Testamentum Georgii Maioris (1570) ­ Einleitung

Testamentum Georgii Maioris (1570) ­ EinleitungNr. 16 ULB Darmstadt info:isil/DE-17 Darmstadt Letzte Änderung: 2021-10-27 Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (CC BY)

1. Historische Einleitung

Im Sommersemester 1567 bekleidete Georg Major das Amt des Rektors der Universität Wittenberg.Vgl. Junghans, Verzeichnis, 248. Zum Abschluss seiner Tätigkeit hielt er am 18. Oktober eine Rede,Vgl. COMMONEFACTIO || HISTORICA || DE STATV EIVS TEM­ || PORIS, QVOD EVANGELII || lucem praecessit, &. quae eius ini= || tia, ac qui inter varia impedimenta || & pericula eius progressus, qui item || faces dissidiorum fuerint & adhuc || sint, cui inserta est breuiter Confessio || postrema Doctoris Georgij Maio= || ris, de doctrina Iustificationis & bo= || norum operum, ab eodem recita= || ta, cùm abiret Magistratu scho= || lastico, die 18. Octob. || Anno 1567.|| [Wittenberg: Hans Lufft, 1567] (VD 16 M 2016); im selben Jahr erschien noch eine weitere Auflage (VD 16 M 2017). in der er einen kurzen historischen Überblick über die Geschichte der Leucorea während der Zeit der Reformation bot. Bereits diese Rede besaß testamentarischen Charakter. Sie war in fünf Teile gegliedert. Neben einleitenden Worten und dem Überblick zur Reformations­ und zur Universitätsgeschichte, legte Major ein Bekenntnis ab und mahnte die Zuhörer, die Kirchenlehre zu bewahren und die Gesetze der Universität zu befolgen.Zu dieser Rede vgl. Hasse, Major als Professor, 60–68. Dabei verfolgte Major gleichzeitig das Ziel, Matthias Flacius und Friedrich Staphylus als Verräter an ihrer Alma Mater darzustellen. Auch auf seine Lehre von den guten Werken kam er zu sprechen. Er bekannte in der Rede zwar, dass die These von der Notwendigkeit guter Werke zur Seligkeit doppeldeutig sei, betonte jedoch, sie stets in dem Sinn der biblischen Schriften, der altkirchlichen Symbole, der CA und ihrer Apologie verstanden zu haben. Wenn von Flacius und seinen Parteigängern in der Vergangenheit immer wieder behauptet worden sei, er vertrete eine papistische Lehre, so sei ihm dadurch schweres Unrecht zugefügt worden. Um seine Verteidigung zu verstärken, veröffentlichte Major im selben Jahr sein BekenntnisVgl. unsere Ausgabe Nr. 12, S. 452–467. von 1558 erneut, und stellte ihm er eine ausführliche Erläuterung voran.Repetitio || Widerholung vnd endt= || liche Erklerung der Bekentnůs || D. Georgij Maioris / || Von dem Artickel der Iustification / das || ist von der Lere / das der Mensch allein durch || Glauben / one allen vordienst / vmb des || HERRN Christi willen / vergebung || der sůnden habe / Vnd fuͤr Gott || Gerecht || sey. || Vnd von Guten Wercken / || welche dem warhafftigen Glau= || ben / als Fruͤchte der Ge= || rechtigkeit / folgen || sollen. || [Wittenberg: Hans Lufft, 1567] (VD 16 M 2162); im selben Jahr erschienen noch zwei weitere Auflagen der Schrift (VD 16 M 2160f).

Diese Publikationen Majors provozierten heftigen Widerspruch. Matthias Flacius und Nikolaus Gallus,Vgl. ANNOTATIO || DE VERO SENSV || PRIMARIAE THESIS PAVLINAE: || CONCLVDIMVS HOMINEM IVSTIFICARI || gratis fide, Sine operibus legis. || OPPOSITA REPETITIONI || erroris D. Georgij Maioris. || Matth. Flac. Illyricus. || ITEM DEMONSTRATIONES || tres, de Impostura, de Corruptela, de || Blasphemia Maioris, in eadem || eius repetitione. || Nic. Gallus. || [Jena: Christian Rödinger d. J., 1568] (VD 16 F 1253, G 264). Johannes Wigand,Vgl. Erinnerung: || Von der Newen Busse || D. Georg. Maiors. || Repetition: || Widerholung vnd endliche Erklerung der || Bekentnis D. G. Maiors genant. || Ioannes VVigandus D. || || [s.l. 1568] (VD 16 W 2756); im selben Jahr erschienen noch drei weitere Auflagen der Schrift (VD 16 W 2757–2759). Wolfgang Waldner,Vgl. Klare vnd gründli= || che beweisung. || Wider D. G. Maiors || REPETITION. || Das er mit seiner Erklerung der baͤb= || stischen Proposition Gute Werck sind noͤtig || zur Seligkeit [et]c. in der Kirchen noch scha= || den thu || Wolffgangus Waldner. || Mit einem beschlus / zeugnus || Nicolai Galli || [Regensburg: Heinrich Geisler, 1568] (VD 16 W 876). die MansfelderVgl. Bericht / der Prediger || in der Graffschafft Manssfelt / Der Jr= || rungen halben / so zwischen jhnen / vnd etlichen Ge= || larten/ in Vniuersiteten / vnd sonst sich zuge= || tragen/ Auch worinnen / vnd wie fer= || ne sie mit denselbigen || streitig. || [Eisleben: Andreas Petri, 1568] (VD 16 B 1833); Warhafftiger gegen || bericht / Auff Doctor Georg Maiors || REPETITION, vnd endliche Erkle= || runge / Welche er in einer Deutschen || Schrifft dis 1567. Jar || gethan hat. || Durch || die Prediger in der || Graffschafft Mansfelt.|| [Eisleben: Urban Gaubisch, 1568] (VD 16 W 706); im selben Jahr erschien noch eine weitere Auflage der Schrift (VD 16 W 707). und die Braunschweiger TheologenVgl. CHristliches Be= || dencken || Des Ministerij der Kirchen || zu Brunschwig. || Auff D. Maiors Repetition vnd || endtliche erklerung. || Belangend den streit / Ob gute || wercke zur seligkeit noͤtig sind / also / || das es vnmuͤglich sey / ohne || gute wercke selig || zuwerden. || [s.l. 1568] (VD 16 C 2390); im selben Jahr erschien in Eisleben in der Druckerei von Andreas Petri noch eine weitere Auflage der Schrift (VD 16 C 2391). sowie die Theologen der Universität JenaVgl. Bekentnis. || Von der Rechtferti= || gung fuͤr Gott. || vnd || Von guten Wercken. || Der Theologen in || der Vniuersitet || Jhena. || || [Jena: Christian Rödinger d. J., 1569] (VD 16 W 2717); im selben jahr erschienen noch zwei weitere Auflagen der Schrift (VD 16 W 2718f). veröffentlichten Schriften, in denen sie Major vorwarfen, dass er in seiner Rektoratsrede hinter sein Bekenntnis zurückfalle und verdammten seine Lehre. Das hier edierte Testament Majors stellt wiederum dessen Antwort auf diese Publikationen dar.

2. Der Autor

Georg MajorZum Folgenden vgl. die Einleitungen zu Nr. 1, 5, 12 und 14 in unserer Ausgabe. besaß zeitlebens eine überaus starke Bindung an die Universität Wittenberg. Dieser engen Verbindung verlieh Major immer wieder aufs Neue Ausdruck. Zu Beginn seines Rektorats im Sommersemester 1561 schrieb er sich nochmals – verbunden mit einer kurzen AutobiographieVgl. Hasse, Major als Professor, 42f, Anm. 4. – in die Matrikel ein, um damit sein 50jähriges Immatrikulationsjubiläum zu feiern. Den Endpunkt seines Rektorats im Sommersemester 1567 stellte dann seine testamentarisch konzipierte Abschiedsrede vom 18. Oktober 1567 dar. Nachdem die Publikation dieser Rede sowie die Veröffentlichung seiner RepetitioVgl. oben Anm. 5. heftigen Widerspruch erfahren hatten, sah sich Major veranlasst, sich und damit abermals die Universität Wittenberg zu verteidigen. Wohl um den Jahreswechsel 1569/70 verfasste Major das hier edierte Testament, denn bereits vor dem 15. Februar 1570 wurde die Schrift in Jena von Buchhändlern zum Verkauf angeboten.Vgl. Jenaer Theologen, Vom Testament D. Majors, A 2r, unsere Ausgabe Nr. 17, S. 573. Bis zu seinem Tod am 28. November 1574 in Wittenberg blieb Major in die Streitigkeiten über die Bedeutung der guten Werke für die Seligkeit verwickelt.

3. Inhalt

Die Schrift besitzt zwei Abschnitte. Im ersten Teil legt Major zunächst seine Motivation für die Publikation dar. Aufgrund seines hohen Alters von fast 70 Jahren will er mit diesem Testament ein abschließendes Bekenntnis zu dem Streit um die Rechtfertigungslehre und die Notwendigkeit der guten Werke ablegen, in den er gegen seinen Willen von seinen Gegnern hineingezogen worden sei. Er versichert, nicht gegen die Propheten, die Apostel, die CA und AC sowie das Corpus Doctrinae Philippicum oder seine Lehrer Luther und Melanchthon gelehrt zu haben, die er von 1521 bis zu ihrem Tod gehört habe. Daraufhin bekennt er ausdrücklich, dass allein durch den Glauben an Christus die Menschen Vergebung ihrer Sünden erlangen können. Dabei stützt er sich auf die Paulusbriefe und Zitate aus CA und AC.

Im zweiten Teil geht Major konkret darauf ein, welche Bedeutung die guten Werke für die Seligkeit haben können. Er habe von der Notwendigkeit der Buße, der Bekehrung, dem begonnenen neuen Gehorsam und den guten Werken lediglich wiederholt, was er auch im Corpus Doctrinae Philippicum finde. Alle, die etwas anderes lehrten, wie die Pelagianer und die Papisten, seien zu verurteilen, ebenso wie diejenigen, die gute Werke, ohne das Zutun Christi, für verdienstvoll für die ewige Seligkeit halten. Zugleich distanziert sich Major von allen, die äußern, dass man ohne gute Werke nicht selig werden könne. Ausdrücklich stellt er dar, dass er die These Gute Werke sind nötig zur Seligkeit, nicht weiter vertreten habe, da sie von seinen Gegnern missverständlich ausgelegt worden sei. Darum wolle er sie auch nicht mehr vertreten. Er halte allerdings immer noch für wahr, dass derjenige Gottes Gnade wieder verliere, der nach seiner Bekehrung in Sünden verharre oder gegen sein Gewissen handle. Major ruft seine Leser auf, seine vorherigen Schriften im Lichte dieses Testaments zu verstehen. Alle gegen dieses Bekenntnis stehenden Äußerungen, die eventuell in seinen früheren Schriften gefunden werden könnten, wolle er selbst als falsche Lehren verwerfen.

4. Ausgaben A:

Testamen= || tum Docto= || ris Georgii || Maioris || Psalm CXXVI. || Dje mit Threnen seen / Werden mit Freuden || erndten. || Sje gehen hin vnd weinen / vnd tragen edlen || Samen / Vnd komen mit Freuden / vnd || bringen jre Garben. || Wittemberg. || Gedruckt durch Hans || Lufft. || Anno M. D. LXX. || [8 Bl. 8°] (VD 16 M 2190)

Dresden Sächsische Landes­ und Universitätsbibliothek: Theol. ev. pol. 484m, misc.7 Halle Universitäts­ und Landesbibliothek Sachsen­Anhalt: Vg 1625,QK Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek: 280.50 Theol.(6), 316.11 Theol.(11), 511.17 Theol.(7), G 675.4 Helmst.(9) [benutztes Exemplar], H 165.4 Helmst.(9), H 172.4 Helmst.(12), H 175m.4 Helmst.(5), S 71aa.4 Helmst.4) B:

Testamen= || tum Docto= || ris Georgii || Maioris || Psalm CXXVI. || Die mit Threnen seen / Werden mit Freuden || erndten. || Sie gehen hin vnd weinen / vnd tragen edlen || Samen / Vnd komen mit Freuden / vnd || bringen jre Garben. || [Im Kolophon: Gedruckt zu Nuͤrmberg durch Nicolaum Knorrn. 1570] 8 Bl. 4° (VD 16 M 2189)

Göttingen Niedersächsische Staats­ und Universitätsbibliothek: 8 H L BI IV, 2178 München Bayerische Staatsbibliothek: Res/4 Polem. 3363,14 München Bibliothek der Ludwig­Maximilians­Universität: 4 Theol.5521:2 Weimar Herzogin Anna Amalia Bibliothek: 40,3:91c(n.4.) Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek: 459 Theol.(25), 496 Theol.(6), 498.12 Theol.(16) C:

Testamen= || tum Doctoris || Georgii Ma= || ioris || Psalm CXXVI. || Die mit Threnen seen / Werden mit Freuden || erndten. || Sie gehen hin vnd weinen / vnd tragen edlen || Samen / Vnd komen mit Freuden / vnd || bringen jre Garben. || [Im Kolophon: Gedruckt zu Leipzig durch Jacobum Berwaldt. 1570.] 8 Bl. 4° (VD 16 M 2188)

Berlin Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 5 in: Dg 3, Dm 2574, Dm 2574/1 Weimar Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Aut.ben.Aut.Maior,G.(10) Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek: 393.10 Theol.(9), Alv Dk 180(11), S 235.4 Helmst.(3) D:

Testamen= || tum Docto= || ris Georgii || Maioris || Psalm CXXVI. || Die mit Threnen seen / Werden mit Freuden || erndten. || Sie gehen hin vnd weinen / vnd tragen edlen || Samen / Vnd komen mit Freuden / vnd || bringen jre Garben. || [Im Kolophon: Gedruckt zu Dresden durch Matthes Stoͤckel. 1570.] 8 Bl. 4° (VD 16 M 2187)

Edinburgh University Library: P. 799 (8) Gotha Forschungsbibliothek: Th 1653(22) Halle Universitäts­ und Landesbibliothek Sachsen­Anhalt: Vg 1625a,QK Heidelberg Universitätsbibliothek: Salem 14,9 RES Jena Thüringer Universitäts­ und Landesbibliothek: 4 Bud.Theol.252(29), 4 Theol.XLIII,15(29) Leipzig Universitätsbibliothek: Syst.Theol.679­fh/2 Lüneburg Ratsbücherei: Th 904(14) Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek: G 684.4 Helmst.(3) E:

E: Testamen= || tum Docto= || ris Georgii || Maioris || Psalm CXXVI. || Dje mit Threnen seen / Werden mit Freuden || erndten. || Sje gehen hin vnd weinen / vnd tragen edlen || Samen / Vnd komen mit Freuden / vnd || bringen jre Garben. || Wittemberg. || Gedruckt durch Hans || Lufft. || Anno M. D. LXX. || 8 Bl. 4° (VD 16 M 2192)

Berlin Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 1 an: Dm 2551, Dm 2573 Gotha Forschungsbibliothek: LP R III 7(8) München Bayerische Staatsbibliothek: Res/4 Biogr. 277,29 Wolfenbüttel Herzog August Bibliothek: 181.8 Theol.(4), 240.22 Quod.(1), 56.25 Poet.(7) Wien Österreichische Nationalbibliothek: 77.Dd.246

A und E sind bei Hans Lufft in Wittenberg gedruckt. A stellt eine Verbesserung von E dar. E scheint darum als erstes gedruckt worden zu sein. B, C, D weisen ähnliche Änderungen, allerdings auch unterschiedliche Fehler auf. Darum lässt sich eine eventuell vorhandene, wechselseitige Abhängigkeit unter diesen drei Drucken nicht genau ermitteln.