Controversia et Confessio, Bd. 4


Praetorius, Von nötiger Gottseligkeit der Christen (1564) – Einleitung

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1. Historische Einleitung

Im Jahre 1564 war der Streit in bereits durch den Kurfürsten entschieden, hatte bereits triumphiert, mit ihm . war 1563 nach übergesiedelt. Dennoch wollte er sich offenbar damit nicht geschlagen geben, sondern veröffentlichte die hier edierte Schrift als möglichen Abschluss der Streitigkeiten und appellierte an das Publikum. antwortete mit dem Text in unserer Ausgabe Nr. 13.

2. Der Autor

Zum Lebensgang des vgl. .

3. Inhalt

Dass es über die Fragen, ob gute Werke bei Christen nötig seien, ob man schuldig sei, sie zu tun, ob das Gesetz Gottes zu halten nötig sei, ob man es Christen vorhalten solle und ob es schuldigen, willkürlichen oder willigen Gehorsam erfordere, tatsächlich zu Streitigkeiten gekommen sei, noch dazu unter evangelischen Christen, das wird man in späteren Zeiten oder in entfernten Weltgegenden nicht für möglich halten. Deshalb hat auch zunächst angenommen, der Streit werde sich mit der Zeit von selbst erledigen. Seitdem er aber an die Universität gekommen ist, wurde er in verschiedene Streitigkeiten hineingezogen. So vertrat im Gegensatz zu die Auffassung, der neue Gehorsam sei notwendig, und diese Frage ließ weitere Themen strittig erscheinen: Rechtfertigung des Menschen, Gesetz, Unterschied von Gesetz und Evangelium, Buße, christliche Freiheit. Es ist höchst bedauerlich, dass die reine Lehre so in Zweifel gebracht und verdunkelt wird, und zwar nicht durch Altgläubige, sondern durch angebliche Anhänger der Augsburger Konfession.

hat verleumderische Schriften über veröffentlicht; schwerer wiegt aber, dass er die Confessio Augustana als zeitbedingt und unausgereift bezeichnet und Schriften , die eigentlich gegen Werkgerechtigkeit gerichtet waren, nun in dieser Debatte missbraucht. gegen die CA ins Feld zu führen, ist ohnehin widersinnig, da selbst die CA approbiert hat. lasse die CA invariata gelten und kritisiere die variata, und hingegen tadelten die CA invariata, wobei von beiden Texten nicht viel halte. empfiehlt den Kritikern der CA, sich stattdessen an das Interim zu halten, mit dem sie ehedem die Auffassung propagierten, gute Werke seien nötig zur Seligkeit, jetzt aber suchten sie in Schriften nach Argumenten gegen die nötige Übung der Gottseligkeit. Wahrscheinlich sei ihnen die Frage letztlich gleichgültig.2 vertrete jetzt die Auffassung, dass gute Werke nicht nötig seien, weder des Gesetzes, noch des Evangeliums wegen, und dass die Wiedergeborenen nicht verpflichtet seien, Gutes zu tun. So etwas bestärke die Hörer in Sünden und Disziplinlosigkeit.

bekennt sich zur Confessio Augustana und will zur Klarstellung darlegen, was er über die Rechtfertigung des Menschen, neuen Gehorsam und gute Werke und weitere damit verbundene Fragen denkt und glaubt:

Gott will, dass wir glauben, dass er – um Christi willen aus lauter Gnaden ohne unser Verdienst – Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit, heiligen Geist und ewiges Leben geben will und dass alle, die dem Sohn Gottes glauben, bei Gott Vergebung der Sünden haben und ihnen Christi Gerechtigkeit zugerechnet wird. Dazu bringt uns das Wort Gottes, das Evangelium. Dessen entscheidender Inhalt ist Buße und Vergebung der Sünden im Namen Christi und dass man an Christus und das Evangelium glauben solle. Bekehrung geschieht folgendermaßen: Auf die Erkenntnis der Sünde durch das Gesetz folgt das Erschrecken vor Gottes Zorn über die Sünde, sodann der Glaube an Christus und das Evangelium. Dies widerfährt denen, die die selige Reue zu Christus treibt. Wer versöhnt ist mit Gott durch Christus, bei dem folgt christliches Leben, Frucht des Glaubens, gutes Gewissen vermöge der Taufe. Wer nach der Bekehrung in Sünde fällt, fällt aus der Gnade; er bedarf neuerlicher Bekehrung, denn mit der Sünde wird der Glaube verloren, der die Kindschaft macht. Wir sollen an den Sohn Gottes glauben, darin beharren bis ans Ende und ewig selig werden. In diesem Sinne sind die Wörter sollen, müssen und schuldig aufzufassen.

Gott hat die Strafe gegen die Sünde geoffenbart, damit wir seinen Willen erkennen und die Sünde fliehen. Im glaubensgemäßen Leben wirken zwei Faktoren zusammen: die Freude und Neigung zum Guten bestimmt den Geist des Menschen, die Furcht vor Strafe zügelt sein Fleisch. Gottes Wille und Gebot bleibt bestehen und muss auch in der Kirche verkündet werden, insbesondere denjenigen, die Christen sein wollen und doch in öffentlichen Sünden leben. Auch das Evangelium lehrt Notwendigkeit: Du must so glauben und leben kann man auch ohne Rücksicht auf Strafe und Zorn Gottes sagen, weil es Gottes Willen entspricht. Die Sünde des Unglaubens gegenüber dem Sohn Gottes wird nicht im Gesetz benannt, sondern im Evangelium. Christus will unseren Gehorsam, er hat uns erlöst und gereinigt zu guten Werken. Der Satz Du sollst und musst nicht mehr sündigen ist wahr gemäß dem Gesetz und gemäß dem Evangelium. Christus ist kein Gesetzesprediger und dennoch nicht gekommen, um das Gesetz aufzulösen. Das Evangelium bestätigt Mose.

Es gibt Gebote des Gesetzes und Gebote des Evangeliums, und beide will Gott gehalten und befolgt haben. Die Gebote des Evangeliums sind lediglich etwas leichter als die des Gesetzes. Das Evangelium ist darum eine Bußpredigt, weil es die Sünder bekehrt und sie gläubig, fromm und selig haben3 möchte; aber es ist eine andersgeartete Bußpredigt als das Gesetz, weil das Evangelium nur verlangt, dass man sich redlich bemüht, die übrige Schwachheit wird nicht zugerechnet. Im Unterschied dazu verlangt das Gesetz vollkommene Erfüllung.

Die Verheißungen des Evangeliums betreffen nicht die Unbekehrten. Die Antinomer und behaupten, es sei nicht nötig, gute Werke zu tun, sondern freigestellt.

Auch den Wiedergeborenen muss gesagt werden, dass sie gottgefällig leben sollen: 1. Auch Wiedergeborene stecken in Fleisch und Blut, bleiben dadurch angefochten. 2. Es ist Gottes unveränderlicher Wille, dass man sich vom Heiligen Geist leiten lassen soll, der Wollen und Vermögen gibt, dem nachzukommen.

Wo Müssen und Sollen nicht gepredigt wird, tut man Gottes Willen und Ehre Abbruch und gefährdet zugleich die Menschen. Man braucht nicht zu befürchten, deswegen zum Werkheiligen zu werden.

insinuiert, die antinomistische Lehre könne zu Aufruhr führen, weil auch vom Gehorsam gegen die Obrigkeit entbunden werde. Die Wahrheit müsse gelehrt werden, eventuell daraus entstehendes Ärgernis werde genommen, nicht gegeben.

erläutert anhand eines Beispiels die Verwendung von Soll und Muss: Ein ehrlicher Schuldner ist Willens, seine Schuld zu begleichen, er bleibt aber gleichwohl dazu verpflichtet. Ob man Gottes Gebot gern erfüllt oder nicht (das Fleisch bleibt unwillig), so muss es doch auf jeden Fall geschehen!

schließt den Abschnitt mit der Bemerkung, man habe lange genug um Notwendigkeit der guten Werke, Gesetz und Evangelium, Müssen und Sollen gezankt, es wäre an der Zeit, endlich zum Frieden zu kommen.

Stattdessen seien mit der Zeit weitere Streitpunkte aufgebrochen: Wozu und warum der Gehorsam gegen Gott notwendig sei oder nicht; vom Gesetz Gottes; vom Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium; von der Buße und ihren Teilen; von der christlichen Freiheit; von der Ermahnung der Christen; vom Zwingen und Drängen; von der Anbetung des Sakraments. Diese seien an früherer Stelle ausführlich behandelt.

bekundet seine Absicht, die Streitigkeiten mit damit zu beenden, es sei denn, man fordere noch einmal ausführliche Darlegungen von ihm, dann werde er sie liefern. Er unterwirft seine Schriften dem Urteil aller Universitäten und Kirchen Augsburgischer Konfession, bittet den Kurfürsten um Unterstützung und fordert jeden frommen Christen auf, sich ein eigenständiges Urteil zu bilden.

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4. Ausgaben

Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe:

A:

Von || Notiger schul= || diger GOttseligkeit der || Christen vnd etlichen an= || dern puncten || kurtze vnd einfeltige Bekentnus || ABDIAE PRAETORII || Sampt angehengter || PROVOCATION. || Gestellet von wegen D. ANDREAE || MVSCVLI newer lehr vnd || schmahschrifften. || [Vignette] || Anno 1 5 6 4. || [im Kolophon: Gedruckt zu Wittemberg durch || Hans Krafft, geboren um 1510 in , ist ab 1546 in als Drucker belegt, wo er am 27. Februar 1578 starb. (). ] || [28] Bl. 8° (VD 16 P 4631).

Vorhanden:

Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 368.13.4 Quod.(1) [benutztes Exemplar]; Alv Ab 236(6)