Einleitung
1. Historische Einleitung
Den unmittelbaren Anlass für die Abfassung der Schrift Spongia
bildete für das Erscheinen der Collatio
von . In diesem kurzen Werk, das im Jahr 1570 mit einer Widmung an den befreundeten Wismarer Prediger in gedruckt wurde, hatte der Gnesiolutheraner die Philippisten des Antinomismus bezichtigt, ohne allerdings konkrete Namen zu nennen. Selbst von einer scharfen Unterscheidung zwischen dem Evangelium als einer Botschaft von unverdienter Vergebung der Sünden und dem todankündigenden Gesetz ausgehend, monierte das breitere Verständnis des Begriffs Evangelium
, das nach und seinen Schülern die gesamte christliche Botschaft bezeichnete und somit auch die Buße mitumfasste. Insbesondere der letztgenannte Punkt erschien in den Augen des Gnesiolutheraners als neuantinomistisch
, der hiermit den Philippisten zugleich ein Abweichen von der Lehre bescheinigte.Vgl. ; .
Auf die in der Collatio
vorgebrachten Vorwürfe reagierte mit seiner Schrift Spongia
, in der er das philippistische Verständnis des Begriffs Evangelium
als lutherkonform verteidigte und die er in Form einer Thesenreihe mit insgesamt 150. Propositionen konzipierte. Ob auch an die Disputation dieser Thesen gedacht haben wird, ist nicht ganz klar. Zum Zeitpunkt ihrer Abfassung war er aus der Theologischen Fakultät der Wittenberger Universität bereits ausgeschieden und fungierte als Konsistorialrat in . Bekannt ist auf jeden Fall die Tatsache, dass seine Thesen dem Zensurverfahren an den Universitäten in und unterwarf, wobei sie am 30. Dezember 1570 von approbiert und für die Veröffentlichung empfohlen wurden.Vgl. ; . Im Druck erschien die Spongia
im Verlauf des Jahres 1571. In der Wittenberger Offizin als ein Separatdruck publiziert, fand die Schrift auch Eingang in die 1571 von demselben Drucker vorgenommene Neuauflage des ein Jahr zuvor noch ohne die Spongia
veröffentlichten Sammelbandes De praecipuis horum temporum controversiis
.Vgl. .
2. Der Autor
wurde am 6. Februar 1531 in geboren.Vgl. zu der und seinem Wirken: ; Loci theologici
. Im Sommer 1563 bekleidete
Am 20. Juni 1569 wurde
3. Inhalt
Im ersten Schritt wird in der Spongia
eine positive Entfaltung des Begriffs Evangelium
vorgenommen (Thesen I. bis LXXV.). Evangelium
die Verkündigung der Buße und der Vergebung der Sünden subsumiert. Sich vornehmlich auf Joh 1,18 und Lk 24,47 stützend, differenziert Evangelium
sei hingegen die eigene Stimme des Sohnes Gottes gemeint, der im Fall der Buße die Vergebung und das Leben verheiße. Dabei müsse man unter der Buße nicht nur die Zerknirschung über die Sünde, sondern die ganze Bekehrung verstehen, welche drei Teile umfasse: die Zerknirschung, d. h. tiefe Reue, den Glauben und den neuen Gehorsam. Das Evangelium unterscheide sich also vom Gesetz nicht bloß im Hinblick auf die Verheißungen. Es bringe auch ein vertieftes Verständnis der Buße mit sich, das zur kindlichen Ehrfurcht führe. Darüber hinaus verkündige das Evangelium klar und deutlich den stellvertretenden Mittler zwischen Gott und Menschen, den GottMenschen Jesus Christus, was im Gesetz nicht ausdrücklich ausgeführt worden sei. Dementsprechend differiere das im Gesetz und im Evangelium dargebotene Sünden, Glaubens und Gehorsamsverständnis. Nach dem Evangelium sei der fehlende Glaube an den Mittler die höchste Sünde, die das Gesetz so noch nicht gekannt habe, und auch von dem im Evangelium dargebotenen Mittler schweige das Gesetz. Nicht anders verhalte es sich mit dem neuen Gehorsam, von dem in dem Gesetz kein Wort verloren werde, z. B. dass er bereits in unvollkommener Form den Wiedergeborenen um Christi willen zur Gerechtigkeit zugerechnet werde, wie dieses das Evangelium lehre. Das Evangelium umfasse also die Buße im vollumfänglichen Sinn, und wer dies leugne, der zerstöre den ganzen Trost des Evangeliums.
Im zweiten Schritt polemisiert Collatio
Unterricht der Visitatoren
(1528), aus der Confessio Augustana variata
(1540), aus der Apologia Confessionis Augustanae
(1531) und aus der ersten Thesenreihe
4. Ausgaben
Der Text kann in zwei Druckausgaben nachgewiesen werden:
A:SPONGIA || DE DEFINITIONE || EVANGELII, || COMPLECTENS PROPOSITIO || NES CENTVM QVINQVAGINTA, OPPO || sitas ineruditæ Collationi IOHANNIS VVI || GANDI, Qua Ecclesijs & Academijs || Electoris Saxoniæ scabiem Antino || micam impudenter conatur || affricare. || AVTORE PAVLO CRELLIO || THEOLOGIAE DO || CTORE. || VVITEBERGAE || Apud Iohannem Schvvertel. || Anno Christi M.D.LXXI. [26] Bl. 4° (VD 16 C 5776)
Vorhanden:
Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 2880 [benutztes Exemplar]
Gotha, Forschungsbibliothek: Th 8° 03356 (03)
Halle, Universitäts und Landesbibliothek SachsenAnhalt: Alv.: U 120 (37)
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: H 419.4º Helmst. (3), G 102.4º Helmst. (5)
B:SPONGIA || DE DEFINITIO= || NE EVANGELII, EXCI|| PIENS PROPOSITIONIBVS || centum quinquaginta Aspergines ineruditæ Col || lationis, qua IOHANNES VVIGANDVS, || Ecclesijs & Academijs Electoris Saxoniæ || scabiem Antinomicam impuden || ter conatur affricare. || AVTORE PAVLO CREL || LIO Theologiæ Doctore., enthalten in: DE PRAECIPVIS HORVM || TEMPORVM CONTRO || VERSIIS: || PROPOSI= || TIONES, ORA= || TIONES ET || QVAESTIO || NES, || CONTINENTES SVM || MAM CONFESSIONIS ACA || demiae VVitebergensis, congruentem cum per || petua sententia purioris & orthodo || xae antiquitatis. || SCRIPTAE ET PROPOSI || tae publicè VVitebergae, Anno Chri || sti 1570. || Catalogum sequens pagina monstrabit. || VVITEBERGAE || Excusae typis Iohannis Schwertelij, || Anno M. D. LXXI. [255] Blatt 8° [im Kolophon: VVITEBERGÆ || EXCVDEBAT IOH. Schwertel. || Anno M. D. LXXI.] (VD 16 W 3750), Ff 1v–Ii 7v.
Vorhanden:
Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 2561 (Bem: Titelblatt fehlt; unvollständig), 1 an: Dm 2730
Gotha, Forschungsbibliothek: Theol. 440a/3 (1), Theol 440a/6
Halle, Universitäts und Landesbibliothek SachsenAnhalt: AB 155 341 (2)
Jena, Universitätsbibliothek: 8° Theol. XXXVII,3 (2)
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: K 145. 8° Helmst. (1), Yv 683.8° Helmst.
Sieht man von den Differenzen in dem Titel, dem unterschiedlichen Satz und der fehlenden Überschrift Propositiones de definitione evangelii
vor dem Text in der Variante B ab, ist der Textbestand in beiden Varianten identisch. Der vorliegenden Edition liegt die Ausgabe A zugrunde.