Controversia et Confessio, Bd. 5


Vorwort

Der hier vorliegende fünfte Band des Mainzer Editionsprojekts Controversia et Confessio, dokumentiert den sog. Synergistischen Streit, der sich rund um die Frage entzündete, ob und in welcher Weise der menschliche Wille bei der Bekehrung des Menschen mitwirken könne. Dass man sich so intensiv mit dieser Problematik auseinandersetzte, lag nicht zuletzt daran, dass die Beantwortung dieser Frage im Grunde weit über den Zusammenhang der conversio hinausgriff und zugleich die grundsätzliche, anthropologisch bedeutsame Frage tangierte, ob sich der Mensch frei und aus eigenem Antrieb dem Guten zuwenden könne. Dies war zwischen den Theologen der altgläubigen Kirche und den Reformatoren, insbesondere im Kontext der Rechtfertigungslehre und der reformatorischen Absage an die Heilsbedeutung guter Werke, schon früh immer wieder diskutiert worden und brach nun durch das Bekanntwerden der Leipziger Landtagsvorlage 1548 mit besonderer Schärfe auf. Denn in diese war Lehre von den drei, bei der Bekehrung zusammenwirkenden Faktoren (tres causae concurrentes) eingegangen, die sich bereits in seinen Loci Communes von 1535 angedeutet und die er bis zur letzten Ausgabe der Loci 1559 voll entfaltet hatte. Er sprach von einem Zusammenkommen von Wort Gottes (verbum Dei), Heiligem Geist (spiritus sanctus) und menschlichem Willen (humana voluntas), der sich dem Handeln Gotts nicht verschließe. Während diese Lehre zunächst nicht zu Kontroversen geführt hatte, wurde sie im Kontext des auf Wiederherstellung des alten Glaubens zielenden Augsburger Interims und der als Vermittlungsvorschlag konzipierten Leipziger Landtagsvorlage zum Stein des Anstoßes, da manche in ihr eine Annäherung an altgläubige Vorstellungen von menschlicher Verdienstlichkeit zu erkennen meinten. Die sich daran entzündenden Differenzen, die persönlichen Konstellationen, welche zu Frontbildungen zwischen und seinen Schülern einerseits und den strengen Anhängern andererseits führten, sowie die kirchenpolitische Positionierung des , das mit dem Weimarer Konfutationsbuch den Weg zu einer eigenen, charakteristischen Bekenntnisbildung einschlug und dessen Herzog nicht davor zurückscheute, tief in das Leben und die Strukturen der reformatorischen Kirche seines Landes einzugreifen, stellen die Eckpunkte des Synergistischen Streits dar. Der Versuch, mit der Weimarer Disputation 1560 die Kontroversen beizulegen, scheiterte. Im Zuge dieses Kolloquiums wurde deutlich, wie eng verschränkt die synergistische Problematik mit der Erbsündenlehre war, die bisher innerprotestantisch keinen Diskussionsfall dargestellt hatte. Das sollte sich – wie der folgende Editionsband zeigen wird – fortan ändern.1

Dass Controversia et Confessio Band 5 mit etwas Verzögerung erst 2019 erscheint, liegt daran, dass die aus dem Synergistischen Streit hervorgehende Kontroverse um die Erbsündenlehre, die in C&C 6 dokumentiert wird, sinnvollerweise schon jetzt mit in die Forschungs­ und Editionsarbeit vorbereitend einbezogen wurde. Für den hier vorliegenden Band hat, neben den beiden hauptamtlichen wissenschaftlichen Mitarbeitern der Mainzer Arbeitsstelle, Dr. Jan Martin Lies und Dipl. Theol. Hans­Otto Schneider, noch einmal Priv. Doz. Dr. Kęstutis Daugirdas die Bearbeitung einiger Texte übernommen. Wie immer sind die kurzen Einleitungen zu den einzelnen Stücken so konzipiert, dass der Benutzer eine rasche Orientierung erhält, das Textverständnis gewährleistet und auch eine separate Lektüre der Quellen möglich wird. Eine ausführliche übergreifende Einleitung bettet den Streit sowohl in die dogmengeschichtlichen als auch in die historischen Entwicklungen ein und zeichnet ihn nach. Parallel zu unserer Print­Edition schreitet, dank des Einsatzes von Ina Klare, die sukzessive Präsentation früherer Bände online und im open access fort (vgl. http://www.controversia­et­confessio.de/cc­digital/digitale­edition.html).

All jenen, die unsere Arbeiten befördern, die durch ihren Einsatz, ihre Hinweise und ihren Rat die Edition vorangebringen und so zugleich ihre hohe Qualität sichern, sei an dieser Stelle sehr herzlich Dank gesagt.

Mainz, im Januar 2019 Irene Dingel