendig, Verstendig vnd Volkomen, sondern sey allein des Vaters gedancken, Raht, Bedencken oder fuͤrsatz, vnd nicht anders denn wie ein Hall oder verschwindlicher vnd vergenglicher laut einer stim, so von jr selbs sich im reden in der Lufft verliere, geredet vnd verstanden werde.

Dieser erschreckliche Jrrthum mus one allen zweiuel gewislich folgen, wo man das Erkentnis, so in der heiligen Schrifft von der heiligen Dreifaltigkeit, das ist von den drey vnterschiedenen Personen des goͤttlichen Wesens, zeuget, fallen lest vnd sich allein blos on alle Schrifft henget an das Erkentnis von dem einigen goͤttlichen Wesen. Denn ob wol das Euangelium oͤffentlich
leret von dreien vnterschiedlichen Personen des goͤttlichen Wesens, jedoch kan die Vernunfft das viel besser begreiffen vnd fassen, das, wie Gott nur einerley vnd nicht dreierley sein kuͤnde, also auch derselb nur eine vnd nicht drey Personen sein muͤsse. Vnd stercket solche der Vernunfft gedancken Sonderlich des Gesetzes ernstes gebot vnd stracke befelh, die on vnterlas
treiben vnd befelhen, das man allein einen einigen Gott sol anbeten, anruffen vnd ehren.Vgl. Ex 20,2–6; Dtn 5,6–10. Aus solchem der Vernunfft fastsehr. scheinlichemeinleuchtenden, plausiblen. Vgl. , 2456. vnd allen menschlichen B 2r/fol. 2a gedancken begreifflichen Grund haben vnd sampt Tuͤrcken vnd Juͤden mit geschwindemheftigem. Vgl. , 3995. vnd grossen trotz sich auch vnterstanden, den vnterscheid der Personen des
goͤttlichen Wesens beide zu leugnen vnd zu uerspotten, also das sie es fuͤr die hoͤchste Abgoͤterey ausruffen, das wir aus dem heiligen Euangelio in vnserm Glauben bekennen vnd leren, das Christus vnd der heilige Geist sey ein vnzertrenlicher, ewiger Gott, eines einigen goͤttlichen Wesens mit dem Vater, vnd doch in dreien vnterschiedlichen Personen, so doch (wie gesagt)
das Gesetz allein einen Gott anzubeten vnd demselben allein zu dienen befilht, Deut. 6: Hoͤre Jsrael, der HERR, vnser Gott, ist ein einiger HERR.Vgl. Dtn 6,4.

Das ist aber in keinem wege des Gesetzes meinung oder Verstand, das, dieweil es zeuget von einem einigen goͤttlichen Wesen eines einigen
vnzertrenlichen Gottes, also damit auffhebe den Vnterscheid der Personen solcher goͤttlichen einigen Maiestet. Sondern die Lere, das nur ein einiger Gott sey, macht rechten vnterschied zwischen Gott vnd den Creaturen Vnd stoͤsset zu boden den Grewel der Heiden vnd aller deren, die nicht allein die Creaturen fuͤr Goͤtter geehret vnd angeruffen, sondern zu allen Sachen,
Hendeln,Angelegenheiten, Unternehmungen, bes. Streitigkeiten. Vgl. , 369–372. Arbeit, Gluͤck, Vngluͤck etc. vnzelich viel Goͤtter ertichtet haben, welche doch alle nur eitel Erschaffene vnd lauter vergengliche Creaturn Oder auch wol vergebliche,nichtige, nutzlose. Vgl. , 391f. ertichteerfundene. Vgl. , 771f. WahngoͤtzenAnscheinend spontane Wortbildung, steigernd gegenüber Götze. Wahn = Einbildung, haltlose Vorstellung. sind. Vnd ist nicht damit B 2v/ fol. 2b gemeinet, die Dreifeltigkeit der Personen in vnzertrenlichem einigen goͤttlichen Wesen zu verneinen. Daher auch, das
Gott anzeigete, das noch ein herrlicher Offenbarung vom goͤttlichen Wesen vnd willen folgen solte. So verhies er Deut. 18, einen andern Propheten zu erwecken, welchen man fuͤr allen dingen hoͤren vnd jm folgen solte.Vgl. Dtn 18,15.

Derhalben ist zum hoͤchsten von noͤten, das wider disen Missuerstand, aus dem Gesetz gezogen, von dem einigen goͤttlichen Wesen, die einfeltigen Hert
zen aus gruͤndlichem Zeugnis der vnuerfelschten, waren, heiligen Schrifft wol versichert vnd gegruͤndet werden. Darinnen sie klerlich sehen muͤgen, wie sich Gott selbs in seinem Wort offenbaret vnd jederman solchen vnterscheid der Personen des Vaters, des Sons vnd des heiligen Geistes klerlich vnd ausdruͤcklich predigen vnd verkuͤndigen lesst etc.

Dauon denn dieses ein gewaltiger vnd trefflicher Spruch ist im ersten buch Mose im 1. cap., da Moses also zeuget, das bald im anfang, da Gott den Menschen hat schaffen woͤllen, sey er gleich selbst zu raht gangen vnd bedacht (menschlicher weise also zu reden), nach wem er doch denselben Menschen schaffen vnd bilden wolte, vnd endlich solche schepffung seinem selbst Bilde
ehnlich nach machen woͤllen Vnd gesagt: Lasset vns Menschen machen, ein Bilde, das Vns gleich sey.Vgl. Gen 1,26.

Hiemit zeuget Moses klar aus Gottes eigenen worten, Mund vnd werck, das er ein einiger Vater, B 3r/fol. 3a vnzertrenlicher Gott vnd Schepffer vnd doch in vnterschiedlichen Personen ein Gott sey, der da gesagt: Lasset vns
Menschen machen.

Auff solche weise zeuget mit Mose auch S. Johannes in der Predigt seines I. Cap. vom Wort, das es ewig vnd warer Gott sey vnd spricht: Jm anfang war das Wort, vnd das Wort war bey Gott, vnd Gott war das Wort.Vgl. Joh 1,1. Darnach leret er, wie dis Wort, so ewiger Gott ist, sich habe auff zweierley weise offenbaret
vnd zu erkennen geben. Erstlich als der zu gleich mit dem Vater anfenglich alle ding geschaffen habe: Alle ding sind durch dasselbig (Wort) gemacht etc. Vnd on dasselb ist nichts gemacht was gemacht ist.Vgl. Joh 1,2. Jtem: Vnd die Welt ist durch dasselbige gemachet.Vgl. Joh 1,10. Zum andern Hat er sich offenbart als der Heiland vnd Erloͤser der gantzen Welt durch die Menschwerdung, da er
spricht: Vnd das Wort ward fleisch.Vgl. Joh 1,14. Diese rede alle vom Wort koͤnnen so eigentlich nicht verstanden werden von einem vergenglichen Wort, das, sobald es von jemand aus dem Mund geredt wird, im laut zugleich verschwindet vnd auffhoͤret, auch nicht von einem solchen vergenglichen gedancken, den jemand bey sich selbs gedencket. Welche vergengliche Wort oder Gedan
cken je nicht koͤnnen ein Schepffer werden, viel weniger etwas oder alle ding vnd die Welt machen. Darumb muͤssen, sollen vnd koͤnnen sie auch nicht anderst verstanden werden, denn von einer gleichwesenden goͤttlichen vnd doch B 3v/fol. 3b vnterschiedenen Person, die mit dem Vater vnd dem heiligem Geist alle ding geschaffen hat?

Mit diesem schoͤnen Zeugnis Johannis stimmet der heilige Prophet Michas im 5. Cap., da er also spricht: Vnd du Bethlehem Ephrata, die du klein bist gegenLuther 1545: unter. den Tausenten in Juda, aus dir solLuther 1545: sol mir der. komen, der in Jsrael HERR sey, welchs Ausgang von anfang vnd von EwigkeitLuther 1545: ewig her. gewest ist.Vgl. Mi 5,1 (Luther 1545). Jn dieser Weissagung leret der Prophet von zweierley Ankunfft Christi: Einer zeitlichen aus
Bethlehem vnd einer ewigen, welcher anfang von Ewigkeit gewest ist. Darumb auch S. Paul. 1. Tim. 3 gewaltig spricht: Kuͤndlich gros ist das gottselige Geheimnis: GOTT ist offenbaret im Fleisch, gerechtfertiget im Geist, erschienen den Engeln, geprediget den Heiden, gegleubet von der Welt, auffgenomen in der Herrligkeit.Vgl. I Tim 3,16.

Hieher gehoͤren auch alle diese Spruͤch in der gantzen heiligen Schrifft, die den Herrn Christum Gottes eingebornen son nennen vnd jn damit vnterscheiden von allen andern Kindern Gottes, die er jm zur Kindschafft nach seiner Barmhertzigkeit beruffet vnd erwehlet. Vnd sonderlich auch diese Spruͤche, die da befelhen, das man Christum als den Allmechtigen Heiland vnd Selig
macher sol anruffen vnd anbeten, wie im 2. Psal.: Kuͤsset den Son, das er nicht zuͤrne. Vnd aber Wol B 4r/fol. 4a allen die auff jn trawen.Vgl. Ps 2,12 (Luther 1545). Jtem auch diese Spruͤche, so von seiner Allmechtigen Gegenwertigkeit vnd wunderbarer vielfeltigen Erloͤsungen zeugen, damit er seine Kirchen teglich errettet, beschuͤtzet vnd erloͤset.

Von solchem seinem Schutz fuͤr die Kirchen zeuget S. Paulus oͤffentlich 1. Cor. 10, das der ware Gott, der das Volck Jsrael vnter der Wolcken aus Egypten durchs Meer gefuͤret, sey derselbe HERR Christus.Vgl. I Kor 10,1–4. Jtem er saget, man solle Christum nicht versuchen, wie jn das Volck Jsrael versucht hat, vnd sind alle derwegen von den Schlangen vmbbracht worden.Vgl. I Kor 10,9.

Solchen Artickel des Glaubens von Christo haben auch die alten Veter vnd anfengliche Kirche von den lieben Aposteln her also gepflantzet, bezeuget Vnd auff jre Nachkomen geleret. Als der Eltesten einer , Juͤnger (Welcher S. Johannis Juͤnger gewesen vnd von jm solche Lere empfangen vnd gelernet hat) hörte in seiner Jugend den Bischof , der ein Schüler des Presbyters war; dieser wurde mitunter – so auch von – mit dem Apostel (und dem Evangelisten) Johannes identifiziert (vgl. ). Vgl. . selbst war sich wohl klar, dass der Presbyter Johannes und der Apostel Johannes zwei unterschiedliche Personen waren. Vgl. . saget mit seer troͤstlichen Worten,
das das Wort (λόγος uel Verbum) Christus sey allzeit beharrlich bey seiner Kirchen blieben vnd hernach ein warer natuͤrlicher Mensch worden.Vgl. . Es schreibet auch lib. 7, das dieser lesterlicher Jrrthum wider die goͤttliche Herrligkeit Christi sey im Concilio zu Antiochia mit grossem ernst verdampt vnd verworffen vnter dem Keiser ,Vgl. . lange zeit vor dem
Concilio zu Nicen, jn welchem hernach auch derhalben der Ketzer verdampt worden ist.Vgl. Anm. 39 zum lat. Text.

B 4v/fol. 4b Derwegen sol man sich in dem hohen Artickel von der goͤttlichen Maiestet vnd jrem Wesen janur ja, jedenfalls, unbedingt. Vgl. , 2194. wol vnd fleissig fuͤrsehen,sich in Acht nehmen. Vgl. , 805f. fuͤrsichtigmit Vorsicht, zurückhaltend. Vgl. , 822. zu halten vnd handeln, das man nicht durch der toͤrichten
Vernunfft kluges forschen nach der Maiestet vnsers Herrn Gottes gar feile,gänzlich in die Irre gehe, fehlgehe. Vgl. , 1423. wie Salomon sagt: Die erforscher vnnd erkuͤnderErforscher, Ausforscher. Vgl. , 883f. der Maiestet werden zu schanden.Vgl. Prov 25,27b (Vg): qui scrutator est maiestatis opprimitur gloria. Welchs denn eigentlich in denen zweien eussersten zielen allen KluͤglingenBesserwissern, Vernünftlern. Vgl. , 1287. gewislich widerfaren mus, das sie entweder zu niderig oder zu hoch faren, als diese faren zu niderig vnd koͤnnen solchen Artickel nicht
erreichen: Seruetus, die Tuͤrcken vnd Juͤden, dieweil sie darumb, das nur ein einiger warer Gott ist, die vnterscheid der goͤttlichen Personen verwerffen vnd in solchem mangel den waren Gott gar zugleich verlieren. Die andern verlieren den waren Gott damit, das, dieweil das goͤttliche Wesen sich hat offenbaret in drey vnterschiedlichen Personen, sie auch mehr Goͤtter
machen, wie die ValentinianiVgl. Anm. 40 zum lat. Text. vnd Heiden jnen viel mehr vnd mancherley Goͤtter ertichtet vnd getreumet haben.

Darumb sollen die fromen einfeltigen Christen, damit sie in diesem Artickel jm nicht zu viel, noch zu wenig thun, auff der rechten Ban der heiligen Schrifft, auch der ersten Kirchen vnd Augsburgischen Confession bleiben,
vnd dagegen diese vnd dergleichen Ketzerey meiden. Welche Schrifft, Kirche vnd Augspurgische Confession vns leren, das nur ein einiger, ewiger, warer Gott, eines goͤttlichen C 1r/fol. 5a Wesens, gleicher Allmechtiger gewalt, vnd doch in dreien Personen vnterschiedlich ist, nemlich der Vater, Son vnd heiliger Geist. Dem sey Lob, Ehre vnd Preis von Ewigkeit zu Ewigkeit!
Amen.

II.

Widerlegung des Jrrthums ..

Nach dem wir Jrthum, als der den Artickel vnsers Glaubens vom goͤttlichen Wesen vnd Gottheit Christi anfichtet, widerleget haben, woͤllen
wir folgends auch die andere fuͤr die hand nemen, die fuͤrnemlich alle sampt sich vnterstehen, den goͤttlichen geoffenbarten Willen vnd werck anzugreiffen, vnter welchen billich als der fuͤrnemest den vorzug behelt, sintemal die andern alle nur einzele, etliche wenig Artickel vnd Stuͤck vnserer Christlichen Lere angreiffen. Dieser aber allein darff sich
troͤtzlichanmaßend. Vgl. , 1157. vnd freuelich anmassen, die Heubtartickel vnd gantze Christliche Lere zugleich in einem hauffen feindselig anzufallen, vnd wil erhalten,die Behauptung aufrechterhalten, die Auffassung durchsetzen. Vgl. , 835. das es gentzlich nicht Gottes wille vnd befelh sey, das Er vns durch die Predigt vnd vbung des heiligen goͤttlichen Worts Prophe­C 1v/fol. 5btischer vnd Apostolischer Schrifft durch den heiligen Geist erleuchte, bekere vnd samle.
Vnd das ist auch vnter allen der fuͤrnemeste tuͤckische vnd hemischeboshafte, heimtückische. Vgl. , 308. alte Griff des Teufels, damit er trachtet vnd suchet, wie er vns von der rechten, einigen vnd von Gott geordenten straffen vnd Ban wil abfuͤren vnd auff Jrrewege endlich beiseits bringen vnd in ewiges verderben abstürtzen.hinabstürzen. Vgl. , 136.

Denn nachdem der tuͤckische, arglistige Teufel erfaren hat, wie zu diesen
zeiten aus sonderlicher gnade vnd Barmhertzigkeit Gottes durch den trewen vnd fleissigen Arbeiter vnd Man Gottes das liebe Wort vnd Predigamt von den greulichen Papistischen Jrrthumen, Menschensatzungen vnd gottlosen Heiligendiensten, welche fastsehr, insbesondere, vornehmlich. Vgl. , 1351. in eitel eusserlichen dingen, als in vmbstenden der oͤrter, stete, zeit, essen vnd trincken, in kleidern vnd
geweiheten dingen, in zeichen vnd geberden vnd dergleichen narrenwercken gestanden ist, dazu vnzelich vieler fromen Menschen heil vnd Seligkeit, ist widerumb zu recht vnd nach Christi ordnung vnd befelh angestaltins Werk gesetzt, eingerichtet. Vgl. , 1488.1490. worden, hat er diesen trotzigen erregt vnd getrieben, das er sich hieruͤber widersetzet vnd die tolleverrückte, unvernünftige, wahnsinnige. Vgl. , 635. Welt dahin brechte, das sie von keinen
eusserlichen Mitteln oder Gottesdiensten (als da sein das eusserliche, muͤndliche Wort vnd Lere, Sacrament vnd dergleichen) ichtsetwas. Vgl. , 2035f. halte, sie seien gleich von Moses vnd Propheten oder von Christo selbs geordent vnd eingesetzt. Sondern Gott vnd die ewige Seligkeit solten in lautern heimlichen offenbarun­C 2r/fol. 6agen, ja trewmen vnd gespenstenGespinsten, Machinationen, Täuschungen. Vgl. , 4141. des leidigenwiderwärtigen. Vgl. , 675f.
Satans, ausser dem muͤndlichen Wort,außerhalb des mündlichen Worts, d. h. unabhängig davon. vnd also die blosse vnerforschliche vnd vnbegreiffliche Maiestet Gottes gesucht vnd erforschet werden, nicht anders denn wie vorzeiten die heidenischen Pfaffen, so durch des Teufels einblasen wie die vnsinnigen zukuͤnfftige ding ertrewmet vnd ausgeben haben. Also spielet auch jtziger zeit mit der armen Leute
hoͤchsten Trost vnd Seligkeit vnd ertichtet ein besonder Strass vnd Leiterlin, darauff der Affensteigerder eifrige Kletterer ohne sinnvolles Ziel (?). Vgl. Affenweg = Narrenweg, Irrweg. Vgl. , 184. die vnuerstendigen wil bereden, in Himel, in die vnerforschliche Geheimnis der goͤttlichen Maiestet zu klettern vnd steigen.Vgl. Gen 28,12f. Vnd fuͤret hiemit die einfeltigen Leute von dem rechten Liecht (das vns Gott selbst hat zu einer Fackel vnser Fuͤsse angezuͤndetVgl. Ps 119,105. Vnd
damit aus den tieffen Finsternissen des leidigen Bapsts erlediget)befreit. Vgl. , 896. widerumb durch seine stinckende bittere Rauchbrende in noch vil tuͤstere vnd eusserste finsternis, damit wir durch erkuͤndigungErforschung, Ausforschung. Vgl. , 885. der vnerforschlichen Geheimnis jamöglichst, doch ja. auch zugleich den geoffenbarten willen Gottes verlieren vnd nimermehr zur rechten Warheit, Liecht vnd Erkentnis
komen muͤgen, sondern in solchem finsternis Nacht fuͤr tag, Luͤgen fuͤr warheit halten vnd hoͤren muͤssen.

Es ist aber des Schwermerey so viel deste schedlicher, weil aller Menschen hertzen zu erforschung heimlicher vnd hoher dinge begirig vnd geneigt sind. Denn also helt aller Menschen weise, das sie von Natur hoch
zufaren geneigter vnd fuͤrwitziger sind, jnen selbs in jrer Weisheit wolgefallen zu C 2v/fol. 6b haben. Vnd gefelt vns sonderlich wol, was wir on das Wort, frey aus eigener witz,Verstand, Scharfsinn. Vgl. , 861–870. von vns selbstvon uns selbst = aus eigenem Vermögen, aufgrund eigenen Nachdenkens. von Gott scharffsScharfes, Scharfsinniges, Tiefgründiges. Vgl. , 2187f. sinnen vnd dencken koͤnnen. Vnd sind gar vngeduͤltig vnd vnwillig, das vns Gott so gar wil allein in sein Wort, als wie in einem gefengnis oder Thurmdie burg­ und stadtthürme (mauer­, thorthürme) wurden im unteren geschosse zu gefängnissen benutzt , 467f. ver
sperret vnd verpfloͤcktfestgesetzt, festgelegt. Vgl. , 970. haben, wie denn solche der klugen Welt hohe Weisheit wider die liebe Predigt der Apostel vnd diener Gottes im 2. Psalm gar artiggeschickt, treffend. Vgl. , 573f. abgemalet ist vnd der PocherAngeber, Radaubrüder. Vgl. , 1961. scharren,ungeduldiges Lärmen, Rumoren. Vgl. , 2216f. toben vnd freuel gar wol dargeben: Lasset vns, sagen sie, jre bande zureissen vnd jr Joch von vns werffen.Ps 2,3.

Zu solchem vnmutigen Widerwillen wider die Predigt vnd vnnoͤtiges forschen des vnbegreifflichen willens Gottes bringen alle Menschen vnsere erste Eltern, welche im Paradis so bald im anfang sich liessen den leidigen Satan mit seinen listigen vnd geschwinden schmeichelluͤgen vberreden, frey vom offenen Wort vnd fuͤrgesetzten Zeichen, so jnen Gott am verbotenen Baum
gesetzt, abfuͤren, vnd verhofften noch, zu hoͤherm vnd mehrerm Verstande vnd erkentnis zu komen, wie die Schlange sagt: Gott weis, das, welches tages jr dauon esset, so werden ewre Augen auffgethan, vnd werdet sein wie Gott vnd wissen, was gut vnd boͤse ist.Vgl. Gen 3,5. Diese empfangene Gifft aus lauter des Teufels geschefft vnd Luͤgenmoͤrderischen beibringen erbet vnd
naturet sich ansich annaturen = sich (weiter) vererben (von Eigenschaften o. ä.). Vgl. den parallelen Ausdruck sich anerben im Hendiadyoin; ferner , 1338. Dort als Bedeutung angegeben: jm. von seinem Wesen her eigen sein. von den ersten gefallen Eltern auff alle Nachkomen vnd Erben, also das wir alle aus angenaturter C 3r/fol. 7a duͤrfftigkeit grosse neigung vnd begierde haben wider das geordente Wort Gottes zu solcher fantastischer Schwenckfeltischer vnd fleischgeistlicherFleisch und Geist in unzulässiger Weise vermengender. Theologia. Vnd ist gar kein zweiuel, das, wie dieser Jrthum so bald im anfang der Welt der erste
ist gewesen, dadurch der Mensch (wie gesagt) vom fuͤrgestelten Wort von Gott ist abgefallen, er also jtzund auch durch Schwenckfelt widerumb zum beschlus, zu vntergang der vndanckbaren Welt, vom Teufel herfuͤrbracht wird. Denn es mit der Welt vndanckbarkeit eigentlich auch noch dahin komen wird, das man das liebe Wort gering vnd verechtlicher denn ein Fabel
vnd MerlinMärlein, Märchen. halten wird, nach der weissagung S. Pauli aus dem heiligen Geist, 2. Timo. 4, das in den letzten zeiten werden etliche von dem Glauben abtreten vnd anhangen verfuͤrischen Geistern.Vgl. II Tim 4,3f.

Derhalben ist Jrrthum vnd Schwermerey vor andern wol einer starcken Widerlegung werth, als der mit seiner Lesterunge die gantze Heubt
sache Christlicher Lere vnd goͤttlicher Weisheit angreifft, das sie billich fuͤr ein grundsuppenEssenz, Inbegriff. Vgl. , 914. vnd strom aller anderer Jrrthum sol gehalten werden. Denn im Nachtmal des Herrn helt ers fast zugleich mit den Zwinglianern, in der Lere von der Rechtfertigung leret er zum teil wie , zum Teil wie die Papisten. Denn er schmeltzt die goͤtlich wesentliche Gerechtigkeit mit
vnserer Ernewerunge vnd eigenem Gehorsam zusamen vnd macht vnd geuckelt eine besondere Gerechtigkeit daraus. Wir C 3v/fol. 7b woͤllen aber zu diesem mal nicht alle seine Jrrthum, die er hin vnd wider in seinen Schrifften herfuͤrbringet, handeln, sondern allein diese widerlegen, die er fuͤr sich besonders fuͤr andern wider das geschrieben Wort vnd muͤndlich
Predigamt zu erhaltenaufrechtzuerhalten, zu behaupten, zu verteidigen. Vg , 835. vermeinet. Derselben sind die fuͤrnemsten diese drey:

Der erste Heubtjrrthum

Jst, das er sagt, das die heilige Schrifft (so man die Bibel nennet) sey nicht eigentlich vnd gruͤndlich zu reden Gottes ware Wort, sondern es heisse wol
Gottes Wort, aber nicht in rechtem, sondern in einem frembden verstande vnd anderer deutung, als wenn man ein Zeichen, damit etwas anders bedeutet vnd gemeinet wird, fuͤr dasselbig also verstehet vnd achtet, als wer es dasselb, so doch nur damit bedeutet wird. Diese seine meinung findet man also in seinen Buͤchern von der heiligen SchrifftVD 16 S 5052: . im Capitel Von dem vnterscheid der
heiligen Schrifft vnd dem Wort Gottes
am 27. vnd 28. blat,Vgl. Anm. 49 zum lat. Text. – 1554 veröffentlichte eine eigenständige Schrift mit ähnlichem Titel (VD 16 S 5029): . vnd im Buch Vom Wort Gottes.VD 16 S 5034: .

Die vrsach dieses Jrrthums nimpt aus dem 1. Cap. Johannis, da der Son Gottes, Jhesus Christus, wird das Wesentliche Wort des Vaters genennet, der gleiches goͤttlichen Wesens mit dem Vater ist, von jm in
Ewigkeit geborn.Vgl. Joh 1,1.14.18. Daraus schleust also: Dieweil Christus ist allein das wesentliche Wort Gottes, so kan vnd C 4r/fol. 8a mus sonst kein ander wort Gottes wort sein, so man anders eigentlich reden wil. Wer sihet nu hie nicht, welcher eines rechten verstands ist, die gottlose vnd lesterliche meinung ? Denn ob gleich kein gottseliger vnd rechtgleubiger
Mensch zweifelt oder ja zweifeln sol, das der Son Gottes oder die ander Person das Wort genennet wird, wie denn Johan. 1 vnd 1. Johan. 1Vgl. Joh 1,1; I Joh 1,1. vnd in andern etlichen orten zu sehen ist – Welchs namens vrsprung vnd eigenschafft wir alhie nicht woͤllen tieffer forschen (wiewol vns nicht vnbewust ist, das die Veter vnd Scribenten desselbigen mancherley vrsachen
zu erzelen pflegen) – noch gleichwol ists gewis, das die himelische Lere, in goͤttlicher Schrifft begrieffen, warhafftiglich vnd eigentlich genennet wird vnd ist auch Gottes Wort.

Daher nennet auch die Schrifft alle die Lere, so Gott durch die Propheten vnd Aposteln zu predigen befolhen vnd geboten hat, Gottes Wort. Als 1. Samue.
15, da Gott zu Samuel spricht: Es rewet mich, das ich Saul zum Koͤnige gemacht hab. Denn er hat sich hinder mir abgewand vnd mein Wort nicht erfuͤllet.Vgl. I Sam 15,11. Vnd hernach, da Samuel den Koͤnig Saul straffet, spricht er: Weil du nu des HERRN Wort verworffen hast, hat er dich auch verworffen, das du nicht Koͤnig seiest.Vgl. I Sam 15,23. Jtem: Jch wil nicht mit dir vmbkeren, denn
du hast des HERRN Wort verworffen, vnd der HERR hat dich auch verworffen.
Vgl. I Sam 15,26. So nu der befelh Gottes zu Saul, das er den Malekiter solt schlahen vnd vertilgen,Vgl. I Sam 15,3. Gottes wort ist, C 4v/fol. 8b welchs doch nicht kan von Christo, dem ewigen, goͤttlichen, wesentlichen Wort verstanden werden, so mus je alle Predigt vnd befelh, von Gott angeschafft, auch Gottes
wort sein. Jtem Deut. 2, 4, 5, 6 vnd 11 nennet Moses das Gesetz vnd zehen Gebot das Wort des HERREN,Vgl. Dtn 2,2.9.17.31; 4,10.12; 5,5.22; 6,6; 11,18–20. das damals in steinern Tafeln von Gott selbst geschrieben, vnd hernach gebeut, das man von demselben sol denckmal machen an Henden, Kleidern, Thuͤrpfosten etc.Vgl. Dtn 6,8f; Num 15,37–41. Also nennen auch die Propheten jr Predigten vnd Weissagungen Gottes Wort, das sie mit
diesem Titel vnd Namen wider solche Schwenckfeltische verechtliche LessigkeitTrägheit, Nachlässigkeit. Vgl. , 242. vnd vberdrusUnlust. Vgl. , 162f. jre zuhoͤrer vnd meniglich munter, fleissig vnd dem Wort zu gehorsamengehorchen. Vgl. , 2539f. willig machen, vnd widerholen offt diese rede: Hoͤret das Wort des HERREN.Vgl. Jes 1,10; 66,5; Jer 17,20; 19,3; 22,29; 31,10; Hos 4,1. Jtem: So spricht der HERR.Vgl. Jer 26,2.4; 27,2.4.19; 28,2.14. Jtem Jsa. 58: Denn des HERRN Mund sagts.Vgl. Jes 58,14. Vnd Jere. 29, da er viel straffen
erzelet, die er vber das vngehorsam Volck wil bringen, setzt er die vrsach dazu vnd spricht: Darumb (wil ich diese Plagen vber sie schicken), das sie meinen Worten nicht gehorchen, spricht der HERR, der ich meine Knechte, die Propheten, zu euch stets gesand hab. Aber jr wolt nicht hoͤren, spricht der HERR.Vgl. Jer 29,19.

Diese vnd alle dergleichen Spruͤche koͤnnen mit gutem grund nicht angefochten, noch mit dieser Schwenckfeltischen deutunge, als wuͤrde eins fuͤr das ander genomen vnd verstanden, getaddelt werden. Denn also sagt auch S. Paulus 1. Thessal. 2: D 1r/ fol. 9a Darumb auch wir one vnterlas Gott dancken, das jr, da jr empfienget von vns das Wort goͤttlicher Predigt,
namet jrs auff nicht als Menschenwort, sondern (wie es denn warhafftig ist) als Gottes Wort, welcher auch wircket in euch, die jr gleubet.
Vgl. I Thess 2,13. Hiemit zeuget der Apostel, das sein Euangelium warhafftig sey Gottes Wort, on einige deutung vnd andern verstand. Also rhuͤmet auch S. Petrus 2. Pet. 1 der heiligen Propheten vnd Apostel Predigt vnd spricht: Wir haben ein fest
Prophetisch Wort, vnd jr thut wol, das jr drauff achtet als auff ein Liecht, das da scheinet in einem tunckeln ort, bis der Tag anbreche vnd der Morgenstern auffgehe in ewren hertzen. Vnd das solt jr fuͤr das erste wissen, das keine Weissagung in der Schrifft geschicht aus eigener Auslegung. Denn es ist noch nie kein Weissagung aus menschlichem Willen herfuͤrbracht, sondern
die heiligen Menschen Gottes haben geredt, getrieben von dem heiligen Geist.
Vgl. II Petr 1,19–21.

Derhalben Alle, die mit die heilige Schrifft der heiligen Propheten vnd Apostel nicht fuͤr Gottes Wort halten, jrren nicht weniger, denn die da leugnen, das auch Christus nicht sey das Ewige vnd selbwesendewesenhafte; für lat. essentialis, substantialis. Vgl. , 281[b].
Wort. Denn eben der Gott, der dis Wort, nemlich den Son, von Ewigkeit geborn hat, hat dis Wort der Lere zu gewisser zeit auch herfuͤrbracht vnd dem Menschlichen Ge­D 1v/fol. 9bschlecht offenbaret, auff das er durch dasselbige seinen willen von vnser Seligkeit, vnd also seine Krafft vnd macht gegen vns erzeigete, vbete vnd auff vns brechte. Vmb welcher macht willen der
Apostel S. Paul. Rom. 1 Das Euangelium nennet eine Krafft Gottes, die da selig macht alle, die daran gleuben.Vgl. Röm 1,16.

Also sucht der verfluchte Satan eigentlich mit diesem Häufiger gebrauchte polemische Verballhornung des Namens . Jrrthum anders nichts, denn das er mit solcher verkleinerung des Worts Gottes jederman wil zur hoͤchsten verachtung verursachen, das man endlich von der
heiligen Prophetischen vnd Apostolischen Schrifft, aus lauter Gnaden vnd Barmhertzigkeit dem menschlichen Geschlecht offenbaret, gar nichts halten vnd darnach der offentlichen Predigt gar nichts achten, muͤde vnd vberdruͤssig werden vnd endlich gantz vnd gar fallen lassen sol. Denn wenn die Zuhoͤrer einmal das bey sich fuͤr recht vnd gewis schliessen, das die
heilige Schrifft, von Gott durch Mosen, die Propheten vnd Aposteln vns gegeben, nicht das warhafftige Gottes Wort sey, so faren sie so bald hinein vnd sagen: Was nicht Gottes Wort ist, das ist eigentlich vnd gewislich eitel Luͤgen vnd Jrrthum, nur Menschenlere vnd vergebliche, betriegliche, eitel wort, vom Teufel ertichtet. Darumb sol es auch billich von jederman
verachtet vnd in keinem wege gehoͤrt noch angenomen werden.
Vnd also hat der Teufel ein gewonnen Spiel vnd gewissen Eingang, alle Hertzen von Christo zu berauben vnd abzufuͤren,wegzuführen, abzulenken. vnd macht D 2r/ fol. 10a durch solche seine Lere den armen, verblendeten Zuhoͤrern aus Christo, der vns zu erkennen vnd zu ergreiffen als der rechte vnd einige Heiland im Wort wird
fuͤr gehalten, einen strengen Richter, der auch on solch muͤndlich Wort fuͤr anders nicht erkennet werden mag.

s:Denn wie Christus, im einfeltigen Wort vnd Sacramenten gesucht, sich jederman zu finden vnd ergreiffen als der trewe vnd einige Heiland fuͤrstellet, der allen Gleubigen seine wolthat mitteilt vnd zueigent, wie er selbs sagt, Matth. 18:
Wo zwene oder drey versamlet sind in meinem Namen, da bin ich mitten vnter jnen.Vgl. Mt 18,20. Vnd Johan. 14: Wer mich liebet, der helt mein Wort. Vnd mein Vater wird jn lieben. Vnd wir werden zu jm komen vnd wonung bey jm machen.Vgl. Joh 14,23. Also Wo man das Wort faren lest vnd wil Christum one vnd ausser dem Wort suchen, da findet man jn nicht anders, denn als einen strengen, ernsten Richter vnd
verzerend fewer. Bleibt auch wol one das Wort sonst jederman vnbegreifflich. Darumb, da er Joh. 8 von den Juden gefragt ward: Wer bistu denn? antwortet er jnen mit diesen worten: Erstlich der ich mit euch rede.Vgl. Joh 8,25. Damit er jnen so viel wil geantwortet haben, das sie jm one seine Predigt, Lere, Wort vnd Sacrament nach seinem goͤttlichen Wesen wol werden vnerkuͤndigtunerforscht, unerkannt. bleiben
lassen.

Der ander Jrrthum.

Zum andern ertichtet vnd verneinet , das der Mensch bekeret vnd erleuchtet D 2v/fol. 10b werde durch das geordente Mittel des goͤttlichen Predigampts, sondern saget, der Mensch werde bekeret vnd erleuchtet
von Gott, one Mittel vnd one vnd vor der Predigt.

Diesen Jrrthum zu erhalten, braucht zumal leichtfertige, vntuͤchtige vnd loseunbegründete, windige. vrsachen vnd saget, es habe mit Gott gar die meinung nicht, wie es etwa mit einem Zimmerman zugehe. Derselb, wenn er ein haus sol bawen, mus er zuuor Bret, BeielBeil. Vgl. , 1374. vnd andere waffenWerkzeuge. Vgl. , 254–256. haben, die er zu
volbringung des Bawes vnd derselben arbeit haben mus. Gott aber handele mit des Menschen bekerung als ein allmechtiger Schepffer, der aus nichts schaffen vnd machen kan von sich selbs, one einige Mittel, was vnd wie er wil. Dieser Jrrthum ist in seinem Buch Von der heiligen Schrifft zu finden am 10. blat auff der andern sei
ten.. Vgl. Anm. 65 zum lat. Text. Jtem am 11. blat auff der andern seiten.Vgl. Anm. 66 zum lat. Text.

Es ist aber zwarwahrlich. auch dieser Jrrthum leichtlich zu erkennen. Denn was kan das fuͤr eine Folge werden, so man etwas schliessen wolt aus Gottes vngeoffenbarter allmechtiger Krafft von seinem geoffenbarten Willen vnd ordentlicher Wirckung? Atque sic ab omnipotentia DEI, ad eius uoluntatem. Denn so
Gott das nicht alles thut, das er doch wol thun vnd schaffen koͤnde auch in diesem zeitlichen Leben, wie viel weniger geschihet das in geistlicher Wirckung? Er koͤnde wol alle Menschen schaffen vnd zu dem Leben helffen one einige zuthun der Eltern. Aber er thuts nicht, sondern brauchtgebraucht, verwendet. darzu D 3r/ fol. 11a seines selbs dazu geschaffenen Mittels vnd Werckzeugs, nemlich
den heiligen Ehestand. Eben dergleichen koͤndte er wol alle Menschen bekeren vnd erleuchten one einige Predigt vnd muͤndlich Wort, durch sonderliche trewme vnd heimliche erleuchtunge. Aber er thuts nicht. Sondern er hat jm einen besondern Werckzeug dazu geschaffen, nemlich sein liebes Wort vnd Predigampt mit den heiligen Sacramenten, durch welche er vns, als durch
eine Mutter, durch wirckung vnd erleuchtung des heiligen Geists andersvon neuem. Vgl. , 1038f. gebiret, bekeret vnd ernewert.

Darumb wird auch an viel orten das goͤttlich Predigampt genennet vnd verglichen einer Mutter Leib. Als im 110. Psal.: Deine Kinder werden dir aus Mutter leibe geborn Wie der Thaw aus der Morgenroͤte.Vgl. Ps 110,3. Vnd Jsa. 46:
Hoͤret mir zu, jr vom hause Jacob vnd alle vbrigen vom hause Jsrael, die jr von mir im Leibe getragen werdet vnd in der Mutter ligt.Vgl. Jes 46,3. Vnd Jaco. 1: Er hat vns gezeuget nach seinem willen durch das wort der Warheit, auff das wir weren Erstlinge seiner Creaturen.Vgl. Jak 1,18. Fast auff solche weise redet Dauid im 131. Psalm, da er spricht, wie ein junger Seugling sein narung vnd erhal
tung habe aus der Mutter bruͤsten, also hab er sich generet vnd gestercket in seinen Anfechtungen durch Trost des goͤttlichen Worts, welchs auch allein seiner Seelen Narung allzeit gewesen sey. Zeigt auch an, das es kein mal gefehrlicher vmb jn gestanden sey, denn wenn er D 3v/fol. 11b dieses Trosts mangel gehabt vnd allein bey sich selbs in seinen gedancken Trost gesucht
hab, vnd saget: HERR, mein Hertz ist nicht hoffertig, vnd meine augen sind nicht stoltz, vnd wandele nicht in grossen dingen, die mir zu hoch sind. Wenn ich meine Seele nicht setzet vnd stillet, so ward meine Seele entwenet, wie einer von seiner Mutter entwenet wird.Vgl. Ps 131,1f (Luther 1545).

Hieher gehoͤren vnzelich viel Spruͤche, die da leren, das man Gottes werck
zu vnser Erleuchtung nirgend denn allein in Gottes Wort suchen sol. Als Jsa. 8: Ja nach dem Gesetz vnd zeugnis, werden sie das nicht sagen, so werden sie die Morgenroͤte nicht haben.Vgl. Jes 8,20 (Luther 1545). Das ist so vil: Wer das muͤndliche Wort Gottes verachtet vnd aus dem selbigen nicht geleret, der wird nimermehr zum Liecht des Erkentnis Gottes komen, sondern mus in der finsternis alles Miss
uerstands vnd zweiueln von Gott zu grund vnd bodemBoden. Vgl. , 208f. gehen. Dauon gibt S. Paulus Rom. 10 diesen grund vnd feste Regel: So kompt der Glaub aus der Predigt, das predigen aber durch das Wort Gottes.Vgl. Röm 10,17. Vnd setzet vor dieser Regel ein Frage, darinnen er beweiset, das es ein vnmuͤglich ding sey, on die Predigt zu erleuchtung vnd Glauben zu komen, vnd sagt: Wie sollen
sie gleuben, von dem sie nicht gehoͤrt haben?
Vgl. Röm 10,14. Vnd damit er solchen eigenen hochfarenden gedancken vnd nachforschen ausser vnd one das eusserliche Wort fuͤrkome vnd were,zuvorkomme/vorbeuge und wehre. weiset er jederman zum trewlichsten an das Wort vnd sagt: Die Gerechtig­D 4r/fol. 12akeit aus dem Glauben spricht also: Sprich nicht in deinem hertzen: Wer wil hinauff gen Himel faren? Aber
so saget sie: Das Wort ist dir nahe, nemlich in deinem Munde vnd in deinem hertzen. Vnd das ist das Wort vom Glauben, das wir predigen.
Vgl. Röm 10,6.8.

Dis beweisen auch trefflich viel schoͤner Exempel deren, so aus den Heiden zum Glauben durch die Predigt der Apostel gebracht vnd erleucht worden sind. Derhalben auch S. Paulus sich frey darff nennen Gottes Miterbeiter,Vgl. I Kor 3,9.
jtem seiner Zuhoͤrer Vater, die er durch die Predigt von Christo new geborn hab.Vgl. I Kor 4,15.

Wiewol nu das war ist, das der heilige Geist die Vrsach ist vnser Bekerung vnd Erleuchtung, darumb er auch genennet wird Gottes Finger,Vgl. Lk 11,20. als der der rechte Bawmeister das verderben vnsers fleisches wider zurechtbringt vnd
gantz macht, jdoch wil er damit sein Werckzeug vnd Waffen solcher seiner Wirckung nicht wegwerffen noch auffheben oder abgethan haben, wie die thun, die one den Werckzeug solche Ernewerung allein dem heiligen Geist, one das Predigampt, zumessen. Darumb suͤndiget man hiebey zwifach: Entweder das man dem Bawmeister zumisset der arbeit volzihung on den werck
zeug, oder dem Werckzeug die erbeit befilhet one den Meister.

Derhalben sol man der sachen recht thun vnd beides beisamen behalten, wie es Gott zu vnser bekerung D 4v/ fol. 12b selbs geordent hat, nemlich den heiligen Geist mit vnd bey dem Wort vnd Sacramenten, darin er wircket vnd thetig ist gegen allen Menschen, Wie denn in der Warheit das Predigampt one
wirckung des heiligen Geistes gar nichts vermag noch kan, wie solche wirckung vnd erbeit des heiligen Geistes in vnd durch das Wort bezeuget Jsa. 59: Vnd ich mache solchen Bund mit dir, spricht der HERR: Mein Geist, der bey dir ist, vnd meine Wort, die ich in deinen Mund gelegt hab, sollen von deinem Munde nicht weichen, noch von dem mund deines Samens vnd
Kindes kind, spricht der HERR, von nu an bis in Ewigkeit.
Vgl. Jes 59,21. Mit diesen worten versprichtverlobt, verbündet. Vgl. , 1458f. sich Gott mit seiner Kirchen durch einen ewigen Bund, das er sie durch diese zwey Mittel allzeit woͤlle samlen vnd erhalten, nemlich durch das muͤndliche Wort vnd den heiligen Geist, Jsa. 55: Denn gleich wie der Regen vnd Schnee vom Himel fellet vnd nicht wider dahin
komet, sondern feuchtet die Erde vnd macht sie fruchtbar vnd wachsend, das sie gibt samen zu seensäen. vnd Brod zu essen, also sol das Wort, so aus meinem Munde gehet, auch sein. Es sol nicht wider leer zu mir komen, sondern thun, das mir gefellet, vnd sol jm gelingen, dazu ichs sende.
Vgl. Jes 55,10f. Vnd Psal. 8 vnd Matth. 21 wird angezeigt, wie Gott seinen rhum vnd Lob, welchs
ist vnsere bekerung, das wir jn erkennen lernen vnd loben, nicht anders wircke E 1r/ fol. 13a denn durch den Mund der Vnmuͤndigen vnd Seuglingen,Vgl. Ps 8,3; Mt 21,15f. Rom. 8: Welche er versehenausersehen, vorherbestimmt. Vgl. , 1238–1241. hat, die hat er zuuor beruffen.Vgl. Röm 8,30. Damit beweiset er gewaltiglich, das die versehungVorherbestimmung, Praedestination. Vgl. , 1265f. zum ewigen Leben vnd Herrligkeit anders nicht geschehe, denn allein durch das
muͤndliche Predigampt.

Aus diesem allem ist klar vnd offenbar, das auch dieser Jrrthum gottlos vnd vnrecht, verflucht vnd verdampt ist, dieweil er leret, das die bekerung des Menschen nicht geschehe von dem heiligen Geist durchs Wort vnd Sacrament. Denn damit fuͤret er die Leut vom Predigampt gar ab vnd hebt
folgends das Predigampt zugleich gar auff Vnd beraubet vns aller Wirckung vnd Krafft des heiligen Geists. Vnd nach dem er vns beide, Wort vnd Geist, wegnimpt, wirfft er vns also gantz vnd gar dem Teufel zu verfinstern vnd verblenden fuͤr. Dieselbe verblendung ist die eusserste vnd erschrecklichste Straffe vber alle vndanckbare Verechter des Predigampts, Jsa. 6, Matth. 13,
Acto. 28, Rom. 11.Vgl. Jes 6,10; Mt 13,13–15; Act 28,25–27; Röm 11,5–10.

Der dritte Jrrthum.

Zum dritten Schwermet , der heilige Geist wircke vnd heilige nicht durch das Predigampt derer Lerer, die da selbs strefflich vnd vnheilig sind, ob sie auch gleich sonst ordentlich beruffen sind vnd recht leren, jm
Buch der Summa seiner Antwort fol. 11.Bislang nicht zu identifizieren. Jtem im Buch von der heiligen Schrifft fol. 22.Vgl. oben Anm. 160 zum dt. Text (VD 16 S 5052) [fol. XXIIr:] Von den Predigern vnd Dienern des BGchstabens im Newen Testament. Die andern aber seint solche Diener oder Prediger der h. schrifft / die den verstand der schrifft vnd deß gepredigten worts nicht aussem gaiste Gottes / noch auß innerlicher erfarung deß hertzens haben / die auch nicht von hertzen vor Gott inn Christo predigen / schreiben / leeren / noch die schrifft inn der gnaden Gottes handeln / tolmetschen oder außlegen / sonder one gaist vnd gnade allain auß menschlicher kunst / verstande vnd übung / wie sie solchs durch aignen fleiß / natürliche kreffte / vnnd der vernunfft schicklichait / auß der Bibel / oder von jren Lesemaistern / als sonst andere künste / studiret / vnnd auß mancherlai Commentarien / auch ettliche auß den Judischen Rabinis / zGsammen getragen haben / Deren ankunfft vnd grund nichts dann der blosse BGchstabe der h. schrifft ist / die sie nach menschlichem verstande vnd nach der Juden außlegung / pre­[fol. XXIIb:]digen oder fürlesen / vil sprüche aneinnander hefften / vnd drauff mehr weder auff Christum inn himmel weisen / ja sie sagen das solch weisen zG hoch vnd schwermerei sei / man soll erniden beim worte / das ist / beim bGchstaben der schrifft (die sie Gotes wort haissen) vnd bei jrer predigt vnnd eüsserlichen Sacramenten / bleiben / da moͤge man den glauben schoͤpffen / gnad empfahen / vergebung des sünden / den hailigen gaist / die seligkait vnd alles finden.

E 1v/fol. 13b Diesen Jrrthum hat von den DonatistenVgl. Anm. 85 zum lat. Text. gelernet, vnd ist nicht weniger schedlich denn die vorigen alle beide. Denn damit wil der leidige Satan die Kirchen des vberreden, das des heiligen Geists
krafft vnd wirckung stehe in der wirdigkeit der Diener des Worts. Nu ists aber allein Gott, als der ein rechter Hertzkuͤndiger ist,Vgl. Acta 15,8. vnd keinem Menschen muͤglich, einiges Dieners hertz vnd wirdigkeit zu erfoschen. Da nu das war solt sein, wuͤrde die Kirch nimermehr koͤnnen gewis werden der rechten Lere vnd grund jrer Seligkeit, so fern der heilige Geist mit seiner
krafft solt an des Dieners Person gebunden vnd geknuͤpffet sein.

Darumb mus die Kirche mit gewissen Grund recht gefasset sein, das der heilige Geist krefftig vnd thetig sey durch die Predigt auch der vnwirdigen Diener. Wie koͤndten doch jemals ergere BubenSchurken. Vgl. , 460f. gefunden werden, denn die Schrifftgelerten vnd Phariseer waren zu Christi zeiten? Dennoch befilhet
Christus Matth. 23, das man sie so lang hoͤren sol, so lang sie in der rechten Ban beharren vnd bleiben. Auff dem Stul Mosi (sagt er) sitzen die Schrifftgelerten vnd Phariseer. Alles was sie euch heissen halten, das haltet.Vgl. Mt 23,2f. Dis Gebot Christi were gar vergeblich vnd vmbsonst, wenn des Predigampts Krafft vntuͤchtig vnd vnnuͤtz were vmb der boͤsen Buben willen, wie
meinung helt. Also leret auch Christus Matth. 7, das in seinem Namen viel werden weissagen, Teufel austreiben E 2r/fol. 14a vnd im Predigampt allenthalben viel Krafft beweisen, so sie doch als die ergsten Vbeltheter zum Verdamnis verurteilt werden.Vgl. Mt 7,22f. Dergleichen klagt S. Paulus Phil. 1, das das Euangelium nicht von allen mit gleicher trew vnd redligkeit
gepredigt werde. Denn von etlichen werde es gepredigt aus rechter lieb vnd guter meinung, von etlichen aber vmb hass vnd haders willen. Was ist jm aber denn? (sagt er) Das nur Christus verkuͤndiget werde allerley weise.Vgl. Phil 1,18. Hat doch der heilige Geist seine krafft also wol bewiesen an des Verrheters JudeJudas. als an Petri vnd der andern Apostel Predigampt, derJudas.
doch ein recht arger Boͤsewicht war.

Es were wol zu wuͤndschen, das alle, die zum Predigampt beruffen sind vnd werden, zu gleich from vnd heilig weren an Lere vnd leben, vnd also jr Predigampt mit einem heiligen wandel zierten, auch jre Zuhoͤrer mit gutem Exempel besserten, wie S. Paulus sagt, das ein Bischoff sol sein ein Fuͤrbilde
der Herde.Vgl. I Petr 5,3. Weil man es aber in diser schwacheit nicht haben kan, mus man darumb nicht dencken, das vmb jrer vnrichtigkeit willen auch das Predigampt nichts solt tuͤgen noch werd sein. Denn was die Ernewerung vnd bekerung antrifft, gilt jrer Person halben das Predigampt nichts mehr noch weniger, hilfft noch schadet nichts, sondern ist vnd bleibet fuͤr sich ein werckvnd
Krafft Gottes, der da wircket durch den heiligen Geist, on jr eigen zuthun. Der ist allein Meister, Vorbereiter vnd Volbringer E 2v/ fol.  14b seines Wercks. Denn es kan wol ein Prediger seine Kirchen vnd Zuhoͤrer recht leren vnd zum Heil vnterrichten, vnd er fuͤr sein Person, vmb seines Vnglaubens, vngeschickssündhaften, ungehörigen, üblen. Vgl. , 842. leben vnd losen wandels willen, zum Teufel
faren. Derwegen straffet auch S. Paulus die Gemeine zu Corintho so hefftig 1. Cor. 3, das sie des Predigampts krafft vnd wirckung an der Prediger person vnd ansehen heffteten. Warumb (spricht er) zanckt jr euch vntereinander vnd erhebt sich einer wider den andern Jch bin Paulisch vnd ein ander Jch aber bin Apollisch Wer ist denn Paulus? Wer ist nu Apollo? Diener sind sie,
durch welche jr seid Gleubig worden. Vnd dasselbig, wie der HERR einem jeglichen gegeben hat. Jch habe gepflantzt, Apollo hat begossen, aber Gott hat das gedeien gegeben. So ist nu weder, der da pflantzet, noch der da begeust etwas, sondern Gott, der das gedeien gibt. Der aber pflantzet vnd der da begeust ist einer wie der ander. Denn sie sind Gottes Miterbeiter.
Vgl. I Kor 3,3–9.

s:Weil denn nu aus diesem allem vnwidersprechlich warwahr. ist, das des meinung Jrrig vnd Gottes Wort zuwider ist – Erstlich, das er leugnet, das der heiligen Propheten vnd Apostel Schrifften sollen Gottes wort sein. Darnach, das er leugnet des heiligen Geistes wirckung durch Mittel des Worts vnd der heiligen Sacrament, mit welcher E 3r/fol. 15a Schwermerey er
gerne die gantze Welt in eitel Epicurischeweltliche und daher oberflächliche; nach dem griechischen Philosophen , der als Vertreter eines prinzipienlosen Materialismus galt. Vgl. , 1130–1140; , 1126–1130. sicherheit wolt stecken vnd werffen, mit hoͤchster verdruͤckung vnd vntergang des Heiligen Predigampts – So wird er mit solchen seinen Jrrthumen billich von der gantzen Kirchen verworffen vnd abgesondert Vnd wie ein vntuͤchtigs Vnkraut aus dem fruchtbarn Acker Gottes ausgerottet vnd gefeget.Vgl. Mt 13,40–42 (dort allerdings erst im Endgericht).
Dagegen aber sol wider solche Lesterunge das Predigampt vnd rechter Brauch der heiligen Sacrament als der werdeste Schatz vnd einige werck­ vnd Ruͤstzeug des heiligen Geistes von jederman lieb vnd werd gehalten werden, als dadurch der allmechtige Gott, so one dasselb nach seiner goͤttlichen, herrlichen Maiest. vnerforschlich vnd vnbegreifflich nach seiner
Gnad vnd barmhertzigkeit sich selbs ernider lest Vnd aus seinem Thron, da sonst niemand hinkomen kan, muͤndlich mit vnsern Hertzen zu reden herfuͤr thut, vnd vns seiner Gnaden willen, wie er vns wolle selig machen vnd zu sich in sein ewiges Leben abfoddern, darinnen eroͤffent. Hat auch darumb solchen offenbarten willen meniglich anzuhoͤren vnd zu gleuben
geboten als den vnwandelbaren Raht, Weisheit vnd Fackel seines willens, die vns den rechten Weg aus diesem Jamertal vnd der Welt reich durch die jrrige Finsternis leiten vnd weisen sol zum richtigen vnd strackengeraden, direkten. Vgl. , 594. Weg zum ewigen Vaterland. Wie es denn auch ist die einige Regel, die die rechte Anleitung gibt, wie man jn recht erkennen vnd jm dienen sol, vnd ein
gewisse Richtschnur, dar­E 3v/fol. 15bnach wir all vnser gedancken, sinn vnd gemuͤt richten sollen.

Weiter ist auch gar kein zweiuel, das diese Donatistische Lere vnd ander Schwenckfeldische Jrrthum, sonderlich das er saget, der Glaube kome nicht aus dem gehoͤr eusserlicher, muͤndlicher lere, sey von der Augspurgischen
Confession verdammet. Denn in derselbigen stehen Num. 5 vnd 8 diese wort: Wir verdammen auch alle jrrige Geister, so leren, das man den heiligen Geist anders denn mit dem Wort vnd Glauben erlange, vnd verachten das eusserliche Wort des Euangelij Vnd leren des heiligen Geistes wirckung, Liecht vnd trost des Hertzens one das Euangelium vnd ausser dem Euangelio
suchen, vnd fuͤren also die hertzen von Gottes Wort vnd den Sacramenten auff eigene Wahn vnd Erleuchtung, welches das aller schedlichste ist.
Vgl. : Item, wir verdammen alle irrige geister, so leren, das man den heiligen geist anders denn mit dem wort und glauben erlange und verachten das leiblich wort des Evangelii und leren heiligen geists wirckung, liecht und trost des hertzens, one das Evangelium und ausser dem Evangelio suchen, wie denn und die Anabaptisten und viel deren gleichen leren, dadurch das hertz von Gottes wort auff eigne gedancken schedlich gefüret wird. : Item. Wiewol die Christliche kirche eigentlich nicht anders ist denn die versamlung aller gleubigen und heiligen, Jdoch dieweil inn diesem leben viel falscher Christen und heuchler, auch öffentliche sunder unter den fromen bleiben, sind die Sacrament gleichwol krefftig, ob schon die Priester, dadurch sie gereicht werden, nicht from sind, wie Christus anzeigt: Auff dem stuel Moisi sitzen die Phariseer etc. Derhalben werden die Donatisten und alle andere verdammet, so anders halten.

Auch ist in den Schmalkaldischen Artikeln ein herrlicher Ort, da dieser Jrrthum oder vnsinnigkeit des reichlicher vnd nach der lenge verdampt wird, wie das im Capitel von der Beicht zu sehen ist.Vgl. : Und inn diesen stücken, so das mündlich, eusserlich wort betreffen, ist fest darauff zu bleiben, das Gott niemand seinen Geist oder gnade gibt, on durch oder mit dem vorgehend eusserlichem wort, Damit wir uns bewaren fur den Enthusiasten, das ist geistern, so sich rhümen, on und vor dem wort den geist zu haben, und darnach die Schrifft oder mündlich wort richten, deuten und dehnen ires gefallens Das ist alles der alte Teufel und alte Schlange, der Adam und Eva auch zu Enthusiasten machte, vom eusserlichen wort Gotts auff geisterey und eigen dünckel füret Und thetts doch auch durch andere eusserliche wort, Gleich wie auch unsere Enthusiasten das eusserliche wort verdammen und doch sie selbs nicht schweigen, sodern die welt vol plaudern und schreiben, gerade als kündte der geist durch die Schrifft oder mündlich wort der Apostel nicht komen. Aber durch ire schrifft und wort muste er komen. Warumb lassen sie auch ire predigt und schrifft nicht anstehen, bis der Geist selber inn die Leute on und vor irer schrifft kompt, wie sie rhümen, das er inn sie komen sey on predigt der schrifft?

Dieweil denn nu dieser gottloser schedlicher Jrrthum auch dem Wort Gottes offentlich zuwider ist Vnd von vnsern Kirchen allezeit ist verdammet, so sollen vnd woͤllen wir jn auch fuͤr verdampt vnd verworffen halten Vnd jn bestendig vnd ernstlich mit sampt seinen Meistern vnd Schutzherrn verfluchen vnd mei den.

E 4r/fol. 16a III.

Widerlegung des Jrrthums der Antinomer.

Der Jrrthum der Antinomer folget billich zum nechsten auff schwermerey, wie ein Glied seinem Coͤrper, vnd wie das Gesetz ein stuͤck des Predigampts goͤttliches Worts ist. Denn wie leugnet, das
vnser bekerung vnd Erleuchtung geschehe vom heiligen Geist durch das geschriebene oder muͤndliche Wort vnd Sacrament, vnd damit das gantze Predigampt zugleich gar auffhebt Vnd weiset vns beiseits auff newe vnd besondere erleuchtung des Geistes on Wort vnd Mittel, also werffen die Antinomer das Gesetz in seinem rechten Ampt auch gar hinweg, jndem sie
leugnen, das der heilige Geist die ware Rew durch das Gesetz wircke. Denn damit stummeln sie so bald im anfang das Predigampt, dieweil sie des Gesetzes eigen vnd vnterschiedlich ampt in das Euangelium vermengen Vnd woͤllen, das man die Rew oder Buspredigt zu Gott nicht aus dem Gesetz, sondern allein aus dem Euangelio nemen sol.

Zu diesem Jrrthum hat sie verursacht vieler Prediger vnuerstand, die bald im anfang, da Gott E 4v/fol. 16b diesen Landen des heiligen Euangelij reine Predigt wider geben hat, aus vnfleis, one einigen rechten vnterschied, dem Euangelio nicht allein seine gebuͤrliche eigenschafft nicht gegeben, das es sey eine Predigt von der Vergebung der Suͤnden, sondern vnbescheidenunverständig, unklug. Vgl. , 339. in
hauffeninsgemein, undifferenziert. Vgl. , 586f. geredt Vnd das Euangelium schlecht in gemein fuͤr ein Buspredigt getrieben, als das es das Erkentnis der Suͤnde one das Gesetz lere.

Dieser Jrrthum ist eine seer heimischVgl. oben Anm. 98. vnd tuͤckischer behender Griff des Teufels, der eigentlich damit hat das wollen ausrichten, das, wie das Bapstum
nur ein stete Predigt des Gesetzes gewesen ist, da man nichts vom Euangelio vnd vergebung der suͤnden geleret, sondern nur mit treiben der Werck die Gewissen gemartert vnd in verzweiueln gefuͤret hat, also wolt ers vnter dem Euangelio auch vmbkeren Vnd durch die Predigt des Euangelij one Gesetz die erledigten Gewissen aus des Bapsts Henckereydie aus der Henkerei des Papstes entlassenen bzw. davon befreiten Gewissen. Henkerei = henkersmäßiges Gebaren. Vgl. , 993. in ein eitelvöllig, ganz. Vgl. , 389. ruchlose,
fleischliche Sicherheit bringen. Das heisst denn recht nach dem Sprichwort dem Regen entlauffen vnd gar ins Wasser fallen,Vgl. Sprichwort: Wer dem Regen entlaufen will, fällt oft ins Wasser. Vgl. , 1581. vnd von einer Hell in die ander rennen.Sprichwörtlich, nicht bei Wander. Denn die ruchlose, fleischliche Sicherheit vnd verachtung des gestrengen Gerichts Gottes wider die Suͤnde fuͤret die Leute (wo man das Gesetze nicht neben dem Euangelio treibet, sondern die Suͤnde lesst
schlaffen) eben so wol vom Himelreich weg zur Hellen zu, als die endliche verzweifelung an der Barmhertzigkeit Gottes, so durch des Bapsts Gesetz vnd Wercklere verursacht wird.

F 1r/fol. 17a Da nu der Satan das ersehen hat, das durch die Predigt des Euangelij die Gewissen aus den erbermlichen banden des Gesetzes zu rech
tem vnd gewissem Trost sind gebracht worden Vnd jn durch solchen Trost alle vrsach zu verzweiueln weggenomen worden ist, wirfft er diesen Jrrthum der Antinomer als ein vngehewren Klotz der Predigt des Euangelij in weg,in den Weg. als damit er verhofft, demselbigen den richtigen Lauff zu verhindern vnd erwehren, jederman damit als durch ein starcke Posaunen in einem vnbußferti
gen,B; A: busfertigen. fleischlichen, sichern Leben zu behalten, vnd sucht der arglistige Seelmoͤrder damit das, das vns das Euangelium one des Gesetzes Predigt eben so viel solt nutz sein, als zuuor das Gesetz one das Euangelium im Bapstum gewesen ist. So meisterlich kan sich der vnrugige, listige Feind verdrehen vnd Gott all sein Werck verkeren vnd verwenden,verdrehen; verderben; vernichten Vgl. , 2208, 2210. fuͤret vnd treibet die
Hertzen von dem rechten Weg vnd Stras beseit ab Vnd nimpt dem Predigampt seine fuͤrnemste Heubtstuͤck, das Gesetz vnd Euangelium, vnd menget sie eins in das ander Oder trennet sie gantz vnd gar von einander.

s:Vnd das ist des Boͤswichts, des Teufels, fuͤrnemster tuͤck vnd griffKunstgriff, Kniff, Trick. Vgl. , 299. einer, das er die heilsame Ertzney (die da ist das Wort Gottes) zu einem lautern
schedlichen vnd verderblichen Gifft machet Vnd hindert die werck des heiligen Geistes, dadurch die Kirche von jm beruffen vnd versamlet, die jrrigen vnd verfuͤrten bekeret werden. Denn das Gesetz vnd F 1v/fol. 17b Euangelium, recht vnd vnterschiedlich getrieben, sind die rechten vnd heilsamen Mittel, dadurch der heilige Geist diese seine wunderbarliche
Werck, den Suͤnder zu Gott zu bekeren durch rechte Rew vnd Glauben, ausrichtet. Also das wir durch warhafftig erkentnis der Suͤnden ernstlich geschreckt vnd durch erkentnis der herrlichen Gerechtigkeit, die vns durch Christum verheissen vnd aus Gnaden geschenckt, von hertzen erfrewet vnd getroͤstet werden, auff das wir durch diese heilsame vergleichung des
schreckens vnd Glaubens Gott recht lernen erkennen vnd ehren, wie der 2. Psalm sagt: Dienet dem HERRN mit furcht, vnd frewet euch mit zittern.Vgl. Ps 2,11. Denn wenn das Gesetz vnd Euangelium entweder one vnterscheid vermenget, oder aber eines one das ander getrieben wird, so wird so bald des heiligen Geistes werck an vnser Bekerung gehindert, das man zu keinem
rechten Schrecken vnd Glauben komen kan.

Denn gleich wie das Gesetz, so es one das Euangelium gepredigt wird, allen Glauben, vertrawen vnd zuuersicht zu Gott sampt dem rechten Gebet auslescht vnd dafuͤr nur schrecken, dadurch man fuͤr Gott fleucht, vnd eitel CainischeAdjektivbildung zu Kain, dem Brudermörder, vgl. . verzweiuelung oder aber Phariseische, heuchlischeheuchlerische, geheuchelte. Vgl. , 1278. Vgl. Mt 23,13-15. vnd
ertichte froͤmigkeit, durch welche die barmhertzigkeit Gottes, vns durch Christum verheissen, verworffen wird, bringet. Eben also helt sichs auch mit dem Euangelio, wenn es one das Gesetz blos geprediget wird. F 2r/fol. 18a Alsdenn verlischt in den hertzen alle rechte furcht Gottes, heilsame Rew vnd Demut. Dagegen aber wachssen vnd entstehen fleischliche sicherheit. Daraus
folget grewliche verachtung des gestrengen vnd ernsten Gerichts Gottes vber die Suͤnde Vnd, das noch mehr ist, es wird dadurch die trewe barmhertzigkeit Gottes vnd das einig Verdienst vnsers Herrn Jhesu christi mit hoͤchster vndanckbarkeit vergessen. Denn es sey denn, das jemand durch erkentnis der Suͤnd, vermaledeiung(Erkenntnis der eigenen) Verfluchung, Verdammnis. Vgl. , 841. vnd schrecken des zorns Gottes
getoͤdtet vnd in die Hellenangst getrieben werde, so wird er nimermehr von hertzen mit ernst begern vnd suchen oder fragen nach der Gnad, Gerechtigkeit, Segen, Leben oder Himel, wie solchs zeugen der 119. Psal.: Ehe ich gezuͤchtiget ward, jrrete ich. Nu aber halte ich mich zu deinem Wort.Vgl. Ps 119,67. Jtem Matt. 11: Den Armen wird das Euangelium verkuͤndiget.Vgl. Mt 11,5.
Jsai. 61: Der HERR hat mich gesand, den Elenden zu predigen, die zerbrochene hertzen zu verbinden etc. Jtem Zu troͤsten alle traurigen.Vgl. Jes 61,1f.

Aus diesen Puncten kan man fein verstehen, das niemand das Euangelium fruchtbarlich vnd mit rechtem Nutz hoͤren, noch die vberschwenckliche Reichthum des Herrn Christi darinnen ergreiffen noch fassen kan, er werde
denn zuuor durch des Gesetzes krafft dahin getrieben, das er an jm selbs erfare, wie gar ein vntuͤchtig, schwach vnd gebrechlich Gefes er seyVgl. Röm 9,21–23; II Tim 2,20f. Vnd was fuͤr grosse Schult vnd ewige straff er verdienet habe. Alsdenn lernet man F 2v/ fol. 18b recht verstehen, wie die Erbsuͤnde so gar ein grosser, vnheilsamerunheilbarer; verderblicher. Vgl. , 1054f. schade ist in der verderbten Natur des Menschen, das er so
gar in allen seinen krefften wider das Gesetz Gottes gerichtet ist. Jtem was fuͤr ein mercklicher Mangel das ist, das wir so gar alle die erste Erbgerechtigkeit vnd rechtes Bilde Gottes verloren vnd des beraubt sind vnd dafuͤr ein vngehewrabscheuliches. Vgl. , 695f. Bild vnd des Satans gar leibeigen worden sind, schuldig des ewigen zorns vnd verdamnis.

Wer diese hohe vnd grosse Mengel vnd gebrechen im Gesetz nicht recht gruͤndlich vnd ernstlich erkennet vnd fuͤlet, der wird je lenger je sicherer vnd setzet seinen trotz vnd wolgefallen auff das vermuͤgen des eigenen freien Willens. Derwegen muͤssen die Hertzen zuuor durch des Gesetzes Hamer wie harte WackenKieselsteine. Vgl. , 204f. vnd kieselsteine wol zerschlagen vnd
zurschmettert werden, ehe vnd zuuor sie durch den edlen, thewren vnd werden Schatz des Euangelij getroͤstet vnd damit erfuͤllet werden, wie Esaie 40: Bereitet dem HERRN den Weg. Macht auff dem Gefilde ein ebene Ban vnserm Gott. Alle Tal sollen erhoͤhet werden Vnd alle Berge vnd Huͤgel sollen genidriget werden etc.Vgl. Jes 40,3f.

Jn diesem Spruch wird kuͤrtzlich begriffen der gantze handel des Reichs Christi mit vns. Denn erstlich wird vns der Herr Christus gar troͤstlich fuͤrgemalet, wie er alle Schetz vnd Reichthum vnsers verlornen Heils mit grossem hauffen auff sein F 3r/ fol. 19a Hals geladen hab vnd vns dieselben widerbringen woͤlle. Darnach werden vnsere suͤnde vmb des Erbschadens
willen verglichen einem vngebaneten vnd so gar vngehewrem Wege, dahin niemand reisen noch hindurch komen kan von wegen der tieffen vnd finstern Talen vnd vbermessig hohen Bergen, Hecken, Gestreuch, Wiltnis etc. Darumb schreiet er den Predigern so ernstlich zu: Lieber, bereitet mir doch den Weg. Zihet die Berge vnd Huͤgel ein vnd machet die Tal damit eben.
Reutet die Gestreuche aus. Hawet die Hecken vmb. Brennet die doͤrner aus der Strassen, das Jch doch mit meinem Trost muͤge vngehindert vnd vnuerseumet zu meinem trostlosen Volck komen.
Diese hohe Berge, so Christum zu vns zu komen verhindern, sind das hohe, stoltze Vertrawen vnser eigenen Kreffte vnd Wirdigkeit. Da wil er haben, das man sie sol
nidrigen vnd einziehen durch des Gesetzes Predigt wider die Suͤnde vnd Tod. Die Tal aber sind die geengstigten vnd zerschlagen hertzen, die durch zweiueln in hoͤchster gefahr stehen. Die befilhet er durch die Predigt des Euangelij von der Gerechtigkeit vnd ewigem Leben, durch Christum erworben vnd aus lauter Gnad vns geschenckt, zu stercken vnd auffzurichten.
Die jrre, kruͤmme vnd mit dorngestreuch verwachsene Wege sind alle die vberige angeborne vnd im fleisch bleibende mengel vnd gebrechen, darinnen die newgebornen Kinder Gottes sich noch hart kratzen vnd engsten. Dieselben Lustseuch sol man toͤdten vnd auffreumen vnd in einem newen Leben, F 3v/fol. 19b als einer ebner vnd wolbereiten Strassen, anweisen,
zurichten vnd lencken.

Dis ist die rechte vnd heilsame weise, dem HERRN seine Wege zu bereiten, der sollen auch alle trewe Lerer vnd Prediger ernstlich folgen, nemlich das sie das Reich Gottes an vns pflantzen vnd anfahen: Erstlich die sichern, wilde vnd rohe Hertzen durch das Gesetz schrecken. Darnach die Busfertigen mit
dem Euangelio wider troͤsten vnd auffrichten. Dagegen aber verhawen diese Christo die Strassen, die da nach Papistischer, Phariseischer weise allein das Gesetz treiben one das Euangelium Oder aber mit den Antinomern allein das Euangelium one das Gesetz predigen, straffen die laster nicht mit rechtem eiuer vnd ernst Vnd lassen indes den gemeinen hauffen jmer frey anhin suͤn
digen. Denn die ersten machen die Tal noch viel tieffer Vnd gruͤndenschachten aus, graben in die Tiefe. Vgl. , 776f, 795. bis zur Hellen hinunter, also das der HERR gar nicht zu den seinen komen kan. Die andern aber tragen vnd setzen einen Berg auff den andern, das er auch nicht hinauff zu jnen klettern mag.

Dieweil denn beide teil, die Papistischen Gesetzprediger vnd die
hoͤnigsuͤssen Gnadenprediger, die Antinomi, vns das Reich Gottes je mehr abtreiben vnd vns so gar dauon abfuͤren, also das sie vns entweder dem Teufel durch verzweiueln oder durch eitel sicherheit zufuͤren, so drawet jnen zu gleich miteinander Gott im Propheten Ezech. am 13. gar erschrecklich Vnd spricht vnter anderm: Wehe euch, F 4r/ fol. 20a die jr Seelen zum Tod
verurteilt, die doch nicht solten sterben, vnd vrteilt die zum Leben, die doch nicht leben solten etc. Das jr das Hertz der Gerechten felschlich betruͤbet, die Jch nicht betruͤbet habe, vnd habt gesterckt die Hende der Gottlosen, das die sich von jren boͤsen Wegen nicht bekeren, damit sie lebendig moͤchten bleiben.
Vgl. Ez 13,18f.22.

Darumb sol man der Antinomer Lere als ein arges gifft vnd ein sonderlich schedlich waffen des Teufels fliehen, als damit er sucht alle fleischliche sicherheit zu bestetigen. Dagegen aber sol das Gesetz Gottes in der Kirchen an seinem gebuͤrlichen Ort recht gepredigt vnd angehoͤrt werden Vnd die Zuhoͤrer fleissig vnd vnterschiedlich gelert werden, das es als ein Stuͤck des
Predigampts nicht kan noch sol ausgelassen werden. Sintemal der heilige Geist dadurch als durch einen heilsamen werckzeug seine erste arbeit wircket zu vnser bekerung, nemlich rechte Rew vnd toͤdtung des alten menschens, vnd macht, das wir vns ernstlich sehnen vnd des Trosts im Euangelio begirig werden, vnd vertilget des fleisches sicherheit.

Es sol sich auch niemand lassen jrre machen durch der Antinomer Spruͤche, die sie, jren Jrrthum zu erhalten, auffbringen, als Johan. am 16.: Der heilig Geist wird die welt straffen vmb die SuͤndVgl. Joh 16,8–11. etc. Vnd Luce am 24.: Also muste Christus leiden vnd predigen lassen in seinem Namen Bus vnd vergebung der Suͤnden vnter allen Voͤlckern.Vgl. Lk 24,46f (Luther 1545). Vnd Rom. 1: F 4v/fol. 20b
Denn Gottes zorn vom Himel wird offenbar vber alles gottloses Wesen etc.Vgl. Röm 1,18.

Jn diesen vnd dergleichen Spruͤchen sol man sich nach der Regel richten, die er geben hat in seiner andern Disputation wider die Antinomer, Proposit. 18: Alles was die Suͤnd, Zorn vnd Todt weiset, das thuts durch
des Gesetzes Ampt, es geschehe im alten oder newen Testament.
: 18. Quicquid ostendit peccatum, iram seu mortem, id exercet officium legis, sive fiat in veteri sive in novo testamento. (). Vnd am selbigen Ort sagt er, das das Gesetz vnd Predigt von der Suͤnde vnd Zorn Gottes sind gleichlautende Rede.: 20. Lex et ostensio peccati, seu revelatio irae, sunt termini convertibiles velut homo, et risibile vel rationale. ().

Diese Regel ist werth, das man sie wol mercke, vnd sonderlich allen Theologis noͤtig. Denn man mus das Gesetz vnd Euangelium als zwey vnterschied
liche Teil des gantzen Predigampts recht vnd wol vnterscheiden Vnd einem jeglichen seine art vnd eigenschafft lassen. Als wie der Glaub an Christum allein des Euangelij Werck ist, also ist auch hinwider die Rew vnd erkentnis der Suͤnden allein des Gesetzes eigen Werck. Wo nu diese Eigenschafft solten vermenget werden, muͤste der grund der gantzen heiligen Schrifft
verkeret werden. Daraus denn nichts gewissers zu erwarten denn vnzeliche jrthum in allen Artickeln vnd heubtstuͤcken der Christlichen Lere.

Dieweil denn der Antinomer Schwermerey dem goͤttlichen Wort vnd den Schrifften, so von den Vnsern ausgangen, auch vnser Christlichen Religion vnd Kirchen entgegen vnd zu wider ist, so sollen wir sie auch von gantzem
hertzen verdammen vnd verfluchen.

G 1r/fol. 21a IIII.

Widerlegung des Jrrthums der Widerteuffer.

Wie ein Siegel an einen Brieff angehenget oder, fest auffgedruckt, fest anklebet, also folgen den vorigen jrrthumen wider das Predigamt die jrrthum
der Sacramentschwermer. Sintemal die Sacrament sind himlische Siegel vnd gewisse Pfande, die Gott nicht one besonder grosse Vrsach an die Predigt des Euangelij gehenget hat. Denn es ist vber die masse ein schweer ding, den hertzen, die durchs Gesetz erschreckt vnd gestrafft sind, die Vergebung der Suͤnden, die in gemein durch die Predigt des Euangelij dem hauffen zu
gleich wird fuͤrgetragen, fuͤr sich selbs vnd von einem jeden besonders zu ergreiffen vnd fuͤr eigen anzunemen. Darumb hat Gott die Sacramenta dazu verordnet, das dadurch einem jeden in sonderheit die vergebung der Suͤnden zugeeigent vnd mitgeteilt werde. Vnd dasselb geschicht nicht allein, wie in der Predigt, durch blosse Wort, sondern auch in sichtigensichtbaren. Vgl. , 748. vnd
begreifflichenberührbaren. Vgl. , 1310. Mitteln vnd Zeichen, damit ein armer vnd erschreckter Suͤnder selbs sehe vnd hoͤre, das Gott im handelin der Angelegenheit. G 1v/fol. 21b der vergebung der Suͤnden mit jm zu thun vnd zu schaffen haben woͤlle, jn auch meine vnd jm hiemit sein Gnad vnd Heil durch hoͤren des Worts vnd niessung der Zeichen ins hertz zu eigen schencken, auff das er mit deste
festerm Glauben vnd freidigerkühner, tapferer. Vgl. , 103. zuuersicht die geschenckte Gnad vnd Barmhertzigkeit anneme Vnd mit derselben sich in seinen anfechtungen wehren vnd dadurch zum gebet stercken koͤnde.

Darumb, dieweil die Sacrament dem Glauben vnd Gebet so nuͤtzliche vnd heilsame huͤlffe thun, so sucht der Satan, wie er dieselben auch koͤnde
durch sondere Jrrthum vnd Schwermerey besuddeln, damit er vns ja nichts, das zu vnserm Heil vns von Gott verordent ist, vnangefochten lasse, auff das, wie er durch der Antinomer schwermerey das Gesetz hat auffgehaben vnd damit alle furcht Gottes aus dem hertzen gerissen vnd jnen zur fleischlichen sicherheit ein offene Freiheit zu suͤndigen gemacht, also auch durch der
Sacrament verfelschung dem Glauben alle seine huͤlffe, daran er sich halten mus, wegreumet, auff das er damit alles bestendig vertrawen in dem hertzen auslesche vnd nur zu verzweiueln vrsach gebe.

Dazu dienet der Widerteuffer jrrthum auch sonderlich. Denn dieweil das Sacrament der Tauffe als die erste Thuͤr ist, dadurch wir aus dem Reich der
Welt vnd des Teufels in die Kirchen vnd Reich Christi tretten vnd eingehen, welcher darin mit einem jglichen Menschen in sonderheit einen ewigen Bund macht seiner Gnade vnd vns wider new ge­G 2r/fol. 22abiert vnd vns, die wir todt vnd fleischlich waren, wider lebendig macht. Darumb erbeitet der Satan mit hoͤchstem fleis dahin, das er vns solche Thuͤr verrenneversperre. Vgl. , 1007. vnd ver
schliesse vnd durch der Widerteuffer schmehliche vnd lesterliche jrrthum vns hineinzugehen verhindere vnd auffhalte.

Derwegen mus man zu solchen gottlosen Secten nicht stillschweigen. Sondern zu errettung der heiligen Tauffherrligkeit muͤssen wir der heilosen Widerteuffer lesterung auch etliche widerlegen. Denn wiewol diese Sect seer
viel grobe vnd vngeheure jrrthum hat, die alle offentlich wider die ander Tafel sind,gegen die Gebote der zweiten Tafel des Dekalogs (vgl. Ex 20,12–17; 24,12; 31,18; 32,15–19; 34,1–4.28; Dtn 5,16–22). als das sie fuͤrgeben, es muͤsse kein Oberkeit sein vnter den Christen. Jtem, es koͤnne keinem Christen ein Eid zu thun zugelassen werden. Jtem Sie halten die Ehe nicht vnd treiben wider die Ehe scheusliche Buͤberey vnd Vnzucht. Jtem Sie geben fuͤr, man muͤsse nichts eigens
haben, leiden keine Gewerbe vnd Hendel. Damit sie jnen ein Freiheit machen, zu stelen vnd andern jre eigene Guͤter zu entwenden etc. Doch weil diese grewliche vnd lesterliche Bubenwerck dieses allgemeinen, zeitlichen lebens Gemeinschafft, von Gott selbs also bestelt vnd geschaffen, zugehoͤren, so wollen wir sie, als die der weltlichen Oberheit zu straffen
gebuͤren, auch hiemit zustellen vnd befelhen. Denn es je augenscheinlich ist, das diese Sect oͤffentlich vom Teufel getrieben wird. Vber diese aber haben sie noch grausamer Jrrthum wider die erste Tafel. Sie ertichten alle semptlich mit einander, es sey gar keine Erbsuͤnde. Vnd daher G 2v/fol. 22b geben sie auch fuͤr, es sey nicht von noͤten, das man die jungen kindlein teuffe.
Andere haltens mit Serueti jrrthum wider die drey vnterschiedene Personen des goͤttlichen Wesens. Etliche halten wie die Muͤnch vnd sagen, man werde gerecht aus eigenen wercken, auch die in eusserlicher zucht geschehen, als gedult, sawrsehen,verdrießlich dreinblicken. Vgl. , 1867f. vnd das man sich von gemeinem Hauffen absondere vnd ein einsam Leben fuͤre, vnd der grewlichen Jrrthum
viel mehr.

Wir woͤllen aber zu diesem mal diese jre jrrthum zu handeln nicht fuͤr vns nemen, sondern kuͤrtzlich allein die, so sie wider die heilige Tauffe haben, daher sie auch jren Namen bekomen. Vnd dasselbige kuͤrtzlich. Vnd vnter jnen sind erstlich dise, so da leugnen, das der heilig Geist durch die Tauffe
wider newgeborn vnd lebendig macht, die zuuor im fleisch vnd Geist todt sind. Die andern geben das zu, doch nur in den Alten, aber nicht an den jungen Kindern, die noch jrer Vernunfft nicht brauchen koͤnnen. Vnd damit berauben sie ein grosse, vnzeliche menge der Kindlein der Gemeinschafft der Kirchen, mit hoͤchster Gefahr derselben Seelen seligkeit. Vnd wenn
dieselben indes in jrer Jugent on die Tauffe sterben, befelhen sie dieselben stracks Gott in sein Gericht.

Derhalben mus man mit gewissen vnd klaren Zeugnissen der Schrifft gefasset sein, die vns gruͤndlich weisen, was vnd an wem die Tauffe wircke, nemlich, das der heilig Geist warhafftig durch die Tauffe one vnterscheid, es sey
Man oder Weib, Jung oder Alt, wider gebere vnd lebendig mache. G 3r/ fol. 23a Darumb nennet S. Paulus Tito 3. die Tauff ein Bad der Widergeburt vnd Ernewerung des heiligen Geists,Vgl. Tit 3,5. der vns durch dieselben Selig mache. Vnd zun zu den, an die. Ephes. 5. nennet ers ein Wasserbad im Wort,Vgl. Eph 5,26. dadurch der Son Gottes seiner Kirchen runtzeln vnd masenNarben, Flecken, Male. Vgl. , 1698f. der angebornen suͤnde,
vnd was wir von derselben vnflatsEkelerregendes, Unreinheit. Vgl. , 549–551. an vns kleben haben, abwasche, reinige vnd richte sie jm zu zu einer Braut, die herrlich sey, die nicht hab einen flecken oder runtzel, oder der Etwas,oder etwas dergleichen. sondern das sie heilig sey vnd vnstrefflich.Vgl. Eph 5,27. Also da Nicodemus Johan. 3. Christum fragte von der rechten Kirchen vnd Gemeinschafft des Reichs Gottes, antwort er jm, das niemand
zu solcher Gemeinschafft komen koͤnde, er werde denn newgeboren durchs Wasser vnd heiligen Geist.Vgl. Joh 3,5. Aus diesem allen schliessen wir mit gutem vnd bestendigem Grund, das die Widergeburt des fleischlichen Menschen geschehe allein durch den heiligen Geist in der Tauffe. Dieweil aber die jungen Kindlein eben so wol als die alten Menschen fleischlich vnd mit der Erbsuen
de vergifftet vnd verderbt sind, so sol man sie auch teuffen vnd in der Tauff jnen solchen Vnflat abwaschen, auff das sie auch New geboren werden. Denn Christus verdampt vnd verwirfft an gemeltem ort an allen menschen zugleich, jung vnd alt, die fleischliche Geburt, da er spricht: Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch.Vgl. Joh 3,6. Das ist so viel gesagt: Was natuͤrlicherweis
nach ordnung der ersten Eltern geborn wird, das ist ver­G 3v/ fol. 23bderbt vnd fuͤr Gott schuldig, geistlich todt, Vnd mus durch die Tauffe wider oder new geborn werden.

Daher feret der Herr Christus seine Juͤnger so vbel an, die da Marci am 10. die Eltern auffhielten, die Jm jre junge Kindlein zubrachten, vnd sagt: Las
set die Kindlein zu mir komen vnd wehret jnen nicht, denn solcher ist das Himelreich. Warlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfehet als ein Kindlein, der wird nicht hinein komen. Vnd so bald hertzet er sie, legt jnen die hend auff vnd segnet sie.
Vgl. Mk 10,14–16. Mit diesen worten vnd geberden zeigt er gnugsam an, das seine meinung gar nicht ist, das man die Kindlein der
Tauffe berauben sol. Sintemal sie ja seiner Kirchen vnd Reichs glieder sind, wie er spricht Denn solcher ist das Himelreich. Darumb suͤndigen die Widerteuffer vber die mas seer, das sie die Kindlein nicht teuffen lassen, dieweil sie jrer Vernunfft noch nicht mechtig sind, als solten sie darumb auch zum Glauben vnd Himelreich vntuͤchtig sein, vnd fuͤren allein die Christo zu, so
nu zu jren jaren komen vnd der vernunfft brauchen koͤnnen Vnd derhalben des Glaubens vnd Reichs Christi solten fehiger sein. Gleich als muͤste der Glaub durch die menschliche Vernunfft gefasset vnd ergriffen werden. Aber Christus sagt das widerspielGegenteil. Vgl. , 1235f. vnd spricht, das die jungen Kindlin viel tuͤglichertauglicher, geeigneter. Vgl. , 201. sind, das Himelreich zu empfahen, denn eben die Alten, darumb das
die Alten durch jre vernunfft vom Satan G 4r/fol. 24a listiglich vom Glauben auffs geschwindest werden abgefuͤret. Welcher beider gefahr die jungen Kindlin vberhaben sind, dieweil sie nicht von jrer Vernunfft koͤnnen regirt, noch durch des Teufels fewrige Pfeile so gar verletzet werden, sondern sind gantz vnd gar vnter des heiligen Geistes schutz, regierung vnd wirckung, wie
in einer sanfften vnd stillen ruhe. Denselben lassen sie alles in jnen machen vnd schaffen. Darumb wil auch Christus, das die Alten viel mehr sich sollen – den jungen Kindlin nach – in aller einfalt dem heiligen Geist vnterwerffen vnd ergeben, vnd nicht, das sich die Kinder – den Alten nach – mit jrer vernunfft vermessentlich in Gottes vnd des Himelreichs sachen sollen empor
inn die Hoͤhe schwingen.

Vnd ist wol zu gleuben, das die Apostel auff diese ernste straff des Herrn Christi, wider der Widerteuffer jrrthum, die Kindlin auch zu teuffen hernacher nicht gehindert, sondern wol selbs die Kindlin getaufft haben. Vnd das kan man daraus abnemen, dieweil in der Apostel geschicht so offt be
zeugt wird, das die Apostel alle Hausgenossen oder Heuser getaufft haben,Vgl. Act 16,15.32–34. Darunter je auch die Kinder begriffen werden Vnd one zweiuel mit den andern allen auch getaufft worden sind. Denn man findet selten Heuser one Kinder. Solchs beweiset auch Origenes vber das 6. Capit. zun Roͤmern vnd spricht: Die Kirch hat eine satzung, von den Aposteln selbs geordnet, emp
fangen, das man auch die Vnmuͤndigen Kindlin teuffen sol. Denn sie haben wol G 4v/fol. 24b gewusst, als denen die goͤttlichen Geheimnis sind vertrawet vnd befolhen gewesen, das in allen Menschen mancherley vnflat der Suͤnden klebt, die alle allein vom heiligen Geist vnd Tauff muͤssen abgewaschen werden.
Vgl. .

Derhalben sol man die Widerteuffer mit jrer gottslesterlichen Ketzerey gantz vnd gar meiden, auch in keinen weg sie in der rechten Kirchen dulden, sondern als schedlich Vnkraut vnd des Teufels selbs Werckzeug fliehen. Wie sie denn offtmals inn der Augspurgischen Confession, Apologia, Schmalkaldischen Artikeln vnd fast in allen schrifften vnserer Kirchen vnd Lerer auffs
ernstlichst vnd mit bestendigem Grunde verdammet worden sind.Vgl. , , , ; , , . In den ASm wird die Kindertaufe gelehrt (); damit distanziert sich de facto von der Lehre der Täufer, ohne sie ausdrücklich zu verurteilen. Dagegen aber sol man die Tauffe mit hoͤchster ehrerbietung herrlich halten, als den rechten heilwertigenheilsam, heilwirkend, zum Heil gereichend. Vgl. , 854f. vnd gnadenreichen Born, darin der Son Gottes mit dem Vater vnd heiligen Geist die schuldigen losspricht, die fleischlichen widergebirt vnd, die geistlich tod sind, wider lebendig macht, vnd endlich mit
einem jeden Menschen, sie seien Kindlin oder Alte, einen ewigen, bestendigen Bund auffrichtet, das, ob sie schon aus menschlicher duͤrfftigkeit vnd schwacheit nach der Tauff sundigen, doch, so sie von hertzen vnd mit rechte ernst Busse thun vnd von demselben Bund weder weichen, noch sich dauon abweisen lassen, das gleichwol derselb Bund vnbruͤchig,unverbrüchlich, unzerbrechlich. Vgl. , 401. stet vnd fest
bleiben sol.

H 1r/fol. 25a V.
Widerlegung des Jrrthums der alten vnd newen Zwinglianer
vom Abendmal des Herrn.

Gleich wie man zu erhaltung dieses leiblichen lebens vnd gesundheit allzeit
mus im Vorrat haben nicht allein speis vnd narung, sondern auch mancherley nuͤtzliche vnd heilsame Ertzney, damit man den Leib fuͤr kuͤnfftigen kranckheiten beware vnd denselbigen damit vorkome,zuvorkomme, vorbeuge. Vgl. , 1236. oder aber, da er mit kranckheiten vberfallen,befallen (sein sollte). Vgl. , 205. denselbigen wehre vnd sie damit vertreibe, also darffbedarf. Vgl. , 1722f. das geistliche Leben nicht weniger auch seiner verwarung vnd huͤlff,
dadurch der angefangen Glaub, mit allerley gottseligkeit in so grosser vnd gefehrlicher schwacheit gemehret, gesterckt wachsse vnd erhalten werde.Der Schluss des Satzes ist im Originaldruck wie folgt durch Virgeln gegliedert: Dadurch der angefangen Glaub mit allerley gottseligkeit / in so grosser vnd gefehrlicher schwacheit gemehret / gesterckt / wachsse vnd erhalten werde. Dementsprechend sind auch abweichende Zuordnungen und Interpretationen vorstellbar.

Darumb hat Gott nicht allein im alten Testament die Sacrament verordent vmb menschlicher schwacheit willen, sondern es hat auch der Herr Christus im newen Testament die heiligen Sacrament fuͤrnemlich eingesetzt vnd be
stetiget, vnd das H 1v/fol. 25b in solcher Ordnung vnd gebrauch, das, die wir in der heiligen Tauff angefangen vnd durch den heiligen Geist new geboren sind, so offt wir durch des alten AdamsEine auch von oft gebrauchte Bezeichnung für den unerlösten sündigen (Teil des) Menschen, vgl. . schwacheit vnd vnglauben, auch vom zorn Gottes, der Suͤnden last Vnd letzlich sonst von andern des Teufels fewrigen Pfeilen angefochten vnd beschweret, auch gleich fastsehr. ge
krencket krank gemacht; gequält; verletzt. Vgl. , 2031. vnd gemattetentkräftet. Vgl. , 1764. wuͤrden, so bald mit vnsern Gewissen zu diesem heilsamen Tisch zulauffen solten Vnd bey dieser troͤstlichen Speise Labung, Erquickung vnd newe Krafft vnd stercke holeten vnd suchten, wenn sich der Glaube auff das Wort Gottes vnd die Sacrament lehnete vnd sich damit stercket. Denn in massen ein krancker vnd abgematteter Leib durch Conforta
tiuaStärkungsmittel, kräftigende bzw. belebende Heilmittel. vnd labung, also wird die Seel vnd Gewissen der Christen durch das NachtmalHeilige Abendmahl. Vgl. , 199f. hertzlich vnd krefftiglich gelabet vnd vberkometerlangt, erhält. Vgl. , 346f. dauon entpfindlichenspürbaren. Vgl. , 429f. Trost vnd Sterck.

Vnd vmb solcher notwendigen vrsachen willen muͤssen diese zwey Sacrament jmer vnd allzeit in der Kirchen bleiben vnd wider alle Jrrthum vnd
Ketzereien erhalten vnd verteidingt werden, als die einige rechten Siegel vnd Warzeichen,Beglaubigungszeichen, Eigentumsnachweis. Vgl. , 1019–1021. so vns die Gnade vnd Verheissung Christi zueigenen. Vnd wo wolte doch sonst ein geengstigt vnd zerschlagen Gewissen bestendigen Trost suchen oder finden, denn so es in seiner Angst sich des bestetigten Bunds, den Gott mit jm in der Tauff angefangen vnd gemacht hat, widerumb erinnert
Vnd bedenckt, das derselb ewig vnd vnwandelbar ist fuͤr Gott, wie Jsai. sagt H 2r/fol. 26a am 54.: Denn es sollen wol Berge weichen vnd Huͤgel hinfallen, aber meine Gnade sol nicht von dir weichen, vnd der Bund meines Friedes sol nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer.Vgl. Jes 54,10. Vnd ob wir wol nach der Tauffe in vnserer grossen schwacheit offt vnd wol teglich an
diesem Tauffbund bruͤchig werden,diesen Taufbund brechen, ihn nicht einhalten. Vgl. , 412. so hebt doch Gott darumb solchen Bund mit nichten auff. Ja er hat eben vmb vnser Schwacheit willen das Nachtmal gestifftet vnd eingesetzt, das wir vns darin von newem solches Bundes, als den er hiemit teglich wider ernewe vnd bestetige, annemen, erinnern vnd damit wider vnser schwacheit troͤsten vnd auffrichten sollen.
Denn da finden wir den Son Gottes als vnsern waren, trewen Mittler zwischen dem Vater vnd vns allzeit gegenwertig, der mit einer hand seinen eigenen Leib vnd Blut, damit er vns erloͤset hat, dem Vater zeiget vnd vns dadurch mit jm versuͤnet, vnd mit der andern hand zugleich auch denselben Leib vnd Blut vns reichet, darinnen Er die Gleubigen auch aller seiner
Wolthat warhafftig teilhafftig macht Vnd einem jeden Gewissen wider seine eigene Not vnd anfechtunge rechten Trost vnd bewerte Ertzney gibt. Aber wie bald nach der Apostel zeit der leidige Satan durch seine listige, geschwindeverschlagene. Vgl. , 3997. Tuͤck den hohen Artickel von dem goͤttlichen Wesen vnd von dem waren vnd rechten Erkentnis Gottes grewlich hat angefochten vnd
sich vnterstanden, mit allerley jr­H 2v/ fol. 26bthumen vnd verfelschungen die einfeltigen hertzen jrre zu machen vnd vom rechten erkentnis Christi abzufuͤren, also feiret noch ruhet er nicht in dieser lezten zeit nicht weniger, vnd trachtet sonderlich darnach, wie er vns mit seiner geschwinden behendigkeit vmb die heilsame Mittel vnd werckzeug, darin sich Gott vns zu
erkennen gibt, mit vns handelt, vns auffnimpt, erleuchtet vnd wie durch Rinnen vnd roͤhren seine Gnade vnd barmhertzigkeit zufuͤret vnd zuleitet, bringen vnd derselben gantz vnd gar berauben Vnd sie mit seinem grausamen, vnleidlichen Grewel vnd gestanck der jrrthum vnd schleim verstopffen muͤge.

Vnd des hat er sich so bald vnterstanden, als Gott seines Euangelij heilsames Liecht durch den thewren Man Gottes , seliger gedechtnis, wider hat herfuͤr bracht, rennet vnd springt er mitten vnter den hauffen, nicht der Feinde, sondern in die Kirchen, vnd erhaschet etliche dapffere vnd gelerte Menner, die zum teil aus grossem vermessenen hohmut jrer Kunst, zum teil das sie
die goͤttliche Werck vermeinten nach der toͤrichten Vernunfft menschliches verstands zu messen vnd zu ergreiffen. Dieselben hetzet er an, das sie sich vnterstanden haben, den Artickel vom Nachtmal des Herrn vnuerschampt zu verwirren vnd mit vernuͤnfftiger geschwindigkeitGeschicklichkeit, Schlagfertigkeit, Schlauheit, List. Vgl. , 4000f. zu uerfelschen.

Vnd ist wol ein wundererstaunliches, seltsames, eigenartiges. Vgl. , 1839. ding, das der Satan all sein thun vnd wesen allzeit
so weidlichausgiebig. Vgl. , 609. auff die eusserste spitzen treiben vnd bringen kan. Denn im H 3r/ fol. 27a Bapstum hat er das Nachtmal so hoch getrieben oder viel mehr verkeret, das es jederman fuͤr ein lautern Abgott in der Mess gehalten, gegleubt vnd angebetet hat. Welchen grewlichen jrrthum nochmalshernach, späterhin; vor wie nach. Vgl. , 94; , 877. etlichen rechtschaffenen vnd bestendigen Lerern jre Verleumbder on allen grund
vnd schult fuͤrwerffen. Vnd eben erbeitet vnd drehet ers jtzt mit hochgelerten Mennern vnd spitzigen Kluͤglingen auff die andere spitzen, das, was er dort durch jene zu hoch erhaben,erhoben. nu durch diese gar nider vnd zu boden werffe. Denn diese nemen dem Nachtmal all seine gebuͤrliche Gnad, eigenschafft vnd rechten Kern Vnd werffen vns dagegen die leeren
huͤlsen vnd schalen fuͤr. Nicht anders, denn wenn einer dem andern fuͤr korn die sprew vnd fuͤr gelt eine leere Taschen boͤte. Also berauben auch sie die liebe Kirche nicht weniger jres troͤstlichen vnd allerheilsamsten Schatzes.

Derhalben wil vns auch von noͤten sein, wider solche wolgeruͤste vnd hochgelerte Leute – Sonderlich dieweil sie woͤllen der Augspurgischen Confes
sion verwanten gesehen vnd geachtet sein, vnter welchem schein vnd Titel sie denn nicht kleinen schaden thun – die einfeltigen wol zu verwarnen Vnd wider jre spitzige vnd der Vernunfft gar gemesse jrrthum mit grund Gottes Worts zu ruͤsten vnd zu stercken, damit sie nicht, durch solche vernuͤnfftige behendigkeit vnd listigen schein der Personen vnd jrer Argumenten von der
rechten Ban abgefuͤrt, in erschreckliche jrrthum fallen vnd geraten.

H 3v/fol. 27b Dieweil aber der handel vom Nachtmal von den Vnsern, vnd sonderlich von seligen, durch viel Schrifften wol vnd gnugsam erkleret vnd der Kirchen trewlich ist fuͤrgehalten worden, woͤllen wir jtzund kuͤrtzlich die Lere von demselben, wie sie von den Lerern in vnsern Kirchen
durch Gottes gnade geleret vnd gepflogen wird, widerholen vnd dabey den Widersachern jre fuͤrnemste Argumenta, vnd was sie in jren Schrifften wider vns fuͤrgeben, widerlegen. Denn wer sich wolt vnterstehen, jnen auff alle jre listige, behende vnd spitzige wort zu antworten, der wuͤrde sein Erbeit nicht besser anlegen, denn der den Wind mit einem Wildnetz fahen vnd haschen
wolte.

Vnd kuͤrtzlich ist das die Summa vnser Lere, wie sie fein einfeltig,schlicht, redlich. Vgl. , 173f. wol vnd offentlich begriffen in der Augspurgischen Confession, Apologia vnd den Schmalkaldischen Artikeln, das der Herr Christus im Nachtmal seinen waren Leib vnd Blut reicht vnd mitteilet denen, die es empfahen, vnd
dasselbig nicht in bedeutungs weise, sondern warhafftig, leiblich, eben den Leib, den er am Creutz fuͤr vnsere Suͤnde gegeben hat, nicht abwesend im Himel, sondern gegenwertig auff Erden, vnd das den wirdigen vnd vnwirdigen, nicht im Glauben geistlich, sondern mit dem Munde leiblich zu empfahen, vnd das er den Gleubigen dabey zugleich schenckt vnd mitteilet
die vergebung der Suͤnden, die er vns dadurch am Creutz erworben hat, sampt aller seiner wolthat, wie sie im Euangelio vns verheissen werden.

H 4r/fol. 28a Diese meinung mus man fest behalten vnd sich von den Schwermern dauon nicht lassen abdringen, sondern steiff wider sie erhalten vnd verteidingen. Denn es ziemet noch gebuͤret keinem Christen vberall,überhaupt (keinem Christen); (einem Christen) keinesfalls. Vgl. , 128.
von den klaren, ausdruͤcklichen worten Christi zu fallen vnd dieselben auff andere deutung vnd frembden Verstand zu ziehen. Sol auch, ob Gott wil, von vns nimermehr geschehen. Nu haben aber die Wort Christi eigentlich das in sich, das im Nachtmal vnter oder mit dem Brot der ware vnd wesentliche Leib gereicht vnd empfangen wird, welcher zum Heil des gantzen mensch
lichen Geschlechts an das Creutz gehenckt vnd daran die aller bittersten Schmertzen erlitten hat, auch im Wein das ware vnd wesentliche Blut, das er zu vnser aller Erloͤsung am Creutz fuͤr vns vergossen hat, also, das es nicht allein im Glauben, sondern auch mit dem Munde empfangen wird.

Diese gegenwertigkeit des Leibs vnd Bluts Christi aber gleuben vnd beken
nen wir also, das wir mit nichten zulassen, das solchs alles geschehe mit einiger verwandlung des Brots in Leib oder des Weins in das Blut, wie denn solche papistische Transsubstantiation vnd gemanckwerckMischwerk, Gemenge, Durcheinander. Vgl. , 3164. offentlich verworffen wird vom Apostel, 1. Corinth. 11, da er deutlich spricht von dem gesegneten Brot: Der Mensch pruͤfe sich selbs, vnd alsdenn esse er von
diesem Brot
etc.Vgl. I Kor 11,28. Jtem: Wer vnwirdig von diesem Brot isset etc.Vgl. I Kor 11,27.

H 4v/fol. 28b Vnd wiewol vnser Widersacher allerley Rencke erdencken vnd herfuͤrbringen, mit denen sie vermeinen, die wort Christi zu uerdrehen vnd zu deuten, so sollen wir doch das ansehen Christi bey vns vil mehr gelten vnd groͤsser sein lassen, das wir an seinem Mund vnd worten fest halten vnd
hangen, denn das wir dauon vns auff jr menschliche vnd vernuͤnfftige, vngewisse Trewme solten fuͤren lassen, damit sie Christo beide, seine Ehre vnd Warheit, vernichtigen vnd gantz vnd gar vngewis machen.

So wir aber den worten Christi, im grund vnd wie sie an jnen selbs sind, recht vnd fleissig woͤllen nachkomen, so begreiffen sie zwey Stuͤck in sich: Eines
das Wesen, das ander den Brauch. Vnd dieweil die wort von diesen beiden eigentlich vnd vnterschiedlich reden vnd leren, so muͤssen sie vnuermenget vnd vnuermischet bleiben vnd gelassen werden. Denn dieser zweier vermengung ist ein quell, vrsprung vnd vrsach aller Schwermerey vnd Jrrthum, dadurch die Ordnung vnd einsetzung zuruͤttet, getrennet vnd verfinstert wird.

Das Wesen oder Materiale des Nachtmals zeigen vns diese wort: Der Herr nam das Brot, gab es seinen Juͤngern vnd sprach: Nemet, esset, das ist mein Leib.Vgl. I Kor 11,23f; Mt 26,26. Jtem: Vnd er nam den Kelch etc. Das ist mein Blut, das fuͤr euch vergossen wird etc.Vgl. Mt 26,27f; Lk 22,20. Den nutz, frucht, vnd wozu es eingesetzt, zeiget vns Christus mit diesen worten: Der fuͤr euch gegeben J 1r/fol. 29a Vnd das
fuͤr euch vergossen wird
etc.Vgl. Lk 22,19f. Jtem: Das thut zu meinem gedechtnis.Vgl. Lk 22,19.

Sobald wir vns nu diesen vnterscheid, den vns Christus mit seinen eigenen worten gemacht hat, nemen vnd vns dauon treibenwegnehmen und uns davon wegtreiben. lassen, so stehet die Thuͤr vnd eingang den Sophisten zu allen Jrrthumen offen. Denn wenn sie von dem Wesen vnd substantz des Sacraments sagen sollen, so fangen sie
arglistig an von desselbigen frucht vnd wirckung mit grossem, prechtigem schein zu schreien, auff das sie also dem einfeltigen Leser eine Nasen machenmit den gespreizten Händen die eigene Nase verlängern, um eine andere Person zu verspotten; jemandem eine wächserne Nase ansetzen, die sich nach Belieben verunstalten lässt. Vgl. , 407–409. vnd betriegen moͤgen. Da wir aber fest vnd vnbeweglich an der Einsetzung vnd worten Christi halten vnd bey dieser Ordnung beharrlich bleiben, so koͤnnen vns die Schwermer nimermehr von dem rechten, natuͤrlichen
Verstand dieser wort mit jrem getreumten deuten abfuͤren vnd eine falsche Deutung auffdringen.

Denn Christus, da er seine Juͤnger im anfang der Einsetzung zum Nachtmal reitzen vnd locken wil, reicht er jnen das Brot vnd Wein vnd sagt ausdruͤcklich, das er jnen hiemit gebe seinen Leib vnd Blut, wie das woͤrtlin τοῦτο,griech. Demonstrativpronomen (Neutrum Singular) = dies.
Das ist mein Leib, Das ist mein Blut etc., klar ausdruckt. Denn er zeiget vnd deutet hie nicht auff sich selbs, noch auff seine gantze handlunge, wie es die fantastische schwermer deuteln, sondern er redet vnd deutet auff das, das er jnen zu essen vnd zu trincken darreicht, welchs nach seinen selbs klaren vnd duͤrrenschlichten, sachlichen, ungeschminkten. Vgl. , 1740f. worten nicht J 1v/fol. 29b allein war das sichtiglichsichtbare. Vgl. , 751f. eusserlich
Brot vnd Wein, sondern auch darunter, jnnerlich vnd der Vernunfft gar verborgenerweise, sein Leib vnd Blut.

Hiebey ist auch sonderlich vnd fleissig zu mercken, das der Herr bey diesem austeilen vnd reichen jedes teil besonders vnd fuͤr sich vnterschiedlich gedenckt: Das ist mein Leib. Jtem: Das ist mein Blut. Damit hebt er auff vnd
macht der Papisten heilos geticht gar zunicht, damit sie fuͤrgeben, das vnter einer jeden Gestalt besonders, so viel sein solt, als vnter beiden semptlich.Vgl. Anm. 126 zum lat. Text. Jtem, er schlegt zugleich auch darnider der Sacramentschwermer Jrrthum, welche diese wort schendlich, vbel vnd gantz verkerterweise auff eine geistliche niessung vnd empfahunge des Nachtmals ziehen vnd deuten. Denn die
se zwifachtige anziehung der wort Christi bestetiget deste gewisser die gegenwertigkeit des Leibs vnd Bluts des Herrn. Darnach so eigenet sie auch den Leib vnterschiedlich zu dem Brot, vnd das Blut dem Wein. Welche vnterschiedliche Austeilung vnd zueigung des Leibs vnd Bluts mit nichten auff die geistliche Communion oder niessung sich reimen kan oder wil. Denn in der
geistlichen Communion wird beides in einem jden stuͤck empfangen.

Das beweiset auch eben das Relatiuum Quod et Qui (der vnd das) Als Der fuͤr euch gegeben Vnd Das fuͤr euch vergossen wird etc. Nemlich Das er jnen zu empfahen darreiche im Brot vnd Wein nicht J 2r/fol. 30a einen bedeuteten, figuͤrlichen, metonymischen,Metonymie = rhetorische Figur, bei der eine Bezeichnung durch eine andere ersetzt wird, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der gemeinten steht. geistlichen Leib noch Blut, das ist
etwas anders, darunter der Leib vnd Blut an sich selbs warhafftig nicht sey, aber doch gleichwol seinen Leib vnd Blut bedeute vnd darunter wolte verstanden oder bezeichent haben. Sondern dasjenige, so er jnen im Brot zu essen vnd im Wein zu trincken darbiete, eben dasselb sey der Leib vnd das Blut, den er hernach fuͤr jre Suͤnde geben vnd vergiessen werde zu
vergebung der Suͤnden.

Was ist aber das fuͤr ein vnbillicher, trotziger vnd vermessener Freuel vnd erschrecklicher Grewel, das ein Mensch aus lauterm mutwillen sich darff vnterstehen, des er kein fug noch befelh hat, in Gottes sachen, die zu vnser Gewissen Heil vnd Trost gehoͤren, Christo seine eigene vnd so garganz, völlig. Vgl. , 1324f. deutliche
wort vnd werck zu verkeren, gar in einen andern Verstand vnd werck bringen, vnd lauter deutung vnd eusserliche werck vnd zeichen daraus machen Vnd Christi wort vnd werck menschlichen Metaphorisrhetorische Figur: Metapher = verkürzter Vergleich. vnd MetonymijsVgl. Anm. 295 zum dt. Text. vnterwerffen? Gleich als hette Christus nicht gewusst, was er thun vnd wie er dasselb anstellen vnd mit was worten er es reden vnd befelhen solte.

Darnach leren vns auch die wort des Herren Das fuͤr euch gegeben vnd fuͤr euch vergossen wird,Vgl. Lk 22,20. Jtem Solchs thut zu meinem GedechtnisVgl. Lk 22,19. den rechten Brauch, vnd wazu man es empfahen sol, als Nemlich, das durch dis Sacrament der J 2v/fol. 30b Glaub im hertzen als durch feste Gruͤnde vnd Siegel der vergebung der Suͤnden bestetigt vnd gewis gemacht werde, vnd
das, die es im rechten Glauben empfahen, teihafftig werden vnd sind aller gaben vnd des gantzen Verdiensts vnd gehorsams Christi vnd alles des, das er damit verdienet, erworben vnd ausgerichtet hat.

Das aber dis der rechte, feste, bestendige vnd warhafftiger Verstand sey der wort des Herrn,Daß dies der wahre Sinn der Worte des Herrn sei. das woͤllen wir auch mit andern Spruͤchen Gottes Worts
beweisen vnd darthun.

I.

Es ist eigentlich gewis vnnd vnleugbar, das Christus anders nichts hat eingesetzt noch gestifftet, denn das er willens vnd bey sich gruͤndlich beschlossen vnnd jhm zu ordenen fuͤrgenomen hat. Darumb sol man auch den Ver
stand seines Willens vnd meinunge aus den vnzertrenten vnd vnuerruͤckten worten seines Mundes in aller zuuersicht nemen Vnd, wie man sagt, den stein nach dem winckelmas, aber das Winckelmas nicht nach menschlichem gutduͤncken setzen, lencken oder richten.Vgl. : Ad amussim applica lapidem, non ad lapidem amussim. Plutarchus in commentariolo, cui titulus, Quo pacto quis intelligere possit se profecisse, trochaicum hunc prouerbialem refert, Πρὸς στάθμῃ πέτρον τίθεσθαι, μή τι πρὸς πέτρῳ στάθμην, id est, Lapis amussi est applicandus, non amussis ad petram. Admonet, uitam ad leges esse corrigendam, non contra leges ad mores nostros trahendas esse: ut id faciamus, quod honestum sit: non id rectum existimemus, quod facimus. . bezieht sich auf .

II.

Wo an vielen orten von einerley Sach vnd thun einmuͤtig vnd mit einerley wort vnd weise bezeuget vnd geredt wird, Da sol man die einfeltige wort vnd meinung an jr selbs one J 3r/fol. 31a frembden Verstand vnd deutung nemen vnd fest behalten. Nu reden vnd zeugen die drey Euangelisten mit S. Paulo auff einerley weise vnd wort vnd stimmen in allen gleich von dem
Nachtmal. Darumb sol man auch bey jren worten vnd derselben einfeltigem verstand, wie der in den worten begriffen vnd vns fuͤrgehalten wird, fest beharren vnd bleiben.

Was der Euangelisten wort betrifft, jst gewis vnd eigentlich einerley wort vnd meinung. Denn obwol S. Lucas etwas wenig andere wort brauchet, da er sagt:
Das ist der Kelch, das newe Testament in meinem Blut,Vgl. Lk 22,20. welchs die andern also geben: Das ist mein Blut des newen Testaments,Vgl. Mt 26,28; Mk 14,24; I Kor 11,25. so ist es doch an jm selbs in der warheit einerley meinung, nemlich das eigentlich vnd warhafftig im Nachtmal empfangen werde das Blut Christi Vnd damit das Testament vnd ewiger Bund der vergebung der Suͤnden, welchen Gott durch
seines Sones tod vnd Blut gemacht hat, bestetiget vnd versiegelt werde.

Vber das, was koͤndte doch jemals herrlichers vnd klerlichers, diese vnser Meinung zu bezeugen, vom Nachtmal geredt werden, denn wie S. Paulus 1. Corinth. 10. dauon leret? Als mit den Klugen rede ich: Richtet jr, was ich sage: Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemein
schafft oder niessung des Blutes Christi?
etc.Vgl. I Kor 10,15f. An diesem ort sagt er ja deutlich vnd vernemlich, das des Brots J 3v/fol. 31b brechen sey der Leib, vnd der Kelch des Bluts gemeinschafft vnd niessung. Es bekennen aber numals auch die Widersacher, das das Griechisch woͤrtlin κοινωνία an dem ort die Niessung bedeute. Derwegen kan im Abendmal des Herrn nicht ein
bedeutung, Figur oder zeichen des Leibs oder Bluts sein, wie die alten vnd newen Zwinglianer vnd wehnen.

III.

Weiter sagt S. Paul. 1. Cor. 11: Welcher nu vnwirdig von diesem Brot isset oder von dem Kelch des Herrn trincket, der ist schuldig an dem Leib vnd
Blut des Herrn.
Vgl. I Kor 11,27. Der kan aber eines dinges nicht schuldig gehalten noch gesprochen werden mit gutem Grund, der nur die Figur, das Gemelde oder schatten desselbigen verachtet oder misbrauchet Vnd nicht mit der that wircklich an demselbigen dinge sich vergreifft, das von jederman sol hoch vnd vber alles heilig gehalten werden. Da nu dem also ist (wie der Apostel
klerlich bezeuget), so mus je eigentlich vnd warhafftig der Leib vnd das Blut Christi im Nachtmal empfangen werden. Denn so das nicht were, wie koͤndte jemand daran schuldig werden Oder jm das Gericht daran essen oder trincken? Ja es were auch wol kein wircklicher vnd warhafftiger Misbrauch.

Diese wort S. Pauli verstehet auch also in der 5. Predigt, de lapsu,
am 221. blat, da er spricht: Wenn die Goͤtzendiener jtzt von des Teufels opffern J 4r/ fol. 32a vnd Altarn herlauffen, platzengreifen (an), stürmen los auf. Vgl. , 421. vnd fallen sie den Leib des Herrn im Nachtmal an mit Meulern, die noch nach den Goͤtzenopffern stincken.Vgl. . Anscheinend zitiert nach: : A diaboli aris reuertentes, ad sanctum domini sordidis et infectis nidore manibus accedunt. Mortiferos idolorum cibos adhuc pene ructantes, exhalantibus etiamnum [PL 4: etiam nunc] scelus suum faucibus et contagia funesta redolentibus, domini corpus inuadunt (). Vnd , da er den straffete nach dem begangenen Mord an den Thessalonichern,Vgl. Anm. 133 zum lat. Text. hat on zweiuel auff diese
wort S. Pauli gesehen. Denn so spricht er: Wie darffestu diese deine blutige Hand ausrecken vnd damit nach dem aller heiligsten Leib des Herrn greiffen? Vnd wie wiltu das thewre Blut des Herrn in deinen Mund nemen, der du so gar vnsinnigrasend, wütend, erzürnt. Vgl. , 1398f. vnd aus lauter des Teufels eingeben so viel vnschuldigs Bluts vergossen hast? Darumb heb dich jmer fern hinweg vnd vnterstehe dich
nicht, dein vorige gottlose Missethat mit noch groͤsserer Gottslesterung zu mehren vnd heuffen.
. , lib. 5, cap.18.

IIII.

Christus spricht: Das ist mein Leib, der fuͤr euch gegeben wird. Das ist mein Blut, das fuͤr euch vergossen wird etc. Nu ist je gewislich ja das Brot
nicht fuͤr vns gegeben, noch der Wein fuͤr vns vergossen. Darumb kan vnd mus im Nachtmal vns nicht allein das Brot vnd Wein, sondern auch der rechte, ware Leib vnd Blut gereicht werden, als die fuͤr vnsere Suͤnde gegeben vnd vergossen worden sind. Sonst muͤste folgen, das nicht der Leib Christi, sondern etwa ein Gespenst oder Schatten am Creutz fuͤr vns gegeben
worden were.

J 4v/fol. 32b Es muͤsten auch mit der weise die lieben Propheten vnd Aposteln allzeit mit frembden Verstand vnd eitel Deutunge verstanden werden, wie offt sie leren, das wir durch den Leib vnd das Blut des Herrn erloͤset sind, als im Zach.: Sie werden wol gewar werden, wen sie gestochen
haben.
Vgl. Sach 12,10; Joh 19,37. Jtem am 9.: Du lessest durch das Blut deines Bundes aus deine Gefangene aus der Gruben, da kein Wasser inn ist.Vgl. Sach 9,11 (Luther 1545). Vnd S. Petrus sagt: Wir sind erloͤset durch das Blut des vnschuldigen Lemblins.Vgl. I Petr 1,19.

V.

Es ist ein grosser vnterscheid vnter dem essen vnd trincken des Leibs vnd
Bluts Christi, wie es die Altueter gessen vnd getruncken haben, zuuor vnd ehe denn er geboren ist, vnd vnter dem empfahen des Sacraments, wie er es vor seinem Leiden gestifftet vnd eingesatzt hat. Denn sonst hette Christus vergeblich vnd one vrsache dis allerheiligste Nachtmal eingesetzt Vnd vns in demselbigen seinen Leib vnd Blut verheissen vnd dargegeben. Nu ist gewis
lich vnd vngezweiuelt war, das wir alle jres geistlichen essens so wol als sie (Die doch dis Nachtmal gar nicht gehabt haben) teilhafftig vnd desselben mit nichten ausgeschlossen sind. Derhalben ist noͤtig im Nachtmal des Herrn, vber die geistliche niessung seines Leibs vnd Bluts, das man eine Leibliche zugebe vnd bestetige. Daraus denn weiter folget, das die Sacramentschwermer
K 1r/fol. 33a die wort des Testaments Christi mit jener geistlichen Speis schendlich vermengen Vnd damit dem Testament Christi seine gebuͤrliche ehre stelen vnd rauben.

VI.

Jn einem Testament pfleget man keiner verbluͤmetenundeutlichen, ausgeschmückten, gezierten. Vgl. , 146f. wort zu brauchen,
sondern der Testator, der es auffrichtet, lesst es mit deutlichen vnd klaren worten verfassen. Wie es denn auch in den keiserlichen Rechten versehen, das man die Testament deutlich vnd eigentlich stellen vnd machen solle.Vgl. Anm. 138 zum lat. Text. Das Abendmal ist des Sons Gottes Testament. Darumb ists gewis, das der Son Gottes in der Stifftung dieses seines Testaments nicht figurate, sondern
proprie, nicht mit verdeckten, sondern mit hellen vnd duͤrren worten geredt vnd sein Testament eingesetzt hat.

VII.

Alle Artickel des Glaubens werden von Gott seiner Kirchen mit eigentlichen vnd verstendigen worten fuͤrgetragen. Die Lere vom Nachtmal ist ein
Artikel des Glaubens. Derhalben ist gar kein zweiuel, das die Lere vom Nachtmal der Kirchen auch mit eigentlichen vnd vnuerbluͤmbten worten sey fuͤrgetragen worden.

VIII.

Die Sacrament des alten Testaments sind Bedeutunge, Schatten vnd Gemelde
gewesen des newen Testaments. Darumb was K 1v/fol. 33b dort durch der Ochsen vnd ander Thier blut ist bedeutet worden, das ist nu hie wircklich mit der that in diesem durch Christum warhafftig erfuͤllet. Derhalben kan das Nachtmal nicht mit grund allein fuͤr ein schlechtschlichtes, bloßes. Vgl. , 525. Liebs­ vnd denckzeichenLiebespfand und Andenken. Vgl. , 959; , 944. gehalten werden, oder fuͤr ein Beutpfenning,eigtl. Anteil einer Beute, hier: jemandem (aus einer Beute) dargebrachtes Geschenk, Andenken. Vgl. , 1755; , 2203. den etwa ein
guter Freund dem andern, seiner dabey zu gedencken, in einer ZechGelage. Vgl. , 425. oder geselligen CollationGemeinschaftsessen. Vgl. , 629. schencket, sondern fuͤr ein solch Nachtmal, darin Christus sein Leib vnd Blut austeilet, dadurch er sich als mit einem bestendigen Pfand mit seinen Auserwelten vnd der Kirchen seines ewigen Gnadenbunds, den er durch seinen Tod mit jnen gemacht hat, verpfendet vnd
verpflichtet Vnd darinnen einem jglichen in sonderheit seine gantze Wolthat verspricht.

IX.

Sanct Paulus zun Ebre. am 9., da er das Alte vnd newe Testament miteinander vergleicht, zeucht aus dem 2. Buch Mose am 24. Cap. diesen Spruch an:
Das ist das Blut des Testaments, das Gott euch geboten hat.Vgl. Ex 24,8; Hebr 9,20. Welcher Spruch wol zu mercken ist. Denn die Widersacher nemen den vrsprung dieses allerheiligsten Sacraments von gemeiner gesellschaft guter Freunde, welche etwa voneinander scheiden vnd zum gedechtnis ein ValeteAbschiedsfeier. Vgl. , 9. geben, essen vnd trincken miteinander. Damit sie sich vnd andere vberreden, das dieses
Sacrament nicht anders denn ein schlecht Gedenckzeichen guter Freundschafft sey, von Christo eingesetzet. Aber K 2r/fol. 34a die Schrifft zeiget deutlich an den vrsprung dieses Sacraments aus den Buͤndnissen des alten Testaments. Derhalb sie denn auch derselbigen Natur vnd Eigenschafft etlichermassen deuten vnd anzeigen.

Nu war der Brauch bey den Alten, das, wenn sie einen Bund wolten machen oder wider ernewen vnd bestetigen, das man ein Rind opfferte. Dauon nam man ein teil des Bluts, opfferts vnd brachts allein fuͤr Gott. Vnd das ander vberige vom Blut sprenget man vber das Volck, so zu solchem Bund gehoͤret vnd bey dem Opffer gegenwertig war.Vgl. Ex 24,3–8. Wie nu zur selbigen zeit zu des
Bunds bestetigung nicht etwas anders, dadurch das Blut solt bedeutet sein, sondern das Blut an jm selber Gott geopffert vnd auff das Volck gesprenget ward, also teilet in diesem Bund vnser Bundherr vnd Bundmacher zu seiner Bundsbestetigung zwischen Jm vnd seiner Kirchen auch nicht andere oder frembde Zeichen aus, sondern seinen eigenen, waren Leib, den er zum Heil
des gantzen menschlichen Geschlechts geopffert, vnd sein selbs eigen Blut, das er, vns damit zu erloͤsen, am Creutz vergossen hat. Vnd wil von vns haben, das wir vns allzeit fest an dis sein Testament halten sollen vnd vnsern Glauben daran stercken vnd fest gruͤnden.

Weiter, so sollen die wort Das ist das Blut des Testaments in jrem eigenem,
rechten verstande von dem Blut des gegenwertigen Bundopffers klar, K 2v/ fol. 34b ausser vnd one einige andere deutunge, wie sie an sich selbs lauten vnd im werck des Opffers, so bald augenscheinlich geschehen, verstanden werden. Gleicherweis sol es mit des Herrn Nachtmal auch gehalten werden, das man die einfeltigen wort des Herrn in jrem rechten Verstand behalte, vnd
nicht gestatten, das sie auff einen andern Verstand gedeutet vnd gezogen werden.

X.

Johannes sagt in seiner 1. Epistel am 5. Capit.: Dieser ists, der da kompt mit Wasser vnd blut, Jhesus Christus. Nicht mit Wasser allein, sondern mit was
ser vnd Blut. Vnd der Geist ist, der da zeuget, das Geist Warheit ist. Denn drey sind, die da zeugen auff Erden: Der Geist vnd das Wasser vnd das Blut. Vnd die drey sind beisamen.
Vgl. I Joh 5,6–8. Jn disen worten redet der Apostel eigentlich von den Sacramenten, die Christus eingesetzt vnd gestifftet hat. Vnd wie er mit dem wort Wasser wil die Tauffe verstanden haben, wie es alle Scriben
ten einhelliglich dafuͤr halten, also meinet er auch (wie aus dem vorigen nicht zu zweiueln ist) mit dem wort Blut die gantze Einsetzung dieses Testaments Vnd fasset alle beide Sacrament zusamen. Vnd ist gar ein liebliche weise zu reden, das er spricht, Christus kome mit Wasser vnd Blut. Als wolt er sagen: Christus ist selbs warhafftig in seinen Sacramenten Vnd
handlet gegenwertig darinnen mit einem jeglichen, machet einen K 3r/fol. 35a Bund mit vns, verbindet vnd vereinigt sich so gar mit vns, das wir mit jme eines werden.

Darnach spricht er: Diese drey, Wasser, Blut vnd Geist, bleiben allhie auff Erden.Vgl. I Joh 5,7f (zum Wortlaut vgl. den textkritischen Apparat bei Nestle­Aland). Damit fasset er den heiligen Geist vnd die Sacrament zusamen, wie
S. Paulus zu seinem Tito spricht, Cap. 3, das vns in den Sacramenten alle wolthaten Christi durch den Glauben zu eigen geben werden. Ja, es wird vns nicht allein warhafftig die Suͤnde darin vergeben, sondern auch der heilige Geist selbs vnd reichlich in der Tauffe vber vns ausgegossen, das er in vns wircke vnd einen newen Gehorsam anrichte.Vgl. Tit 3,4–7.

s:Weiter spricht er: Denn die drey sind, die da zeugen,Vgl. I Joh 5,7. das ist: die Tauff vnd Nachtmal des Herren sind Sacramenta, durch welche der heilige Geist zeuget von Christo, Das er vns durch seinen Gehorsam vnd Opffer, als durch eine Bezalung, von der gewalt der Suͤnd vnd Tod erloͤset Vnd zum Erbe der ewigen Gerechtigkeit vnd Seligkeit widerbracht habe. Vnd eben dasselb
zeuget auch der Herr Christus mit diesen seinen eigenen worten im Nachtmal, das er vns darumb sein Blut zu empfahen gebe, das es ein Zeuge sey dieses seines ewigen Bunds, den der Vater, durch dieses seines Sons Blut vergossen, mit vns vnd seiner Kirchen gemacht vnd versprochen habe.Vgl. I Joh 5,11f.

uͤuͤr allen dingen aber ist wol vnd fleissig zu mercken, nemlich das er
spricht: Das Blut zeuget etc.Vgl. I Joh 5,7f. So es denn auff Erden zeuget, so mus vnwider­K 3v/fol. 35bsprechlich folgen, das es im Nachtmal warhafftig vnd wesentlich gegenwertig empfangen werde. Darumb kan auch dis Blut, das auff erden zeuget, kein Schatten sein, als durch etwas anders bedeutet, auch kan es nicht die vergebunge der Suͤnden sein, noch die geistliche
Gemeinschafft, dadurch Christus durch seinen heiligen Geist in vns wonet Vnd vns jme zu eigenen Gliedern auffnimpt. Sondern es mus das ware vnd wesentliche Blut selber sein, das am Creutz vergossen ist, vnd doch nicht allein im Glauben, sondern auch mit dem Munde im Nachtmal empfangen wird.

Diesen schoͤnen Spruch des Apostels sol man fleissig behalten. Denn er kompt gar fein mit des Herrn Christi einsetzung vberein vnd erkleret zugleich S. Pauli wort. Denn da Sanct Paulus sagt: Dieser Kelch ist das newe Testament in meinem Blut,Vgl. I Kor 11,25. das redet Sanct Johannes auff diese weise: Das Blut zeugetVgl. I Joh 5,7f. oder ist ein Zeuge des newen Testaments, dadurch es bekreff
tiget, volzogen vnd der Bund durch das Blut, Tod vnd Opffer Christi mit vns gemacht, versichert werde.

Vnd es lesst sich ansehen, als ziehen sich diese wort nach den worten des Alten Testaments: Dis ist das Blut des Testaments, das Gott geboten hat.Vgl. Ex 24,8. Denn wie das Testament vnd der Bund, den Gott mit seinem Volck ernewert
durch das Blut, wenn es Gott geopffert vnd auff das Volck gesprenget war, bestetiget ward, also wird auch jtzt K 4r/fol.36a auff Erden im Nachtmal der Bund, den Gott durch das theure Pfand des Leibs vnd Bluts Christi mit vns hat auffgerichtet, vnter vns einem jeden bestetiget vnd versichert.

Darumb woͤllen wir auff der einfeltigen Meinung der wort Christi fest beru
hen vnd bleiben Vnd mit den subtilen, scheinlichen Deutungen, die da aus der Vernunfft erwachssen, nichts zu schaffen haben, jnen keinen glauben geben, noch beifallen. Denn sie treten vnd weichen von dem Grund der wort Christi Vnd verstellen vnd vermentelnverhüllen. Vgl. , 842f. all jr ding in eitel Figuren vnd Schatten vnd frembde Deutungen.

Widerlegung der gegenrede der Widersacher, die sie
zuwider dem Grund des Worts Gottes vnd Augspurgischen Confession
in jren Buͤchern fuͤrbringen.

Wiewol wir in der Confirmation vnd gruͤndlichen Beweisung des waren Grundes vom Nachtmal zugleich viel vnrichtigkeit der Widersacher jrthum
angezeigt vnd mit einbracht haben, dieweil wir aber fuͤrnemlich sollen den einfeltigen, lieben Christen K 4v/fol. 36b rathen, so sollen wir billich vmb jrer vnd aller der willen, so die Augspurgische Confession mit vns bekennen, auch der alten vnd newen Zwinglianer gegenrede widerlegen. Damit wir mit gutem, waren Grunde den einfeltigen weisen vnd vrsach geben, wie sie sich
fuͤr jren listigen vnd vernuͤnfftigen jrthumen fuͤrsehen vnd dieselben fliehen sollen.

I.

Christus ist gen Himel gefaren vnd sitzet numehr zur Rechten des Vaters an einem gewissen vnd besondern orte. Darumb ist es vnmuͤglich, das sein Leib
vnd Blut warhafftig vnd wesentlich koͤnde im Sacrament empfangen werden.
Darauff antworten wir: Die Auffart Christi ist nicht eine solche verenderung des Orts, wie wir Menschen, wenn wir wandern vnd reisen, den ort, da wir jtzt sind, bald endern vnd hernach an dem orte sind, da wir hin verreisen, oder das Christus, auff solche weise gen Himel gefaren, solte nu
mehr sein Kirchen verlassen vnd nicht mehr wesentlich bey jr sein, sondern es ist die herrliche Offenbarung, darinnen Christus die goͤttliche Macht, die er von ewigkeit mit dem ewigen Vater gleich gehabt, nu aber in der angenomenen gestalt eines Knechts, in der menschlichen Natur bekleidet, die auch aller Welt darinnen verborgen gewesen, in dem Geheimnis hat volbracht
vnd ausgericht.

Auch heisst die rechte Hand Gottes nicht, wie in menschen reden, ein bestimpter vnd abgemessener L 1r/fol. 37a Ort, wie wir von zeitlichen dingen reden vnd zu sagen pflegen: Der sitzt dem Koͤnige an der rechten seiten. Sondern wie Gott kan an keinem Ort oder stedt gefasset noch beschlossen
werden, also erfuͤllet seine Rechte alles vnd ist an allen Orten gegenwertig, wie solchs Jsaias beweiset am 66., da er spricht: Der Himel ist mein Stul, vnd die Erde ist mein Fusschemel.Vgl. Jes 66,1. Vnd Jere. 23: Bin ich nicht der Gott, der Himel vnd Erden erfuͤllet? spricht der HERR.Vgl. Jer 23,23f.

Vnd ist die weise, also zu reden – Er sitzet zur rechten Hand Gottes
genomen aus gemeiner gewonheit, wie wir teglich pflegen in gemeinem brauch zu reden, damit dem einfeltigen Man deste klerer zu weisen vnd verstehen zu geben die gleiche allgemeine Herrligkeit des Sons mit dem Vater. Aber dieselbe Maiestet vnd allmechtige Herrligkeit hindert oder nimpt dem Leib vnd Blut nichts, das sie nicht zugleich auch koͤnden vnuerhindert war
hafftig im Nachtmal sein, sondern sie bestetiget dieselben vielmehr. Denn wenn die Menscheit Christi zur Rechten Gottes mit der goͤttlichen Herrligkeit in vnzertrenlicher Gemeinschafft vnd persoͤnlicher Vereinigung sitzet, was ist es denn jmer fuͤr ein vnsinnigkeit, darumb sie die leibliche gegenwertigkeit vom Nachtmal woͤllen ausschliessen?

Darumb, was vnd mit jrem Anhang hiebey fuͤrgeben, als seien diese dinge gantz vnd gar vnmuͤglich, dawider sol man jnen diese Antwort geben, das Christus, was er geredt L 1v/fol. 37b vnd zusagt, seiner allmechtigen Macht vnd eigenen willen nach gar wol vnd mit warheit halten vnd beweisen kan.

Dieweil denn in der Einsetzung des Nachtmals ist verheissen, vnd mit ausgedruckten worten allen versprochen wird, das Er jnen hiemit seinen waren Leib vnd Blut bis zum ende der Welt mitteile, so sol auch niemand an derselben Verheissung Christi jchtesirgendwie. Vgl. , 2037. zweiueln. Vnd, Lieber, was solte doch dem hieran etwas vnmuͤglich sein zu koͤnnen, der seine Menscheit wider aller
Natur muͤgligkeit oder Verstand von einer vnuersereten Jungfrawen an sich heilig vnd one Suͤnde genomen hat? Vnd hat dieselbe angenomene Natur mit der goͤttlichen Herrligkeit so wuͤnderlich vnd vnausforschlich Persoͤnlich vereiniget, ja er ist auch in derselben vereinigung gestorben vnd in die Helle gefaren Vnd hat sie aus dem Tod vnd Hellen widerumb erweckt
vnd in das ewig Leben vber alle Himel zur Rechten Gottes gebracht vnd versetzet. Da auch nu mehr jm nicht allein nach der Menscheit ein geringe, kleine, sondern alle Macht gegeben ist in Himel vnd Erden, zu wonen in aller gleubigen hertzen, als das Heubt vber den gantzen Leib vnd alle Glieder, vnd Bein von vnsern beinen, vnd dasselb nicht auff eine bestimpte zeit, sondern
bis zu erfuͤllung aller zeit.

II.

Weiter geben die Widersacher fuͤr: Jn Artikeln des Glaubens vnd christlicher Lere, wo die L 2r/fol. 38a wort nach jrem einfeltigen Laut, den Buchstaben nach, zu hart lauten, mus man einen foͤrmlichen vnd gleichmessigen
Verstand oder deutung darinnen suchen. Nu aber geben die wort des Nachtmals von des Leibs vnd Bluts Christi gegenwertigkeit einen seer harten vnd der Vernunfft vngereimeten Verstand. Derwegen mus man, solche vngeschickte Misverstand zu vermeiden, die wort an jrem selbs Laut fallen lassen Vnd einen andern gleichmessigen Verstand vnd Meinung daruͤber
suchen.

Antwort: Wenn die einfeltigen wort, wie sie an sich selbs lauten, fuͤr sich selbs recht sind, vnd es nur darumb zu thun ist, das es die Vernunfft nicht mag erreichen oder ergreiffen, sind aber wider keinen Artickel des Glaubens vnd werden in der schrifft auch an andern mehr Orten gebraucht vnd
widerholet, sol man sie vnuerruͤckt vnd vnuerkeret fest behalten Vnd vmb der nerrischen Vernunfft willen beyleib keinen frembden oder andern Verstand noch Deutung suchen. Vber das, so sol alle Auslegung aus Grund der Schrifft vnd aus den Orten gesucht vnd genomen werden, da die dinge, dauon man erklerung bedarff, eigentlich vnd wol gehandelt vnd mit gutem
grund auff einerley meinung getrieben werden. Nu kompt je eigentlich aller Missuerstand vom Nachtmal aus lauter fuͤrwitz vnd kluͤgeln der Vernunfft, die sich vnterstehet zu forschen. Vnd weil sie es nicht erreichen noch ergreiffen mag, erdenckt sie andere Deutunge. Nu aber sind die wort wider keinen Artikel des Glaubens, so haben sie vberdas vier L 2v/fol. 38b
starcker vnd gefasterwohl zugerüsteter. Vgl. , 2132. Zeugen, die es mit dergleichen vnd einerley worten widerholen. Darumb sol man in keinen weg von der Euangelisten worten vom Nachtmal weichen.

Vnd ist wol ein Wunder, das die Sacramentschwermer sich an den worten des Nachtmals so hart stossen, dieweil sie doch sonst one das in diesem Handel
nicht geringere, vnd doch der Natur viel vnbegreifflichere dinge zulassen, als das Christus mit seinem natuͤrlichen Leib durch verschlossene thuͤr eingehet,Vgl. Joh 20,19. damit vber sich in die Hoͤhe vnd vber die Himel feret, vnd zur Rechten des Vaters sitzet, so doch jedermeniglich, auch sie selbs, bekennen, es sey kein ort ausser oder vber dem Himel. Jtem, das kein Creatur mit Gott
gleicher Ehr vnd Macht zu vergleichen ist.

Derhalben, wie offt sie vns fuͤrwerffen, das der Leib Christi nicht koͤnde im Brot verborgen empfangen werden, nichts wenigers woͤllen wir jnen dieses, das sie selbs billichen muͤssen, wider entgegen halten. Vnd da sie sich alsdenn mit der allmechtigen Macht Christi verteidigen wolten, beruffen wir vns
hinwider allzeit eben in diesem auch auff dieselben.

III.

Johan. 6. spricht Christus: Das Fleisch taug zu nichten. Der Geist ists, der da lebendig macht.Vgl. Joh 6,63. Darumb mus im Nachtmal allein sein das geistlich empfahen, welchs gibt allein den L 3r/fol. 39a Geist vnd das Leben. Das
selb aber kan das Sacramentisch vnd leiblich empfahen nicht geben.

Antwort: Diesen Spruch ziehen die Widersacher mit gewalt zum Nachtmal, so er sich doch gar nicht dahin reimet, wie solchs der Handel an jm selbs leichtlich ausweiset. Denn dazumal war das Nachtmal noch nicht eingesetzt. Zu dem ist am selben ort das des Herrn Christi fuͤrnemster Handel von dem
geistlichen essen seines Leidens vnd tods, das durch den Glauben geschehen mus Vnd nicht aus dem Sacrament herkoͤmpt etc.

Was ist aber das fuͤr ein vnuerschempter mutwillen, das man dem Herrn Christo seine eigentliche rechte meinunge menschlicher vernunfft nach aus lauterm fuͤrwitz verkeret? Vber das, das diese wort gar nicht von Christi
Leib oder Fleisch, sondern deutlich von vnsers Fleisches vnuermuͤgen vnd blindheit reden, das es die Geheimnis vnd Lere Christi zu ergreiffen vnd fassen viel zu stumpff, vngeschickt, ja gar ertoͤdtet ist, es werde denn zuuor anderswoher, nemlich durch den heiligen Geist, erleuchtet vnd zu Christi Erkentnis gebracht. Denn so offtmals in der Schrifft des Fleisches wider den
Geist gedacht wird, so wird allzeit damit bedeutet vnsers fleisches verderben vnd vnrichtige vnordnung, dadurch wir getrieben werden zu allerley boͤsem fuͤrsatz vnd Suͤnden, es sey denn, das wir, durch den heiligen Geist ernewet, Gott widerumb zu rechtem Gehorsam gebracht werden, als Rom. 8: So jr nach dem Fleisch werdet leben, so muͤsst jr sterben.Vgl. Röm 8,13. Gal. 5:
L 3v/fol. 39b Das Fleisch geluͤstet wider den Geist vnd den Geist wider das Fleisch.Vgl. Gal 5,17.

IIII.

s:Von denen dingen, die einander gleich sind, helt man auch einerley. Wie offt nu im alten Testament Spruͤche fuͤrfallen, die einen vngereimten verstand
geben, so pflegt man sie mit einer geschickten Auslegung zu deuten, als Das Lamb ist die Ostern, jtem Die Beschneidung ist ein Buͤndnis etc. Darumb Misuerstand zu uermeiden in den worten Das ist mein Leib etc., mus man sie mit einer vernemlichen vnd begreifflichen Meinung auslegen.

s:Antwort: Hie mus man wissen, das ein grosser vnterscheid ist vnter dem
Volck Gottes im alten Testament vnd dem Volck im newen Testament. Denn jenen ward alle handlung der goͤttlichen Geheimnis verborgenerweise in Schatten, Figuren oder Bildnissen vnd Zeichen fuͤrgehalten, welche hernach von Christo ausgewickelt, klar vnd eigentlich, vnd in jrem selbs wesen sind geoffenbaret vnd erzeiget. Darumb spricht S. Paulus in der 2. Cor. 3., das die
Herrligkeit des newen Testaments viel herrlicher vnd groͤsser sey denn des alten Testaments,Vgl. II Kor 3,7–11. vnd findet sich derwegen eben das Widerspiel allhie, nemlich das, was im alten Testament ist vnter Figuren vnd Zeichen verdeckter meinungverdeckter Meinung = mit verborgener Bedeutung. Vgl. , 205; , 1938f. dem Volck fuͤrgehalten von dem kuͤnfftigen Christo, das dasselb vns jtzund wesentlich vnd leiblich im newen L 4r/fol. 40a
Testament wird geschenckt vnd gegeben. So feilet es auch noch weit, so man an einem Ort oder andern wenig mehr Exempeln andere deutung suchen mus, das es drumb an allen Orten durchaus frey sein vnd gelten solt, vnangesehen, ob sie gleich an andern viel Orten fuͤr sich selbs wolgegruͤndet vnd fest gefasset weren.So trifft es keineswegs zu, dass eine Deutung, die an vielen andern Stellen klar und deutlich belegt ist, grundsätzlich in Frage zu stellen sei, weil an einer einzigen oder einigen wenigen Stellen eine andere Deutung anzunehmen ist.

V.

Das Manna wird in der Schrifft ein Sacrament vnd geistliche Speise genennet.Vgl. I Kor 10,3. Darumb empfehet man im Nachtmal auch allein einen geistlichen Leib vnd Blut des Herrn.

s:Antwort: Wiewol es war ist, das Manna auch ein Sacrament genennet wird, so
geschicht es doch nicht in dem Brauch, Art vnd Verstand, wie man die Tauffe vnd Nachtmal ein Sacrament heisst. Denn es ist mit keiner Verheissung von der Gnaden, Heil vnd vergebung der Suͤnden gefasset. Darumb sol vnd kan es auch dem Nachtmal nicht verglichen werden. Zudem so ists gewis, das das Manna dem Volck fuͤrnemlich als zu einer leiblichen Speise gegeben worden
ist, vnd nicht, das jnen etwas geistlicher Wolthat dadurch solte widerfaren.

Es streitenverfechten, behaupten. Vgl. , 1349. aber die Widersacher hefftig, das Manna werde eine geistliche Speise genent, darumb mus es fuͤr ein Sacrament gehalten vnd darunter gezelet werden. Darauff antworten wir jnen aus L 4v/fol. 40b worten: Darumb wird Manna ein geistliche Speise genent, dieweil es nicht
leiblicher oder natuͤrlicher, sondern wunderbarlicher weise durch Gott von Himel heraberherab, herunter. Vgl. , 1016. geschaffen vnd gegeben ist.
Bislang nicht nachgewiesen. Vgl. ; .

VI.

Von einerley sol man einerley halten. Aber dieweil in der Tauffe der Leib vnd Blut Christi nicht empfangen wird, darumb kan es auch nicht im Nachtmal
empfangen werden. Denn diese Sacrament sind ja in gleicher vnd einerley wirdigkeit vnd Heiligkeit Vnd durch einen Christum zu einerley Nutz vnd vrsach geordnet vnd eingesatzt.

Antwort: Wiewol diese beide Sacrament einen Stiffter vnd Einsetzer haben, auch von einerley Nutz vnd frucht zeugen, sintemal sie beide Zeichen sind der
gnaden Gottes gegen vns vnd der vergebung der suͤnden, so sind sie doch in dem eusserlichen, sichtigen Zeichen oder mittel, auch in der Action vnd handlung, gar nicht gleich. Denn im Nachtmal wirt gsagt: Das ist mein Leib. Das ist mein Blut.Vgl. Mt 26,26f; Mk 14,22.24. Jtem: Das Brot, das wir brechen, ist die Gemeinschafft des Leibes Christi.Vgl. I Kor 10,16. Aber mit der Tauffe hat es weit ein ander meinung vnd gestalt.

Das sie vns aber den Spruch S. Pauli fuͤrwerffen Wie vil ewer getaufft sind, die haben Christum angezogen,Vgl. Gal 3,27. hierauff antworten wir, das S. Paulus mit denselben worten gar nicht redet von der M 1r/fol. 41a niessung des Leibs Christi, sondern von seinem Verdienst vnd wolthaten, wie man derselben muͤge vnd koͤnne geniessen vnd teilhafftig werden, wie er auch spricht
Rom. 6. Wir sind in den Tod Christi getaufft.Vgl. Röm 6,3. Nu reden aber dise wort Das ist mein Leib eigentlich nicht vom Verdienst, noch wie man desselben mus teilhafftig werden, sondern von dem darbieten vnd reichen seins waren Leibs, welcher am Creutz in die aller bittersten Schmertzen vnd Tod gegeben ist, das es also weit ein andere Meinung hat zwischen dem Nachtmal vnd der
Tauff. Darumb kan das kindisch Fuͤrgeben nicht bestehen, das, weil in der Tauffe der Leib vnd Blut Christi nicht sey, darumb mus er auch im Nachtmal nicht sein.

VII.

Die Sacrament sind geistliche Hendel. Darumb sollen auch die wort Das ist
mein Leib
im Nachtmal geistlich verstanden werden.

Antwort: Man sol in den hohen vnd goͤttlichen Sachen, die vnser Seelen Seligkeit belangen, nicht mit vngewissen vnd schweiffendenungenauen, abwegigen. Vgl. , 2417f. reden gauckeln oder ein Schertzgespoͤtt daraus machen. Denn man weis wol, das das wort Geist vnd Geistlich wird etwa gebraucht, damit zu vnterscheiden die leib
lichen vnd eusserlichen Creaturen von den vnsichtbarn, als das heisst man geistliche Naturen Gott, Engel, Teufel, Seel etc. Weiter heisst auch das geistlich, das wol an sich Leiblich ist, jedoch hat es M 1v/fol. 41b seine jnnerliche vnd heimliche deutung vnd verstand, als das Manna oder Himelbrot vnd dergleichen viel im alten Testament. Endlich heisst man auch das alles
Geistlich, was zu vnser Religion vnd Seelen seligkeit gehoͤret vnd von Gott zum geistlichen Nutz verordenet vnd gestellet ist als Mittel vnd werckzeug, durch welche der heilige Geist in vns wircket Vnd dadurch vnser Heil schaffet vnd foͤrdert, zu sterckung vnd gruͤndlicher bereitung vnsers Glaubens.

Nachdem wir nu angezeigt haben die fuͤrnemlichen bedeutung dieses worts
Geistlich, so sollen wir nu achtgeben, das die Sacramentirer pflegen die Sacrament, vnd sonderlich das Nachtmal des Herren, geistliche Dinge zu nennen, nach dem verstande, im ersten ort vermeldet, das sie sind etliche Figuren vnd fuͤrbild, allein der Vernunfft vnd menschlichen Gedancken vnterworffen etc. Aber Sacrament heissen eigentlich geistliche Dinge, angesehen die wirckli
chen vnd endlichen Vrsache, wie sie denn in dieser letzten Bedeutung genomen werden, also das sie von Gott, nicht aus natuͤrlichen Vrsachen entspringen, auch jren geistlichen Brauch haben, vnd nicht leiblichen.

VIII.

Es ist die art vnd eigenschafft aller Sacrament, das sie etwas anders be
deuten. Denn daher heissen sie auch Geheimnis.Vgl. z. B. Eph 5,32. Der ntl. Begriff μυστήριον mysterion) ist weiter gefasst als der von im Westen eingeführte Begriff sacramentum (ursprgl. Sinn: Fahneneid). Vgl. , 752–755. Darumb wird auch der Leib vnd Blut im Sacrament des
M 2r/fol. 42a Nachtmals nur bedeutet vnd nicht wesentlich gereicht oder empfangen.

s:Antwort: Wir wissen auch, Gott lob, seer wol, das der Sacrament eigenschafft ist, das sie vns der heimlichen Gnaden, Werck vnd wolthaten vnsers lieben
Gottes erinnern vnd ermanen, vnd seine werendeandauernde, beständige, fortwährende. Vgl. , 801f. Leutseligkeit vnd Freundligkeit den Gleubigen in das Hertz einbildeneinprägen. Vgl. , 149f. vnd eindruͤcken. Darumb folget aber nicht, das der ware Leib vnd Blut nicht im Nachtmal gereicht vnd empfangen werde. Sondern das folget daraus: Dieweil die Sacrament etwas anders bedeuten, darumb ist auch das Sacrament des Nachtmals ein Gnaden
zeichen, dadurch wir des Todes Christi erinnert werden. Vnd ist ein zeugnis seiner hertzlichen Liebe, damit er sein Kirchen so jnniglich lieb hat.

Derhalben bestehet in diesem Artickel der grund vnser Lere, den wir bisher in diesen Kirchen mit einmuͤtigem Consens vnd einerley Bekentnis gelert vnd verfochten, auch durch Gottes Gnade mit der hellen Schrifft erhalten ha
ben Vnd weiter erhalten woͤllen, nemlich Das im Nachtmal der Leib vnd Blut Christi warhafftig vnd leiblich oder wesentlich gereicht vnd ausgeteilet wird, beide Wirdigen vnd Vnwirdigen, vnd das dazu, das vns dadurch die wolthat Christi deste fuͤglicher vnd eigentlicher mit­ vnd zugeteilt vnd als mit einem Siegel auff vnsere Hertzen versiegelt werde, auff das der Glaub in
den Gleubigen von tag zu tag gemehret vnd gestercket werde.

M 2v/fol. 42b Aus dieser kurtzen vnd einfeltigen Erklerung der Wort vnd Einsetzung Christi, auch aus kurtzer vnd gruͤndlicher Widerlegung des jrthums , welche wir aus vnd ander gewaltigen Schrifften kuͤrtzlich zusamengezogen haben, koͤnnen alle geschwinde vnd listige
Schrifften liederlichleicht, problemlos, mühelos. Vgl. , 988f. vnd leichtlich widerlegt werden. Vnd ist das allzeit vnser Raht, das man sich halte vnd vnuerruckt fest bleibe bey der einfeltigen vnd eigentlichen Meinung der wort Christi, auch fuͤr allen dingen dahin erbeite, das man dieselben rein vnd vnuerfelscht behalte, denn das man sich mit grosser vnd sorglicher muͤhe mit den geschwinden vnd spitzigen
Widersachern in vnnuͤtze gezencke einlasse, sonderlich weil es augenscheinlich vnd am tage ist, das die Lere vom Nachtmal, wie sie in vnsern Kirchen geleret zur zeit vnd noch, fest vnd von allen Widersachern vnumbgestossen, noch heutiges tages bestanden vnd den Sieg behalten hat.

Also haben wir bis anher gewaltige vnd herrliche Zeugnis vnd Argument aus Gottes wort erzelet Vnd zweiueln nicht, es sey damit die Lere von der Gegenwertigkeit des Leibs vnd Bluts Christi im Abendmal gnugsam bestetiget. Wir haben auch alle fuͤrnemste GegenwuͤrffGegenargumente, Einwürfe. Vgl. , 2304. der Sacramentirer also klar vnd deutlich widerleget, das wirs gentzlich dafuͤr halten, es sollen alle Liebhaber
der Warheit damit zufrieden sein. Das wir aber allhie alle jre listige vnd subtile Spitzfuͤndigkeiten vnd M 3r/fol. 43a Sophisterey nicht scherffer angegriffen, achten wir auch one not sein.halten wir auch für unnötig. Denn man anders nichts thete, denn als wenn einer die Wasserwogen oder Wellen des Meers zelen wolte.

Derhalben, so ist noch hinderstellig,ist noch übrig, steht noch aus, fehlt noch. Vgl. , 1518. das wir auch kuͤrtzlich anzeigen, wie
dieser jrrthum beide, in der Augsburgischen Confession vnd in der Apologia, auch in den Schmalkaldischen Artikeln, vnd letzlich in der gantzen Lere vnser Kirchen fuͤr vnd fuͤr bestendiglich verdamnet sey:

Denn erstlich saget die Augsburgische Confession, das vns im allerheiligsten Nachtmal des Herren warhafftig der Leib Christi gegeben werde.Vgl. . Damit
sie wegnimpt vnd auffhebt alle jre figuͤrliche, bedeutliche, erdichte vnd phantastische niessung des Leibes Christi.

Zum andern sagt die Apologia, das auch wesentlich des Herren Leib vns gereicht wird.Vgl. : warhafftiglich. Welches wort viel deutlicher strafft vnd verdammet alle jre ertichte, vernuͤnfftige, figuͤrliche vnd bedeutliche, Metonymische niessung
vnd empfahung des Leibs vnd Bluts des Herren. Das ist aber wol zu mercken, das die Apologia saget, solches sey der Latinischen vnd Griechischen Kirchen Lere allezeit gewesen.Vgl. . Vnd das sie solchs beweise vnd bestetige, so fuͤret sie auch ein den alten Lerer , der solche gegenwertigkeit des waren Leibs vnd Bluts Christi bezeuget.Vgl. , zitiert in .

Zum dritten, so verdammen vnd verfluchen M 3v/fol. 43b viel klerer vnd hefftiger eben dieser Jrrthum auch die Schmalkaldischen Artikel.Vgl. .

s:So erscheinet nu klerer denn die liebe, helle Sonne, das die oberzeleten Buͤcher vnser Christlichen Lere, dazu alle vnsere Kirchen, diesen Jrrthum allezeit verdammet vnd widerleget haben. Derhalben, so sollen wir in denselbigen
FusstapffenTrennung in A: Fus­|_tapffen; B: Fus_tapfen. der Warheit durch Gottes huͤlffe auch bestendiglich verharren vnd bleiben Vnd diesen Jrrthum von gantzem hertzen fliehen vnd verdammen.

VI.

Widerlegung der Jrrthum
im Artickel vom freien Willen vnd des Menschen Krefften.


Bisher haben wir die fuͤrnemsten Schwermereien vnd grewliche jrrthum, die sich zu vnsern zeiten wider das goͤttlich Wesen vnd heilige Predigampt erhaben, mit grund der heiligen Schrifft widerlegt. Folget nu, das wir auch mit dergleichen grund der heiligen Schrifft fuͤr vns nemen die PatronenSchutzherren, Beschützer. Vgl. , 1505. vnd Vertreter des freien Willens, welchen etliche widerumb zu erheben sich zum
hoͤchsten M 4r/fol. 44a bemuͤhen, welche doch nicht fuͤr die geringsten verwanten der Augsburgischen Confession woͤllen gesehen sein.die doch den Anspruch haben, einflussreiche Anhänger der Augsburger Konfession zu sein. Darumb es auch hoch von noͤten, das wir die einfeltigen von disem Artikel wider jr scheinlichs(oberflächlich) glänzendes, beeindruckendes (aber falsches). Vgl. , 2456. vnd der Vernunfft gemesses fuͤrbringen recht vnterrichten.

Vnd das fuͤrnemlich darumb, auff das die Einfeltigen von dem hohmuͤtigen,
vermessenen trotz vnd vnbestendigem vertrawen des heilosen Fleischs zum rechten vnd gruͤndlichen Erkentnis jres eigenen Jamers vnd der verderbten Natur vnuermuͤgen gebracht, vnd das die vberschwenckliche herrligkeit der Barmhertzigkeit Gottes in des Menschen Ernewerung deste bekentlicher,erkennbarer, bekannter. Vgl. , 1417. vnd endlich auch Gott seine gebuͤrliche Ehre fuͤr solche Werck seiner
Barmhertzigkeit mit hoͤchster danckbarkeit gegeben werde.

Dieser Jrrthum aber, der die krafft menschlichs Vermuͤgens so hoch erhebet vnd rhuͤmet, entstehet eigentlich aus vnwissenheit vnd vnuerstand der Erbsuͤnde vnd verderben des Bildes Gottes, vnd denn auch aus vertrawen vnd vermessener vermutung, so wir haben auff vnsere eigene froͤmigkeit vnd ge
rechtigkeit, vnd aus den scheinenden vnd gleissenden leren der Philosophia. Denn wir woͤllen doch schlechterdingunbedingt, auf jeden Fall. Vgl. , 541; . auch etwas dabey vermuͤgen, thun vnd ausrichten. Wir woͤllen je gesehen sein. Darumb geschicht vns weh vnd erwegen vns seer schwerlich, das wir die ehre der Gerechtigkeit Gott allein lassen sollen. Dazu vns denn vnsere torheit, eigenduͤnckel vnd M 4v/fol. 44b
vberteuflische Vermessenheit hefftig treibet. Diser stoltz, wie er vns denn von Natur ist angeboren, thut dem Teufel ein weit Thor auff, die Gottlosen in vnzelich viel Jrrthum vnd falsche Meinung zu fuͤren vnd zu bezaubern. So sind jederzeit Sophisten gewest, die sich, menschliche Gerechtigkeit vnd Freiheit hoch auffzumutzen, weil solchs jederman gefellig,
mit schreiben geuͤbet vnd brauchen haben lassen.

Darumb woͤllen wir jre Jrrthum ordentlich nacheinander erzelen. Vnd dieweil sie jtzt mit newen Ferbleinkünstlichen Gesichtsfarben, Schminke, Rouge. Vgl. , 1331. artiggeschickt, passend, zierlich. Vgl. , 573f. geschminckt Vnd in jr alten Stand vnd wesen sich vnterstehen zu bringen, muͤssen wir sie auch desto fleissiger widerlegen. Vnd das koͤnnen wir so viel deste leichter thun, weil
wir die gantze Schrifft auff vnserm teil zum vorteil, zu einem bestendigen grund vnd beistand haben, zudem das die Verteidiger des freien Willens allbereit lengst von dem heiligen Man Gottes sind aus dem Felde geschlagen vnd mit all jrer Kunst gantz vnd gar erlegt.

Jrrthum wider diesen Artickel.

I.

Die Erste Opinion ist deren, die da tichten, das nach dem Fall, auch zuuor vnd ehe der Mensch ernewet wird, die natuͤrliche kreffte so vermuͤglich seien, das, da sie sich selbst angreiffen,anstrengen. Vgl. , 1182f. koͤnnen von jnen selbs das Gesetz Gottes hal­N 1r/ fol. 45aten Vnd dasselbe mit volkomenem Gehorsam
erfuͤllen.

Dieser Jrrthum, den Vgl. Anm. 167 zum lat. Text. erstlich hat herfuͤrbracht, ist von den Sophisten vnd Schultheologen weiter getrieben worden, vnd ist vorlengst von der alten vnd reinen Kirchen einmuͤtig verworffen vnd dermassen hinweggeschlagen,abgewehrt. Die Lehre des wurde durch die Synode zu Karthago 419 und durch das ökumenische Konzil zu Ephesus 431 verurteilt. das auch noch heutigs tages die Papisten sein nicht mehr gedencken,
noch dauon muckenmucksen, etwas verlauten lassen. Vgl. , 2610f. duͤrffen. Denn es kan jnen solcher toͤlpischer, grober vnuerstand mit einem einzelen woͤrtlein darnidergestossen werden, als das S. Paulus Rom. 3. aus etlichen Psalmen genomen hat. Denn daselbs handelt er eben auch vom Vermuͤgen des menschen Vnd vberweisetüberführt. Vgl. , 641. jn nicht allein einer schlechtenschlichten, bloßen. Vgl. , 525. vnuermuͤgligkeit,Unfähigkeit, Unvermögen. Vgl. , 2068f. sondern beschuͤldiget vns alle in
einem hauffen, das wir gar vntuͤchtig vnd zu nichts tuͤglich sind, sondern gantz vnd gar von Gott abgewand vnd vnter der Macht der Suͤnden vnd des Teufels gefangen ligen.Vgl. Röm 3,4f.9–14.18.20; Ps 116,11; 14,1–3; 36,2; 143,2.

II.

Der ander Jrrthum ist etwas ansehenlicher vnd der Vernunfft gemesser, nem
lich das der Mensch durch den Fall AdeAdae = Adams, des Urvaters. sey zwar verderbet vnd erbermlich aus seinem herrlichen vnd volkomenen Stand geworffen, also das er von Natur der Suͤnden anhengig vnd zugeneigt sey, doch seien seine natuͤrliche Kreffte dadurch so gantz vnd gar nicht verruckt noch verderbt, das er nicht solt, durch huͤlff vnd beistand der Gnad ermuntert, aus N 1v/fol. 45b
eigener Freiheit in der Bekerung des Menschen etwas koͤnnen oder vermuͤgen. Daher eigenen sie dem freien Willen zu, das er solche Gnade hab in seiner Wilkuͤr, muͤge sie annemen vnd jr folgen oder sie verwerffen. Erkennen dennoch die Vernunfft vnd Willen des Menschen zu der Bekerunge vnd newen geburt zu Gott als ein Miterbeiter, Gehuͤlffen vnd Befoͤrderer,
der auch neben dem Wort vnd Geist Gottes etwas dabey zu schaffen vnd auszurichten vermuͤge.

Vnd vber diesem Stuͤck erhebt sich fuͤrnemlich der Streit zwischen vns vnd den Adiaphoristen, was sie gleich fuͤr mancherley Fragen in einander mengen vnd vns damit verwickeln vnd jrrig machen woͤllen.

Dieweil aber mit dieser gottlosen Opinion die Bekerung des Menschen zum teil Gott vnd zum teil menschlichem Vermuͤgen vnd Krefften wird zugemessen, zu dem es also Gottes wirckung vnd krafft so viel entzeucht vnd fast darniderschlegt, vnd vber das zu dieser zeit die grossen Hochgelarten vnd fuͤrnemsten Theologen zu Patronen hat, jst von noͤten, das wir sie auch deste
fleissiger widerlegen vnd klerlich darthun, das wir bis anher mit bestendiger einigkeit in der Kirchen gelert haben, das des Menschen natur durch den fall Ade nicht allein geschwecht worden ist, sondern von Gott in allen krefften vnd vermuͤgen gantz vnd gar abgewendt vnd ein feindschafft gegen Gott trage, vnter die Gewalt der Suͤnden vnd des Teufels gesteckt, N 2r/fol. 46a
also das sie nicht allein hab lust, begird vnd neigung zu suͤndigen, sondern der Suͤnden gantz zu eigen vnterworffen sey. Denn ob wol der Will des Menschen nicht ist durch den Fall Ade weggenomen, so hat er doch den freien Willen zu einem gefangenen willen, vnd den guten zu einem boͤsen, verderbten Willen gemacht. Demnach es auch dem Menschen fuͤr der Widergeburt
vnmuͤglich ist, erstlich aus eigenen natuͤrlichen krefften den eroͤffenten vnd fuͤrgepredigten willen Gottes zu uerstehen oder anzunemen, Oder aber aus seines eigenen, freien Willens vermuͤgen sich selbs zu Gott bekeren vnd etwas guts woͤllen oder volbringen.

I. Darumb leret Gottes Wort, das zum ersten alle menschen in vnd aus jrer
Natur gantz vnd gar tod, vntuͤchtig vnd von Gott abgewendet sind, als er im 1. buch Mosi cap. 6. vnd 8. sagt, das alles tichten vnd trachten des menschlichen Hertzens nur jmerdar boͤse ist.Vgl. Gen 6,5; 8,21. Psal. 51: An dir alleine hab ich gesuͤndigt.Vgl. Ps 51,6. Johan 3: Alles, was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch.Vgl. Joh 3,6. Jtem: Es werde denn jmands newgeborn etc.Vgl. Joh 3,5.

II. Zum andern leret die Schrifft, das aller menschen hertzen seien von Natur steinern.Vgl. Ez 11,19; 36,26; Mt 19,8. Vnd solchs redet sie nicht allein von etlichen wenigen, sondern zeuget solchs von aller menschen natur. Was wird aber das fuͤr ein schoͤne, treffliche Fuͤrbereitung werden, die ein solch verstockt vnd verhertets hertz von sich selbs fuͤrnimpt, ehe vnd zuuor es durch die wunderliche Bekerunge
erweichet wird? Jere. 24: Jch N 2v/ fol. 46b wil jnen ein Hertz geben, das sie mich kennen sollen, das ich der HERR sey.Vgl. Jer 24,7. Hiemit verheisset Gott, das er seinem Volck Jsrael aus grosser Gnad woͤlle ein solch Hertz geben, das sie jn erkennen muͤgen, vnd bezeuget, das des menschen Kreffte in geistlichen Sachen weiter vnd mehr nicht vermuͤgen, denn so weit sie von
Gott erleuchtet werden. Jere. 31: Jch wil mein Gesetz in jr Hertz geben vnd in jren Sinn schreiben.Vgl. Jer 31,33. Jere. 32: Jch wil jnen meine Furcht ins Hertz geben, das sie nicht von mir weichen.Vgl. Jer 32,40. Mit diesen worten zeuget der Prophet auch, das das alleine Gottes selbs eigene werck seien, jemand ein new Hertz zu schaffen vnd aus einem steinern ein fleischlichs Hertz machen,
die Hertzen bekeren vnd zum rechten Erkentnis erleuchten, wie auch Ezech. am 11. vnd 36.Vgl. Ez 11,19; 36,26.

III. Zum dritten leret Christus auch eben das, da er spricht: Wer es von meinem Vater hoͤret, der kompt zu mir.Vgl. Joh 6,45. Jtem: Niemand kompt zu mir, es sey denn, das jn der Vater ziehe.Vgl. Joh 6,44. Das ist so viel gesagt: Niemand kan
Christum recht erkennen, er werde denn zuuor durch den heiligen Geist jnnerlich erleuchtet.

IIII. Zum vierdten beweiset dis S. Paulus vber die massen gewaltig 2. Corinth. 1, 2, 3, da er von diesem Handel disputirt vnd alle Menschen vberweiset jrer Torheit vnd eiteler vnuermuͤgligkeit, vnd N 3r/fol. 47a beschleusst
es mit diesen worten: Der natuͤrlich Mensch aber vernimpt nichts vom Geist Gottes.Vgl. I Kor 2,14. Darumb ist es eine grosse vermessene Torheit, das man dem Menschen so viel Liechts vnd volkomenes Verstandes wil zueignen, das er aus eigen krefften damit koͤnne zu Gott vnd dem Geheimnis seines Reichs durchdringen, so doch der Apostel mit klaren worten sagt, das Gott dieser
Welt Weisheit habe gar zur Torheit gemacht.Vgl. I Kor 1,20. Dergleichen thut er auch in seinem Gebet Ephes. 1: Der Gott vnsers Herren Jhesu Christi, der Vater der Herrligkeit, gebe euch den Geist der Weisheit vnd der Offenbarung zu seines selbs Erkentnis.Vgl. Eph 1,17. Damit zeuget er eben das, das alle Weisheit vnd Offenbarung werde von Gott gegeben. Darumb, wer jm selbs vil hohes
Erkentnis vnd Verstands zumisset, der ist so viel deste blinder, das er seine Blindheit nicht erkennet noch betrachtet.

V. Wie wir nu in solchem finsternis vnser Vernunfft vnd jnnerlichen krefften so gar nichts tuͤgen noch vermuͤgen, jchts guts zu dencken, als von vns selbs, also weit feilet es vns auch am Willen, das wir im gehorsam gegen
Gott vermoͤchten etwas tuͤglichs vnd guts durch den verfinsterten vnd verkerten Willen vns fuͤrzunemen vnd zu erwelen, wie denn S. Paulus klar sagt, das wir nicht allein das Vermuͤgen des Willens in vns nicht haben, sondern es mus vns alles, was auch zum Willen gehoͤ­N 3v/fol. 47bret, Gott gehorsam zu werden, von Gott selbs gegeben vnd in vns gewirckt
werden. Gott ists, sagt er Phil. 2, der in euch wircket beide, das woͤllen vnd das thun, nach seinem wolgefallen.Vgl. Phil 2,13. Hie sagt Sanct Paulus, das nicht Gott allein vnserm willen helffe vnd foͤrdere, sondern er wircke vnd gebe es beides, woͤllen vnd thun. Aber diese weise KluͤglingeBesserwisser, wegen ihres vermeintlichen gewaltigen Wissens Eingebildete. Vgl. , 1287f. lassen Gott nur die huͤlffe als einem Beistand. Vnd indem sie den Menschen mit seinem Willen
Gott zu einem HelfferknechtIm Bergbau Bezeichnung für einen Handlanger bzw. Zuarbeiter des Kunststeigers; dieser war für die Montage und Wartung der Pumpanlagen im Bergwerk zuständig. Vgl. , 959. oder Miterbeiter zugeben Vnd vns so wol als Gott ein teil der Bekerung zueigenen, so geringernverringern, vermindern. Vgl. , 3702. vnd mindern sie Gott sein gebuͤrliche Ehre Vnd eigenen vns zu, das doch allein Gottes eigen ist.

Hieher gehoͤret auch der Spruch Jeremie 31: Vnd ich wil machen, das sie in meinen Geboten wandeln sollen.Vgl. Jer 31,31–34; Ez 36,27; 37,24. Jtem dieser Spruch Christi Johan. 15:
Denn one mich koͤndt jr nichts thun.Vgl. Joh 15,5. Vnd 2. Corinth. 3: Ein solch vertrawen haben wir durch Christum zu Gott, nicht das wir tuͤchtig sind, von vns selbs etwas zu dencken als von vns selbs, sondern das wir etwas tuͤgen, ist von Gott, welcher vns hat tuͤchtig gemacht.Vgl. II Kor 3,4–6. Hieher gehoͤren auch die schoͤnen Gebet Dauids Psal. 51 vnd 119: Gib mir verstand, zu lernen deine
Befelh.
Vgl. Ps 51,8.12.14. Jtem: Leite mich in deinen Wegen.Vgl. Ps 119,35.133. So wir aber etwas von Gott bitten, so bekennen wir ja frey, das wir dasselb nicht ha­N 4r/fol. 48aben noch vermuͤgen. Vnd eben indem vns Gott solches alles zusagt vnd verheisset, erinnert er vns vnsers Mangels vnd vnuermuͤgens.

Es solten vns auch billich von solcher nerrischen vermessenheit eigener krafft
abzustehen erinnern die vberherrlichen Namen des heiligen Geistes vnd die werck seines Ampts vnd Eigenschafft, damit er teglich wircket in der Kirchen. Denn warumb wird Er anderst gerhuͤmet der Geist der Heiligung vnd Warheit,Vgl. Joh 16,13; II Thess 2,13. denn das man allein durch sein leiten vnd leren zum rechten Erkentnis Christi vnd zu dem Geheimnis Gottes vnd seiner Warheit gebracht wird?

Entlich koͤnnen wir auch solchs gnugsam erhalten durch viel schoͤne Zeugnis . Denn er zeuget an vielen orten, das die Gnad Gottes also in vns wircke vnd schaffe, das aus vnserm vnwilligen ein williger Will werde.Vgl. ; . Jtem: Es bemuͤhen sich viel Leute, das sie dahinder komen moͤchten, was doch in vnserm eigenen willen gutes sey, aus vns vnd nicht
aus Gott. Aber ich kan es nirgend finden.
Vgl. . Vnd an einem andern ort sagt er, er halt nichts vom freien Willen, dieweil er von allen boͤsen luͤsten vnd suͤchtigenkrankhaften. Vgl. , 902. Begirden so gar gebunden vnd gefangen sey.Vgl. ; vgl. zudem . Jtem: Die natur kan keine Freiheit haben, die aus vntrewem Betrug selbs willig in vngehorsam felt.Vgl. ; vgl. zudem ; , 386 (CSEL 40/1, 631,19–27). Jtem: der mensch hat durch misbrauch seines freien
Willens beide, sich vnd seines Willens freiheit, verderbet vnd verlorn.
Vgl. ; . Jtem: Die vnbedachten leute mercken nicht, das vnter dem namen des freien Willens die freiheit oder befreiung begriffen ist. So wir aber der N 4v/fol. 48b Suͤnden knecht vnd gefangen sind, was rhuͤmen wir vns denn viel vnsers freien Willens? Denn des gefangener ich bin, des Knecht
vnd leibeigner bin ich auch.
Vgl. . Vgl. II Petr 2,19. Vnd an einem andern ort spottet er auch des Namens: Es ist, sagt er, ein freier Will, aber nicht ein befreiter Will, vnd ist wol frey vnd los von aller Gerechtigkeit, aber der Suͤnden knecht vnd eigen.Vgl. ; ; vgl. zudem

s:Da wir nu aus diesen vnd dergleichen Zeugnissen so greifflichdeulich, eindeutig. Vgl. ,51. vberwunden
sind, sollen wir auch billich diese vermessene Opinion fallen lassen Vnd vns viel mehr zum rechten Erloͤser halten. Denn so die allein recht frey sind, welche der Son frey machet, Johan. 8,Vgl. Joh 8,36. so muͤssen je die andern vnbefreiheten noch der Suͤnd gefangene sein vnd bleiben.

Man sol auch sonderlich fleissig meiden vnd fliehen die spitzigen Lere deren,
die da fuͤrgeben, das des menschen Vernunfft vnd Will in der Bekerung oder Ernewerung sey ein Synergon, das ist: ein vrsach, die mit vnd neben vnserm HERRN Gott zu gleich handele vnd wircke. Denn diese meinung nimpt Gott seine Ehre vnd – wie sagt – stuͤrtzet jre Vertreter, ja macht sie mit solchem missuertrawen jrer Freiheit je lenger, je vngewisser.; vgl. zudem , 981 (CSEL 57, 409,16–23). Wir sind
aber nicht dawider, das der Mensch nach der Widergeburt, durch den heiligen Geist mit einem newen Liecht erleuchtet, auch einen newen guten Willen bekomme Vnd also eine heilige Wonung vnd Werckstad des heiligen Geistes werde Vnd fahe an in einem newen Gehorsam fuͤr Gott zu wandeln. O 1r/ fol. 49a Vnd alsdenn heisst er ein Miterbeiter Gottes vnd Synergos.Vgl. I Kor 3,9.

Nach dem S. Paulus mit diesem Titel zieret die Gleubigen vnd sagt: Wir sind geschaffen in Christo Jhesu zu guten wercken, zu welchen vns Gott zuuor bereitet hat, das wir darinnen wandlen sollen.Vgl. Eph 2,10. Vnd Christus wil, Matth. 5, das wir vnser Liecht sollen leuchten lassen, das jederman vnsere gute werck sehe Vnd vnsern Vater im Himel daruͤber preise.Vgl. Mt 5,16.

Aus dieser vnserer Widerlegung kan niemand einigen behelff finden, seine Faulheit damit zu entschuͤldigen. Denn wir halten es gentzlich dafuͤr, das man in diesem Artickel zu beiden teilen sich wol vnd fleissig mus fuͤrsehen, das man nicht auff einer seiten den rechten fleis, from zu werden, darnider schlahe, vnd auff der andern vnser vermuͤgen vermessentlich sich vber Gott
erhebe vnd jme seine Ehre raube.

III.

Der dritte Jrrthum ist derer, die da hefftig streiten, als solte der Mensch in der Ernewerung allhie in disem Leben, so bald gantz volkomen werden Vnd demnach ferner, one wandel oder mangel, das verlorne Bild Gottes vnd erschaf
fene Gerechtigkeit gantz vnd gar bekomen.

Wider diese Schwermerey mus man wissen, das wir dermassen so volkomen, nach der Erloͤsung, dieweil wir in diesem Fleisch sind, nicht werden, O 1v/ fol. 49b das in vns gantz vnd gar keine schwacheit vberig bleibe, auch nicht also ernewert werden, das nicht viel grober stuͤck des alten Adams vns
anhengig bleiben vnd ankleben,anhaften. Vgl. , 382. auch nimermehr also rein newgeborn, das wir von der alten Geburt nichts vberig behalten. Sondern wir tragen on vnterlas das vberige vnsers alten Fleisches mit vns, dieweil wir in dieses Fleisches kercker vnd Gefengnis in diesem Leben wallen. Daher entstehen noch teglich so viel jamers vnd vbermechtiges kempffen, die den Fromen
vnd Heiligen die zeit jres Lebens nicht wenig zu schaffen machen, 2. Cor. 3: Wir werden verkleret in das Bild des Herrn von tage zu tage.Vgl. II Kor 3,18.

Darumb muͤgen sich die Papisten vnd Schwenckfeldischen wol drollen,sich trollen = sich davonmachen, das Feld räumen. Vgl. , 804f. die doch so leichtfertig rhuͤmen, es sey nichts leichters einem newgebornen Menschen, denn Gott den volkomenen Gehorsam leisten. Jtem, das Gott
nichts vnmuͤglichs dem Menschen geboten habe. Jtem die Osiandristen, welche das vberige der Erbsuͤnde so gar fuͤr geringe vnd nichts werth halten, das sie die wesentliche Gerechtigkeit dem Meer vnd die hinderstelligeverbliebene, restliche. Vgl. , 1518. Suͤnde einem kleinen Fewerfuͤncklin vergleichen.Vgl. Anm. 204 zum lat. Text.

Weil denn auch diese Lere vom Artikel des freien Willens in vnser Augspur
gischen Confession, darauff erfolgten Apologia vnd Schmalkaldischen Artickeln klerlich vnd vnterschiedlich an tag gegeben vnd ausgefuͤrt wird, woͤllen wir vns vmb der kuͤrtze willen dahin gezogen haben.

O 2r/fol. 50a VII.

Widerlegung der Jrrthum vnd
im Artickel von der Rechtfertigung.

Es ist der leidige Satan sampt der Vernunfft des Menschen vnter allen andern Artikeln der Christlichen Lere keinem feinder denn diesem, der da leret, das vns die Gerechtigkeit durch das Verdienst Christi aus lauter Gnad vnd Barmhertzigkeit werde geschencket vnd zugerechnet, das er vns, als vnser Erbfeind,
vnser Heil vnd Seligkeit nicht goͤnnen kan. Denn er weis seer wol, dieweil dieser Artickel rein vnd vnuerfelscht bestehet, das er vns mit seinen manichfeltigen Anfechtungen, nachstellen vnd versuchen, als von vnser Vnwirdigkeit, jtem von der VersehungVorsehung. Vgl. , 1266. vnd dergleichen Griffen,Kniffen, Tricks. Vgl. , 296f. nichts kan anhaben noch abgewinnen. Die Vernunfft aber kan sich darumb mit jm nicht vertragen
vmb des angebornen Hohmuts, Wolgefallen vnd Vertrawen willen, das sie an jrer selbs Wirdigkeit, Froͤmkeit vnd Gerechtigkeit hat, vnd darnach, das sie noch etwas vom Gesetz O 2v/fol. 50b Gottes verstehen wil, welcher Jrrthum zum teil auch aus dem verdeckten Angesicht oder gesetz Mose herkompt,Vgl. Ex 34,29–35; II Kor 3,7–18. damit sie denn vermeinet, aus jren eigen Krefften das ewig Leben
zu verdienen.

Daher kompt auch, das allezeit die Heuchler die Gerechtigkeit des eigenen Verdiensts so trotzig vnd steiff zu uerteidingen sich vnterstanden haben. Vnd zwar haben sich nicht allein die Heuchler, die ausser der Kirchen vnter den Heiden sind, als die on einiges wort Gottes allein der blossen Vernunfft gefol
get, solches Trotzes vnterfangen, sondern auch jr vil, die in der eusserlichen, sichtigen vnd scheinlichen Gemeinschafft der Christlichen Kirchen des Worts hoͤrer vnd Lerer gewesen sind. Solche sind vor zeiten bey den Juͤden gewesen, die den Goͤtzendienst vnd allerley Opfferwerck wider der Propheten zeugnis vom rechten Opffer des Heilands MessieMessiae, Genitiv zu Messias, von hebr. מָשׁׅיחַ (maschiach) = Gesalbter. ertichtet vnd mit hauffen
getrieben haben. Jtem die Phariseer, die zu Johannis des Teuffers vnd Christi zeiten jre eusserliche Froͤmigkeit auffs aller hefftigst fuͤreten wider die rechte Lere von vergebung der Suͤnden.Vgl. Mt 5,20; 23,1–28; Lk 18,9–14. Jtem die falschen Apostel, die die Beschneidung vnd werck des Gesetzes nicht weniger auffs geschwindest trieben wider S. Pauli Lere vom Glauben vnd Barmhertzigkeit, durch
Christum vns erworben vnd aus Gnaden geschenckt.Vgl. Gal 1,6–9; 5,2–6; Phil 3,2–11. Diese vnd dergleichen, dieweil sie von der Erbsuͤnde vnd schaden der verderbten Natur, noch des Gesetzs Gottes scherff, hoheit, vnd wie es von vns einen O 3r/fol. 51a volkomenen Gehorsam erfoddert, nichts verstunden, haben sie die Gerechtigkeit auff jr selbs eigene Kreffte vnd verdienst gestellet Vnd
mit diesem schein vnter des Gesetzes namen die guten Werck hoch erhaben Vnd damit das Euangelium vom Glauben an Christum vnd von seinem Verdienst vnd Gerechtigkeit verworffen vnd verdammet.

Vnd ist die grewliche, schedliche SuchtKrankheit. Vgl. , 886f. solcher vermessenheit nach der Apostel zeit je lenger, je gemeinerüblicher, gebräuchlicher, gewöhnlicher. Vgl. , 3212f. worden, bis so lang es der Bapst zu sei
ner ertichten Religion als den Heubtgrund ergriffen Vnd damit die gantze Welt durch huͤlff seiner starcken Donneraxt der Excommunication gebracht hat, warlich mit gefahr vnd ewigem verderben vnzelich vieler Seelen.

Vnd wiewol nicht wenig auch mitten vnter dem Bapstum, durch die heilige goͤttliche Schrifft der Propheten vnd Apostel erleuchtet, sich offtmals gar
ernstlich dawider gesetzt haben, so sind sie doch jmer einer nach dem andern durch des Bapsts Tyranney, als vnter der regierung der hoͤchsten Macht aller finsternis, erbermlich vnterdruͤckt worden. Denn also hat Gott die schendliche vndanckbarkeit der gottlosen Welt muͤssen bezalen,vergelten, entlohnen. Vgl. , 1793. bis so lang er in diesen letzten zeiten vnser Elend vnd jamer nach seiner Barmhertzigkeit wi
der hat angesehen Vnd als einen sonderlichen Werckzeug des heiligen Geistes erwecket hat, durch welchen er diese erschreckliche Ketzerey entdecktaufgedeckt, entlarvt. Vgl. , 507. vnd jederman des Bapsts O 3v/ fol. 51b Grewel kunt gemacht hat, auch dabey wider herfuͤr ans Liecht der gantzen Welt predigen lassen das reine Euangelium von der heilsamen Gerechtigkeit Christi Vnd dadurch
die verfuͤrte Kirchen von des Bapsts grawsamer Tyranney vnd Seelenmord erlediget,befreit. Vgl. , 896. auch zu rechter Freud, Glauben, Hoffnung vnd Gebet bracht.

Aber es war dem Teufel gar nicht gelegen, dazu still zu schweigen vnd feiren Vnd der Kirchen diese jr Freud vnd Wolfart vnangefochten zu lassen. Darumb bricht er mitten in Hauffen hinein Vnd erwischt aus der wolzugerichten
Kirchen etliche hohmuͤtige vnd ehrensuͤchtige Koͤpffe. Die hetzet er an den lieben Artickel von der Rechtfertigung, das sie denselben mit gleissendenblendenden, leuchtenden. Vgl. , 8300. schoͤnen Ferblin anstrichen, verstelleten vnd schmuͤckten. Vnter welchen sind . vnd . nicht die wenigsten. Denn diese beide, als vnd der rechten Kirchen Schuͤler vnd glieder, tretten herfuͤr vnd
machen sich recht starck an diesen Artickel. Darumb sie auch einen erbermlichen Schiffbruch erlitten, vnd dasselbe nicht one grosse zerruͤttung der Kirchen.

Denn nachdem aus Prophetischer vnd Apostolischer Schrifft den rechten vnd heilsamen weg vnser Erloͤsung vnd Rechtfertigung trewlich ge
zeiget vnd fein geleret hat, das vnsere Gerechtigkeit vnd Erloͤsung sey ein Werck der gantzen Person Christi, also das beide, seine goͤtliche vnd menschliche Naturen, in einer Person, vns zu erloͤsen vnd zu rechtfertigen, zugleich vnzertrennet im Tod vnd O 4r/fol. 52a Sieg geerbeitet haben, da erheben sich vnd vnd stuͤrmen hefftig vnter sich selbs
auff einander vber dieser Gerechtigkeit, bis so lang sie beide an der rechten ban vnd Warheit sich schendlich versteigen vnd beseit abtretten,vom rechten Weg abweichen, fehltreten, fehlgehen, sich verirren. Vgl. , 1613; , 143. vnd nemen der Person Christi das Werck vnser Gerechtigkeit Vnd messens den einzelen Naturen Christi zu, also das sie beide der Mittelstrassen feilenden (zielführenden) Mittelweg verfehlen. Vgl. , 2410; , 1424. vnd auff zwo eusserste Spitzen geraten vnd darauff bestecken bleiben.

feret weit zu hoch vnd eignet vnsere Rechtfertigung allein der Gottheit Christi zu, durch seine Jnwonung vnd Wirckung, vnd daruͤber hat er nu die Imputatiuam Iustitiam, welche in vergebung der Suͤnden stehet vnd vns aus Gnaden zugerechnet wird, welche auch S. Paulus vnd vnsere Kirchen fleissig treiben, verworffen ‒ Oder ja gewis verachtet vnd mit fuͤssen getret
ten. Das denn aus folgenden seinen Spruͤchen kunt vnd offenbar ist. Denn in der 73. Proposition seiner Disputation von der Rechtfertigung saget er also vnd spricht, das kein Eis so kalt sey als derer Lere ist, die da leren, das wir vmb vergebung der Suͤnde willen gerecht geschetzt werden.Vgl. : 73. Es lehren auch diejenigen kelter ding dan das eyse, welche da lehren, das wir allein umb der vergebung der suͤnde willen fur gerecht geachtet werden und nicht auch von wegen der gerechtigkeit Christi, der durch den Glauben in uns wonet. (Eine Disputation von der Rechtfertigung, 1551). Jtem in seiner Bekentnis: Die Heuchler, spricht er, leren, das vnser Gerechtigkeit
nichts anders sey, denn das vns Gott fuͤr gerecht helt, ob wir gleich boͤse Buben sind, vnd das vnsere Gerechtigkeit ausser vns vnd nicht in vns sey.
Vgl. Anm. 208 zum lat. Text. Jtem in der widerlegung der Schrifft : Gott wil kein andere Gerechtigkeit, nimpt auch kein O 4v/fol. 52b andere an denn seine eigene vnd wesentliche Gerechtigkeit.Vgl. : Die ander ursach, darumb uns Got sein aigne, wesenliche gerechtigkeit, die er selbst ist in Christo darpeuͤt und nicht ein andre creaturliche gerechtigkeit in uns erschafft, die trifft Gott den herrn und sein goͤtliche ehr selbst an, und redet Paulus also darvon, Gott piete zu disen zeiten sein gerechtigkeit dar, auff das er allein [|] gerecht sey und gerecht mach denjenigen, der da ist des glaubens an Jesum etc., und lehret uns mit disen worten gewaltigklich, das Gott der herr schlechts kein gerechtigkeit will wissen, hören, noch annemmen fur gerechtigkeit, dann sein aigne gerechtigkeit allein, damit er von ewigkeit zu ewigkeit gerecht ist. Das ist seine wesenliche gerechtigkeit, die er selbs ist. Darumb ist auch kein rechte, ware, bestendige gerechtigkeit weder im himel noch auff erden, die Got fur gerechtigkeit helt und annimbt, dann sein aigne gerechtigkeit allein, die er selbs ist. (; Hervorhebungen nicht im Original). Jtem, er verneinet auch im selbigen Buch,
das wir durch einige Schrifft beweisen koͤnnen, das die vergebung der Suͤnde vnser Gerechtigkeit sey.Vgl. Anm. 210 zum lat. Text. Jtem, er spricht weiter, das Christi wesentliche Gerechtigkeit vnser Gerechtigkeit sey vnd nicht vergebung der Suͤnden.Vgl. . Vnd diese erzelete vnd dergleichen Spruͤche sind hin vnd wider in seinen Leren zu finden.

Aber er ist seines jrrthums auch mit diesen zweien gruͤndlichen Vrsachen wol zu vberwinden: Die erste ist, das er sich setzet wider den Brauch, Nutz vnd Ampt der Menschwerdung Christi. Denn da vns Christus hette sollen oder woͤllen gerecht machen allein durch seine blosse goͤttliche Natur, wozu vnd warumb were er Mensch worden? Die andere ist auch stracks wider die
Art vnd Natur vnser Gerechtigkeit, welche Gott durch sein Gesetz von vns ernstlich erfoddert. Denn zu solcher gehoͤrt ein gantze erfuͤllung vnd volkomener Gehorsam, das Gesetze zu erfuͤllen mit thun vnd leiden von wegen des gerechten zorns Gottes vber die Suͤnde. Nu kan das goͤttliche Wesen nicht leiden oder sterben. Darumb so richtet aus vnd erlanget vnser
Gerechtigkeit nicht allein die Gottheit Christi, sondern Christus hat muͤssen ein rechter natuͤrlicher Mensch werden Vnd also die gantze Person die Suͤnde vnd zorn Gottes durch sein Blut vnd Tod versuͤnen.Vgl. die klassische Argumentation bei .

Ob nu wol die Gottheit Christi vnsere Gerechtigkeit zu erwerben von noͤten ist, was die Macht P 1r/fol. 53a vnd den Sieg anlangt, jedoch kan sie diesel
ben one die Menscheit, die da druͤber leiden vnd sterben mus, nach Gottes willen nicht erfuͤllen. Denn Gott hat seinen Zorn wider vnsere Suͤnde nicht woͤllen versuͤnen lassen durch lauter gewaltsame Abthuung des Gesetzes vnd vnser Suͤnde, sondern es hat muͤssen geschehen durch demuͤtiges Leiden vnd sterben, damit der Gerechtigkeit seines Gesetzes vnd seinem zorn
oder Rach wider die Suͤnde gnug geschehe, wie Christus sagt, Matth. am 5.: Jch bin nicht komen, das Gesetz auffzuheben, sondern zu erfuͤllen.Vgl. Mt 5,17. Vnd das sey kuͤrtzlich von Jrrthum wider diesen Artickel gesagt.

Vom Jrrthum .

Wie nu allzu hoch gefaren ist, so thut gerad das wider
spiel, lesst sich zu gar weit hinunter Vnd sagt, das Christus vnser Gerechtigkeit allein durch vnd in der menschlichen Natur erworben vnd erhalten habe. Nu ist es wol war, das die menschliche Natur in Christo gantz vnd durchaus rein vnd Heilig ist, wie der Engel sagt: Das Heilige, das von dir wird geborn werden etc.Vgl. Lk 1,35. Jedoch were sie viel zu schwach gewesen, aus jr selbs vnsere
Gerechtigkeit zu erlangen. Denn sie hette den grimmigen zorn Gottes wider die Suͤnde nicht moͤgen ertragen, auch nicht mit jrem Verdienst vnd bezalung vergnuͤgen,(dem Zorn) Genüge leisten, (ihn) befriedigen, stillen. Vgl. , 464f. noch den P 1v/fol. 53b vbermessigen Gewalt vnd macht vnser Feind ausstehen,aushalten, durchstehen, ertragen. Vgl. , 985f. als da sind der Tod, die Hell vnd der Teufel, wo sie nicht durch die wunderbarliche Vereinigung der goͤttlichen
allmechtigen Natur, in einer Person vereinigt im Leiden vnd Kampff, were gesterckt vnd erhalten worden, vnd also auch der Verdienst vnd bezalung Christi deste wichtiger vnd Gott angenemer worden were. Solchs bezeugen hin vnd wider in der Schrifft seine Klage vom leiden vnd die erbermlichen seufftzen, da er vmb huͤlff vnd rettung schreiet, als im 22. Psal.: Mein Gott,
Mein Gott, wie hastu mich so gar verlassen
etc.Ps 22,2; Mt 27,46; Mk 15,34. Jtem: Meine Kreffte sind vertrocknet, wie ein Scherben etc.Ps 22,16; vgl. Joh 19,28. Psal. 69: Gott hilff mir, denn das Wasser gehet mir bis an die Seele etc.Ps 69,2 (Luther 1545).

Also sehen wir, das es die hohe vnd vnuermeidliche not erfoddert, das die goͤtliche Natur in Christo seiner menschlichen Natur zu huͤlff komen ist,
dieselbige gesterckt, gerettet vnd zur Herrligkeit vnd vnsterbligkeit wider erhaben, da sie vnter Gottes grimmigem vnd vntreglichem zorn so jemerlich im blutigen Schweis gezappelt,Vgl. Lk 22,44. auch in Tod vnd Hell gesuncken ist.Vgl. Mt 26,38. Das beweiset auch S. Petrus Acto. 2: Den hat Gott – das ist die goͤttliche Macht, die der Son mit dem Vater vnd heiligem Geist hat – aufferweckt, vnd
auffgeloͤset die Schmertzen des Todes.
Vgl. Act 2,24. Solcher goͤttlicher Macht rhuͤmet sich auch Christus selbs. Erstlich Esa. 63: Denn ich sahe mich vmb, P 2r/ fol. 54a vnd da war kein Helffer. Vnd ich war im schrecken, vnd niemand enthieltstand mir bei, unterstützte mich. Vgl. , 550. mich. Sondern mein Arm muste mir helffen. Vnd mein zorn enthielt mich.Vgl. Jes 63,5. Vnd Johan. 10: Darumb liebet mich mein Vater, das
ich mein Leben lasse, auff das ichs wider neme. Niemand nimpt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbs. Jch hab es macht zu lassen vnd hab es macht wider zu nemen.
Vgl. Joh 10,17f. Diese herrliche macht, im sterben aus eigener krafft im selbs das Leben zu geben, kan niemand denn nur allein Gott. Darumb mus die goͤttliche Herrligkeit im sterben vnd Tod von Christo nicht
abgetrennet gewesen sein.

Demnach werden wir durch Christum gerecht. Aber nicht allein durch seine goͤttliche, allmechtige Herrligkeit, die an jr selbs vns vil zu hoch vnd zum Opfer vnd Leiden nicht bequemgeeignet, passend. Vgl. , 1482f. oder geschickt, noch auch nicht allein durch seine blosse menschliche Natur, die viel zu schwach dazu ist Vnd zur
gleichen bezalung der Suͤnde der gantzen Welt zu wenig, sondern durch den vnzertrenlichen gantzen Christum, waren Gottes vnd Marie Son, wie solches zeuget der Spruch Jsa. 7: Sihe, ein Jungfraw ist schwanger vnd wird einen Son geberen. Den wird sie heissen Jmmanuel, das ist: Gott mit vns.Vgl. Jes 7,14; Mt 1,23. Jtem Jerem. 23: Dauids gewechs.Vgl. Jer 23,5. Jtem: Vnd Jehoua, der Herr vnser Gerech
tigkeit
etc.Vgl. Jer 23,6. Jsa. 43: Ja mir hastu erbeit gemacht in deinen Suͤnden, vnd hast mir muͤhe gemacht mit deinen missethaten.Vgl. Jes 43,24.

s:P 2v/fol. 54b Darumb sagt Jreneus am 185. blat: Gleich wie Christus Mensch war, auff das er koͤndte versucht werden, also war er auch das wesentliche Wort, auff das er widerumb herrlich wuͤrde..Zur zitierten Ausgabe vgl. die Anm. 221 zum lat. Text. Vnd Vigilius spricht: Es
muͤst ein solches Opffer sein, welchs also gemessiget vnd gemittelt were zwischen Gott vnd den Menschen, das es die dinge als Gott vnd Mensch koͤnte ausstehen, nemlich Das es an dem, da er Mensch war, kundte sterben, vnd an dem, da er Gott war, den Tod vberwuͤnde.
Vgl. .

Derhalben wil es sich in keinen Weg leiden, kan auch nicht sein, das man
nach meinung wolte sagen, Christus macht vns gerecht per communicationem Idiomatum,Als Communicatio idiomatum bezeichnet man in der Christologie Redeweisen, bei denen der Person Christi insgesamt Eigenschaften zugeschrieben werden, die zunächst nur einer der beiden Naturen Christi zukommen, bzw. bei denen über eine der beiden Naturen Christi ausgesagt wird, was zunächst nur der anderen zukommt. Während die reformierte Tradition hierin bloße Redeweisen sieht, lehrt die lutherische Orthodoxie, dass dieser Redeweise eine reale Mitteilung der Eigenschaften entspreche. Vgl. ; , 433f. nach der gemeinschafft der eigenschafften vnd Naturen in Christo, wie man sonst von solchen Eigenschafften in Christo vnterschiedlich redet, als das er ist ein Schepffer Himels vnd der Erden, Ewig, jtem: Leidet, stirbt, isset, trincket etc. Sondern er macht vns gerecht in beiden
Naturen, vereinigt vnd vnzertrennet, Realiter, wie er in einer Person ein gantzer, warer Christus ist, also das beide Naturen beisamen zugleich miteinander solches ausrichten, die eine mit geboren werden vnd leiden, die andere mit krefftiger vnd mechtiger Vberwindung des Leidens. Darumb sagt S. Paulus Phil. 2, das, obwol Christus sey in goͤttlicher Gestalt gewesen, hab ers fuͤr
keinen Raub gehalten, Gott gleich sein, sondern hab sich sein selbs geeussert vnd Knechtsgestalt angenomen Vnd gleich wie ein P 3r/fol. 55a ander Mensch worden vnd an geberden als ein Mensch erfunden, vnd hab sich damit genidriget vnd bis zum Tod gehorsam worden, ja zum Tod am Creutz.Vgl. Phil 2,6–8.

Vnd Johannes der Teuffer spricht, das das Lemblin Gottes, nicht Gott selbs, neme der Welt Suͤnde hinweg.Vgl. Joh 1,29. Vnd also leret S. Paulus Rom. 5: Wir werden gerecht, nicht durch die blosse Gewalt vnd krafft der goͤttlichen Herrligkeit Christi, sondern durch sein demuͤtigen Gehorsam. Denn so spricht er: Denn gleich wie durch eines Menschen Vngehorsam viel Suͤnder worden
sind, also auch durch eines Gehorsam werden viel Gerechten.
Vgl. Röm 5,19. Jtem Acto. 20: Gott hat seine Gemeine durch sein eigen Blut erloͤset.Vgl. Act 20,28. Jtem 1. Johan. 1: Das Blut Christi reiniget vns von allen vnsern Suͤnden.Vgl. I Joh 1,7.

Hieraus ist klar, das weder noch recht halten von der Gerechtigkeit, die wir durch Christum haben, sondern jrren beide zu weit
vom Ziel, dieweil sie dieselben in den Naturen vnd eigenschafften Christi zertrenlich suchen vnd forschen. Darumb sollen alle Gottfuͤrchtige mit hoͤchstem fleis den Christum mit seiner Gerechtigkeit, damit er vns gerecht macht, fest vnd vnzertrenlich behalten Vnd jnen denselben nicht lassen nemen, wie vns die heilige Schrifft vnd vnser lieber Kinder Glaub leret vnd
zeuget.

P 3v/fol. 55b Vnd nachdem nicht eine geringe Sorge die Kirche Gottes druͤcket vnd plaget von wegen des Osiandrischen Jrrthums, so wil auch dieses als fuͤr notwendig zu erinnern vnd anzuzeigen sein, das dieser Jrrthum nicht allein seer ferne von Gottes wort sey (wie denn droben angezeiget),
sondern auch von der Augsburgischen Confession, Apologia vnd Schmalkaldischen Artickeln. Welchs denn daher kunt vnd offenbar ist, das nichts in vnser Augsburgischen Confession, Apologia vnd Schmalkaldischen Artikeln von der wesentlichen Gerechtigkeit, die vns solte rechtfertigen, jrgend an einem ort gedacht, sondern allein fleissig getrieben wird die
Zurechnung des Verdiensts Christi vnd vergebung der Suͤnden fuͤr vnsere Gerechtigkeit.

VIII.

Widerlegung der Proposition ,
Das gute Werck solten n
tig sein zur Seligkeit.


P 4r/fol. 56a , auch desselbigen Anhenger vnd Mituerwanten, Jrrthum gehoͤret darumb zu vnd Jrrthumen, dieweil er in einem Artickel mit jnen erbeitet, den Artickel von vnser Justification vnd Rechtfertigung (das ist: Wie man fuͤr Gott From, Gerecht vnd Selig werden sol) zu schwechen vnd zu verwirren. Doch thut er solchs gar auff ein
ander meinung vnd weise. Denn jene nemen jre falsche meinung a causa efficiente, das ist: Sie eignen vnsere Rechtfertigung Christo zu, aber nach vnterscheid vnd zertrennung der eigenschafften vnd naturen, nicht dem gantzen, vnzertrenlichen Christo.

Aber das lesst vns zugesteht er uns zu, lässt er gelten. Vgl. , 501. vnd leret auch, das vns der gantze, vnzer
trenliche Christus gerecht mache. Er hat aber einen besondern RanckList, Kniff, Kunstgriff. Heute nur noch im Plural gebräuchlich: Ränke. Vgl. , 100. vnd griffKunstgriff, Kniff, Trick. Vgl. , 296f. erdacht mit der verfelschung der causa formali et materiali. Denn vnsere causa formalis oder materialis ist anders nichts denn die gantze erfuͤllung vnd der volkomene Gehorsam des Gesetzes, welche Christus allein fuͤr vns gethan hat. Dieser gantze Christus mit aller dieser seiner Gerechtigkeit
wird vnd ist vnser durch den Glauben Vnd macht vns dadurch gerecht vnd Erben der ewigen Seligkeit, als hetten wir es selbs gethan vnd verdienet.

Ob vns nu wol dis alles auch nachgibt,zugesteht, einräumt. Vgl. , 58. so verfelschet ers doch hin vnd wider mit seiner ertichten vnd spitzigen Glosen Vnd verdrehets mit sonderlicher Behendigkeit, auff das er diese sein P 4v/ fol. 56b Proposition fuͤr
recht vnd gut koͤndt auff dem platz erhalten,auf dem Kampfplatz behaupten, verteidigen, aufrechterhalten. Vgl. , 1916f. als solten gute Werck zur Seligkeit noͤtig sein. Wiewol er zuuor also nicht geleret, sondern hat diese Art zu reden zur INTERIMS zeit von den Papisten, Jnterimisten vnd Adiaphoristen genomen. Darumb woͤllen wir die fuͤrnemsten Jrrthum aus seinen Schrifften kuͤrtzlich anziehen vnd widerlegen:

I.

Erstlich lesst er sich offentlich hoͤren, das er diese wort vnd Propositiones woͤlle erhalten vnd verteidingen, als im Buch, so Anno 51. wider ausgangen ist,Vgl. Anm. 229 zum lat. Text. vnd in der Predigt von S. Pauli Bekerung:Vgl. Anm. 230 zum lat. Text.

1. Gute Werck sind noͤtig zur Seligkeit.

2. Niemand wird one gute Werck selig.

3. Es ist vnmuͤglich, das ein Mensch one gute Werck koͤnde selig werden.

s:Diese Propositiones vermenteltbemäntelt. Vgl. , 842f. vnd verbluͤmetbeschönigt. Vgl. , 146. er mit meisterlichen Gloͤslin,Auslegungen, (entschuldigenden) Erläuterungen. Vgl. , 218. deren wol etlich einen guten ScheinAnschein. Vgl. , 2425f. haben, etliche aber sind offentlichoffenbar, offensichtlich. Vgl. , 1182. vnrecht vnd falsch. Vnd mit diesen BossenPossen, Spielereien. Vgl. , 262f. vermeint er die
falschen mit den leidlichenerträglichen, passablen, akzeptablen. Vgl. , 678. hindurch zu bringen vnd erhalten. Den leidlichen streicht er dis Ferblin an: Ja, sagt er, das ich lere, gute werck sind noͤtig zur Seligkeit, das meine vnd rede ich nicht vom Verdienst, als solten gute Werck die Seligkeit er­Q 1r/fol. 57awerben oder verdienen, sondern ich wil es von dem effectu vnd Fruͤchten verstanden haben, welche je aus not
folgen vnd geschehen muͤssen von denen, die durch den glauben gerecht vnd selig worden sind.

Vnd berufft sich auff diesen Behelff vnd Gloͤslin an vielen Orten, seine Vnschuld vnd bestendigkeit wider seine Ankleger damit zu erhalten, als die jm felschlich grosse schuld geben, das er mit dem Papistischen Sawerteig
schendlich vbel beschmeisstbesudelt, verunreinigt. Vgl. , 1582–1584. vnd vergifftet sey. Er kan sich aber in der Warheit mit diesem geflickten Behelff mit grund vnd gutem Gewissen nimermehr bewaren. Denn obwol die gemelte seine Glosa vnd erklerung von jm also gemeinet Vnd auch also fuͤr recht vnd gut koͤnte angenomen werden, jedoch dieweil er sie brauchet vnd treibet, der Papisten gottlose vnd offent
liche falsche Jrrthum damit zu schmuͤcken vnd zu bestetigen, vnd vnterstehet sich one einige not vnd vrsach, diese falsche Proposition mit einem schein der Warheit vnd leidlicher glossen zu beweisen, wird er sich doch damit nicht weis brennen,sich schön brennen, sich von einem Verdacht reinigen. Vgl. , und . noch der auffgelegten beschuͤldigung, als hette er nie mit den Jnterims Schmidenden Verfassern des Augsburger Interims bzw. des Leipziger Landtagsentwurfs. gebuletvertrauten Umgang gepflegt, sich mit ihnen gemeingemacht, um ihre Zuneigung geworben. Vgl. , 502. noch geheuchelt, frey
machen.

Vnd das es war sey, so stimmet seine Glosa vnd die Proposition weit nicht mit einander. Denn die Glosa schleusst das Meritum oder Verdienst gantz vnd gar aus, als nicht noͤtig. Die Proposition aber wil der werck verdienst eingeschlossen vnd in allweg Q 1v/fol. 57b als noͤtig dabey haben. Nu gibt je
das der gemein brauch aller Sprachen vnd tegliche erfarung, das alles, was zu eines andern Heil zu erhalten von noͤten ist, das dasselb nicht allein mus verstanden werden de causa, sine qua non (Welche doch allhie weder platz noch raum hat), als on die es nicht bestehen koͤnde, sondern es wird fuͤrnemlich verstanden de causa efficiente, instrumentali, formali et materiali, als dadurch
dasselb seinen anfang, mittel vnd ende hat, als zu einem Baw gehoͤren der Meister, die Beil, Holtz vnd dergleichen.

s:Das man aber sagen wolt: Gute Fruͤchte sind noͤtig zu einem guten Baum, das ist auch nach der Vernunfft in keiner Sprach gebreuchlich. So leidets auch die Erfarung vnd Ordnung der Natur nicht. Ja es findet sich eben das Wider
spiel, nemlich: Gute Fruͤchte zu bringen, da gehoͤret ein guter Baum zu. Also kan man auch mit gutem Grund sagen: Zu guten Wercken gehoͤret vnd ist noͤtig die Seligkeit vnd Gerechtigkeit. Denn wie S. Johan sagt: Wer recht thut, der ist gerecht.Vgl. I Joh 3,7. Das kan aber hinwider nicht bestehen, noch recht mit grund gesagt werden: Gute Werck sind noͤtig zur Seligkeit. Denn
diese verkeren die natuͤrliche Ordnung Vnd setzen gute Fruͤchte fuͤr vnd ehe dem Baum Vnd gute Werck, ehe man selig wird, vnd gerechte Werck oder recht thun, ehe man gerecht worden ist, vnd ziehen also das Werck dem Meister fuͤr.

Darumb ist dieser Jrrthum einer ernsten Einrede vnd Widerspre
chung wol werd, son­Q 2r/ fol. 58aderlich dieweil er so ein meisterlich Gloͤslin dazu ertichtet vnd herfuͤrbringet, damit vnter einem schoͤnen schein der Papisten jrrige, vnbestendige, zweiuelhafftige vnd halbmuͤndigedoppel­, mehrdeutige. Vgl. . Proposition hemisch vnd mit so gefehrlicher weise zu reden, zu schmuͤcken vnd verdecken. Denn so es solte gelten, das es nur ein kunst
vnd jederman solt freystehen, mit geferbten Gloͤslin die Jrrthum zu schmuͤcken, so koͤndten eben so leicht ,Vgl. Anm. 233 zum lat. Text. ArijVgl. Anm. 234 zum lat. Text. vnd anderer Ketzer vnd Schwermer greiffliche vnd lesterliche jrrthum, die sie haben fuͤrgeben, mit dergleichen spitzfuͤndigen Glosen auch verstrichenübertüncht, beschönigt. Vgl. , 1796. vnd entschuͤldiget werden.

II.

Man pflegt zu sagen, es sey nichts fruchtbarers denn Jrrthum.Das Sprichwort ist bei Wander nicht nachgewiesen. Vgl. aber verwandte Worte, z.B. , 894f: Ein narr macht zehen (hundert, viel) narrn, dazu wird als Entsprechung aus dem Lateinischen u.a. vermerkt: Stultitia est contagiosa. Denn ein Jrrthum gebiret vnd heuffet jmer den andern.Vgl. , 967: Ein irrthumb bringt den andern. Sie machen aber gemeiniglich jren Meister so vnrhusam vnd vergessen, das er sich jmer je weiter vnd mehr in Jrrthum versencket vnd vertieffet. Also gehet es leider auch.
Denn nachdem er sich einmal dazu bringen vnd bereden hat lassen, das er dieser schlipfferigen, vngewissen vnd Papistischen Proposition von notwendigkeit guter Werck zur Seligkeit hat angenomen, feret er fort vnd gerett demnach endlich durch gewaltigen Jrrthum dahin, das er nichts wenigers denn wie die Papisten selbs sich vermisset zu uerteidingen, das gar offentlich
vnrecht ist, vnd stoͤsset eben damit selbs seine vorgemelte Glosa Q 2v/ fol. 58b wider vmb, da er sagt, gute Werck seien zur Seligkeit noͤtig, aber nicht meritorie, das ist: die Seligkeit dadurch zu uerdienen, vnd verwirret sich mit offentlichen auch an jm selbs widerwertigenwidersprüchlichen. Vgl. , 1371. reden.

Denn der folgende Jrrthum, welchen er aus den drey oberzelten Propositioni
bus Als ein toͤdlichs, schedlichs Gifft genomen hat, streitet offentlich wider den rechten Brauch vnd eigenschafft des Glaubens vnd zurechnung des verdiensts Christi, von welchen doch die heilige Christliche Kirch aus der heiligen Schrifft vnd Augsburgischen Confession mit einer meinung bestendig also bekennet, nemlich Das das Verdienst Christi allein durch den Glauben
angenomen, gefasset, ergriffen vnd eines jeden selb eigen werde.Vgl. . aber sagt klar vnd mit ausgedruckten offentlichen worten inn seiner Disposition vber die Epistel zun Roͤmern Cap. 10, das solche zueignung oder erlangung nicht allein durch den Glauben, sondern auch durch die Confession vnd das bekennen geschehe.Vgl. Anm. 236 zum lat. Text.

Was koͤndte doch jmmer vngeschickters vnd schedlichers ertichtet werden? Denn wie wuͤrde sich das reimen, wenn man einem armen Bettler etwas koͤstliches schenckte vnd darreicht, er aber, so bald er mit den henden zugriffe, auch zugleich die Zungen herausstreckete vnd wolte damit auch zugreiffen, da sie doch dazu nicht geschaffen, noch etwas zu fassen vnd zu
begreiffen tuͤglich ist? Also flicket noch viel vnbescheidener den Glauben vnd das Be­Q 3r/fol. 59akennen, als fuͤr einerley dinge, das Verdienst Christi damit zu gleich ergreiffen, zusamen, so sie doch gar weit zu vnterscheiden sind.

Denn der Glaub, welchen Gott allein in vns wircket vnd schaffet vnd durch
den heiligen Geist in vns anzuͤndet, ist fuͤrnemlich des armen Bettlers hand, damit wir den geschenckten Heiland Christum im Wort annemen vnd ergreiffen.Vgl. hierzu die Darstellung auf Regensburger Einblattdrucken von 1561/62 mit katechetischen Erläuterungen von , möglicherweise unter Beteiligung von entstanden; siehe . Vgl. . Wie vnzelich viel Spruͤche in der Schrifft beweisen, Matth. am letzten: Wer da gleubt vnd getaufft wird, der wird selig.Vgl. Mk(!) 16,16. Jtem Jsa. 53: Vnd durch sein Erkentnis wird Er, mein Knecht, der gerechte, viel gerecht
machen.
Vgl. Jes 53,11. Jere. 5: HERR, deine Augen sehen nach dem Glauben.Vgl. Jer 5,3 (Luther 1545). Abac. 2: Der Gerechte wird seines Glaubens leben.Vgl. Hab 2,4. Rom. 3: So halten wir es nu, das der Mensch gerecht werde on des Gesetzes werck, allein durch den Glauben etc.Vgl. Röm 3,28. Das Bekennen aber ist nur ein Frucht des Glaubens, dadurch wir von Gott kein Heil empfahen, sondern wir bekennen dadurch das
Heil, so wir zuuor durch den Glauben empfangen haben, loben vnd rhuͤmen mit solchem Bekentnis vnsern lieben Gott, wie im 116. Psalm: Jch gleub, darumb rede ich etc.Vgl. Ps 116,10 (Luther 1545); II Kor 4,13.

Vnd zwar wird durch die helle Warheit selbs gedrungen vnd dahin vberzeuget, das er an seer viel orten in seinen Buͤchern bekennet, das allein
der Glaub gerecht mache Vnd das die Wolthat Christi allein durch den Glauben empfangen Q 3v/fol. 59b vnd angenomen werden. Wie bald aber vergisst er sein selbs Vnd flicket an den Glauben auch das Bekennen Vnd eignet jm mit dem Glauben zugleich zu das empfahen der wolthat Christi. Damit gibt er vrsach, mancherley Mittel mehr zu erdencken, dadurch solche Wolthat
solten angenomen werden, deren denn das schoͤne Bapstum vol, vol ist. Denn das brauchet auch dazu die Messe, Walfarten, der todten Heiligen anruffen vnd derselben Fuͤrbitt etc.

III.

Zum dritten, nachdem er die Application des Verdiensts Christi dem Be
kentnis so wol als dem Glauben hat zugeschantzt, macht er sich trotzig herfuͤr vnd macht ein gros Geschrey vnd viel rhuͤmens vom Nutz vnd Notwendigkeit der guten Werck, auff das der Papisten pochen vnd vermessens trotzen auff gute Werck ja nicht dahinden bleibe,unterbleibe, vernachlässigt werde. Vgl. , 693. one zweiuel, denselben damit zu hofiren Vnd andere trewe Prediger damit verdechtig zu
machen, als lerete niemand denn er allein von guten Wercken. Vnd nachdem er die guten Werck also wil hoch erheben wider der heiligen Schrifft Regel, beweiset er ein zwifaches Papistischs stuͤcke: Das eine, das er leret, sie seien ein noͤtig stuͤck vnser Seligkeit fuͤr Gott. Das ander, das sie seien causa retentiua, das ist: Das die Seligkeit durch gute Werck erhalten werde.

Das erste Stuͤck ist zu finden in seiner Definition vber das 10. Capit. zunzu den. Roͤmern. Daselbs spricht er Q 4r/fol. 60a also: Iustitia, est uerbum de Filio Dei incarnato et crucifixo habere in corde, in eo laetari, acquiescere, id ore profiteri et propagare, et propter hoc uerbum omnia extrema, etiam mortem sustinere et pati, etc.Vgl. Anm. 236 zum lat. Text. Das ist: Das ist die Gerechtigkeit, das jemand
das Wort von dem Son Gottes, das er Mensch worden vnd gecreutziget ist, im hertzen hat, daran alle seine freude hat, das Gewissen darin zu frieden stellet, dasselb mit dem mund bekennet, weit ausbreitet vnd vmb des worts willen alle eusserste Not, auch den tod selbs, bestendig leidet
etc.

s:Jn dieser Definition verruͤckt er der Gerechtigkeit Heubtgrund Vnd
vermenget vnsere Werck vnd die Werck Christi vnternander, wiewol verdunckelter weise, als die zusamen miteinander eine gantze volkomene Gerechtigkeit machen solten, so sie doch weiter denn Himel vnd Erden voneinander zu vnterscheiden sind. Ja sie sind in solcher weise vnd ertichtem fuͤrgeben gantz vnd gar wider einander, koͤnnen vnd moͤgen, ja muͤssen
auch in foro Articuli Iustitiae, das ist: im Artickel von vnser Rechtfertigung, nicht beisamen gefast stehen.

Denn es mus in dem Artikel allein herrschen vnd regiren dieser Gehorsam Christi, welcher darinnen vnsere Gerechtigkeit, auch eigen verdienst, im wenigsten neben sich nicht dulden vnd leiden mag, wie Christus selbs zeuget
Johan. 15: Vmb der Gerechtigkeit willen. Denn ich gehe zum Vater.Vgl. Joh 16(!),10. Mit welchem Spruch Christi gentzlich vbereinstimmet Q 4v/fol. 60b der Spruch Pauli zun Galat.: So aus den wercken die Gerechtigkeit ist, so ist Christus vergeblich gestorben.Vgl. Gal 2,21. Vnd eben das wil auch das hingehen zum Vater, das das sterben vnd leiden wil. Jtem Jsai. am 51.: Hebt ewre augen auff gen
Himel vnd schawet vnten auff erden. Denn der Himel wird wie ein Rauch vergehen Vnd die Erde wie ein Kleid veralten. Vnd die auff Erden wonen, werden dahin sterben wie Das.Die Biblia Germanica von 1545 erläutert am Rande: (Das) Solch (das) mus man mit eim Finger zeigen / als schlüge man ein Kliplin [= Schnippchen] mit Fingern. Wie man saget / Jch gebe nicht das drümb. (vgl. ). Die Vulgata liest Jes 51,6: et terra sicut vestimentum adteretur et habitatores eius sicut haec interibunt Aber mein Heil bleibet ewiglich, vnd meine Gerechtigkeit wird nicht auffhoͤren.
Vgl. Jes 51,6. Vnd am 45.: Jch schwere bey Mir selbs, vnd ein wort der Gerechtigkeit gehet aus meinem Munde, da sol es bey
bleiben, nemlich: Mir sollen sich alle Knie beugen vnd alle Zungen schweren vnd sagen: Jm HERRN habe ich Gerechtigkeit vnd Stercke. Solche werden auch zu jm komen
etc.Vgl. Jes 45,23f.

Jn diesen vnd dergleichen Spruͤchen gebeut der Son Gottes, das man seinen Gehorsam in einem rechten, festen Glauben annemen Vnd sich damit wider
das Gericht vnd zorn Gottes troͤsten vnd auffhaltenbehaupten, darin bestehen. Vgl. , 660f. sol, als dadurch wir recht warhafftig vnd volkomen from vnd gerecht sind fuͤr Gott, vnd aber vnser menschliche Werck in keinen weg darunter mit einmengen. Denn sonsten verleuret man den Christum gar miteinander. Darumb treibet solche Lere der heilig Apostel S. Paulus so hefftig per Antithesin,mittels gegensätzlicher Aussage. fuͤrnemlich zun
Roͤmern vnd Galatern: So wir ge­R 1r/fol. 61arecht werden durch vnsere Werck, so ist Christus vergeblich gestorben.Vgl. Gal 2,21. Jtem Gal. 3: Alle, die vnter den wercken des Gesetzes sind, die sind vnter dem Fluch.Vgl. Gal 3,10. Jtem: Wir werden aus Gnaden selig Vnd nicht aus Wercken, auff das sich niemand rhuͤme. Denn sonst were es kein rechte GnadeVgl. Eph 2,8f; Röm 11,6. etc.

Es kan auch gar nicht sein, das sich vnser Glaub solte auff zweierley vnterschiedliche Gruͤnde zugleich halten, nemlich auff vnsere, vnd denn auch auff Christi werck vnd Verdienst. Denn mit der weise wuͤrde er vngewis vnd vnbestendig Vnd endlich das Gewissen im zweifel verstocken. Darumb sagt S. Paul. Rom. 3: Derhalben mus die Gerechtigkeit durch den Glauben
komen, auff das sie sey aus Gnaden Vnd die Verheissung fest bleibe allem Samen.Vgl. Röm 4(!),16.

I. – Daraus folget, das den hohen Rhum, welchen er den guten Wercken gibt, nicht in seiner gebuͤrlichen art, sondern felschlich vnd gottloser weise zulegt, dieweil er sie in der Rechtfertigung mit dem Verdienst Christi
vergleichet vnd vermenget. Denn mit dieser weise nimpt er den Rhum vnser Rechtfertigung vnd Heils (der doch allein dem Gehorsam Christi gebuͤret) vnd gibt jn auch vnsern Wercken Vnd trennet also vnsers Glaubens vertrawen vnd zuuersicht, weiset ein teil auff Christum, das ander auff vnsere Werck. Wer koͤnde solche lere nicht fuͤr lauter Papistisch vnd Abgoͤttisch
halten vnd achten?

R 1v/fol. 61b II. – Das ander Stuͤck vnd Rhum, den er den guten Wercken zumisset, ist nichts weniger gottlos vnd vnrecht, in dem das er den guten Wercken die krafft zueigent, das wir dadurch das empfangene Heil erhalten koͤnden, wie solchs zu finden ist in seiner Predigt von der Bekerung S. Pauli
B. 3.Vgl. . zitiert dort aus seiner eigenen Schrift : Wenn du aber nu also ALLEJN durch den glauben gerechtfertiget vnd ein kind vnd erbe Gottes worden bist vnd nu Christus vnd der heilige Geist in dir durch solchen glauben wonen, alsdenn seind dir die gute werck nit zu der sehligkeit zu erlangen (die du aus genaden on alle werck ALLEJN durch den glauben an den Herrn Christum albereit hast), sondern zu der sehligkeit zu behalten und nicht wiederumb zu verlieren so hoch vonnoͤten, das, do du sie nicht thust, es ein gewiß zeichen ist, das dein glaube todt vnd falsch, geferbet vnd eine erdichte opinio ist. So doch die erhaltung vnsers Heils eben so wol als die Gerechtigkeit allein Christi eigen Werck ist. Denn wie Er vns allein durch sein Verdienst, welchs wir mit dem Glauben ergreiffen, gerecht vnd selig macht, also erhelt Er vns auch in derselben Gerechtigkeit vnd Seligkeit, wider des Fleisches vnd Satans versuchung, durch den heiligen Geist, stercket vnsern Glauben,
Gebet vnd newen Gehorsam, wie diese Spruͤche klerlich zeugen: Phil. 1: Der in euch hat angefangen das gute Werck, der wirds auch volfuͤren bis an den tag Jhesu Christi.Vgl. Phil 1,6. Jtem 1. Pet. 1: Die jr durch Gottes macht durch den Glauben bewaret werdet zur Seligkeit.Vgl. I Petr 1,5.

Wo auch der Son Gottes nicht mit dem Vater vnd heiligem Geist seine wo
nung in vns machete Vnd als ein vnuͤberwindlich Heubt vns, seine schwache glieder, teglich vnd one vnterlas stercket Vnd dem wuͤtenden Teufel wehrete, so were es allen Menschen vnmuͤglich, die empfangene Gnade des ewigen Lebens zu erhalten. Wie Jsai. am 40. sagt: Der HERR, der ewige Gott, der die ende der Erden geschaffen hat, wird nicht muͤd noch matt. Sein R 2r/ fol. 62a
Verstand ist vnausforschlich. Er gibt dem Muͤden krafft vnd sterckung dem vnuermuͤgenden; die knaben werden muͤde vnd matt, vnd die Juͤngling fallen, aber die auff den HERRN harren kriegen newe krafft, das sie ausfarenA, B; Luther 1545: auffaren. mit fluͤgeln wie Adler, das sie lauffen vnd nicht matt werden, das sie wandeln vnd nicht muͤde werden.
Vgl. Jes 40,28–31.

Zu der erhaltung aber der Seligkeit gehoͤrt zugleich die Vergebung der Suͤnden vnd die Versoͤnung mit Gott. Denn also bleiben vnd bestehen wir endlich in Christo, wenn an vns keine Verdamnis mehr vbrig ist Oder wenn vns vnsere Suͤnde nachgelassen vnd abgethan werden vmb Christus willen, der vns on vnterlas fuͤr dem Vater versuͤnet, verbittdurch Fürbitten vertritt. Vgl. , 126. vnd vertritt. Denn
also spricht Dauid: HERR, HERR, wenn du Suͤnde zurechnest, wer kan fuͤr dir bestehen?Vgl. Ps 130,3. Dieweil aber der HERR vns die Suͤnde nicht zurechnet, so koͤnnen wir fuͤr dem Angesicht des Allmechtigen Gottes gleich wie fuͤr einem verzerenden Fewer vnter dem Schatten des Mittlers bedeckt stehen vnd bleiben.

Darumb jrret hiemit auch gar schwerlich, das er vnsern guten wercken die macht, vnser Heil zu erhalten, zumisset. Denn damit fuͤret er die einfeltigen Christen vom Gebet vnd anruffen vmb die stetige vnd vnablessige Vergebung der Suͤnden, auch vmb krafft vnd stercke des Glaubens vnd erhaltung vnsers Heils Vnd gibt jnen vrsach, auff jre trotzige R 2v/fol. 62b
Vermessenheit vnd eigen Vertrawen jrer Werck vnd Gaben sich zu uerlassen. Dawider sagt S. Paulus 2. Cor. 1: Wir sollen vnser Vertrawen nicht auff vns setzen, sondern auff Gott, der die Todten erwecket etc.Vgl. II Kor 1,9.

Aus diesen erzelten, gar groben vnd scheuslichen jrrthumen ist wol zu sehen, das diesen Grund des Artikels vnserer Rechtfertigung verruckt Vnd
damit den Papisten wehr vnd waffen wider vns darreicht vnd zuschantzt. Dieweil er nu jre wort vnd rede herfuͤr auff den Platz bringet vnd dieselben mit besondern Gloͤslein schmuͤckt vnd verkleidet, damit er das Verdienst Christi, das allein durch den Glauben ergriffen wird, auch dem Bekennen zueigent Vnd hernach in der Definition die Gerechtigkeit vnd vnsere Tugend
vnd Werck vermenget. Damit stielet er Christo seine gebuͤrliche Ehre Vnd stuͤrtzet die Gewissen in ein schendliche, phariseische, heuchlische vnd Papistische Vermessenheit, daraus sie endlich muͤssen, wie Cain,Vgl. Gen 4,13f. in ewige verzweiuelung fallen.

Vnd wiewol er solche grewliche Jrrthum herfuͤrbringt vnd verteidigen wil,
so wil er nichts desto weniger keines Abfals bezichtiget sein, sondern rhuͤmet vnd trotzet vber seiner Bestendigkeit. Wil kein Wasser betruͤbt haben. identifiziere sich mit dem unschuldigen Lamm aus der Aesopische Fabel, das vom Wolf böswillig bezichtigt wird, ihm das Wasser getrübt zu haben. Vgl. ; ferner die Redensart kein Wässerchen trüben (können); , 1339; . Gibt fuͤr, wie steiff er allezeit die fleischliche Freiheit vnd jre Sicherheit zu suͤndigen gestrafft habe Vnd jederman from zu werden vnd zu guten Wercken vermanet hab. Er wil R 3r/fol. 63a aber vnterdes nicht
bedencken, was vntreglichen schaden er mit diesem schoͤnen Schein hab angerichtet, jndem er vns den Artikel von der Rechtfertigung damit verfelschet, aus dem Euangelio ein Gesetzlere macht, Christo dem Herrn seine Ehre stielet, der Papisten vermessenen Rhum der Werck damit bestetiget, den vnwirdigen, armen, bestuͤrtzten Gewissen allen Trost
abschneidet vnd zu endlichem verzweiueln verursacht.

Dieser Schade ist groͤsser denn die fleischliche Sicherheit selbs, welche doch auch an jrem ort vnterschiedlich gar ernstlich gestrafft wird von allen Christlichen Predigern des Euangelij. Vnd was koͤnde stercker wider die Sicherheit geredt werden, denn wie in der vnsern Schrifften vnd Predigten mit
hoͤchstem ernst getrieben wird, als wenn sie sagen: Welcher in keinem rechten fuͤrsatz stehet, from zu werden, vnd befleisset sich nicht, vom boͤsen abzulassen vnd guts zu thun, vnd beharret in aller seiner boͤsen lustseuchBegierde, sinnlichen Trieb. Vgl. , 1350. vnd freiem lauff wider sein Gewissen, der ist geistlich todt, hat den Glauben, da er einigen gehabt, verloren, den heiligen Geist betruͤbt,
wird vom Teufel selbs getrieben Vnd wird schuldig zeitlicher vnd ewiger Straffe etc. Welchen diese vntregliche vnd geschwindeungestümen, heftigen. Vgl. , 3994. Donnerschlege nicht schrecken, von seinem fleischlichen freien Lauff abzustehen Vnd sich in einen newen Gehorsam vnd newes Leben zu begeben, der wird durch Papistische Proposition zu ernewerung vnd besserung nimermehr
gebracht werden.

R 3v/fol. 63b Nicht aber allein streitet dieser Jrrthum mit Gottes Wort, wie denn bis anher gnugsam erwisen ist, sondern auch von vnsern Kirchen die gantze zeit her des herwiderwieder herbei, (zu uns) zurück. Vgl. , 1205. brachten Euangelij, fuͤrnemlich aber des 36. JarsVermutlich ist hier insbesondere an Schmalkaldische Artikel gedacht, die Ende Dezember 1536 formuliert wurden im Hinblick auf eine mögliche protestantische Beschickung des Konzils, zu dem Papst Paul III. mit der Bulle Ad Dominici gregis curam vom 2. Juni 1536 eingeladen hatte. stellt dort erneut die Rechtfertigung durch Christus allein aus Gnaden im Glauben ohne Verdienst menschlicher Werke als zentralen Artikel seiner Theologie dar. Vgl. . Zu denken wäre evtl. auch an die , vgl. VD 16 M 2500, . Es könnte auch an die Wittenberger Artikel gedacht sein (Artickel der cristlichen lahr, von welchen die legatten aus Engelland mit dem herrn gehandelt anno 1536), die in Art. IV von Buße und Rechtfertigung und in Art. V von guten Werken handeln (). vnd hernach, da derselbige von etlichen, nemlich aus dem Bapstum,
wider auff die Ban gebracht, verdampt vnd verworffen ist. Vber das, so verdampt auch diesen Jrrthum offentlich die Augsburgische Confession vnd Apologia, indem sie viel saget, wie wir aus Gnaden von Gott angenomen vnd fuͤr gerecht von jm gehalten werden, dazu von guten Wercken, vnd dieselbige Stuͤcke alle mit hohem fleis handelt, auff das damit vnsere Widersacher
moͤchten gewonnen werden. Aber dieser Proposition, so den Muͤnchen vnd Widersachern seer liebe vnd angeneme ist, gedenckt sie nirgend.

IX.

Widerlegung der Adiaphoristen.

Es foddert der Allmechtig Gott vnter andern viel schoͤnen Gott esdiensten,
damit Er wil geehret sein, keinen mehr noch hefftiger denn ein rein, gegruͤnd, frey vnd oͤffentlich Bekentnis des heiligen Euangelij. R 4r/fol. 64a Es musmuss (nicht) = darf (nicht). aber solch Bekentnis nicht falsch, tuͤckisch, noch vngewis sein, da man mit Gott vnd den Feinden verdeckte Hendel fuͤret vnd, wie man sagt, den Mantel nach dem Winde henget.Sprichwörtlich: Den Mantel nach dem Winde hängen ‒ sich opportunistisch verhalten. Vgl. , 453. Sonderlich zu der zeit,
wenn die Tyrannen sich vnterstehen, die reine Lere entweder durch hemische, tuͤckische Verfelschung zu hinderschleichenhintertreiben, unterminieren. Vgl. , 1516. oder mit offentlicher Gewalt zu vberfallen vnd auszutilgen, als denn wird die offentliche Bekentnis am meisten erfoddert, auff das Gott offentlich dadurch bekant vnd geehret, auch die liebe Kirche dauon gestercket vnd gebessert werde, wie das bezeugen die
schoͤnen Spruͤch Christi Matthei 10: Wer mich fuͤr den Menschen bekennet, den wil ich widerumb auch bekennen fuͤr meinem himelischen Vater.Vgl. Mt 10,32. Jtem Marci 8: Wer sich meiner schemet etc.Vgl. Mk 8,38. Vnd zun Ebreern 13: So lasset vns nu Opffern durch jn das Lobeopffer Gott allezeit, das ist Die frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.Vgl. Hebr 13,15. Vnd Matth. 21. Da
foddert er das Bekentnis mit diesem ernst, so man wolte stum werden, das auch ehe die Steine reden muͤsten.Vgl. Lk 19,40. Die entsprechende Aussage fehlt in der Parallelstelle Mt 21,9–11. So ist auch in der warheit kein schendlicher Laster, das jemals ein Christ thun oder begehen kan, denn so er in der Bewerunge das Bekentnis seines Glaubens entweder fallen lesst oder aber hemischtückisch, listig. Vgl. , 308. verhelet vnd mit falschen Ferblin verbluͤmet,mit falscher Schminke beschönigt. Vgl. , 1331; , 146. oder mit
den Feinden gottlose, vnbestendige versuͤnungKompromiss, Beilegung von Streitigkeiten. Vgl. , 1356. vnd KretzschmereyGeschacher, Kuhhandel. Das Wort bezeichnet eigtl. eine Schankwirtschaft, in dieser Bedeutung ist es aber im 16. Jh. ungebräuchlich. Vgl. , 2175f. mit gefahr der Warheit ertichtet vnd fuͤrnimpt.

R 4v/fol. 64b Weil aber das Bekentnis allezeit seer gefehrlich ist Vnd kan nicht geschehen one grosse vnd merckliche Gefahr, zudem so trachten wir alle natuͤrlicherweis nach guter ruhe vnd Sicherheit Vnd wolt jederman gern
Fried haben, darumb wenn sich ein Wetter erhebt, das eine Verfolgunge zu befahrenbefürchten, erwarten. Vgl. , 1247. ist, so faren die weltweisen Kluͤgling zu,fahren zu = ergreifen die Gelegenheit, werden tätig. Vgl. , 341. fuͤrchten jrer Haut vnd Guͤter viel mehr, denn das die Kirche vnd Warheit vnuerseret erhalten werde. Erdencken demnach allerley Rencke, wie sie es in Religionssachen also machen, das sie gleichwol jnen derwegen niemand zu Feinde machen
Vnd lassen jnen selbs diese Weisheit vnd behendigkeit vber die masse wolgefallen, wenn sie in den Sachen, die an jnen selbs Mittelding sind, sich mit den Feinden koͤndten vertragen vnd vergleichen, ja sie schwuͤren drauff, das dis hinckenVgl. I Reg 18,21. Metaphorisch für eine unentschiedene, schwankende Haltung. vnd wancken der Kirchen Christi keine gefahr noch schaden bringe.

Dis hat sich trefflich fein vnd augenscheinlich gefunden vnd beweiset zur zeit, da sich das Augsburgisch Edict, das man das Jnterim heisst, von den offentlichen Feinden des Euangelij geschmidet Vnd offentlich, zu mercklichem vntergang der Kirchen Vnd widerauffrichtung des Grewels des Bapstumbs, jederman auffgedrungen ward mit seer geschwinden drewen vnd heff
tigem gebieten.Vgl. ; ; ; ; . Daselbs haben sich trefflich viel mit solchem drewen von der bestendigkeit zu bekennen scheinlich lassen abschrecken, allerley gefahr zu uermeiden, vnd sind dem elenden geflickten Goͤtzen zu fusse gefallen.Vgl. Anm. 269 zum lat. Text. S 1r/fol. 65a Andere, die zuuor die fuͤrnemsten vnd dapffersten waren Vnd bey jederman das groͤste ansehen hatten, auch mit grossen Gaben fuͤr
andern Leuten begnadet, traffen die mittel Strasse,wählten einen Mittelweg (wohl mit ironischem Nebensinn, da die Mittelstraße, fern von Extremen, für gewöhnlich positiv gesehen wird). Vgl. , 2410f. woltens nicht gar verwerffen vnd doch nicht durchausdurchwegs, vollständig. Vgl. , 1583f. annemen, vnd vermeineten, das were der sicherste vnd nechste Weg, das man viel lieber solte etliche leidliche Ceremonias vnd verenderung annemen Vnd sich mit den Widersachern, wie man auch koͤndte oder moͤchte, vergliche, denn das man dem Feind, der one
das im harnisch vnd zum hefftigsten erzuͤrnet war, noch herter solt fuͤr den Kopff stossen, erzuͤrnen vnd zu mehrer bitterkeit verursachen Vnd mit solcher stoͤrrischer hertigkeit vnd halsstarrigkeit die Kirchen gar verwuͤsten Vnd alle weltliche Regiment zugleich in einen hauffen werffen.

Mit diesem Donnerschlag haben sie mechtig viel Leute abgeschreckt. Denn
sie mutzten es hoch auff.bauschten es stark auf. Vgl. , 693f. Da man also halsstarrig vnd trotzig wuͤrde fortfaren Vnd den zornigen Feinden so gar auch in den leidelichenerträglichen, hinnehmbaren. Vgl. , 678. Ceremonien nichts wolte weichen, so muͤste hieraus nichts anders erfolgen noch zu gewarten sein denn ein gewisse zerstoͤrung, verwuͤsten vnd endliche verfolgunge aller Schulen, Kirchen, Gelerten, Pfarrherrn, Weib vnd Kinder, vnd letz
lich wuͤrde gantz Deudschland vnter das grewlich vnd vntreglich Hispanisch JochVgl. Anm. 270 zum lat. Text. getrieben vnd gebracht werden.

Derwegen, zu uermeiden alle diese grawsame vnd vntregliche Gefehrlichkeit, damit doch der S 1v/fol. 65b Kirchen etwa ein kleine Ruhe vnd Fried erhalten wuͤrde, auch der so hart erzuͤrnte Feind etwas gestillet, muͤsteman sich
ehe guͤtlich vnd viel lieber in eine leidliche Dienstbarkeit in Religionssachen einlassen, denn mit einem vnbesonnenen Eiuer vnd Trotz newe LermenUnruhen, Tumulte. Vgl. , 203f. anrichten vnd erregen Vnd damit vnzelich viel Leute in hoͤchste Gefahr opffern vnd bringen, damit doch auch der Religion wenig geholffen, sondern dieselbe viel mehr zu grund verloren wuͤrde.

Darumb lieff man so offt zu Rath, hielt viel Versamlunge, betruͤbten vnd erschreckten die bestendigen, berathschlagt es alles tieff, macht mancherley newe Reformationes, deren auch etliche in Druck komen sind,Vgl. z. B. . welche, dieweil sie grosser Fuͤrsten Titel vnd der hohen Preceptorn Namen, ein grosses ansehen etlicher Leute fuͤreten, haben sie viel einfeltige Christen verursacht,
das sie jnen beifall vnd sich jnen anhengig gemacht, vnd damit der betruͤbten Kirchen nicht geringen schaden gethan vnd zugefuͤgt.

s:Diese schedliche vnd Abgoͤttische BulereyLiebschaft, Werben. Vgl. , 504. vnd gottlose VergleichungVerständigung, Ausgleich, Kompromiss. Vgl. , 458. mit den offentlichen Feinden der Warheit Vnd das Philosophische vnd der Weltweisen witzige Geticht,schlaue Pläne, Erfindungen. Vgl. , 893f; , 2014f. beide, Gott vnd die Tyrannen damit zu
betriegen, eben dasselb straffen vnd fechten wir an, als offt wir der Adiaphoristerey gedencken, wie denn auch alle frome Christen diesem Jrrthum widerstehen vnd widersprechen sollen. Vnd solte auch die gantze Welt druͤber krachen vnd S 2r/ fol. 66a erzuͤrnt werden, bis so lang durch offentliche vnd einhellige Zeugnis aller der, die mit ernst vnd warheit die
vnuerruͤckteunveränderte. Vgl. , 2079f. Augsbuͤrgische Confession bekennen, diese schedliche Jrrthum verworffenA, B: verwerffen. Vnd wider weg gereumet werden. Darumb werden wir durch wichtige Gruͤnde vnd Vrsachen, aus Gottes wort genomen, wie derselben etliche hernach erzelet vnd angezeigt werden, dazu bewegt vnd gedrungen, das wir solch Adiaphoristische Hendel, Corruptelen vnd
fuͤrnemen widerlegen vnd verdamnen.

Zum Ersten. Es mus die einfeltige Kirche wol gefasset vnd fleissig vnterricht werden von den stuͤcken in der Religion, die da disputirlichumstritten, anfechtbar. Vgl. . sind, damit jederman guten vnterscheid zu machen wisse zwischen den Ratschlegen, die aus goͤttlicher Schrifft bey leben seligen, ehe vnd zuuor die
Jnterimistische Tyranney die Kirchen vberfallen hat, aus Gottes Wort der Kirchen trewen Pflegern sind fuͤrgehalten worden, vnd zwischen den lauter Adiaphoristischen handlungen, die sich hernach, da es wolt vbel zugehen, begeben haben.

Nu war dazumal, ehe sich der Krieg anfieng, dis jedermeniglich bestendige,
einhellige meinung, man kuͤnte vnd solte, im wenigsten auch,selbst im Hinblick auf Punkte von sehr untergeordneter Bedeutung. gar keine verenderung in den Ceremonien fuͤrnemen noch anfahen, den Feinden des Euangelij vnd den Papisten zu gefallen, es were denn, das man im Fundament vnd grund der Heubtartikel zuuor mit jnen wol eins worden were, das die reine Lere vnd rechter brauch der Sacrament durchaus verglichen vnd al
lenthalben angenomen were. S 2v/fol. 66b Vnd war dis die beweisunge vnd vrsach solcher meinunge, das Sanct Johannes in seiner 2. Epistel klar sagt: So jemand zu euch komet vnd bringet diese Lere nicht, den nemet nicht zu haus Vnd gruͤsset jn auch nicht. Denn wer jn gruͤsset, der macht sich teilhafftig seiner boͤsen Werck.Vgl. II Joh 10f. Vnd 2. Cor. 6: Ziehet nicht am frembden
Joch mit den Vngleubigen. Denn was hat die Gerechtigkeit fuͤr geniesGemeinschaft, Gemeinsamkeit. Vgl. , 3451. mit der Vngerechtigkeit? Was hat das Liecht fuͤr gemeinschafft mit der Finsternis? Wie stimpt Christus vnd Belial? Oder was fuͤr ein teil hat der Gleubige mit dem Vngleubigen? Was hat der Tempel Gottes fuͤr ein gleiche mit den Goͤtzen?
Vgl. II Kor 6,14–16. Psal. 1: Wol dem Man, der nicht wandelt im Rahte der Gott
losen, noch tritt auff den Weg der Suͤnder, noch sitzt auff dem Stul der Spoͤtter
etc.Vgl. Ps 1,1. Psal. 26: Jch sitze nicht bey den eiteln Leuten Vnd habe nicht gemeinschafft mit den falschen. Jch hasse die gemeinschafft der boshafftigen Vnd sitze nicht bey den gottlosen.Vgl. Ps 26,4f. Hierbey wird auch angezogen der Spruch in der Offenbarung Johannis, da verboten wird, das
niemand des Thiers Malzeichen an sich nemen solle.Vgl. Apk 13,16f; 14,9–11. Welchs verbeut das menschliche Bulen mit den Feinden des Euangelij Vnd das vntrewe absondern von der rechten bestendigen Kirchen.

S 3r/fol. 67a Zum andern. Es ward auch mit einhelliger meinung einmuͤtiglich gelert, das die Ceremonien in zeiten, da man das Bekentnis
von vns erfoddert, als denn nicht mehr Mittelding sein kondten. Darumb muͤste vnd kuͤndte man auch im wenigsten nicht weichen. Denn sonsten wuͤrde durch solch wancken vnd weichen die offentliche Bekentnis verdunckelt vnd der Kirchen Freiheit, durch des Herrn Christi Blut erworben, geringert. Zu dem, das man auch keinen kleinen Eingang, wie gering er auch
scheinet, solte verachten, sintemal jmer so bald eine newerung der andern folget.

Vnd dieses zu bestetigen, wurd angezogen vnd eingefuͤrt Spruch aus der Historia , der da spricht: Wer zur Abgoͤtterey nur einen einigeneinzigen. hellerMünze im Wert eines halben Pfennigs, benannt nach der Prägestätte (heute ). stewrt, der hat so vil gethan, als wenn er all sein
vermuͤgen dargereicht vnd dazu geholffen hette.
Vgl. Anm. 277 zum lat. Text. Jtem das Exempel Danielis vnd Eleazars, die da beide bezeugen, das in diesen geringen, vnansehenlichenunscheinbaren. Vgl. , 159. dingen offt die hoͤchste macht gelegen ist. Denn es war ja eigentlichen an sich selbst ein vnnoͤtig vnd gantz Mittelding, das Daniel die Fenster in seinem gemach auffsperret zur zeit seines Gebets, vnd hette das Gebet
eben so wol kuͤnden mit gutem Gewissen thun bey verschlossenen Fenstern.Vgl. Dan 6,11. Aber ehe Daniel wolte andern vrsach geben, das sie gedechten, er hette sein Gebet aus zwang vnd furcht des verbots des Gottlosen Koͤnigs vnterwegen gelassenunterwegen gelassen = eingestellt, nicht länger geübt. Vgl. , 1888. Oder aber heimlich gethan, ehe S 3v/fol. 67b sperret er die Fenster auffs weitest auff, liesse sich auch ehe daruͤber vnter
die Lewen in die Gruben werffen,Vgl. Dan 6,17. ehe vnd denn er mit einem schein wider das ander Gebot sich einiger furcht des Koͤnigs halben, jm damit zu heucheln oder gehorchen, wolte mercken lassen. Eben dergleichen wolte Eleazar sich lieber seine Feinde erwuͤrgen lassen, denn das er dafuͤr allein solte gehalten werden, das er hette das von Gott verboten Schweinen fleisch,
den Feinden zu gefallen, gessen.Vgl. II Makk 6,18–31. Dieweil er mercket, das Vgl. Anm. 281 zum lat. Text. Diener nicht allein suchten, das er fuͤr seine Person solt wider das verbot goͤttlichs Gesetzes verbotene Speise essen, sondern wolten, das durch dis sein vbertreten das Volck solte dencken, er were vom gantzen Gesetz gewichen vnd abgefallen Vnd hette Gott also verleugnet, were gantz vnd gar
ein Heide worden.

Zum dritten. Bey leben des seligen Mans Gottes , da alle sach noch rhusamruhig. Vgl. , 1474. vnd wol stunden,standen. ward dieses fuͤr einen festen grund gehalten: Man muͤste sich wider die halsstarrigen Widersacher steiff setzen vnd sich der Exempel der Christlichen Freiheit gebrauchen vnd halten.
Dasselbige zu beweisen, setzt man diese Spruͤch: 1. Cor. 7: Jr seid thewr erkaufft, werdet nicht der Menschen Knechte.Vgl. I Kor 7,23. Jtem Gal. 5: So bestehet nu in der Freiheit, damit vns Christus befreiet hat, vnd lasset euch nicht widerumb in das knechtische Joch fangen.Vgl. Gal 5,1. Ga­S 4r/fol. 68alat. 4: Nu jr aber Gott erkant habt, ja vilmehr von Gott erkant seid, wie wendet jr euch
denn widerumb zu den schwachen vnd duͤrfftigen Satzungen, welchen jr von newes an dienen woltet
etc.Vgl. Gal 4,9. Colos. 2: Sehet, das euch niemand beraube durch die Philosophia vnd lose Verfuͤrunge nach der Menschen satzungen vnd nach der Welt Satzungen Vnd nicht nach Christo.Vgl. Kol 2,8. Jtem: So lasset euch nu niemand Gewissen machen vber Speis oder vber Tranck oder vber
bestimpten Feiertagen
etc.Vgl. Kol 2,16. Jtem: So jr denn nu abgestorben seid mit Christo den Satzungen der Welt, was lasset jr euch denn fangen mit Satzungen, als lebt jr noch in der Welt, die da sagen: Du solt das nicht angreiffen etc. Vnd ist Menschen gebot vnd Lere, welche haben einen schein der Weisheit durch selbst erwelte Geistligkeit vnd Demut etc.Vgl. Kol 2,20–23.

Zum vierdten. Zu dieser Regel wurden auch Exempel angezogen: Die Apostel vbertreten der Phariseer Satzungen, Matth. 12. vnd 15.Vgl. Mt 12,1f; 15,1f. Gal. 2: Es ward auch Titus nicht gezwungen sich zu beschneiten, der mit mir war, ob er wol ein Griech war. Denn da etliche falsche Bruͤder sich mit eingedrungen vnd neben eingeschlichen waren, zu verkundschaffenauszukundschaften, auszuforschen, auszuspionieren und zu verraten. Vgl. , 699; , 700. vnser Freiheit, die
wir haben in Christo Jhesu, S 4v/fol. 68b das sie vns gefangen nemen, wichen wir denselbigen nicht eine stund, vnterthan zu sein, auff das die Warheit des Euangelij bey euch bestuͤnde.
Vgl. Gal 2,3–5. Vnd im selben Capitel, da er des Apostels Petri wancken, beide: an Lere vnd im brauch Christlicher Freiheit, mit hefftigen worten straffet: Jch hab Petro vnter Augen widerstanden etc.Vgl. Gal 2,11.
Jtem: Aber da ich sahe, das sie nicht richtig wandelten nach der warheit des Euangelij, sprach ich zu Petro offentlich etc.Vgl. Gal 2,14.

Zum fuͤnfften. Es ward auch die Lere vom Ergernis zu meiden fleissig getrieben: Wehe dem Menschen, durch welchen Ergernis kompt.Vgl. Mt 18,7. Es ward auch fleissig gewiesen, das vnnoͤtige vnd vnzeitige Verenderung der
Ceremonien ein Quell vnd Vrsprung ist aller Ergernis.

Vnd sie sagten frey, das die Lere vnd Kirchen nichts schendlichers wuͤrde verstellenentstellen, verzerren, verunstalten. Vgl. , 1727f. vnd schmehen, denn so man die alten vnd mit gutem Grund vnd zeitigem rath verworffenen Lappen solte widerumb herfuͤrziehen Vnd auff die reine vnd gesauberte Lere pletzenflicken. Vgl. , 1933f. vnd flickenVgl. Mt 9,16. Vnd die wol an
gerichten Kirchen mit dem alten sudelwerckPfusch, minderwertige Arbeit bzw. deren Produkt. Vgl. , 945f. der Papistischen Ceremonien widerumb beschmeissenbesudeln, beschmutzen. Vgl. , 1582‒1584. vnd verstellen. Vnd diese Vermanung widerholten sie offt: Man solte sich ja wol fuͤrsehen, das man der Einfeltigen vnd Schwachen fleissig verschonet,Vgl. I Kor 8,9. vnd nicht mit widerauffrichtung der alten Ceremonien T 1r/fol. 69a sie vngewis machet, das sie dencken muͤsten, als
were die vorige heilsame Reinigung der Lere vnd Ceremonien nicht warhafftig aus Gott, sondern nur aus menschlichem Trotz vnd vermessenheit, auch kuͤnheitÜbermut, Dreistigkeit. Vgl. , 2579. fuͤrgenomen vnd angeschaffet. Ja (sagten sie) solches vnzeitiges widerauffrichten der Ceremonien, die denn lauter den Feinden zu gefallen geschehe, were an jr selbst ein schendlicher Abfall vnd widerruff von der
gantzen Lere. Nu wil aber der Apostel nicht allein haben, das man sich des vbels enthalten Vnd dasselbe fliehen vnd meiden solle, sondern er wil auch, das man sich huͤten vnd fuͤrsehen solle fuͤr allem boͤsen schein, 1. Thess. 5.Vgl. I Thess 5,22 (Luther 1545).

Zum sechsten. Auch muͤste man fleissig achtung drauff haben, wenn die
Feinde etwas von vns in diesen Sachen fodderten, mit was fuͤrsatz vnd meinung sie dasselbe theten. Denn gleich wie der Teufel gar nicht zufrieden ist mit der ersten Wunden vnd Beschedigung, sondern erbeitet vnd brewetbraut. Vgl. , 323. jmer ein Vngluͤck vnd Vbel aus dem andern, also wuͤrden gewislich die Feinde des Euangelij auch mit der Verenderung der Ceremonien nicht
gesettiget noch begnuͤget werden, sondern wuͤrden eigentlich mit diesem kleinen, geringen vnd vnansehenlichen Eingang fort druͤcken,weiterhin Druck ausüben. auch die Lere zu uerruͤcken vnd zu uerfelschen.

Derwegen beruheten sie alle wege beschlieslichen darauff, das, wie offt die Papisten sich wuͤrden vnterstehen, vns die Ceremonien auffzudringen T 1v/ fol. 69b
vnd listig beizubringen, vnter einem schein, Einigkeit mit vns zu treffen vnd zu machen, so solten wir vns alsdenn ja wol vnd fleissig fuͤrsehen. Sintemal sie gewislich vnter disem heuchlischen, sophistischem fuͤrgeben etwas verdeckts vnd mehrers im willen hetten.

Dieses alles hat man mit wolbedachtem Rathschlag, da noch lebete
Vnd allenthalben guter Fried war, auch das vngehewr Jnterim noch nicht geschmidet, besonders vnd offentlich in einmuͤtigem Consens mit vnerschrockenem Hertzen vnd mit rondenrunden, deutlichen, klaren, einfachen. Vgl. , 1502‒1504. duͤrren worten auffs aller bestendigst gehandelt, auch dasselbige also ans Liecht vnd in Druck gebracht, auch in den Buͤchern, darinnen der gantze Heubtgrund Christlicher
Religion zusamengezogen ist, als da gehandelt wird von den Ceremonien in der Kirchen, vom Ergernis, von der Christlichen Freiheit, vnd desgleichen etc. Vnd war damals jederman dazu wol behertzet.Vgl. , z.B. , .

Nach dem aber die Verfolgunge sich sehen liesse Vnd nu mit gewalt einbrechen wolte, da fiele man von der vorigen Lere, Bedencken vnd Rathschlegen
ab, liesse es alles, so zuuor aus gutem grund goͤttliches Worts wol geleret vnd berathschlagt war, schendlich fallen, sucht vnd erdacht newe, scheinlicheansehnliche, verlockende. Vgl. , 2455f. vnd zur selbigen zeit angeneme Wege vnd Rencke, aber nicht aus Gottes Wort, sondern aus lauter Philosophischer, weltlicher vnd vernuͤnfftiger Witz genomen. Vnd dieselben zu bekrefftigen, wur
­T 2r/fol. 70aden viel trewer Lerer auch vmb eines Chorrocks willen veriagt vnd vertrieben, weil sie mit Gottes Wort beharrlich diesen newen Handlungen sich widersetzten.Vgl. Anm. 296 zum lat. Text.

Man lies es auch bey diesen geschwinden Rathschlegen nicht bleiben. Sondern dieweil die fuͤrnemsten Theologen auch darein willigten vnd Ja dazu
sagten,Zu den Positionen der Wittenberger Theologen und ihrer Verhandlungen mit den kursächsischen Räten 1548, die schließlich in der Erstellung der Leipziger Landtagsvorlage mündeten vgl. ; . erfolget so bald eine newe Kirchenordnung.Vgl. Anm. 298 zum lat. Text. Die ward an allen orten mit Befelh angeschafft, verkuͤndigt, vnd darinnen wurden nicht allein geringe vnd leidlige Ceremonien – wie sie denn jnen zum glimpffVorwand. Vgl. , 106. diese gottlose Vergleichung pflegen zu entschuͤldigen, das es nur vmb einen Chorrock zu thun seie – sondern der gantze helle Hauff der Papistischen Ceremo
nien vnd schendliche Verfelschung wider anzuschaffen ernstlich geboten.

Zu diesen Geboten funden sich auch seuberlich das Bulen vnd Rathschlagen mit den offentlichen feinden des Euangelij Vnd denn offentliche Zeichen, dabey man wol spuͤren vnd mercken kundte, das durch diese geringe Enderung ein voller vnd freier Eingang den Feinden eingereumet, vnd das mit diesem
wancken vnd nachhengen gesucht wurde, wie man auch in wichtigen stuͤcken mit dem vngehewren Antichristo moͤchte einig vnd gar vertragen werden.

Auch wurden allenthalben vmbgetragen Vnd den einfeltigen Pfarrherrn fuͤrgehalten etliche Brieue, Vermanungen vnd bedencken vnd etliche offentliche
Schrifften vnter der Gelerten Namen, T 2v/fol. 70b darinnen eben dergleichen gerahten ward, das die Pfarrherr sich wider diese DienstbarkeitKnechtschaft, Leibeigenschaft. Vgl. , 1122. vmb Friede willen in solchen Vergleichungen in den nichtigen vnd eusserlichen Mitteldingen nicht solten hefftig noch halsstarrig widersetzen.Vgl. Anm. 299 zum lat. Text.

Da lobet man vber die mas diejenigen, die solche weltliche Anschlege bil
lichten vnd anrichten, als fuͤr friedliebende, verstendige vnd glimpfflicheverträgliche. Vgl. , 117–119. feine Menner. Welche aber das WiderspielGegenteil. Vgl. , 1235. theten, die wuͤrden als haderhafftige,zänkische, streitsüchtige. Vgl. , 114. freueliche, trutzige StuͤrmerAufrührer. Vgl. , 626f. vnd PolterkoͤpffUnruhestifter. Vgl. , 1991f. abgesetzt vnd jnen das Kuͤethor gewiesen.Redensartlich: Jmdm. das Kühtor weisen = jmdn. ins Elend verjagen. Vgl. , 2583.

Vnd das in diesem schweren Handel das ergste ist, so ward kein Grund des
fuͤrnemens aus Gottes Wort gezeigt noch gewiesen. Sondern damit man gleichwol den Einfeltigen ein Schein der Sachen machet, so mutzt man jnen die Gefehrligkeit, so sonst erfolgen moͤchte, hoch auff, hielt jnen fuͤr der grossen Theologen Ansehen, vnd das die Fuͤrnemsten allenthalben es mit jnen in gleicher Meinung billichten vnd hielten. Dazu wurden den Einfelti
gen die augen mit geschwinden listen gehalten,(die Augen) zugehalten, ihr Blickfeld eingeschränkt. Vgl. , 798. Vgl. auch Lk 24,16. das sie des Bulens vnd vergleichens mit den offenen Feinden nichts vnd fuͤr gering achten, schlugens in Wind Vnd liessen es also gehen vnd geschehen. Vnd hette jederman das im Maul,führte jedermann die These im Munde. man muͤste eine feine Ordenung machen vnd anrichten in der Kirchen Vnd es nicht alles so gar hinwerffen, was die Alten vorlengst mit so
grosser Andacht gestifftet hetten. Gleich als weren vnsere Kirchen fuͤr der zeit in einer T 3r/fol. 71a eitelen Barbarey on alle Ordenung gewesen Vnd darumb nicht one wichtige Vrsachen verfolget worden.

Vnterdes, wer bey der reinen, angerichten Warheit gedacht zu beharren mit vnwanckendem, bestendigem Bekentnis, vnangesehen, wie viel sie bey der
Kirchen erlitten vnd ausgericht hetten, die wurden weder getroͤstet noch geschuͤtzet, sondern dieweil es alles dahin gerichtet, das man den Feinden alles zu wolgefallen wolte hofiren, wurden sie auffs eusserste betruͤbt vnd geplagt.

Wenn sie aber von jemand jrer vorigen Rede vnd Bedencken erinnert wurden,
dadurch sie die Fuͤrsten vnd Oberkeit vil anders vnterricht hetten, das kondten sie doch gar in gutim Guten, gutwillig, wohlwollend. Vgl. , 1349. nicht auffnemen. Derhalben erdachten sie nicht allein newe Ferblin, damit sie sich mochten behelffen, vnd gaben fuͤr, man muͤste die Vmbstende der zeit betrachten Vnd auff die kuͤnfftige Gefehrligkeit acht geben Vnd was sonst erfolgen moͤchte, so weren die
Feinde listig vnd vns viel zu mechtig etc., sondern alle, die jnen das wehreten vnd widerrieten, die zogen sie durch die Hecheleigtl. ein Flachs­ oder Hanfkamm, über dessen scharfe Zinken die getrockneten Stengel gezogen werden, um die biegsamen Pflanzenfasern von den holzigen Teilen zu trennen, so dass die langen Fasern zu Garn versponnen werden können; in übertragenem Gebrauch ein scharfes Mundwerk. Die Redensart jmdn. durch die Hechel ziehen bedeutet dementsprechend jmdn. mit (boshafter) Schärfe beurteilen, verleumden. Vgl. , 736f. mit vntreglichem schenden vnd schmehen Vnd richteten sie auffs feindlichst schendlich vbel aus.

Das alles ist eigentlich nach eroͤffenung des Jnterims so bald erfolgt vnd also
ergangen. Vnd ist das wol zu erbarmen, das man noch heutigs tages fortferet vnd allerley menschliche verbluͤmte Renck erdencket, das grosse Vnrecht zu schmuͤcken, ferben, verteidingen vnd entschuͤldigen, gleich als T 3v/fol. 71b hette mans gar seer wol getroffen vnd ausgericht. Vnd das das allerbeste vnd rechte Meisterstuͤck in diesem gantzen Abfall ist, so werffen
sie die schuld alle des gewirres, Vnrhu, Hadders vnd Ergernis der lieben Kirchen gantz vnd gar auff die, welche in jr gottlose newe Hendel nicht haben willigen, noch dieselben annemen woͤllen, sondern haben sich viel mehr mit Schrifften, starckem Eiuer vnd aus Gottes Wort bestendig dawider gewehret vnd auffgehalten.gewehrt, behauptet, dagegengestemmt. Vgl. , 460f.

Daher koͤnnen nu alle verstendige, rechtschaffene vnd guthertzige Christen wol abnemen,entnehmen, erkennen, ersehen, verstehen. Vgl. , 261f. was vns verursache, diese Adiaphoristische, heuchelische Hurerey nicht aus gefastem Neid oder mutwillen, sondern aus hochwichtigen vnd vnuermeidlichen Vrsachen zu widerlegen vnd anzufechten. Aber vber das woͤllen wir noch etliche andere Vrsachen erzelen, durch welche solche
gottlose Vergleichung mit dem Antichrist deutlich verlegtwiderlegt, ausgeschlossen. Vgl. , 758f. werden:

I.

Vnd erstlich Stehet der ausdruͤcklich klare befelh Christi da (mit welchem stimmen auch die heilsamen Bedencken, zur zeit , des Mans Gottes, gemacht, dauon jtzt gesagt), der vns alle gemeinschafft mit den freuelichen
vnd hallstarrigen Feinden verbeut, vnd erfoddert dagegen von vns auffs ernstlichst feste bestendigkeit in der Anfechtung vnd gefahr, das Euangelium frey offent­T 4r/fol. 72alich vnd vnerschrocken zu bekennen, one einiges wancken oder mucken, Matth. 10, Marci 8 vnd 2. Cor. 6: Zihet nicht am gottlosen Joch etc.Vgl. Mt 10,7–33; Mk 8,38; II Kor 6,14.

II.

Zum andern: Vber das, so wissen alle frome Hertzen, das man fuͤr allen dingen die lieben nachkomen hieuon am meisten bedencken mus, als die es am aller meisten antrifft vnd vmb die es fuͤrnemlich zu thun ist. Denn da man so garganz. Vgl. , 1324f. dazu wolte stillschweigen, wuͤrde der trefflichen vnd ansehenlichen
Leute schedliches Exempel zur Regel vnd nachfolge werden, wie denn gemeiniglich pflegt zugeschehen, das, wenn zur nachkomender zeit sich eine Verfolgung wuͤrde erheben, so moͤchten sie ja so wol in eine solche leichtfertige vnd liederliche vnbestendigkeit geraten, des heiligen Euangelij Warheit zu uerleugnen vnter dem schein, es weren doch nur Mittel­ vnd
vnnoͤtige ding, die des streits vnd der Gefahr nicht werth weren, derhalben koͤndte man wol one verletzunge der Gewissen sich mit den Feinden vnd auch Weltweisen vergleichen vnd einlassen.

III.

Zum dritten: Man mus auch den trotzigen vnd offentlichen Feinden, die sich
vmb des Adiaphoristischen, heuchelischen zufalls halben eines gewissen Siegs vermessen Vnd auffrichtung jhrer Abgoͤtterey verhoffen, widerumb T 4v/ fol. 72b frey offentlich in das Gesicht trettenöffentlich (Auge in Auge) entgegentreten. Vgl. , 4091f. Vnd sie sehen lassen, das jmsich. Gott noch einen heiligen Samen vnd Gottselige hertzen vberig bewaret vnd erhalten hat, die jre Knie fuͤr dem teufelischen Baal nicht gebeuget,Vgl. I Reg 19,18.
noch des Thiers Malzeichen angenomen haben.Vgl. Apk 13,16f; 14,9–11.

Auff das aber solchem grossen Vngluͤck der Jrrthum vnd Ergernis eigentlich moͤchte abgeholffen werden Vnd aus der Kirchen Gottes gestossen, so ist noͤtig, das man der folgenden Regel vnd Condition mit vleis warneme:

I.

Erstlich, das die oͤbersten Meister dieser Bedencken, durch welche die Kirche also verwirret vnd betruͤbt worden ist, erinnert werden, desto fleissiger zu trachten, wie doch solchen Wunden moͤchte geholffen vnd heilsame Ertzney geschafft werden, das sie doch endlich diese inwendige,innerkirchliche. schedliche Gezenck zwischen jhnen vnd vns, durch jr hincken vnd wancken
verursacht, hinzulegenbeizulegen, auszuräumen. Vgl. , 1453. vnd abzuschaffen, nicht so beissige,bissige. Vgl. , 1402. zenckische, verbitterte vnd argwoͤnige Hertzen wider vns behielten. Denn sie achten es jtzt dafuͤr, dieweil wirs erstlich mit jnen nicht gehalten Vnd jtzt dazu nicht stillschweigen, darumb stehe all vnser thun dahin, sie nur zu vnterdruͤcken vnd vmbzubringen.Seine Gegner warfen mehrfach vor, er trachte und anderen nach dem Leben; vgl. . Vgl. a. : Zudem war ihm [] die Bemerkung des Rostocker Professors , seines Meisterschülers, hinterbracht worden, solange er und am Leben seien, werde es keine Einigung geben, was er als Morddrohung interpretierte. Derhalben moͤchten wir wol leiden, das sie auffrichtig,
one argwohn, die Sachen fuͤr die hand nemensich vornehmen, sich (damit) beschäftigen, in Angriff nehmen. Vgl. , 343f. vnd sehen, wie doch dieselben zwischen Vns zu einer heilsamen, warhafftigen vnd bestendigen einigkeit moͤch­V 1r/fol. 73aten gebracht werden, zur ehre Gottes vnd der Kirchen Wolfart. Vnd das kuͤndte auff keine bessere weise geschehen, denn wenn sie jre Schwacheit frey offentlich bekenneten Vnd die schedlichen
Verfelschung, Vergleichung vnd Adiaphoristische Heucheley mit den Feinden, dadurch sie der Kirchen Christi mercklichen schaden gethan haben, durch eine offentliche Widerlegung frey selbs verwuͤrffen vnd verdamneten.

Denn mit diesem jrem halstarrigen vnd Sophistischen verteidingen, auch mit verdamnung derer, so bey rechter Lere selbs bestendig vnd andern, das sie
auch dabey blieben, rieten vnd vermaneten, machen sie des Zancks nicht allein noch teglich mehr, sondern bringen sich in Gottes zorn vnd zu endlichem verderblichen schaden, wie Jsai. am 5. sagt: Wehe denen, die boͤses gut vnd gutes boͤs heissen etc.Vgl. Jes 5,20.

II.

Zum andern, so mus man auch fuͤr allen dingen das fleissig verkomen,dafür Sorge tragen; eigtl. vermeiden, verhindern etc. (der Ausdruck ist innerhalb der Satzkonstruktion wohl vor allem im Hinblick auf den negierten Teilsatz gewählt). Vgl. , 679f. das das Euangelium vnd menschliche Weisheit allweg wol vnterscheiden bleiben Vnd nicht vermenget werden, wie eben zu jenem mal geschehen ist. Denn wo das Euangelium das frey bestendig Bekentnis erfoddert fuͤr Keiser, Koͤnigen vnd Fuͤrsten, da sucht jmsich. menschliche weisheit allwege hemische vnter
schleiffAusflüchte. Vgl. , 1791. vnd allerley behelff, wie sie sich on offentlich bekennen moͤchte fuͤr Gefahr bewaren vnd auswircken,sich entziehen. Vgl. , 1019. welchs denn nicht ein geringes Laster, sondern V 1v/fol. 73b eine offentliche Feindschafft ist des Creutzes Christi, Gal. 6.Vgl. Gal 6,12.

III.

Zum dritten: Auch mus der Kirchen jr Freiheit, als das Heubtstuͤck vnd die Summa der gantzen Christlichen Lere, vnbenomen vnd allezeit fuͤrbehalten Vnd die einfeltigen wol vnterrichtet werden, das alle Kirchensatzung, vom Bapst ertichtet, wenn sie der meinung fuͤrgenomen oder getrieben werden, als seien sie noͤtige vnd nuͤtzliche ding, das man sie erger denn Schlangen
vnd schedliche Gifft meiden vnd fliehen mus, sonderlich wo die Feinde das Euangelium verfolgen.

IIII.

Zum vierden: Vnd wie offt sichs begibt, das man mit den Widersachern handeln mus, das man jre hemische, tuͤckische vnd falsche Verwenunge,Versprechen, Zusicherungen. Vgl. , 2074f.
damit sie viel plauderns treiben von bestendigem Fried, einigkeit, freundschafft vnd dergleichen, gantz vnd gar fallen lasse Vnd jnen hierinnen gar nichts trawe, sich auch Kriegs vnd gefehrligkeit halben an jr drewen gar nichts kere, auff das man nicht, indem man auff jr friedlich vertroͤsten ruhe sucht, die reine Lere in gefahr vnd Verfelschung bringe oder stercke Vnd sich
dadurch der Dienstbarkeit der Papistischen Tyranney vnterwerffe.

V.

Endlich: Dieweil Gott nicht allein ein offentlich frey Bekentnis von vns foddert, son­V 2r/fol. 74adern wil auch haben, das man alle Jrrthum verdamnen vnd verwerffen solle, vnd die Adiaphoristerey voller Jrrthum ist, vnd
nicht allein von der Augspurgischen Confession, sondern auch gentzlich von allen Christlichen Bekentnis abgetretten vnd abgewichen, also das es anders nichts ist denn als eine lauter Verleugnung, aus furcht der Verfolgung fuͤr die hand genomen,unternommen, veranstaltet. Vgl. , 343f. so mus sie auch vmb der ehre Gottes vnd der Kirchen Heil willen offentlich gestrafft vnd aus der Kirchen weggeworffen vnd die Fromen
fuͤr dergleichen Kremerey gewarnet werden.

Denn alle diejenigen, die dazu stillschweigen oder mit listigen geschwinden Ferblin dieselben verbluͤmen, die machen sich frembder Suͤnden teilhafftig, verkleinern die Augspurgische Confession, die zur zeit der hoͤchsten Verfolgung den Feinden entgegen ist gesetzt, vnd machen aus vnserm Christenthum
ein lauter EpicurischVgl. oben Anm. 201. sicher Leben Vnd versencken diejenigen, so sich mit der Babylonischen Bulerey verunreinigt haben, in schreckliche Vnbusfertigkeit.

Aus diesen vnd dergleichen wichtigen Vrsachen sind wir getrieben vnd bewegt worden, vns wider die Adiaphoristerey zu legenuns gegen sie zur Wehr zu setzen, gegen sie anzukämpfen. Vgl. , 533. Vnd vns von derselben Verteidigern abzusondern, bis solang sie durch bestendiges vnd offent
liches Widerlegen verdampt Vnd aus der Kirchen Christi veriagt vnd ausgerottet wirdet.

Wir wolten aber nichts liebers, begern es auch vnd wuͤndschens von gantzem Hertzen, das die V 2v/fol. 74b anfenglich die Adiaphoristerey herfuͤrbracht vnd erstlich geraten haben Vnd damit durch jr Ansehen vnd
treiben das einfeltige Volck Gottes betruͤbt vnd zu suͤndigen verursacht, oder, wie die Schrifft redet, haben Jsrael suͤndigen gemacht,Vgl. I Reg 15,26; 16,26; 22,53. jre Jrrthum ernstlich erkenneten Vnd zugleich von jrem schmehen vnd vnbillichem lestern, auch von der Verfolgung wider die gottseligen Leute, so fuͤr der Verfelschung vnd vergleichung wol vnd Christlichen gewarnet haben, abliessen vnd auffhoͤrten
Vnd dafuͤr mit einmuͤtigem Zeugnis vnd erbeit des Herrn Christi Kirchen von dieser vnd andern erschrecklichen Jrrthumen huͤlffen erledigen. Denn auff diese einige weis kuͤndten diese inheimische Gezenck auffgehaben vnd der Widersacher mutwillige Gewalt gedempfft vnd abgeholffen werden, auch der Kirchen wider zu jrem rechten vorigen Stand geholffen Vnd der
bestendige allgemeine Fried vnd ruhe herwider bracht vnd angeschafft werden.

Gemeiner Beschlus des gantzen Wercks, durch die Theologen gestelt.

Aus diesen erzelten vnd widerlegten Secten erscheinet klerlich, wie gewaltig vnd geschwinde der leidige Satan sich vnterwinde, das helle Liecht des selig
machenden Euangelij auszules­V 3r/fol. 75aschen, welchs der trewe vnd guͤtige Gott, aus vnaussprechlicher Liebe gegen vns, auff die verdamliche Finsternis des Bapsthums hat angezuͤndet, damit er vns gegen dem herrlichen grossen tage seines Sons bereiteteVgl. Phil 1,6. Vnd sonst auch in disen erschrecklichen LeufftenZeitumständen, Ereignissen, Zuständen. Vgl. , 335f. troͤstet vnd stercket im Glauben, Hoffnung vnd
Gebet. Dadurch wir vns an Christum als vnsern einigen Fels vnd Ancker wider alle Vngestuͤmmigkeit halten Vnd jn nicht anders auffwecken als die Apostel, da sie mit im Schiff vnd jn mitten in der groͤsten Gefehrligkeit anruffen.Vgl. Mk 4,38.

Aber der Satan, damit er vns solchs Trosts gantz entbloͤsse gegen dem
Juͤngsten tage vnd allem Vngluͤck wehrlos mache Vnd die Welt auffs aller tieffste in Sicherheit versencke, druͤcket darumb die Warheit so gewaltig vnter Vnd breitet seine verdamliche Luͤgen aus durch so manchfeltige vnd scheinbarlicheimposante, stattliche. Vgl. , 2438. Rotten vnd Secten Vnd gebraucht dazu ansehenliche Leute, nicht allein aus den Papisten, sondern aus vnsern eignen Schulen vnd
Kirchen, das sie herfuͤrschleichen wie die tuͤckische vnd schedliche Fuͤchsse vnd verwuͤsten den Weinberg des Herrn.Vgl. Hhld 2,15.

Vber solche klagt am aller hefftigsten der heilig Geist im hohen Liede Salomonis vnd spricht: Fahet die Fuͤchsse, die kleine Fuͤchsse, die den Weinberg verderben etc.Vgl. Hhld 2,15. Nicht on vrsach nennet er sie nicht Woͤlffe (wie
sie doch in warheit auch sind), sondern die Fuͤchsse, ja die kleinen Fuͤchsse. Denn es scheinet, als thun sie wenig schadens, koͤnnen auch selbs jren V 3v/fol. 75b Jrrthum meisterlich entschuͤldigen vnd den Leuten einbilden, als sey es nicht werth einiges zancks vnd widerrede. Wenn man sie aber recht beim Liecht ansihet, so sind sie viel schedlicher denn die offentlichen
Woͤlffe, die Papisten selbs. Denn dieselbige sind so grob vnd augenscheinlich an den tag gebracht, das sie sich weiter mit keinem Schein schmuͤcken noch decken koͤnnen, sondern leichtlich von jedermeniglichjedermann. Vgl. , 2292f. als feinde Gottes vnd der Kirchen erkand vnd vermieden koͤnnen werden.

Aber die Rotten vnd Secten sind die allerschedlichsten. Sintemal sie jren
wandel vnd wesen mitten in vnsern Schulen vnd Kirchen fuͤren, nicht als schlechte, gemeine Bruͤder, sondern als die fuͤrnemsten vnd fuͤrgenger,besonders Angesehenen. Vgl. , 731. die so viel in der Kirchen geschrieben vnd gethan, das sich niemands einiges Jrrthums zu jnen versehen kan. Vber solche klagt auch der heilig S. Paulus, Acto. 20, da er zwar die Wolffe erstlich vorher setzt vnd spricht: Jch weis,
das nach meinem Abschied grewliche Wolffe werden vnter euch komen, die der Herde nicht verschonen werden
etc.Vgl. Act 20,29; Mt 7,15. Aber bald setzt er auch die Secten hernach, als die listige vnd allerschedlichste Fuͤchsse, vnd spricht: Ja aus ewerm Mittelaus eurer Mitte. Vgl. , 2382f. selbs werden Menner auffstehen, die verkerete ding leren werden, das sie die Juͤnger nach sich ziehen etc.Vgl. Act 20,30. Mit diesen worten
werden eigentlich vnd fuͤrnemlich gemeint diejenigen, welche in der Kirchen Gottes obenan­V 4r/fol. 76asitzen, als die fuͤrnemsten Lerer, vnd massen sich solcher Autoritet an, das, ob sie gleich jrren vnd von der Warheit abweichen, sol jnen doch niemand widersprechen.

Solche Ansehung der Personen ist die aller schedlichste Plage in der Kirchen
Gottes Vnd so ein hoher Berg, das vielen Leuten vnmuͤglich ist, druͤber zu springen. Vnd mus doch gleichwol geschehen von allen, die vnuerfuͤret woͤllen bleiben, wie allenthalben die Schrifft so ernstlich dafuͤr warnet, als S. Paul Gal. 1: So auch ein Engel vom Himel ein ander Euangelium prediget, der sey verflucht.Vgl. Gal 1,8. Jtem Matth. 23: Jr solt euch nicht Rabbi nennen lassen.
Denn einer ist ewer Meister, das ist Christus, der Herr
etc.Vgl. Mt 23,8. Jtem Matth. 5: So dein Aug (vernimnämlich, das heißt. Vgl. , 912f. dein Lerer) dich ergert, so reisse es aus vnd wirffs von dir etc.Vgl. Mt 5,29; 18,9. Jtem Deut. 33: Wer zu seinem Vater vnd zu seiner Mutter spricht: Jch sehe jn nicht, vnd zu seinem Bruder: Jch kenne jn nicht, vnd zu seinem Son: ich weis nicht, diese halten deine Rede vnd bewaren deinen
Bund. Die werden Jacob deine Rechte leren vnd den Jsrael dein Gesetz
etc.Vgl. Dtn 33,9f.

Derwegen wil A; B: von vns.vns von noͤten sein, das wir nach laut der vermanung Christi Matth. 10 – Seid einfeltig wie die Tauben vnd klug wie die SchlangenVgl. Mt 10,16. – vnser Einfalt gleichwol mit solcher Klugheit temperiren vnd messigen, das
wir vmb keiner Personen Ansehen willen die Luͤgen annemen, noch die V 4v/fol. 76b Warheit vmb vnansehelicher geringer Person willen verachten, sondern die vnleugbare Warheit des seligmachenden Euangelij, durch den thewren Man Gottes, , aus Prophetischen vnd Apostolischen Schrifften vns offenbaret vnd an tag gebracht Vnd wider des
Teufels vnd der Welt danck vnd willen erkleret hat,A, B; syntaktisch überschüssig. mit aller demut hoͤren vnd annemen, Gott gebegleichgültig. Vgl. , 1709. wie wenig vnd gering diejenigen sind, die es vns lauter vnd vnuerfelscht fuͤrtragen. Lassen vns auch nicht anfechten, wie gros vnd viel derjenigen sind, die es felschen vnd verleugnen oder dauon abweichen.

Hieher gehoͤrt auch der Spruch Christi Matth. 24, da er nach viel erzelten Zeichen des Juͤngsten Tages vnd vorgehenden Secten endlich zum Beschlus also spricht: Wo ein AssAas. ist, da versamlen sich hin die Adler etc.Vgl. Mt 24,28. Mit welchen worten er zu uerstehn gibt, das auch fuͤr dem Juͤngsten tage mitten vnter den Secten, da es alles durch einander gehen wird, dennoch jmerdar
zum wenigsten etliche bleiben werden vnter den lerern, welchen Gott durch den heiligen Geist ein rechts AdlersgesichtAdlerauge, Sehfähigkeit eines Adlers, Scharfblick. Vgl. , 4087f. geben werde, das sie die Jrrthumen werden mercken vnd pruͤfen, darnach auch vnter den Zuhoͤrern, die nach dem getoͤdten vnd gecreutzigten Christo, im lautern Euangelio fuͤrgetragen, werden hungern vnd duͤrsten, als die hungerige Adler nach
eim Ass, vnd sich kein gewalt lassen dauon abtreiben.abhalten, wegtreiben. Vgl. , 141f. Solch des Adlers scharfsichtigkeit, alle jrrthum zu erkennen, vnd solchen vngehaltenen, vnsettigenunersättlichen, unstillbaren. Vgl. , 1305. Hunger Zu der lautern lere des W 1r/fol. 77a Euangelij woͤlle vns Christus, der ewige Son Gottes, geben, mehren vnd erhalten. Welchem sampt dem Vater vnd dem heiligen Geist, als vnserm einigen waren Gott, sey
Lob, Ehr vnd Preis von nu an bis in Ewigkeit. Amen.

Beschlus.

Dieweil denn an diesem allen, sonderlich zu erhaltung Gottes Worts vnd der reinen Lere des heiligen Euangelij, welche durch die angeregten Secten vnd Jrrthumen zu uerfelschen vnd zu uerdruͤcken vnterstanden, trefflich gros,
viel vnd hoch gelegen, so haben wir, obgedachter etc., fuͤr vns selbs Vnd von wegen vnser freundlichen, lieben Bruͤdere hiemit ernstlich euch, obgemelten vnsern vnd jrer Liebden Vnterthanen vnd Verwanten (denen wir Fuͤrstlichs Ampts halben solchs zu thun vns schuͤldig erkennen, als welche Gottes wort vnd die reine Lere von
hertzen lieben vnd meinen Vnd sich wissentlich dauon nicht gerne abfuͤren lassen wolten) mit beruͤrter Confutation nicht wenig gedienet zu sein, erachtet. Zu dem, das auch nicht allein die vnsern, sondern auch die Frembden vnd Auswertigen, welchen es geliebt vnd gefellet, vnd die es solcher gestalt, wie es von vns Christlich, trewlich vnd wol W 1v/fol. 77b gemeinet, zu danck
annemen vnd erkennen, hie von in gleichnisin gleichnis = ebenso, gleichfalls, gleichermaßen. Vgl. , 8191f. bericht vnd wissenschafftNachricht, Kunde, Kenntnis. Vgl. , 781–783. empfahen, vnd also die gesunde, reine Lere, inhaltgemäß dem Inhalt. Vgl. , 2119. der Augspurgischen Confession, Apologien vnd Schmalkaldischen Artikeln, von den Secten vnd Jrrthumen sondern vnd scheiden muͤgen.

Vnd demnach fuͤr vns selbs vnd von wegen vnser lieben Bruͤdere,
sonderlich aber auff vieler guthertzigen, bey vns vnterthenigs beschehen ersuchen vnd bitten nicht zu vmbgehen wissen, dieselb Confutation vnter vnserm Namen hiemit offentlich an tag zu geben vnd ausgehen zu lassen. Doch allein vnd anders nicht, denn wie angezeigt, auch Christlicher guter wolmeinung vnd vmb erhaltung, foͤrderung vnd ausbreitung willen Gottes
reinen Worts vnd heiligen Euangelij, auff das der Secten vnd Jrrthumen verfelschungen, in Gottes Wort vnd der reinen Lere geoffenbart, erkand, vnd sich meniglich dafuͤr habe vnd wisse zu huͤten.

Aber fuͤr vnser Person woͤllen vnd wissen Wir hiemit Christlichen Oberkeiten kein Ziel oder mas zu setzen vnd zu geben. Sondern dieselben
werden sich zuuersichtig Gottes Wort vnd Euangelio nach allenthalben zu halten wissen Vnd nicht verhengen noch gestatten, da einige Secten, Jrrthumen vnd verfelschungen dawider vnter jnen entstanden weren oder nochmals entstehen moͤchten, das dieselben geduldet vnd gelitten, sondern gentzlich verworffen werden,

desgleichen vnser Christlich gemuͤt vnd neigung dahin verstehen vnd vermercken, W 2r/fol. 78a das wir nichts liebers wolten, denn das Gottes Wort vnd heilig Euangelium nach ausweisunge vorberuͤrter Augspurgischen Confession, Apologien vnd Schmalkaldischen Artikeln durch seiner Allmechtigkeit huͤlff rein, lauter, klar vnd vnuerfelscht moͤcht erhalten Vnd nach
seinem Willen weiter auch bracht vnd gepflantzt werden.

Hierauff Euch allen, vnsern vnd vnser lieben Bruͤdere vorgenanten Vnterthanen vnd Verwanten semptlich vnd sonderlich, fuͤr vns selbs vnd von wegen jrer Liebden Hiemit gnediglich vnd ernstlich gebietend vnd befelhend, das sich ewer jeder Gottes Wort vnd dem heiligen Euangelio, auch den gemelten
Confutation gemes, vnd anders nicht, allenthalben halten vnd erzeigen sol, bey vermeidung vnser vnd jrer Liebden ernster Straff vnd Vngnad.

Jn dem allen geschicht one zweiuel Gott dem Allmechtigen (des Wort vnd Euangelium der gestalt rein vnd vnuerfelscht bleibet erhalten vnd gefoͤrdert wird) ein wolgefelliges, Christlichs, angenemes vnd gutes Werck, vnd gereicht
zu eins jeden selbs Seelen Heil vnd ewiger Seligkeit, auch vnser vnd vnser lieben Bruͤdere gentzliche, zuuerlessige vnd gefellige meinung.

Geben in vnserer Ehrenburg zu Die Ehrenburg ist das Stadtschloss in , ausgebaut 1542–1549 im Auftrag des . Es ist nicht zu verwechseln mit der Veste Coburg. den 28. Nouembris A; B: Anno Domini 1558. [Es folgt in B eine Korrekturenliste.]Anno Domini M.D.LVIII.Der 28. November 1558 war der Montag nach dem 1. Adventssonntag.