Mansfelder Prediger, Bedenken (1553)

A 2r Bedencken, das diese Proposition oder Lere nicht nuͤtz, not, noch war sey vnd one ergernis in der Kirchen nicht moͤge geleret werden:

Das gute werck zur seligkeit noͤtig sind.

Erstlich vnd fuͤr allem, ehe denn wir zu dieser Proposition kommen, sollen alle Christen des gewis sein vnd niemand anders sich bereden lassen, denn
das sie gute werck thun sollen vnd schuͤldig sind, sich in einem newen leben vnd gehorsam gegen Gott zu halten. Vnd ist nicht genug, das man lere vnd vermane, hoͤre vnd rede von guten wercken. Sondern sie sollen auch, wo es das vormoͤgen,die Fähigkeit. zeit vnnd gelegenheit gibt, mit der that geschehen vnnd volbracht werden. Denn der Apostel spricht: Wir sind schuͤldener, nicht dem
fleisch, das wir nach dem fleisch leben. Denn wo jr nach dem fleisch lebet, so werdet jr sterben muͤssen. Wo jr aber durch den Geist des fleisches gescheffte toͤdtet, so werdet jr leben.
Röm 8,12f. Vnnd Jacobus am j. Capitel: Seit theter des worts vnd nicht hoͤrer alleine, damitwomit, wodurch. jr euch selbst betrieget. Denn so jemand ein hoͤrer ist des worts vnnd nicht ein theter, der ist gleich einem man, der
sein leiblich angesicht im spiegel beschawet. Denn nach dem er sich beschawet hat, gehet er von stund an dauon vnnd vergisset, wie er gestalt war
Jak 1,22–24. etc. Jtem S. Paul zun Ephe. am ij.: Wir sind Gottes werck, geschaffen inn Christo Jhesu zu guten wercken, zu welchen Gott vns zuuor bereitet hat, das wir darinnen wandeln sollen.Eph 2,10.

Gott hat vnter dem Himel keine Creatur geschaffen denn den Menschen, der vnter boͤsem vnnd guten, tugent A 2v vnd vntugent einen vnterscheit machen koͤnne, vnnd das darumb, das man dem guten anhange vnd das boͤse meiden, der tugent sich fleissenbefleißigen. vnnd die vntugent fliehen solle. Er hat auch die gliedmas des menschlichen leibes also geschaffen vnnd die hende in
zehen finger außgeteilet, das wir den gantzen leib im gehorsam der heiligen zehen gebot halten sollen.

So ist ja die Menschliche Creatur fuͤr allen andern geschaffen zum gehorsam, ehr vnnd preis, auch zur dancksagung jres Schoͤpffers vnnd zu dem ende, das sie durch tugent allen andern Creaturn fuͤrzihen(vor allen andern Geschöpfen) den Vorzug haben, höher geachtet werden. Vgl. , 955. sol. Darumb denn Sanct
Paulus vermanet zun Philip. am iiij. Capitel vnd spricht: Lieben Bruͤder, was warhafftig ist, was erbar, was gerecht, was keusch, was lieblich, was wol lautet, ist etwa eine tugent, ist etwa ein lob, dem dencket nach,1 welchs jr auch gelernet vnd empfangen vnd gehoͤret vnd gesehen habt an mir, das thut, So wird der Herr des friedes mit euch sein.Phil 4,8f.

Gott hat vns seinen Son gesand, der vns von Suͤnden erloͤset, nicht das wir suͤndigen, sondern der gerechtigkeit leben sollen. Darauff lassen wir vns auch Teuffen, das wir der suͤndlichen natur absterben vnnd in einem newen leben wandeln wollen.Vgl. Röm 6,4.

Christus gebeut vnnd verheisset den guten wercken alhie vnnd inn dem
zukuͤnfftigen leben grossen lon, den er vmb seiner verheissung aus gnaden geben wil seinen gleubigen.

Er gibt vns seinen heiligen Geist, der vns zum guten erwecken vnnd newe Creaturn machen will, vnserer schwacheit auffhelffen, reitzen vnnd troͤsten vnnd mit vnaussprechlichem seuffzen fuͤr vns bitten will.Vgl. Röm 8,26. Er versamlet vns
inn die gemeinschafft der Heiligen, darinnen wir A 3r gleuben vnnd haben vergebung der Suͤnde, alles darumb, das wir heilig vnnd vnstrefflich leben vnnd jm inn warhafftiger gerechtigkeit vnnd heiligkeit dienen sollen, vnnd muͤssen entlich darumb sterben vnd aufferstehen, das wir, dadurch gereiniget vnnd gefeget, inn aller heiligkeit vnnd reinigkeit Gott ewiglich loben vnd
ehren.

So wil er durch vns auch alhie inn diesem leben bekannt vnnd geehret sein, vnnd das wir vnserem Nehesten nuͤtz sein vnnd dienen, auch vnsern beruff fest machen sollen. Daher seine gleubigen vergleichetvorgleichet: B. werden einem fruchtbarn Baum, der zu seiner zeit seine frucht bringt,bringet: B. Psal. j.,Vgl. Ps 1,3. vnnd Esa. am
lxj.Vgl. Jes 61,3. heisset vns der Prophet pflantzen des Herrn, die wir zu seinemseinen: B. lobe sind geschaffen. Christus sagt, Wir sollen vnser liecht, das ist: vnsern glauben, leuchten lassen, das die Menschen vnsere gute wercke sehen vnnd den Vater im Himmel preisen.Vgl. Mt 5,16. Er mietet operarios, arbeiter, vnnd nicht muͤssiggenger inn seinen Weinberg.Vgl. Mt 20,1. Er heisset vns Weinreben, die wir inn jm
frucht tragen sollen,Vgl. Joh 15,1–8. vnnd sagt: Ein jtzlicher Baum, der nicht gute fruͤchte bringet, wird abgehawen vnnd ins fewer geworffen.Mt 7,19. Diese vnnd dergleichen sind vber alle masse viel spruͤche, gleichnisse, Exempel, verheissung vnnd drauungdrawung: B. inn der heiligen Schrifft, die vns reitzen vnnd vermanen zu guten wercken, Das also ein jeder Christ fest schliessen sol, das gute werck
geschehen muͤssen, wo es das vermoͤgen, zeit vnnd gelegenheit gibt, oder ist gewißlich da kein rechter glaube, kein heiliger Geist, kein rechter brauch der Goͤtlichen gnade. Denn wie die fruͤchte natuͤrlich dem Baum folgen, also folget dem glauben, Gottes gnaden vnd heiligem Geiste ein gut leben. Darumb denn alle Prediger vnnd Lerer mit fleis vnnd mit trewen auch A 3v leren
vnd vermanen sollen zu guten wercken, wie sie leren vom glauben an Christum.

Aber doch so fleissig, als man leren vnnd vermanen sol zu guten wercken, So grosser fleis wil auch gehoͤren, das man dasselbige thu mit rechter bescheidenheit vnnd vnanstoͤssigen oder vnergerlichen worten, das man den
wercken nicht zu viel, noch zu wenig gebe. Das man also von wercken predige, das der glaube nicht mit den wercken vermenget, der artikel von der rechtfertigung oder seligkeit vnd ein gewisser vnd bestendiger vnterscheid des Gesetzes vnnd Euangelij erhalten, auch die gewissen nicht inn ein falsch vertrawen oder zweiffel gefuͤret Vnd darzu auch one ergernis fried vnd einig
keit, beide: der Lehr vnnd zuhoͤrer, erhalten werde.

Vnnd wiewol, als oben angezeigt, keins gut ist, den wercken zuuiel oder zu wenig geben, vnnd hierinnen gantz fuͤrsichtig geleret vnnd gehandelt werden sol. Doch wo inn einem solte vbertreten werden, wehre besser den wercken zu wenig denn zu viel zuzuschreiben. Denn so man jm zu wenig thut, so
erkennet man auch natuͤrlich,nach dem Maßstab des natürlichen Rechts; ohne die Offenbarung der Heiligen Schrift, insbes. des Evangeliums. das vnrecht ist. Vnnd sind dazu verordent Gesetz, Recht, Oberkeit der Land vnd Haußhaltung, die solches koͤnnen vnnd sollen straffen. Wenn man aber den wercken zu viel gibt, so erkennet es Menschliche vernunfft nicht, ist niemand, der es straffe, denn allein der heilige Geist straffet die Welt vmb die gerechtigkeit durchs Euangelion vnnd
wird erkant im glauben. One das fallen aller Menschen hertzen dahin vnnd achtens fuͤr koͤstlich ding, machen daraus Gottesdienste, beten an oder, wie Job sagt,Vgl. Hi 31,27 (): Hat sich mein hertz heimlich bereden lassen / das meine hand meinen mund küsse? In Marginalie b wird erläutert: Hand küssen / Heist seine eigen werck preisen / Welchs allein Gott zugehöret. kuͤssen jrer hende werck, welches die groͤste Gotteslesterung ist. Derhalben, weil die Proposition A 4r Gute werck sind noͤtig zur seligkeit vnnd das vnmuͤglich sey, one gute werck selig werden, jrem natuͤrlichen
verstand vnnd den worten nach Guten wercken zu viel vnnd das gibt, das jnihnen. nicht gebuͤret,geburet: B. schliessen wir, das sie fuͤr dem gemeinen volck nicht solle gepredigt noch geleret werden, aus folgenden vrsachen:

Zum ersten: Die Proposition oder Schlußrede Gute werck sind noͤtig zur seligkeit vnnd ist vnmuͤglich, one gute werck selig werden Jst ein grund vnnd
pfeiler des gantzen Babstumbs. Denn da man geleret vnnd die Leute beretberedet, überredet, ihnen weisgemacht, sie hat glauben machen hat, das gute werck noͤtig sind zur seligkeit, da ist alle welt auff die werck gefallen vnd nicht benuͤgt gewesthat sich nicht genügen lassen. an den wercken, die Gott geboten vnnd allein im grund gute werck sind. Sondern was ein jeder hat koͤnnen oder moͤgen erdencken, das nur einen schein gehatwas nur irgend fromm aussah. vnnd aus guter meinung ge
schehen ist, das haben muͤssen gute werck sein vnd heissen. Das also aus dieser Proposition erbawet sind die opera Supererogationis,auch: opera supererogatoria, überpflichtigen, verdienstlichen Werke. das ist: werck, die mehr vnnd groͤsser sind, auch bessere vnnd volkomener Christen machen sollen, denn die Gott geboten. Vnd sind also daraus erwachsen alle Orden der Geistlichen, vnterschied der Diener der Kirchen vnnd der Leien, aller Ablas
des Babsts, Geluͤbd,Geluͤmbd: B. Bruͤderschafften, Anruffung der heiligen, Walfarten, Fegfewer, vnd des gantzen Babstumbs mißbreuche vnnd geschwuͤrmÄußerlichkeiten, Firlefanz, Geplapper. Vgl. , 1428. ist erfolget aus dem, das man geleret: Gute werck sind noͤtig zur seligkeit. Vnd ist also dadurch der glaube erloschen, Christus begraben, das man von seinem warhafftigen vnnd seligmachenden ampt nichts verstanden noch
gehalten hat. Darumb billich eine solche weise, von wercken zu reden, solte vnterlassen werden.

A 4v Zum andern, So hat es viel muͤhe vnnd arbeit gestanden,erfordert, gekostet. Vgl. , 1624f. das man diese wort aus der Kirchen mit bestendigem grund der heiligen Schrifft gebracht, das nicht gute werck, sondern der glaube alleineallein: B. gerecht, from vnnd
selig mache. Daruͤber sind viel disputationes gehalten, vnnd hat der selige vnnd theure Man Doctor , vnser lieber Herr vnnd Praeceptor, der ein warhafftiger werckzeug Gottes gewest, das zum hoͤchsten wider die Papisten gestritten:gestritten: B.dies mit größtem Nachdruck gegen die Papisten verfochten. Das nicht gute werck, sondern der glaube allein gerecht vnnd also auch selig mache; das nicht die werck, sondern der glaube
noͤtig sey zur seligkeit. Vnnd haben viel theurer Menner vnnd Christen daruͤber gelieten vnnd jr Blut vergossen. Denn dem Babst ists alleineallein: B. vmb die Proposition zu thun Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, vnnd das man one gute werck nicht koͤnne selig werden. Wenn er die, oder auffs wenigste nur die wort erhelt, so bleibtbleibet: B. er wol stehen vnnd erhelt das ander alles. Weil nu
die weise, von guten wercken zu leren, aus vnsern Kirchen durch Gottes gnad vnnd vermuͤg seines seligmachenden wortes mit viel muͤhe, arbeit vnnd leidens hinweggebracht, so sollte man je billich malum bene sopitumein ruhig/tief schlafendes Übel. Wohl sprichwörtlich: malum bene (con)sopitum non est movendum. Etwa so viel wie: Man soll keine schlafenden Hunde wecken. schlaffen lassen Vnnd das fewer, so in die aschen geschorren,(ein)gescharrt. Die Assoziation zum vorhergehenden Ausdruck dürfte zurückgehen auf die idiomatische Wendung ignis sopitus = unter der Asche glimmende Glut. nicht widerumb auffblasen.anblasen, neu entfachen. Vgl. , 343f. Dieweil doch sonst – Gott lob – wort, spruͤchesproͤche: B. vnd Exem
pel der heiligenheillgen: B. Schrifft gnug sind, dadurch man leren kann, das gute werck geschehen sollen von den gleubigen.

Zum dritten: Die zwo Propositiones Gute werck sind noͤtig zur seligkeit Vnd allein durch den glauben wird man gerecht vnnd selig – Wenn sie geleret werden, ist vnter hunderten nicht eins, so es hoͤret, das sie anders
vorstehet, denn das sie Contrariae, wider einander sind. WerdenWenn: B. sie B 1r nu verstanden als Contrariae, so mus ja eine als war vnnd die ander falsch geachtet werden. Nu hat die Proposition one gute werck wird man gerecht vnnd selig grund der heiligen schrifft. Denn so sagt Paulus zu Tito am iij. Cap.: Nicht nach den wercken der gerechtigkeit, die wir gethan haben,
sondern nach seiner barmhertzigkeit hat er vns selig gemacht.
Tit 3,5. Vnd zun Ephe. am ij.: Aus gnaden seitseid: B. jr selig worden durch den glauben, vnd dasselbige nicht aus euch: Es ist Gottes gabe, vnd nicht aus den wercken, das sich nicht jemandts rhuͤme.Eph 2,8f. Vnnd der heilige Prophet Jesaia sagt am xliij. Capit.:Jes 43,21–28. Dis volck hab ich mir zugericht, es sol meinen rhum erzelen.
NichtNich: B. das du mich hettest geruffen, Jacob, odderoder: B. das du vmb mich gearbeitet hettest, Jsrael. Mir zwar hastu nicht bracht Schaff des Brandopffers, noch mich geehret mit deinen opffern, mich hat deines diensts nicht geluͤstgelust: B. im Speisopffer, hab auch nicht lust an deiner arbeit im Weirauch, mir hastu nicht vmb gelt kalmeshebr. קָנֶה = Würzrohr. Kalmus = eine Sumpfpflanze, deren Wurzel als Heilmittel bei Magenbeschwerden eingesetzt wurde. gekaufft, mich hastu mit demden: B. fetten deiner opffer
nicht gefuͤllet; ja mir hastu arbeit gemacht inn deinen Suͤnden vnnd hast mir muͤhe gemacht inn deinen missethaten. Jch, ich tilligetilge: B.tilge. Zur Form vgl. , 499f. deine vbertrettung vmb meinentwillen vnd gedencke deinerdiener: B. Suͤnde nicht. Erinnere mich, las vns miteinander rechten. Sage an, wie du gerecht wilt sein? Deine voreltern haben gesuͤndiget, vnnd deine Lerer haben wider mich mißgehandelt. Darumb
habe ich die Fuͤrsten des heiligthumbs entheiliget vnnd habe Jacob zum Ban gemacht vnd Jsrael zum hon.

Allhie vnnd der gleichen in vielen spruͤchen der heiligen schrifft, wo sie von gerechtigkeit vnd seligkeit der Menschen redet nach dem Euangelio, werden gute werck reinvöllig, ganz und gar. Vgl. , 698f. als noͤtig zur seligkeit ausgeschlossen. Sollen nu die Leute
nicht jrrig gemacht werden, so mus man sich der wort B 1v enthalten Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, denn sie werden widerwertiggegensätzlich. Vgl. , 1369f allezeit verstanden: Der glaube allein macht gerecht vnnd selig, vnnd gute werck sind noͤtig zur seligkeit.

Zum vierden: Ob man schon fuͤrgibt,furgibt: B. man sage nicht, das gute werck noͤtig
sind tanquam causa, als ein vrsach oder verdienst der seligkeit, so sind doch die wort gefehrlich geret vnnd beduͤrffen allezeit einer starcken glossa vnnd viel außlegens. Weil sie denn nu geferlich vnnd viel außlegens beduͤrffen, Worumb moͤchte man denn nicht viel lieber von dieser sache mit einfeltigern vnnd wenigern worten reden? Sagt doch , vnd ist recht geret:
Peccatum est fieri per plura, quod fieri poterit per pauciora – Was mit wenigen einfeltigen vnnd vnergerlichenunmissverständlichen, unanstößigen. Vgl. , 175f. worten geret werden kann, das sol man nicht mit vielen thun.Die Sentenz geht wohl auf zurück. Vgl. die weit verbreitete Sammlung des Franziskaners (wirkte um 1300 in ), auch bekannt unter dem Titel , worin es heißt []: Melius est ponere principia finita quam infinita, ex quo habetur quod peccatum est fieri per plura quod potest fieri per pauciora. Darumb diese einrede nicht viel stat haben kan.

Zum fuͤnfften: Ob man aber auch sagen wolt, man thu es darumb, das man das gemeine volck dadurch zu guten wercken wolle bewegen, ist wol eine
gute meinung. Wie wil man aber die Leute zu guten wercken, das sie im glauben recht geschehen,geschen: B. bewegen, durch wort ausserhalb der schrifft, die sichsie: B. Gottes wort selbst nicht bereden lassen? Darumb eben wie die Kinder, die sich des Vaternsic A, B. rute nicht zihen lassen, werden dem Hencker zu teile, also auch wer sich Gottes wort nicht from machen lest, gehoͤret zum Teuffel.
Denn die wort Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, wenn sie schon from machen, so geschiets mit falschem wan vnnd lauterer heucheley, denn sie meinen, das sie dadurch wollen selig werden.

Zum sechsten: Das man auch fuͤrgebenfurgeben: B. will, solche wort Gute werck sind noͤtig zur seligkeit sind wort der heiligen schrifft, so weis ich mich doch
fernerweiter, an mehr. nicht B 2r zu erinnern, denn das die heilige schrifft vermane zu guten wercken, das die als fruͤchte des glaubens folgen vnd die gleubigen jm stande der guten werck sich sollen finden lassen. Aber noͤtig zur seligkeit habe ich nicht gelesen.

Zum siebenden: Die Proposition Gute werck sind noͤtig zur seligkeit vnd ist
vnmuͤglich one gute werck selig werden
ist wol war nach dem Gesetz, denn das sagt: Wiltu zum leben eingehen, so halt die gebot, Math. xix.Mt 19,17. Vnnd Christus sagt zu dem Schrifftgelerten Luc. x.:Lk 10,28. Thu das, so wirstu leben. Aber nach dem Euangelio sagt S. Paulus Rom. iij.:Vgl. Röm 3,28. wir schliessen, das der Mensch gerecht (vnd also auch bald selig werde): A, B.selig) werde allein durch den glauben
one die werck des Gesetzes.
Vnnd zun Roͤm. am x. cap.capitel: B.:Röm 10,5–9. Moses schreibt wol von der gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kuͤmpt: Welcher Mensch dis thut, der wird darinnen leben. Aber die gerechtigkeit aus dem Glauben spricht also: Sprich nicht in deinem hertzen: Wer wil hinauff gen Himmel faren? (das ist nicht anders, denn Christum herab holen) Oder wer wil hinab
in die tieffe faren? (Das ist nicht anders, denn Christum von den todten holen) Aber was saget sie? Das wort ist dir nahe, nemlich in deinem munde vnnd inn deinem hertzen; das ist das wort vom glauben, das wir predigen. Denn so du mit deinem munde bekennest Jhesum, das er der Herr sey, vnd gleubst in deinem hertzen, das jn Gott von todten aufferwecket hat, so wirstu
selig.
Dieweil denn nu vnser ampt nicht ein ampt des Buchstabens noch des Gesetzes ist, sondern des Geistes vnnd Euangelions:Vgl. II Kor 3,6. Worumb solte man denn nicht viel lieber des Geistes vnd Euangelions wort gebrauchen vnd mit Christi holdseligen worten denn mit Mosi schwerer zungenVgl. Ex 4,10. reden?

B 2v Zum achten: Wenn ein armes gewissen, das beretbered: B. wird, das gute
werck noͤtig sind zur seligkeit vnnd das niemand one gute werck moͤge selig werden, so ist es vnmuͤglich, das es inn der eussersten not bestehen vnnd seiner seligkeit gewis sein koͤnnte. Denn es fehet so bald an zu disputirn, ob es auch gute werck gethan habe, wie viel der sein vnnd wie sie geschehen sind. Wenn es denn nu da mangel vnnd gebrechen findet, wie allezeit
geschehen mus, weil wir das Gesetz nicht erfuͤllen – Vnd darumb Salomon sagt: Es ist kein gerechter, der guts thu vnnd nicht suͤndige,Vgl. Koh 7,20. vnd Paulus spricht, das wollen habe er wol, es feilefehle, mangele, misslinge. Vgl. , 1423–1426. jhm aber am volbringenVgl. Röm 7,18. – vnnd sollen doch noͤtig zur seligkeit da sein, so mus es anfahen zu uorzweiffeln. Worumb wil oder sol man denn einer solchen geferlichen rede gebrauchen,
die wider das gantze heilige Euangelion den Leuten zu zweyffeln vnnd folgendts zur ewigen vordamnisverdamnis: B. vrsach gibt?

Zum neunden: Wenn man solche wort gebrauchen vnnd inn Kirchen leren sol, weis ich nicht, wie der vnterscheid des Gesetzes vnnd Euangelij wil erhalten werden. Denn man declarire daran, wie vnnd was man kann, vnnd
gloßire, so lang man will, so bleibt es doch eineein: B. Legalis Propositio vnnd sol gleichwol noͤtig sein zur seligkeit, da doch das Euangelion sagt: Vnum est necessarium.Lk 10,42. Vnnd wird also nach einfeltigem laut dieser wort den wercken das geben, das dem glauben vnnd Christo alleine gehoͤret. Werden nu Gesetz vnnd Euangelion wider in einander vermenget, so entstehet wider
aller vnrat, der zuuor in Kirchen gewesen ist. Denn das die Muͤnche vnd gantzes Babstumb die zwo leren nicht haben wissen zu vnterscheiden, daraus sein allerley jrthumb, mißbreuche vnnd falsche leer entstanden, vnd diese vrsach ist sehr wol zu mercken.

B 3r Zum zehenden: Es mus ja ein vnterscheid sein zwischenzwisschen: B. der Juͤden,
Tuͤrcken vnnd Papisten glauben vnd vnserm heiligen, waren, Christlichen glauben, sonderlich inn dem fuͤrnemstenfurnemsten: B. vnnd wichtigesten stuͤck, das ewig leben belangend. Nu bekennen vnd sagen Juͤden, Tuͤrcken, Papisten vnnd alle Heiden: Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, vnnd ist vnmuͤglich on gute werck selig werden. Alleine wir Christen sagen, das wir durch den glauben
an Jhesum Christum one zuthun vnserer werck selig werden. Solchen vnterscheid sollen wir billich erhalten, welchs nicht geschehen wird, so man leren sol: Gute werck sind noͤtig zur seligkeit.

Zum eilfften: S. Paulus sagt, das Euangelion sey ein wort des Creutzes, ergerlich den Juͤden, vnnd ein torheit fuͤrfur: B. den Heiden,Vgl. I Kor 1,18.23. vnd ist hart wider die
falschen Lerer, so den Juͤden zu gefallen die gerechtigkeit des Gesetzes lereten vnnd also hiedurch das Creutz fliehen vnd widerwertigkeit vermeidenvormeiden: B. wollten, vnnd heists Euacuare crucem Christi.Vgl. I Kor 1,17. Vnnd das geschihet eben durch diese wort auch: Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, vnnd ist vnmuͤglich one gute werck selig werden. Denn die fichtet widerweder. Juͤd, Tuͤrck, Pa
pist noch einige pforte der hellenVgl. Mt 16,18. an. Alleine das koͤnnen keine leiden: One gute werck, allein durch den glauben an Jhesum Christum wird man gerecht from vnnd selig. Sollen vnnd wollen wir nu dem Herrn das Creutz nachtragen,Vgl. Mt 10,38; 16,24. so muͤssen wir bey der Lehr vnnd worten des heiligen Euangelij bleiben vnd die andern, so denen entgehenentgegen, zuwider. lauten, faren lassen.

Zum zwelfften: Wenn S. Paulus allein vnnd inn sonderheit von guten wercken redet, so kan er die guten werck nicht gnugsam rhuͤmen vnd wil eines guten leben halben vnstrefflich sein,Vgl. II Thess 2,10. als der jhm selbst nichts bewust,Vgl. I Kor 4,4. B 3v welches sich auch allezeit alle frome Christen befleissen vnnd nach guten wercken eiuerig sein sollen. Wenn er aber auff den Artickel von der
Iustification, wie man fuͤr Gott gerecht, from vnnd selig werde, zu reden oder schreiben kuͤmpt, so sagt er, seine werck sind kot vnd dreck, verwirfft alle gerechtigkeit des Gesetzes, auff das er der gerechtigkeit Christi durch seine aufferstehung moͤge teilhafftigteilgafftig: B. werden.Vgl. Phil 3,7–11. Welchs viel anders geret ist, denn das man sagt: Gute werck sind noͤtig zur seligkeit.

Zum dreizehenden: Menschliche vernunfft weis von keiner andernanderer: B. gerechtigkeit, denn die da stehet inn guten wercken, vnnd nicht alleine das, sondern das sie auch, durch dieselbigen mit Gott versuͤnet, den Himmel vnnd das ewige leben verdienen solle vnd koͤnne. Von der gerechtigkeit aber des glaubens verstehet vnnd weis sie weniger denn nichts. Daher denn S. Paulus die-
selbige nennet MysteriumMisterium: B. a seculis absconditum – Ein geheimnis, das von anfang der welt her verborgen gewest.Vgl. Kol 1,26. Darumb denn auch aller Menschen vernunfft ersterben vnd vntergehen mus, wenn sie, durch Gottes wort vnnd den heiligen Geist erleucht, sich inn dieselbige mit glauben sol ergeben, welchs sie aber schwer vnnd sawer ankuͤmpt, vnnd das gewissen sich nicht
viel weniger engsten mus, denn leiblich zu sterben. Aber durch gute werck selig zu werden, das gehet jr glat ein. Weil nu diese Proposition solchen verkerten sinn vnnd meinung der verderbten natur bestetiget, so wird sie je billich vnterlassen.

Zum vierzehenden: Ob man wol viel erklerens oder außlegens macht, wenn
man saget: Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, das man nicht meine, als sind gute werck causa efficiens, sondern allein causa finalis, das ist: das B 4r gute werck nicht die seligkeit verdienen, sondern derselbigen folgen, so ist doch der laut dieser wort anders, denn man jn wil verstanden haben, vnnd verbleibt bey den schwachen im glauben nicht, wenn sie hoͤren: Gute
werck sind noͤtig zur seligkeit, vnnd ist vnmuͤglich one gute werck selig werden
; sie meinen, das sie auch dadurch die seligkeit verdienen. Vnnd im fal, da die wort von allen also verstanden wuͤrden jtziger zeit, wie man sie auslegt, so wird doch bey den nachkomen ein mißuerstand daraus erwachsen. Denn sie lauten jrer art vnnd natur nach, das sie mehr zum verdienst denn zur
folge muͤssen verstanden werden. Gleich als wenn man sagt: Wein, Bier oder wasser ist noͤtig, den durst zu leschen, da verstehet niemand, das sie dennden: B.dann. folgen sollen, wenn der durst geleschet ist, sondern das sie ein vrsach sind, dadurch der durst geleschet wird. Also ists auch mit den worten Gute werck sind noͤtig zur seligkeit.

Zum funffzehenden: Erfolget der mißuerstand daraus, das, wo die Leute gleuben vnnd halten, Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, so ist es vnmuͤglich, das man die Lehr erhalte Christus allein ist vnser gerechtigkeit vnnd seligkeit, durch glauben allein werden wir gerecht vnd selig, Gottes barmhertzigkeit allein macht gerecht vnnd selig, vnnd muͤssen die Leute dem
Tridentischen Concilio,Am 28. April 1552 war die zweite Sitzungsperiode des Konzils von zu Ende gegangen, mit der Suspension des Konzils auf unbestimmte Zeit. Die dritte Tagungsperiode begann am 18. Januar 1562. Vgl. , 225–232, hier 228f. dem Jnterim, ja dem gantzen Babstumb, wo es am besten ist, zufallen, das man beide, durch glauben vnnd werck, selig werde.

Zum sechzehenden: Es ist vnmuͤglich, das die Proposition one ergernis koͤnne oder muͤge geretgelert: B. oder geleret werden. Denn es bekennen alle frome Christen, wenn sie die wort hoͤren, das sie sich daran stossen wie an einen stein,
B 4v der im wege an einem finstern ort ligt. Denn sie sagen, das man sind der zeitsind der zeit = seitdem. das Euangelion gepredigt worden, alsoin solcher Weise, so. nicht geret noch geleret hat. Weil denn Christus sagt: wehe dem, durch welchen ergernis geschihet!,Mt 18,7. so solteB; solten: A. man billich solch ergernis, daswas, wie es. doch sehr wol durch bessere weise vnd wort geschehen kan, verhuͤten.… so sollte man solches Ärgernis sinnvollerweise verhüten, was doch recht gut durch geeignetere Ausdrucksweise und Worte geschehen kann.

Zum siebenzehenden: So confirmirt vnnd bestetiget diese Schlusrede Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, vnd ist vnmuͤglich one gute werck selig werden alle heuchelerheuchler: B. vnnd halsstarrige werckheiligen. Machet jnen, sonderlich zu dieser zeit, einen mut, wider die reine Lehre des Euangelij hinfuͤrkünftig. Vgl. , 1434. hefftiger dasselbig zu lestern (vnnd wie sie sich hoͤren lassen), als habe man
zuuor noch nie recht von guten wercken geleret. Wer denen nu hierinnen hofierenzu Diensten sein. Vgl. , 1681. wil (das billicher dem Teuffel denn einem Euangelischen Lerer gezimpt), der mags auff sein ebentewerauf eigene Gefahr. Vgl. , 27f; , 16f. thun, Christus vnnd Belial werden sich doch nicht vertragen,Vgl. II Kor 6,15. wo nicht sonderlich hochgelerte mitler darzwischendarzwisschen: B. komen.Ironischer Nachsatz.

Zum achzehenden: Es ist nicht breuchlich inn der sprach, das man sagt von etwas, so eines dinges natuͤrliche folge ist, es sey noͤtig zu demselbigen. Als man pflegt nicht zu sagen: Die frucht ist noͤtig zum Baume. Sondern wenn ich die art oder natur eines guten Baumes zeigen will, sage ich: Der Apffel zeugetbelegt, beweist. Vgl. , 851f. die guͤte, art vnd natur des Baumes.

Also auch, dieweil die werck eine natuͤrliche folge sind des glaubens, so sollte man je die regel auch halten im reden vnnd leren, das man nicht sagte: Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, Sondern: Gute werck folgen vnnd sind eine natuͤrliche art der Kinder Gottes, die bereitanbereits. Vgl. , 1388. selig worden sind durch den glauben, oder: Wo nicht gute werck sind, da ist auch kein rech
ter glaube noch seligkeit, wie auch da kein rechter fruchtbar Baum ist, wo nicht frucht verhanden C 1r ist,
vnnd das were one fahr vnd vnergerlich nach brauch vnnd gewonheit aller Kirchen geret, darinnen das heilig Euangelion rein geleret wird.

Vnnd im fal, da man sagte: die frucht ist noͤtig zum Baume, so brechte das
kein ergernis nachnoch. mißuerstand, sondern were allein ein vnbequemeunpassende, ungeeignete. Vgl. , 320. vnnd vnbreuchliche rede. Denn allhie redet man von einem natuͤrlichen dinge, das der vernunfft bekannt, vnnd niemant derhalben schliessen wuͤrde, als machte ein guter Apffel einen guten Baum. Wenn man aber von guten wercken redet vnnd spricht: Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, so schleust vnsere ver
nunfft nicht wie in natuͤrlichen dingen, das sie allein eine folge oder frucht sind, sondern sie verstets als ein vrsach oder verdienst des ewigen lebens, weil sie sonst nach dem Gesetz vnnd natur oder vernunfft keinen andern verstand von guten wercken kan haben.

Ob man aber hie sagen will: Beume sind an jrer natur durch die Suͤnde nicht
verterbt, vnnd bringt ein jglicher seiner art vnnd natur nach frucht, darzu er von Gott geschaffen, man darffmuss (keinen). keinen dazu vermanen noch treiben, Aber die Menschliche natur ist verterbt vnnd thut nicht, was jr Gott befolen, darumb so mus sie vermant, gereitzt vnnd getrieben werden.
Das ist alles war, aber es solte mit worten, die zur besserung vnnd nicht zum ergernis dienen,
geschehen. Denn es ist die Menschliche natur disfalles mehr verterbet, das sie die wort als zum verdienst verstehet vnnd annimpt, denn das sie sich dadurch zu guten wercken bewegen lasse. Thut sie aber, durch diese wort bewegt, gute werck, so thut sie die darumb, das sie dadurch wil selig werden, welchs Abgoͤtterey vnnd ein falscher wan ist wider Gott, Christum vnnd vnsern
heiligen Christ-C 1vlichen glauben. Darumb wir ferner schliessen, das man sich solcher wort solle zu leren enthalten.

Zum neunzehenden: Man helt,geht davon aus, nimmt an. Vgl. , 298. die heiligen Aposteln haben die Artikel des Christlichen glaubens gestelt;aufgestellt, verfasst. Vgl. , 2205f. darinnen stehet also: Jch gleube eine vergebung der Suͤnde vnnd ein ewiges leben. Es stehet nicht: Gute werck sind
noͤtig zur vergebung der Suͤnde vnnd ewigem leben, oder ist vnmuͤglich one gute werck selig werden.
Denn gleuben vnnd wircken sind zwey vnterschiedlichevnterscheidliche: B. ding, ja sie sind widerwertig,gegensätzlich. Vgl. , 1369. das, wo glaube noͤtig ist zur seligkeit, da koͤnnen nicht werck dazu noͤtig sein. Gleich, wo das Gesetz ist vnnd regiret, da kan nicht das Euangelion sein vnd regiren, wie man an dem
Phariseer vnd Zoͤlner sihet: Der Phariseer meinet, gute werck sind noͤtig zur seligkeit, vnd das man one gute werck nicht moͤge selig werden. Darumb ist er auffgeblasen vnd kan das Euangelion nichts inn jm schaffen, das er gnade vnnd barmherzigkeit begerte. Aber der arme Zoͤlner, der erkennet, das er keine gute werck habe vnnd gute werck zur seligkeit wider nuͤtz noch not
sind. Darumb spricht er: O Gott, erbarm dich vber mich armen Suͤnder!, vnd der steigt auch gerechtfertiget vnnd selig hinab inn sein Haus.Vgl. Lk 18,9–14. Darumb wie die Sterne am Himmel verbleichen vnnd keiner gesehen wird, wenn die Sonne im hellen Mittage stehet, also sollen verbleichen alle werck vnd keiner gedacht werden, wenn man von vergebung der Suͤnde vnnd seligkeit redet.
Denn da ist die Sonne Jhesus Christus auffgangen, inn der leuchtet eitel gnade vnd barmhertzigkeit Gottes.

Zum zwentzigsten: S. Paulus gebeut, das man nicht alleine reine Lehre habe inn der Kirche, sondern C 2r das man die auch gebe durch reine vnnd gesunde wort. Wie er denn sagt: Halt an dem fuͤrbilde der heilsamen wort,
die du von mir gehoͤret hast.
II Tim 1,13. Weil denn die heilige schrifft nirgent leret noch redet die wort Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, so koͤnnen sie auch nicht heilsame wort nach S. Paulus wort sein. Denn ob man das wort noͤtig oder notwendig wol zulassen moͤchte, das aus der schrifft meinung, aber doch mit andern worten geret wird, so ist aber doch das zu viel, das die
Proposition sagt: Sie sind noͤtig zur seligkeit; das ist zu viel, vnd viel zu viel. Darumb, ob man schon zuliesse Gute werck sind noͤtig, so mus doch das vberigevbrige: B. hinweg: zur seligkeit. Dieser zusatz klingetstimmt (nicht) überein, passt (nicht) zusammen. Vgl. , 1122. nicht mit dem Euangelio.

Darumb, man glosire oder declarire an der Proposition, was man kann oder
mag, fechten wir dieselbigedieselbigen: A, B. declaration des verstandsdes Sinns, der Bedeutung. halben zum teil fuͤrnemlich nicht an, sondern dieweil diese Proposition ein grundfesteB; grunfeste: A.Fundament, Basis. Vgl. , 804. vnd pfeiler ist des verdampten Babstumbs; ist aus der Kirche, durch vermoͤgeKraft, Fähigkeit. Vgl. , 881f. Goͤtlichs worts, mit grosser fare, muͤhe vnnd arbeit hinweggethan; ist wider die Proposition der glaube allein macht gerecht vnd selig; bedarff viel
glosirens oder außlegens, machet nichts deste froͤmer;macht dennoch nicht frömmer. Vgl. , 1034f. ist nicht nach art der schrifft geret, denn allein nach dem Gesetz; vermenget dasselbig mit dem ampt des Euangelij; treibt die gewissen inn der not zu zweiffeln; vermengt den Christlichen glauben mit andern vnglauben; hebt das Creutze Christi auff; heist nicht mit S. Paulus die guten werck kot vnnd dreck, wenn es die
seligkeit belanget;Vgl. Phil 3,8. bestettiget Menschliche vernunfft in jhrem mißuerstand von der gerechtigkeit vnnd seligkeit, das sie stehe in wercken; verterbt die reine Lehr, auffs wenigst bey den nachkomen, vnd kan der grund nicht erhalten werden aus gnad vnd barmhertzigkeit Gottes durch den C 2v verdienst Jhesu Christi werden wir selig Allein durch den glauben. Es ergert
die frommen; confirmirtbestärkt. die heuchler vnnd widerwertigen;Gegner, Widersacher. jst nicht breuchlich, von einer natuͤrlichen folge also zu reden; kompt nicht vberein mit dem Artickel Jch gleube eine vorgebungvergebung: B. der Suͤnde Vnnd ist verbotten durch S. Paulus, wort on die schrifft oder wider dieselbige zu gebrauchen.Vgl. Gal 1,8. So ist es vmb solcher vnnd anderer vrsachen willen nuͤtz vnd gut, ja auch noͤtig, das
man die Proposition ruhen lasse, auch vmb fried vnnd einigkeit willen in der Kirche.

S. Paulus sagt zu Tit. am ij.:Tit 2,11–15. Es ist erschienen die heilsame gnade Gottes vnd zuͤchtiget vns, das wir entsagen dem Gottlosen wesen vnnd weltlichen luͤsten vnnd zuͤchtig, gerecht vnd Gottselig leben in dieser welt, vnd warten
auff die selige hoffnung vnnd erscheinung des grossen Gottes vnnd vnsers heilandts Jhesu Christi, der sich selbst fuͤr vns gegeben hat, auff das er vns erloͤste von aller vngerechtigkeit vnnd reiniget jm selbst ein volck zum eigenthumb, das fleißig were zu guten wercken. Solchs rede vnd vermane vnd straffe mit gantzem ernst.

Jtem am iij. Cap.:Tit 3,8. Solchs wil ich, das du festeifrig, ernsthaft. lerest, auff das die, so an Gott gleubig sind worden, inn einem stand guter werck funden werden.

Vnd hernach spricht er: Las aber die vnsern lernen, das sie im stand guter werck sich finden lassen, wo man jr bedarff.Tit 3,14.

j. Thimo. v.:I Tim 5,8. Wer seinem hause nicht wol fuͤrstehet, der ist ergerschlimmer. denn ein Heide. Christus verflucht den Feigenbaum, der alleine bletter vnnd nicht auch fruͤchte treget,Vgl. Mt 21,19. vnd heisset denen, so andenen, so an = denjenigen, der ohne. ein hochzeitkleit funden wird, mit gebundenen henden vnnd fuͤssen in die eusserste finsternis werffen.Vgl. Mt 22,11–13. Wen diese vnnd dergleichen spruͤche vnnd exem-C 3rpel nicht zu
guten wercken bewegen, der fare hin. Vnd gebe Gott, das wir in reiner Lere mit gesunden worten inn fried vnnd einigkeit des glaubens vnd lebens warhafftig im Reich Christi leben vnnd sterben Vmb desselbigen seines lieben Sons JhesuJesu: B. Christi willen. Amen.

Am ende: Dieweil etzlicheetzlich: B. Leute sind, die da meinen, das man durch diese
Proposition vnnd andere weise muͤsse die Leute wider from, zuͤchtig vnnd gehorsam machen – geben damit zu uorstehen, das sie dafuͤrhalten, als sey es nicht gnug, das man die heiligen zehen gebot predige vnnd die Leute zu guten wercken mit worten vnnd exempeln der heiligen schrifft vermane, ja wennwen: B. sie es reden doͤrfften, wie sie gedencken, wuͤrden sie villeicht sagen,
das die Lehr, wie sie getrieben wird in vnsern Kirchen, eine vrsache sey alles des vbels vnnd vntugent, so jtzund geschihet – So wollen wir vmb der einfeltigen vnd schwachen willen anzeigen, woher es komme, das man sagt, es gehe vnnd stehe erger jtzund, sind dassind das = seitdem. man das Euangelion rein gepredigt, denn jemals zuuorn, vnnd niemand thut mehrmer: B. etwas guttes:gutes: B.

Erstlich, so mus man bekennen, das, wiewol die welt nie gut gewesen vnnd arges vnnd vbels allezeit geschehen ist, jtzund villeicht erger ist, denn zuuor gewesen. Aber das sol niemand dem Goͤttlichen wort aufflegen,anlasten. Vgl. , 534f. das dasselbigdasselbige: B. die vrsach sey. Sondern die erste vrsach ist der boͤse feindder Teufel. Vgl. Mt 13,39. vnnd verterbte natur der Menschen, welcher ein vnreiner geist istVgl. Hiob 14,4. vnnd gerne
alles wolte vnrein machen, sonderlich aber zu der zeit vnnd an den oͤrtern, da Gottes wort rein gepredigt wird, welchs, wo ers durch falsche Lehr nicht kan verterben, so besudelt ers doch durch ein ergerlichanstößiges. Vgl. , 74. leben. Vnnd die nicht widerumb new geborn sind durch C 3v den heiligen Geist vnd das heilige Euangelion,Vgl. Joh 3,3.5. mit fleischlichen oren allein hoͤrenVgl. Röm 8,5–8; Mt 13,13–15. vnnd den newen Most
inn alte Schleuche fassen,Vgl. Mt 9,17. helffen dem leidigenwiderwärtigen. Sathan nach all jrem vermuͤgen,vernuͤgen: B. vnnd das ist die erste vrsache.

Zum andern, so sind jtzund die letzten zeiten, dauon Christus gesaget, das die boßheit werde vberhand nemen vnnd die liebe erkalten.Vgl. Mt 24,12. Vnd weil der Sathan vermerckt, das sein gerichte nu herzu nahet vnnd der Menschen natur
nu viel schwecher vnnd gebrechlicher ist, denn etwas,je zuvor (?), vormals (?). so tobet er desto greulicher, vnnd kan jhm die abgemattete natur nicht grossen widerstand thun.

Zum dritten, so ist des mehrern teils des argen vnnd vbels ein vrsach das leidige Babstumb. Darinnen hat man die Leute mit Menschensatzungen beschwert vnnd eingesperret, mehr denn man hat ertragen koͤnnen. Dieweil
man nu aber die gewissen hat frey machen muͤssen, so gehet es, als wenn man einen Vogel aus einem pauerVogelbauer, Käfig. oder Kinder, die man zu hart inne gehalten, auslest, wenn die auskomen,entkommen, die Freiheit erlangen, entwischen. so wissen sie der erledigungBefreiung. wider mas noch ende, wie sie derselbigen gnung mißbrauchen sollen.

Zum vierden: Das man sagt, man sehe nichts gutes, das jtzund die Leute
thun, kuͤmpt auch von der verfuͤrigenverführerischen, fehlleitenden. Vgl. , 365. Lehr des Babsts vnnd der Muͤnche. Denn die haben nichts fastsehr, wirklich. gute werck sein lassen, denn was sie selbst erdacht, als Vigilien vnnd Messen, WalfartenWolfarten: B. vnd heiligendienste, Kronencoronae = Kränze. vnnd Rosenkrentz beten, vnterschiedvnterscheid: B. der tage, speise vnnd kleidung vnnd was der gleichen mehr ist. Weil das geschwoͤrmdas irrende Tun, das Durcheinander. Vgl. , 4014; , 1428. gefallen,abgeschafft ist, in Fortfall gekommen. so achtetmeint. Vgl. , 167–169.
man, als geschehen keine gute werck mehr.

Das man aber Gottes wort lauter vnnd rein, treu-C 4rlich vnnd fleißig leret; die Sacrament im rechten brauch handelt; die jugent inn dem Catechismo vnterweiset, das ein kleines Kind von acht jarenVgl. : es weiß gottlob ein Kind von sieben Jahren, was die Kirche sei, nämlich die heiligen Gläubigen und die Schäflin, die ihres Hirten Stimme hören [vgl. Joh 10,3f.27] in vnsern Kirchen aufftreten, seinen Catechismum recitirn vnnd mehr dauon verstehet vnnd sagen
kann, denn alle Papistische Muͤnche vnd Pfaffen koͤnnen, wenn sie auch alle auff einem hauffen stuͤnden; die Leute zehenmal mehr denn vnter dem Babst jhre Beichte thun, die Absolution vnnd hochwirdiges Sacrament entpfahen;empfahen: B. der Ehestand vnnd Oberkeit hoͤher gepreiset vnnd gehalten wird denn zuuor; auch noch erbarkeit, Gott lob, von vielen im handel vnnd wandel bedacht
vnnd gehalten wird; die Leute vnnd auch kleine Kinder an jhrem letzten ende frisch vnnd getrost wider den Tod auff Christum vnnd etzliche mit dem Geistlichen lied Mit fried vnnd freud ich fare dahinVgl. ; . jre Seele vnnd leben auffgeben; jtem das sie Gott sonst recht anruffen, jn recht fuͤrchten vnnd vertrauwen, vnnd sonst andere von Gott gebotene werck mehr geschehen, der
man doch durch falschen schein der heuchelischen werck nicht achtet, das ist auch eine vrsach,Nämlich der im vorangegangenen Nebensatz genannte Umstand, dass die tatsächlich guten Handlungen wegen des falschen Nimbus der auf menschlicher Erfindung beruhenden angeblich guten Werke zu Unrecht gering geachtet werden. das man saget, es geschehe jtzundjtzundes: B. nichts gutes, die Leute thun keine gute werck mehr.

Zum fuͤnfften Jst ein vrsach, das, nachdem man die Oberkeit durch Gottes wort vnterweiset, das jr stand eine Goͤtliche ordenungordnung: B. sey vnnd sie darinnen
mit gutem gewissen wol vnnd Gottselig leben koͤnnen – Man zeigt jn auch an, was jr ampt erfordere, was sie zu thun vnnd lassen fuͤr Gott schuͤldig sind – vergessen jhrer viel jres von Gott befolenen ampts, mengen sich inn andere hendel,Angelegenheiten. Vgl. , 369f. lassen die Regiment gehen, als wol sie koͤnnen, vnnd bleibt das argeBöse. Vgl. , 68f. vnnd vbel vngestrafft, das gute, als friede, zucht, erbarkeit, gerechtig
keit, schutz der C 4v fromen, wird nicht gefoͤrdert, vnnd was die Prediger wider die Suͤnde sagen vnnd mit Gottes wort straffen vnd zum guten vermanen, geschihet durch die Oberkeit keine oder gar wenig Execution,Vollstreckung, Durchsetzung. so sie doch Gott dazu geordent, das sie vber seinem Gesetz haltendarauf achten, es aufrecht erhalten, durchsetzen. Vnd, wie einer der weisen saget, als ein lebendig Gesetz sein sollen.Vgl. : … Ut enim magistratibus leges, ita populo praesunt magistratus, vereque dici potest, magistratum esse legem loquentem, legem autem mutum magistratum. Das machet, das
die Leute so rohe vnd wilde werden, das, wenn es moͤglich were, auch die Ausserwelten muͤsten verfuͤrt werden.Vgl. Mt 24,24.

Zum sechsten, So gehet es auch inn der Haußhaltung also, das die Eltern vnnd Haußherrn mehr dem GeitzHabgier. nach trachten, wie sie jren Kindern Schetze samlen vnnd grossen reichthumb, pracht vnnd herligkeit lassen, denn
das die Kinder vnnd andere jhre jugentGemeint sind wohl Jugendliche unter dem Gesinde, möglicherweise auch Jugendliche im Unterschied zu jüngeren Kindern. zur Gottseligkeit, zucht, erbarkeit vnnd ehrlichen, guten kuͤnsten gezogen wuͤrden. Etzliche der alten geben der jugent boͤse exempel mit fluchen vnnd Gotteslestern, vbrigemübermäßigem, maßlosem. Vgl. , 697f. fressen vnnd sauffen, vnzuͤchtigen worten vnd geberden, halten sie zu betrug im handel vnnd andern vngebuͤrlichen dingen, das, obwol auch viel fromer
Eltern sind, wie oben gemelt, die jre Kinder wol ziehen, doch so leufft dieser teil mit vnter,kommt dazu, bleibt aber ohne signifikanten Einfluss auf das Gesamtergebnis. vnnd vberwigt der ergeste hauffe den bessern. Vnnd daher kuͤmpts abereins,abermals, wiederum. Vgl. . das so viel boͤses ist vnd wenig gutes geschihet, daran man sich ergert.

Zum siebenden: Wir sind also geschaffen, das die augen außwarts vnd nicht
jnnerwarts sehen, vnd durch die Suͤnde verterbet, das niemand auff sich sihet vnnd selbst kennen lernet, jederman sihet nur auff einen andern, vnnd nicht was gutes an jhm ist, sondernsonder: B. nur das ergeste, das fellet in die augen, dahin sihet man, darnach hoͤret man, dauon redet man, vnnd gehet, wie man im sprichwort sagt: Wenn der wagen fellet, so sind der reder allezeit fuͤnffe
gewest.
Soll wohl heißen: Im nachhinein hat man es dann immer schon kommen sehen. Vgl. , 1731: Wenn der Wagen fällt, hat er fünf Räder (oder: sind der Räder fünf). Dazu wird erläutert: Von leerer Ausrede, um eigenes Ungeschick zu verdecken. Vnd wie Salomon sagt: Wenn der Gerechte fuͤr dem Got-D 1r losen fellet, so ist er wie ein getruͤbterbetruͤbter: B. Brun vnnd verterbeteverderbte: B. quelle.Prov 25,26.

Das sind die vrsachen – vnd nicht Gottes wort oder die es treulich leren –, das man sagt vnnd wir leider bekennen muͤssen, das wenig gutes, aber viel arges vnd vbels geschehe. Wenn man es aber nu dazu bringen koͤnte, das mit
starckem gebet dem Teuffel gewehret vnd durch den heiligen Geist vnsere verterbteverderbte: B. vnnd in diesen letzten zeiten arme, abgemattete natur erleucht, regiert vnnd gesterckt wuͤrde, des Babsts tyranney mit beschwerung seiner Menschengesetz vnnd falscher wan von guten wercken aus der Leute hertzen wuͤrde gerissen, vnd thete die Oberkeit vnd Haushalter, was jr ampt mit
bringet, vnd sehe ein jderjeder: B. auff sich selbst vnnd nicht auff einen andern, so doͤrfftebedürfte. man keiner geferlichen vnnd ergerlichen wege noch rede, wie die wort sind Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, sondern mit Gottes einfeltigeneinfachen, eindeutigen. worten koͤnd es alles sehr wol außgerichtet werden.

Doch wollen wir nicht streiten,bestreiten. das die Proposition Bona opera sunt ne
cessaria ad salutem
inn Latinischer sprach von den gelerten inn den Schulen moͤge disputirt vnd etzlicher massen glosirt werden, als nemlich, das Busse oder glaube auch ein werck sey, vnnd das das wort Salus neben dem glauben etwan mit fassen moͤge die widergeburt sampt jren fruͤchten. Wenn man aber die Proposition nu fuͤr dem einfeltigen inn vnserer sprache also leren sol:
Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, vnnd ist vnmuͤglich, one gute werck selig werden, so ist es vnmuͤglich, das es one ergernis koͤnne geret oder gehoͤrt werden. Denn der einfeltige Man verstehet die wort nicht, das der glaube zu empfahung der seligkeit von noͤten vnnd die widergeburt sampt jren fruͤchten mitbringe, sondern, wie auch oben angezeigt, er nimpt D 1v
die wort an, als sind gute werck eine wirckliche vrsache, nicht in B.oder auffs wenigste etliche masse eine vrsache, die noͤtig sey zur seligkeit – Wie traunwahrlich. auch die woͤrter noͤtig zu einem ding vnnd causa sine qua non, von sich selbst natuͤrlich vnd in allen sprachen lauten.

Wir leren sonst auch, Gott lob, inn vnsern Kirchen vom glauben, das er noͤtig
sey vnnd nicht [sein]ergänzt. koͤnne noch solle one gute werck, vnd wissen, in summa, von keinem Christen one glauben, vnnd also auch von keinem glauben one gute werck, koͤnnen aber doch die wort Gute werck sind noͤtig zur seligkeit, vnd ist vnmuͤglich one gute werck selig werden nicht fuͤr Christlich achten.

Das, weis Gott, schreiben wir nicht jemandts zu nachteil oder zu uerkleinen, haben auch nicht grossen mangel, wie die wort wollen außgelegt vnnd verstanden werden – wiewol alles, wie recht vnnd gut es geret, wird auff einen vnbestendigen grund gebawet vnnd viel vnbequemer vnnd jtziger zeit vnbreuchlicher wort mit vnterlauffen, das wir passiren lassen –, sondern das wir
sehen, das ein new gewirre in die Kirche wider bracht werden will, – weil Gott, dem lob vnnd danck sey, vns aus dem verfuͤrlichen Babstumb geholffen, vnsere Kirchen fuͤr der Widertauffe vnnd Sacramentirern gnedig behuͤtet, von dem Jnterim vnd Adiaphoren erloͤset, vnd auch nu des schwarm begraben ligtZu den Osiandrischen Streitigkeiten vgl. . war am 17. Oktober 1552 in verstorben. – das die Leute durch vnbreuchliche wort wider inn
mancherlei disputationes vnd daraus in zanck vnd vneinigkeit geraten, die bloͤden,verzagten, ängstlichen. schwachen gewissen betruͤbt vnnd jrre gemacht vnnd die widersacher dadurch halsstarriger vnnd verstockter werden. Denn wie man vns anzeigt, so sollen sich etzliche ThumpfaffenMitglieder eines Domstifts, Domherren. haben hoͤren lassen, wenn alle Lutherische also von guten wercken lereten, so wolten wir bald
widerumb einig werden.

D 2r Das meinen sie nicht, das sie vnsere warhafftige Christliche Lehr wollen erkennen vnnd annemen, sondern dieweil wir mit jren worten anfahen zu reden vnnd jre eigene Proposition leren, meinen sie, das wir geirret, heben an,beginnen. Vgl. , 1224f. vns zu erkennen,uns schuldig zu bekennen. Vgl. , 869. vnnd werden widerumb zu jnen treten. Solchs alles
zu uerkomen,Solchem allen zuvorzukommen, dem abzuhelfen. Vgl. , 679f. vnnd das Christlicher fried vnnd einigkeit erhalten werden moͤchte, das ist die vrsach vnsers schreibens.

Gott, der Vater vnsers Herrn vnnd heilands Jhesu Christi, der ein Gott des waren friedes vnnd der einigkeit ist, der wolte geben, das wir, wie Paulus vermanet, nicht alleineallein: B. einmuͤtig, sondern auch einmuͤndig sein vnd blei
ben,Vgl. Röm 15,6. damit das Reich Christi erweitert vnd erbauet, er seine gebuͤrliche ehre erhalte vnd wir durch jn alle selig werden. Amen.

Vnterschreibung.

j. Gute werck sind noͤtig zur seligkeit.

ij. Niemand ist je one gute werck selig worden.

iij. Es ist vnmuͤglich one gute werck selig werden.

Diese Propositiones oder Schlußreden sind von der zeit an, so Gott durch sein gnad vnnd barmhertzigkeitbramhertzigkeit: B. die reine Lehre seines heiligen worts offenbaret hat durch den seligen, seinen werckzeug, vnsern lieben Herrn vnd Praeceptorem .Marti.: B.Martinum. , heiliger gedechtnis, widerweder. von vnsern
vorfarenAmtsvorgängern. Doctor ,, geb. 1471 in , 1494 zum Priester geweiht, Student in , Magister; 1514 trat er in den Augustinerkonvent ein, er wurde Prediger in , erwarb im Januar 1517 den theologischen Doktorgrad in ; im Ablassstreit trat er auf Seite; nach Auflösung des Augustinerkonvents , zu dessen Prior er zwischenzeitlich gewählt worden war, blieb er in der Stadt und hatte als Prediger maßgeblich Anteil an der Einführung der Reformation in der . Am 24. Mai 1542 starb er in . Magister D 2v ,, geb. 29. März 1484 in (Kreis Northeim, Niedersachsen). Nach Studien in wurde er 1511 Rektor der Lateinschule in , 1524 Pfarrer in /Harz; auf Empfehlung wurde er 1546 als Inspektor der nach berufen, wo er sich gegen die Einführung des Interims zur Wehr setzte; er starb am 13. Juni 1550. noch andern, die nu im Herrn entschlaffen vnnd ruhen, noch von vns, welcher namen mit eigener hand vnterschrieben, in der loͤblichen herschafft geleret noch gepredigt worden. Bedencken auch, das sie one nachteil dieses fundaments vnsers Christlichen glaubens nach vermoͤg Goͤtliches
worts: Allein durch den glauben an Jhesum Christum wird der MenschMensch allein: B. gerecht vnd selig vnnd auch one ergernis der schwachgleubigen vnnd zu rettung wares, Christlichen frieds vnnd einigkeit nicht koͤnnen noch sollen geleret oder gepredigt werden. Jm fal aber, da solchs geschehen solte (das doch nicht von noͤten, weil man sonst wort, Schlusreden, Argument vnnd Exempel
gnug vnd vberfluͤßig hat in der heiligen schrifft, dadurch die Leute zu guten wercken one ergernis vermanet, gereitzt vnnd beret werden koͤnnen durch mitwirckung des heiligen Geistes), so wuͤrden dadurch die freuelen vnnd halstarrigensic A, B. werckheiligen in jrem Gotteslestern Conformirt Vnd die jrrige Lehr im Babstumb von der Iustification sampt allen jrthumen, mißbreuchen
vnnd Abgoͤttereien bestettiget,bestetiget: B. auch bey vns die armen schwachen gewissen, die mit den Suͤnden kempffen, zum hoͤchsten betruͤbt vnnd jrre gemacht. Darumb wir denn dawider Protestirt haben wollen, das wir sie wider fuͤr recht, war, gut oder nuͤtzlichnutzlich: B. erkennen, billichen, noch annemen koͤnnen. Vnnd des zu vrkund, wie oben auch vermeldet, hat sich ein jeder mit eigener
hand vnterschrieben.

.

,, geboren im hessischen , war ab 1519 bis zu seinem Tode 1559 Pfarrer an St. Petri-Pauli in . , gibt als Tag der Bestattung den 16. November 1559 an (so auch VD 16 ZV 10882, ). pastor Sancti Petri, manu propria subscripsit.

D 3r , aus war 1525–1537 Lehrer, dann bis 1543 Rektor an der Lateinschule an St. Andreas in ; 1543–1553 war er Oberpfarrer an St. Nicolai in , anschließend bis zu seinem Tode 1554 Oberpfarrer an St. Moritz in (). [Am 17. März 1553 wurde auf die Pfarrstelle an St. Nicolai berufen (laut Berndorff, ), demnach müsste die Unterzeichnung des Textes früher liegen, evtl. noch 1552.] pastor Sancti Nicolai, manu propria subscripsit.

,, war ab 1548 Oberpfarrer an St. Annen in und wurde wegen eines Streites mit einem Bürgermeister 1556 oder 1557 abgesetzt; für die Jahre 1573–1581 ist er als Pfarrer und Dekan in bei nachgewiesen, wo er am 11. März 1581 starb. Er gehört zu den Unterzeichnern der Konkordienformel. (Vgl. ; ). pastor Ecclesiae apud Sanctam Annam, subscripsit.

M.Magister. ,, geb. im Juni 1528 in , bezog die Universität Wittenberg 1542 und erwarb dort 1546 den Magistergrad, vor 1552 wurde er Lehrer in , 1552–1553 war er dort Schlossprediger, 1553–1559 Hofdiakon an der Schlosskirche Mansfeld, 1559–1575 bis zu seiner Amtsenthebung Generaldekan an St. Georg ebd., 1575–1577 lebte er im Exil in und , 1578–1580 in , 1580–1590 war er Pfarrer in (wurde dort seines Amtes enthoben), ab 1591 Pfarrer in , ab etwa 1595 in , wo er am 10. Februar 1604 starb (vgl. ). Concionator, propria manu subscripsit.

, (gen. Merker), geb. 1511 in , erwarb den Magistergrad in , 1542–1545 wirkte er als Schulrektor in , 1545–1568 als Archidiakon an St. Andreas ebd. (vgl. ). M. et minister Ecclesiae apud D.Divum. Andream, subscripsit.

, (Rhem, ), war vor 1549 Lehrer an der Andreasschule in , 1549–1559 Diakon an St. Nicolai ebd.; er starb am 19. März 1559 in (vgl. ). Diaconus diui Nicolai, subscripsit propria manu.

, stand vor 1513 als Diakon im Dienst des Erzbischofs Ernst von Magdeburg, 1513–1536 wirkte er als katholischer Subdiakon an St. Andreas in , schloss sich der Reformation an; 1536–1543 Diakon an St. Nicolai in , von 1543 bis zu seinem Tod im Januar 1559 Diakon an St. Andreas ebd. (vgl. ). Diaconus diui Andree, manu propria subscripsit.

, (Krause) war in geboren und 1524–1545 dort als Lehrer und Pfarrer an St. Spiritus tätig, 1545–1547 tat er Dienst als Pfarrer an St. Andreas, von 1547 bis zu seinem Tod am 18. Juni 1575 als Diakon an St. Petri­Pauli (vgl. ). Diaconus ad Sanctum Petrum, subscripsit manu propria.

,, geb. 1519, war 1547–1549 Rektor der Schule in , von 1549 bis zu seinem Tod im Februar 1580 Diakon an St. Annen ebd. (vgl. ). Diaconus ad Sanctam Annam, subscripsit.

Mansfelt.

Zu vgl. die Einleitung, Nr. 2.1. manu propria subscripsit.

Zu vgl. die Einleitung Nr. 2.2. manu propria subscripsit.

(Poelde) wurde um 1522 in geboren und wirkte von 1554 bis zu seinem Tod 1573 als Diakon in (vgl. ). subscripsit sua manu.

Zu vgl. die Einleitung, Nr. 2.4. M. subscripsit.

D 3v ..: B.

,, 1535–1541 Diakon in seinem Geburtsort , 1541–1553 Archidiakon, dann bis zu seinem Tod im April 1572 Oberpfarrer ebd. (vgl. ). pastor HetstetensisHedstetensis: B. Ecclesiae, manu propria subscripsit.

Leonhardus , (Martmer), geb. 1506 in , wirkte er nach Schulbesuch in und 1530–1536 als Lehrer in , 1536–1541 als Rektor in , 1541–1554 als Diakon, 1554–1583 als Archidiakon ebd. Am 8. Dezember 1583 wurde er in bestattet. (vgl. ). Minister Ecclesiae Hetsted., manu propria subscripsit.

, (Köpchen) war 1554–1556 Diakon in , 1556–1575 Pfarrer in (abgesetzt); am 17. Mai 1589 wurde er in bestattet. (vgl. ). Diaconus Hetsted.,Hedsted.: B. manu propria subscripsit.

Orner.

, (Krause) war vor 1525 Schulmeister in , um 1525 Oberpfarrer in , bis 1555 Pfarrer in , um 1555–1558 Pfarrer in , wo er am 22. Februar 1558 starb (vgl. ). pastor, subscripsit manu propria.

.

, war bis 1554 Pfarrer in bei , 1555–1559 Hofprediger in , 1559–1565 Diakon an St. Andreas ebd.; im Oktober 1565 starb er an der Pest (vgl. ). pastor, propria manu subscripsit.

Appendix.

AusDer anschließende Nachsatz stammt offenbar nicht von den Unterzeichnern, sondern ist Kommentar des ungenannten Magdeburger Herausgebers (? ?). dieser vnterschreibung ist ja klar zu sehen, wie warhafftig sich D. in seinem langen Comment rhuͤmet, er lere vnnd habe geleretgelert: B. eben
dasjenige, so auch die Pfarrhern zu vnnd inn der geleret haben vnnd noch auff den heutigen tag leren.Vgl. . Die Veröffentlichung erfolgte also erst nach dem Druck von Sermon (od. kursierte dieser zuvor schon?), aber die Abfassung dürfte vor der Veröffentlichung des Sermons liegen, vermutlich noch 1552, zog sich vmtl. einige Zeit hin, der Tod wird gegen Ende erwähnt, so dass der Text nach Mitte Oktober 1552 abgeschlossen worden sein dürfte. Wiewol die Mansfeldische Prediger vnnd viel andere in derselbigen Herschafft jnenihn. als einen Adiaphoristischen Wolff noch nie fuͤrfur: B. einen Superintendenten haben erkennen wollen.Vgl. . Wie es denn auch vnser lieber Herr Christus befolen hat,
das sich seine Schafe fuͤr den Wolffen, vnnd sonderlich fuͤr denen, so in Schaffskleidern kommen, huͤten D 4r sollen.Vgl. Mt 7,15. Welche auch gewißlich diejenigen sind, so jtzt inn keinem wege Papistisch sein wollen, vnd haben indes gleichwol einen rechten Papisten vnter jrem hertzen, vnnd dienen dem Antichristischen Reich, wie sie nur jmmer koͤnnen vnd vermuͤgen. Also ha
ben sich auch die von fast one vnterlas vber dieser verfuͤrischen Lehr M. = . vnnd seiner Adiaphoristerey mit jm muͤssen zancken vnd beissen, wie er denn balt im anfang oͤffentlich vber die Prediger alda zu schreien hat angefangen,Die Bemerkung nimmt höchstwahrscheinlich u. a. Bezug auf Predigt vom 25. Januar 1552 in der Andreaskirche zu , die von den versammelten Predigern als beleidigend empfunden wurde etc., vgl. ; . weil sie jm seine AdiaphoristereyAdiapheristerey: B. nicht gut haben sein lassen: Jch hette nicht gemeint, das solche vngelerte Pfarrhern alhie weren, jmmer
hinweg mit den Eseltreibern, jmmer hinweg, vnd andere, gelertere an jre stat gesetzt!
Es muͤssen fuͤrwar grosse, stoltzehochmütige. Vgl. , 235. 237f. vnnd freche Geister sein, so die fromme vnnd bestendige Prediger also oͤffentlich außzuschreien sich vnterstehen.

Gedruckt zu durch .

Anno 1553.