Kurzer Bescheid Justi Menii (1557) – Einleitung

1. Historische Einleitung

Im Jahr 1556 publizierte der Superintendent von , , die Schriften Von Bereitung zum seligen Sterben und Von der Seligkeit.Vgl. . Schnell erhob sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des ernestinischen heftige Kritik gegen .

Innerhalb des Herzogtums war es neben den politischen Räten vor allem , der gegen auftrat. Weniger heftig, doch ebenfalls eine Klärung missverständlicher Äußerungen in den beiden Schriften anmahnend, äußerten sich , und .Vgl. ; . Die Herzöge bestellten darum im August 1556 nach . Dort sollte er sich vor ihnen sowie den führenden Räten und Theologen des Landes verantworten. Das Ergebnis der Zusammenkunft brachte jedoch nicht die ersehnte Beendigung des Streits. Vielmehr sollte aus der dort gefundenen Formulierung, dass These Gute Werke sind notwendig zur Seligkeit in der Lehre vom Gesetz abstractive et de idea statthaft. sei, nur weiterer Streit entstehen.Vgl. ; es wurde der Ausgangspunkt des Zweiten antinomistischen Steits: vgl. . Wieder war es besonders , der gegen die Beschlüsse von protestierte.Vgl. .

Außerhalb des Herzogtums provozierten die beiden Schriften von sowie die im selben Jahr erscheinenden Veröffentlichungen Vgl. ; . zu der Aussage, dass die beiden in iren gedruckten Buͤchern widerumb den irthumb [erregen], das die gute wercke zur seligkeit noͤtig sein.. Anfang des Jahres 1557 publizierte ein weiteres Buch, an dessen Ende er aus Schrift Der Wiedertäufer Lehre und Ge1heimnis zitierte,Vgl. . um ihn des Abfalls von seiner eigenen Lehre und damit des Abfalls von der Rechtgläubigkeit zu überführen.Vgl. . hatte in der Zwischenzeit sein Amt in niedergelegt und war in das Kurfürstentum gezogen, wo er die Superintendentur in übernahm.Vgl. ; . Dieser Umzug ließ den Streit endgültig eskalieren. Denn das gegenüber ausgesprochenen Publikationsverbot der sächsischen Herzöge war nun ohne Bedeutung für ihn. Er nutzte die Möglichkeit umgehend, indem er eine stark polemische Schrift gegen in Druck gab.Vgl. ; im selben Jahr erschien eine weitere Auflage dieser Schrift (VD 16 M 4584). Darin bestritt er das Recht zur Kritik an anderen Theologen, da dieser innerhalb der Kirche nie zu einem ordentlichen Amt berufen worden sei.Vgl. . Der so Angegriffene wehrte sich, indem er in der Schrift Die alte und neue Lehre Vgl. . versuchte, der Inkonsequenz in seiner eigenen Lehrmeinung und damit des Abfalls von der wahren Lehre zu überführen. In Antwort darauf, der hier edierten Schrift Kurzer Bericht, versuchte der Gescholtene dann gerade das Gegenteil zu beweisen, indem er zahlreiche Belegstellen aus Schriften , und von anderen lutherisch gesinnten Theologen anführte, die mit seiner Auffassung von der Bedeutung der guten Werke für die Seligkeit in Einklang standen.

2. Der Autor

Zum folgenden und allgemein zur Person vgl. ; , 354–356; , 577–581; , 439 – 442; , 79f; , 1037f. – latinisiert aus – wurde am 13. Dezember 1499 in geboren. Nach schulischer Grundausbildung in seiner Heimatstadt im Jahr 1514 immatrikulierte er sich dann an der Universität Erfurt. Er erwarb 1515 den Grad eines Baccalaureus und nur ein Jahr später wurde er zum Magister promoviert. Ab dem Jahr 1519 hörte er Vorlesungen und in . Im Jahr 1523 übernahm er das Amt des Vikars und Diakons in . Dort heiratete er das erste Mal.

Doch schon 1525 kehrte nach zurück. Im Zuge eines Konflikts mit dem Franziskaner wurde die Rechtmäßigkeit seiner Vokation bestritten. verließ daraufhin 1528 in Richtung . In den Jahren 1528/29 wurde er neben und zur Visitation des zweiten Thüringer Hauptlandkreises herangezogen. Im März 1529 berief man ihn zunächst zum Diakon in und gegen Ende des Jahres zum Superintendenten. Von nun an gewann erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung des evangelischen Kirchenwesens im Kurfürstentum und darüber hinaus (Berufungen in die Visitationskommissionen im albertinischen 1539; in der Reichsstadt , 1542–1544; in und im , beides 1545). Überdies nahm er an den Verhandlungen zur Wittenberger Konkordie 1536 sowie am Bundestag von 1537 aktiv, am Hagenauer und Wormser Religionsgespräch 1540/41 als Beobachter teil. Im Jahr 1546 übertrug man ihm zusätzlich zur Superintendentur in die Superintendentur von . 1547 heiratete er ein zweites Mal, nämlich , die Witwe von und Tochter aus .

Nach dem Schmalkaldischen Krieg (1546/47) wurde von den Söhnen des vom Kaiser gefangengehaltenen in die Beratungen über das Augsburger Interim (1548) sowie das sogenannte Leipziger Interim (1549) eingebunden. verteidigte in Gutachten und Denkschriften die lutherische Lehre und versuchte zusammen mit den anderen Theologen des ernestinischen , Lehrveränderungen zu verhindern.Diese nicht publizierten, handschriftlichen Texte sind teilweise abgedruckt bei . Da all diese Texte unveröffentlicht blieben, beschränkte sich sein Aktionsradius zu dieser Zeit auf das Herzogtum . Erst ab dem Jahr 1552 griff in die großen Kontroversen der Zeit publizistisch ein.

Seit 1554 befand sich dann in einer stetig schwelenden Auseinandersetzung mit . war seit 1552 Nachfolger als Superintendent von . Beide führten im Jahr 1554 zusammen mit und eine Visitation in durch.Vgl. die , 222–228; zu der Visitation vgl. zudem . war und suspekt, da er trotz des Streits um die Adiaphora weiterhin freundschaftliche Verbindungen nach unterhielt und seine Söhne sogar dort und in studieren ließ. Die Instruktion der Herzöge für die Visitatoren sah vor, dass besonderer Wert auf die Erforschung von möglichen Irrlehren – zwinglischen, osiandrischen, schwenckfeldischen, täuferischen, interimistischen, adiaphoristischen, majoristischen – unter der Pfarrerschaft gelegt werden sollte.Vgl. . und unternahmen eine solche Erforschung auch im Kreis der Visitatoren selbst. Sie legten ihrem Kollegen nämlich zu Beginn der Visitation in Bücher von und den Adiaphoristen vor und verlangten von ihm, diese öffentlich zu verurteilen.Vgl. zu dem Streit während der Visitation zwischen einerseits sowie und andererseits . verweigerte dies unter Hinweis auf seine Unkenntnis der Schriften. bezichtigte ihn daraufhin, ein Majorist zu sein. Mit der Verbreitung von 110 handschriftlich verfassten Thesen versuchte Ende 1554 sich gegen den Vorwurf zu verteidigen. Dieser erwiderte mit 145 Thesen. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Streit somit noch nicht durch Streitschriften ausgetragen worden, und der Wunsch der ernestinischen Herzöge war es, den Streit einzudämmen und nicht in die Öffentlichkeit kommen zu lassen. hatte jedoch eine öffentliche Verteidigung seiner Lehrauffassung ins Auge gefasst und zu diesem Zweck im Januar 1555 eine Schrift, Entschuldigung Justi Menii auf die unwahrhafftige Verleumdung, darin ihm auferlegt wird, als sollte er von der reinen Lehre des Evangeliums abgefallen sein, handschriftlich fertiggestellt und bereits nach gesandt, um sie dort drucken zu lassen. Auf Hinweis der übrigen mit ihm an der Visitation beteiligten Amtskollegen, ließen die ernestinischen Herzöge die Schrift beschlagnahmen und verboten , öffentlich – sei es mittels Schriften, sei es von der Kanzel herab – zu Aussagen Stellung zu beziehen.Vgl. ; ; . sagte dies zu und beteuerte seine Rechtgläubigkeit. Zunächst ruhte der Streit, doch aufgrund der bereits erwähnten, 1556 veröffentlichten Schriften von entbrannte er dann umso heftiger. Da Schlichtungsbemühungen in im August 1556 ohne Erfolg blieben, sich zu Unrecht verleumdet und besonders von weiterhin angegriffen sah, sich aber aufgrund des weiterhin bestehenden herzoglichen Druckverbots nicht öffentlich verteidigen durfte, verließ er Ende des Jahres das Herzogtum. Durch Vermittlung konnte er in das Amt des Superintendenten übernehmen. Dieser Ortswechsel bedeutete für , dass er nun seine Meinung ungehindert öffentlich äußern konnte. Der Streit eskalierte daraufhin, und wechselte in rascher Abfolge StreitschriftenVgl. Anm. 9 und 11; ; die hier edierte Schrift von ; ; ; ; vgl. auch . mit und bis zu seinem Tod am 11. August 1558.

3. Inhalt

Die hier edierte Schrift von ist in drei Teile gegliedert. In einem ersten Teil widerlegt die Angriffe von , die dieser in seiner Schrift Die alte vnd neue Lehr Menii gegen ihn vorgebracht hatte. In einem zweiten Teil führt dann zahlreiche Passagen aus Schiften und Predigten und anderer Christlicher Lerer an, um die Übereinstimmung seiner Lehrauffassung mit diesen Theologen zu erweisen. Im letzten Teil will beweisen, dass die Behauptung von , er habe seine Lehre von den guten Werken 1556 in widerrufen, falsch sei.

Zunächst widerspricht der Darstellung des , dass dieser aufgrund von Mt 18,15–18 einen göttlichen Auftrag zur Reinhaltung der Lehre besitze. verweist darauf, dass er niemals persönlich gesehen habe, auch sei dieser nie zu ihm gekommen, um ihn – gemäß der angeführten Bibelstelle – wegen einer falschen Lehrmeinung zu ermahnen. Darum erneuert seinen Vorwurf, habe ihn unberechtigt und ohne Grund angegriffen. Daraufhin widerspricht er dem Vorwurf, er habe seine Lehre geändert. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall. Zum Beweis dessen, verweist auf seine älteren Beiträge in den Auseinandersetzungen mit den Altgläubigen und Täufern sowie auf neuere Stellungnahmen gegen Antinomer, BlutfreundeAls Blutsfreunde aus der Wiedertauff bezeichnete sich eine Gruppe im Grenzgebiet zwischen und , in der Vorstellungen von Sündlosigkeit kursierten und die, in Anlehnung an das Abendmahl, nur noch ein Sakrament, nämlich die fleischliche Vermischung von Mann und Frau, gelten ließ. Vgl. . und gegen Auffassung von der Rechtfertigung. Deren Irrtümer würden und seine Anhänger durch ihre unablässig veröffentlichten Streitschriften stärken. Er, , halte hingegen unabänderlich daran fest, dass kein Mensch Gottes Gnade erfahren könne, wenn er, ohne Buße zu tun, weiterhin in seinem sündigen Leben verharre. Denn alle, die durch den Glauben gerecht würden, müssten auch bekehrt, geheiligt und gebessert werden. Zwar geschehe die Rechtfertigung des Menschen allein durch Glauben an Christus, doch der Glaube lasse den Menschen nicht unverändert. Der Gläubige empfange den Heiligen Geist, der ihn erneuere und heilige. betont daraufhin, dass es eine Verfälschung des Evangeliums darstelle, wenn der Artikel von der Heiligung durch den von der Rechtfertigung aufgehoben werden sollte. Er beklagt sodann, dass alle seine Aussagen über die Werke des Geistes nach der Rechtfertigung falsch ausgelegt habe. beziehe diese Aussagen nämlich fälschlich auf menschliche Werke und verkehre damit seine, , Position. Mit der Ablehnung der Erneuerung durch den Geist vertrete die Lehre, dass der Sünder ohne Bekehrung gerechtfertigt werden könne. Dies könnte die Antinomer und Blutfreunde zu der irrigen Annahme führen, dass ihre Lehren richtig seien. Dem werde Gott aber wehren.

Im zweiten Teil der Schrift zitiert dann aus zahlreichen Schriften und Predigten von , , , , , und , um seine Position als rechtgläubig zu erweisen. Dies führt schließlich dahin, sich konkret mit der These: Gute Werke sind nötig zur Seligkeit auseinander zu setzen. Er betont, dass er dies nie gelehrt habe, führt aber erneut aus, dass die Negation: Gute Werke sind nicht nötig zu Seligkeit von Antinomern und Blutfreunden als Beweis für die Richtigkeit ihrer abzulehnenden Ansicht verwendet werden könnte, dass eine durch das Gesetz gelenkte Heiligung nicht nötig sei. Gegen Ende der Schrift verweist darauf, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn diese ganze Diskussion auf die Universitäten und Gelehrten beschränkt geblieben wäre und die Kirchen nicht erfasst hätte. Außerdem sei seine Auseinandersetzung mit 1554 eine Privatdisputation gewesen, die nichts angehe.

Abschließend bestreitet in einem dritten Teil die Darstellung des , er habe auf der Eisenacher Synode 1556 seine Lehrauffassung widerrufen müssen. Vielmehr, so , habe die Synode gezeigt, dass verschiedene seiner Aussagen falsch ausgelegt worden seien. verbreite mit seiner Schrift darum Lügen über ihn, die er nun hoffte, deutlich widerlegt zu haben.

4. Ausgaben

Nachgewiesen werden können drei Ausgaben:

A:

Kurtzer Beschaid || Justi Menij: || Das seine Lare / wie er die fur der || zeit gefurt / vnd noch fuͤret / nicht mit jr || selbs streittig noch widerwertig / sondern || allenthalben einerley / vnd der || warheit des Euangelij || gemes sey. || Auff den Vortrab || Flacij Jllyrici. || Simplex ueritatis Oratio. || Psalm 25. || Schlecht vnd Recht behuͤte mich. || Wittemberg.|| Gedruckt durch Georgen || Rhawen Erben. || 1557 || [24] Bl. 4° (VD 16 M 4573)

Berlin
Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 1528
Stadtbibliothek: C 667(12).4
Dresden
Sächsische Landes­ und Universitätsbibliothek: Theol. ev. pol. 484m, misc.1
Gotha
Forschungsbibliothek: Theol.363/1(6)
Halle
Universitäts­ und Landesbibliothek Sachsen­Anhalt: Ung VI 38(3)
Jena
Thüringer Universitäts­ und Landesbibliothek: 4 Bud.Op.69(21.22), 4 Bud.Theol.252(16)
München
Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 2067#Beibd.3, 4 Polem. 2068
München
Bibliothek der Ludwig­Maximilians­Universität: 4 Theol.1160:2, 4 Theol.5209:3
Nürnberg
Stadtbibliothek: Strob. 8. 1720
Weimar
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: 4 VIII,68(n.3.)
Wolfenbüttel
Herzog August Bibliothek: 151.28 Theol.(10), 251.22 Theol.(7), H 134.4 Helmst.(2)
Zwickau
Ratsschulbibliothek: 8.6.3.(2)
B:

Kurtzer Beschaid || Justi Menij: || Das seine Lare / wie er die fur der || zeit gefurt / vnd noch fuͤret / nicht mit jr || selbs streittig noch widerwertig / sondern || allenthalben einerley / vnd der || warheit des Euangelij || gemes sey. || Auff den Vortrab || Flacij Jllyrici. || Simplex ueritatis Oratio. || Psalm 25. || Schlecht vnd Recht behuͤte mich. || Wittemberg.|| Gedruckt durch Georgen || Rhawen Erben. || 1557 || [24] Bl. 4° (VD 16 M 4574)

Gotha
Forschungsbibliothek: Theol.4 233/3(13)R
Halle
Universitäts­ und Landesbibliothek Sachsen­Anhalt: AB 154 880(5)
Wolfenbüttel
Herzog August Bibliothek: 442.10 Theol.(12), H 139A.4 Helmst.(3)
C:

Kurtzer Beschaid || Justi Menij: || Das seine Lare / wie er die fur der || zeit gefurt / vnd noch fuͤret / nicht mit jr || selbs streittig noch widerwertig / sondern || allenthalben einerley / vnd der || warheit des Euangelij || gemes sey. || Auff den Vortrab || Flacij Jllyrici. || Simplex ueritatis Oratio. || Psalm 25. || Schlecht vnd Recht behuͤte mich. || Wittemberg.|| Gedruckt durch Georgen || Rhawen Erben. || 1557 || [24] Bl. 4° (VD 16 ZV 20978)

Berlin
Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 3 in: Dm 3 R

Alle drei Ausgaben sind in derselben Druckerei hergestellt worden und sind im Satz identisch. Es ist mithin davon auszugehen, dass es sich um dieselbe Ausgabe handelt.Die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz hat angekündigt. die VD 16 Nummer ihres Exemplars streichen zu lassen.

Die im Text unserer Edition kursiv gesetzten Teile sind im Original durch Fettdruck hervorgehoben.