Einleitung
1. Historische Einleitung
Seit den 1550er Jahren gab es unter der Pfarrerschaft der Reichsstadt Kontroversen über die These von der Notwendigkeit guter Werke und die Bedeutung des Gesetzes für den gerechtfertigten Menschen.Vgl. die . Der Konflikt zwischen den Pfarrern der Reichsstadt gewann an neuer Dynamik als 1564 Pfarrer an St. Petri wurde und sich umgehend durch eigene, handschriftliche Darlegungen und Thesenreihen an der Kontroverse beteiligte. Da es dem Nordhäuser Stadtrat nicht gelang, einen Ausgleich zwischen und herzustellen,Vgl. . wurden Thesen zur Begutachtung an in gesendet. Dieser antwortete darauf im Laufe des Jahres 1566 mit drei eigenen Thesenreihen.Vgl. .
Der Streit war in bislang vornehmlich von der Kanzel herab und vor dem Stadtrat geführt worden. Fortan wurde er durch Publikationen in der Öffentlichkeit ausgetragen. fühlte sich zu einer Verteidigung seiner Lehre genötigt,; weitere Ausgabe der Schrift vgl. VD 16 F 269. da seine Gegner seine Lehre eine lange zeit als Schwermerisch, auffruͤrisch, antinomisch, mameluckisch, vnd [mit] andern mehr grossen Ehrtitteln […] ausgeruffen
hätten.. Dagegen erhob er deutlichen Widerspruch. Der Streit begann insofern weitere Kreise zu ziehen, als in Schrift nicht nur einen Angriff auf die Lehre seiner Theologen an den Universitäten Wittenberg und Leipzig erkannte, sondern sich auch persönlich angegriffen wähnte. Er glaubte nämlich, durch die Darstellung des Teufels auf der Titelseite der Schrift selbst attackiert worden zu sein.Vgl. . Veranlasst durch diese Vermutung und die Angriffe und auf den Kurfürsten von der Kanzel herab, intervenierte August seit Ende Juni 1567 direkt beim Nordhäuser Stadtrat. Das Ergebnis dieser Intervention war die Entlassung von und am 8. Juli 1568. Der Stadtrat entließ allerdings auch und am 9. Juli, worauf diese beim sächsischen Kurfürsten protestierten und schließlich erreichten, wieder in ihre Ämter eingesetzt zu werden.Vgl. die sehr detaillierte Beschreibung des Gangs der Ereignisse 1567/68 bei ; zur Entlassung der Pfarrer: .
Durch die Entlassungen war der Streit zwischen und keineswegs beendet, vielmehr wurde er nun publizistisch ausgetragen. Ein1 Hauptgrund dafür war, dass noch Ende des Jahres 1568 oder zu Beginn des Jahres 1569 die 30 deutschen Thesen aus dem Jahr 1557Vgl. dazu die . anonym und unter veränderter Gestalt angeblich auf dem Leipziger Marckt
erschienen seien.Vgl. unten B 8r, S. 338. Auf welche Veröffentlichung sich hier genau bezieht, konnte bisher nicht geklärt werden. wurde von seinen Gegnern die Mitautorschaft unterstellt. Er wiederum vermutete, dass die Thesen verändert herausgegeben habe und und ihm die Verfasserschaft unterstelle, um sie beide zu verunglimpfen.Vgl. unten B 8v–C 1v, S. 339. Die hier edierte Schrift des , Bericht vom Gesetze
, stellt somit einerseits eine Reaktion auf seine Entlassung und andererseits eine Rechtfertigung vor seiner ehemaligen Kirchengemeinde in Später im Jahr 1569 veröffentliche : ; diese Schrift zeigt bereits im Titel die noch enge Bindung von zu seiner ehemaligen Pfarrgemeinde in . aufgrund der anonym kursierenden Thesen dar, die er in seiner Schrift vollständig wiedergibt und mit knappen Widerlegungen versieht.
2. Der Autor
Zu ihm vgl. ; ; . wurde im Januar 1530 in geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern lag die Sorge für seine Ausbildung in den Händen seines älteren Bruders .Zu ihm vgl. ;
Schon im April 1554 war Assertiones
sowie seine Thesenreihen, die 1564/65 die Kontroverse verschärften. Dabei scheint er die gelehrte Auseinandersetzung gesucht zu haben, da er nach Angaben von Tragkorb vol Bücher
mitgebracht habe.
Durch sein Engagement in Predigten und Veröffentlichungen im Zuge der Streitigkeiten, wurde er 1568 seines Pfarramtes in Hauskirche
Valete
Nach seiner Entlassung am 8. Juli 1568 in
3. Inhalt
Die hier edierte Schrift zerfällt in zwei Teile. Im ersten Teil legt
Der erste Teil der Schrift ist von
Daraus folgt für ihn in einem zweiten Punkt die Notwendigkeit zur Predigt des Gesetzes neben der des Evangeliums. Dabei sei aber die Gesetzespredigt klar von der Evangeliumspredigt zu trennen und auf die Verfassung und Lebenslage der Zuhörer zu achten.
In einem dritten Abschnitt unterscheidet usus politicus
vom usus theologicus
des Gesetzes. Das Gesetz habe in einem weltlichpolitischen Kontext die Aufgabe, Zucht, Erbarkeit, Friede, Ordenung, Disciplin
Vgl. unten A 5v, S. 330,19f. zu erhalten. Der theologische Gebrauch des Gesetzes bestehe darin, den Menschen ihre Sündhaftigkeit vor Augen zu führen, damit diese nicht auf ihre eigenen Werke und das Vermögen ihres freien Willens vertrauten, was ihnen im Gericht Gottes nichts helfen würde. Allein durch Christus könnten sie Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung vnd Erloͤsung
Vgl. unten A 8v, S. 333,4f. finden.
Im darauffolgenden vierten Abschnitt erläutert tertius usus legis
, des usus paedagogicus
. So solle die Gesetzespredigt auch den gerechtfertigten Menschen stets daran erinnern, dass er weiterhin ein Sünder sei. Überdies stelle das Gesetz die Richtschnur für das Tun guter Werke dar. Wenn dies in der rechten Weise gelehrt würde, dann wäre es eine gute Lehre. Unter dieser Prämisse würde der Gerechte nämlich das Gesetz ebenso intensiv lieben, wie er es zuvor in seinem ungerechtfertigten Zustand gehasst habe. Denn er erkenne darin nun zum einen Gottes Wort und Weisheit. Zum anderen erblicke er im Gesetz jetzt eine Darlegung der guten Werke, die er fröhlich zur Ehre Gottes und zum Dienst an seinem Nächsten verrichten würde. Schließlich könne er es drittens dankbar zur Kenntnis nehmen, von den Menschensatzungen
des Papsttums erlöst zu sein. Als Schlussfolgerung stellt lex activa
, d.h. was den Menschen heisset, treibet, creutziget vnd begrebet
, der lex passiva
gegenüber. Sie zeigte an, was gethan, gehalten, erfuͤllet, recht vnd wol gebraucht wird
.Vgl. unten B 4r, S. 335,13f.
Wie der tertius usus legis
seiner Ansicht nach gegenwärtig missbraucht werde, stellt gebiete, foͤrdere, heisse, sondern auch gebe, schaffe und wircke.
Vgl. unten B 6v, S. 337,4f. So werde schließlich drittens aus dem eigentlich als kindlichem Gehorsam gegenüber Gottes Geboten zu verstehenden dritten Gebrauch ein Zwang gemacht.
Im sechsten und letzten Abschnitt des ersten Teils erläutert tertius usus legis
verfasst, doch hätten diese auf den Missbrauch des Gesetzes (abusus) gezielt und nicht, wie
Im zweiten Teil der Schrift präsentiert Gründlichen Bericht
Vgl. unsere Ausgabe Nr. 5, S. 117–134. als Ausdruck seiner Überzeugungen.
4. Ausgabe
Nachgewiesen werden können zwei Ausgaben:
A: Bericht || Vom Gesetze || Gottes / seinem Brauch || vnd Missbrauch / sonderlich || was den Gleubigen oder Ge= || rechten belanget. || Wider etzliche Gotsleste= || rische Propositiones / die jetzt || allenthalben ausgestra= || wet werden. || M. Andreas Fabricius || Chemnicensis. || Gedruckt zu Eisleben || durch Andream Petri. || MDLXIX. || [24] Blatt 8° (VD 16 F 261)
Vorhanden in:
Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 2490
Wittenberg, Evangelisches Predigerseminar: LC 602/8
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: J 78.8 Helmst.(2) [benutztes Exemplar]
Vorhanden in:
Rudolstadt, Historische Bibliothek: Db II 4 Nr. 22(11)
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 1197.11 Theol.(4), 1222.6 Theol.(9)