Controversia et Confessio, Bd. 4


Wigand, Vom Amt des Gesetzes (1564) Nr. 11: Wigand, Vom Amt des Gesetzes (1564)

A 2r Vom Ampt Des Gesetzes

kurtzer vnd Freundtlicher Bericht

auff StGrmschrifft.

der

H. Schrifft Doctor.

S. Paulus spricht j. Timotheu. v.: Machet euch nicht frembder Suͤnden teilhafftig.I Tim 5,22. Aus diesem grunde hab ich mit einem kurtzen brieflein angesprochen vnd mit gnugsamer ehrerbietung jn vermanet, er wolte etlicher Magdeburgischer verfolger schwerer Suͤnde sich nicht theilhafftig machen vnd sein gutes lob in der kirchen Christi damit beschmitzen.besudeln, beschmutzen. Vgl. , 1585. Aber
der alte HeljVgl. I Sam 1,3; 2,12–17.22–25; 3,12–14; 4,15–18. Der Vergleich mit dem Priester und Propheten Eli, der vierzig Jahre Richter in Israel war, lässt noch etwas von dem hohen Ansehen erkennen, in dem unter seinen Zeitgenossen stand, auch wenn der Vergleich insgesamt wenig schmeichelhaft ausfällt. verteidiget seiner alten Kinder Grewlich Suͤnde vnnd Missethat vnd lonet mir nach Arth der Weltt mit gar zornigen Worten, vergisset seiner Sinne gantz vnd gar, springet vber die schnurverlässt den Bereich des Schicklichen, Richtigen etc. vnd sagt, ich lehre vom Gesetz nicht recht; er Antwortet auff die Puncte meines Brieffes gar nichts, er beweiset auch nichts. Vber das, wie ein Blinder eigent er mehr
das zu, welches jn meinem Brieffe an jhn nicht stehet; hat ein ander etwas herter wieder jhn geschrieben, was darff er mihr des Schuldt geben, wil man den Gott fuͤrchten? Wollan, jch will jhm seine nicht alleine vnnuͤtze, sondern gantz Gotteslestersche Wort in seinen busen schieben vnd auff dieß malkonjiziert aus : mail jme nicht, A 2v wie er verdienet, wieder antworten. Gott gebe, das sie jhm
leidtkonjiziert aus: sedt. werden. Vnd wil allein mein bekentniß von den Heuptsachenkonjiziert aus: Hauptlachen. thun, dauon ich gewissens halben vnd nach Gottes wort so viel macht zu reden als er, vnnd hilfft nicht, das er zuͤrnet.

Es erreget einen Neuwen streit vom Gesetze, das das Gesetze (das ist die gantze erfuͤllung des Gesetzes) nicht sei zum leben von Gott gegeben.

Jch habe aber aus Gottes Wort durch Gottes Gnade gelernet, das diese drei Stuͤcke aderoder. Propositiones klar, gewis vnd vmbstoßlichrectius: vnumbstoßlich [Haplographie]. seindt:

Erstlich, das das Gesetze habe verheissung des lebens mit angeheffter klarer Condition oder bedeudung, wenn das Gesetz gentzlich vnd volkommen erfuͤllet wuͤrde, Matt. 19: Wiltu zum leben eingehen, so halte die Gebott.Mt 19,17.
1 Luce 10, Gall. 3: Thue das, so wuͤrstu leben.Lk 10,28; Gal 3,12. Roͤm. 2: Factores legis iustificabuntur apud Deum – Die das Gesetze thun, werden Gerecht sein.Röm 2,13. Soͤlches ist kein Jronia, kein spot Gottes, sondern ein ernste verheissung ann die erfuͤllung des Gesetzes gethan.

Zum Andern, das kein Mensch auff erden nach dem fahl das Gesetze Gottes
Jnnerlich vnd Eusserlich erfuͤllen koͤnne vnnd das derhalben das Gesetze keinem Menschen die verheissung des Lebens mittheilen koͤnne, sondern nur die Menschen anklage, zeugebezeuge. Vgl. , 851f. jhnen jhre grosse vnd manigfaltige Suͤnde wieder die Regel Gottes vnd verdamme sie nach dem spruͤche: Verfluchet sey Jederman, der nicht bleibet in allem, was jm buch des Gesetzes geschrie
ben ist,
Dtn 27,26. Deutero. 27. Jtem Roͤm 3: Alle mangeln des rhums, den sie an Gott habenkonjiziert aus: haken. solten.Röm 3,23.

Zum dritten: Derwegen so hat Gott allein seinen Sonn gesandt zu einem Mittler, erloͤser vnnd Heilandt, der hat alleine an stath vnd von wegen des armen Menschlichen geschlechts das Gesetze erfuͤllet, wie er Matth. 5 Clar lerhet.Vgl. Mt 5,17f.
Vnd soͤlche erfuͤllung des Gesetzes, durch Christum al-A 3rleine gethan vnd volbracht, wirdt vns geschencket vnd zugerechnet im glauben an Christum vnd ist vnsere Gerechtigkeit, die vor Gott gilt,Vgl. Röm 3,21–24. wie Paulus Clar leret Roͤm. 8: Das dem Gesetze vnmuglick war (Sintemahl es durch das fleisch geschwechet wardt.), das that Gott vnd sandte seinen Sohnkonjiziert aus: Shon. in der gestalt des
Suͤndtlichen Fleisches vnnd verdampt die Suͤnde jm Fleisch durch suͤnde, auff das die Gerechtigkeit, vom Gesetz erfoddert, jhn vnns erfuͤllet wuͤrde.
Röm 8,3f. Jtem Roͤm.10: Christus ist des Gesetzes ende (oder erfuͤllung),Das griechische Wort τέλος kann Ende, Ziel und Erfüllung bedeuten. Vgl. 679[b]. wer an den gleubet, der ist gerecht.Röm 10,4. Ad iustificationem inquit omni credenti.

Soͤlche lere weiß ich, Gott lob, das sie klarkonjiziert aus: klair. vnd Gottes wort selber seindt,
vnd kan sagen Anathema zu allen, die soͤlche Heuptstuͤcke sich vnderstehen zu uerleugnen, eins darunter oder mehr weg zu thun oder vmbzustossen, er sei Jung oder alt, ein grosser oder kleiner Prelat.kirchlicher Würdenträger. Vgl. , 2062.

Jch weis auch, das D. heiliger gedechtnus (den ich Jaeben. Vgl. , 2197f. so lieb habe von wegen reiner lehre, die Gott durch jhn hatt offenbaret, als ) eben
soͤlche angezeigte drei stuͤcke mit allen fleiß vnd trewenn hat geleret vnd bekandt wieder alle Antinomer vnd Schwermer. Vnd will nur dem einfeltigen Leser alhier die Propositiones setzen aus der andern Disputation vom Gesetze Tomo 1. Latin. Fol. 542:

65. Gott will ernstlich, das sein Gesetz soll erfuͤllet werden bis auff den
kleinsten TitelTüttel, Pünktchen. Vgl. Mt 5,18 (Jod als kleinster Buchstabe des hebräischen, Jota des griechischen Alphabets); , 1949f. vnd BGchstaben oder gar keiner sol Selig werden.

67. Das woͤllen wir jnn eine Schlußredekonjiziert aus: Schluißrede. setzen, auff das wir besser auff sie dringen koͤnnen.

66. Wer da wil zum leben eingehen, der soll Gottes Gebot halten.

68. Aber kein heiliger helt die Gebot Gottes.

69. Darumb kan kein heiliger zum leben eingehen.

70. Die erste Proposition jhn der schluß rede ist klar aus Goͤttlichen Worten, da Christus spricht: Wenn du A 3v zum leben wilt eingehen etc. Der da nicht treugt noch leuget. Nota wider die Jroniam, so etliche treumen.

71. Die ander Proposition ist leicht zu erweisen auß den vorgehenden spruͤ
chen. Denn alle Heiligen seint sunder vnd halten Gottes Gebott nicht.

72. Der beschluß folget starck vnd ist vnwiedersprechlich.Vgl. : 65. Deus enim serio vult legem suam impleri, usque ad minimum apicem et iota, aut nullum omnino salvari. 66.[!] Referamus haec in formam syllogisticam, ut apertior sit nostra contra eos expostulatio et insulatio: 67[!] Quicunque vult intrare ad vitam, debet servare mandata Dei, Sed 68. Nullus sanctorum servat mandata Dei. Ergo 69. Nullus sanctorum potest intrare ad vitam. 70. est manifestae autoritatis divinae, ubi Christus dicit: Si vis intrare ad vitam etc. [Mt 19,17] Qui non fallit nec mentitur. 71. Minor facile probatur, ex supra dictis, quia omnes sancti sunt peccatores et mandata Dei non servant. 72. Conclusio est in bona forma consequentiae, in secundo secundae deducta et irrefragabilis.
Jtem:

74. Wir aber weisen ein Exempel des erfuͤlleten Gesetzes, welches gewiß vnd starck ist, nemlich jn dem einigen Menschen, der da mittler ist zwischen
GOTT vnnd dem Menschen.
Vgl. : 74. Nos vero ostendimus exemplum legis impletae certum et fidele, sed in unico illo homine mediatore Dei et hominum.

Jtem:

80. Derwegen alle andere spruͤche vnd Exempell der Schrifft vom Gesetze vnd Wercken schliessen nothalben in sich Christum, welcher fuͤr vns ist dem Vatter Gehorsam wordenVgl. : 80. Proinde omnia alia dicta et Exempla scripturae de lege vel operibus necesse includunt Christum pro nobis patri obedientem. etc.

Demnach hab ich auß Gottes Wort gelehrnet vnd geleret, das des Gesetzes Ampt (denn Merck, vom Gesetze rede ich hier) diese stuͤcke in sich habe:

Erstlich, das jm Gesetz Gottes allen Menschen auff Erden wirdt vorgehalten vnd kundt gethan, was Gott fuͤr einen jnnerlichen vnd eusserlichen vnd gantz reinen vnd volkommen Gehorsam von allen menschen foddere, gebiete vnd
haben wolle, mit diesen zweyen klaren anhengen: Erstlich der verheissung des lebens, wo solchs alles, jm Gesetz erfoddert, vollkomlich gehalten worde. Darnach der drewung, das verflucht sollen sein alle, die nicht gentzlich vnd volkommen das Gesetz Gottes halten.Vgl. Ex 20,5f; Dtn 5,9f.

Zum Andern, das das Gesetz allen Adams Kindernn, die in suͤnden vnd Kin
dern des zorn Gottes Geboren werden, Psal. 51, Ephs. 2,Vgl. Ps 51,7; Eph 2,1–3. jhre grosse vnd vielfeltige Suͤnde zeige, anklage vnd sie darumb zum Tode verurteile vnd verdamme, Rom. 3; 4; 1. Cor. 3.Vgl. Röm 3,19f.23; 4,4.15; I Kor 3,9–15; II Kor 3,6.

A 4r Zum dritten, das das Gesetz auch den Newgeborn vnd welchen durch den Glauben an Christum allein auß Genaden die erfuͤllung des Gesetzes (so
durch Jesum Christum geschehen ist) zugerechnet vnd geschencket wirdt, lehre vnd zeige, wornach der Glaub in seinen guten Fruͤchten sich richten solle, den der Glaube thut nicht, was Menschen gefellet, sondern was Gott befihlt, wiewol der Newe Gehorsam der Gleubigen in diesem leben nicht kan vollkommen sein etc.

Das erste zeugt Christus selbst an, Matthe. 19: Wiltu zum leben eingehen, so halte die Gebot.Mt 19,17. Vnd Paulus, Rom. 2: die theter des Gesetzes werden Gerecht sein.Röm 2,13.

Das ander setzet Christus, Johannis 7: Moses hatt euch das Gesetz gegeben, vnd Niemant vnter euch thut das Gesetze.Joh 7,19. Jtem Joh. 5: Es ist einer, der
euch verklagt, Moses.
Joh 5,45. Rom. 3: Durchs Gesetze kuͤmpt nur erkentnuß der Suͤnden.Röm 3,20.

Das dritte handelt Christus, wenn er die Gebott ausleget der ersten oder andern tafeln Mosis,Im Original steht eine Virgel vor Mosis, allerdings spricht für die hier vorgeschlagene Gliederung des Satzes der Genetiv. Bei Beiordnung zu den Aposteln wäre Mose(s) zu erwarten. vnd die Aposteln in jren Predigten von guten wercken der Gleubigen. Es haben auch die Propheten soͤlch ampt des Gesetzes erklert.

Ob aber gleich soͤlche drei stuͤcke des amptes nicht allwege in der heiligen Schrifft an einem Jedern orth beisamen stehen, so findet man sie doch in der heiligen Schrifft, wie Klar gnugsam bewiesen. Vnd leret soͤlches auch D. gleicher gestalt in seinen Buͤchern, ja auch jm kleinem Catechismo in beschluß vber die zehen Gebott: Gott verheisset Gnade vnd alles guts denen,
die seine Gebott halten
Vgl. : Er verheysset aber gnad vnd alles gGtt allen die sollche gebot halten (Kleiner Katechismus, 1529). Vnnd in seinem gesange: Mensch, wiltu leben Seliglich vnd bey Gott bleiben ewiglich, so soltu halten die zehen GebottVgl. . etc.

So ist nun die frage, ob wir das Gesetz vollkomlich halten koͤnnen nach Gottes willen vnd erklerung? Da antwortetkonjiziert aus: antwort t. Gottes Wort: Nein. Vrsach ist nicht
das Gesetze, welches vns die verheissung des lebens zueigente, wenn wir es vollkomlich halten koͤnten. Denn Gottes wort leugetlügt. nicht. Aber der Gebrechen, mangel vnd feilFehler. Vgl. , 1418–1420. ist an vns, das wir von A 4v natur sunder seindt vnd die zehen Gebott nicht koͤnnen gentzlick erfuͤllen vnd halten; diese vrsach leret Paulus klar Ro. 8: Das dem Gesetze vnmuͤglich war, darumb das
es durchs Fleisch geschwechet war
Röm 8,3. etc.

Weiter folget jm Gesetze, das das Gesetz, wie es die Leute jetzt findet vnd sie per carnem, durchs Fleisch, seindt geschwecht, nur anklagt, zeiget jnen die Suͤnde vnd Applicirt jnen die verdamniß.

Weill denn der mangel jn vns vnd nicht jm Gesetze ist, vnd weil das Gesetze
beide – Promissionem uitae cum conditione impletionis integerrimaekonjiziert aus: integerrinae. et comminationem mortis cum conditione si non impleaturkonjiziert aus: implearum. – hatt, das ist: weil es hat verheissung des lebens mit der bedingung des volkomenen gehorsams vnnd dreuwung des Todes, wo man das Gesetz nicht erfuͤllet, so ist es klar, das, obgleich das Gesetzkonjiziert aus: Gesetzt. vns jetztkonjiziert aus: jetz. als suͤnder anklagen vnd verdammen
kan vnd sol, gleichwol vmb vnser gebrechlicheit vnd mangel halben die lere Gottes von der verheissung des lebens, wo man das Gesetz erfuͤllen hette koͤnnen, nicht kan Falsch vnd vnrecht gescholten werden; also spricht S. Paulus sehr fein vnd deutlich: Vnd es befandt sich, das das Gebott mir zum Tode reichet, das mir doch zum leben gegeben war,Röm 7,10. Ro. 7. Nota: Paulus
sagt, das Gesetz sei zum leben gegeben. Das ist ja ein stuͤck des Ampts des Gesetzes, das es vns aber zum Tode gereichet, ist sein ander stuͤck des ampts, weil wir suͤnder seindt, gleichwol bleibt auch das Huß,sic; Maß? die Regell der Sententz vnd der wille Gottes, das er es zum leben anfenglich geben habe.

Aber weil das Gesetze vns das leben nicht geben kan – Vrsach ist vnser Suͤndthafft Fleisch, Rom. 8Vgl. Röm 8,3.5–8. – Vnd das Gesetz ist,evtl. zu lesen: in? vns nur die Suͤnde weiset, vnd sein Ampt des Todes an vns vbet, ist die frage: Wo nun aus?Wo nun hinaus? Wo finden wir einen Ausweg? Antwort: Da hat Got die andere Heuptlere, nemlich das Euangelium, offenbaret vnnd gegeben, das CHRJSTUS alleine soll Büssen vnsere Suͤnde, wi
der das Gesetze gethan, vnnd erfuͤllen B 1r den gehorsam, jm Gesetz von vns erfoddert, welches geschehen, den Christus ist τέλος, die erfuͤllung oder das ende des Gesetzes, zur Gerechtfertigung,ergänze: derjenigen. die an jhn Gleuben. Demnach haben wir nicht aus vnsern Wercken, nicht durch Gesetz, das wir erfuͤllet hetten oder koͤnten, das leben vnd die seligkeit, sonder alleine durch Chri
stum jhm Glauben an jhn, dauon alle Propheten, Christus vnd die Apostel zeugen. Vnd ist soͤlches nicht Gesetzlere, sondern das Euangelium; jm Gesetz werden wir verdampt, denn wir koͤnnen es nicht erfuͤllen. Jm Euangelion werden wir absoluiret vnd gerecht, denn Christus bringt vns seine durchs Blut erworbene Gerechtigkeit, welche ist die erfuͤllung des Gesetzes, Rom.
8; 10.Vgl. Röm 8,31–34; 10,4.

Hierauß folget, das Christus allein der weg vnd das leben ist,Vgl. Joh 14,6. vnd nicht wir, nicht unsere werck des Gesetzs; aber darauß wil nicht folgen, wie etliche Antinomer moͤchten meinen, das des Gesetzes lere, wie sie von Gott gegeben ist, nicht solte verheissung des lebens haben, mit der ConditionBedingung. vnd be
scheid, wo man das Gesetz erfuͤllet hette. Denn diese lere, das Gesetz, war zum leben gegeben, setzet Paulus Rom. 7 vnd 9.Röm 7,10; 9,4.31f. Vnd ist eine lere in Foro legis, im Gesetze war.wahr. Denn Gott hat also das Gesetze gegeben vnd wolte, das die Menschen solten das Gesetz erfuͤllen. Vnd wiltsic; will? Gott noch haben, das man seinen willen vnd das debitum, die Schuld, nach dem Gesetz auch er
kennen soll. Das wirs aber nicht gehalten haben, noch jetzt halten koͤnnen, das wirt die meinung Gottes nicht verwerffen noch luͤgen straffen sollen.

Aber diese lere – Christus ist der weg, das leben, vnser Gerechtigkeit – ist eine lehre nicht des Gesetzes, sondern des Euangelij.Vgl. Joh 14,6; I Kor 1,30. Denn da wir das Gesetz nicht halten koͤnten, wie wir nach Gottes willen thun soͤlten, hat Gott die
gnedige linderung selbst gefunden vnn offenbaret, das Christus soll alleine vns aus dem fluch des Gesetzes bringen vnd das leben geben;Vgl. Gal 3,13. die beiden leren, Gesetz vnd Euangelium, sollen nicht B 1v ihn einander vermenget werden. Aber es sol auch weder gesetz noch Euangelium auß der Kirchen gethan vnnd von einem jedern vnterschiedtlich geredet vnd einem jedlichen
seine eigenschafften auch gelassen werden.

Das betreuget aber etliche, weil wir nicht koͤnnen das gesetz erfuͤllen vnn die verheissung des lebens jm gesetze nicht kan vns mit geteilet werden, sondern wir erlangen nur den Fluch auß dem gesetze, so meinen sie, das derwegen die lere des gesetzes an sich selbs, das das Gesetz, von Gott zum leben gege
ben were, nicht solte recht sein. Aber man soll Gottes wort nicht Meistern noch luͤgenstraffen, das sagt mit duͤrren worten, das gesetz war zum leben gegeben,Vgl. Röm 7,10. Rom. 7, vnd Rom. 10: Moyses schreibt von der Gerechtigkeit, die auß dem Gesetz kompt: welcher Mensch die thut, der wirt darinnen leben.Röm 10,5. Vnd Gal. 3: Der Mensch, der es thut, wirt dadurch leben.Gal 3,12 (Lev 18,5). Dar
nach ist es ein ander ding, wenn man redet von der Regel vnd Gottes wort an sich selber, oder wenn man redet von vns, wer wir sein. Ein ander ding, wenn man sagt de debito, von der Regel der schuld, vnd wenn man sagt de posse soluere, was wir zalen koͤnnen. Gottes wort bleibet war, ob wir gleich also seind verderbet durch den Teuffel vnnd den abfal, das wir selbst vns der ver
heissung des gesetzes verluͤstig gemacht. Aber darumb ist Gott jhn ewigkeit zu loben, das, weil das gesetz vns alle in die Hell stiesse, Christus alleine ist kommen vnd hat vns das leben erworben vnd ist kein ander heil, Act. 4.Vgl. Act 4,12.

Derwegen gehoͤrt zum verstande des Gesetzes neben andern stuͤcken auch zu wissen, das das gesetz zum leben gegeben war, Rom. 7.Vgl. Röm 7,10. Jtem, weil Christus
an vnser stath das gesetz erfuͤllet hatVgl. Mt 5,17. vnd das leben mit seinem gehorsam vns erworben, welches vns das Euangelium leret, so dienet auch gemelter verstandt des gesetzes darzu beide, das wir darauß die Regel Gottes mit der verheissung vnd drewung erkennen, was wir thun solten, vnd auch, das wir nicht koͤnten, B 2r vnd die hohe vnaussprechliche wolthat Christi desto
fleissiger betrachten vnd jhme dafuͤr dancken. Jtem, die lere von der verheissung des gesetzs zum leben dienet, das Anthitesis, das ist das gegenteil, nemlich die anklagung vnnd verdammung, desto baß verstanden werde.

Das aber S. Paulus sagt Gal. 3: Wenn ein gesetz gegeben were, das da koͤnte lebendig machen, so keme die Gerechtigkeit Warhafftig aus dem
gesetz,
Vgl. Gal 3,21. stehet die Emphasis, die krafft dieses spruͤchs, in den worten Quae posset, die da koͤnte, vnd wirdt erkleret Rom. 8: Quod impossibile erat legi, das dem Gesetz vnmuͤglich war. Aus was vrsachen? Darumb das es durch das Fleisch geschwechet wartVgl. Röm 8,3. etc. das ist: es redet Paulus respectu nostri, wie wir seind, darnach denn das Gesetz mit vns muß handlen
vnd sein vrteil sprechen, weil die verheissung des gesetzes Conditionalis, das ist: ein bedingung des gehorsams, hat.

Also seindt auch die reden zu uerstehen in positionibus wider die Antinomer, das das Gesetz nicht noͤtig sei zur rechtfertigung, sondern gantz vndüchtig vnd vnmuͤglich. Vrsach ist diese: Denn wir koͤnnens nicht hal
ten,
Rom. 8. Vnd stehet dieser rede krafft vnd safft in dem wort Impossibilis. Wir koͤnten es nicht halten, darumb koͤnte das Gesetz vns nicht das leben geben, sondern bringt den Todt.Vgl. Röm 7,10.21.

Will nu Christi vnd S. Pauli lere anfechten vnd fuͤr jrrthumb ausruffen, als nemlich das das Gesetz zum leben gegeben was, Rom. 7; 10; Gal.
3,Vgl. Röm 7,10; 10,5; Gal 3,12. so werden alle reine vnd trewe lerer Christi, die nach jrem Ampte jhme aus Gottes Wort widerstehen muͤssen, jhn in das schwartze Register der Antinomer setzen mussen, das Jch jhme nicht goͤnne, vnd vmb Gottes vnd seiner Seligkeit willen bitte, er woͤlle nicht ferner herausplatzen aus zorn vnd rachgier, denn des Menschen zorn thut nicht, was fuͤr Gott recht ist,Jak 1,20. wie
Jacobus spricht, vnd werden trewhertzige lehrer jhn etwas harter mussen aus Gottes Wort ansprechen. Denn wir haben die lere vom Gesetze aus Gottes wort vnd D. B 2v Buͤchern gelernet, vnnd nicht aus Büchern, lectionibus oder predigten. Ich zwar habe nicht gesehen, das jrgendt ein Heuptstuͤck Christlicher lehre hette jm druck lassen
ausgehen; das er wider etliche jrrthume geschrieben, helffe ich loben; hat er aber das noch nicht gelernet, das das Gesetz zum leben gegeben war, Ro. 7, so lerne ers noch – nicht von mir, sondern von Christo vnd S. Paulo; kan ers vorhin,schon, bereits. so verdamme er soͤlches nicht. Es ist auch die Kirche Christi sonst betruͤbt vnd zurissen gnug, er gebe nicht vrsach zu grossern zerruttungen.

Was mein BuͤchleinMutmaßlich ist folgende Schrift gemeint: . belangt, hab ich nichts anders geschrieben, den wie ich in diesem bericht gethan. Jst nun etwas dunckels darinnen gesetzet, so zeige es ahn, wer da will, vnd lege grundteinen Beweis, eine Begründung. fuͤr. Jch wils jhm danck wissen vnnd dasselbe endern.im Original: end)rn. Kan auch einer einen oder mehr jrrthum darinnen erweisen, so zeige er dieselben mit meinen worten an vnd woraus er sie schreibe, vnd
fuͤre dawider Gottes wort rundt vnd klar. Wenn ich das sehe, so sol vnnd mus ich Arme Creatur meines Gottes stimme weichen. Aber wenn das nicht geschicht – Wie ich denn hoffe, das es nicht mit grunde geschehen sol – so werde ich durch Gottes krafft weder im Original: . noch einem anderen weichen, sondern jhre lesterungen jhn jhren mundt stossen vnd nach dem Eiuer, den
mir Gott wirt geben, mit ernst jnen wider aus Gottes Wort begegnen. Wil ein HeliSiehe oben Anm. 3. sein oder ein , geboren um 256, seit etwa 295 Bischof von Cordoba, Bekenner in der Verfolgung unter um 303/305, galt als einer der exponiertesten Gegner des Arianismus in der Westkirche. 356 verweigerte er die von geforderte Verurteilung des ; danach aber soll er auf kaiserlichen Druck doch noch abgefallen sein. Vgl. : Und , der grosse Bisschoff, wie droben erzelet, zuletzt auch ein Arianer ward und schendlich drinnen starb. (Von den Konziliis und Kirchen, 1539 [Druck B]). Vermutlich vergleicht den greisen mit dem im Alter von der reinen Lehre abgefallenen . Die Vita des wird recht ausführlich in der Vierten der behandelt. Heute ist die Einschätzung der Vorgänge umstritten, vgl. , 1169. werden, so mag er hinfaren, er ist nicht mein Erloͤser, viel weiniger ist er Bapst jhm Himel.

Maiorismum, Welchen jn meinem Vatterlant, jn der loͤblichen Graffschafft Manßfeldt, ausgeseet vnd verteidigt, habe ich aus Gottes wort nach
den geringen gaben, so mir Gott verliehen, gestraffetgetadelt, zurückgewiesen, widerlegt. Vgl. , 716–718. Vnd wil es noch hinfurder mit Gottes beistandt thun; da sol mich mit seinem verleumbden vnnd sturmenzanken, schelten. Vgl. , 619. nicht abschrecken. Integra legis impletio habet a Deo promissionem uitae, Das ist: erfuͤllung des Gesetzes, B 3r nicht eine gedichteerfundene. Vgl. , 1060f. Heuchlerische, Pharisaische, sonder warhaftige erfuͤllung hat ver
heissung des lebens. Das nun lere, gute werck seindt zur Seligkeit noͤtig, aequipollens, gleichlautent, sei, achte ich nicht. Denn redet von den wercken, die jn vns geschehen vnd die wir thun koͤnnen in diesem leben, die seind aber nicht ein erfuͤllung des Gesetzes.

Hieraus mag ein jeder Christe sehen, das der Zornige Mann sich mit
worten verstiegen hatt vnd will mit verleumbden seine sache gut machen, das nicht zu loben ist. Weiter erklerung vom Gesetz mag man jnn meinen Buͤchern vnd sonderliche in Methodo vnd Corpore doctrine lesen, wer da will.Vgl. . – . – .

Auff die andere Sturmische wort scil. in derselben Schrift. wilkonjiziert aus: weil. ich jetzt nicht weitleuffig
antworten, denn er wil in seinen vnd frembden Suͤnden bleiben vnd verharren. Die vnsinnigenwahnsinnigen, verrückten. Scheltwort bedencke er vnd bitte sie Gott abe.

Meine Schrifft saget, soͤlle der Warheit nicht bei denkonjiziert aus: dem. verfolgern, sondern bei vnparteilichen Leuten, welche die Warheit wissen, nachforschen. Will das nicht thun, so mache er sich jmerhin aller Suͤnden der
verfolger schuldig, mir ists nicht lieb.

Jtem, er Poltert vber soͤlche dinge daher, die jnn meinem Brieffe nicht stehen, da solte der Mann gesehen haben, was ich Schreibe vnd was ein ander Schreibe.

Vnerwiesenkonjiziert aus: Vnerweisen. ists, das, die vmb einen Prediger gebeten vnd Supplicirt, jn haben
wollen vnordentlich eindringen.unter Umgehung des ordentlichen Verfahrens in das Amt einführen. Vgl. , 163. Was Caiphas vnd Pilatus berichten, wirdt sich in einer rechten verhor anders befinden.Vgl. Mt 26,57; 27,1f.

Vnerwiesen ists, das , aus Rade oder Neuenrade in Westfalen, am 31. August 1555 an der Universität Wittenberg gratis immatrikuliert; er soll vorher Mönch gewesen sein. Als Student war er an der Erstellung der Magdeburger Zenturien beteiligt. 1559 wurde er als Nachfolger des Diakon an St. Ulrich in , am 15. Oktober 1562 wurde er aus der Stadt gewiesen. Er fand zunächst Aufnahme in bei , der seit 1560 Rektor der dortigen Stadtschule war; 1566 erscheint als Pfarrer im niederösterreichischen . Vgl. . nicht solte macht haben, jm Predigampt suͤnde der Obrigkeit zustraffen.

Vnerwiesen ist es, das er die Buͤrger zur Auffrhur mitt straffen der Suͤnden
etlicher verfolger solte bewegt haben. Lasse es zur verhoͤr Gottfuͤrchtiger Leuthe kommen.

B 3v Vnerwiesen ists, das es ein vngehorsam sey, wenn Gottlose Obrigkeit boͤses befilet vnd die vnderthanen sich dessen weigern vnd beschweren,weigern. Vgl. , 1604. one alle rache oder vnordentliche wege.

Vnerwiesen ists, das ein Obrigkeit habe macht vnnd gewalt, einer Christlichen gemeine alte wol hergebrachte wahl,Wahlrecht. Vgl. , 533. einen Seelsorger zu wehlen, one gnugsame Christliche redliche vrsachen zu wehren vnd brechen, wo die gemeine derselben Wahl recht gebraucht.

Vnerwiesen ists, das eine Obrigkeit alleine solte macht haben, lerer auffzu
dringen vnd abzusetzen der Christlichen gemeine.

Vnerwiesen ists, das sie zu S. Vlrich in der GerbekamerSakristei (von den dort aufbewahrten Messgewändern) (vgl. , 1358f; , 985f); auch Bezeichnung für einen Gemeindeausschuss, der dort tagte (vgl. ). der wahl mißbraucht haben; das werden viel erlicher Menner darinnen lange nicht gestehen.

Vnerwiesen ists, das ein Cappelan oder Prediger Goͤttliches Worts nicht
soͤlle macht haben, der leute Suͤnde, da sie Notariaoffenkundig, allgemein bekannt (Neutrum pl. entsprechend peccata). vnd ergerlichanstößig. Vgl. , 548. vnd gnugsame erinnerungErmahnung. Vgl. , 860. vorhergangen, zu Binden, ob gleich sein Pfarher oder andere nicht woͤllen recht thun.Der Pfarrherr ist der Inhaber der Pfarrstelle und dem Kaplan bzw. Diakon übergeordnet bzw. dessen Vorgesetzter.

Vnerwiesen ists, das den Radt oͤffentlich gebannet oder verflucht habe.Vgl. .

Vnerwiesen ists, das von seinen Pfarleuthen,Gemeindegliedern, Angehörigen seiner Pfarrei. Vgl. , 1624. die jhn angenomen, enturlaubetentlassen, seines Amtes enthoben, von seinen Pflichten entbunden. Vgl. , 642. sey; das ein Ratt jm die Superintendentz genomen, hat er lassen geschehen.Der Rat hatte am 24. März 1561 die Superintendentur übertragen; die Bestallungsurkunde ist bei unter Nr. 95 abgedruckt (vgl. ).

Vnerwiesen ists vnd falsch, das das Hellische MandatEs handelt sich um ein Mandat des am 27. August 1561 in tagenden Kreistages der niedersächsischen Reichsstände. Vollständiger Text in: (Angabe nach ). Das Lüneburger Mandat wurde dem Rat der Alten Stadt durch von aus zugestellt, weshalb es in unter dem Namen des Hallischen Mandates firmierte (). nicht habe . angangen. Denn es vom Bischoff jns Werck zu setzen in der Statt,
darin er Superintendens gewesen, geschickt. Ein Radt hat es jhm also vberantwortet, sich darnach zu richten; lasse es zu uerhoͤr kommen.

Vnerwiesen ists, das Wenn der Wolff die schaffe beisset vnd in actu persequutionis ist, der Hirte nicht soll schreien, sondern zum stummen Hunde Werden.Vgl. Jes 56,10.

Weil dann auff soͤlche vnerwiesene gründe sein vermeint Vrteil vnd schelten gestellet, hatt ein jeder B 4r Christ, so in Gottes fuͤrcht die sachen erweget, leicht zu pruͤfen vnd zu uernemen, das dauon nichts zu halten sey.

Es solte aber rathen vnd helffen, das es zu einem ordentlichen ver
hoͤr vnd Vrteil keme, da kondten zeugen gnugsam vorgenomen werden vnnd die sache alleine nach dem RichtscheidtMaßstab, Kanon. Eigentlich ein sorgfältig begradigter Holzstab, der dazu dient, eine Oberfläche oder eine Kante zu begradigen oder ihre Geradheit zu überprüfen, gewissermaßen ein großformatiges Lineal. Vgl. , 902. Goͤttliches Worts zur ruhe, friedt, einigkeit vnd eherenEhre. der Stat gebracht werden. Da solte, sage ich, der alte Mann zu rathen vnd nicht alle schwere Sünde der verfolger in auff sich laden, welche am Juͤngsten tage, sol es ja hiein diesem irdischen Leben. Vgl. , 1305f. nicht
geschehen, besser werden an tag kommen. Er solte auch nicht alsoso sehr, in solcher Weise. Vgl. , 261. das Maull fuͤllenden Mund voll nehmen, übertreiben. vnd mit eitel Teuffels­, Schwermer­ vnd rotte­schelten herausfahren. Denn vnser Herr Gott hoͤrets, er sihet auch auff die verjagte lerer, die jhm sein Kreutz nachtragen;Vgl. Mt 10,38. sollen aber das seine gute Wercke sein, damit er sein ende will beschliessen, mussen wir sie jhm lassen, bis er
einmalkonjiziert aus: ein mail. ein Gericht Gottes darüber hoͤret. Vnd weil ich jhn nicht gewinnen hab koͤnnen durch mein kurze vnd sanfft erinnerung, bitte ich Gott durch Christum, er woͤlle jhn erleuchten, das er nicht ihn den Suͤnden Sterben moͤge. Amen.

in 3. Cap. ad. Gall. Tomo. 4. Lati. Fol. 67:

Versamur iam in causa Iustificationis. Ad iustificationem autem non sunt aliae, quam istae duae uiae, uel uerbum Euangelij, uel Legis..

Item in Cap. 5. Fol. 168:

Deberemus quidem implere legem, et impletione eius iustificari, sed peccatum obstat..

ANNO.

M. D. LXIIII.