war den Gnesiolutheranern in der schon vor seinem Amtsantritt suspekt. Die Abneigung wurde durch Schrift vom November 1551 geschürt.Vgl. . Antwort,. die er am 9. Januar an und in sandte, befriedigte diese in wesentlichen Aspekten nicht; in ihrem Antwortschreiben vom 15. Januar 1552 pflichteten sie in wichtigen Punkten bei und verlangten von eine eindeutige Stellungnahme. Diese kritische Anfrage aus mag gegen die Pfarrerschaft der Grafschaft insgesamt eingenommen und mit dazu beigetragen haben, dass die Geistlichen seines Sprengels durch seine Predigt über die Bekehrung des Paulus vom 25. Januar 1552 in der Andreaskirche zu deutlich gegen sich aufbrachte. Dabei scheint es weniger der theologische Gehalt seiner Ausführungen gewesen sein, als vielmehr der als unerhört respektlos empfundene Ton, den er vor versammelter Gemeinde gegenüber den in großer Zahl anwesenden Pfarrern und Predigern der Grafschaft anschlug, der für erhebliche Empörung sorgte. Ein Beschwerdeschreiben vom 28. Januar 1552 gibt davon Zeugnis.Vgl. .
Das vorliegende Schreiben der Mansfelder Prediger wurde vermutlich nicht vor Mitte November 1552 fertiggestellt, denn der Tod wird gegen Ende erwähnt.Zwar starb bereits am 17. Oktober 1552 in , doch traf die Nachricht von Tod bei dem für gewöhnlich gut unterrichteten erst Mitte November ein (vgl. ), in den folgenden Tagen erreichten ihn dann entsprechende briefliche Mitteilungen von vielen Seiten, man darf also annehmen, dass auch in um diese Zeit von Ableben Kenntnis erhielt. Es handelt sich demnach nicht um eine direkte Reaktion auf Predigt, anscheinend aber auch nicht um eine unmittelbare Antwort auf Sermon von S. Pauli Bekehrung, die Ausarbeitung jener skandalträchtigen Predigt.Vgl. . Vielmehr richtet sich das Bedenken allgemeiner gegen wesentliche Lehraussagen zur Rechtfertigung und den guten Werken. Möglicherweise wussten die Verfasser von der Absicht , eine ausführliche Verteidigungsschrift zu veröffentlichen, möglicherweise wurde die Abfassung des Bedenkens auch durch die Aussicht motiviert, dass sich mit der Rückkehr des in seine Besitzungen Chancen für eine Änderung der kirchlichen Verhältnisse ergeben könnten. Der Ton, in dem die Schrift gehalten ist, spricht jedenfalls dafür, dass zur Zeit der Abfassung noch Superintendent in war und man sich um einen Modus vivendi bemühte, trotz aller Kritik an einzelnen Lehraussagen und trotz zweifellos vorhandener persönlicher Animositäten.Vgl. . Daher ist die Abfassung der Schrift mit hoher Wahrscheinlichkeit in den späten November 1552 zu datieren. Das Bedenken dürfte zunächst handschriftlich unter den Predigern der Grafschaft zur Unterzeichnung kursiert haben,Möglicherweise fand auch nur ein eingeschränkter Umlauf des Schriftstücks statt, in , und den nächstliegenden Pfarreien, um das Bedenken zeitnah übergeben zu können. anschließend wird es an und die Grafen gelangt sein, wohl Anfang Dezember. Es wäre zu überlegen, ob die Aufforderung zur Unterzeichnung des Bedenkens nicht veranlasst haben könnte, seinerseits Ende November 1552 seine Propositiones aufzusetzen.Vgl. , Vorwort ist auf den 26. November 1552 datiert. entspricht mit der lateinischen Formulierung seiner Thesen der – in deutscher Sprache geäußerten – Auffassung der Mansfelder, das Thema könne von den Gelehrten disputiert werden, aber eben in lateinischer, nicht in deutscher Sprache (vgl. ). Schrift wurde allerdings auch erst 1553 gedruckt, wahrscheinlich Ende Februar oder Anfang März.
Erst der – im Ton deutlich aggressiver gehaltene – Appendix des Magdeburger Herausgebers (?) nimmt direkt Bezug auf Schrift: Aus dieser vnterschreibung ist ja klar zu sehen, wie warhafftig sich D. Ge. in seinem langen Comment rhuͤmet, er lere vnnd habe geleret eben dasjenige, so auch die Pfarrhern zu vnnd inn der geleret haben vnnd noch auff den heutigen tag leren. Wiewol die Mansfeldische Prediger vnnd viel andere in derselbigen Herschafft jnen als einen Adiaphoristischen Wolff noch nie fuͤr einen Superintendenten haben erkennen wollen.Bl. D 3v. Vgl. dazu Aussage in der Widmungsvorrede des : Was nu die erste aufflage [=Anschuldigung] belanget, werdet jhr euch durch Gottes genaden wol wissen zu erinnern, das ich nicht anderst von dem Artickel vnser Rechtfertigung geleret, denn jr nu etliche jare nacheinander von euren Predigern, als dem Ehrwirdigen Herren sehligen vnd anderen zuuor gehoͤret vnd noch von ewern jetzigen Pfarhern vnd Predigern hoͤret Dementsprechend wird die Drucklegung in nach dem Erscheinen von langem Comment, d. h. seinem Sermo von S. Pauli Bekehrung anzusetzen sein, also in der zweiten Januarhälfte oder im Februar 1553, als bereits verlassen hatte.
2. Die Autoren
Ausweislich des Titels wurde das Bedenken von den Predigern in der Stadt verfasst und von weiteren Kollegen in der Grafschaft unterzeichnet.Berndorff weist darauf hin, dass die beiden Texte () 1565 in die Gesamtausgabe der Werke des aufgenommen wurden, so dass er als Hauptverfasser anzunehmen sein dürfte (vgl. ).
2.1. Michael Caelius/Coelius
Geboren am 7. September 1492 in Döbeln als Sohn eines Bäckermeisters, wurde er 1509 an der Universität Leipzig immatrikuliert, 1510 erwarb er das Bakkalaureat. 1512 wurde er Lehrer in seiner Heimatstadt, 1516 Rektor der dortigen Lateinschule; 1518 erhielt er in Merseburg die Priesterweihe für den Dienst in Crimmitschau, 1519 wirkte er in Rochlitz. Die Leipziger Disputation veranlasste ihn, in Wittenberg Theologie zu studieren, 1523 wurde er Pfarrer im böhmischen Bensen.Heute Benešov nad Ploučnicí in Tschechien. Von dort als lutherischer Ketzer vertrieben, wurde er auf Empfehlung Luthers 1525 Hofprediger Albrechts VII. von Mansfeld-Hinterort, 1542 Dekan aller Grafen auf Schloss Mansfeld, und 1548 Stadtpfarrer in Mansfeld. Gegen die Einführung des Interims setzte er sich standhaft zur Wehr. Am 13. Dezember 1559 starb er in Mansfeld.Wartenberg, Major 223, Anm. 79.
2.2 Johannes Wigand
Wigand wurde um 1523 in Mansfeld geboren und wuchs dort auf, 1538 bezog er die Universität Wittenberg, ging aber schon 1540 als Lehrer an die Nürnberger Sebaldusschule. Nach Wittenberg zurückgekehrt, erlangte er am 1. September 1545 den Magistergrad; 1546 wurde er Pfarrer in Mansfeld, 1553 Superintendent in Magdeburg, wo er auf Anregung von Matthias Flacius gemeinsam mit Matthäus Judex mit der Ausarbeitung der Magdeburger Zenturien begann. 1560 übernahm Wigand eine Professur an der neu gegründeten Universität Jena. Als er Ende 1561 mit mehreren Kollegen abgesetzt wurde, kehrte er auf Betreiben Tileman Heshusius’ kurzzeitig nach Magdeburg zurück, konnte dort aber aufgrund von Differenzen mit dem Rat nicht bleiben und wurde im September 1562 Superintendent in Wismar. Am 12. Juli 1563 wurde Wigand in Rostock zum Doktor der Theologie promoviert. 1568 wurde er nach Jena zurückberufen, 1573 wiederum abgesetzt. Der Braunschweiger Superintendent Martin Chemnitz verschaffte ihm einen Ruf auf die Erste theologische Professur nach Königsberg; dort wurde er am 2. Mai 1575 von Tileman Heshusius zum Bischof von Pomesanien ordiniert. Nach einer theologischen Kontroverse mit Heshusius, die zu dessen Absetzung führte, übernahm er 1577 auch die Administration des Bistums Samland. 1579 unterzeichnete er die Konkordienformel. Wigand starb am 21. Oktober 1587 in seiner bischöflichen Residenz in Liebemühl/Preußen.Vgl. a. Wartenberg, Major 224, Anm 80.
2.3 Hieronymus Polde/Poelde/Poelle
Hieronymus Polde wurde um 1522 in Ellrich (Südharz) geboren und wirkte von 1554 bis zu seinem Tod 1573 als Diakon in Mansfeld.Vgl. Pfb. KPS 6, 537.
2.4 Johannes Roth/Rhode/Roedinger
Magister Johannes Rhodius war Rektor der Mansfelder Lateinschule, ab Juni 1554 Rektor des Gymnasiums in Eisleben. Am 30. Mai 1560 wurde er zum Pfarrer an St. Nicolai in Eisleben ordiniert. Er starb am 27. April 1568.Vgl. Berndorff, Die Prediger der Grafschaft Mansfeld, 95.
2.5 Zur Verfasserschaft des Appendix
Der Appendix gibt sich deutlich als sekundärer Anhang zu erkennen. Es spricht ein einzelner Verfasser, der die Vorgänge in der Grafschaft Mansfeld anscheinend aus einer Außenperspektive kommentiert. Berücksichtigt man noch, dass er von MajorsSermon von S. Pauli Bekehrung als von dessen langem Comment spricht, so liegt der Gedanke an Matthias Flacius Illyricus nicht fern.Zum möglichen Zustandekommen des Appendix vgl. auch unten die Bemerkungen unter 4. Ausgaben. Zum Lebenslauf des Flacius vgl. unsere Ausgabe Nr. 3, Einleitung, oben S. 77f.
3. Inhalt
Offenbar um angesichts des Titels der Schrift naheliegende Missverständnisse auszuschließen, betonen die Verfasser eingangs, es sei Christenpflicht, gute Werke zu tun, in Dankbarkeit gegen Gott und zum Nutzen der Mitmenschen. Wie ein Baum seiner Natur gemäß Früchte hervorbringe, so erwachse aus dem Glauben, der Gottes Gnade empfangen hat, im Heiligen Geist ein gottgefälliges Leben.
Es sei durchaus angebracht, das Tun guter Werke anzumahnen, doch müsse man sich hüten, Glauben und Werke unsachgemäß miteinander zu vermischen, wie es in der Aussage gute Werke sind nötig zur Seligkeit, und es ist unmöglich, ohne gute Werke selig zu werden, geschehe. Diese Aussage solle deshalb nicht öffentlich in Predigten verbreitet werden.
In zwanzig These begründen die Verfasser ihre Position. Zu den Schwerpunkten der Argumentation gehört, die zitierte Aussage verdunkele die evangelische Grunderkenntnis, dass der Sünder allein durch den Glauben an die göttliche Barmherzigkeit in Christus gerechtfertigt und Gott wohlgefällig werde. Man habe nicht mit großer Anstrengung und unter großen persönlichen Opfern gegen die Irrlehren des Papsttums angekämpft, um ihnen nun durch zumindest leicht missverstehbare Formulierungen wieder Eingang in den Gemeinden zu verschaffen. Wahrhaft gute Werke müssten ohne den Hintergedanken an Lohn und ohne die Absicht, damit die eigene Seligkeit zu erwerben, getan werden. Niemand könne seiner Seligkeit gewiss sein, wenn sie von eigenen guten Werken abhinge, und gerade in Anfechtung spüre der Mensch die Unzulänglichkeit der eigenen Leistungen. Es genüge nicht, die reine Lehre zu kennen, man solle sie auch in unmissverständlichen und deutlichen Worten weitergeben.
Dem Argument, die evangelische Lehre von der Rechtfertigung allein aus Gnaden habe zu Zügellosigkeit und Sittenverfall geführt, deshalb müsse man die Notwendigkeit der guten Werke wieder einschärfen, halten die Verfasser entgegen, für den Eindruck von Zügellosigkeit in der Gesellschaft sei nicht das Wort Gottes verantwortlich, sondern vornehmlich der Teufel, Pflichtversäumnisse von Obrigkeit und Eltern und Nachwirkungen des Papsttums.
Die Verfasser gestehen zu, die problematischen Thesen könnten in lateinischer Sprache unter Gelehrten und auf den Universitäten diskutiert werden, nicht aber in der Volkssprache und allgemein. Man lehre sehr wohl selbst, dass der Glaube nicht ohne gute Werke sein könne; Aussagen, die Werke seien notwendig zur Seligkeit, entsprächen jedoch nicht christlicher Lehre. Es gehe den Unterzeichnern des Bedenkens im übrigen nicht darum, jemanden zu schmähen (Majors Name wird in dem Text nicht genannt, nur im Appendix), sondern man wolle verhindern, dass unnötige Verwirrung in der Kirche entstehe.
Die unterzeichneten Pfarrer und Prediger halten fest, die Thesen (1.) gute Werke sind nötig zur Seligkeit, (2.) niemand ist je ohne gute Werke selig geworden, (3.) es ist unmöglich, ohne gute Werke selig zu werden seien seit der Reformation in der Grafschaft Mansfeld nicht von ihnen oder ihren Amtsvorgängern vertreten worden und sollten auch künftig nicht gelehrt werden.
Der Verfasser des Appendix bemerkt, aus der Unterschreibung gehe klar hervor, dass Major nicht in Übereinstimmung mit den früheren und heutigen Mansfelder Predigern gelehrt habe, die ihn auch nicht als Superintendenten hätten anerkennen können und mit denen er von Beginn seiner Tätigkeit in Eisleben gestritten habe.
4. Ausgaben
Nachgewiesen werden können zwei Ausgaben:
A:
Bedencken / das diese || Proposition oder Lere / nicht nuͤtz / || not / noch war sey / vnnd one ergernis || in der Kirchen nicht moͤge ge= || leret werden. || Das gute werck zur seligkeit noͤtig sind. || Vnd vnmuͤglich sey / one gute werck se= || lig werden. || Gestellet durch die Prediger zu Mansfelt / Vnnd || vnterschrieben von andern Predigern || derselben Herrschafft. || Romano. iiij. || Dem / der nicht mit wercken vmbgehet / gleubet aber || an den / der die Gottlosen gerecht machet / dem wird sein || glaube gerechnet zur gerechtigkeit. Gottlose sind / die nicht || allein keinen verdienst / sondern gar keine gute werck fuͤr Gott haben, || Vnd also kuͤmpt der Mensch allein zur gerechtigkeit vnd seligkeit. || Luth. Vber das j. Cap. zun Galatern. || Die falschen Aposteln haben geleret / das zu dem glau= || ben / auch die werck des Gesetzes Gottes / noͤtig sind zur se= || ligkeit. [im Kolophon: Gedruckt zu Magdeburgk durch Michel Lotther. Anno 1553.] [16] Bl. 4° [letzte Seite leer] (VD 16 B 1455).
Bedencken / das diese || Proposition oder Lere / nicht nuͤtz / || not / noch war sey / vnnd one ergernis || in der Kirchen nicht moͤge ge= || leret werden. || Das gute werck zur seligkeit noͤtig sind. || Vnd vnmuͤglich sey / one gute werck se= || lig werden. || Gestellet durch die Prediger zu Mansfelt / Vnnd || vnterschrieben von andern Predigern || derselben Herrschafft. || Romano. iiij. || Dem / der nicht mit wercken vmbgehet / gleubet aber || an den / der die Gottlosen gerecht machet / dem wird sein || glaube gerechnet zur gerechtigkeit. Gottlose sind / die nicht || allein keinen verdienst / sondern gar keine gute werck fuͤr Gott haben, || Vnd also kuͤmpt der Mensch allein zur gerechtigkeit vnd seligkeit. || Luth. Vber das j. Cap. zum [!] Galatern. || Die falschen Aposteln haben geleret / das zu dem glau= || ben / auch die werck des Gesetzes Gottes / noͤtig sind zur se= || ligkeit. [im Kolophon: Gedruckt zu Magdeburgk durch Michael ^[!^] Lotther. Anno 1553.] [18] Bl. 4° [letzte Seite leer] (VD 16 B 1456).
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 251.18 Theol.(14); Alv Ef 104(16)
B ist aus einer größeren Type gesetzt als A, auf den ersten Seiten findet sich meist jhr, wo in A jr steht. Der Text beginnt auf der Rückseite des Titelblatts (A 1v), während in A die Rückseite leer gelassen ist. A weist häufiger die Form vnnd auf, B häufiger vnd; umgekehrt ist in B häufiger vnns anstelle von vns in A zu finden. A lässt Gottesbezeichnungen ab Seite A 3r zumeist mit mehreren Großbuchstaben beginnen, B mit wenigen Ausnahmen nicht.
Für B als Erstdruck spricht neben einigen Textverbesserungen (vgl. den textkritischen Apparat) vor allem, dass in A die Seitenfüllung ökonomischer gestaltet ist: A kommt mit 4 Bögen aus, wobei die Rückseite des Titelblatts und die letzte Seite leer bleiben; B hingegen füllt auch einen fünften Bogen halb, wobei die letzte Seite nur deshalb leer bleiben konnte, weil der Text bereits auf der Rückseite des Titelblatts beginnt. Möglicherweise hat erst der in B verbliebene leere Raum am Ende des Bedenkens den Magdeburger Herausgeber zur Anfügung seines Appendix motiviert.Mit aller Vorsicht könnte man auch erwägen, ob dem Setzer ursprünglich nur das Bedenken mit den Unterschriften der Verfasser, d. h. der Prediger aus der Stadt Mansfeld, vorlag und die Kalkulation des Satzes von Anbeginn die Einbeziehung der Titelrückseite vorsah, mit dem Abschluss dann auf Blatt D 4v; die Berücksichtigung der – zunächst übersehenen? – weiteren Unterschriften der Prediger aus der Grafschaft Mansfeld hätte dann den Umfang gesprengt bzw. die ursprüngliche Kalkulation über den Haufen geworfen, das Anfangen eines zusätzlichen Bogens ernötigt und Platz für den Appendix eröffnet. Inhaltlich sind beide Ausgaben, A und B, völlig gleich. Der Edition liegt Ausgabe A zugrunde.