Controversia et Confessio, Bd. 4


Praetorius, Von nötiger schuldiger Gottseligkeit der Christen (1564) Nr. 12: Praetorius, Von nötiger schuldiger Gottseligkeit der Christen (1564)

A 1v
2. Timo. 3II Tim 3,8f (Luther 1545).

Gleicher weise aber wie Jannes vnd Jambres Mosi widerstunden,Vgl. Ex 7,11.22; die ägyptischen Zauberer werden in Ex nicht namentlich genannt, sie begegnen jedoch verschiedentlich in der zwischentestamentlichen und außerkanonischen apokryphen Literatur, so in der Damaskusschrift (CD) V, 18, und in TestSal 25,4. Vgl. , 587f; , 192f; , 530. also widerstehen auch diese der warheit. Es sind Menschen von zerruͤtten sinnen, vntuͤchtig zum Glauben. Aber sie werdens die lengedie Länge = auf lange Zeit, für lange Zeit. nicht treiben, denn jre
Torheit wird offenbar werden jderman, gleich wie auch jener war.gleichwie auch jener war = ebenso, wie auch deren (scil. der beiden Zauberer) Torheit offenbar gewesen ist.

1. Timo. 1I Tim 1,18–20 (Luther 1545).

Dis Gebot befehl ich dir, mein son Timothee, nach den vorigen Weissagungen vber dir, das du in denselbigen eine gute Ritterschafft vbest vnd habest den Glauben vnd gut gewissen. Welche etliche von sich gestossen vnd am
Glauben schiffbruch erlitten haben, vnter welchen ist Hymenaeus vnd Alexander, welche ich habe dem Satana gegeben, das sie gezuͤchtiget werden, nicht mehr zu lestern.

A 2r Der Heilig Apostel Paulus schreibt, das in den letzten tagen werden grewliche zeit komen. Denn es werden menschen sein, die von sich selbst
halten, geitzig, rhumretig, hoffertig, lesterer, den Eltern vngehorsam, vndanckbar, vngeistlich, stoͤrrig, vnuersoͤnlich, schender, vnkeusch, wilde, vnguͤtig, verreter, freueler, auffgeblasen, die mehr lieben wollust denn Gott, die da haben den schein eines gottseligen wesens, aber seine krafft verleugnen sie,
2. Timoth. 3.II Tim 3,1–5 (Luther 1545). Vnd folgt daselbst im text weiter: Aus
denselben sind, die hin vnd her in die heuser schleichen vnd fuͤren die weiblin gefangen, die mit suͤnden beladen sein vnd mit mancherley luͤsten faren, lernen jmmerdar vnd koͤnnen nimer zur erkentnus der warheit komen.
II Tim 3,6f (Luther 1545). Dieses schreibt also der Apostel obgemeltes orts.

Aus solchem leben aber vnd wandel entstehen auch zu dieser vnser zeit ne
ben anderem allem vnchristlichen A 2v abgoͤttischen wesen vnd krefftigen jrthumen auch die zuuor vnerhoͤrte streite in der Kirchen, ob gute wercke bey Christen noͤtig sein oder nicht, ob man die schuldig sey zu vben, ob das Gesetz Gottes zu halten noͤtig sey, ob es Christen fuͤrzuhalten, ob1 das schuldigen, wilkuͤrlichen oder willigen gehorsam erfordere etc. Nu ist
hierin meines erachtens allen fromen Christen nichts wunderbarlichers noch betruͤblichers zu erfaren, als das solchs streitig werden solle, vnd zwar bey denen, so der warheit anders bericht sein sollen vnd wollen: Wird auch wol bey etlichen, so vnseren landen weit entlegen, vnd den nachkomen vngleublich scheinen.

Solchen sachen vnd streiten hab ich vor der zeit meines orts zugesehen vnd in meinem armen gebet dem Son Gottes seine liebe Kirchen befohlen vnd mich selbst in erkuͤndigung der Christlichen warheit geuͤbt vnd derenderjenigen (christlichen Wahrheit). nach vermuͤgen nachgejagt, auch meinen zuhoͤrern diedieselbe (Wahrheit). einfeltig fuͤrgetragen vnd mich weiter solches schwebenden vngewitters nicht angenomen, des
A 3r glaubens vnd der hoffnung, das solches nur ein vbergang sein wuͤrd, der sich die leng nicht halten koͤndte. Denn wie S. Paul an Timotheum ferner schreibet: Gleicher weise wie Jannes vnd Jambres Mosi widerstunden, also widerstehen auch diese der warheit. Es sind menschen von zerruͤtten sinnen, vntuͤchtig zum glauben, aber sie werdens die lenge
nicht treiben, denn jre torheit wird offenbar werden jederman, gleich wie auch jener ward.
II Tim 3,8f (Luther 1545). Dieses gleub vnd hoffe ich von diesen zenckern noch vnd zweifele nicht, das der Son Gottes seiner warheit selbst rath schaffen vnd solche entheiligung vnd vertunckelung derselben entdecken werde.

Als aber ich fur etlich wenig jarenIm April 1558 wechselte aus dem Schuldienst in auf die Hebräischprofessur in . aus meinen gepflogenen schuldiensten von
Churfuͤrst.Kurfürstlicher. Durchleuchtigkeit zu , meinem gnedigsten Herrn, 1535–1571. zu der Vniuersitet Franckfurt gefoddert, daselbst neben anderem meinem befehl auch vnsere ware Christliche Religion in der Schul zu leren, bin ich alsdenn zu vielen hendlen gezo-A 3vgen worden, denen ich mich zu schwach erkenne, vnd so gut ich es damals verstanden, gedienet habe.

Wie ich aber in der Schul die richtige, ware, gegruͤndte lehr vnserer Kirchen von notwendigkeit des newen gehorsams gefuͤret, ist derselben von dem Pfarherr daselbst, D. , offentlich beide, in der Kirchen vnd Schule, vnd sonsten auch in anderen congressibusVersammlungen, Zusammenkünften. widersprochen worden. Vnd sein von jm hefftige geschwindestrenge, scharfe. Vgl. , 3996. predigten wider solche Notwendig
keit offentlich vnd offtmals gethan.

Solchs habe ich zum theil selbs angehoͤret, zum theil ist es von anderen warhafftigen an mich gebracht. Er hat auch einen Doctorem Theologiae an mich geschickt. Jch solte der lehr von Notwendigkeit des newen gehorsams gegen Gott abstehen. Vnd ist also widerwertigegegensätzliche, widerstreitende. Vgl. , 1370. lehr in der Kirchen vnd Schul zu
entstanden, vnd habe ich in verfechtung desjenigen, so ich in der Schul geleret, als fuͤr die Christliche warheit, mit gedachtem zu thun gewinnenbekommen. Vgl. , 6051f. muͤssen.

A 4r Dieweil aber zu erklerung dieses, ob der new gehorsam Notwendig oder nicht, die gantze lehre von der rechtfertigung des menschen, vom Ge
setz Gottes, von vnterscheid des Gesetzes vnd Euangelij, von der Bus, von Christlicher freiheit gehoͤret, sein diese Artikel alle durch solche vnsere disputation regig gemachtregig gemacht = zum Thema gemacht, in Bewegung gebracht. Vgl. , 493f. worden.

Nu ist es warlich zu erbarmen vnd zu beklagen, das so wolgegruͤndte, richtige, klare vnd ware Lehr von diesen artikeln allen, wie die durch Gottselige
fromme, hocherleuchte menner, den Gott sonderliche gnade hierzu verliehen, gefast, in die Kirchen dieser lande gebracht vnd menniglich fuͤr augen ist, durch vnnoͤtiges freueles gezencke vnter eim schein eines gottseligen wesens so jemerlich in zweiuel gesetzt, bezichtiget vnd verdunckelt werden solle, vnd zwar nicht von den Widersachern, sondern von denjenigen, so
vnter der Augspurgischen Confession schutz vnd namen sein wollen: Welches alles Gott heimgestellet sey zu erkennen vnd zu richten, der solchen fuͤrwitz vnd mutA 4vwillen, mit so grewlichem ergernus vnd verderb vieler Seelen geuͤbt, zu seiner zeit wol wird wissen zu finden. Wie geschrieben stehet: Wer euch irre machet, der wird sein vrteil tragen, er sey
wer er wolle.
Gal 5,10. Denn was fur ein ernst vmb Christlichen glauben vnd wandel sein koͤnnen, wenn man mit obgesetzten fragen beginnet zu spielen, stehet einem jeden verstendigen selbs zu erachten.

Was mein person belangt, weis ich das zu sagen vnd erweiset es zwar das werck selber, das ich nach der lehr des Propheten nichts anders als fried vnd
warheit gesucht,Vgl. Sach 8,19. vnd hab meiner lehr vnd hoffnung rechenschafft gegeben, wie sichs gebuͤrt.Vgl. I Petr 3,15.

aber hat wider meine gefurte dieser kirchen vnd schulen lere fuͤr der zeit zwey buͤcher in druck lassen ausgehen, auff die ich mein antwort auch in druck gegeben, daraus denn menniglich, der solches zu wissen be
gert, sich gnugsam hat zu erkundigen, was der streit zwischen mir vnd sey, wie die sach geschaffen vnd was vnser beider lehre sey.Vgl. ; – ; – . Ferner aber hat A 5r newlichen vielgedachter noch zwey buͤcher wider mich trucken lassen, in derem einem er fuͤrnemlich mein person zum hefftigsten angreifft vnd mich dermassen bey allen, so mich vielleicht nicht
kennen, beruͤchtiget, als sey nichtes anders als luͤgen vnd betrug an vnd bey mir zu finden.Vgl. unten Anm. 42 und Anm. 49.

Nun stehet geschrieben: Verleumdung bricht dem man das hertz.Vgl. Prov 15,4b. Vnd ist niemand so steiff, den falsche zungen nicht betruͤben solten, wenn er vnter die geret. Aber dieses alles mus Gott befohlen sein, dem ich auch die rach
heimstelle.Vgl. Dtn 32,35; Röm 12,19. Wie abermal geschrieben stehet: Wer den armen verleuͤmbdet, der erzuͤrnet den Herren, der jne geschaffen hat.Vgl. Prov 14,31a. Dieser Herr wird mir auch nichts weniger als anderen zu seiner zeit recht schaffen. Jn des hab ich mich zu troͤsten, das . der wolgegruͤndten lehr vnserer Schulen vnd Kirchen nicht verschonet, auch die Augspurgische
Confession fuͤr eine temporisirteimprovisierte, zeitbedingte. Grimms Wörterbuch erklärt temporisieren mit die geeignete Zeit abwarten, vgl. . vnd vnbedachte schrifft ausrufft. Dieweil denn die Warheit selbst sich von A 5v reformiren vnd die Stende, so sich zur gedachten Augspurgischen Confession bekennen, dieses bezichtigen lassen muͤssen, das sie jre bekentnis auff ein vnbedachtes vnd nach dem wetter gerichtet buch setzen, auch so grob sein vnd vnuerstendig,
das sie dieses von solcher, , gethaner erinnerung bis anhero nicht sehen noch mercken (dergleichen nach , geb. 1512 in , hatte in , und ab 1536 in studiert, wurde 1546 auf Empfehlung und Theologieprofessor in , 1548 gab er die Professur auf, blieb aber zunächst als Rat des in , infolge der Auseinandersetzung mit nahm er 1551 seinen Abschied und ging 1552 nach Danzig. Er verfasste eine Schrift gegen , in der er auf der Basis der Kirchenväterzeugnisse argumentierte (VD 16 S 8594), 1553 konvertierte er in zur römischen Kirche; 1555 wurde er Konsul , 1557 nahm er am Wormser Religionsgespräch teil. Er verfasste zahlreiche antiprotestantische Schriften. 1564 starb in . die niemand beruͤchtiget), mag ich billich auch mit fur gut nemen, der ich meinen mitpatienten nicht zu uergleichen bin. Auff den fall ich denn auch diesem vielgedachten danck sage, das ich in seinem lob nicht stehe,
auch mich des zu bewerben nicht gedencke, vnd vertraw, solchs bey Gott vnd bey allen fromen vnd verstendigen Christen zu geniessen.

Es were aber diesem hadersuͤchtigenstreitsüchtigen. Vgl. , 120. menschen zu goͤnnen, das er eine bessere, bedechtigere vnd nicht wetterwendischeunzuverlässige. Vgl. , 773–775. Confession zu stellen vermoͤchte, welche an stat derjenigen, die jne so fuͤr vntuͤchtig ansiehet,die ihm so ungeeignet erscheint. den
Stenden vbergeben vnd angenomen werden A 6r koͤnte. Dieweil ich aber nicht vrkund befinde, das es von diesem zu gewarten, wird er mir fuͤr mein person freundlich verguͤnnen, mich der gestelten vnd approbirten Confession zu gebrauchen, bis ich seine, des , bessere ansichtig werde.

Jch kenne diese verachtung der Augspurgischen Confession wol, weis auch, wo sie herkompt vnd wohin sie gemeine,und worauf sie abziele (?), wohin sie gehöre (?). vnd wo das ausgefuͤrt wuͤrde, solte es wol vnd seinen helffers helfferen wenig glimpffs bringen: Das es aber verbleibt, darinnen werden diese personen nicht bedacht. Wil allein hiemit dieses denjenigen, die kennen, zu bedencken
heimstellen, ob sich one solche der Confession fuͤrschrifft aus D. buͤchern hette so kurtz vnd eigentlich zu berichten vermoͤcht, als er daselbst verleibt findet.

Damit er aber nicht rede wie die Augspurgische Confession vnd dennoch seine newe ergerliche, gefehrliche, falsche freiheit einfuͤre, vnterstehet er
sich, die fuͤrnemlich aus schrifften A 6v zu beschoͤnen vnd wil fur den angesehen sein, der da rede wie D. vnd nicht wie die Confessio. Er braucht aber hierzu fast die streitbuͤcher D. , so wider die Werckheiligen gestellet, darinnen viel geredt wird als im kampff vnd nicht schlieslich,endgültig, beweiskräftig. Vgl. , 710. das ist: agonistice, non dogmatice, wie es nennet.ἀγωνιστικῶς = in der Hitze des (Wort)gefechts; δογματικῶς = in einer dem Lehrvortrag angemessenen Weise, grundsätzlich. Es war bislang nicht festzustellen, wo diese Unterscheidung hinsichtlich der Wertung und Interpretation von Aussagen trifft. So
ists one das mit solchem ausziehenExzerpieren. Vgl. , 1568. , 1039f, nimmt die Bedeutung excerpere erst für eine spätere Zeit an, während im 16. Jhdt. die Bedeutung excipere, eximere = ausnehmen, sich vorbehalten gewesen sei.] vnd zwacken(aus)zwacken = Ausschneiden, aus dem Zusammenhang Reißen. Vgl. , 1580; , 928; , 1043. gefehrlich, vnd solten billich die gantzen schrifften, wie vnd wohin sie gestellet, bedacht werden.Vgl. : Es gillt aber nicht, eyn wort eraus zwacken und drauff pochen, man mus die meynung des gantzen texts, wie er an eynander hangt, an sehen (Wider die himmlischen Propheten, 1525). Jedoch dis alles hindan vnd an seinen ort gesetzet, gebuͤrte zu bedencken, das die Christliche lehr, wie die aus heiliger Goͤttlicher Schrifft von D. vnd anderen in jrem rechten verstandt gezogen, in der
Confession zusamen gebracht sein: Derhalben denn von D. selbst die Confession approbirt vnd als fur ein solches Buch erkennet, das den waren verstand der Schrifft, vnd wie Er den auch selbst gehabt vnd geleret, gemes sey.

Der Antinomer oder Gesetzstuͤrmer Vater oder Feltherr, mittlerweile kurbrandenburgischer Hofprediger. vermeinte auch, er
verstuͤnde die Schrifft vnd Lu-A 7rtheri lehr gar wol vnd fieng darauff an, das Gesetze vnd seine Notwendigkeit anzugreiffen. Aber dieses schedliche gedichte hat nicht approbirt, sondern denselben Meister dermassen abgefertigt, das er des schimpff vnd schand hat vnd haben wird fuͤr vnd fuͤr bey jdermenniglich. So muͤssen one das die Lehrschrifften eigentlich gestel
let vnd eingezogen werden, damit alle weitleufftigkeit,Vieldeutigkeit, Ungenauigkeit. Vgl. , 1305. misuerstand vnd zweiffell so viel muͤglich verhuͤttet vnd ein einiger gewisser verstand dargethan werde.

Vnd lest sich zwar ansehen, als wuͤsten diese newe Lehrer selbst nicht, was sie straffen. . lest die alte Confession bleiben vnd gefelt jm die newe
repetition nicht. vnd tadeln semptlich die alte: aber in sonderheit verschlechtverwirft. beide, die Confession vnd Repetition, alt vnd new, als in denen er sein willkuͤr nicht findet, vnd lest sich doch gegen der newen Repetition etwas gnediger als gegen der ersten, wie sie anno 30 vberantwortet ist, wie solches A 7v seine erste antwort C j. ausweiset,Vgl. aber : Loquor autem de Confeßione prima, ut est oblata, non de illa, quae pro quorundam arbitrio priuato, aliquoties est mutata, ne dicam corrupta etiam. ver
nemen. Er mag aber straffentadeln. vnd meistern,kritisieren, verbessern. als lang jm das Gott guͤnnet, vnd versuchen, ob er etwas bessers machen koͤnne, das sich noch nicht von jm hoffen lest.

Vnd ob er wol an etlichen orten nicht zu straffen ist, so hat er dennoch solches von jm selbst nicht vnd weis man es anderswo viel besser. Was aber
seine newe Theologiam, reden vnd deuten belanget, bin ich nicht bedacht zu lernen, viel weniger andern leuten widerumb fuͤrzubringen vnd zu lehren.

Vnd wenn jme, , vnd seinen zugethanen je die Confessio Augustana so hoch zuwider, mag er das Jnterim dafuͤr brauchen, des hat er mein laub,meine Erlaubnis. Vgl. , 287. zu welchesdes Interims. zeiten wolte dieselbe Geselschafft fast zu Werckheiligen wer
den, bettenbeten. diese rede an Gute werck sein noͤtig zur seligkeit, wie die im Jnterim ausgedruckt ist. Nun aber haben sie sich also verkeret vnd sein so vberLutherisch worden, das sie in allen buͤchern suchen, ob sie et-A 8rwas wider die noͤtige vbung der Gottseligkeit auffbringen vnd seiner, selbst, meinung vnd der warheit zuwider deuten vnd dehnen moͤgen.
Es ist aber zu besorgen, es gelte die not als viel bey jnen als der will, vnd sey jnen ein Religion wie die ander.

Derwegen ich hiemit abermals erinnere, das schrifften anders nicht als der Augspurgischen Confession gemes zu deuten vnd zu uerstehen sind, an welche er sich selbst durch seine approbation derselben verweiset.

Das sey hieuon genug. Denn ich nicht bedacht, mich in fernere gezencke vnd weitleuffigkeit mit einzulassen: Will auch seinen beiden hinderstelligenheimtückischen. Vgl. , 1519. buͤcheren,Damit ist neben dem in Anm. 42 genannten wohl noch folgender Titel gemeint: . wider mein person vnd lehr geschrieben, hiemit nicht antworten. Denn was ich geacht, das der warheit zu gut mir zu thun gebuͤren vnd von noͤten sein wolte, das habe ich verrichtet vnd befinde, das solches
alles bey meinen widersachern gar keinen nutz schaffet. Derwegen ich forthin die zeit besser zu gebrauchen wissen wil. Sonderlich dieweil die ware Christlich A 8v lehr vnser Kirchen vnd Schulen dermassen fur augen gestelt, das solche newe Theologia niemands schaden thun kan als denen allein, die sich willig derselben vntergeben, bey welchen kein bericht
noch vnterricht, weder mein oder anderer, stat finden wird, als die jnen nicht helffen lassen woͤllen.

Wer nu mit offnen augen vnd ohren nicht sehen noch hoͤren wil vnd hat lust, sich selbst vnd andere mit dieser newen lehr (als nemlich, das gute Werck nicht noͤtig, sondern frey vnd willkuͤrlich, das Christen zur Gottseligkeitim Druck: Gottselgkeit.
zwangs frey, das bey denen keiner vermanung von noͤten, keins zwangs noch betrawensBedrohens. zu gedencken, das im Euangelio kein gebot noch not sey, etc.) zu kutzeln,zu vergnügen, innerlich zu befriedigen. Vgl. , 881f. in suͤnden vnd vnzucht zu stercken, der far hin vnd gebrauch sich seiner freud vnd kurtzweil, so langs jm Gott gestatet: Es wird sich endlich wol finden. Wie Paulus spricht: Sie werden es die lenge nicht
ausfuͤren, denn jr torheit wird offenbar werden.
II Tim 3,9. Wolte Gott, sie theten, was Christen gebuͤrt vnd jrer seelen seligkeit erfor-B 1rdert, es geschehe gleich willkuͤrlich, willig, one erinnerung vnd vermanung oder nicht, so beduͤrffte es seines zanckens nicht vnd stuͤnde besser vmb die Kirchen.

Aber wie gesagt: Jch wil mit diesen Zenckeren nichts disputirn, noch jnen
ferner predigen (des ich mich doch vnd mit jrem geringen glimpff getrawete zu uersuchen vnd zu uolfuͤren), sondern mich einmal vnd gentzlich von jnen sondern vnd abreissen vnd des streits, so viel mich belangt, ein ende machen, jnen vnd mir dauon abhelffen. aber vnd die seinen muͤgen also ferner wider mein person vnd lehr schreien vnd dichten, was sie nicht lassen
koͤnnen, vnd suchen, der jm antworte – ich gedencke jm nicht gleich zu werden.

Was aber dem allem entgegen mein lehr betrifft, berufft vnd bekenne ich mich nochmals, wie bis daher offt geschehen, zur Augspurgischen Confession, bey der ich auch, nechst Gott vnd seinem Wort, vnd durch huͤlffe des
selben bis an mein ende zu uerharren ge-B 1vdencke. Mein person aber belangend, wissen diejenigen, so mich kennen, wer vnd wie ich sey, vnd hoffe, die kennen mich anders, als mich fuͤrbildet vnd gehalten haben wil. Bey frembden aber vnd vnbekandten vertrawe ich, das new gefuͤrte lehr meinen gelimpff fuͤrdern solle. Denn ein jder verstendiger
fromer Christ wird one meine entschuldigung vnd widerlegung fuͤr sich selbst zu erachten wissen, was auff eines solchen lehrers schenden vnd schmehen, so er wider diejenigen, die jm widerstanden, gebraucht, zu setzen sey. Denn wer lehret vnd gleubet, das Gute werck nicht noͤtig sein, weder von des gesetzes noch Euangelij wegen, vnd das die newgebornen nicht
verpflichtet sein, gutes zu thun, wie dises wort sein, der mus jme auch das achte gebotVgl. Ex 20,16; Dtn 5,20. fuͤr vnnoͤtig achten, halten vnd gleuben.

Vnd damit meniglichjedermann. hab zu vrteilen, ob meine lehr Goͤttlicher warheit vnd der Christlichen Religion, wie die in offtgedachter Augspurgischen Confession verfast, gemeß sey oder B 2r nicht, wil ich zum beschlus
hieneben, was ich von der Rechtfertigung des Menschen, newen gehorsam vnd Guten wercken vnd etlichen andern puncten halte vnd gleube, Gott vnd der warheit zu ehren vnd zu rettung meines gewissens, einuerleiben vnd will es auff das kuͤrtzeste vnd einfeltigest fuͤrstellen. Sonsten aber habe ich etwas weitleufftigerausführlicher. dauon in meinen anderen Schrifften gehandelt.

Vnd damit mich auch der gemeine deudsche man verstehe, so halte, gleube vnd rede ich also: Das Gottes vnwandelbarer wille vnd hoͤchstes gebot sey, das wir gleuben sollen, das er vns vmb seines Sons Jhesu Christi willen, der zum Mittler vnd Versoͤner von ewigkeit verordnet ist, aus lauter gnaden, one aller vnsere verdienst, Vergebung der suͤnden, Gerechtigkeit, heiligen
Geist vnd ewiges Leben gewislich geben wolle: Vnd das alle, so also gleuben an den Son Gottes, gewislich bey Gott vergebung der suͤnden haben vnd jnen des Herrn Christi B 2v gerechtigkeit zugerechnet werde, vnd also gerecht, Gott gefellig vnd new geborn werden, den heiligen Geist entpfahen vnd erben ewiger seligkeit werden, vnd solches alles allein vmb des Herrn
Christi willen, aus gnaden, one vnser verdienst, allein durch Glauben. Hierzu werden wir gefordert durch das Wort Gottes durch das heilig Euangelium, welches diesen ewigen vnwandelbaren Rhat, willen vnd gebot Gottes allen Menschen verkuͤndiget vnd fuͤrhelt: Vnd ist die gantze summa darin Bus vnd Vergebung der suͤnden im namen Christi, vnd das man an Christum vnd
dem Euangelio gleuben solle.

Es geschicht aber die bekerung des suͤnders also, das er durch das Gesetz die suͤnde erkenne, fur Gottes zorn vber die suͤnde erschrecke vnd gleube an Christum vnd sein Euangelium, welches gute vnd froͤliche botschafft die jenigen allein schmecken vnd erfaren, welche die selige rew vnd schrecken
zu Christo treibt. Dann dis sind die, von denen geschrieben stehet: Pauperes Euan-B 3rgelisantur ‒ Den armen wird das Euangelium gepredigt.Mt 11,5 (Vg). Dise armen sind diejenigen, so eines zerschlagenen hertzens, wie es der Prophet nennet,Vgl. Ps 34,19. vnd arm im geist sind.Vgl. Mt 5,3. Dann die sichern, rohlosen,ruchlosen, verwilderten. auch die auffgeblasene hertzen, vnd die sich fuͤr heilig halten,
wissen vmb diese freud des Euangelij nichts vnd koͤnnens auch nicht erfaren, so lange sie in solchen suͤnden verharren.

Der nu also Gotte(Dativ) = mit Gott. durch Christum versoͤnet ist, bey dem soll folgen Christlich leben, frucht des Glaubens vnd gut gewissen vermuͤg vnser Tauf. Wie geschrieben stehet: Sehet zu, thut rechtschaffene fruͤchte der Busse.Mt 3,8. Jtem:
Vbe eine gute Ritterschafft, behalt den Glauben vnd ein gut GewissenVgl. I Tim 1,18f. etc. Vnd sollen abermal Christen, als die mit Gott versoͤnet,Vgl. Röm 5,10. von gantzen jren krefften vnd vermuͤgen, so viel in dieser schwachen natur muͤglich ist, alle werck des Fleisches, so im Gesetz verboten sein, meiden vnd jr fleisch vnd boͤse luͤsten creutzigen vnd Frucht des Geistes bringen.Vgl. Gal 5,18–24. Also schreibt
S. Paul: B 3v Wir sein schuldig, nicht nach dem fleisch zu lebenVgl. Röm 8,12. etc. Vnd ist dergleichen Spruͤch die Schrifft vol, welche auff dismal von kuͤrtze wegen nicht angezogen werden. Sonderlich weil es vormals nach aller notturfft,soweit irgend erforderlich. Vgl. , 926. vnd zwar vberfluͤssig,im Übermaß, im Überfluss. geschehen ist.

So offt auch der Mensch nach seiner bekerung widerum in suͤnde fellet
wider Gewissen, so offt felt er aus der gnad, darinnen er gewesen, vnd verleuret den heiligen Geist. Vnd ist jm derwegen newer bekerung von noͤten, vnd wo die bekerung nicht geschicht vnd der Mensch in suͤnden wider das Gewissen fortferet, da ist der Glaub, der Vergebung der suͤnden entpfehet, gewislich nicht vorhanden, nach der lehr Pauli, 1. Timo. 1., da er
spricht: Die, so das gute Gewissen verstossen, leiden schiffbruch am glauben.Vgl. I Tim 1,19. Denn in den Gleubigen musmuss nicht = darf nicht. die suͤnd nicht herschen, vnd in welchen sie herschet, die sein vom Teuffel, wie geschrieben stehet: Wer suͤndigt, der ist vom Teuffel,I Joh 3,8. vnd wie folgen mus: nicht mehr ein kind Gottes. Denn B 4r kinder Gottes werden vnd sein allein diejenigen, die an
den Namen des Sons gleuben.Vgl. Joh 1,12; Gal 3,26. Vnd wird also mit vnd durch die suͤnd solcher Glaub, der die Kindschafft macht, verloren vnd, wie gesagt, der heilig Geist mit vnd zugleich verloren. Wer aber den Geist Gottes nicht, hat der ist nicht sein.Vgl. Röm 8,9. Vnd dieweil ein guter Baum gute fruͤchte bringt vnd ein boͤser boͤse,Vgl. Mt 7,17. so folgt vnwidersprechlich, das diejenigen, so nicht
Gottseliglich leben, keine gute beum sein. Vnd die in suͤnden wider Gewissen leben, boͤse beume sein vnd brennholtz.Vgl. Mt 3,10; 7,19.

Diesem allem nach bekenne, glaube vnd sage ich abermal, das es Gottes vnwandelbarer vnd hoͤchster wille sey, das wir an den Son gleuben vnd solchen glauben behalten vnd dessen rechte Frucht bringen, ans ende
hierinne beharrenVgl. Mt 10,22; Jak 1,25. vnd also in die ewige Tabernakel eingehenVgl. Lk 16,9. vnd ewig selig werden. Vnd dieweil dieses, wie gemeldet, Gottes vnwandelbarer will vnd also von Gott geordnet ist, so kan vnd mag es anders nicht gesein,sein. denn das B 4v man also gleuben vnd leben solle vnd muͤsse, wenn mann sein Gnade vnd gaben, wie es S. Paulus nennet,Vgl. Röm 5,17. haben vnd behalten woͤlle.
Vnd das alle, die so nicht also gleuben vnd leben, zu Gottes gnade vnd gaben nicht kommen oder die bekommene gnade vnd gaben verlieren: Es sey denn, das sie sich von newem zu Gott durch ware Bus widerumb keren vnd kommen. Daraus denn klar zu uernehmen, in was verstandt man der woͤrter Sollen vnd Muͤssen in dieser lehr gebraucht, auch gebrauchen soll vnd
mus. Wie denn Christus vnd S. Paulus das wort Schuldig gebrauchen.

Es hat aber auch Gott der Allmechtige neben dieser seiner vnwandelbarer ordnung auch seine grausamen straffen wider die Suͤnde darumb geoffenbaret, das wir seinen willen darbey erkennen vnd die suͤnden auch von derselben wegen fliehen sollen (denn er hat nicht lust an vnserm verder
ben).Vgl. Ez 33,11. Wie er denn vnsern ersten Eltern in gantzer vnd vnuerderbter jrer Natur B 5r die straff des Todes fuͤrstellet, wenn sie von dem verbotenen Baum essen wuͤrden.Vgl. Gen 2,16f. Das beide, lust, lieb vnd will zum guten vnd furcht der straffen, in vbung der Gottseligkeit zusamenlauffen. Vnd wie die lust zum guten des Geists ist, also helt die furcht der straff das Fleisch im zaum,
vnd ist Gottes gerechter zorn so strackso im Druck; evtl. starck zu lesen? vnd ernst, das, obwol in den gefallenen,in Sünde Gefallenen. da sie sich bekeren, sein Gnad vnd guͤte die ewige straff von den Bekerten von wegen des Mittlers Jhesu Christi, an den sie gleuben, auffhebt,Vgl. I Tim 2,3–6. so pflegt er doch mit der zeitlichen straff zu verfaren, wo die nicht durch bruͤnstiges Gebet abgewendet oder gemiltert wird. Das also die straffen
nichtes anders sein als scharffe vnd thetige Prediger von dem vnwandelbaren willen Gottes, was wir thun vnd lassen sollen, damit diejenigen, so das sollen vnd muͤssen an jm selbstdas Sollen und Müssen an sich. aus der verkuͤndigung des blossen vnd schlechten Befelchs oder willen Gottes nicht verstehen woͤllen, eben dasselbige aus der straff lernen vnd dabey bedencken, was es sey, wenn
B 5v Gott etwas befilcht vnd haben will, es sey im Gesetz oder Euangelio vom Glauben oder Leben. Denn Gottes will vnd gebot ist vnd bleibt sein will vnd gebot, wo, wenn vnd wouon auch die sein.

Dieses soll vnd mus abermal in der Kirchen Gottes, vnd sonderlich denjenigen, die getaufft vnd fuͤr gute Christen gehalten sein woͤllen vnd doch in
offentlichen suͤnden wider Gewissen leben, also gesagt werden: Zu denen sprechen wir nach offenbartem Goͤttlichen, vnwandelbaren willen, sie muͤssen vnd sollen solches jres leben vnd wandels abstehen, bey verlust jrer seligkeit. Also prediget Paulus den dieben: Wer gestolen hat, der stele nicht mehr.Eph 4,28. Vnd Johannes Herodi:Johannes der Täufer predigt dem Herodes (Antipas). Dir gebuͤrt nicht, deines Bruders Weib zu
haben.
Mk 6,18. Vnd Paulus abermals den vnzuͤchtigen vnd seuffern: Kein hurer, Ehebrecher, trunckenboltz werde ins Himelreich komen.Vgl. I Kor 6,9f. Jtem: die Ehebrecher wird Gott straffenVgl. Hebr 13,4. etc. Sagt nicht wie die alten vnd newen Antinomi: Bistu ein Hur, Bub, Ehebrecher, B 6r Sauffer, Verfelscher Goͤttlicher warheit vnd gleubest, so bistu im wege der seligkeit. Denn bey
vnd mit den suͤnden wider Gewissen ist der Glaub nicht, der vergebung der suͤnden begert oder entpfehet, wie oben gesagt ist.

Damit aber nicht jemand achte, es sey ein Notwendigkeit, die zum Gesetze allein gehoͤre, jst zu wissen, das im Euangelio ebensowol eine Notwendigkeit ist vnd also beide, im Gesetz vnd Euangelio, not oder
Notwendigkeit gelert wird. Es kan auch one bedencken der straff vnd zorns Gottes vber die suͤnd diese rede gefuͤrt werden du solt vnd must also gleuben vnd leben, wenn gleich kein Hell noch Todt were. Nemlich darumb, das es Gott also haben will vnd geordnet hat vnd diesen seinen willen vnd ordnung nicht endert in ewigkeit. Er wil haben vnd ist sein
hoͤchstes Gebot, wie oben gesagt, das wir an seinen Son gleuben sollen etc.Vgl. Joh 3,16.36. Vnd darumb, das er das also haben wil vnd von ewigkeit geordnet hat, sollen vnd muͤssen B 6v alle, die mit Gott teil haben woͤllen, also gleuben, vnd diejenigen, die nicht an jn gleuben, wird der heilig Geist straffen, wie geschrieben stehet: Der heilig Geist wird die Welt straffen von
wegen der Suͤnd, das sie nicht gegleubt haben.
Vgl. Joh 16,8f. Jtem: Wer nicht an den Son gleubet, der ist schon gerichtVgl. Joh 3,18. etc. Joh. 3. Vnd das ist ein gebot des Euangelij. Wie auch die Stim vom Himel: Dis ist mein lieber Son, den solt jr hoͤren.Mk 9,7. Jtem Christus befilht den Aposteln, man sol in seinem Namen Bus vnd Vergebung der suͤnden predigen,Vgl. Lk 24,47. vnd wer gleubt vnd getaufft
wird, der werde selig werden. Wer aber nicht gleubt, der wird verdampt werden.Mk 16,16. Das heist auch: du solt vnd must an Christum gleuben, von suͤnden lassen, wilt du selig werden, vnd kan nicht anders sein. Vnd wird dennoch Christus hiemit kein Moses noch Gesetzprediger. Dann diese Suͤnd ‒ nicht gleuben an den Son ‒ stehet im Mose nicht ausgedruckt, vnd sagt
darum Christus, der heilig Geist werde solche suͤnde dieses vnglaubens rechen.Vgl. Joh 16,8f; Mk 3,28–30; anders Mt 12,31; Lk 12,10. Jtem Christus befilht B 7r den Aposteln: Lehret sie halten alles, was ich euch befohlen hab.Mt 28,20. Dieses heist alles Soͤllen vnd muͤssen vnd sein alles befelch vnd gebot, vnd doch nicht Mosis, sondern Christi, des Euangelij vnd nicht des Gesetzes. Er wil haben, das die vernuͤnfftige
Creatur, die nach seinem bild erschaffen ist,Vgl. Gen 1,27. jm gehorsam leiste. Jst auch darum vom Himel kommen,Vgl. Joh 6,38. hat menschliche natur an sich genomen,Vgl. Phil 2,7. Blutigen schweis geschwitztVgl. Lk 22,44. vnd den todt des Creutzes erlitten,Vgl. Phil 2,8. damit er der verderbten vnser natur wider auffhuͤlffe, vns erloͤset von aller vnreinigkeitVgl. Ez 36,29. vnd jmsich. ein Volck erwuͤrbe vnd reinigte, das nicht seinen
luͤsten nachginge, sondern jn lobte vnd vleissig were zu guten wercken,Vgl. Tit 2,14. wie geschrieben stehet.

Diejenigen aber, die zur Gnaden komen vnd mit Gott versuͤnet seind, sollen abermals sich fur suͤnden huͤten, nicht als die hunde jr gespeites, wie Salomon redt,Vgl. Prov 26,11; II Petr 2,22. wider fressen oder sich wie ein geschwembte saw von newem in
koth suddeln. Sondern, wie Christus sagt,Vgl. Joh 8,11. hingehen vnd B 7v nicht mehr suͤndigen, welches eben so viel ist, als sagte er: Du solt vnd must nicht mer suͤndigen. Vnd dis ist also recht vnd war nach dem Gesetz vnd Euangelio, wie denn Christus kein Gesetzprediger ist vnd dennoch auch nicht komen ist, das Gesetz auffzuloͤsen,Vgl. Mt 5,17. welchs durch das Euangelium bestetigt wirdt,
wie Paulus schreibt Rom. 3.Vgl. Röm 3,31. Bestetigt nu das Euangelium Mosen, wie kan es denn das muͤssen vnd sollen auffheben, vnd was woͤllen die Antinomer Mose zeihen?

Da man aber je durch schwacheit vbereilet wird vom Teuffel vnd vom Fleisch, sol man sich bald widerumb zur Bus treiben lassen. Vnd wenn das
geschicht, so steht geschrieben: Jch wil nicht den todt des Suͤnders, sondern das er sich bekere vnd lebe.Ez 33,11. Dessen hat sich denn ein jeder zu troͤsten. Jedoch sol vnd mus die bekerung geschehen von wegen Gottes willen vnd ordnung, da wird nicht anders aus. Vnd wir sind nicht allein von vnser selbst heil,nicht nur um unseres eigenen Heils willen. sondern auch von Gottes wegen, der B 8r es also
haben wil, solche bekerung, Gottseligkeit vnd newen gehorsam zu leisten schuͤldig. Sollen also vnd muͤssen den leisten, vnd abermal das vnd kein anders.

Zum Beschlus aber sein alhie diese Spruͤche zu bedencken: Dis ist mein lieber Son, den solt jr hoͤren.Vgl. Mt 17,5. Gleubet dem Euangelio.Vgl. Mk 1,15. Teuffet alle
Heiden vnd leret sie.
Vgl. Mt 28,19f. Das thut zu meinem gedechtnisVgl. Lk 22,19; I Kor 11,24. etc. Diese Spruͤche sind ebensowol Gebot Gottes, als wenn Moses sagt: Du solt nicht Ehebrechen. Du solt nicht falsch gezeugnis reden.Vgl. Ex 20,14.16; Dtn 5,18.20. Vnd leget Christus ebensowol ein Joch vnd Buͤrden auff, wie er es denn selbst nennet Matth. 11,Vgl. Mt 11,29f. als Moses. Denn es sind beides gebot, Mosis vnd Christi, des Gesetzes
vnd Euangelij, vnd wil Gott eines nichts weniger als das ander verbrachtvollbracht, ausgeführt. Vgl. , 174f. vnd gehalten haben, wie es denn beides seine, Gottes, Weisheit ist, vnd eines nichts weniger oder mehr von Gott vnd Goͤttlich als das ander ist. Vnd haben die gebot des Euangelij ebensowol ewige B 8v straffen fuͤrgestelt als des Gesetzes, nach dem spruch Christi: Wer nicht gleubt, der wird
verdampt;Vgl. Mk 16,16. wer an den Son nicht gleubt, der ist schon gericht
Vgl. Joh 3,18. etc.

Aber zwischen diesen beiderley Geboten ist dieser vnterscheid zu mercken, das die Gebot des Euangelij lieblich vnd leichter sein. Wie Christus sagt: Mein joch ist suͤß, vnd mein buͤrd ist leicht,Mt 11,30. welche denn auch die gebot des Gesetzes treglich machen vnd von dem Fluch desselben vns
erretten. Weitere vergleichung einzufuͤren ist jtzund vnnoͤtig, kan auch von kuͤrtze wegen nicht geschehen, sondern allein so viel ist zuim Druck: zur. erinneren, das es beides Gottes gebot vnd wille sey vnd demnach gehalten werden solle vnd muͤsse. Wie aber das gesetz von dem gleubigen gehalten vnd erfuͤllet werde, ist auch bekand vnd wird an andern orten gelehret.

Es ist auch das Euangelium eben dieser vrsach halben ein Buspredigt, das die Suͤnder bekeret, die gleubigen from vnd Gottselig haben wil, C 1r vnd doch ein andere Buspredigt denn das Gesetze, dieweil es bey den Gleubigen diesen bescheid einfuͤret vnd zulest, wenn sie thun, so viel sie koͤnnen, das jnen die vbrige schwacheit nicht zugerechnet werden solle,Die Formulierungen erinnern an semipelagianische Positionen und an die scholastische Devise facere quod in se est, die sich bei , , und anderen findet. Dagegen argumentiert in der Heidelberger Disputation, These 16: Homo putans, se ad gratiam velle pervenire faciendo quod in se est, peccatum addit peccato, ut duplo reus fiat. () Im Großen Galaterkommentar differenziert er: Bona quidem sententia est, sed in loco dicta, scilicet de politicis, oeconomicis et naturalibus, Ut si ego exsistens in regno rationis rego familiam, aedifico domum, gero magistratum et facio, quantum possum vel quod in me est, ibi sum excusatus. Hoc enim regnum habet suos terminos, ad quod etiam proprie pertinent ista dicta: Facere quod in se est, vel: facere, quantum possum. Sed Sophistae ea trahunt in regnum spirituale in quo homo nihil aliud potest quam peccare, Est enim verundatus sub peccatum.[Röm 7,14] In externis illis autem, hoc est in politicis et oeconomicis rebus, homo non est servus sed dominus illarum corporalium rerum. Ideo impie fecerunt Sophistae, quod dicta ista politica et oeconomica traxerunt in Ecclesiam. Regnum enim rationis humanae longissime separandum est a spirituali Regno. (). Man vgl. ferner Phil 2,12f; Lk 17,10. do das Gesetz
on allen bescheid vnd nachlas volkomen gehorsam erfordert vnd denjenigen, der den nicht leistet, on gnad verdammet. Gehoͤren also auch die verheissung des Euangelij die Gottlosen vnbekerten, die in suͤnden widers Gewissen fortfaren, nicht an, so lang sie also vnbekeret bleiben, vnd hat Gott diesen vnbekerten nichts anders zugesagt als die ewige straff. Diese ist er
jnen schuͤldig vnd wird sie jnen zu seiner zeit zalen vnd geben.

Dieses ist kuͤrtzlich mein glaub von diesen Artickeln, one alle weitleufftigkeit,Ausflüchte, Vieldeutigkeiten. Vgl. , 1305. schmuck vnd Disputation schlecht vnnd trewlich furgestalt, den ich bis anher aus heiliger Goͤtlicher Schrifft vnd anderen bewerten Lehrschrifften vnserer Kirchen (deren Wort ich zum teil gebraucht) gelernet
vnd meinen C 1v zuhoͤrern zu vnd sonsten an andern orten geleret habe. Vnd dis ist das Sollen vnnd Mussen, das ich mit gefahr ehren vnd gelimpffs vnd hoͤchster meiner beschwerung verficht, das ich von kuͤrtz wegen allein aus obgesetztem grund fuͤre. Vnd las hierauff vnd daruͤber ein jeden disputiren so lang, bis er des muͤd wird, ob gute Werck
hinderlich oder furderlich, noͤtig oder nicht, zur Seligkeit oder sunsten, ob Christen die thun soͤllen, oder nicht soͤllen, sondern woͤllen, vnd was des gauckelns mehr ist.

Jst nu meinung vnd glaube auch also, welchs ich doch neben anderen bis daher aus seinen Schrifften nicht habe vernemen koͤnnen, oder aber
so jm sonsten zu rhaten vnnd zu helffen ist,Vgl. das Sprichwort: Wem nicht zu raten ist, dem ist auch nicht zu helfen. so trette er zu vns anderen, vnd helffe dieses zu Gottes ehren vnd pflantzung der Gottseligkeit neben vns anderen in der Schul vnd Kirchen einfeltig leren, lasse von seinen newen vnd ergerlichen reden vnd deuten abe, vnd verirreverwirre, führe in die Irre. Vgl. , 598. keine guthertzige C 2r frome Leut, sie seien hohes oder nidriges Standes, die er boͤslich einnimptboshafterweise/schlimmerweise (für seine Auffassung) einnimmt, (davon) überzeugt. Vgl. , 239f.
vnd in gefahr jrer seligkeit jemerlich setzet, vnd betruͤbe mein liebes Vaterland nicht weiter, vnd las jm leid sein, was geschehen ist, berewe es Christlich zu seiner vnd anderer seelen seligkeit.

Jst aber vielgedachter eines andern glaubens vnd sinnes, so bekenne ich mich zu derjenigen Kirchen nicht, wil auch mit der, da obgesetzter
meiner bekentnis zuwider geleret wird, nichts zu schaffen haben oder fur ein glied derselben gehalten sein, so lang ich [nicht]ergänzt; evtl. durch Haplographie (ich) im Druck ausgefallen? aus heiliger Goͤttlicher Geschrifft erwiesen werde, das solche meine bekentnis vnd glaube vnrecht sey, vnd eines bessern berichtet werde.

Vnd damit mich menniglich recht verstehe, ist es mir nicht so sehr vmb die
weis vnd formen zu reden, als vmb die lehr an jr selbst zu thun, die ich im Druck: furwar.fur war vnd Goͤttlich halte vnd gleube, vnd ist kein wortgezenck zwischen mir vnnd . Denn die Antinomer erst-C 2vlich vnd jetzt haben diese hohe weisheit, die sonsten zuuor in keines Menschen hertz gestiegen, in die Welt geboren, als nemlich, das es nicht noͤtig sey, gute werck zu
thun, sondern sey ein frey ding. Derhalben sey auch nicht also in der Kirchen Gottes zu lehren oder reden, Christen sollen vnd muͤssen from vnd Gottselig sein vnd gute wercke thun.

Dis ist die newe weisheit dieser hohen Geister in einer summa vnd das Registerdie Inhaltsangabe. Vgl. , 542. vber alle Buͤcher, allein das er darneben die wolgegruͤntewohlbegründete.
Lehr der Augspurgischen Confession verwanten Kirchen zu ausfuͤrung dieser seiner Lere erbermlich­ vnd vnleidlicherweis zureistzerreißt. vnd in einander wirfft, auch D. Buͤcher hierzu misbraucht, wie es denn in solches handels ausfurung anders nicht zugehen kan.

Aber wider diese weisheit vnd lehr vnd der zugegenentgegen. bekenne, gleube, lere
vnd rede ich abermals, das man,Man im syntaktischen Zusammenhang entbehrlich bzw. überflüssig. vnangesehen, das Christen newgeboren sein vnd den heiligen Geist haben, der C 3r in jnen wircket, jnen dennoch gesagt werden sol vnd muͤsse, das sie from vnd Gottseliglich leben vnd wandeln sollen vnd muͤssen, furnemlich vmb dieser zweier vrsachen willen:

Erstlich das sie in fleisch vnd blut stecken vnd den so grossen Schatz in erde
nenirdenen, tönernen. Gefessen tragenVgl. II Kor 4,7. vnd das es auch inn diesem leben anderst nicht wird, als das das fleisch wider den Geist fichtet vnd bleibt das fleisch vnwillig fuͤr vnd fuͤr,Vgl. Gal 5,17. wie S. Paulus klaget, er fuͤle in seinen gliedern etwas stecken, das dem Gesetz Gottes zuwider sey.Vgl. Röm 7,23. Darumb jm denn Gottes grausame straffen furzubilden [ist]ergänzt. vnd also der knuͤttelKnüppel, Schlagstock. neben
dem hund gelegt werden mus,Redensartlich, vgl. , 1432f. Der Hund soll durch den drohenden Knüppel eingeschüchtert werden. wie denn Gott auch selbst bisweilen allein von dieser vrsach wegen Creutz vnd leiden seinen gleubigen zuschickt, damit das fleisch gezuͤchtiget vnd also dem geist vnterworffen vnd der empfangene Schatz vnd gabe nicht verschuͤttet werde.

Zum andern aber vnd zum fuͤrne-C 3vmesten, das es Gottes vnuerender
licher will also ist vnd nicht anderst sein koͤnne oder muͤge, denn das die Menschen, so sie anders seiner gnade vnd gaben teilhafftig sein vnd bleiben woͤllen, also, wie nu offtmals gesagt, glauben vnd leben vnd sich den Geist Gottes leiten, fuͤren vnd regieren lassen sollen. Es predigt auch dieses der heilige Geist selbst den Gleubigen, in denen er wonet: Vnd ist in aller Men
schen hertzen das Gesetz Gottes geschrieben, welches der erste Prediger ist zum guten auch in allen Gottlosen. Zu dieser kuͤmpt in der bekerung denn auch der heilige Geist als der ander Prediger, welcher diese Predigt zum guten bestetigt vnd dem Menschen nicht allein fuͤrhelt, sondern auch den willen gibt vnd das vermuͤgen, demselben nach der mas vnser natur nach
zukomen.

Das also dis Mvssen vnd Sollen, wo es nicht gepredigt, sondern vnterlassen wird, Gottes hoͤchstem Gebot, willen, ehr vnd befehl abbruͤchig vnd den Menschen zum hoͤchsten er-C 4rgerlich vnd geferlich, als die dardurch in suͤnden gesterckt, jrer schwacheit nachgeben vnd von Gott vnd jrer seelen
seligkeit in ewig verderben abgefuͤret werden, wie denn der Mensch seiner verderbten Natur nach darzu geneigt, das er seinen luͤsten nachgehe vnd beschonungBeschönigung, Vorwand. Vgl. , 1591. vnd deckelVerhüllung, Vorwand. Vgl. , 886f. derselben suche.

Vnd darff sich hiegegen niemand besorgen, das er durch solch Sollen vnd Mussen vnd derselbigen Predigten PhariseerVgl. Lk 11,42. oder Werckheiligen machen
moͤcht, sunderlich zu diesen zeiten, da es ohne das alles zu rohlosem leben geraten wil vnd die Leut sonsten auch durch verkuͤndigung vnd volziehung zeitlicher vnd ewiger straffen schwerlich dahin zu bringen sein, das sie eusserliche zucht halten, wie denn zuuor offt vnd jetzt newlichen erfaren, das der Teufel etliche Personen in jren suͤnden erwuͤrgt hat. Do es nu darzu ko
men solte, das man Christen nicht mehr von Sollen vnd Mussen predigen solte, sondern alles jrem Wollen vnd Christlicher freiheit heimstellen, C 4v die sie regiere, behuͤte Gott, was wolte daraus werden, wil jtzund geschweigen, das es Goͤtlicher warheit des Gesetzesim Druck: Gesetzs. vnd Euangelij zuwider ist. So gibt auch die erfarung bey einem jeden, wie schwer es sey, dem boͤsen zu
steuren, vnd was ein jeder frommer Christ in geheim zu seiner selbst vbung sich leiden vnd versuchen mus, damit er das fleisch zehme, wie S. Paulus von sich selbst schreibt: Jch beteube meinen leib vnd zeme jn.I Kor 9,27 (Luther 1545). Vnd nennet es ein Ritterschafft, sich vben, zu gleuben vnd gutes gewissen zu behalten.Vgl. I Tim 1,18f. Es muͤgen sich auch die Obrigkeiten selbst wol fursehen vnd jre
eigne gefahr bedencken, damit die Vnterthanen nicht lernen, sich jres schuldigen gehorsams entbinden vnnd einen willigen suchen, wie . vnd andere mehr gethan haben vnd noch wol zu zeiten thun.

Neben dem mus dennoch die warheit gelehret sein, es erger sich daran, wer da wil. Denn solches ergernis ist ein genommen vnd nicht gegeben erger
nis,ein Anstoss, der nicht in der Sache selbst liegt, sondern im Betrachter. vnd wird nicht viel erfahren,und kommt nicht oft vor. C 5r das solches ergernis genomen werde, sondern von den Zenckern vnd Zerruͤtteren der Kirchen zum schein furgewand, vnd ergert sich am guten niemand als ein boͤses hertz.

Jch verstehe auch fur mein einfalt nicht, wie solche obgesetzte Lehre wider die gerechticheit des glaubens jemands ergerlich sein koͤnne oder moͤge,
der die warheit sucht vnd nichts anders.

Es wird auch niemand hiemit zur verzweifelung vrsach geben, weil man all beides, als nemlich den weg zur gnaden vnd willen, darin zu bleiben, zusamen eines nach dem andern leret, also das der Artickel von der rechtfertigung voran vnd der ander vom gehorsam gegen Gott hernacher gesetzt werde.

Vnd einfaltig dem gemeinen Man die sachen fuͤrzubilden, ist diese newe subtilitet vom Woͤllen vnd Soͤllen eben ein solch ding, als wenn jemand streiten wolt, man solte von einem, der ehrlich vnd redlich et-C 5vwas schuͤldig worden nach einer newen hoffweishöfische Mode, höfische Art des Betragens. Vgl. , 1703. sagen: Dieser oder jener ist mir nicht so vnd so viel schuͤldig, soll vnd mus mir auch nicht,
sondern wil mir so vnnd so viel bezalen.
Denn gesetzt, das der Schuldner ein ehrlicher Man ist vnnd wil freywillig ohne zwang dem Gleubiger bezalen, was er jm zu thun ‒ Welches, ob es wol an jm selbst also ist, so bleibt dennoch das auch war, das der Schuldner auch schuͤldig sey, seine schuld zu zalen, wil er anderst nicht ehre vnd glaubenKredit; öffentliches Vertrauen, Ansehen. Vgl. , 7799f. verlieren vnd sol
Buͤrgerliche beywohnungZusammenleben, gesellschaftlicher Verkehr. Vgl. , 1409f. vnd handtierungTätigkeit, Gewerbe. Vgl. , 470. im Land erhalten werden. Vnd bleibet dieses schlecht,schlicht, ungekünstelt. recht vnd war geredt: Dieser sol so vnd so viel zalen vnd geben, vnd das er es also fuͤr Gott vnd der Welt schuͤldig sey, ob er es gleich gern vnd willig thut.

Viel mehr ist dieses war vnd bleibet war in denen stuͤcken, von welchen
Gott seinen willen also geoffenbaret hat, das es nicht anders als also sein koͤnne oder solle. Vnd sol vnd mus sich der Mensch bey verlust der gna-C 6rden vnd seligkeit also schicken vnd halten, wie denn S. Paulus spricht: Jr seid schuͤldig, nach dem Geist zu leben.Vgl. Röm 8,1–17; Gal 5,1.16.25. So thun es auch die Christen gern vnd willig eben darumb, das sie es zu thun schuͤldig sein als ein
Gottgefellig ding, das er also geordnet hat vnd vnuerenderlich haben wil. Vnd dieses macht den Gleubigen auch solches Joch Christi suͤß vnd leicht,Vgl. Mt 11,30. das sie jre frewd vnd lust haben an Gott vnd seinem willen, wie der reden viel im Psalter sein.Vgl. z.B. Ps 1,1–3; 119.

Man thue es aber gern, willig oder nicht, wie denn das fleisch alweg vnwillig
bleibet vnd treibens bedarff auch in den newgebornen, so sol vnd mus es doch also geschehen, es schrey vnd schreib hierwider, wer vnd was man woͤlle; vnd es kuͤtzelnschmeicheln (sich). Vgl. , 881f. sich vnd sein hauff mit jrem willigen gehorsam vnd widerfechtung des Sollen vnd Mussen, so lang vnd viel sie woͤllen, so steckt jnen doch ein Prediger im busen,in der Brust. Vgl. , 567. der wider sie zeugt
vnd jnen das MusWortspiel Mus (Gemüse) und Muss (müssen); vgl. . saltzet vnd einstreichtsie damit füttert wie Kleinkinder. Vgl. , 315. vnd sagt jnen, sie sollen vnd muͤssen anders leben, C 6v jren Christlichen glauben vnd Gottseligkeit anders beweisen, jren beruff besser versichern,ihrer Berufung besser entsprechen (?). oder Gott wird sie straffen. Diesen Predigern rhat ich, das sie hoͤren vnd verlassen das fleisch vnd lernen das Christliche Mus essen, damit jnen solchs Mus nicht allein
vnuersaltzen bleib, sondern auch bey jnen nicht verbrenne, da sie doch Gott gnediglich fur behuͤten vnd jnen bekerung verleihen woͤlle.

Aber von dem zu viel, denn ich mir nicht furgenomen, mit vnd seinem hauffen auff dis mal zu disputiren, sondern meine bekentnis wider sie auffs kurtzte, so viel es muͤglich ist, vnd auffs einfeltigste fuͤrzustellen.
Hiemit wil ich meines orts sie trewlich verwarnet haben, das sie sich nicht selbst verfuͤren:Vgl. I Joh 1,8. Denn Gott lest seiner nicht spotten,Vgl. Gal 6,7. vnd kuͤmpt ein stuͤndlein,das letzte Stündlein, die Todesstunde als Stunde des individuellen Gerichts. Vgl. , 542f. da sichs alles findet.

Es ist nu etlich jar heretlich Jahr her = seit etlichen Jahren. in von boͤsen, vnruwigenim Druck: vnrwigen. Leuten wider die wolgegruͤndte vnd ­gefaste lehr der [der]ergänzt; evtl. durch Haplographie im Druck ausgefallen, evtl. auch angesichts seiner spezifischen Weise der Konstruktion von Attributen und Objekten vom Verfasser für entbehrlich gehalten. Augspurgischen
Confeßion ver-C 7rwandten Kirchen vnd Schulen von Rechtfertigung des Menschen vnnd guten Wercken, Gesetz vnd Euangelio so viel
gefreuelt vnd gefuͤrwitzet, auch von notwendigkeit der Werck, ob vnd wozu sie noͤtig, fuͤrderlich oder schedlich, vnd von dem Mvssen vnd Sollen (wider die doch alle ein grund), das vnnd guten Wercken, Gesetz vnd Euangelio so viel gefreuelt vnd gefuͤrwitzet, auch von notwendigkeit der Werck, ob vnd wozu sie noͤtig, fuͤrderlich oder schedlich, vnd von dem Mvssen vnd Sollen (wider die doch alle ein grund), das es schier zeit were auffzuhoͤren, vnd das vnser liebes gemeines Vaterland beide, hierin vnd sonsten, suchte, was zu seinem fried diente vnd endlich einmal des vnnoͤtigen Gottslesterlichen
zanckens vnd haderns dieses artikels enthaben wuͤrde. Vnd das man anhuͤbe, von diesem vnnoͤtigen vnd ergerlichenanstößigen. disputiren zu lassen, dadurch vnsere hohe, tewre, werdewerte, geschätzte. Religion vnd Goͤtliche Christliche warheit zu einem spot, spiel vnd tischmerlinzu einer bloßen Anekdote zweifelhaften Wahrheitsgehalts, die zur Unterhaltung bei Tisch erzählt wird; Klatschgeschichte. Vgl. , 518. gemacht wird, vnd das zun Wercken gegriffen wuͤrde.und dass man dahin käme, die christlichen Lehren in die Tat umzusetzen und ein entsprechendes Leben zu führen. Denn es nicht mit vnnoͤtigen disputirn
ausgericht, sondern es gilt erfarens vnd vbens, sol man die seligmachende Lehr des Euangelij verstehen, wie geschrieben stehet: Das Reich Gottes ist vnd stehet nicht in worten.I Kor 4,20.

C 7v Christus spricht: Wenn jr alles gethan habt, was euch befohlen ist, so sagt: wir sein vnnuͤtze knecht, denn wir haben gethan was wir schuldig
sein.
Lk 17,10. Sollen wir nu erfaren, das wir vnnuͤtze knecht sein, so mussen wir vns zuuor alles gehorsams befleissen, sonst werdenn wir auch des titels der vnnuͤtzen knecht Christi nicht wirdig noch teilhafftig, da sonst des vnnuͤtzen hauffens leider alzuuiel ist.

Diß ist also der Principalstreit vnd disputation vnter vns beiden von anfangs
bis daher gewesen, wie aus beiderseits schrifften vnd buͤcheren zu befinden ist. Es sein aber in werender jrrungin werender jrrung = im Verlauf der Auseinandersetzung. Vgl. , 2178f. andere puncte neben vnnd zugleich mit eingefallen,dazugekommen. Vgl. , 171. wie desgleichen droben vermeldet ist, als nemlich: warzu vnd warumb der gehorsam gegen Gott notwendig oder nicht notwendig sey ‒ Vom Gesetz Gottes ‒ Vom vnterscheidt des Gesetzes vnd Euangeij ‒ Von
der busse vnd derselben stucken oder teilen ‒ Von der Christlichen freiheit ‒ Von vermanung der Christen ‒ C 8r Von zwingen vnd dringen ‒ Von anbetung des Sacramentes.

Von denselben solte ich auch wol alhie, als in fall des beschlusses vnd der Prouocation, etwas bekentnis­ vnd erklerungsweise vermelden. Weil ich aber
darin das meindas Meine. vormals fast in allen meinen verantwortungen vnd sonderlich im endlichen Bericht. nicht allein zur nottorfft, sondern auch fast zur vbermas gethan habe, wil ich die widerholung desselben hiemit einstellenunterlassen. Vgl. , 310f. vnd gentzlich fahren lassen. Jedoch referirebeziehe. ich mich auff jtztbemelte meine vorige Schriffte, darinn ich meine bekentnis vnd erklerung von bemelten
Artikeln nottorfftiglichhinreichend. Vgl. , 930. gethan habe, vnd bleibe noch dabey vnnd gedencke auch dabey bis in ewigkeit zu uerharren, weil ich des gewisse bin, das es mit Gottes wort stimme vnd mich keines anderen zu uermuten habe.

Weil aber vielgemelter das gegenspiel zum hefftigsten treibet, wie seine eigne Wort ausweisen vnd von mir in meinen endli-C 8vchen Be
richt
Vgl. Anm. 171. ordentlich, summarie vnd fast von wort zu wort widerholet sein, so mus ich jm solch faßnacht­Spiel meines teils wegen vergoͤnnen vnd nachgeben vnd weis nicht mehr oder ferner zu dieser zeit darzuzuthun, als jm ein bessers zu wuͤndschen vnd von Gott darumb zu bitten. Das ich mich aber in weitere disputation mit dem streit­ vnd hadersuͤchtigen Menschen einlassen
solte, ist mir nu mehr, weil er ad meras,ins Reine (?). dahin es kommen muste vnd mir zu ausfuͤhrung des meinen von noͤten war, gebracht ist, nicht weiter gelegen, ja auch nicht mehr meines erachtens von noͤten: Vnd wil hiemit also alles, was sich zwischen vnd mir zugetragen hat, abschneiden.

Do aber mir aufferlegt werden solte, obgesetzten meinen Glauben vnd Be
kentnis weitleufftiger zu erkleren vnd auszufuͤren, wurde ich dasselbe, Gott vnd der warheit zu ehren vnd denn auch meinem lieben Vaterland, der Marck, stammte aus (). zum besten, willig auch dermassen thun vnnd exemplificiren, D 1r das es villeicht die verursacher gerewen moͤchte, vnd auff Gott setzen, was mir daruͤber begegnen wuͤrde.

Ob wol aber ich gethane meine bekentnis fur also geschaffen achte vnd gleube, das kein Christ der widersprechen werde noch koͤnne, ich auch dabey zuzusetzen gesinnet, was mir Gott auff erden bescheret, den ich vmb sterck vnd bestendigkeit anruffe, vnd weis vnd seinesgleichen fuͤrwitz vnd mutwillen, den sie wider die ware Lehr vben, nicht anders als fuͤr
Suͤnd vnd schand vnd verursachung Goͤttliches grossen zorns vnd LandstraffenKatastrophen, die ein ganzes Land (oder doch weite Teile davon) betreffen, wie Kriege, Hungersnöte, Missernten, Unwetter, Seuchen etc., als Strafen für die Missachtung göttlicher Gebote. Vgl. , 143. zu sprechen, so wil ich doch mein selbst Richter nicht sein, sondern vntergebe vnd vnterwerffe gentzlich vielgedachte meine bekentnis vnd diesen gantzen streit, ob es vnser waren religion gemes, Christen zu predigen, das sie Sollen vnd Muͤssen from sein vnd Gottselig gleuben vnd
leben, auch ob damit vnterscheid zwischen Gesetz vnd Euangelio auffgehoben oder zerruͤttet werde: Dises alles vntergebe vnd vnterwerff ich abermals allen Schulen vnd Kirchen D 1v der Augspurgischen Confession semptlich vnd sonderlich zu richten vnd vrteilen sampt allen anderen meinen Schrifften, so hierin vnd sonsten ausgangen. Vnd prouocirappelliere (an eine höhere Instanz), lege Berufung ein. Vgl. , 1412f. hiemit an vnd
auff dieselben, wie sich das gebuͤrt. Bit auch diejenigen, bey denen solchs gesucht werden mag, vmb Gottes willen, das sie sich der warheit zu gut vnbeschwert erzeigen woͤllen.

Aber Churf. Durchl. zu , meinen Gnedigsten Herrn vnd Landsfuͤrsten, regierte von 1535 bis zu seinem Tode am 3. Januar 1571. bitte ich in vnterthenigkeit, die woͤlle hierin mir recht vnd
gerechtigkeit widerfaren, ordentliche vnd gebuͤrliche erkentnis zu abhelffung der sachen vmb Gottes vnd seiner warheit willen gnedigst befuͤrdern vnd ergehen lassen, welchs denn auch darzu dienstlich, damit sein Churf. G. befinden, wer derselben Landen, Leuten vnd Kirchen wolfart, auch Jrer Churf. G. seelen seligkeit trewlich suche oder nicht suche vnd
meine.

Jch stelle es auch indes vnd sonsten in eines jeden fromen Christen gewissen, er sey gelert oder vngelert, dem D 2r diese meine Bekentnis fuͤrkumpt, ob die vnserm heiligen Christlichen Glauben, darin man leben vnd sterben mus vnd wie denselben ein jeder frommer Christ bey sich hat vnd tregt, gemeß
oder vngemeß sey.

Bezeuge auch hiemit abermals, do gebuͤrliche erkentnis verbleiben solte,falls es zu einer ordentlichen Entscheidung nicht kommen sollte. das ich auff den fal mich zu derjenigen Kirchen, do meiner bekentnis zugegenentgegen, zuwider. Vgl. , 401. geleret wird, nicht bekenne, auch mitlerweilzwischenzeitlich, zeitweise, vorübergehend. bey denen nicht sein koͤnne oder woͤlle, vnd dis alles Gewissens halben.

Mit dieser meiner antwort wil ich also dismal in Gottes namen beschliessen Vnd hoffe, das ich das meine als ein Diener vnd Bekenner des Herrn Christi vnd von wegen meines Christlichen Namens gethan habe. Denn erstlich habe ich meine bekentnis, Zum andern meine erklerunge darauff, Zum dritten mein verantwortung vber bekentnis vnd erklerung Disputationweise, Zum
vierden meine ProuocationBerufung. Vgl. , 1412. an ordentliche Rich-D 2vter, ein jedes nach gelegenheit vnd zu seiner zeit mit grund vnd warheit gethan. Was kan vnd sol ich nu meines parts mehr thun? Es were denn, das noch die Marterwoche,eigentlich im Kirchenjahr die Karwoche von Palmsonntag bis Karsamstag, die in besonderer Weise dem Gedenken an das Leiden Christi gewidmet ist; hier im weiteren Sinne eine Leidenszeit. Vgl. , 1687. das liebe vnd heilige Creutze, darzu solte gehoͤren, da mirs denn warlich auch bisher nicht an gemangelt hat. Solte es aber damit noch nicht
ausgerichtet sein, so erkenne ich mich Gott weiter zu gehorsamen schuͤldig vnd bitte jn, das er mir darin aus seinen gnaden eine willige gedult vnd bestendigkeit verleihe.

Das er aber in seinen beiden letzten Buͤchern boͤse karten (damit er mich nicht wenig beschweret) ausgeworffen,falsch gespielt hat, betrogen hat (Metapher aus dem Bereich des Kartenspiels). Vgl. , 235f. darauff solte ich jm wol mit
antwort begegnen. Jch wil es aber demjenigen, der da spricht: Lasse mir die rache, ich wil bezalen,Vgl. Dtn 32,35; Röm 12,19. volmechtiglich heimstellen vnd befehlen, vnd zweiffele nicht, er werde thun, was er zugesagt hat. Sunsten aber solte es mir an grunde vnd warheit in der verantwortung auch im geringsten nicht mangeln.

Jch befinde aber, das D 3r noch besser an mich zu setzenmir zuzusetzen, mich zu bedrängen. Vgl. , 684f. gedenckt, wie sein Buch ausweist, darin er noch grausame stuͤcken trotzlich drewet. Da mag er nu darin meinenthalben alles thun, was er nicht lassen kan, als einer, dem dis vnd noch viel mehr von wegen seiner Libertinischen Freiheit alles frey ist vnd von freiem hertzen gehet. Da es jm auch mus also
recht sein vnd zu gute hinausgehen, sol mir es die lenge auch nicht zu widern sein. Vnd hoffe, das ich mein gedult so bald alsso bald als = ebenso wohl wie. er vnd andere seinen vnd jren mutwillen vnd freuel fur Gott verantworten werde. Jch zweifele auch nicht, da er also dem geschehenen anfang nach fortfaren wird, er sol noch besser anlauffen, das es einmal rechtschaffen offenbar werde, was man an jm
fur einen Propheten gehabt habe. Sonsten aber erbarmet mich der Kirchen vnserer Lande, vnd gedencke ich auff die junge jugent, welcher es von beiden parten schedlich ist, das solch ding von den einigen Menschen nicht allein bis daher sol gehoͤret, sondern auch nachmals gehoͤrt werden, da man doch offentlich D 3v sihet, wie er von einem Jrthum in den andern felt,
vnd je lenger er schreibt, je vnfletiger ding er gruͤbelt,aufstöbert, ausgräbt. findet vnd fuͤrbringt.

Vnd ob ich wol seiner Buͤcher wider mich auswarten vnd hernacher erst antworten solte, so kan ich doch die lenge der vnfleterey nicht mehr ohne ergernis zusehen. Vnd weil ich besorge, das er das vbel erger, das dicke groͤber
vnd das vnfletige sewischersäuischer, dreckiger. machen werde, so wil ich meines teils fuͤrkomen,vorbeugen, hindernd zuvorkommen. Vgl. , 760–762. mich einmal von jm abhelffen vnd das vbrige Gott fuͤrnemlich vnd hernacher der Kirchen, Geistlichen vnd Weltlichen Regenten als Gottes verordenten Dienern volmechtig heimstellen vnd befehlen. Jch wil auch nicht zweiffeln, wie ich den anfang gemacht vnd mit dem einen Engel das
Exite ex ea gesungen,Vgl. Apk 18,4. das andere zu seiner zeit kommen werden, die das cecidit BabylonVgl. Apk 14,8; 18,2. Gott zu ehren vnd der Kirchen zu trost singen werden.

Nun zweifele ich nicht, weil er sich meiner antwort weiter nicht zu be-D 4rfahren (davor) zu fürchten. Vgl. , 1246f. hat, das er weidlichausgiebig. Vgl. vmbher spacieren vnd das maul weit genug,
da es jm solte gestatet werden, auffthun vnd ellenweisellenbreit. 1 Elle = ca. 50 cm (stark variierend). voneinander sperren werde. Sol es denn ja also sein, so lasse ich es auch wol geschehen, bis so lange das einmal der grosse IehouaGleichsam synthetischer alttestamentlicher Gottesname, gebildet aus den Konsonanten des (mit Rücksicht auf Ex 20,7 nicht auszusprechenden) hebräischen Tetragramms JHWH und den Vokalen des Wortes Adonaj (Herr), das beim mündlichen Vortrag an die Stelle des Tetragramms tritt. auffwache, dauon geschrieben stehet: Kuͤsset den Son, auff das sich der Herr nicht erzuͤrne vnd jr vom rechten wege dahin tummelt.Vgl. Ps 2,12a (Luther 1545): Küsset den Son / Das er nicht zürne / vnd jr vmbkomet auffm wege. ().

Meins teils halben sage ich nochmals, das ich hiemit in dieser materien vnd auff diese weise zu schliessen gentzlich gesinnet sey, vnd lasse es auch also in Gottes namen hiebey bleiben.

Der Allmechtig guͤtig Gott vnd Vater vnsers Herrn Jhesu Christi woͤlle sich der Kirchen seines lieben Sons gnediglich erbarmen vnd seinen offenbarten
willen vnd Goͤttliche warheit rein vnd lauter bey derselben erhalten, alle jrthumb abwenden vnd verfuͤrte widerbringen vnd vns seinen heiligen Geist verleihen, der vns fuͤre vnd leite in diesem gefehrlichen leben vnd zeiten.

Amen.